Diese Hausarbeit handelt von den Auswirkungen von Hartz-IV auf die soziale Ungleichheit in Deutschland.
Der Grundstein für Hartz-IV wurde im Jahre 2002, genauer gesagt am 22. Februar 2002, gelegt, als die Bundesregierung, bestehend aus SPD und Grünen, unter Kanzler Schröder die "Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" ins Leben rief. Vorsitzender besagter Kommission war Peter Hartz, SPD-Mitglied und zum da-maligen Zeitpunkt Vorstandsmitglied der Volkswagen AG. Die Aufgabe der Kommission war es, Vorschläge für eine Reform der Arbeitsmarktpolitik mit besonderem Fokus auf die staatliche Arbeitsvermittlung zu erarbeiten.
Diesen Reformbedarf sah die Bundesregierung, da die Arbeitslosenzahl seit Jahren hoch war und dadurch die Kosten für die Arbeitslosenhilfe einen großen Teil der staatlichen Ausgaben ausmachten und auch weil herauskam, dass die Bundesanstalt für Arbeit ihre Zahlen zu ihren Vermittlungserfolgen sowie ihrem Verwaltungspersonals geschönt hatte.
1. Einleitung:
„Wer arbeiten kann, aber nicht will, der kann nicht mit Solidarität rechnen. Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.“ (Schröder in DER SPIEGEL: 2001), mit diesen Worten forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder 2001 härtere Sanktionen gegen Bezieher von Sozialleistungen, die Arbeitsangebote ablehnen. Die geforderte Reform des Arbeitsmarktes dauerte schlussendlich aber bis 2005, dem Jahr in dem die Agenda 2010 mit den Hartz-Gesetzen (Hartz I bis Hartz IV) zu großen Teilen umgesetzt wurde. In dieser Agenda wurden unter anderem die Ziele „[...] die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung zu verbessern“ und „die Bundesanstalt für Arbeit so umzubauen, dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen kann, nämlich Arbeitslose in Arbeit zu vermitteln und sie nicht bloß zu verwalten“ ausgerufen, diese Ziele sollten dafür sorgen, dass „[...] die Gerechtigkeit zwischen den Generationen gesichert und die Fundamente unseres Gemeinwesens gestärkt“ werden (Schröder: 2003, S. 2479, 2481, 2484), Ziel war also auf lange Sicht eine Verringerung der sozialen Ungleichheit in Deutschland, durch mehr Beschäftigung.
Jetzt, 16 Jahre nach der Einführung von Hartz-IV, wird es Zeit zu überprüfen, wie sich die soziale Ungleichheit in Deutschland durch Hartz-IV entwickelt hat. Hierfür wird zunächst der Entstehungsprozess und die Umsetzung im Gesetzestext beschrieben und im Anschluss ausgewählte Dimensionen sozialer Ungleichheit, Materieller Wohlstand, Bildung und Wohnbedingungen (vgl. Hradil: 2001, S.31), anhand geeigneter Indikatoren untersucht und so herausgefunden, wie sich die soziale Ungleichheit verändert hat. Zum Schluss werden die Ergebnisse gebündelt und zu einem Fazit gebracht, außerdem wird versucht eine Perspektive für die Zukunft aufzuzeigen.
2. Entstehungsgeschichte von Hartz-IV
Der Grundstein für Hartz-IV wurde im Jahre 2002, genauer gesagt am 22. Februar 2002, gelegt, als die Bundesregierung, bestehend aus SPD und Grünen, unter Kanzler Schröder die „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ ins Leben rief. Vorsitzender besagter Kommission war Peter Hartz, SPD-Mitglied und zum damaligen Zeitpunkt Vorstandsmitglied der Volkswagen AG. Die Aufgabe der Kommission war es, Vorschläge für eine Reform der Arbeitsmarktpolitik mit besonderem Fokus auf die staatliche Arbeitsvermittlung zu erarbeiten. Diesen Reformbedarf sah die Bundesregierung, da die Arbeitslosenzahl seit Jahren hoch war und dadurch die Kosten für die Arbeitslosenhilfe einen großen Teil der staatlichen Ausgaben ausmachten und auch weil herauskam, dass die Bundesanstalt für Arbeit ihre Zahlen zu ihren Vermittlungserfolgen sowie ihrem Verwaltungspersonals geschönt hatte. Zudem herrschte die Auffassung, dass der traditionelle Sozialstaat ausgedient habe und durch Sozialleistungskürzungen sowie das Fordern von Eigenverantwortung reformiert werden müsse (vgl. Dietz: 2013, S. 147). Es wurde also versucht einen aktivierenden Sozialstaat zu schaffen, da dieser zwischen dem „keynesianischen Staatsinterventionismus und neoliberalem Marktradikalismus“ liegt (Hans Böckler Stiftung: 2006, S.12). Von dieser Reform versprach man sich „eine Halbierung der Arbeitslosenzahl innerhalb von vier Jahren, eine Reduzierung der Sozialausgaben, eine Effizienzsteigerung der Bundesanstalt für Arbeit und die Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums für alle Leistungsempfänger“ (Dietz 2013, S.148) und in der Folge auch die Verringerung der sozialen Ungleichheit in Deutschland. Nach 6 Monaten Arbeit legte die Kommission am 16.08.2002 ihren Bericht „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - Bericht der Kommission“ und benannte sowie erläuterte darin 13 sogenannte Innovationsmodule (vgl. Hartz: 2002, S. 8-10 und S. 22 - 34). Mit Hilfe dieses Berichtes wurden dann in der Folge die 4 „Gesetze zu modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, auch bekannt als Hartz I - IV, entwickelt. Hartz I und II traten im Januar und April 2003 in Kraft und beinhalten unter anderem die Errichtung von Jobcentern und PersonalServiceAgenturen, die Einführung der Ich-AGs und der Neuregelung von Mini-Jobs (vgl. Kißler/Greifenstein: 2004, S. 10). Im Dezember 2003 wurde in einem Vermittlungsausschuss ein Kompromiss für die Gesetzesentwürfe Hartz III und IV gefunden. Bei Hartz III geht es um die Reform der Bundesanstalt für Arbeit zur Bundesagentur für Arbeit und die damit einhergehende Organisationsmodernisierung. Dieser Prozess sollte bis 2005 schrittweise abgewickelt werden (vgl. Kißler/Greifenstein: 2004, S. 11). Das letzte Gesetz, Hartz IV, umfasst 2 Maßnahmen: Einerseits wird das Arbeitslosengeld I mit anderen und vor allem vereinfachten Regeln für die Höhe und Dauer des Bezugs und andererseits der Zusammenfassung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II, das häufig einfach Hartz-IV genannt wird (vgl. Kißler/Greifenstein: 2004, S. 11).
Die Hartz-Gesetze blieben aber nicht ohne Gegenwind, es gab mehrere wegweisende Gerichtsentscheidungen, die verschiedene Gesetzesänderungen zur Folge hatten. So entschied der Europäische Gerichtshof 2005, dass der Kündigungsschutz für über 52-Jährige nicht mit dem Diskriminierungsverbot der EU vereinbar sei. Auch das Bundesverfassungsgericht musste sich mehrfach mit den Hartz-Gesetzen auseinandersetzen. Es erklärte 2007 die geteilte Verwaltung von Bund und Kommunen und 2010 die intransparente Zusammensetzung der Regelleistung für verfassungswidrig. Außerdem forderte es, im Urteil von 2010, eine Leistungshöhe, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht (vgl. Dietz: 2013, S. 148). Für das Jahr 2021 liegt dieser Satz für einen 1-Personen-Haushalt bei 446€, für ein Paar in mindestens „lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft“ liegt der Satz bei jeweils 401€, für eine jugendliche Person zwischen 15 und einschließlich 18 bei 373€, für Kinder zwischen 7 und einschließlich 14 bei 309€ und für Kinder unter 7 bei 283€ (§8 Abs. 1,2,4,5,6, RBEG). Diese Summen basieren auf Berechnungen, die sich auf Angaben aus der Einkommens- und Verbrauchsstudie (EVS) 2018 beziehen. Hierbei werden die Regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben eines Haushaltes in 12 Abteilungen gefasst, für einen 1-Personen- Haushalt sieht das wie folgt aus (§5 Abs. 1, RBEG):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1: Regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für einen 1-Personen-Haushalt nach §5 Abs.1 RBEG
Insgesamt sollen also mit dem Regelsatz von 446€ Ausgaben in Höhe von 434,96€ abgedeckt werden, zusätzlich werden die Kosten für eine Wohnung und Heizkosten übernommen. Im Gesetz wird diese Auflistung für alle bereits genannten potenziellen Leistungsbezieher aufgeführt. Außerdem bekommen Familien mit Kindern 2021 für das 1. Schulhalbjahr 103€ und für das 2. Schulhalbjahr nochmal 51,50€ für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (§9 RBEG).
3. Zusammenfassung der Forschungsergebnisse:
In diesem Abschnitt werden die Auswirkung von Hartz-IV auf die soziale Ungleichheit in Deutschland untersucht. Hierzu werden von mir ausgewählte Studienergebnisse und Berichte präsentiert und zusätzlich eigene Schlussfolgerungen aus Daten der Bundesregierung und Gesetzen gezogen. Diese Untersuchung ist in die einzelnen, eingangs erwähnten, Dimensionen sozialer Ungleichheit aufgeteilt.
3.1. Materieller Wohlstand
Die häufigsten Indikatoren für den Materiellen Wohlstand sind das Einkommen und das Vermögen, deshalb werden sich dieser und der folgende Absatz mit diesen beschäftigen. Für volljährige alleinlebende Bezieher von Hartz-IV ist 2021 ein Regelsatz von 446€ (§ 8 Absatz 1, RBEG) zuzüglich sonstiger Zuwendungen vorgesehen, von diesem Geld muss der Empfänger alles kaufen, was er zum Leben benötigt. Der Median des Bedarfsgewichteten Nettoeinkommen je Monat lag 2016 aber bei 1.869€ (vgl. Niehues/Stockhausen: 2019, S.2) für einen Single, dieser muss zwar alle Leistungen, die bei einem Bezieher von ALGII vom Staat übernommen werden, selbst bezahlen, hat aber dennoch ein erheblich höheres Einkommen. Vor der Einführung von Hartz-IV im Jahr 1998 lag das reale mittlere Einkommen nach der neuen OECD-Skala (arithmetisches Mittel) bei umgerechnet 1676.80€ und das untere Dezil hatte ein reales Einkommen von umgerechnet 653.95€ (vgl. Bundesregierung 2001, S. 27). Der Hartz-IV- Regelsatz von heute erreicht also noch nicht einmal das Niveau der untersten 10% der Deutschen von damals und die Einkommensungleichheit zwischen Hartz-IV-Bezie- hern und nicht-Beziehern nimmt dadurch zu.
Das durchschnittliche Nettogesamtvermögen eines Haushaltes in Deutschland betrug 2018 162.00 €. Vergleicht man diesen Wert mit den Vermögenswerten von 2008 (117.600€) ist ein, im Durchschnitt, großer Vermögensanstieg bei den Haushalten zu sehen (DESTATIS: 2019). Bei Beziehern von Hartz-IV gestaltet sich der Vermögensaufbau schwieriger als bei normalen Bürgern, da ihnen vom Gesetzgeber strenge Vorgaben, wie und in welchem Umfang sie Vermögen aufbauen beziehungsweise besitzen dürfen, gemacht werden. Einem Hartz-IV-Empfänger stehen pro Lebensjahr 150€ an Vermögen zu, zusätzlich sind 750€ pro Lebensjahr als explizite Altersvorsorge (ohne Möglichkeit auf vorherige Auszahlung) zulässig (§12 Abs. 2 SGB II). Nicht zum Vermögen zählen hierbei unter anderem angemessener Hausrat, ein angemessenes KFZ pro Arbeitnehmer, ein angemessenes Grundstück mit Haus oder eine Eigentumswohnung (§12 Abs. 3 SGB II). Es ist also möglich trotz Hartz-IV ein gewisses Vermögen zu besitzen, aber es ist durch die Beschränkungen beim Einkommen schwerer Vermögen aufzubauen. Als alleinstehender Leistungsbezieher darf man bis zu 1.200€ dazu verdienen, von denen bei 100-1000€ 100€ + 20% des Einkommens und zusätzlich bei dem Teil des Einkommens von 1000-1200€ nochmals 10% nicht auf den Hartz- IV-Satz angerechnet werden (§11 Abs. 3 SGB II). Durch diese Regelung wird den Hartz-IV-Empfängern im Vergleich zu den nicht Hartz-IV-Empfängern der Vermögensaufbau erheblich erschwert und so die Vermögensungleichheit zwischen Hartz- IV-Empfängern und den nicht-Empfängern verstärkt.
In der Forschung werden oft einkommensbasierte Indikatoren verwendet, aber es werden auch alternative Indikatoren gesucht. So nutzt zum Beispiel Christoph (2016) die Indikatoren „Lebensstandard und Deprivation“ sowie die „Konsumausgaben“, da, der Indikator Einkommen durch die gesetzlichen Regelungen an Aussagekraft verliert und die Konsumgüterausstattung und das Vermögen zu Beginn des Hartz-IV-Bezugs von großer Bedeutung für den Umgang mit ungeplanten Ausgaben während diesem sind (vgl. Christoph: 2016, S. 344). Bei seiner Analyse der Indikatoren Lebensstandard und Deprivation nutzt Christoph Daten aus der 8. Welle des Panels Arbeitsmarkt und soziale Sicherung und kommt zu dem Schluss, dass Hartz-IV-Empfänger mit deutlichen Einschränkungen in ihren materiellen Lebensbedingungen umgehen können müssen (vgl. Christoph: 2016, S. 347f.) Vor allem im soziokulturellen Bedarf werden Versorgungslücken festgestellt, allerdings wird auch festgestellt, dass Hartz-IV ausreicht, um die grundlegenden Bedürfnisse abzudecken (Christoph: 2016, S. 348). Zur Analyse der Konsumausgaben nutzt Christoph Daten der Einkommens- und Ver-brauchsstichprobe (EVS) von 2008 und stellt auch hier eine Konzentration der Ausga-ben auf den Grundbedarf fest. Zusätzlich legt er dar, dass sich Hartz-IV-Empfänger bei den Ausgaben für soziokulturelle Teilhabe einschränken müssen (vgl. Christoph: 2016, S. 351).
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- Sven Oberhaus (Autor), 2021, Auswirkungen von Hartz IV auf die soziale Ungleichheit in Deutschland, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1146275
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