Dass Männer zu einer privilegierten Gruppe gehören, ist eine vor allem in feministischen Diskursen weit verbreitete Annahme. In der Auseinandersetzung mit der Frage, ob Männer diskriminiert werden können, sollen die Plausibilitätsgrenzen der vorangestellten These aufgezeigt werden. Es soll aus einer dezidiert antimaskulinistischen Perspektive dargelegt werden, dass eine Person, die zur Gruppe der Männer gehört, qua Geschlecht diskriminiert werden kann, wenn die Diskriminierung sich gegen Umstände richtet, die mit der Identifikation als Mann verknüpft sind, und diese eine Einschränkung der subjektiven Entfaltungsmöglichkeiten zur Folge hat.
In Rückgriff auf die im Seminar behandelten Texte sollen dabei folgende Leitfragen als Herausforderungen an die formulierte These gestellt werden: Welche unterschiedlichen Definitionen von Diskriminierung liegen der Eingangsthese zugrunde und inwiefern müssten diese zwecks einer eindeutigen Positionierung spezifiziert werden? Weshalb ist es für die Feststellung von unrechtmäßiger Diskriminierung relevant, den besonderen Status unterdrückter Gruppen zu berücksichtigen? Wie wird die Zugehörigkeit einer Person zu einer unterdrückten oder privilegierten Gruppe festgestellt? Welche Rolle spielen dabei gruppeninterne Diskriminierungen?
Dass Männer zu einer privilegierten Gruppe gehören, ist eine vor allem in feministischen Diskursen weit verbreitete Annahme. In der Auseinandersetzung mit der Frage, ob Männer diskriminiert werden können, sollen die Plausibilitätsgrenzen der vorangestellten These aufgezeigt werden. Es soll aus einer dezidiert antimaskulinistischen Perspektive dargelegt werden, dass eine Person, die zur Gruppe der Männer gehört, qua Geschlecht diskriminiert werden kann, wenn die Diskriminierung sich gegen Umstände richtet, die mit der Identifikation als Mann verknüpft sind, und diese eine Einschränkung der subjektiven Entfaltungsmöglichkeiten zur Folge hat.
In Rückgriff auf die im Seminar behandelten Texte sollen dabei folgende Leitfragen als Herausforderungen an die formulierte These gestellt werden: Welche unterschiedlichen Definitionen von Diskriminierung liegen der Eingangsthese zugrunde und inwiefern müssten diese zwecks einer eindeutigen Positionierung spezifiziert werden? Weshalb ist es für die Feststellung von unrechtmäßiger Diskriminierung relevant, den besonderen Status unterdrückter Gruppen zu berücksichtigen? Wie wird die Zugehörigkeit einer Person zu einer unterdrückten oder privilegierten Gruppe festgestellt? Welche Rolle spielen dabei gruppeninterne Diskriminierungen?
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist der Begriff der Diskriminierung oftmals bereits mit einer negativen Konnotation versehen. Im Gegensatz zur neutralen Bedeutung des lateinischen Ausdrucks discrimen für den bloßen ‚Unterschied’ appelliert der Begriff der Diskriminierung zumeist an ein Unrechtsbewusstsein, das für die philosophische Debatte relevant ist. Deborah Hellman differenziert deshalb zwischen der Diskriminierung in Form der bloßen Unterscheidung und der unrechtmäßigen Diskriminierung (im Original: „wrongful discrimination“1 ). Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass sie den moralischen Wert der betroffenen Person missbilligen und somit gegen das Ideal der Gleichheit verstoßen.2 Das Unrecht einer solchen Unterscheidung besteht in der Erniedrigung des Gegenübers.3 Zusätzlich lassen sich hiervon jene Diskriminierungen abgrenzen, die aufgrund anderer Prinzipien als falsch empfunden werden, die jedoch nicht gegen das Ideal der Gleichheit verstoßen.4
In Bezug auf den ersten Satz der Ausgangsthese lässt sich feststellen, dass Diskriminierung im Sinne einer bloßen Unterscheidung von Menschen nicht nur unterdrückte Gruppen, sondern alle Menschen und damit auch Männer treffen kann. Die geschlechtliche Kategorie gilt in zahlreichen Gesellschaften immer noch als eine zentrale Platzanweiserin für die in ihnen lebenden Menschen. Pierre Bourdieu stellt in seiner strukturalistischen Analyse der männlichen Herrschaft eine „für sich genommen willkürliche Einteilung der Dinge und Aktivitäten (geschlechtlicher oder anderer) nach dem Gegensatz von männlich und weiblich“5 fest.
In zahlreichen Lebensbereichen der Gesellschaft werden Menschen als Männer und Frauen auseinander dividiert. Dass die gesellschaftlichen Privilegien in der Regel auf Männer zugeschnitten sind und Frauen nicht in gleicher Weise mit ihnen ausgestattet sind und ihnen dadurch der Zugang zu bestimmten Lebenschancen verwehrt bleibt, wird beispielsweise in der Diskussion um den ‚Gender Pay Gap’6 deutlich. Die historische und aktuell auf verschiedene Weise in Erscheinung tretende Benachteiligung von Frauen soll hier nicht in Frage gestellt werden, sondern als Fundament für meine weiteren Ausführungen dienen.
Mit den Überlegungen von Hellman können Frauen als Mitglieder einer Gruppe mit sogenannten „‚HSD’ traits – for history of mistreatment or current social disadvantage“7 identifiziert werden. Um strukturelle Diskriminierungen zu erfassen und damit einhergehend gesellschaftliche Machtverhältnisse zu reflektieren, erweist sich der Blick auf den unterdrückten oder privilegierten Status von Gruppen deshalb nicht nur als notwendig, sondern auch als äußerst zielführend. Schließlich handelt es sich bei der Diskriminierung von Frauen, beispielsweise hinsichtlich der unterschiedlichen Bezahlung von Erwerbsarbeit, nicht um ‚bedauerliche Einzelfälle’, wie sie möglicherweise bei Männern vorkommen könnten. Das spezifische Unrecht gegenüber Frauen entsteht aus dem Kontext eines systematisierten Machtgefälles zwischen Männern und Frauen, von welchem die privilegierte Gruppe der Männer auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene profitiert. Der zweite Satz der Ausgangsthese rekurriert auf ebendiese Hierarchiestrukturen, aufgrund welcher es schier unmöglich scheint, dass Männer auf unrechtmäßige Weise diskriminiert werden können. Die Frage, die es weiter zu verfolgen gilt, lautet: Können Männer dennoch auf eine Weise diskriminiert werden, die ihren moralischen Wert missbilligt und somit gegen das Prinzip der Gleichheit verstößt? Hierzu sollen die Anforderungen an Individuen, die der Kategorie ‚Mann’ zugeordnet sind, beleuchtet werden.
Auch wenn die strukturellen Benachteiligungen von Frauen gravierend und nicht von der Hand zu weisen sind, geraten in der alleinigen Makroperspektive auf binärgeschlechtliche Gruppen die gruppeninternen Diskriminierungen aus dem Blick. Eine soziale Gruppe definiert Iris Marion Young als ein Kollektiv von Personen, die sich durch kulturelle Formen, Praktiken oder Lebensweisen von mindestens einer anderen Gruppe unterscheiden.8 Eine Person verspüre als Frau oder Mann eher eine Affinität zu denjenigen Menschen, mit denen sie gemeinsame Erfahrungen durch die eigene Geschlechtszugehörigkeit teile.9 Dazu lässt sich kritisch anmerken, dass die Mitgliedschaft zur Gruppe der Frauen oder Männer ein gleichwohl normativer wie auch normierender Prozess ist, durch welchen eine Identifikation für sogenannte ‚sexuelle Minderheiten’ erschwert wird. Das heteronormative Schema der Einordnung von Menschen in ein binäres Geschlechtersystem fußt auf der Annahme, dass Frauen und Männer in ihrer Sexualität aufeinander bezogen sein sollen.10 Lassen sich angesichts der Diskriminierung von homosexuellen Männern innerhalb der eigenen Geschlechtsgruppe die Annahmen einer positiven Grundhaltung zu anderen Personen des ‚gleichen Geschlechts’ sowie die Behauptung eines gleichen Erfahrungsschatzes als unbestreitbare Tatsachen verallgemeinern?
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1 Hellman, Deborah (2008): When Is Discrimination Wrong?, Cambridge, MA/London, S. 2.
2 Vgl. ebd., S. 14.
3 Vgl. ebd., S. 25.
4 Vgl. Hellman: When Is Discrimination Wrong?, S. 15f.; Hellman nennt in der Diskussion um genetische Diskriminierung das Prinzip der Gerechtigkeit als ein solches Beispiel (vgl. ebd., S. 18).
5 Bourdieu, Pierre (2005): Die männliche Herrschaft, Frankfurt am Main, S. 18.
6 Gemäß dem österreichischen Bundesministerium für Bildung zählt Österreich zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern bei gleichwertiger Arbeit (https://www.bmb.gv.at/frauen/gstam/gpg.html).
7 Hellman: When Is Discrimination Wrong?, S. 21f.
8 Vgl. Young, Iris Marion (1990): „Five Faces of Oppression“. In: Henderson, George; Waterstone, Marvin (Hg.): Geographic Thought. A Praxis Perspective, London/New York 2009, S. 57.
9 Vgl. ebd.
10 Vgl. Degele, Nina (2008): Gender/Queer Studies. Eine Einführung, Paderborn, S. 88.
- Citation du texte
- Liam Bennhoff (Auteur), 2016, Können Männer diskriminiert werden? Eine Diskussion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1148662
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