Im Oktober 2019 wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ein erster Gesetzesentwurf zur Einführung eines neuen nationalen Klimaschutzgesetzes in Deutschland veröffentlicht. Wesentlicher Inhalt dieses neuen Gesetzes soll die Einführung einer jährlich steigenden Bepreisung auf den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (im Folgenden mit CO2 abgekürzt) im Gebäudewärme- und Verkehrssektor sein. Damit scheint der jetzige Entwurf eine Ergänzung des schon existierenden EU-Emissionshandels (European Union Emissions Trading System, EU-ETS) darzustellen, welcher die bereits erwähnten Sektoren derzeit nicht mit einbezieht. Mit einem ursprünglichen Startpreis von zehn Euro pro Tonne verbrauchtem oder ausgestoßenem CO2 will die Bundesregierung ihr Ziel erreichen, im Jahr 2030 55 Prozent weniger Treibhausgase als im Jahr 1990 zu verbrauchen.
Im Vermittlungsausschuss, einem Gremium bestehend aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates, wurde am 18. Dezember 2019 beschlossen, den Einstiegspreis von ursprünglich 10 Euro auf 25 Euro pro Tonne zu erhöhen. Nach der Einführung im Januar 2021 soll der Verbrauchspreis je Tonne CO2 progressiv auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025 steigen. Während in Deutschland die Einführung einer nationalen Bepreisung diskutiert wird, wurde in den Niederlanden erstmals eine Europäische Regierung durch das höchste nationale Gericht zu einem verbindlichen Wert zur Senkung der Treibhausgasemissionen verpflichtet. Bis Ende des Jahres 2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen in den Niederlanden um mindestens 25 Prozent geringer sein als im Jahr 1990.
Wie also lässt sich die Einführung eines eigenständigen Festpreissystems in Deutschland bewerten, wenn auf europäischer Ebene bereits ein vergleichbarer Preismechanismus existiert? Diese Abschlussarbeit beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema. Die Wahl dieser Problematik liegt nahe, da sowohl In der Politik als auch in der Gesellschaft die Diskussion über Klimaschutz und CO2 äußerst aktuell ist. Um diese teilweise sehr spannungsvoll und emotional geladenen Auseinandersetzungen auf einer logischen und nüchternen Ebene beleuchten zu können und
aufgrund des persönlichen Interesses des Autors, wird eine ökonomischen Analyse der Einführung eines CO2-Preises auf nationaler Ebene erfolgen. Ziel dieser Arbeit ist es, eine kritische Diskussion zu einem aktuellen Thema anzuregen.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodisches Vorgehen
2 Theoretische Analysen & Hintergründe
2.1 Forschungsstand zum Thema CO2
2.2 Übersicht bisherige Klimakonferenzen und Inhalte
2.3 Ökonomische Ideen und Prinzipien hinter CO2-Bepreisungen.
2.4 Darstellung des Europäischen Emissionshandelssystems
2.5 Diskussionsschwerpunkte
3 Untersuchungskonzept
4 Analyse des Gutachtens vom DIW .
4.1 Allgemeines zum Institut und zum Gutachten
4.2 Textueller Inhalt
5 Kritische Würdigung und Diskussion
5.1 Bewertung des Emissionshandels im Rahmen vom EU-ETS
5.2 Grundsätzliche Kritik am ökonomischen Vorgehen
5.3 Beurteilung des Ansatzes in der Bundesrepublik Deutschland
5.4 Kommentierung der Kernargumente des DIW
6 Fazit, Ausblick & Eigenkritik
Literaturverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Sektorziele und Jahresemssionsmengen bis 2030
Abbildung 2: Monatliche durchschnittliche CO2-Konzentration
Abbildung 3: Temperaturszenarien des IPCC
Abbildung 4: Weltkarte der CO2 Preissysteme
Abbildung 5: Hermeneutischer Zirkel
Abbildung 6: Verringerung angebotener Zertifikate
Abbildung 7: Kernargumente des DIW
II. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1 Im Oktober 2019 wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ein erster Gesetzesentwurf zur Einführung eines neuen nationalen Klimaschutzgesetzes in Deutschland veröffentlicht. Damit wird das Ziel verfolgt, die Beschlüsse des Bundeskabinettes der Bundesrepublik Deutschland für das sogenannte Klimaschutzprogramm 2030 umzusetzen.2 Wesentlicher Inhalt dieses neuen Gesetzes soll die Einführung einer jährlich steigenden Bepreisung auf den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (im Folgenden mit CO2 abgekürzt) im Gebäudewärme- und Verkehrssektor sein. Damit scheint der jetzige Entwurf eine Ergänzung des schon existierenden EU-Emissionshandels (European Union Emissions Trading System, EU-ETS) darzustellen, welcher die bereits erwähnten Sektoren derzeit nicht mit einbezieht. Mit einem ursprünglichen Startpreis von zehn Euro pro Tonne verbrauchtem oder ausgestoßenem CO2 will die Bundesregierung ihr Ziel erreichen, im Jahr 2030 55 Prozent weniger Treibhausgase als im Jahr 1990 zu verbrauchen.3 Dazu wurden bereits Sektorziele und Jahresemissionsmengen für bestimmte Bereiche festgelegt, welche diese Reduktionsziele in den kommenden zehn Jahren realisieren sollen (siehe Abbildung 1 auf Seite 2). Eine Möglichkeit dies zu erreichen scheint für die Bunderegierung die Einführung eines steigenden Preises auf den Verbrauch und Ausstoß von CO2 zu sein.
Im Vermittlungsausschuss, einem Gremium bestehend aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates, wurde am 18. Dezember 2019 beschlossen, den Einstiegspreis von ursprünglich 10 Euro auf 25 Euro pro Tonne zu erhöhen.4 Nach der Einführung im Januar 2021 soll der Verbrauchspreis je Tonne CO2 progressiv auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025 steigen.5 Während in Deutschland die Einführung einer nationalen Bepreisung diskutiert wird, wurde in den Niederlanden erstmals eine Europäische Regierung durch das höchste nationale Gericht zu einem verbindlichen Wert zur Senkung der Treibhausgasemissionen verpflichtet. Bis Ende des Jahres 2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen in den Niederlanden um mindestens 25 Prozent geringer sein als im Jahr 1990.6
Wie also lässt sich die Einführung eines eigenständigen Festpreissystems in Deutschland bewerten, wenn auf europäischer Ebene bereits ein vergleichbarer Preismechanismus existiert? Diese Abschlussarbeit beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema. Die Wahl dieser Problematik liegt nahe, da sowohl In der Politik als auch in der Gesellschaft die Diskussion über Klimaschutz und CO2 äußerst aktuell ist. Um diese teilweise sehr spannungsvoll und emotional geladenen Auseinandersetzungen auf einer logischen und nüchternen Ebene beleuchten zu können und aufgrund des persönlichen Interesses des Autors, wird eine ökonomischen Analyse der Einführung eines CO2-Preises auf nationaler Ebene erfolgen. Ziel dieser Arbeit ist es, eine kritische Diskussion zu einem aktuellen Thema anzuregen.
Abbildung 1: Sektorziele und Jahresemssionsmengen bis 2030
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: BMU, Sektorziele, 2019, o.S.
1.1 Problemstellung
Schon vor der offiziellen Fertiglegung des ersten Gesetzesentwurfes wurde im Juli 2019 durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (nachfolgend DIW genannt) eine Pressmitteilung mit Bezug zu diesem Thema veröffentlicht. Dort wird dargestellt, dass die Einführung eines verbindlichen CO2-Preises alleine nicht ausreichen wird, um die angestrebten Reduktionsziele in den einzelnen Sektoren zu erreichen. Solch ein Preis kann nur eine von mehreren Maßnahmen sein, um die angestrebte Emissionsminderung zu realisieren.7 Bei der Betrachtung des DIW wird bereits von einem Einstiegspreis von 35 Euro je Tonne CO2 ausgegangen, höher, als der derzeit beschlossene Preis. Der Startpreis sollte ursprünglich gar bei 10 Euro liegen und wurde erst in einem Kompromiss zwischen Bundestag und Bundesrat auf die nun geplanten 25 Euro je Tonne gesteigert.8 Bereits hier werden erste Unstimmigkeiten im Vorgehen bei der Einführung eines verbindlichen Preises sichtbar. Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland betrachtet die Einführung eines nationalen CO2-Preises in den Wirtschaftssektoren Verkehr und Gebäude lediglich als eine mögliche Option zur Emissionsminderung und empfiehlt weitere Maßnahmen.9
Mit Hilfe des CO2-Preises will die Bundesregierung laut eigenen Angaben ein nationales Emissionshandelssystem einrichten.10 Bis 2025 soll die geplante Abgabe als direktes Preisinstrument behandelt werden und startet mit einem Festpreis. Je mehr CO2 ausgestoßen, konsumiert oder verbraucht wird, desto mehr muss bezahlt werden. Ab 2026 soll das gesamte System dann auf einen Zertifikathandel umgestellt und damit zu einem reinen Mengeninstrument werden. Staatlich ausgegebene Emissionsrechte werden dann auf einem Markt gehandelt werden, woraus sich der optimale CO2-Preis für die angestrebte Emissionsmenge ergeben soll.11
Doch anstatt eine Preisbildung am Markt zuzulassen, will die Bundesregierung einen Festpreiskorridor zwischen mindestens 55 Euro und höchstens 65 Euro festlegen.12 Damit treffen unterschiedliche ökonomische Verfahren aufeinander, auf die im theoretischen Teil dieser Arbeit noch genauer eingegangen wird. Scheinbar wird ein Ergänzungssystem zum EU-ETS geschaffen, jedoch mit einer anderen Funktionsweise. Da eine Ausweitung des EU-ETS auf die Sektoren Verkehr und Gebäude in der vierten Handelsperiode (2021 - 2030) nicht geplant ist bleibt dieses Zertifikatshandelssystem unvollständig.13 Somit wird in Deutschland ein weiteres Instrument zur Bepreisung geschaffen, das nur die beiden CO2 emittierenden Sektoren Verkehr und Gebäude abdecken soll. Damit ist noch völlig unklar welchen Beitrag ein national eigenständiges System zur Emissionsminderung beitragen kann.
1.2 Zielsetzung
Nach einer theoretischen Einführung in das Thema Kohlenstoffdioxid, bisheriger Klimakonferenzen und einer Betrachtung existierender Preissysteme erfolgt die kritische Analyse und Würdigung eines Gutachtens des DIW zur Einführung einer nationalen Bepreisung von CO2.14 Bei all diesen Schritten wird lediglich von der Erweiterung eines bereits existierenden Systems ausgegangen. Inwieweit kann diese so geschaffene Erweiterung einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wirtschaft in Deutschland leisten? In dieser Untersuchung soll nicht die Tatsache diskutiert werden ob und inwieweit der Mensch durch den Ausstoß von CO2 das Klima beeinflusst. Es wird unter der Annahme gearbeitet, dass eine klare Reduktion des weltweiten Ausstoßes und Verbrauchs von CO2 das Ziel ist und es wird untersucht, ob und welchen Einfluss das auf Industrie und Wirtschaft haben kann. Zur weiteren Eingrenzung des Themas wird in den folgenden Kapiteln explizit auf direkte CO2 -Bepreisun- gen eingegangen.
1.3 Methodisches Vorgehen
Mithilfe des hermeneutischen Zirkels, einem Instrument der Textan alyse, soll das Vorverständnis zum Thema CO2-Bepreisung erweitert werden. Eine genaue Erklärung zu diesem Vorgehen erfolgt in einem späteren Kapitel. Dies wird eine theoretische Abschlussarbeit, die ein wissenschaftliches Gutachten zur Einführung eines nationalen Emissionshandels in Deutschland diskutiert, weiterentwickelt und versucht, ein neues Verständnis für den Untersuchungsgegenstand zu entwerfen. Auf Basis einer Literaturrecherche soll der aktuelle Forschungsstand präsentiert und die zentralen Ergebnisse zu einem Gesamtbefund aggregiert werden. Aufgrund der Aktualität und des Umfanges der Thematik wird die ökonomische Betrachtung auf die Analyse des Gutachtens vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung beschränkt. In diesem Gutachten wird ausführlich auf Lenkungswirkungen eines national einheitlichen Preises auf CO2 im Verkehrs- und Raumwärmesektor eingegangen; inklusive einer Betrachtung von Aufkommen und Verteilungswirkungen bei den privaten Haushalten.
Somit wird aus dem Gesamtbild des Themas Bepreisung von Treibhausgasen und Emissionsreduzierung ein Teilaspekt herausgezogen. Weiterhin werden aktuelle Probleme des Emissionshandels im Rahmen des EU-ETS analysiert, um die Diskussion zur Einführung eines nationalen Systems argumentativ zu stützen. Eine genauere Darstellung des angewandten methodischen Vorgehens erfolgt in einem späteren Kapitel.
2 Theoretische Analysen & Hintergründe
Dieses Kapitel hat nicht nur das Ziel eine Wissensgrundlage für den weiteren Verlauf der Arbeit zu erstellen, sondern auch einen konkreten Forschungsgegenstand zu definieren, der später diskutiert werden kann.
2.1 Forschungsstand zum Thema CO2
Was ist Kohlenstoffdioxid? CO2 ist eine chemische Verbindung aus einem Kohlenstoff- und zwei Sauerstoffatomen. Wesentliche Eigenschaften sind sein gasförmiges Vorkommen in der Erdatmosphäre, Geruchlosigkeit, Unbrennbarkeit und Löslichkeit in Wasser. CO2 ist ein natürlicher Bestandteil unserer Luft. Anwendung durch Menschen erfährt er zum Beispiel bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln, bei der er das Bakterienwachstum hemmt, und in der Reinigung von Kleidung.15 Relevanter ist der Fakt, das Pflanzen mithilfe dieses Stoffes durch Photosynthese Sauerstoff herstellen, ohne den der Mensch nicht lebensfähig wäre. Doch weshalb wird nun durch verschiedene Systeme zur Bepreisung von CO2 versucht die Konzentration in der Erdatmosphäre zu verringern?
Kohlenstoffdioxid trägt zur Erhöhung der Durchschnitttemperatur auf der Erde bei. Durch seine chemische Zusammensetzung absorbiert es elektromagnetische Strahlung und trägt damit zum sogenannten anthropogenen, also vom Menschen gemachten, Treibhauseffekt bei.16 Sonnenstrahlung trifft auf die Erde und erwärmt dort durch die Energie ihrer elektromagnetischen Wellen deren Oberfläche und darauf befindliche Gegenstände. Anders gesagt, die Photonen der Sonnenstrahlung werden absorbiert. Die so erwärmte Erdoberfläche gibt ebenfalls elektromagnetische Strahlung ab, allerdings im Wellenlängenbereich der Infrarotstrahlung (Wellenlänge von circa 10.000nm) und damit in einem deutlich höheren Bereich als das eigentliche Sonnenlicht (Wellenlänge um die 500nm).17 Durch diese Veränderung der Wellenlänge sind verschiedene Stoffe wie zum Beispiel Glas oder das Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre nicht mehr durchlässig für die so reflektierte Strahlung. Diese wird nun ebenfalls zum Teil absorbiert, und letztendlich in Form von Wärmeenergie in alle Richtungen abgegeben.18 So erhält die Erdoberfläche neben der eigentlichen Sonnenstrahlung noch zusätzliche Wärmestrahlung. Dieser natürliche Effekt erhöht die durchschnittliche Temperatur auf der Erdoberfläche und ermöglicht somit vielfältiges Leben.
Der heute unter dem Begriff Treibhauseffekt bekannte Vorgang wurde bereits 1824 von Jean Baptiste Fourier entdeckt.19 Im Jahr 1896 wurde dieser Gedanke durch den schwedischen Physiker und Chemiker Svante Arrhenius weiterentwickelt. Sinngemäß vermutet er, dass eine höhere Konzentration von CO2 in der Luft zur Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur beiträgt.20 Wodurch kann nun die Konzentration von CO2 in der Luft erhöht werden? Mit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert nahmen der Verbrauch und die Verbrennung fossiler Energieträger, wie zum Beispiel Erdöl21 und Kohle22, immer weiter zu. Dadurch kann die in ihnen enthaltene chemische Energie für die Erzeugung von Strom freigesetzt werden. Gleichzeitig wird CO2 freigesetzt und als nicht benötigter Stoff in die Atmosphäre entlassen. Welche Rolle spielen diese Fakten und historischen Angaben in der heutigen Zeit und in den aktuellen Debatten? Sie ermöglichen es den Leserinnen und Lesern dieser Arbeit genauer in das Thema einzusteigen und die folgende Argumentation genauer zu verstehen. In den vergangenen 30 Jahren ist der weltweite Energieverbrauch der Menschheit immer weiter angestiegen.23 Da regenerative Energieträger wie Sonnenstrahlung und Windenergie noch nicht mehrheitlich für die weltweite Energieerzeugung genutzt werden, werden weiterhin fossile Energieträger verbrannt. Dies lässt wiederum die weltweiten CO2-Emissionen immer weiter steigen. In der Messstation Mauna Loa auf Hawaii wird seit ihrer Errichtung im Jahr 1958 die Konzentration von CO2 in der Erdatmosphäre gemessen. Die sogenannte Keeling- Kurve (benannt nach dem Forscher Charles David Keeling) stellt den mittleren globalen Konzentrationsverlauf dieses Gases im Verlauf der letzten Jahrzehnte dar (siehe Abbildung 2, Seite 8). Ohne dabei auf konkrete Ursachen einzugehen, zeigt die Kurve eine steigende Konzentration von CO2 in der Luft seit dem Beginn der
Aufzeichnungen.24 Dieser messtechnische Nachweis wird als ein Ausgangspunkt für heutige Debatten zu den Themen anthropogener Klimawandel und globaler Erwärmung betrachtet.
Abbildung 2: Monatliche durchschnittliche CO2-Konzentration
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Scripps Instituion of Oceanography, The Keeling Curve, 2020, o.S.
Den bisherigen Fakten folgend bedeutet das, dass mit zunehmender Konzentration von CO2 in der Luft immer mehr elektronmagnetische Wellen zur Erdoberfläche reflektiert werden anstatt die Erdatmosphäre zu verlassen. Somit steigt die Temperatur unter aktuellen Bedingungen immer weiter. Seit dem Beginn der globalen Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880 ist dies der Fall, die mittlere Abweichung der durchschnittlichen Temperatur nimmt immer weiter zu.25 Die bis hierhin dargestellten Forschungsdaten stellen die Grundlage einer Argumentation für einen von Menschenhand geschaffenen Klimawandel dar.
In dieser Abschlussarbeit wird keine Stellungnahme zu aktuell geführten Diskussionen zu diesem Thema vorgenommen. Dem bisherigen Forschungsstand folgend wird davon ausgegangen, dass mit zunehmender CO2-Konzentration in der Luft eine Erhöhung der weltweiten Temperatur nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Sichtweise bildet die Grundlage für etwaige Systeme zur Bepreisung und Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen. Dabei gehen bis heute die Meinungen in der Forschung auseinander, in welchem konkreten Maße die Menschheit zu einer globalen Erwärmung beiträgt.26 Einigkeit besteht darüber, dass ein Steigen der globalen Temperaturen zu Veränderungen der Lebensbedingungen auf der Erde, zum verstärkten Artensterben, zum Abschmelzen der Polkappen und damit zum Ansteigen des Meeresspiegels führen kann.
2.2 Übersicht bisherige Klimakonferenzen und Inhalte
1972 findet die erste Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen in Stockholm statt. Der resultierende Abschlussbericht spricht detailliert vom menschlichen Einfluss auf die Umwelt und empfiehlt beispielsweise ein weltweites Monitoring des Einflusses von Umweltverschmutzungen auf das Klima.27 Scheinbar wird schon hier die Beeinflussung und Zerstörung der Umwelt durch den Menschen als ein Ausgangspunkt für Veränderungen des Klimas der Erde betrachtet. Im gleichen Jahr wurde im Bericht des Club of Rome mit dem Titel The Limits to Growth der Trei bhaus effekt als Ursache für die globale Erwärmung diskutiert.28 Darin wird davon ausgegangen, dass der Mensch einen Einfluss auf das Klima hat.29 Zur Wahrung der Übersichtlichkeit wird im Folgenden auf einige ausgewählte Stationen in der Geschichte weltweiter Verhandlungen zum Thema Klimaschutz eingegangen, eine Gesamtübersicht ist in einschlägigen Quellen zu finden.30
Durch die erste Weltklimakonferenz 1979 in Genf wird 1988 der Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, kurz IPCC) gegründet, in Deutschland auch als Weltklimarat bekannt. Ihr Ziel ist es, das weltweite Wissen aus unterschiedlichen Forschungsbereichen zum Thema Klimawandel zusammenzutragen, und dessen mögliche Ursachen, Folgen und Risiken darzustellen.31 Im Zuge von Metastudien (sog. Sachstandsberichte) werden alle fünf bis sechs Jahre weltweite Publikationen und Veröffentlichungen zum Thema globaler Erwärmung zusammengefasst und wissenschaftlich beurteilt. Aktuell sind 195 Länder Mitglieder des IPCC. Bereits 1990 wird ausführlich auf die zu erwartenden hohen gesellschaftlichen Kosten und negativen Folgen einer globalen Erwärmung hinge- wiesen.32 1992 wird daher das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Englisch: United Nations Framework Convention on Climate Change, kurz UNFCCC) verabschiedet und unterzeichnet. Erstmals werden die negativen klimatischen Auswirkungen einer Erwärmung der Erde als ein durch den Menschen verursachtes Problem akzeptiert. 1994 tritt ein Abkommen in Kraft, das die Vertragsparteien verpflichtet, Programme zur Reduktion der Emission von Treibhausgasen zu erstellen und umzusetzen.33
Bereits 1995 wird sich auf der ersten weltweiten UN-Klimakonferenz in Berlin (COP1) darauf geeinigt, dass die Verpflichtungen der Klimarahmenkonvention für das Erreichen der eigentlichen Ziele nicht ausreichen werden.34 Im Berliner Mandat beschließen teilnehmende Länder die Gründung einer Arbeitsgruppe mit dem Ziel, konkrete Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen und einen Zeitrahmen für deren Umsetzung auszuarbeiten. Auf der dritten UN-Klimakonferenz (COP-3) werden sie 1997 unter dem Begriff Kyoto-Protokoll verabschiedet. Erstmalig werden definierte Reduktionsverpflichtungen schriftlich festgehalten: die Emission von Treibhausgasen soll im Zeitraum von 2008 bis 2012 um mindestens rund 5 Prozent gegenüber ihrem individuellen Emissionswert aus dem Jahr 1990 zu gesenkt werden.35 Außerdem wird hier eine konkrete Definition von Treibhausgas und den für dessen Ausstoß verantwortlichen Quellen festgelegt.36 CO2 stellt hierbei die Einheitsbasis dar; alle anderen Treibhausgase werden in entsprechenden Äquivalenten umge- rechnet. Für das Inkrafttreten des Protokolls müssen zwei Bedingungen erfüllt werden: Mindestens 55 Nationen unterschreiben und verpflichten sich die Senkung einer kumulierten Emissionssumme von mindestens 55 Prozent des CO2-Ausstoßes gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 zu erreichen.37 Da diese Bedingungen erst 2005 erfüllt werden, tritt das Kyoto-Protokoll acht Jahre nach seiner Ausarbeitung und weiteren Anpassungen in Kraft.38 Ende 2011 haben 191 Staaten und die Europäische Union das Abkommen unterzeichnet; jedoch ist Kanada zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Abkommen ausgestiegen und die Ratifizierung durch die USA immer noch offen.39 Flexible Mechanismen innerhalb des Protokolls erlauben unterschiedliche Möglichkeiten zur Erreichung der vereinbarten Ziele. Einer dieser Mechanismen ist der Handel mit Emissionsrechten bzw. mit Zertifikaten zwischen den Staaten, die dieses Abkommen unterzeichnet haben.40 Wobei im Protokoll ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass dieser Handel nur ergänzend zu denen im jeweiligen Land ergriffenen Maßnahmen durchgeführt werden soll. Hierzu sei erwähnt, dass 2005 das Europäische Emissionshandelssystem ebenfalls eingeführt wird. 2012 lief das Kyoto-Protokoll aus und es wurden auf der UN-Klimakonferenz in Doha (COP-18) neue Emissionsminderungsziele bis zum Jahr 2020 vereinbart.
2015 findet in Paris eine weitere UN-Klimakonferenz statt (COP-21), auf der ein Nachfolgevertrag, das Pariser-Klimaabkommen, für das Kyoto-Protokoll verabschiedet wird. Inhalt war eine Einigung darauf, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen (Verbindlichkeit) und Anstrengungen zu unternehmen, den Anstieg auf anderthalb Grad Celsius zu beschränken (falls möglich).41 Außerdem sollen die weltweiten Emissionen in der Mitte des 21. Jahrhunderts in ein Gleichgewicht zwischen Ausstoß und Abbau von Treibhausgasen zu gebracht werden.42 Die Basis für das Pariser Klimaschutzabkommen bildet der vierte Sachstandsbericht des IPCC von 2007. Darin wird eine Analyse über mögliche globale Temperaturentwicklungen dargestellt (siehe Abbildung 3 auf Seite 12).
Abbildung 3: Temperaturszenarien des IPCC
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: IPCC, Temperaturszenarien, 2008, S. 46.
Daraus folgt die Aufstellung unterschiedlicher Szenarien. Je nachdem wie sich die Emission von Treibhausgasen bis 2100 im Vergleich zum Ausgangsjahr 2000 entwickelt, ist mit dem jeweils entsprechenden Temperaturanstieg zu rechnen.43 Das Schmelzen der Polarkappen und ein resultierender Anstieg des Meeresspiegels ist eine der negativen vom IPCC genannten Folgen.44 Auf Grundlage dieser potenziellen Szenarien wird im Pariser Abkommen ein konkret einzuhaltendes Temperaturziel festgelegt, das für alle unterzeichnenden Parteien als verbindlich gilt. Anfang 2019 gehören dazu 195 Staaten, wobei die USA im gleichen Jahr einen Austritt erklären. Die bis dato letzte UN-Klimakonferenz findet im Dezember 2019 in Madrid statt (COP-25), die aufgrund mangelnder Fortschritte zum Thema Klimaschutz mittlerweile von verschiedenen Organisationen und Medien als Nullrunde bezeichnet wird.45
[...]
1 Diese Arbeit folgt dem FOM Leitfaden zur formalen Gestaltung von Seminar- und Abschlussarbeiten in der Version von Mai 2020.
2 Vgl. BMU, Klimaschutzprogramm 2030, 2019, o.S.
3 Vgl. Bundesregierung, Klimaschutzprogramm 2030, 2019, o.S.
4 Vgl. Tagesschau, Kompromiss zum Klimapaket, 2019, o.S.
5 Vgl. Bundesregierung, CO2-Bepreisung, 2019, o.S.
6 Vgl. Klimareporter, Oberstes Gericht verpflichtet Regierung zum Klimaschutz, 2019, o.S.
7 Vgl. DIW, Pressmitteilung zur Analyse CO2-Preis, 2019, o.S.
8 Vgl. Tagesschau, Kompromiss zum Klimapaket, 2019, o.S.
9 Vgl. MCC; PIK, Optionen für eine CO2-Preisreform, 2019, S. 44.
10 Vgl. Die Bundesregierung, Klimaschutzprogramm 2030, 2019, o.S.
11 Vgl. Dezernat Zukunft, CO2-Bepreisung, 2019, o.S.
12 Vgl. Die Bundesregierung, CO2-Bepreisung, 2019, o.S.
13 Vgl. Europäische Kommission, Emissionshandelssystem, 2017, o.S.
14 Vgl. DIW, CO2-Bepreisung im Wärme- und Verkehrssektor, 2019, o.S.
15 Vgl. Kupferschmidt, Kai, Mal was Anderes, 2010, S. 45.
16 Neben CO2 gehören z.B. auch Methan und Lachgas zu den sogenannten Treibhausgasen.
17 Beschrieben wird dieser Effekt durch das Wiensche Verschiebungsgesetz.
18 Dies entspricht der Funktionsweise von Menschenhand gebauten Treibhäusern.
19 Vgl. Casey, Timothy., Translation of Fourier, 2010, o.S.
20 Vgl. Arrhenius, Sven, Influence of Carbonic Acid, 1896, S. 8 ff.
21 Vgl. British Petrol, Review of World Energy, 2019, S. 22.
22 Vgl. Ebd. S. 46.
23 Vgl. BMWI, Primärenergieverbrauch weltweit, 2019, o.S.
24 Keeling selber verweist auf die Steigerung der Konzentration infolge einer zunehmenden Verbrennung fossiler Brennstoffe und abnehmender globaler Waldflächen, die CO2 binden.
25 Vgl. NASA Goddard Institute for Space Studies, Surface Temperature Analysis, 2015, o.S.
26 Siehe dazu die Debatte um die sog. Hockeyschläger Kurve von Michael Mann.
27 Vgl. United Nations, Report on the Human Environment, 1972, S. 19.
28 Der Club of Rome wurde 1968 gegründet und betrachtet sich selber als gemeinnützige Organisation, die ein gemeinsames Anliegen hat, sich um die Zukunft der Menschheit zu sorgen.
29 Vgl. Club of Rome, The limits to growth, 1972, S. 71 ff.
30 Vgl. BMU, Ergebnisse der UN-Klimakonferenzen, o.J., o.S.
31 Vgl. IPCC Deutsche Koordinierungsstelle, Der Weltklimarat IPCC, 2018, S. 2.
32 Vgl. IPCC, Climate Change, 1990, S. 19 ff.
33 Vgl. UNFCCC, Klimarahmenkonvention, 1992, S. 6.
34 Bis dato wurden alle weltweiten Treffen unter anderen Bezeichnungen durchgeführt, die UN-Klimakonferenzen existieren mit dieser Bezeichnung erst seit 1995, daher auch das Kürzel COP-1, für Conference of the Parties - (Nr.) 1.
35 Vgl. United Nations, Kyoto Protokoll, 1998, S. 4.
36 Vgl. Ebd. S. 19.
37 Den Ausgangspunkt für die Anzahl der Nationen bildeten die Unterzeichner der Klimarahmenkonvention aus dem Jahr 1992.
38 Vgl. Endres, Alfred, Umweltökonomie, 2013, S. 313 f.
39 Vgl. UNFCCC, Kyoto Protocol Status of Ratification, o.J.,o.S.
40 Vgl. United Nations, Kyoto Protokoll, 1998, S. 15.
41 Vgl. UNFCCC, Paris Agreement, 2015, S. 3.
42 Vgl. Ebd. S. 4.
43 Vgl. IPCC, Emissionsszenarien, 2008, S. 44.
44 Vgl. IPCC, Temperaturänderungen, 2008, S. 45.
45 Vgl. Schweizer Radio und Fernsehen, Nullrunde in Madrid, 2019, o.S.
- Arbeit zitieren
- Stefan Ramme (Autor:in), 2020, Die Kohlenstoffdioxid-Bepreisung in Deutschland als Erweiterung des Emissionshandelssystem EU-ETS. Eine Analyse unterschiedlicher Handlungsoptionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1148587
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