Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat in drei Jahrzehnten währender Forschungstätigkeit ein umfassendes Werk mit über 30 Büchern sowie über zweihundert Aufsätzen und Vorträgen vorgelegt, das besonders durch seine thematische Vielfalt auffällt:
Studien zur politischen und zur Sprachsoziologie, zur Ethnologie, Bildungssoziologie, über Heidegger, über Max Weber, über die Photographie, über Kunst und Kulturpolitik, etliche Aufsätze über Religions-, Rechts- und Kunstsoziologie, zur Soziologie der Bürokratie, der Geschlechter- und Generationsverhältnisse, des Sports, der Mode usw. Ein weiteres herausragendes Merkmal ist sein bis in die jüngste Gegenwart reichendes politisches Engagement für sozial benachteiligte Gesellschaftsgruppen.
Bourdieu wurde am 1. August 1930 in Denguin (Béarn) geboren. 1954 habilitierte er in Philosophie, nachdem er ein Philosophie-Studium an der Faculté des Lettres und der École Normale Supérieure in Paris absolviert hatte. Von 1955-57 arbeitete er dann als Philosophielehrer am Lycée (Gymnasium) de Moulins.
Erstmals von sich reden gemacht hatte Bourdieu Ende der 50er Jahre durch seine soziologischen Arbeiten zur algerischen Gesellschaft unter dem Einfluß der französischen Kolonialisierung. So entstanden in Algerien erste ethnologische Studien:
Untersucht wurden Verwandtschaftsverhältnisse, Zeiterfahrung, Rituale des Gabentauschs, das Gefühl für soziale Ehre und die symbolischen Machtverhältnisse in der algerischen Gesellschaft. Währenddessen war er von 1958-60 Assistent an der Faculté des Lettres in Algier (Algerien). Unter dem Eindruck des Algerienkrieges (1954 - 62) hatte sich Bourdieu von der Philosophie abgekehrt und der Soziologie zugewendet. Er begründete diesen Schritt mit einer massiven Kritik am Intellektualismus, der naiv, utopistisch und realitätsfern sei. Von der Soziologie hingegen versprach er sich wesentlich mehr Bezug zur Wirklichkeit.
Anfang der 60er Jahre dehnte Bourdieu diese "algerische" Analyse von Verwandtschafts- und Heiratsstrukturen auf die französische Gesellschaft aus.
Inhaltsverzeichnis
- Biographische Zeittafel
- Pierre Bourdieu — Kurz-Biographie, Werk und Theorie
- EXKURS: Primat der Forschungspraxis
- EXKURS: Selbstreflexivität der Soziologie
- EXKURS: Bourdieus Ziele
- Literaturliste
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Aufsatz bietet eine umfassende Einführung in das Leben und Werk des französischen Soziologen Pierre Bourdieu. Er beleuchtet Bourdieus vielseitige Forschungstätigkeit, die sich über drei Jahrzehnte erstreckt und ein breites Spektrum an Themen abdeckt, von der politischen und Sprachsoziologie bis hin zur Ethnologie, Bildungssoziologie und Kunstsoziologie. Der Aufsatz beleuchtet auch Bourdieus politisches Engagement für benachteiligte Gesellschaftsgruppen und seine Kritik an der modernen Gesellschaft.
- Bourdieus theoretische Konzepte wie Habitus, Feld, Kapital und Praxis
- Die Rolle des Bildungssystems in der Reproduktion gesellschaftlicher Klassenverhältnisse
- Die Selbstreflexivität der Soziologie und die symbolischen Machtwirkungen in der Wissenschaft
- Bourdieus Kritik an der modernen Gesellschaft und seine Forderung nach einer "Realpolitik der Vernunft"
- Das politische Engagement Bourdieus für benachteiligte Gesellschaftsgruppen und seine Kritik am "Wild gewordenen Kapitalismus"
Zusammenfassung der Kapitel
Die biographische Zeittafel bietet einen chronologischen Überblick über Bourdieus Leben und Werk. Sie umfasst wichtige Stationen seiner akademischen Laufbahn, seine wichtigsten Publikationen und sein politisches Engagement.
Das Kapitel "Pierre Bourdieu — Kurz-Biographie, Werk und Theorie" bietet eine umfassende Darstellung von Bourdieus Leben, Werk und theoretischen Konzepten. Es beleuchtet seine frühen ethnologischen Studien in Algerien, seine Forschung zur französischen Gesellschaft und sein Interesse an der Bildungssoziologie, Kunst und Kulturpolitik. Der Abschnitt "EXKURS: Primat der Forschungspraxis" erläutert Bourdieus konstruktivistischen Ansatz, der die Praxis der Forschung in den Vordergrund stellt und die Entwicklung seiner theoretischen Konzepte im Laufe seiner Arbeit betont. Im Abschnitt "EXKURS: Selbstreflexivität der Soziologie" wird Bourdieus Forderung nach einer selbstreflexiven Soziologie diskutiert, die sich selbst zum Gegenstand der Analyse macht. Der Abschnitt "EXKURS: Bourdieus Ziele" analysiert Bourdieus politisches Engagement und seine Kritik am modernen Kapitalismus. Er betont Bourdieus Ziel, die Vernunft zu verteidigen und die Ungleichheitsstrukturen der modernen Gesellschaft zu überwinden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Pierre Bourdieu, Soziologie, Habitus, Feld, Kapital, Praxis, Bildungssoziologie, Kultursoziologie, Selbstreflexivität, politisches Engagement, Kapitalismus, Vernunft, Intellektueller, Klassengesellschaft, Moderne Gesellschaft, Frankreich.
- Quote paper
- Kulturwissenschaftler M.A. Adrian Flasche (Author), 2000, Pierre Bourdieu. Eine Einführung in Person und Werk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11455
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