Als ich im Sommer 2004 mit den Recherchen für die vorliegende Arbeit begann, war die Berichterstattung über den Islam und das mit ihm verbundene politische Bild inhaltlich noch immer eng an die Anschläge des 11. September 2001 gekoppelt.
Zwar waren die Schauplätze dieses »Kampfes der Kulturen«, in den die Kommentatoren dieses Ereignis unter Verweis auf Samuel Huntingtons Thesen wiederholt einbetteten, zwischenzeitlich nach Afghanistan und in den Irak verlegt worden. Aber die besondere Aufmerksamkeit der Medien galt nach wie vor den Aktivitäten gewaltbereiter Organisationen wie Al Qaida und anderer fundamentalistischer Gruppierungen in ihrem Kampf gegen die westliche Zivilisation.
Die Gefährdung Deutschlands durch islamistische Extremisten wurde in den Medien ebenso thematisiert wie das allmähliche zu Tage treten des Scheiterns der deutschen Integrationsbemühungen an der mangelnden Integrationswilligkeit der Muslime. Und noch immer geistert eine diffuse Angst vor dem »Kampf der Kulturen« durch die Schlagzeilen. Ganz und gar nicht diffus hingegen sind die Ansichten über die Unvereinbarkeit von islamischer Tradition und demokratischen Strukturen.
Der vorangegangene Absatz skizziert die thematisch relevanten Diskurse, auf deren Untersuchung ich mich konzentriert habe. Anhand dieser sollen die Grundprobleme der deutschen Berichterstattung über den Islam herausgearbeitet und die geläufigen Strukturen der Darstellungsmuster bewertet werden.
Auch wenn inzwischen – mit Ausnahme der Boulevard-Zeitungen – nur noch wenig von der sprachlichen Vehemenz vergangener Jahrzehnte in den Zeitungen zu finden ist, so bewegt sich doch die Berichterstattung über den Islam nach wie vor auf dem schmalen Grat zwischen Verharmlosung und Dämonisierung.
Geben einem die Medien – in dieser Arbeit also: die überregionalen Tageszeitungen Deutschlands – die Möglichkeit, zu einer ausgewogenen Position gelangen zu können? Kommen die Tageszeitungen ihrem politischen Auftrag nach, unter Wahrung der Pressefreiheit und Meinungsvielfalt das gesellschaftliche Klima zu bereichern?
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Theoretische Vorarbeit
2.1 Von der »Feindbild«-Ära zum »Kritischen Dialog« - Die Literatur
2.1.1 »Kampf der Argumente« - Huntington und seine Kritiker
2.1.2 »Feindbild Islam« – Tatsache oder Medienschöpfung?
2.1.3 »Über die Asymmetrie des Wissens« - islamkritische Stimmen
2.1.4 »Die Attitüde des Siegers« - pro-islamische Positionen
2.1.5 »Zwischen den Zeilen gelesen« - Untersuchungen der Presse
2.1.6 »Fokus I« - Islamischer Fundamentalismus
2.1.7 »Fokus II« - Die Parallelgesellschaft
2.2 Methodenfindung
2.2.1 »Die kritische Diskursanalyse«
2.2.2 »Eigener Ansatz«
2.3 »Die Zeitung« - eine Annäherung in vier Exkursen
2.3.1 Exkurs I - »Funktion und Aufgabe der Zeitungen«
2.3.2 Exkurs II - »Die Integrationswirkung von Zeitungen«
2.3.3 Exkurs III - »Die Wirkung von Pressefotos«
2.3.4 Exkurs IV - »Der Einfluss der Medien«
2.4 Auswahl der Publikationen
2.4.1 »Recht anständig?« - Die WELT
2.4.2 »Keine reine Nachricht?« - Frankfurter Allgemeine Zeitung
2.4.3 »Keine eindeutige Meinung?« - Süddeutsche Zeitung
2.4.4 »Die Gegenöffentlichkeit?« - „die tageszeitung“
2.4.5 »Zusammenfassung«
2.5 Themenwahl und Zeitrahmen
3 Quellenarbeit
3.1 Der Islam und Gewalt
3.1.1 Die WELT
3.1.2 Frankfurter Allgemeine Zeitung
3.1.3 Süddeutsche Zeitung
3.1.4 Die taz
3.2 Der Islam und Demokratie
3.2.1 Die WELT
3.2.2 Frankfurter Allgemeine Zeitung
3.2.3 Süddeutsche Zeitung
3.2.4 Die taz
3.3 Der Islam in Deutschland
3.3.1 Die WELT
3.3.2 Frankfurter Allgemeine Zeitung
3.3.3 Süddeutsche Zeitung
3.3.4 Die taz
3.4 Der Islam in Europa? – Der EU-Beitritt der Türkei
3.4.1 Die WELT
3.4.2 Frankfurter Allgemeine Zeitung
3.4.3 Süddeutsche Zeitung
3.4.4 Die taz
4 Ertrag
4.1 Die einzelnen Zeitungen
4.1.1 Die WELT
4.1.2 Frankfurter Allgemeine Zeitung
4.1.3 Süddeutsche Zeitung
4.1.4 Die taz
4.2 Synopse der Ergebnisse
4.3 Besonderheiten
5 Abschließende Betrachtung und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
Vorwort
Als ich im Sommer 2004 mit den Recherchen für die vorliegende Arbeit begann, war die Berichterstattung über den Islam und das mit ihm verbundene politische Bild inhaltlich noch immer eng an die Anschläge des 11. September 2001 gekoppelt.
Zwar waren die Schauplätze dieses »Kampfes der Kulturen«, in den die Kommentatoren dieses Ereignis unter Verweis auf Samuel Huntingtons Thesen wiederholt einbetteten, zwischenzeitlich nach Afghanistan und in den Irak verlegt worden. Aber die besondere Aufmerksamkeit der Medien galt nach wie vor den Aktivitäten gewaltbereiter Organisationen wie Al Qaida und anderer fundamentalistischer Gruppierungen in ihrem Kampf gegen die westliche Zivilisation.
Die Gefährdung Deutschlands durch islamistische Extremisten wurde in den Medien ebenso thematisiert wie das allmähliche zu Tage treten des Scheiterns der deutschen Integrationsbemühungen an der mangelnden Integrationswilligkeit der Muslime. Und noch immer geistert eine diffuse Angst vor dem »Kampf der Kulturen« durch die Schlagzeilen. Ganz und gar nicht diffus hingegen sind die Ansichten über die Unvereinbarkeit von islamischer Tradition und demokratischen Strukturen.
Der vorangegangene Absatz skizziert die thematisch relevanten Diskurse, auf deren Untersuchung ich mich konzentriert habe. Anhand dieser sollen die Grundprobleme der deutschen Berichterstattung über den Islam herausgearbeitet und die geläufigen Strukturen der Darstellungsmuster bewertet werden.
Auch wenn inzwischen – mit Ausnahme der Boulevard-Zeitungen – nur noch wenig von der sprachlichen Vehemenz vergangener Jahrzehnte in den Zeitungen zu finden ist, so bewegt sich doch die Berichterstattung über den Islam nach wie vor auf dem schmalen Grat zwischen Verharmlosung und Dämonisierung.
Geben einem die Medien – in dieser Arbeit also: die überregionalen Tageszeitungen Deutschlands – die Möglichkeit, zu einer ausgewogenen Position gelangen zu können? Kommen die Tageszeitungen ihrem politischen Auftrag nach, unter Wahrung der Pressefreiheit und Meinungsvielfalt das gesellschaftliche Klima zu bereichern?
Wie viele der bereits angedeuteten Themen finden sich wie oft in welcher Zeitung? Findet eine Zeitung neue, interessante Zugänge zum Thema? Erlaubt die politische Linie einer Zeitung tatsächlich immer Rückschlüsse auf die inhaltlichen Schwerpunkte und die Tendenzen im Meinungsbild?
Bevor ich nun im folgenden Kapitel an diese Fragen anknüpfe und weitere Fragen auf das Thema dieser Arbeit zuschneide, möchte ich einleitend einige technische Dinge klären:
- Zur Abkürzung der Zeitungsnamen habe ich die gängigen, allgemein gültigen Formen gewählt, die sich aber auch im Verzeichnis ITA von Leistner/Becker finden.[1]
- Die arabischen Begriffe verwende ich in eingedeutschter Fassung. Manche Zeitungen legen zwar Wert auf Schreibweisen wie z.B. El-Kaida oder Al-Qa’ida – die Version »Al Qaida« jedoch bietet nicht nur dem Schreibenden den größeren Komfort, sondern auch dem Leser.
- Alle Zitate, ob sie nun aus Zeitungsartikeln oder Büchern entnommen wurden, sind aus Gründen der Übersichtlichkeit an die neue deutsche Rechtschreibung angeglichen worden – in keinem Fall konnten dabei den Sinn verfälschende Veränderungen festgestellt werden.
Dank gilt: meiner Familie, meinen Gesprächspartnern, meinem Netzwerkbetreuer und meinen Korrekturlesern, die mir – jeder auf seine Art – sehr geholfen haben.
Ebenso dankbar bin ich Professor Harald Müller, der mir nicht nur bei der Themenfindung, sondern auch während des Verfassens der Arbeit mit menschlichem Interesse und fachlich-klarer Sicht zur Seite stand.
1 Einleitung
„In der heutigen Zeit findet die Bevormundung der Gesellschaft in erster Linie über die Medien statt.“
Arnold Hottinger[2]
Der Islam steht immer wieder im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Nach den Wahlen im Irak jedoch zum ersten Mal seit langer Zeit unter – den Umständen entsprechend – entspannten Vorzeichen.
Die WELT feierte den 31. Januar 2005 als „Tag der Demokratie“ und die tageszeitung titelte zufrieden: „Irak schreitet zur Demokratie“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete lediglich „Rege Wahlbeteiligung im Irak“ und schob nüchtern hinterher: „Nur im Sunnitischen Dreieck leere Lokale“. Die Süddeutsche Zeitung erinnerte als einzige der vier genannten mit der Überschrift „Wähler im Irak trotzen Terroranschlägen“ an die Befürchtungen der vorausgegangenen Wochen, massive Terroranschläge könnten die Wahlen beeinflussen, möglicherweise sogar verhindern.
Die Iraker haben gewählt. Nicht zum ersten Mal in der Geschichte ihres Landes, aber zum ersten Mal seit langer Zeit. Darf man schon von einem Etappensieg der Demokratie sprechen?
Selbst die amerikanische Regierung übt sich in Zurückhaltung, die Demokratisierung des Irak ausdrücklich als erfolgreich zu bezeichnen. Nach wie vor sind die Zustände in demokratisierten Staaten wie dem Irak oder Afghanistan unsicher. Ebenfalls unsicher sind die Positionen der öffentlichen Meinung, ob solche Maßnahmen überhaupt Sinn machen – ganz zu schweigen von der Frage nach der Legitimität solcher Einsätze.
Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Anschläge vom 11. September 2001 schrieben die Medienwissenschaftler Brosda und Schicha, es stelle sich nicht die Frage, ob über ein solches Ereignis berichtet werden solle, sondern wie. Dass jedoch in dieser Hinsicht der den Medien zur Verfügung stehende Spielraum nur unzureichend ausgenutzt wurde, liege ihrer Ansicht nach auf der Hand.[3]
Siegfried Jäger kritisierte bereits 1993, es seien vor allem die Medienleute, „die auch die Macht über die Formulierung von Alternativen besitzen. Es sind die Medien, die die Macht besitzen, eine konkrete Option [...] entweder als »vernünftige Alternative« in den Mediendiskurs aufzunehmen oder aber totzuschweigen.“[4] Ex post stellte Jäger schon damals fest, dass der „mainstream der Medien fast alle vernünftigen Alternativen meistens totgeschwiegen hat“.[5]
Trotz aller Spielräume, die den Medien gegenwärtig zur Verfügung stehen und die, wie im weiteren Verlauf der Arbeit herausgestellt werden soll, doch zunehmend und überwiegend bewusst ausgeschöpft werden: es gibt sie, die Rückfälle der Zeitungssprache etwa in die Begriffsbildung der siebziger oder der frühen neunziger Jahre, in denen die islamische Revolution im Iran oder Golfkrise eifrige, inzwischen vielfach untersuchte Phasen der medialen Feindbildproduktion einläuteten.
In regelmäßigen Zyklen kehren sie wieder, jene mit Schlagworten wie Feindbild, Fundamentalist und Parallelgesellschaft gespickten Überschriften auf den Titelseiten der Tageszeitungen. Und jedes weitere Wort scheint die unausgesprochene, aber allzu offensichtliche Annahme zu bestätigen, »Gewalt und Chaos«, zumindest aber der entschiedene Widerstand gegen die westliche Welt und ihre Werte, seien charakteristisch für den Islam; gewissermaßen seine gedanklichen Leitmotive.
Ob diese Leitmotive nun tatsächlich existieren, also gewissermaßen aus dem Islam und seinen vielfältigen, politisch-kulturellen Kontexten entstehen, oder ob sie das Ergebnis einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung und damit eine zwangsläufige, obgleich künstliche Schöpfung der permanenten medialen Selbstreferenz sind – das ist eine der zentralen Fragen, die sich Forscher auf diesem Gebiet stellen.
Doch fern der wissenschaftlichen Diskursebene ist nur noch wenig von der diffizilen Verknüpfung der zahlreichen Faktoren zu erkennen, die in Zeiten einer immer dichter vernetzten und zusammenwachsenden Welt auf dieses Themengebiet einwirken.
Zu Erkennen sind lediglich die groben Umrisse dieser Leitmotive – aber diese prägen die allgemeine, zumeist oberflächliche Wahrnehmung dieses Phänomens. Und somit auch das irrationale, scheinbar kollektiv gesteuerte und aggressive politische Bild des Islam.
Andererseits gibt es nicht nur und nicht schon immer die Tendenz zur Dämonisierung des Islam. Die vielschichtige Gemeinschaft der Muslime wird nicht nur auf diametralen Polen angesiedelt und entsprechend charakterisiert.
Es gibt ein Gegengewicht zu den Bösen Fanatikern, die alle »westlichen Werte« ignorieren und dem Islam zur Weltherrschaft verhelfen wollen. Dieses Gegengewicht bilden all jene Muslime, die bereits in Europa leben und deren Kinder in die freiheitlich orientierten, demokratischen Gesellschaften hineingewachsen sind. Nicht zu vergessen die Muslime in ihren Heimatländern, die dem Westen und der Moderne offen gegenüber stehen. Es gibt sie.
Und genauso finden sich schon immer jene Wissenschaftler, Fachleute und Journalisten, die innerhalb des Islam fortschrittliche Kräfte erkennen und diese zu unterstützen versuchen. Gerade nach den Anschlägen des 11. September 2001 – das Jahr 2001 war von den Vereinten Nationen zum „Jahr des Dialoges der Kulturen“ erklärt worden – konnten sich auch diese versöhnlichen Stimmen Gehör verschaffen. Sie wähnten allen Schreckensszenarien ihrer Kollegen zum Trotz ein Klima des Aufbruchs. Des Aufbruchs in eine neue Zeit, in der jener müde gewordene »Dialog der Kulturen« endlich mit neuen Qualitäten angereichert werden könne. Unbequemer würde es werden, gewiss, aber endlich könne aus der Idee des Miteinander eine veritable Bewegung, ein aktiver Prozess werden. Bis heute verhallen diese gemäßigten Stimmen nicht vollkommen ungehört.
Dass ein neuer Impuls die Weltpolitik prägen muss, und wer dafür Sorge zu tragen hat, dass dieser Impuls Wirkungen nach sich zieht, das hat der Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel in einem Interview unmittelbar nach dem 11. September 2001 ohne Umschweife angedeutet: „Wenn die Leute sich nicht mehr über Attentate freuen, sondern über die Politik, die der Westen betreibt, dann verdorrt der Terrorismus.“[6] Der Westen also müsse sich verändern, seine Haltung dem Rest der Welt – vor allem den islamischen Staaten – gegenüber kritisch reflektieren.
Mit den Anschlägen in Spanien im März 2004 wurde dann auch ein europäischer Staat zum Schauplatz islamistischer Gewalt. Im Hinblick auf Czempiels Forderung liegt nun die Vermutung nahe, Europa habe es ebenfalls versäumt, sich den notwendigen Umwälzungen zu unterziehen. Möglicherweise rächt sich auf diese Weise die Beteiligung an fragwürdigen internationalen Militäreinsätzen? Man könnte diese Tat aber auch als einen erneuten Beweis für die willkürliche, dennoch beängstigend präzise Tötungslust der extremistischen Attentäter werten.
Abgesehen davon, dass die islamische Welt ebenfalls ihren Teil zur gemeinsamen Annäherung beizutragen habe und sich in dieser Hinsicht berechtigter Kritik stellen müsse, sind sich die an der Debatte Beteiligten darüber einig, dass man sich damit auseinander setzen müsse, ob islamistische Gewalt tatsächlich immer religiösen Ursprungs ist – oder ob man auch in diesem Fall übersehe, wie Religion instrumentalisiert wird.
Dann aber sollte die Explosion der Sprengsätze in Istanbul im November 2003 als deutliches Zeichen dafür gewertet werden, dass es sich nicht primär um einen Kampf der islamischen Welt gegen die westlichen Gesellschaften handelt, sondern dass die zuvor stets als einheitlich wahrgenommene islamische Staatengemeinschaft – die es als solche nie gegeben hat und auch nie geben wird – voll innerer Spannungen und Konflikte ist. Fest steht: dieser innerislamische Konflikt wird in der Türkei schon seit geraumer Zeit ausgetragen. Doch der gemäßigte, europäische Kurs konnte trotz der erstarkenden islamischen Kräfte beibehalten werden.
Dürfte nicht allein diese Tatsache ein gutes Argument dafür sein, der Türkei den Weg in die Europäische Union zu ebnen? Oder ist die Renaissance der islamischen Kräfte ein gewichtiger Grund, die Tore geschlossen zu halten?
Unabhängig davon, dass die Entscheidung über den EU-Beitritt der Türkei bereits gefallen ist: Wie viele der Argumente und Streitfragen dieser Debatte über die inneren Spannungen des Islam und seine widersprüchliche Haltung gegenüber der „Moderne“ haben in den gesellschaftlichen Diskurs Eingang gefunden? Nicht allzu viele, so scheint es.
Denn nach dem Mord an dem holländischen Regisseur Theo van Gogh am 2. November 2004 nahm die Diskussion über den Islam und seine Extremisten, über die realen Gefahren für die innere Sicherheit, die Demokratie im allgemeinen und die Probleme der Integration im Besonderen auch in Deutschland groteske Züge an – so zitierten die Zeitungen die Appelle deutscher Politiker: „Wir bitten Euch, lernt Deutsch!“
Es gibt diese diametral angeordneten Pole des Islam. Aber es gibt auch unzählige Varianten zwischen den bösen Fanatikern und dem freundlichen Gemüsehändler. Daraus ergeben sich ebenso viele Positionen innerhalb des gesamtgesellschaftlichen Diskurses, der an manchen Stellen Lücken aufweist und dem man im Falle dieses – nicht erst zukünftig – brisanten Themas noch keine Problem lösende Effizienz attestieren kann.
Wären die Medien in der Lage, diese Lücken zu füllen? Haben sie doch als Meinung bildende Instanzen auf die Intensität und die Richtung des gesellschaftlichen Diskurses erheblichen Einfluss. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass Medien nicht nur das gesellschaftliche Klima prägen, sondern auch das politische Agenda-Setting einschließlich der praktizierten Politik mit gestalten. Siegfried Jäger beschreibt die Medien als „eine Art Vierte Gewalt“ mit „enormen Einfluss auf die herrschenden Diskurse und damit auf das Denken und Handeln der Menschen im Lande“.[7]
Die Annahme, dass vor dem Hintergrund des 11. September 2001 die Angst vor islamischen Fundamentalisten oder Unsicherheiten im Umgang mit Muslimen auch ohne rassistische Motivation entstehen können, führt wiederum zu weiteren Fragen.
Helfen die überregionalen Tageszeitungen Deutschlands ihren Lesern dabei, eine ausgewogene Position einnehmen zu können? Bieten sie Meinungsvielfalt im Sinne einer Wissensgrundlage, die es gestattet, sich eine nicht unbedingt objektive, aber doch eigenständige Meinung zum Islam zu erarbeiten ? Oder werden durch die Wiederkehr pauschalisierender Argumente in wechselnder Reihenfolge lediglich Klischees kultiviert und Ressentiments zementiert? Und: Prägt die jeweilige Zeitung eine eindimensionale Sicht der Dinge – oder ermöglicht sie dem Leser eine klarere Sicht auf zuvor undeutliche Konturen?
Eine weitere Frage, auf die im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls eine Antwort gefunden werden soll, zielt auf die grundsätzliche Funktion der Tageszeitung ab:
Erfüllen Tageszeitungen ihren politischen Auftrag, unter Wahrung der Pressefreiheit und Meinungsvielfalt das gesellschaftliche Klima zu bereichern, indem sie den mündigen Bürger mit einer reichhaltigen Bildungsmahlzeit versorgen – oder servieren alle nur aufgewärmten Kaffee zum Info-Frühstück?
Die deutsche Boulevard-Presse wurde und wird als polarisierend und manipulierend dargestellt, vor allem bei solch indikativen Themen wie Terrorismus, religiösem Fanatismus und den daraus resultierenden Gefahren für Deutschland. Gerne betonen die Autoren der zum Thema veröffentlichten Bücher, wie unseriös und vorurteilsgeladen etwa die BILD-Zeitung berichte.[8]
Aber gelingt den seriösen Tageszeitungen tatsächlich immer die Gratwanderung zwischen umfassender Berichterstattung gemäß Ereignisvalenz (oder auch: Sensationsfaktor[9]) und dem Anspruch, dem Leser aktuelle Themen auch in der Tiefe zu erschließen?
Kai Hafez stellt in diesem Zusammenhang fest: „Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass nicht nur Boulevard-Medien, sondern auch seriöse Medien fremdenfeindliche Charakteristika aufweisen. Der kulturelle Differentialismus, die Anschauung also, dass bestimmte Kulturen oder Religionen nicht integrationsfähig seien, ist eine weit verbreitete Anschauung, die sich in den meisten deutschen Medien in der ein oder anderen Art bereits niedergeschlagen hat.“[10] Ob Hafez damit auch im Jahr 2005 noch richtig liegt, wird am Ende der Arbeit noch einmal kurz aufgegriffen.
Zunächst ist von Interesse, wie viele der bereits angedeuteten Themen sich tatsächlich in den Zeitungen finden – und in welcher Frequenz. Ebenso richtet sich der Fokus auf den thematischen Schwerpunkt einer Zeitung und welche Tendenzen sich hier ausmachen lassen. Hierbei wird erkennbar, ob eine Redaktion den Anspruch verwirklicht, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und neue, ungewöhnliche Zugänge zu den Themen zu finden. Wird dieser Ansatz konsequent verfolgt, stellt sich anschließend die Frage: Erlaubt die so genannte politische Linie einer Zeitung tatsächlich und immer noch Rückschlüsse auf deren Inhalt? Sind heute nicht bereits – und damit findet der Titel Eingang in die Arbeit – differenziertere Ansichten zu den bestimmten Themen möglich, ja, geradezu notwendig?
Es geht in der vorliegenden Arbeit nicht nur darum, ob in den vergangenen drei Jahren überhaupt neue Erkenntnisse über den Islam und seine gegenwärtigen Entwicklungen in den medialen Diskurs Eingang gefunden haben. Die Frage nach den Differenzierten Ansichten eines alten Feindbildes zielt vielmehr darauf ab, auch die Verwendung von Begriffen wie »Feindbild Islam« oder Bezeichnungen wie »Islamischer Fundamentalismus« näher zu beleuchten.
Dabei steht im Vordergrund, ob die Begriffe irgendwann einmal klar umrissen wurden und ob sie stets präzise und im richtigen Kontext eingesetzt werden, bzw. ob unter gewissen Umständen durch die bewusste Wahl von Begriffen eine abmildernde oder verstärkende Wirkung hätte erreicht werden können.
Kurz gefasst: Existiert das Feindbild tatsächlich – und wenn ja, ist es wirklich alt?
Auf den Titel dieser Arbeit bezogen stellt sich eine dritte Frage: Welchen Beitrag leisten die Zeitungen zur Ausbildung einer differenzierten Sicht auf die muslimische Bevölkerung Deutschlands und die Menschen der islamischen Welt?
Sie besitzen zweifelsohne – auch im Bezug auf Wissen – den Einfluss und die Möglichkeiten, eine Basis für die kritische, aber sachliche Auseinandersetzung mit den Muslimen zu schaffen, sowohl innerhalb des eigenen Landes als auch auf internationaler Ebene. Ist es in diesem Zusammenhang nicht gerechtfertigt, die Frage zu stellen, ob ein solcher Beitrag überhaupt geleistet werden soll?
Es wäre vorschnell, schon jetzt vorauszusetzen, dass etwa die dem Springer-Konzern zugehörige und zur Polarisierung neigende Tageszeitung Die WELT für eine Verhärtung der Fronten zwischen demokratischer und säkularisierter westlicher Welt und der vermeintlich rückständigen arabisch-islamischen Welt mit sprachgewaltigen Mitteln eintritt. Ebenso muss erst bewiesen werden, dass die linksliberale Süddeutsche Zeitung stets auf eine ausgewogene Berichterstattung setzt und die tageszeitung sowieso alle Ausländer für nette Kerle hält, den EU-Beitritt der Türkei folglich nur als Gewinn für den Staatenbund werten kann.
Vielleicht bietet ja gerade Die WELT mit ihren tendenziell reißerischen Überschriften und der auf Bildwirkung setzenden Aufmachung dem Leser die Möglichkeit, über die Reibungskräfte der extrem gegensätzlichen Meinungen diverser Gastautoren zu einer eigenen Sicht der Dinge zu gelangen.
Aufschlussreich ist auch die Betrachtung der Kontinuität, mit der das jeweilige Organ mit bestimmten Beiträgen an einem Klima arbeitet, das Gesprächsbereitschaft oder Prinzipientreue fördert. Geht es um Toleranz um jeden Preis – oder Rechte samt Pflichten? Vielleicht bergen die Antworten auf diese Fragen überraschende Einsichten.
An dieser Stelle soll nun zunächst beschrieben werden, welchem inhaltlichen Aufbau die Untersuchung folgt:
Kapitel 2 bietet eine inhaltliche Übersicht der Literatur zum Thema.
Abgesehen davon, dass die Einarbeitung in den wissenschaftlichen Diskurs unerlässliche Vorarbeit darstellt, ermöglicht die Kenntnis desselben neben einer relativ sicheren Verortung des Verfassers eines Artikels im Meinungsspektrum auch die Bewertung der allgemeinen inhaltlichen Qualität des medialen Diskurses.
Auf einen kurzen Abriss der gewählten Untersuchungsmethode in Kapitel 2.2 folgt in Kapitel 2.3 ein Exkurs zu den Aufgaben und Funktionen von Zeitungen, der wiederum über die Begründung zur Auswahl der Publikationen (Kapitel 2.4) in die Themenfindung mündet, die sich in Kapitel 2.5 als eine Art Diskursstrang-Präsentation darstellt.
In Kapitel 3 werden die Diskurse in den Tageszeitungen zunächst einzeln untersucht, bevor sie in Kapitel 4 zu einer Gesamtbetrachtung zusammengefügt werden.
Die Analyse der Zeitungsartikel findet dabei, soweit möglich, zunächst auf vier thematisch getrennten Ebenen statt, um dann später über eine Synopse der Einzeluntersuchungen ein Gesamtbild des Mediendiskurses über das politische Bild des Islam zu zeichnen, das sowohl Vergleiche als auch die Darstellung von Unterschieden ermöglicht.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse wird ebenfalls auf zwei Ebenen stattfinden: Zunächst werden die Analysen der einzelnen Zeitungen zu den jeweiligen Themen und Unterthemen verglichen und in Beziehung zu einander gesetzt. Anschließend wird eine synoptische Betrachtung des Mediendiskurses zum politischen Bild des Islam – hier exemplarisch an vier Tageszeitungen herausgearbeitet – formuliert.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse der Untersuchung mit den Fragen dieser Einleitung zusammen geführt. Dieses erneute Abstimmen mit den in der Einleitung angerissenen Themen mündet in einen vorsichtigen Ausblick, der sich mit der Frage befasst, ob die untersuchten Tageszeitungen tatsächlich mit der Zeit gehen und ein zeitgemäßes politisches Bild des Islam zeichnen – oder ob sie nicht doch, wie so oft behauptet, von gestern sind.
2 Theoretische Vorarbeit
Um das Thema der Arbeit auf einem politikwissenschaftlichen Fundament zu verankern, bedarf es neben Methodenfindung und einer begründeten Auswahl der für die Untersuchung in Frage kommenden Tageszeitungen vor allem einer intensiven Lektüre der von Fachleuten und Wissenschaftlern verfassten Werke. So folgt im ersten Schritt ein thematisch aufgegliederter Überblick der Literatur.
Da es unumstritten das Verdienst von Samuel P. Huntingtons Werk „Clash of Civilizations“ ist, dass sich auch mehr als zehn Jahre nach Erscheinen seines Buches – und trotz der zahlreichen fundierten Gegendarstellungen – die Debatte über den vermeintlichen »Kampf der Kulturen« immer noch in seinen Kategorien bewegt, bildet Kapitel 2.1.1 mit einer kurzen Darstellung der Thesen Huntingtons und einigen seiner Kritiker den Auftakt der Zusammenfassungen.
Kapitel 2.1.2 geht der Frage nach dem Ursprung des »Feindbild Islam« nach und stellt einige Ansichten vor, die diesen Begriff rechtfertigen. Im Anschluss daran kommen in Kapitel 2.1.3 Islam-kritische Stimmen zu Wort, bevor in Kapitel 2.1.4 die dem Islam zugewandten – oder besser: weniger kritisch gegenüber stehenden – Autoren gegen die »Sieger-Attitüden« der westlichen Welt anreden dürfen.
Kapitel 2.1.5 gibt einen kurzen Überblick über die Untersuchungen der Presse, die zu dem Thema Islam und verwandten Themen durchgeführt wurden.
In den Kapiteln 2.1.6 und 2.1.7 werden einige Definitionen des Begriffs »Islamischer Fundamentalismus« und das Konzept der »Parallelgesellschaft« vorgestellt, auf deren Grundlage eine spätere Einschätzung möglich sein soll, ob diese in der Berichterstattung mit Bedacht oder eher wahllos eingesetzt werden.
2.1 Von der »Feindbild«-Ära zum »Kritischen Dialog« - Die Literatur
Ein Überblick über die Literatur, die sich mit dem »Kampf der Kulturen«, dem »Feindbild Islam« und thematisch verwandten Phänomenen befasst, macht vor allem eines deutlich: Die Fallhöhe zwischen seriöser Betrachtung und Panikmache, zwischen nüchterner Analyse und emotionalisierter Kritik, war schon immer beachtlich.
So hat die Debatte um Samuel P. Huntingtons »Clash of Civilizations« auch in Deutschland die Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen »Kampf der Kulturen« nachhaltig geprägt. Erst in den letzten Jahren, so scheint es, drängen kritische Anmerkungen und Gegenentwürfe anderer Autoren in den gesamtgesellschaftlichen Diskurs hinein und bringen Huntingtons Thesen ins Wanken. Tatsächlich jedoch arbeiten viele dieser Autoren bereits Jahrzehnte an fortschrittlichen, zumindest aber »zeitgemäßen« Islambildern, Toleranzkonzepten oder Theorien multikulturellen Zusammenlebens.
Andere wiederum – der Kanon wird nicht müde, diesen Entstehungsmythos herunterzubeten – nutzten nach dem Ende des Kalten Krieges die Unsicherheit der westlichen Bevölkerung, um ein düsteres, Gefahr vermittelndes Bild vom »Orient« und den dort ansässigen Völkern zu zeichnen. Unter ihnen Wissenschaftler und Fachleute diverser Forschungsfelder, sowie Journalisten, die viele Jahre in islamischen Ländern gelebt und von dort aus berichtet haben. Wie umstritten letztere, manchmal zu Unrecht als „Insider“ bezeichneten Autoren sind, darauf ist nicht nur Kai Hafez in seiner umfangreichen Studie über „Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung“[11] eingegangen.
2.1.1 »Kampf der Argumente« - Huntington und seine Kritiker
„Solange der Islam der Islam bleibt (und er wird es bleiben) und der Westen der Westen bleibt (was fraglicher ist), wird dieser fundamentale Konflikt zwischen zwei großen Kulturkreisen und Lebensformen ihre Beziehung zueinander weiterhin und auch in Zukunft definieren, so wie er sie 1400 Jahre definiert hat.“
Samuel P. Huntington[12]
Obwohl sich bereits in den siebziger Jahren zahlreiche Publikationen mit dem scheinbar konfliktträchtigen Gegensatz von christlich-abendländischer und islamischer Weltsicht befassten, ist es unumstritten, dass Samuel P. Huntingtons Werk »Clash of Civilizations« eine breite Debatte über reale und irreale Gefahren entfachte, die sich für die westlichen Gesellschaften insbesondere in den Staaten der islamischen Welt manifestieren.
Auch heute noch erfreut sich dieses Werk wiederkehrender Beachtung in Politik und Medien, der »Kampf der Kulturen« hat, zumindest in diesem geflügelten Wort, den Eingang in den Allgemeinbildungskanon gefunden. Und das, obwohl inzwischen unzählige Gegenentwürfe und Kritiken vorliegen, die sowohl eklatante inhaltliche als auch strukturelle Schwächen im Weltbild Huntingtons nachweisen konnten.
Huntingtons Buch war zunächst als Gegenentwurf zu Francis Fukuyama gedacht, der Anfang der neunziger Jahre „Das Ende der Geschichte“[13] erkannt zu haben glaubte. Fukuyama war sich sicher: Nach dem Ende des Kalten Krieges sei der Siegeszug der Demokratie nicht mehr aufzuhalten, es gehe dann nur noch darum, das Zusammenleben ökonomisch und technisch zu modifizieren. Huntington seinerseits fand, selten sei eine Prognose so schnell widerlegt worden.[14]
Würde man Huntingtons Ausführungen über den Islam in einen Satz pressen, so lautete dieser: Die großen Konfliktherde der Zukunft werden nicht aus ideologischen oder ökonomischen Gegensätzen erwachsen, sondern vor allem aus kulturellen Unterschieden – die islamische Welt mit ihren »blutigen Rändern« rangiere als Gefahr für den Westen an oberster Stelle. Huntington sieht nach dem Ende des Kalten Krieges sogar einen „Aufschwung ethnischer Konflikte“ und betont, „gewaltsame Konflikte sind zwischen lokalen muslimischen und nichtmuslimischen Bevölkerungen gang und gäbe“.[15]
Die große Schwäche Huntingtons liegt darin, wie auch das Eingangszitat verdeutlichen soll, dass er dem Islam jede Fähigkeit zum Wandel abspricht. Er lässt ihn als unveränderbar erscheinen – immun gegen Umwälzungen von Innen und Einflüsse von außen. Den Westen hingegen stellt er als schwach und formbar dar, als wären die demokratischen Staaten und ihre Gesellschaften nicht mehr als ein Klumpen Wachs auf der Fensterbank des Ostfensters.
Während andere Denker und Autoren der vergangenen Jahre dem Islam zunehmend eine grundsätzliche Offenheit gegenüber der Moderne – und sei es nur auf technischer Ebene – attestieren, krallt sich Huntington an die Vorstellung von den irrationalen Kollektivkräften des Islam, die sich aus der „Bevölkerungsexplosion in muslimischen Gesellschaften“ ergebe: „[...] das riesige Reservoir an oft beschäftigungslosen Männern zwischen 15 und 30 sind(sic!) eine natürliche Quelle der Instabilität und Gewalt innerhalb des Islam wie gegen Nichtmuslime.“[16]
Zahlreiche Gegenentwürfe kritisierten neben den strukturellen Schwächen vor allem die extreme Vereinfachung von komplexen Zusammenhängen und Huntingtons mangelnde Kenntnis der jeweiligen Kulturen.
In seinem Buch »Zivilisierung wider Willen« bestätigt Dieter Senghaas zunächst, dass tief greifende gesellschaftliche Umbrüche zu einer weltweiten Fundamentalpolitisierung führen. Seiner Ansicht nach habe dies jedoch vor allem zur Folge, dass althergebrachte Kulturen mit sich selbst in Konflikt geraten. Das wiederum stelle keine Ausnahme dar: „Alle herkömmlichen Kulturen waren durch innere Differenzierungen, wenn nicht gar Konflikte gekennzeichnet, lange ehe sie unter einen Modernisierungsdruck von außen und innen gerieten.“[17] Auf Huntingtons Bruchlinien-Konzept erwidert Senghaas, zahlreiche Untersuchen belegten, dass „die markanten kulturellen Konfliktlinien der Gegenwart innerhalb der viel zitierten Kulturbereiche [...] zu beobachten sind und keineswegs in erster Linie zwischen ihnen“.[18]
Abgesehen davon, so Senghaas, dass man bei Huntington fast nichts über islamische Kultur erfahre, arbeite dieser sowohl auf der Makro- als auch auf der Mikroebene zu lückenhaft: Huntington entgehe die Tatsache, dass „kulturelle und in aller Regel religiöse Faktoren selten am Ausgangspunkt einer Konflikteskalation durchschlagendes Gewicht besitzen. Da handelt es sich ganz überwiegend um Fälle sozialer und ökonomischer Diskriminierung, die sich auf politischer und kultureller Ebene wiederholt.“[19] Zudem könne man die abschließenden Empfehlungen an den Westen angesichts seiner „grimmigen Analysen [...] nicht so ganz ernst nehmen“.[20]
Auch Harald Müller verweist auf die nicht zu unterschätzende Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Diskurses durch den Huntington’schen Schlagwortkatalog: „[...] der Begriff »Kampf der Kulturen« ist bereits zum Bestandteil unserer politischen und feuilletonistischen Sprache geworden. Das stimmt bedenklich. [...] Je mehr Begriffe wir unhinterfragt verwenden, desto mehr werden wir unversehens zu ihren Gläubigen.“[21] Der Umkehrschluss würde gewissermaßen verhindert. Gerade Huntingtons Verweise auf die innere Starre des Islam stelle ein großes Hindernis für den Weg der verschiedenen Kulturen in eine gemeinsame Zukunft dar. „Der Islam ist anpassungsfähig“, schreibt Müller, „aber auch anpassungsbedürftig an die Moderne.“[22]
In diesem Zusammenhang unterstreicht er, dass sowohl die religiöse als auch die kulturelle Dimension der Islamischen Welt hinter anderen Faktoren zurückstehe: denn wo Huntington religiöse Motivation unterstellt, dort arbeitet Müller heraus, dass etwa territoriale Expansion nahezu immer auf „politischen Einfluss“ abziele, also auch in der Islamischen Welt die Gesetzmäßigkeiten der Staatenwelt greifen.[23] Im Gegensatz zu Huntington geht Müller unter Verweis auf die globalen Entwicklungen davon aus, dass „sich die Gemeinsamkeiten zwischen den Gesellschaften verschiedener Kulturen eher verbreitern als verringern“ und sich überall „Gesprächspartner für Dialoge und Interesse an Kooperation finden“.[24]
Ähnlich zuversichtlich argumentiert auch Wolfgang Günther Lerch, der die westlichen Demokratien „heute von liberalem Geist geprägt“ sieht, die kein Feindbild bräuchten.[25] Zwar sieht auch Lerch „die von Huntington festgestellten »Bruchlinien der Kulturen«, an denen der Zivilisations-Konflikt virulent wird“, aber die besondere Aggressivität des Islams sei in der Geschichtsbetrachtung nicht festzustellen: „Verglichen mit dem Christentum war der Islam lange Zeit toleranter gegenüber seinen Minderheiten“.[26]
Peter Heine kritisierte schon 1996 „die begeisterte Zustimmung“, die Huntingtons Thesen gefunden haben, weil diese verdeutliche, inwieweit „die Vorstellung von einer islamischen Welt, die dem Westen voller Aggressionen gegenübersteht, zu dem stets vorhandenen Vorrat an einfachen Erklärungsmustern für politische Entwicklungen gehört“.[27] Dabei sei doch offensichtlich, dass es weder »den Westen« gebe noch eine einheitliche islamische Welt.
Dieter Prokop kritisiert an Huntingtons Thesen, sie ignorierten „sowohl den Verstand der Menschen als auch die realen ökonomischen und politischen Strukturen.“[28] Gegen Huntingtons Kultur-Relativismus müsse man „die Universalität von Wahrheit, Menschenrechten und auch Bevölkerungs-Interessen setzen.“[29] Daraus ergebe sich wiederum ein neues Problem: auch die Kulturkämpfer, die sich den Einsatz für die Menschenrechte auf ihre Fahnen schreiben, instrumentalisierten diese als kulturelle Wertorientierung und „richtiges Bewusstsein, das man denen mit »falschem Bewusstsein« bringen muss, auch mit kriegerischen Mitteln, die man als »gerecht« deklariert“.[30] Damit spielt er darauf an, dass Huntingtons Thesen im schlechtesten Falle als »Trojanisches Pferd« zur Demokratisierung missbraucht werden könne.
2.1.2 »Feindbild Islam« – Tatsache oder Medienschöpfung?
„Dass von einem Feindbild Islam die Rede ist, scheint mittlerweile als Beweis für die Existenz eines Feindbilds Islam zu gelten.“
Siegfried Kohlhammer[31]
Im Schatten dieses sich eher auf globaler Ebene abspielenden »Kampfes der Kulturen« gedeiht seit Anfang der neunziger Jahre ein etwas speziellerer Diskurs, der sich mit dem »Feindbild Islam« befasst. Die sich zu diesem Thema äußernden Autoren gehen der Frage nach dem Ursprung und der Angemessenheit des Begriffes „Feindbild Islam“ nach. Und auch hier finden sich - natürlich – äußerst kontroverse Ansichten, die sich – mehr oder weniger reflektiert – nach Umwegen über die Fach- und Sachliteratur im gesamtgesellschaftlichen Diskurs wieder finden.
Wolfdieter Bihl sieht den Ursprung des »Feindbildes Islam« im Zusammenbruch des kommunistischen Machtblocks, in dessen Folge „viele die Bedrohung Westeuropas durch einen entstehenden islamischen Machtblock“ fürchteten. Und auch heute noch existiere – verstärkt durch „die Revolution im Iran“, „die Taliban“ und „den 11. September 2001“ – in „der westeuropäischen Öffentlichkeit“ eine Haltung, die „diese Religion mit Fanatismus und Intoleranz gegenüber Andersdenkenden“ verbinde.[32]
Andrea Lueg und Jochen Hippler behaupten zwar einerseits, das »Feindbild Islam« sei nicht neu, seine „besondere Sprengkraft“ jedoch entfalte es erst in den neunziger Jahren: „durch das Ende des Kalten Krieges“.[33] Sie belegen zwar weder die eine noch die andere Behauptung, räumen aber ein, in den islamisch geprägten Gesellschaften gebe es „zahlreiche Erscheinungen, die kritikwürdig oder gar bedrohlich“ seien – allerdings würden die „populären Feindbilder gerade verhindern, dass eine Auseinandersetzung“ mit diesen stattfinden könne.[34] Dabei sei der Abbau eines Feindbildes geradezu die Voraussetzung für konstruktive Kritik.[35]
In diesem Zusammenhang verweisen sie auf die oftmals willkürliche Kritik des Westens an islamischen Ländern: „Inwieweit in den islamisch geprägten Ländern demokratische Verhältnisse herrschen, hat den Westen meist herzlich wenig gekümmert.“[36] Und Bewegungen, die diese Gesellschaften demokratisieren wollen, würden in unseren Medien kaum vorgestellt. Das Feindbild diene ihrer Ansicht nach nur als „Krücke für die eigene kulturelle Identität“, wobei eine erstaunliche „Diskrepanz zwischen Kenntnis über den islamischen Kulturkreis und die Sicherheit um Urteil“ existiere.[37]
Kritik an Hippler und Lueg übte schon bald Siegfried Kohlhammer: „Die Subsumierung der Kritik an Missständen in islamischen Ländern und Kulturen unter den Feindbild-Islam-Vorwurf führt (auch bei Hippler/ Lueg) zu peinlicher Apologetik.“[38] Zudem sei es ratsam, den Begriff »Feindbild« von Vorurteilen, Stereotypen, Klischees und Kritik zu unterscheiden – bei Hippler/Lueg etwa gehe „das alles durcheinander“.[39]
Peter Heine erkannte bereits 1996 eine Entwicklung, die belege, dass sich zwar die Motive des Islambildes verändern, ihre Grundstruktur jedoch „überhaupt keine Veränderungen“ aufweise. Dies gelte vor allem für das Gewaltbild des Islam, das sich in westlichen Gesellschaften immer noch durch „Gewaltbereitschaft und Gewaltverherrlichung“ auszeichne.[40]
Dies deckt sich weitestgehend mit den Aussagen einer Studie über „Fremd- und Selbstbilder in der Berichterstattung deutscher Medien während des Kosovo-Krieges“[41], die aufzeigt, wie „das einmal aufgebaute Feindbild konsequent weitergeführt wird. [...] Dies stützt die Darstellung des Westens als Ort der Kultur, an dem Vernunft, Ordnung und Fortschritt herrschen.“[42] Und die Darstellung der islamischen Gebiete als Orte der Irrationalität, Gewalt und des Chaos.
Im Gegensatz dazu legt das Drängen Peter Scholl-Latours, die Europäer sollten sich doch endlich „aus gewissen transatlantischen Denkschablonen lösen und ihr eigenes Verhältnis zur islamischen Umwelt entwickeln“, da der Kontinent „bereits weitgehend in einer Symbiose mit dem Islam“ lebe, doch nahe, dass ein »Feindbild Islam« inzwischen einer ernsthaften Grundlage entbehre.[43]
Fred Halliday betont in dieser Hinsicht: „Oppressed ethnic or social categories [...] do not on the whole reproduce and mirror the prejudices about them held by their detractors. [...] In the case of the Islamic world, no such simple refutation of stereotype is possible.“[44] Keines der Bilder also, das aus der Ferne auf beliebige Gruppen projiziert wird, erweise sich in der Realität als passend.
Halliday spielt hier sowohl auf die Vielfalt von Kulturkreisen an als auch auf den Faktor Ferne, den Kai Hafez in seiner Arbeit über »Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung« als wesentlichen Grund anführt, warum gerade im Falle islamischer Themen die Bildung von Klischees und Stereotypen eine gefährliche Häufung aufweise.[45]
Siegfried Kohlhammer kritisiert an der »Feindbild«-Diskussion vor allem das ständige Ermahnen der Öffentlichkeit, der Islam dürfe nicht verteufelt werden und man solle alles dagegen tun, dass sich das »Feindbild Islam« in den Köpfen festsetze.[46] Zum einen könne er in der Politik der westlichen Staaten keine Strukturen erkennen, die ein handlungsrelevantes »Feindbild Islam« erkennen ließen. Zum anderen sei bedenklich, dass sich manche mehr an einem Ansehensverlust des Islam zu stören scheinen als an dem Unheil, das unter Berufung auf diese Religion verübt werde.[47]
Außerdem fragt er, ob „der real existierende Islam nicht eigentlich ein Feind des Westens ist und in diesem Sinne ein Feindbild Islam realistisch und also wünschenswert wäre.“ Mit seinen – durchweg angemessenen, aber unbedingt im Kontext seiner Arbeit zu betrachtenden[48] – kritischen Äußerungen möchte er „Zweifel wecken an dem unerträglich geschönten Bild“ des Islam.[49]
Weit reichende Erkenntnisse über die innere Struktur des Begriffes Feindbild präsentiert Christina Ohde in ihrer Arbeit über die Konstruktion von Feindbildern in der deutschen Presse während der Golfkrise 1990/91.
Das Feindbild zeichne sich vor allem aus durch eine enorme Resistenz gegen vernünftige Argumente – auch positive Merkmale bleiben unberücksichtigt – da es immer darum gehe, den anderen „in seiner Position als Feind zu totalisieren“.[50] Ein weiteres distinktives Merkmal des Begriffes Feindbild ist seine kollektive Dimension: Das Feindbild ist nicht nur „nicht individuell“ und wird von einer Gruppe oder Gesellschaft geteilt, sondern bezieht sich auch immer auf ein Kollektiv oder eine Nation, selten auf Einzelpersonen – wobei es möglich ist, Parallelen zwischen den damaligen Projektionen auf Saddam Hussein und den heute geschürten Bin Laden-Ängsten zu ziehen, der ja auch immer wieder als Anführer des Neo-Dschihad bezeichnet wird.[51]
Im Verlauf der Arbeit mit den Primärquellen wird die Aufmerksamkeit bezüglich der Verwendung des Feindbild-Begriffs vor allem auf dieser Kollektiv-Komponente liegen. Eine Frage könnte lauten: Wird den Deutschen immer noch die Wahrung eines kollektiven Konzeptes vom »Feindbild Islam« unterstellt? Wird an eine differenzierende Sicht der muslimischen Bevölkerung nicht nur appelliert, sondern eine solche angenommen?
2.1.3 »Über die Asymmetrie des Wissens« - islamkritische Stimmen
Undifferenzierte Solidarisierung vermeide „sorgfältig jede Form der Unterscheidung zwischen Frömmigkeit und religiöser Gewalt“.
Hans-Peter Raddatz[52]
Hans-Peter Raddatz kann als strenger, aber keineswegs unversöhnlicher Kritiker des Islam eingestuft werden. Er verweist mehrfach darauf, dass in Deutschland eine Form der Toleranz dem Islam gegenüber praktiziert werde, die gefährlich unkritisch sei: „Stereotypen wie das »Feindbild Islam«, »Toleranz des Islam« und »Intoleranz des Christentums«, begleitet von einem positiven Standardregister einer von der islamischen Tradition übernommenen Religionsbeschreibung, haben sich tief in die Landschaft der Dialogsdiskussion eingegraben und sind [...] kaum geeignet, konstruktive Beiträge zu einer rationalen Islaminformation beizusteuern.“[53] Zudem beklagt Raddatz den defizitären Informationsstand der deutschen Bevölkerung: Die Zahl der muslimischen Gebetshäuser habe sich zwischen 1970 und 2000 um knapp 1000% vervielfacht, ohne dass „dieses Wachstum von einer proportionalen Steigerung des öffentlichen Islamwissens begleitet gewesen wäre“.[54]
Teils unbewiesene Pauschalsätze wie »der Islam ist eine friedliche Religion« oder »der Fundamentalismus ist nicht der Islam« versperrten seiner Auffassung nach den „emanzipierten Zugang zu diesem Faktor, der mit nahezu der Hälfte der Ausländer und hoher Reproduktionsrate ein erhebliches Veränderungspotential für die Lebensumstände der deutschen Gesellschaft bereithält“.[55]
Dennoch betont Raddatz, es gehe ihm um die „Dimension der Rationalität“, die eine kritische Einschätzung ermöglicht, ob dem Islam als Bestandteil einer künftigen Multikultur die Qualität der Toleranz und Friedfertigkeit „auch aus rationaler Sicht, d.h. unter Korrelation mit historisch, politisch und theologisch relevanten Zusammenhängen zuzumessen ist“.[56]
Auch Siegfried Kohlhammer gibt zu bedenken, dass der Islam eher verharmlost werde als realistisch eingeschätzt: „Die Regierungen der westlichen Länder tolerieren auch islamistische Organisationen und Individuen, die offen antiwestliche und verfassungs- bzw. rechtsfeindliche Ziele propagieren und aktiv verfolgen. Auch innenpolitisch wird also in der Regel selbst in diesen Fällen die Appeasement-Strategie einer Konfrontation vorgezogen.“[57]
Dass man im Westen zu wenig über den Islam wisse, bezeichnet er als Klischee und verweist auf die „Asymmetrie des Wissens und des Interesses“.[58] Dieses Konzept besagt, dass man sich im Westen ungleich intensiver mit der islamischen Welt und ihrer Kultur beschäftige als umgekehrt.
Aber auch Kohlhammer sieht auf Seiten der westlichen Gesellschaften klaren Handlungsbedarf: „Will die westliche säkularisierte Zivilgesellschaft sich nicht als solche aufgeben, muss sie an einer Integration dieser Muslime interessiert sein, sei es nun nach einem Modell der Assimilation, der multikulturellen Gesellschaft oder welchem auch immer.“[59]
2.1.4 »Die Attitüde des Siegers« - pro-islamische Positionen
„Der Islam wird nicht umhin können, sich mit dem Westen dialogisch und konstruktiv auseinander zu setzen.“
Jürgen Schwarz[60]
Allen Bedenken zum Trotz finden sich zahlreiche Autoren, die dem Islam und der Mehrzahl seiner Anhänger Friedfertigkeit und Toleranz zugestehen und in ihnen keine Gefahr für die westlichen Gesellschaften und ihre freiheitlichen Strukturen sehen.
Wolfgang Günther Lerch, der auch für die FAZ schreibt, ist einer von ihnen. Er sieht eine Öffnung des Islam: „Äußerlich hat sich der Islam in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erkennbar modernisiert“ und die islamische Militanz ist für ihn eher ein Oberflächenphänomen, „das zwar hartnäckig ist, aber mittelfristig doch in rein politische Zusammenhänge hineingehört“.[61]
Rudolf Zewell sieht zwei gegensätzliche Bilder des Islam: Zwischen Indonesien und dem Maghreb verweisen dessen Anhänger „auf die Fähigkeit zu Toleranz und Pluralismus, auf das Gebot der Gleichheit, die soziale Einstellung und das friedliche Nebeneinander der Religionen und Kulturen in der Geschichte des Islams“. Der Westen und in islamischen Gebieten lebende Nicht-Muslime erlebten „einen autoritären und totalitären Islam, der in seinem Ganzheitsanspruch Menschen anderer Glaubens an der Ausübung ihrer Religion hindert, wie in Saudi-Arabien, oder sie zumindest [...] stark einschränkt“.[62]
Dennoch zählen für Zewell vor allem die fortschrittlichen Kräfte innerhalb des Islam, und die westliche Welt wäre seiner Ansicht nach gut beraten, diese auf ihrem Weg in die Moderne zu ermutigen und zu unterstützen, denn das „wäre eine große Chance auch für die Entwicklung in der islamischen Welt, wenn sich in Europa eine muslimische Mentalität ausbildete, die die Werte der [...] Demokratie und der Religionsfreiheit so verinnerlicht, dass sie sich sogar gegen den Widerstand in den eigenen Reihen dafür einsetzt. Dafür muss niemand seinen Glauben »verraten«“.[63]
Auch Peter Heine sieht die Schwierigkeiten, einen solchen Prozess in Gang zu bringen, da ein breites politisches Interesse „in den wenigsten islamischen Staaten“ bestehe. Da aber die Muslime generell eine starke Neigung zum Pragmatismus hätten, stellt Heine zur Debatte, ob „eine Öffnung des Islam zum Westen dem einzelnen Muslim nicht mit der Aussicht auf einen Zuwachs an persönlicher Freiheit schmackhaft gemacht werden“ könnte?[64]
Auf der anderen Seite, findet Udo Tworuschka, sollte in unseren Breiten darüber nachgedacht werden, „in welchen, vielleicht noch ungewohnten Kontexten sich der Umgang mit dem Islam anbietet“.[65] Dabei sei auch wichtig, zu betonen, dass auch die Muslime Klischees über die „deutsche und die westliche Gesellschaft lernen“.[66]
In diesem Zusammenhang weist Jürgen Schwarz darauf hin, bis heute sei nicht deutlich geworden, ob „der Zuspruch, den der Islam erfährt, ob die politisch-religiöse Dynamik, die die Welt zu erschüttern scheint, [...] tatsächlich auf der auch in unserer Zeit überzeugenden und tragfähigen Lehre des Islam beruhen“. Zu leicht gerate in Vergessenheit, dass der Zuspruch vor allem aus den Gesellschaften komme, „in denen die kulturellen, religiösen, sozialen und politischen Defizite am schmerzlichsten und die Abneigung gegen die ehemaligen Kolonialzivilisationen am größten sind“.[67]
Schwarz gehört zu einer Reihe von Autoren, welche die Gewaltausläufer des Islam und die Abneigung und Angriffslust der Westlichen Zivilisation gegenüber vor allem als Folge sozialer und gesellschaftlicher Missstände in Verbindung mit historischer Enttäuschung und Wut sehen. Aber Schwarz präsentiert einen interessanten Zugang: „Rührt die politisch-religiöse Dynamik nicht eigentlich aus der noch unbestimmten Erkenntnis, dass der Islam im Grunde keine überzeugende Alternative zur westlichen Zivilisation anzubieten hat?“[68]
Michael Lüders erscheint es daher wichtig, die Erneuerung der arabisch-islamischen Welt konstruktiv zu begleiten. Dabei dürfe es jedoch nicht um „die Fortführung bisheriger Interessen- und Machtpolitik mit anderen Mitteln“ gehen, erforderlich sei neben dem Ablegen der »Attitüde des Siegers« eine grundsätzliche Neuorientierung, angefangen mit der Bereitschaft, „die arabisch-islamische Welt als gleichberechtigten Partner anzusehen, nicht allein als strategische Verfügungsmasse“.[69]
Eine Politik imperativer Forderungen sei „wenig hilfreich, Perspektiven einer Friedensordnung zu entwerfen“, da „die islamischen Gesellschaften mit dem Extremismus in ihrer Mitte selber fertig werden“[70] müssten. Es gehe nicht darum, Regime zu stürzen, sondern die „Ungleichzeitigkeit zwischen den Kulturen zu überwinden“.[71]
Auch Jürgen Habermas drängt auf eine Revision des westlichen Selbstbildes: So „könnte beispielsweise der Westen lernen, was er an seiner Politik ändern müsste, wenn er als eine zivilisierende Gestaltungsmacht wahrgenommen werden will. Ohne eine politische Zähmung des entgrenzten Kapitalismus lässt sich der verheerenden Stratifikation der Weltgesellschaft nicht beikommen. [...] Das Thema »Kampf der Kulturen« ist oft der Schleier, hinter dem die handfesten materiellen Interessen des Westens (zum Beispiel an der Verfügung über die Erdölvorkommen und der Sicherung der Energiezufuhr) verschwinden.“[72]
Bernard Lewis sieht ebenfalls die verführerische Kraft der Demokratie – „the promise of human rights, of free institutions, and of responsible and represetative government“[73] – als wichtigste Komponente einer gemeinsamen Annäherung. Anstrengungen in der islamischen Welt – auch wenn sie der westlichen Sicht oftmals verwehrt blieben – gebe es zunehmend: „There are a growing number of individuals and even some movements that have undertaken a complex task of introducing such institutions in their own countries.“[74]
2.1.5 »Zwischen den Zeilen gelesen« - Untersuchungen der Presse
Bis heute können die Vertreter der These vom "Feindbild Islam" zentrale Fragen nicht beantworten, die sich aus ihrer Theorie ergeben:
Wer konstruiert das Feindbild?
Eberhard Seidel, taz, 20.09.2001
Vor dem Hintergrund, wie es um die Offenheit und Pluralität innerhalb der deutschen Presselandschaft bestellt ist und war, gestaltet das folgende Kapitel den Übergang von der wissenschaftlichen Literatur zum praktischen Ansatz der vorliegenden Arbeit.
Zwar bemerkte Kai Hafez 2002, der „bisherige Forschungsstand zur Nah-, Mittelost-, Nordafrika- und Islamberichterstattung deutscher Medien (erscheine) in hohem Maß defizitär“.[75] Trotzdem gibt es einige Untersuchungen, die sich mit Themen wie Integration, dem Bild der Migranten in der deutschen Presse oder auch der Produktion von Feindbildern in überregionalen Tageszeitungen befasst haben und von denen eine kleine Auswahl vorgestellt werden soll.
Gürsel Gür findet in der Untersuchung der überregionalen Presse zwischen 1987-95 statt kontinuierlicher Hintergrundberichterstattung eine lediglich punktuelle Thematisierung der Türkei in der deutschen Presse vor, die sich zumeist auf die Themen Menschenrecht und Kurdenfrage beschränken. Gür stellte schon damals fest, dass „ungeachtet der großen politischen Bedeutung“ das Thema EU und Türkei nur dann aufgegriffen werde, wenn es vom politischen System auf die Medienagenda gehoben wird.[76]
Georgios N. Galanis untersuchte bereits 1989 die Art der Darstellung von Migranten in deutschen Wochenmagazinen. In seiner stark empirisch ausgerichteten Arbeit kritisiert er vor allem, die thematischen Schwerpunkte der Berichterstattung stellten „kein repräsentatives Abbild der tatsächlichen demographischen Verhältnisse“ dar.[77] Zwar werde seiner Ansicht nach das Potential der medialen Meinungsbildung überschätzt, trotzdem ist Galanis sicher, dass „eine über Jahre hinweg erfolgte konsequente Betonung der Andersartigkeit von Migranten in den Medien das Bewusstsein von der Notwendigkeit eines multikulturellen Zusammen- und Miteinanderlebens von verschiedenen ethnischen und nationalen Gruppen in der Bundesrepublik nachhaltig erschwert“.[78]
Dies bezüglich fordert Galanis die Medien schon damals auf, im „Spannungsfeld der Meinungen die Normalität der Beziehungen zwischen Migranten und Deutschen stärker herauszustellen“. Dazu gehört für ihn, dass etwa Zeitungen „mehr ausländische Journalisten einstellen, die über Migrationsprobleme als Betroffene aus einer ganz anderen Perspektive berichten können“[79], was Kleinsteuber im Jahr 2004 bereits als etablierten Trend sieht.[80]
In ihrer exemplarischen Studie über die Berichterstattung deutscher überregionaler Tageszeitungen während des ersten Golfkrieges 1990/91 arbeitete Christina Ohde heraus, dass von den ausgewählten Zeitungen vor allem Die WELT, die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine dazu neigten, ein Feindbild von Saddam Hussein als Fanatiker und Machtmensch mit starken Ähnlichkeiten zu Adolf Hitler zu zeichnen, wohingegen die Frankfurter Rundschau und die tageszeitung eine kritische Distanz zu beiden Kriegsparteien einnahmen und weniger zur Konstruktion von Feindbildern neigten.[81]
Die bis heute umfangreichste Studie des Islambildes in der deutschen überregionalen Presse hat Kai Hafez vorgelegt. Seine zweibändige Studie über die „Politische Dimension der Auslandsberichterstattung“ befasst sich mit allen relevanten Ebenen, auf denen sich die Berichterstattung bewegt.
Im Band 1 „Theoretische Grundlagen“ befasst er sich gleich zu Anfang mit der, auch in der vorliegenden Arbeit wiederholt angesprochenen Frage, inwieweit sich die Orientierung einer Publikation bereits lange vor der Veröffentlichung eines Artikels auf dessen Inhalt auswirkt – und welche Faktoren hier mit hineinspielen können: „Wenn in einer gesellschaftlichen Krisensituation sich die Presse unisono der Position der Regierung des Heimatlandes anpasst und ihre vorherige Kritik an dieser Politik aufgibt, dann kann man davon ausgehen, dass weder der einzelne Journalist noch die Medieninstitution prägend ist, sondern das Verhalten des politischen Systems und das Interesse am Systemerhalt, das die Medien zur Anpassung bewegt.“[82]
Ein für diese Arbeit wichtiger Aspekt ist, dass die Berichterstattung über den Islam einen Sonderstatus einzunehmen scheint. Tatsächlich, so Hafez, „haben Langzeituntersuchungen der deutschen Presse ergeben, dass der Islam zu denjenigen Themen der Berichterstattung über Einwanderer mit den höchsten Belastungen durch negative Ereignisvalenzen – also die Verbindung der Medienberichterstattung mit als negativ einzustufenden Ereignissen (wie Terrorismus etc.) – gehört.“ Eine Hypothek, die für in Deutschland lebende Muslime unangenehme Konsequenzen haben kann. Denn: „Ungeachtet dessen, dass es in Deutschland bislang kein islamistisches Attentat gegeben hat, besteht die Gefahr, dass auf die in Deutschland lebenden Muslime ein Gewaltbild übertragen wird, das exogenen Ursprungs ist und mit dem extremistischen islamischen Fundamentalismus in Nordafrika/Nahost verbunden wird.“[83]
Eine besondere Schwierigkeit der Auslandsberichterstattung ergebe sich zudem durch den Umstand, dass es sich hierbei um einen Prozess „der journalistischen Informationsbeschaffung und -verarbeitung aus einem außerstaatlichen Kontext für ein heimisches Publikum“ handele, und dieser Vermittlungsprozess sei vielen Einflussfaktoren ausgesetzt, die zu einer „schlechten Übersetzung“[84] führen können.
Nach seiner detaillierten Quellenarbeit in Band 2 verweist Hafez darauf, dass die Forschung immer noch erhebliche Lücken aufweise und sich eine „Domestizierung und Partikularisierung des Pressebildes“[85], also eine jeweils landesspezifisch geprägte Form der Berichterstattung heraus bilde. Auf das Thema dieser Arbeit bezogen hieße das demnach: das Islambild in der deutschen überregionalen Presse werde sich kaum ändern.
2.1.6 »Fokus I« - Islamischer Fundamentalismus
„Mit dem islamischen Fundamentalismus in Saudi-Arabien kann der Westen leben, dem in Afghanistan lieferte er sogar Waffen, aber mit dem im Iran steht er auf dem Kriegsfuß.“
Ein Diplomat[86]
Der Begriff »Islamischer Fundamentalismus« hat seinen festen Platz in der Berichterstattung. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass der Inhalt dieses Konzeptes nur wenigen Lesern wirklich vertraut ist.
Um aber in der späteren Untersuchung der Zeitungsberichte einschätzen zu können, ob berechtigterweise vom »Islamischen Fundamentalismus« oder dem »Islamismus« gesprochen wird – oder ob der »Islamische Fundamentalismus« mit den radikalen Spielarten reaktionärer Islaminterpretationen gleichgesetzt wird – und um besser einordnen zu können, wie präzise die Verfasser der Zeitungsartikel mit dem Begriff Fundamentalismus operieren, folgen nun einige Definitionen aus der verwendeten Literatur.
In ihrer Untersuchung der Publikationen, die sich mit dem Islamischen Fundamentalismus befassen, arbeitet Hanna Lücke 1993 heraus, dass selbst unter Wissenschaftlern die Ansicht verbreitet sei, der Islam – besonders der Islam in der Politik – stelle in der westlichen Welt ein „dunkles und unbekanntes Thema“ dar.[87]
Lücke betont ferner, die zitierten Wissenschaftler hantierten nicht leichtfertig mit Begriffen wie »Fundamentalismus« und hebt die Sachlichkeit hervor, mit der Klischee-Entwürfe wie das Bild des fanatischen Muslim und seine vermeintlich fatalistische Motivation demontiert werden.[88]
Ohne Lückes Ergebnisse direkt in Frage stellen zu wollen, verweist Peter Heine 1996 darauf, dass auch die wissenschaftlichen Publikationen Unregelmäßigkeiten aufweisen – gerade bei der Bestimmung des islamischen Fundamentalismus und bei der Frage, welche Bewegungen ihm zuzuordnen sind: „Unter den Begriff des islamischen Fundamentalismus werden landläufig die unterschiedlichsten radikalen Richtungen und Ausformungen des gegenwärtigen Islams ohne große Differenzierungen subsumiert.“[89]
Bassam Tibi verweist in dieser Hinsicht auf den dualen Charakter des Fundamentalismus: „Dieser ist eine politische Erscheinung, die aus einer Politisierung der Religion resultiert, aber dennoch religiös bleibt.“[90] Wenn also gesagt werde, Islamisten hätten mit dem Islam nichts zu tun, dann sei das eine „absolut falsche Deutung“ des Phänomens. Es treffe zwar zu, dass „die Islamisten den Islam falsch deuten, aber sie stehen hierbei nicht außerhalb des Islam.“[91]
Die Politisierung des Islam, so wie sie Bin Laden betreibe, beinhalte eine neue Deutung des Dschihad und repräsentiere auch eine Strömung innerhalb der heutigen islamischen Zivilisation, die ernst genommen werden müsse.[92]
Jürgen Habermas sieht im Fundamentalismus trotz dessen religiöser Sprache „ein ausschließlich modernes Phänomen“[93] und eine „abwehrende Reaktion auf Ängste vor einer gewaltsamen Entwurzelung traditionaler Lebensformen“, die ihre Rechtfertigung darin finde, dass er von einer Substanz zehrt, die dem Westen zu fehlen scheint“.[94]
Trotzdem, so Habermas, dürfe man die „politischen Motive nicht übersehen, die uns heute in Formen religiösen Fanatismus begegnen. Die Enttäuschung über die nationalistischen Obristenregime mag dazu beigetragen haben, dass heute die Religion für die alten politischen Orientierungen eine neue, offenbar subjektiv überzeugendere Sprache bietet“.[95]
Wolfgang Günther Lerch hebt ebenfalls die Vermischung politisch-religiöser Argumente hervor: „Forschungen über den Islamismus zeigen, dass wir es hier eben nicht mit dem Islam als einer Weltreligion zu tun haben, [...] sondern mit einer politisierten, ideologisierten Form dieser Religion. Ideologie meint hier, dass die Religion als Waffe in einem Kampf benutzt wird, der nur die eigenen Version des Islams, exklusiv interpretiert, gelten lässt und alle anderen ausgrenzt.“[96] Die Islamisten stützen sich demnach auf den traditionellen Islam, schaffen aber ganz neue Begriffe. Diese Begrifflichkeit wiederum sei „nicht frei von jenen westlichen Einflüssen, die man gerade bekämpfen möchte.“[97] Daraus ergebe sich folgende Annahme: „Wenn der Islamismus eine wirkliche Bedrohung ist, dann mehr für die Region und deren Regime selbst als für den Westen“, der indirekt von diesen Kämpfen betroffen“ sei.[98]
[...]
[1] Leistner, Otto/ Becker, Heike (1995): ITA. Internationale Titelabkürzungen von Zeitschriften, Zeitungen, wichtigen Handbüchern, Wörterbüchern, Gesetzen. Osnabrück.
[2] Hottinger, Arnold (2000): Gottesstaaten und Machtpyramiden. Demokratie in der Islamischen Welt. Paderborn. S. 450.
[3] Schicha, Christian/ Brosda, Carsten (2002): Medien, Terrorismus und der 11. September 2001 – Eine Einleitung, S. 8. In: Schicha/Brosda (2002): Medien und Terrorismus, Münster.
[4] Jäger, Siegfried/ Link, Jürgen (1993): Die Vierte Gewalt. Rassismus und die Medien. Duisburg, S. 13.
[5] Jäger/ Link (1993): Die Vierte Gewalt, S. 13.
[6] Die WELT, 13.09.2001: „Eine Reaktion auf die Globalisierung“ – Ernst-Otto Czempiel im Interview, S. 3.
[7] Jäger, Siegfried/ Link, Jürgen (1993): Die Vierte Gewalt. Rassismus und die Medien. Duisburg, S. 12.
[8] Etwa in: Hippler, Jochen/Lueg, Andrea (1993): Feindbild Islam, Hamburg. Jochen Hippler betont auf Seite 144, dass man sich „nicht mit der ohnehin erwarteten Hetze der Boulevardblätter aufhalten“, sondern lieber – was man ihm wiederum vorwerfen könnte – „einige eher willkürlich“ ausgewählte Beispiele der „seriösen Publizistik“ heranziehen werde. Inzwischen scheint auch Hippler seine Ansichten geändert zu haben, denn in der erweiterten Auflage 2002 wurde dieser Absatz komplett gestrichen.
[9] Hans J. Kleinsteuber schreibt in seinem Aufsatz über die „Bausteine für den dialogischen Journalismus“ zu diesem Thema: „Die Selektion von Nachrichten geschieht in Agenturen und Redaktionen bekanntlich nach deren Nachrichtenfaktoren. Meist steht dabei der Faktor geografische Nähe ganz oben, was für das Ausland differenziert werden muss, das generell unter »Ferne« zu verbuchen ist. Dann rücken weitere Faktoren in den Vordergrund wie Vertrautheit, Betroffenheit und Marktgängigkeit.“ In: Klussmann, Jörgen (2004): Interkulturelle Kompetenz und Medienpraxis. Frankfurt a/M., S. 56. Beim Weiterlesen erkennt man zwischen den Zeilen eine leise Kritik des Autors, der bildenden Dimension von Journalismus fehle oft die offensive Motivation.
[10] Hafez, Kai (2004): Massenmedien in der Einwanderungsgesellschaft: Trends, Theoreme, Forschungsdefizite. In: Klussmann, Jörgen: Interkulturelle Kompetenz und Medienpraxis, S. 71-72. Hafez bezieht sich hier auf eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1997.
[11] Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2: Das Nahost- und Islambild der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden. In diesem Zusammenhang sind vor allem seine Ausführungen über „Persönliche Wahrnehmung und Ideologien als Einflussgröße der Auslandsberichterstattung“ auf den Seiten 72-84 interessant.
[12] Huntington, Samuel P. (1996): Clash of Civilizations – Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Frankfurt am Main, S. 339.
[13] Fukuyama, Francis (1992): The end of history and the last man. New York.
[14] Huntington (1996): S. 35: In „den fünf Jahren seit dem Fall der Berliner Mauer hat man das Wort »Genozid« weit öfter gehört als in irgendeiner Fünfjahresspanne des Kalten Krieges“.
[15] Huntington (1996): S. 416. Aus dem Koran werden häufig die problematischsten Stellen zitiert. Welch wenig differenziertes Bild hätte man von Huntingtons Thesen, wenn aus seinem Kapitel über den Islam und den Westen stets dieser eine Satz zitiert würde(S. 336): „Der Islam ist die einzige Kultur, die das Überleben des Westens hat fraglich erscheinen lassen, und zwar gleich zweimal.“
[16] Huntington (1996): S. 433. Das bedeutet: Es werde erst dann Ruhe einkehren, wenn diese »wilden Jungs« älter geworden sind, denn das führe zu „einer erheblichen Reduzierung muslimischer Gewaltbereitschaft und damit zu einem generellen Rückgang der Häufigkeit und Intensität von Bruchlinienkriegen“.
[17] Senghaas, Dieter (1998): Zivilisierung wider Willen. Der Konflikt der Kulturen mit sich selbst. Frankfurt am Main, S. 9. Am Beispiel des Iran widerlegt Senghaas in diesem Buch Huntingtons Konzept von der „gefährlichen Bevölkerungsexplosion“.
[18] Senghaas (1998): S. 17.
[19] Senghaas (1998): S. 141.
[20] Senghaas (1998): S. 147-148.
[21] Müller, Harald (1998): Vom Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington. Frankfurt am Main, S. 16.
[22] Müller (1998): S. 146.
[23] Müller (1998): S. 156-162. Bassam Tibi hatte dies vor allem in Bezug auf die islamische Welt in Frage gestellt.
[24] Müller (1998): S. 242.
[25] Lerch, Wolfgang Günther (1999): Muhammads Erben – Die unbekannte Vielfalt des Islam. Düsseldorf, S. 61-62.
[26] Lerch (1999): S. 68-69.
[27] Heine, Peter (1996): Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam: Alte Vorurteile – neue Klischees – reale Gefahren. Freiburg, S. 160.
[28] Prokop, Dieter (2004): Gegen Medien-Lügen – das neue Lexikon der Kulturindustrie. Hamburg, S. 68.
[29] Prokop (2004): S. 72.
[30] Prokop (2004): S. 72.
[31] Kohlhammer, Siegfried (1996): Die Feinde und die Freunde des Islam. Göttingen, S. 10.
[32] Bihl, Wolfdieter (2003): Islam. Historisches Phänomen und politische Herausforderung für das 21. Jahrhundert. Wien u.a., S. 185-186.
[33] Hippler/ Lueg (1993): S. 11.
[34] Hippler/ Lueg (1993): S. 8.
[35] Hippler/ Lueg (1993): S. 7. In ihrem im Agitprop-Stil verfassten Buch über das »Feindbild Islam« betonen die Autoren zwar gleich zu Anfang, sie wollten nicht den Islam selbst untersuchen, sondern das westliche Denken und die „Notwendigkeit, Struktur und Folgen eines seiner Feindbilder“, aber zu – auch für die damalige Zeit – wirklich neuen Erkenntnissen kommen sie dabei nicht. Sie stützen im Rahmen ihrer exemplarischen Medienkommentare vor allem das »Feindbild Boulevard-Presse«. (Siehe dazu auch Anmerkung 8 auf Seite 12 dieser Arbeit.)
[36] Hippler/ Lueg (1993): S. 20-21.
[37] Hippler/ Lueg (1993): S. 37-38.
[38] Kohlhammer, Siegfried (1996): Die Feinde und die Freunde des Islam. Göttingen, S. 16.
[39] Kohlhammer (1996): S. 21.
[40] Heine, Peter (1996): Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam: Alte Vorurteile – neue Klischees – reale Gefahren. Freiburg, S. 185.
[41] Klaus, Elisabeth/ Goldbeck, Kerstin/ Kassel, Susanne: Fremd- und Selbstbilder in der Berichterstattung deutscher Medien während des Kosovo-Krieges – am Beispiel des Spiegels. In: Imhof/ Jarren (2002): Integration und Medien. Wiesbaden, S. 285-305.
[42] Klaus/ Goldbeck/ Kassel: S. 299-300. In: Imhof/ Jarren (2002).
[43] Scholl-Latour, Peter (2002): Der Fluch des neuen Jahrtausends. Eine Bilanz. München, S. 181-182.
[44] Halliday, Fred (2003): Islam and the myth of confrontation. Religion and politics in the Middle East. London, S. 109-110.
[45] Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2. Baden-Baden. S.
[46] Kohlhammer (1996): S. 7-14.
[47] Kohlhammer (1996): S. 11.
[48] Diese Anmerkung ist wichtig, da Kohlhammer sehr konkret argumentiert und sich mit zugespitzten Formulierungen auf strukturelle Schwächen oder fahrlässige Zitate anderer Autoren bezieht, die – würde man sie aus dem Kontext seines Buches lösen – Kohlhammer als intoleranten Islam-Verächter erscheinen lassen könnten. Sein Buch ist jedoch trotz des polemischen Duktus eine sachliche Abhandlung über das Spannungsfeld guter Islam – böser Islam.
[49] Kohlhammer (1996): S. 32.
[50] Ohde, Christina(1994): Seite 51
[51] Ohde, Christina(1994): Seite 53: Wie Osama Bin Laden war auch Saddam Hussein eine Einzelperson, die „als Vertreter oder herausragende Persönlichkeit seiner Gruppe betrachtet und als Inkarnation des »Bösen« dargestellt werden kann.“
[52] Raddatz, Hans-Peter (2001): Von Gott zu Allah? Christentum und Islam in der liberalen Fortschrittsgesellschaft. München, S. 11.
[53] Raddatz (2001): S. 14.
[54] Raddatz (2001): S. 19.
[55] Raddatz (2001): S. 16.
[56] Raddatz (2001): S. 22.
[57] Kohlhammer, Siegfried (1996): Die Feinde und die Freunde des Islam. Göttingen, S. 28. Der Begriff Appeasement steht in diesem Fall für die Haltung, dass man irrtümlicherweise davon ausgeht, dass die (Feinde) ebenfalls dem Prinzip der Verfolgung von verhandelbaren Interessen, der Verminderung von Unannehmlichkeit, des permanenten Kompromisses folgen, und ihnen bis zur Selbstaufgabe nachgebend.
[58] Kohlhammer, S. (1996): S. 197: „Forschungszentren, Institute, Lehrstühle, die unseren Seminaren für Islamkunde oder Orientalistik entsprechen, gibt es [in der islamischen Welt] nirgends.“
[59] Kohlhammer (1996): S. 28.
[60] Schwarz, Jürgen (1993): Der politische Islam – Intentionen und Wirkungen. Paderborn, S. 8.
[61] Lerch, Wolfgang Günther (1999): Muhammads Erben – die Unbekannte Vielfalt des Islam. Düsseldorf, S. 9-10.
[62] Zewell, Rudolf (2001): Islam – die missbrauchte Religion. München, S. 17.
[63] Zewell, Rudolf (2001): S. 21.
[64] Heine, Peter: Gesellschaftsstruktur des Islam, S. 35. In: Zewell, Rudolf (2001)
[65] Tworuschka, Udo: Grenzen des Dialogs – Schluss mit Klischees!, S. 132. In: Zewell (2001)
[66] Tworuschka, Udo: S. 134-135.
[67] Schwarz, Jürgen (1993): Der Politische Islam – Intentionen und Wirkungen. Paderborn, S. 7.
[68] Schwarz (1993): S. 7.
[69] Lüders (2001): S. 114. Lüders betont: „Nicht nur der Terrorismus bedroht die offene Gesellschaft [...]. Sie ist auch gefährdet durch unsere eigene Selbstgefälligkeit, die Attitüde des Siegers. Die Unfähigkeit, uns selber aus der Perspektive der anderen zu sehen.“
[70] Lüders (2001): S. 112.
[71] Lüders (2001): S. 115. In der islamischen Welt stünden noch Veränderungen an, die sich in der westlichen Welt bereits vollzogen hätten, aber „je mehr sich die arabisch-islamischen Gesellschaften modernisieren, umso geringer wird die Anziehungskraft rückwärtsgewandter Utopien“. (S. 47) Denn in „der Praxis sind die meisten islamistischen Bewegungen pragmatisch bis zur Selbstverleugnung und passen sich ihrem gesellschaftlichen Umfeld an, falls sie nicht im Untergrund wirken oder, aus ihrer Sicht, Widerstand gegen Ungerechtigkeit leisten.
[72] Habermas, Jürgen: Fundamentalismus und Terror. Antworten auf Fragen zum 11. September 2001. S. 173. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2002. Bonn, S. 165-178.
[73] Lewis, Bernard (2003): The crisis of Islam. Holy War and unholy terror. London, S. 126.
[74] Lewis (2003): S. 126.
[75] Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2. Baden-Baden, S. 12.
[76] Gür, Gürsel (1998): Das Türkeibild in der deutschen Presse unter besonderer Berücksichtigung der EU-Türkei-Beziehungen. Frankfurt am Main, S. 165-169.
[77] Galanis, Georgios N. (1989): Migranten als Minorität im Spiegel der Presse. Frankfurt am Main, S. 199.
[78] Galanis (1989): S. 212.
[79] Galanis (1989): S. 213.
[80] Kleinsteuber, Hans J.: S. 55: Kleinsteuber führt hier das so genannte „diversity training“ an, mit dem in den USA die Berichterstattung über Minoritäten durch die journalistische Einbeziehung von Repräsentanten verschiedener Minoritäten verbessert werden soll. In: Klussmann (2004).
[81] Ohde, Christina (1994): Der Irre von Bagdad. Frankfurt am Main, S. 225.
[82] Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung, Bd. 1. Baden-Baden, S. 22.
[83] Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2: Das Nahost- und Islambild der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden, S. 95.
[84] Hafez (2002): Band 1, S. 178.
[85] Hafez (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2. Das Nahost- und Islambild in der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden, S. 311.
[86] Zitiert nach: Reissner, Johannes: Islamischer Fundamentalismus, S. 95. In: Schwarz, Jürgen (1993)
[87] Lücke, Hanna (1993): Islamischer Fundamentalismus – Rückfall ins Mittelalter oder Wegbereiter der Moderne? Die Stellungnahme der Forschung. Berlin, S. 94-95.
[88] Lücke (1993): Seite 96-107. Hier befasst sie sich auch mit den Klischees vom „plötzlich erwachenden Islam“, dem „Klischee der Rückständigkeit“ und dem Islam als „Monolithen“. Verwundert fügt sie hinzu: „Dass der Islam in verschiedenen Ländern, [...] Gesellschaftsschichten und von verschiedenen Individuen unterschiedlich verstanden, gelebt und eingesetzt wird, ist bei näherer Überlegung so selbstverständlich, dass man sich wundert, warum es so viele der Autoren als Notwendig erachten, diesen Sachverhalt gleich eingangs ausdrücklich hervorzuheben. Aber tatsächlich wird diese Pluralität des Islam in den Medien sehr häufig übersehen, wenn nicht gar unter den Tisch gekehrt.“
[89] Heine, Peter (1996): Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam: Alte Vorurteile – neue Klischees – reale Gefahren. Freiburg. S. 147.
[90] Tibi, Bassam (2002): Fundamentalismus und Terrorismus – Die Politisierung der Religion. S. 97.
[91] Tibi (2002): S. 99.
[92] Tibi (2002): S. 97. Auf S. 106 merkt Tibi an, welche Gefahr sich aus einer Verharmlosung für Deutschland ergeben könnte: „Die islamistischen Fundamentalisten mögen Deutschland, weil in Deutschland wegen der Vergangenheit alles Fremde toleriert wird, auch wenn es von Fundamentalisten kommt. In der Tat hatten die islamischen Terroristen eine Ruhezone in Deutschland.“ Tibi bezieht sich auf einen Artikel in der Newsweek, „Tolerating the Intolerable“, 5.11.2001
[93] Habermas, Jürgen (2001): Glaube und Wissen. Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Frankfurt, S. 10.
[94] Habermas, Jürgen (2002): Fundamentalismus und Terror. Antworten auf Fragen zum 11. September 2001. S. 170, In: Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2002. Bonn, S. 165-178.
[95] Habermas (2002): S. 171.
[96] Lerch, Wolfgang Günther (1999): Muhammads Erben – die unbekannte Vielfalt des Islam. Düsseldorf, S. 70. Lerch merkt hierzu an: „Es ist bezeichnend, dass die meisten Theoretiker des Islamismus gar keine Schriftgelehrten sind, sondern Laien. Chomeini im Iran ist da die Ausnahme.“
[97] Lerch (1999): S. 71.
[98] Lerch (1999): S. 72-73.
- Arbeit zitieren
- M.A. Boris Halva (Autor:in), 2005, Differenzierte Ansichten eines alten Feindbildes?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114865
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