In dieser Studie soll zwischen online und offline kollektivem Verhalten unterschieden werden. Viel wichtiger ist hierbei aber nicht die Wirkung untereinander zu beleuchten, sondern wie sich verschiedene Außenfaktoren auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten auswirken. Genauer wird die Frage gestellt, wie die soziale Identität und die Popularität kollektive Handlungstendenzen (online und offline) im Kontext der BLM-Bewegung beeinflussen. Weiterhin werden auch Motive und Bedingungen untersucht, die damit in Verbindung stehen könnten.
In Kapitel 2 der Studie wird dazu ein Überblick zur BLM-Bewegung gegeben und aufgezeigt, wie sich die Bewegung seit ihrer Entstehung weiterentwickelt und vor allem wie die sozialen Medien ihre Präsenz beeinflusst haben. In Kapitel 3 wird beschrieben, wie kollektives Verhalten zustande kommt. Dazu werden die zentralen Wirkungsmechanismen und deren zugrundeliegenden Theorien und Konstrukte erläutert, die für kollektives Verhalten online und offline in vielen Jahren der Forschung immer wieder empirisch bestätigt wurden.
Kapitel 4 gibt einen alternativen Blick auf Motive von kollektivem Verhalten. Hier wird dargelegt, welche theoretischen und empirischen Erkenntnisse es zu den Einflüssen von Popularitätshinweisen und Impression Management-Motiven in Online-Medien gibt. Kapitel 5 beschreibt die Methode mit der die aus den Theorien und Forschungen aufgestellten Hypothesen und Forschungsfragen untersucht werden sollen. In Kapitel 6 werden die Berechnungen und Ergebnisse dargestellt, welche in Kapitel 7 diskutiert werden. Hier werden zudem mögliche Limitationen der Studie und Ausblicke für nachfolgende Forschung aufgezeigt. Zuletzt wird eine kurze Zusammenfassung der Studie gegeben.
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 DIE BLACK LIVES MATTER-BEWEGUNG IN DEN SOZIALEN MEDIEN
3 KOLLEKTIVES VERHALTEN
3.1 Begriffsklärung: Identität
3.1.1 Die Soziale Identität
3.2 The Social Identity Model of Collective Action (SIMCA)
3.2.1 Politisierte Kollektive Identität (PCI)
3.2.2 Ungerechtigkeit und Emotionen
3.2.3 Wirksamkeit
3.3 Soziale Vernetztheit
3.4 Einflüsse auf kollektives Verhalten I
4 POPULARITÄT UND KOLLEKTIVES VERHALTEN
4.1 Popularitätshinweise
4.2 Impression Management
4.3 Einflüsse auf kollektives Verhalten II
5 METHODE
5.1 Studiendesign und Stichprobe
5.2 Treatment und Fragebogen
5.3 Messung der zentralen Konstrukte
6 ERGEBNISSE
7 DISKUSSION, AUSBLICK UND LIMITATIONEN
8 ZUSAMMENFASSUNG
9 LITERATUR
ABSTRACT
Formen von kollektivem Verhalten haben sich in den letzten Jahren stark ausdifferenziert. Beispielsweise zeigt sich auch kollektive Beteiligung, die im Rahmen der Black Lives Matter-Bewegung ausgeführt wird, nicht mehr „nur“ durch das Protestieren auf der Straße, sondern auch immer mehr durch Engagement in den sozialen Medien.
Die Entscheidung, sich offline und/oder online kollektiv zu verhalten, wird häufig nicht ausschließlich von Individuen selbst getroffen, sondern ist auf verschiedene soziale Einflüsse zurückzuführen. Ob die kollektive Handlungsbereitschaft, im Kontext der BLM-Bewegung durch die Identifikation mit einer bestimmten sozialen Gruppe (Soziale Identität) und eine hohe Anzahl an Popularitätshinweisen (Popularität) beeinflusst wird, wurde in dieser Studie untersucht. Weiterhin interessierte, ob diese Faktoren beeinflussen können, wie viel Aufwand Menschen bereit sind in kollektive Handlungen zu investieren – also ob sie unterschiedlich stark bereit sind sich risikoarm (online) oder bedeutungsvoll (offline) kollektiv zu verhalten. Ebenfalls wurde untersucht welche Bedingungen (Soziale Vernetztheit) und Motive (Impression Management) mit möglichen Effekten verknüpft sein könnten.
Wider Erwarten konnten keine signifikanten Einflüsse durch die Soziale Identität oder Popularität festgestellt werden. Jedoch zeigen sich spannende Tendenzen von Sozialer Vernetztheit und Impression Management-Motiven auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten online und offline.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Social Identity Model of Collective Action (SIMCA)
Abbildung 2: Pfadmodell für kollektives Verhalten online
Abbildung 3: Pfadmodell für kollektives Verhalten offline
Abbildung 4: Einfluss der Sozialen Vernetztheit auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten online und offline
Abbildung 5: Einfluss der Impression Management-Motive auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten online und offline
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Übersicht über die Experimentalgruppen
Tabelle 2: Nullkorrelation (Pearson‘s r) zwischen den zentralen Variablen
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
BLM Black Lives Matter
bspw. beispielsweise
bzw. beziehungsweise
ebd. ebenda
o.S. ohne Seite
PCI politicised collective identity (Politisierte Kollektive Identität)
PoC People of Color
SCT self-categorization theory
SIDE social identity model of deindividuation effects
SIMCA social identity model of collective action
SIT social identity theory
vgl. vergleiche
1 EINLEITUNG
„Ich kann nur hoffen, dass die aufrichtigen Plattitüden, die geäußert werden, wahr und die Versprechen, zu handeln, wirklich ernst gemeint sind, aber als ich so über die Posts nachdachte, kam mir immer wieder der Gedanke: ‚[…] Wird dieser Aktivismus offline fortgeführt werden?‘” (Subair, 2020, o.S.)
Eni Subair (2020) hinterfragt den Online-Aktivismus, der im Rahmen der Black Lives Matter-Bewegung (BLM) im Frühjahr 2020 beträchtliche Ausmaße erreichte, kritisch. Wie berechtigt ist allerdings diese Kritik?
Fest steht, dass mit steigender Prominenz des Internets, auch kollektive Handlungen von den Straßen auf Computerbildschirme übertragen wurden (Schumann & Klein, 2015, S. 309). Die Digitalisierung zog viele Veränderungen nach sich, deren Bewertung Forscherinnen und Forscher spaltet. Einige sehen die Entwicklungen positiv. Schnellere Informationsbeschaffung oder ortsunabhängige Kommunikation und Interaktion würden soziales Engagement deutlich erleichtern (Dolata & Schrape, 2015, S. 5-6). Andererseits stellt sich die Frage: Wenn es nur einen Klick braucht, um sich sozial zu engagieren, hat diese Unterstützung dann große Bedeutung?
Neuen Formen von digitalem Aktivismus, wie zum Beispiel dem Unterschreiben einer Online-Petition (van Laer & van Aelst, 2010, S. 1150) oder dem Liken und Teilen eines Social-Media-Beitrags (Schumann & Klein, 2015, S. 309) wird immer wieder unterstellt, nur eine Konsequenz von persönlicher Bedürfnisbefriedigung zu sein (ebd., S. 309). Es heißt: Eine schnelllebige Online-Unterstützung könne genauso schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen ist und würde dadurch die Kreation eines beständigen Netzwerk von Aktivist:innen hemmen (van Laer, 2011, S. 110).
Forschungen widmen diesen Veränderungen immer mehr Aufmerksamkeit, indem sie online und offline Aktivismus aufeinander beziehen. Einige Studien konnten dabei feststellen, dass die risikoarmen Formen von online kollektivem Verhalten kein „Ersatz“ für klassische und bedeutungsvolle Formen von offline kollektivem Verhalten sind (Lane & Dal Cin, 2017; Odağ, Uluğ & Solak, 2016). Andere wiederum zeigten, dass das Ausführen von risikoarmem kollektivem Verhalten (online) die Bereitschaft zu nachfolgendem bedeutungsvollem kollektivem Verhalten (offline) verhindert, da das Gefühl, „etwas Gutes getan zu haben“, die persönlichen Bedürfnisse schon ausreichend gestillt hat (Kristofferson, White & Peloza, 2014; Schumann & Klein, 2015).
In dieser Studie soll ebenfalls zwischen online und offline kollektivem Verhalten unterschieden werden. Viel wichtiger ist hierbei aber, nicht die Wirkung untereinander zu beleuchten, sondern wie sich verschiedene Außenfaktoren auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten auswirken. Genauer wird die Frage gestellt, wie die Soziale Identität und die Popularität kollektive Handlungstendenzen (online und offline) im Kontext der BLM-Bewegung beeinflussen. Weiterhin werden auch Motive und Bedingungen untersucht, die damit in Verbindung stehen könnten.
In Kapitel 2 der Studie wird dazu ein Überblick zur BLM-Bewegung gegeben und aufgezeigt, wie sich die Bewegung seit ihrer Entstehung weiterentwickelt und vor allem wie die sozialen Medien ihre Präsenz beeinflusst haben.
In Kapitel 3 wird beschrieben, wie kollektives Verhalten zustande kommt. Dazu werden die zentralen Wirkungsmechanismen und deren zugrundeliegenden Theorien und Konstrukte erläutert, die für kollektives Verhalten online und offline in vielen Jahren der Forschung immer wieder empirisch bestätigt wurden.
Kapitel 4 gibt einen alternativen Blick auf Motive von kollektivem Verhalten. Hier wird dargelegt, welche theoretischen und empirischen Erkenntnisse es zu den Einflüssen von Popularitätshinweisen und Impression Management-Motiven in Online-Medien gibt.
Kapitel 5 beschreibt die Methode mit der die aus den Theorien und Forschungen aufgestellten Hypothesen und Forschungsfragen untersucht werden sollen.
In Kapitel 6 werden die Berechnungen und Ergebnisse dargestellt, welche in Kapitel 7 diskutiert werden. Hier werden zudem mögliche Limitationen der Studie und Ausblicke für nachfolgende Forschung aufgezeigt. Zuletzt wird eine kurze Zusammenfassung der Studie gegeben.
2 DIE BLACK LIVES MATTER-BEWEGUNG IN DEN SOZIALEN MEDIEN
Die Black Lives Matter-Bewegung (BLM) entstand 2013 mit dem Hashtag #BlackLivesMatter, der aufgrund des Todes eines jungen Mannes mit schwarzer Hautfarbe in den sozialen Medien ins Leben gerufen wurde (Freelon, McIlwain & Clark, 2016, S. 9). Travyon Martin wurde unrechtmäßig von einem Polizeibeamten mit weißer Hautfarbe, George Zimmerman, erschossen (ebd., S. 9). Der Mordfall wurde vor Gericht fallengelassen (ebd., S. 9). Daraufhin wurden Diskussionen nicht nur über diesen Fall, sondern über die strukturelle Diskriminierung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe in den USA ausgelöst (Mundt, Ross & Burnett, 2018, S. 3). Diese Diskussionen und weitere Erfahrungen von rassistischen polizeilichen Verbrechen haben zur weiteren Entwicklung der BLM-Bewegung beigetragen (Freelon, et al., 2016). Die „Black Lives Matter Global Network Foundation“ (Black Lives Matter, 2020, S. 4) wuchs zu einem Netzwerk heran, das mittlerweile mehr als 50 Organisationen beinhaltet und sich über die Jahre vor allem in den sozialen Medien eine große Bekanntheit geschaffen hat (Mundt et al., 2018, S. 3). Die Bewegung beschreibt als ihr Grundziel die Kreation einer Welt, in der Menschen mit schwarzer Hautfarbe in Frieden und ohne konstanten sozialen, ökonomischen und politischen Druck leben können – eine Welt, in der schwarze Leben wichtig sind (Taylor, 2016, S. 194).
Im Frühjahr 2020 ereignete sich ein weiterer unrechter Tod eines Mannes mit schwarzer Hautfarbe, George Floyd, durch einen Polizeibeamten mit weißer Hautfarbe, Derek Chauvin. Im Black Lives Matter Impact Report wird dieses Ereignis als der „breaking point“ (Black Lives Matter, 2020, S. 35) für Millionen Menschen beschrieben, die danach sowohl auf den Straßen als auch in den sozialen Medien gegen rassistische Ungerechtigkeit demonstrierten (ebd., S. 35). Ein Teil des kollektiven Engagements in den sozialen Medien wurde durch das Teilen von schwarzen Quadraten mit den Hashtags #BlackLivesMatter oder #BlackoutTuesday generiert (Subair, 2020). Der Online-Aktivismus fand über nationale Grenzen hinaus statt, rief aber auch kritische Stimmen hervor, die die Ernsthaftigkeit des globalen Engagements in den sozialen Medien infrage stellen (Subair, 2020).
In dieser Studie soll daher untersucht werden, ob die Kritik am kollektiven Verhalten im Rahmen der BLM-Bewegung berechtigt ist und ob sich durch verschiedene Einflussfaktoren Unterschiede in der Bereitschaft zu online und offline Engagement finden lassen.
3 KOLLEKTIVES VERHALTEN
Kollektives Verhalten kann als Handeln einer Gruppe definiert werden, das ausgeführt wird, um gemeinsame Interessen und Ziele zu erreichen (Scott & Marshall, 2009, S. 96). Das Unterstützen einer sozialen Bewegung und das Eintreten für gemeinsame Ziele können als grundlegende Formen von kollektiven Handlungen verstanden werden (Klandermans & van Stekelenburg, 2013, S. 776).
Doch warum handeln Menschen in bestimmten Situationen kollektiv? Und wodurch wird die Entscheidung, sich kollektiv zu verhalten, beeinflusst?
Diese Fragen beschäftigen Sozialpsychologen seit mehreren Jahren (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 886).
Kollektives Verhalten ist demnach ein viel erforschtes Gebiet. Viele Studien haben schon unterschiedliche Einflüsse auf die Bereitschaft, sich kollektiv zu verhalten, bestätigen können. Im Folgenden sollen einige bedeutsame theoretische Grundlagen und Begrifflichkeiten von möglichen Einflussfaktoren dargestellt werden.
3.1 Begriffsklärung: Identität
„Identity is our understanding of who we are and who other people are […]” (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890).
Die Identität ist ein komplexes und vielfältiges Phänomen (Priante, Ehrenhard, van den Broek & Need, 2017, S. 2649). Grundlegend geben uns Identitäten die Möglichkeit zu verstehen, was uns und was andere Menschen ausmacht (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890).
Es ist wichtig anzumerken, dass es verschiedene Arten von Identitäten gibt. Beispielsweise verfügt jeder Mensch über eine persönliche Identität, die auf den eigenen internalisierten Einstellungen und Meinungen basiert (Priante et. al, 2017, S. 2649). Weiterhin können Menschen ihre Ansichten, beruhend auf sozialen und kollektiven Identitäten, konstruieren, welche außerdem Einfluss auf ihr Verhalten nehmen können (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890). Auch kollektives Verhalten gründet oftmals auf der sozialen und/oder kollektiven Identifikation mit einer bestimmten Gruppe (ebd., S. 890).
Häufig werden die Begriffe der Sozialen Identität (social identity) und Kollektiven Identität (collective identity) in Studien synonym verwendet oder nicht deutlich voneinander abgegrenzt (Flesher Fominaya, 2010, S. 397). Es scheint schwierig zu sein, in der sozialpsychologischen Literatur klar zwischen den beiden Konzepten von Identität zu unterscheiden, da beide als Definitionen von Gruppenidentifikation angesehen werden (Priante et. al, 2017, S. 2650). Laut einigen Wissenschaftlern ist es allerdings notwendig, die unterschiedlichen Arten von Identität zu differenzieren, da sie sich zwar in vielerlei Hinsicht überschneiden jedoch auf verschiedenen Faktoren aufbauen (ebd., S. 2650).
Für diese Studie ist es ebenfalls wichtig, diese Unterscheidung vorzunehmen, um verschiedene Wirkungsweisen der Identitätstypen feststellen und aufeinander beziehen zu können. Im Folgenden wird daher ein Überblick zu den Merkmalen der Sozialen Identität gegeben. Im Kontext des social identity model of collective action (SIMCA; van Zomeren, Postmes & Spears, 2008) sollen weiterhin die Besonderheiten von Politisierten Kollektiven Identitäten (PCI) aufgezeigt werden.
3.1.1 Die soziale Identität
Henri Tajfel (1972) definiert die Soziale Identität als „[…] the individual’s knowledge that he belongs to certain social groups together with some emotional and value significance to him of this group membership.“ (Tajfel, 1972, zitiert nach Hogg & Reid, 2004, S. 9)
Die Annahmen über die Soziale Identität basieren auf Tajfel & Turner’s (1979) social identity theory (SIT) und self-categorization theory (SCT; Turner, Hogg, Oakes, Reicher & Wetherell, 1987), welche entwickelt wurden, um sozialpsychologische Inter- und Intragruppenprozesse besser zu verstehen (Tajfel & Turner 1979).
Die Grundlage der Sozialen Identität bildet die Kategorisierung anderer und seiner selbst in bestimmte soziale Gruppen (Jenkins, 2008, S. 112). Individuen unterscheiden zwischen verschiedenen Gruppen von Menschen, um ihre soziale Welt und ihren Platz in der Gesellschaft verstehen zu können (ebd., S. 105). Dafür analysieren sie mögliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen sich und anderen Menschen (ebd., S. 102-103). Wird dabei eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Attributen (bspw. Ansichten, Merkmalen oder Verhalten) gefunden, ordnen sich Individuen in diese Gruppe ein (Hogg & Reid, 2006, S. 10-11). Tajfel & Turner (1979) bezeichnen die Gruppe von Gleichgesinnten als „in-group“ (S. 37), alle anderen sozialen Gruppen als „out-groups“ (S. 40).
Die Einordnung in eine bestimmte Gruppe hat dabei wichtige sozialpsychologische Effekte: Es entsteht ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identifikation mit der Ingroup, wodurch Individuen ihre Welt nicht mehr auf Basis ihrer persönlichen Ansichten (persönlichen Identität), sondern durch die „Brille“ ihrer Gruppenzugehörigkeit (Sozialen Identität) konstruieren (Hogg & Reid, 2006, S. 14). Ihre Selbstdefinition erweitert sich also vom persönlichen ‚Ich‘ auf ‚andere und Ich‘ (Priante et al., 2017, S. 2649), wodurch ihre Soziale Identität salient wird.
Wenn sich nun Individuen auf der Basis ihrer Gruppenzugehörigkeit definieren, bedingt das in vielen Fällen ihren Affekt, ihre Kognition und ihr Verhalten (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890). Denn laut der SIT und SCT streben Menschen stets danach, eine positive Soziale Identität aufrecht zu erhalten (Tajfel & Turner, 1979, S. 40). Um dies zu erreichen, passen Gruppenmitglieder ihr Verhalten den in der Ingroup vorherrschenden Normen an (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 892). Je stärker dabei die Identifikation mit der Ingroup ist, desto mehr fühlen, denken und handeln Individuen für ihre Gruppe (van Zomeren, Kutlaca & Turner-Zwinkels, 2018, S. 125).
Multiple Soziale Identitäten. Ein weiterer wichtiger Punkt der SCT: Individuen identifizieren sich nicht nur mit einer einzigen Gruppe von Menschen, sondern fühlen sich aufgrund von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel Geschlecht, politischer Partei oder auch dem gleichen Alter, bestimmten Gruppen zugehörig (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890). Identifikationen mit dem gleichen Geschlecht oder Alter sind dabei besonders bedeutend. Denn sie sind sowohl wichtig für das eigene Selbstkonzept (chronologisch abrufbar) als auch in gegenwärtigen Situationen selbstverständlich und damit leicht zugänglich (situativ abrufbar) (Hogg & Reid, 2006, S. 12). Die daraus entstammenden Sozialen Identitäten stehen nicht nur unter stetiger Entwicklung, sie sind auch stark abhängig vom jeweiligen sozialen Kontext und daher auch nicht zu jeder Zeit gleich salient (Simon & Klandermans, 2001, S. 321). Soziale Identitäten sind damit flexible Konstrukte, die auf einer kontextabhängigen Selbstdefinition basieren (ebd., S. 321).
Soziale Identität online. Theorien der Sozialen Identität sind auch auf Online-Umgebungen übertragbar. Laut dem social identity model of deindividuation effects (SIDE; Postmes, Spears & Lea, 1999) spielt die Übernahme von Gruppennormen vor allem online eine tragende Rolle (ebd., S. 166). Kommunikation und Interaktion in Online-Medien sind häufig durch eine hohe Anonymität geprägt, beispielsweise aufgrund von geringer Identifizierbarkeit oder fehlenden nonverbalen Hinweisreizen wie Mimik oder Gestik (Taddicken, 2009, S. 90). Eine hohe Anonymität führt oftmals dazu, dass Menschen nicht als Individuen wahrgenommen werden, da individuelle Unterschiede innerhalb der Gruppe verschwimmen und dadurch die Einheit der Gruppe (Ingroup) verstärkt wird (Postmes et al., 1999, S. 168). Dies hat wichtige sozialpsychologische Effekte, beispielsweise die Erhöhung des sozialen Einflusses, wenn die Soziale Identität salient ist (ebd., S. 167). Sind Individuen in einer anonymen Online-Umgebung „‘deindividuated‘“ (ebd., S. 167), richten sie ihr Verhalten weniger an ihren persönlichen Eigenschaften als vielmehr an den vorherrschenden Gruppennormen aus (ebd., S. 169).
3.2 The Social Identity Model of Collective Action (SIMCA)
Sozialen Phänomenen, wie kollektivem Verhalten, liegen vielschichtige Prozesse zu Grunde. Das social identity model of collective action (SIMCA; van Zomeren et al., 2008) integriert gesammelte Erkenntnisse aus über 20 Jahren Forschung –und daraus resultierend drei basale Prädiktoren– in ein etabliertes Modell, das kollektives Verhalten erklärt (ebd., S. 504). Das Modell wurde 2008 von den Autoren in einer metanalytischen Studie entwickelt und fand seither konstante Anwendung und empirische Bestätigung (Chan, 2017; van Zomeren et al., 2018).
Die drei sozialpsychologischen Perspektiven der Identität, wahrgenommenen Ungerechtigkeit und Wirksamkeit, erklären dabei kollektive Handlungstendenzen sowie tatsächliche Verhaltensmaßnahmen (van Zomeren et al., 2008, S. 519-520). Im Folgenden sollen die grundlegenden Mechanismen des SIMCAs genauer erläutert werden.
3.2.1 Politisierte Kollektive Identität (PCI)
Der Ausgangspunkt der Identität im SIMCA ist ebenfalls die Identifikation mit bestimmten Gruppen (van Zomeren et al., 2008, S. 505). Ursprünglich wurde argumentiert, dass kollektives Verhalten vermehrt von Menschen, die sich mit einer benachteiligten Gruppe identifizieren, ausgeführt wird, um gemeinsam den Zustand der Benachteiligung zu überkommen (Wright, Taylor & Moghaddam, 1990, S. 996). Im Gegensatz dazu können auch Menschen, die sich mit einer bevorteilten Gruppe identifizieren, kollektiv handeln. Entweder um ihre vorteilige Situation aufrechtzuerhalten oder um solidarisch gegen soziale Ungerechtigkeiten zu kämpfen (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 891).
Die Identifikation mit benachteiligten oder bevorteilten Gruppen ist jedoch, vor allem mit Blick auf soziale Bewegungen, nicht die einzige Erklärung, warum Menschen kollektiv handeln. Kollektives Verhalten wird zudem auch von Gruppen ausgeführt, in denen gleiche Ansichten, Einstellungen und Ziele bestehen, um ihre Weltanschauung zu erweitern oder durchzusetzen (McGarty, Bliuc, Thomas & Bongiorno, 2009, S. 846-849). Innerhalb dieser Gruppen findet ein Prozess der kollektiven Identitätsbildung statt, der auf geteilten (politischen) Ansichten, Bewertungen oder Handlungsabsichten von Individuen aufbaut (Priante et. al, 2017, S. 2649-2650). Durch ihre Kollektive Identität getrieben, streben Menschen –als Einheit– nach dem Erreichen von gemeinsamen Zielen (ebd., S. 2649-2650).
Identität in sozialen Bewegungen. Soziale Bewegungen sind geprägt von Machtkämpfen und sozialem Wandel (Simon & Klandermans, 2001, S. 323). Deshalb sind es in diesen vor allem die politischen oder strukturellen Ungerechtigkeiten gegenüber bestimmten Gruppen, die Individuen hier in einem kollektiven Bewusstsein vereint (Stürmer & Simon, 2004, S. 264-265). Menschen entwickeln, im Kontext sozialer Bewegungen, daher auch vermehrt eine „politicized collective identity“ (PCI; Simon & Klandermans, 2001, S. 324). Eine PCI kann als eine Form der Kollektiven Identität verstanden werden, die den expliziten Motivationen der Gruppenmitglieder zugrunde liegt, sich an einem solchen (politischen) Machtkampf zu beteiligen (ebd., S. 323). Individuen, die eine PCI herausgebildet haben, sehen sich als Kollektiv (oder Repräsentanten dessen), welches um soziale Gleichberechtigung kämpft (ebd., S. 323). Dieser Kampf wird mit dem Wissen ausgetragen, dass ebendieser in einem breiteren gesellschaftlichen Kontext stattfindet (ebd., S. 323). Die wahrgenommenen sozialen Ungerechtigkeiten durch ihre Beteiligung an sozialen Bewegungen abzubauen, wird dabei für Individuen zu einem persönlichen Identitätsprojekt (van Zomeren et al., 2008, S. 507).
Eine PCI verbindet die Menschen also mit der strukturellen Notlage der Benachteiligten, was zu einer ‚inneren Verpflichtung‘ führt, sich an Aktivitäten der sozialen Bewegung zu beteiligen (van Zomeren et al., 2008, S. 507).
3.2.2 Ungerechtigkeit und Emotionen
Laut dem SIMCA basiert die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten nicht nur auf der Identität. Zwar gilt die PCI als die bedeutendste Causa für kollektive Handlungen, jedoch stellen auch die wahrgenommene Ungerechtigkeit und die daraus resultierenden Emotionen, sowie die wahrgenommene Gruppenwirksamkeit wichtige Bedingungen dar (van Zomeren et al., 2008, S. 505-507).
Ungerechtigkeit. Die Annahme, dass wahrgenommene Ungerechtigkeit die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten steigern kann, basiert auf der relative deprivation theory (RTD) (Walker & Smith, 2002). Die RTD beschreibt das subjektive Erleben von Deprivation, das durch soziale Vergleiche ausgelöst wird (van Zomeren et al., 2008, S. 505). Wenn diese Vergleiche eine Wahrnehmung von Ungerechtigkeit hervorrufen, ist es wahrscheinlich, dass Menschen kollektive Handlungen ausführen, um diese zu beheben (ebd., S. 505). Denn ohne ein Gefühl von Ungerechtigkeit würden (kollektive) Handlungen nicht benötigt werden (ebd., S. 505)
Gruppenbasierte Emotionen. Weiterentwicklungen des SIMCA geben immer wieder Hinweise darauf, dass Gefühle, die durch Benachteiligung ausgelöst werden, ein stärkerer Prädiktor für kollektives Verhalten sind als nur die wahrgenommene Ungerechtigkeit selbst (Musgrove & McGarty, 2008; Smith und Ortiz, 2002; van Zomeren et al., 2008). Dabei ist weniger das individuelle Empfinden als vielmehr das Herausbilden von gruppenbasierten emotionalen Reaktionen bedeutend (ebd., S. 506).
Nach der SCT empfinden Individuen eher im Sinne der Gruppe, wenn eine Soziale Identität salient ist (Turner et al., 1987). Diese Annahmen wurden innerhalb der intergroup emotions theory (IET; Mackie, Maitner & Smith, 2016) noch konkretisiert. Die IET statuiert, dass man zu dem Zeitpunkt, zu dem man sich mit einer bestimmten Gruppe von Menschen identifiziert, emotionale Reaktionen auch im Rahmen dieser Gruppe erlebt (ebd., S. 603). Das bedeutet, wenn von der Ingroup –gemeinsam– Ungerechtigkeit wahrgenommen wird, erzeugt diese Wahrnehmung gruppenbasierte Emotionen (ebd., S. 603). Die Emotionen wiederum rufen Handlungstendenzen hervor, um die wahrgenommenen Deprivationen abzubauen (ebd., S. 603). Besonders bedeutsam sind dabei emotionale Reaktionen wie Wut, Empörung oder Scham, da sie Energie hervorrufen, die Menschen mobilisiert, sich gegen Ungerechtigkeiten einzusetzen (Frijda, Kuipers & ter Schure, 1989, S. 214; Iyer, Schmader & Lickel, 2007, S. 575).
Emotionen erklären also den Wirkungsmechanismus zwischen gemeinsamer (gruppenbasierter) Bewertung und tatsächlichen Handlungstendenzen (Mackie et al., 2000, S. 613). Kollektives Verhalten wird demnach als das resultierende Verhalten aus emotionaler Wahrnehmung von Ungerechtigkeit beschrieben (van Zomeren et al., 2008, S. 506).
3.2.3 Wirksamkeit
Die grundlegende Idee der Wirksamkeit ist, dass sich Menschen eher an kollektiven Aktionen beteiligen, wenn sie denken, dass die maßgeblichen Ziele der Gruppe erreicht werden können (van Zomeren et al., 2008, S. 506-507). Genauso wie Identitäten, gibt es verschiedene Formen von Wirksamkeit. Die individuelle Wirksamkeit (Selbstwirksamkeit) beschreibt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten, den Ausgang einer Situation, in der man sich befindet, positiv beeinflussen zu können (Bandura, 1995, S. 122-123).
In Abgrenzung dazu ist der Glaube an eine Gruppenwirksamkeit wichtig für die Motivation von Individuen, durch kollektive Handlungen Gruppenziele erreichen zu können (Prussia & Kinicki, 1996, S. 195). Denn ein Gefühl von Gruppenwirksamkeit gibt Menschen eine Art kollektive Stärke, durch die sie glauben, etwas an der wahrgenommenen Ungerechtigkeit ändern zu können (van Zomeren et al., 2008, S. 507). Je stärker dabei die wahrgenommene Gruppenwirksamkeit ist, desto wahrscheinlicher beteiligen sich Menschen an kollektiven Handlungen (ebd., S. 507). Speziell im Hinblick auf soziale Bewegungen ist das Wirksamkeitserleben als Gruppe essenziell, um kollektive Handlungstendenzen hervorzurufen (Mazzoni, van Zomeren & Cicognani, 2013, S. 317).
3.3 Soziale Vernetztheit
Ein weiteres Phänomen, das soziale Einflüsse und kollektives Verhalten bedingen kann, ist die Einbettung in ein sozio-politisches Netzwerk (Klandermans & van Stekelenburg, 2014, S. 348).
Ein soziales Netzwerk, kann als ein Konstrukt aus Beziehungen zwischen Individuen verstanden werden (Lin, 2002, S. 38). Diese Netzwerke erfüllen für Menschen verschiedene Funktionen. Beispielsweise können durch Netzwerkverbindungen diverse Ressourcen, wie Informationen, Zugehörigkeit oder Vertrauen, erreicht werden (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 894). Die Akkumulation dieser Ressourcen ist bekannt als soziales Kapital, das Lin (2002) als „[…] resources embedded in a social structure which are accessed and/or mobilized in purposive actions. [Herv. i. Org.]” (S. 40) definiert.
Soziales Kapital wird nach Nahapiet & Ghoshal (1998) durch drei Komponenten erfasst, die sich gegenseitig bedingen.
Das strukturelle Kapital beschreibt ganz allgemein, wen Menschen erreichen können – also die bestehenden oder fehlenden Netzwerkverbindungen zwischen Individuen (Nahapiet & Ghoshal, 1998, S. 244). Die relationale Komponente des sozialen Kapitals bezieht sich auf die Art der Verbindungen in einem Netzwerk (ebd., S. 244). Diese beschreibt, ob die Verbindungen beispielsweise respektvoll, vertrauensvoll oder freundschaftlich sind (ebd., S. 244). Ein hohes (relationales) soziales Kapital bedeutet also zum Beispiel ein hohes Maß an Vertrauen, das zwischen den Netzwerk-Mitgliedern ausgetauscht wird (ebd., S. 244). Damit verbunden, erhöht sich auch der soziale Einfluss zwischen den Menschen in einem Netzwerk (ebd., S. 244). Mit kognitivem Kapital sind Ressourcen gemeint, die geteilte Interpretationen und Deutungen ermöglichen (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 894). Durch diese können individuelle Werte, Einstellungen und Ansichten in gemeinsame politische Überzeugungen und Handlungsorientierungen transformiert (ebd., S. 894). In Netzwerken kann, durch die Ähnlichkeit zu anderen Mitgliedern, kognitives kapital leichter erlangt werden (ebd., S. 894)
Die Soziale Vernetztheit („social embededness“ (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 894) oder „social connectedness“ (Lee & Robins, 1998, S. 338)) beschreibt, wie viel soziales Kapital aus diesen Verbindungen gewonnen werden kann und damit auch die Art und Tiefe der Verbindungen in einem Netzwerk (Grabner-Kräuter & Bitter, 2013, S. 57). Wenn Individuen stark vernetzt sind, verfügen sie über hohes soziales Kapital und starke Verbindungen (ebd., S. 57). Diese stellen basale Bedingungen für soziale Identifikation und kollektives Handeln dar. Beispielsweise verfügen stark vernetzte Menschen über ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Vertrauen, wodurch es ihnen leicht fällt, sich mit anderen Personen zu identifizieren und mit ihnen gemeinschaftlich zu handeln (Lee & Robbins, 1998, S. 338). Auch können durch die Netzwerkverbindungen politische Informationen gewonnen werden (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 894). Dadurch bieten die Netzwerke eine Möglichkeit für politische Diskurse, in denen kollektive Ziele besprochen werden und Menschen für ebendiese Ziele mobilisiert werden können (ebd., S. 894).
Soziale Vernetztheit online. Besonders relevant für diese Studie ist die Frage, inwiefern sich die Bedeutsamkeit der Sozialen Vernetztheit auf die sozialen Medien übertragen lässt. Wie die alternative Bezeichnung „soziale Netzwerke“ schon andeutet, bieten sie die perfekte Plattform, um Interaktionen mit Gleichgesinnten, sowie das „bridging and bonding“ (Hwang & Kim, 2015, S. 481) zu lancieren (ebd. 480-481). Vor allem junge Menschen nutzen Social-Media-Plattformen hauptsächlich, um soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten (bonding) und das Bedürfnis nach sozialer Identifikation mit anderen Menschen zu befriedigen (bridging) (Barker, 2012, S. 165).
Soziale Vernetztheit kann also auch in Social-Media-Plattformen stattfinden und sogar noch verstärkt werden, da Barrieren der Kommunikation und Interaktion erleichtert werden (Ellison, Lampe, Steinfiled & Vitak, 2010, S. 137).
3.4 Einflüsse auf kollektives Verhalten I
Im ersten Teil dieser Forschungsarbeit wurden Theorien und Begriffe erläutert, die etablierte und empirisch häufig untersuchte Einflüsse von kollektivem Verhalten darstellen.
Immer wieder in seiner Wichtigkeit betont ist dabei das Konstrukt der Sozialen Identität. Es wird davon ausgegangen, dass die Soziale Identität eine bedeutende Grundlage in sozialen Prozessen, wie kollektivem Verhalten, ausmacht (van Stekelenburg & Klandermans, 2013, S. 890).
Wie bereits erwähnt, ist es ein Ziel dieser Arbeit, zu untersuchen, welche Auswirkungen die Soziale Identität auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten online und offline haben kann. Genauer interessiert, welchen Einfluss Mitglieder der eigenen Altersgruppe (Ingroup) auf kollektive Handlungstendenzen haben.
Grundlegend wurde schon in vielen Studien bestätigt, dass eine starke Identifikation mit einer sozialen Gruppe, eine erhöhte Bereitschaft zu online und auch offline kollektivem Verhalten hervorrufen kann (Cakal, Hewstone, Schwär & Heath, 2011; Chan, 2016; Rees & Bamberg, 2014). Eine wichtige Weiterentwicklung dieser Forschungen, stellt das social identity model of deindividuation effects (SIDE; Postmes et al., 1999) dar, welches beschreibt, wie der Einfluss der Sozialen Identität durch eine wahrgenommene Anonymität im Online-Bereich noch verstärkt werden kann. Auch dieses Modell findet immer wieder empirische Bestätigung (Lee, 2004; Postmes, Spears, Sakhel, & De Groot, 2001).
Die Identifikation mit einer bestimmten Gruppe erfolgt in Studien aufgrund von verschiedenen Merkmalen. Beispielsweise wird durch das gleiche Geschlecht (Nelson et al., 2008), Ethnizität (Klandermans, van der Toorn & van Stekelenburg, 2008) oder geteilte sexuelle Orientierung (Stürmer & Simon, 2004), die Soziale Identität von Individuen salient und dadurch die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten erhöht.
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- Arbeit zitieren
- Susanne Kunze (Autor:in), 2021, Do Black Lives really Matter to you? Auswirkungen von Identität und Popularität auf kollektive Handlungstendenzen im Kontext der Black Lives Matter-Bewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1147434
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