Der Sex in der römischen Antike hatte Regeln und Gesetze, welche einem heutzutage einerseits weltfremd und einerseits modern erscheinen können, wie das einleitende Zitat zeigt. Für den antiken römischen Mann gab es, was den Sex betraf, jedoch kaum Einschränkungen. Insbesondere in der Zeit vor dem Christentum und in der heutigen Zeit würde er wohl bereits als bisexuell gelten, denn auch homosexuelle Praktiken waren ihm in gewissen Weisen nicht untersagt. Überdies war es ihm gestattet, Sex mit seinen Konkubinen, Sklaven, sog. Lustknaben oder auch Prostituierten zu haben, ohne, dass es als Ehebruch galt.
All diese Fakten lassen mich vermuten, dass dies an den damalig herrschenden gesellschaftlichen Normen lag und aus diesem Grund möchte ich die These aufstellen, dass Sex für den freien römischen Mann ein Ausdruck seiner Virilität war und diese durch diverse Sexualpraktiken, welche im weiteren Verlauf dieser Arbeit näher betrachtet werden, gestärkt wurde. Denn trotz der Tatsache, dass sexuelles Begehren in der römischen Antike häufig als Zeichen von Schwäche und fehlender Kontrolle galt, lebte ein freigeborener römischer Mann sein Sexualleben in vollen Zügen aus und das, ohne von der Gesellschaft als schwach angesehen zu werden. Ganz im Gegenteil.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sexualpraktiken des Mannes
2.1 Die Geschlechterordnung der antiken Römer
2.2 Regeln der Virilität während des Aktes – Paedicare vel futuere
3. Belege der virilistisch geprägten Gesellschaft
4. Conclusio
5. Glossar
6. Literatur- und Quellverzeichnis
1. Einleitung
„Kein Mensch verwehrt dir, wenn´s an Geld dir nicht gebricht, Zu kaufen, was man offen zum Verkauf beut. Kein Mensch verbeut dir auf offner Straße dir das Geh´n; Nur durch verzäunte Gründe brich dir kein Weg. Enthältst du dich von Ehefrauen, ehrbaren Jungfrau‘n und Witwen, magst du lieben, was du willst.“1
Der Sex in der römischen Antike hatte Regeln und Gesetze, welche einem heutzutage einerseits weltfremd und einerseits modern erscheinen können, wie das einleitende Zitat zeigt. Für den antiken römischen Mann gab es, was den Sex betraf, jedoch kaum Einschränkungen. Insbesondere in der Zeit vor dem Christentum und in der heutigen Zeit würde er wohl bereits als bisexuell gelten, denn auch homosexuelle2 Praktiken waren ihm in gewissen Weisen nicht untersagt. Überdies war es ihm gestattet, Sex mit seinen Konkubinen, Sklaven, sog. Lustknaben oder auch Prostituierten zu haben, ohne, dass es als Ehebruch galt. All diese Fakten lassen mich vermuten, dass dies an den damalig herrschenden gesellschaftlichen Normen lag und aus diesem Grund möchte ich die These aufstellen, dass Sex für den freien römischen Mann ein Ausdruck seiner Virilität3 war und diese durch diverse Sexualpraktiken, welche im weiteren Verlauf dieser Arbeit näher betrachtet werden, gestärkt wurde. Denn trotz der Tatsache, dass sexuelles Begehren in der römischen Antike häufig als Zeichen von Schwäche und fehlender Kontrolle4 galt, lebte ein freigeborener römischer Mann sein Sexualleben in vollen Zügen aus und das, ohne von der Gesellschaft als schwach angesehen zu werden. Ganz im Gegenteil. Durch gewisse sexuelle Praktiken gewann er sogar an Männlichkeit und Ansehen, doch dazu später mehr.
In der Geschlechterforschung lassen sich seit einigen Jahren die antiken Geschlechterrollen als Forschungsgegenstand wiederfinden. Trotz alledem ist es kein Thema, mit dem sich Historiker*Innen z.B. noch vor 50 Jahren beschäftigt hätten. Mittlerweile findet man zu diesem aktuellen Thema einige historische Arbeiten und diverse Forschungsansätze im Bereich der antiken Geschlechterforschung, insbesondere zur Sexualität von Frauen und Männern oder zu den Geschlechterrollen und -bildern der antiken römischen Zivilisation. Dennoch konnte ich keine wissenschaftliche Arbeit finden, die sich mit dem Thema meiner Arbeit auseinandersetzt und das Sexualverhalten der Römer, mit dem Ausdruck von Männlichkeit in Verbindung bringt. Ich hoffe daher, dass ich mit meiner Arbeit eine kleine Vorarbeit leisten und diesen Sachverhalt weiter beleuchten kann.
Um meine These zu überprüfen, werde ich die charakteristischen Sexualpraktiken, die ein römischer Mann „für gewöhnlich“ ausübte, beschreiben und mit der dazugehörigen männlichen Verhaltensweise in Verbindung bringen. Ich werde zunächst den Begriff der Virilität näher beleuchten und die damalige zeitgemäße Geschlechterordnung veranschaulichen. Des Weiteren erörtere ich, in welchem Maße außerehelicher Sex mit Prostituierten und den Sklaven des domus oder der familia für den Mann erlaubt war. Ein wichtiger Punkt, auf den ich näher eingehen möchte, ist der Fakt, dass die se Sexualpartner durchaus auch männlich sein konnten, da dies in gewisser Weise ein weiterer Ausdruck von Virilität sein konnte. Zuletzt werde ich den Quellbestand in Bezug auf Kunst und Dichtung aus dieser Zeit heranziehen und einige Beispiele dafür liefern. Die gewählte Herangehensweise ist zielführend, um eine Brücke von den Sexualpraktiken der Männer und ihrer Verankerung in der Gesellschaftsordnung aufzuspannen, um diese anschließend mit der Bedeutung von Männlichkeit in Verbindung zu bringen.
Als Quellenlage nutze ich in dieser Arbeit mehrere Werke, denn insbesondere in den letzten 150 Jahren v.Chr. haben sich einige römische Dichter und Philosophen dem Thema gewidmet. So werden die Werke De rerum natura IV von Lucretius (1 v.Chr.), Curculio von Plautus (um 2 v.Chr.) und Gaius Sallustius De Coniuratio Catilinae (41 v.Chr.) Bestandteile dieser Arbeit sein, da diese innerhalb der zahlreichen Quellen die vertrauenswürdigsten sind und das Thema breit behandeln.
2. Sexualpraktiken des Mannes
2.1 Die Geschlechterordnung der antiken Römer
Während der Begriff „Virilismus“ im heutigen Verständnis die biologisch-medizinische Bedeutung der Vermännlichung5 eines Körpers darstellt, werde ich den Begriff anderweitig nutzen. Virilität ist hier als kulturell-gesellschaftlicher Ausdruck von Männlichkeit und Dominanz zu verstehen, welcher charakterisierend für den antiken freien römischen Mann verwendet wird. Also vielmehr eine Vermännlichung des Verhaltens und Ansehens, der „sozialgeschlechtlichen“ Männlichkeit, welche durch diverse sexuelle Praktiken im Ansehen der antiken Gesellschaft verstärkt wurde. Die Virilität des Mannes wird durch die aktive Unterdrückung und Benachteiligung der Frau, im Sinne des zeitgemäßen Rollenbildes symbolisiert, welche sich unter anderem personenrechtlich kennzeichnen lässt.6 „Die Annahme einer prinzipiellen, naturgegebenen Differenz der Geschlechter wurde im antiken Rom weder von Männern noch von Frauen je in Frage gestellt.“ 7 , was sich am deutlichsten an den Beispielen, Sexualität und gesellschaftliche Geschlechts- und Rollenbilder, zeigen lässt. In antiken Schriften von Tacitus oder auch Plinius existiert ein wiederkehrender Idealtypus des gesellschaftlich dominierenden Mannes, welcher oft Ehemännern, Gatten und Familienoberhäuptern ( pater familias ) zugeschrieben wird.8 Was direkt auffällt ist, dass es sich hierbei um Männer im geschlechtsreifen Alter handelt. Zudem inkludiert es, dass diese Personengruppen gewisse Verhaltensmuster und Aufgabenbereiche, wie die Kontrolle, Führung, Erhaltung des domus und die spürbare Präsenz in der eigenen politisch-gesellschaftlichen Stellung aufweisen.9 Somit erfasst man den Bedeutungsinhalt dieses Idealtypus von Männlichkeit, präsentierend, dass der Mann die aktive dominierende Stellung einnimmt und sich keiner personifizierten Macht zu unterstellen hatte.10 Um es deutlicher zu sagen, Regeln, geschaffen für Männer, von Männern, um Männlichkeit auszudrücken. Den Frauen der Antike wurde jegliche Entscheidungsgewalt und Eigenständigkeit mit der Begründung abgesprochen, sie seien unfähig, ihre Triebe zu steuern und somit nicht fähig, wenn es darauf ankam realistische Entscheidungen zu treffen. Ihre Aufgabe bestand lediglich daraus, legitime Nachkommen zur Welt zu bringen und aufzuziehen, sich um den Gatten zu kümmern und dem Familiennamen einen guten Ruf zu bescheren. Geschlechtsverkehr sollte die Frau am besten ausschließlich aus diesem Grund haben und überdies nur mit ihrem Gatten. War sie untreu fiel sie in Ungnade. Ausschließlich verantwortlich hierfür war das „typische“ Wesen der Frau.11 Um es an dieser Stelle noch einmal zu verdeutlichen, Regel für Frauen wurden von Männern geschaffen, um die eigene Männlichkeit zu schützen. Hierbei wird für mich besonders deutlich, dass die Frau nicht nur eine deutlich abgewertete Stellung hatte. Sie wurde von den Männern unterdrückt, die ihr ihr Leben vorschrieben. Besonders im sexuellen Bereich hatte sie weit weniger Rechte als der Mann und ihr Sexualverhalten kam gesellschaftlich betrachtet eine andere Bedeutung zu.
2.2 Regeln der Virilität während des Aktes – Paedicare vel futuere
„inpudicitia in ingenuo crimen est, in servo necessitas, in liberto officium („die passive sexuelle Position einzunehmen ist für einen Freigeborenen Mann ein Verbrechen, für einen Sklaven eine Notwendigkeit, für einen Freigelassenen eine Verpflichtung“)“.1213
Um zu verstehen, wie ich auf meinen in der These aufgeführten Gedanken komme, möchte ich darstellen, unter welchen Bedingungen ein freier römischer Mann Sex haben durfte, ohne dass ihm seine Männlichkeit abgesprochen wurde. Diese bewahrte er nur, indem er während des Aktes die aktive männliche Rolle einnahm, dabei konnte es sich sowohl um heterosexuelle als auch homosexuelle Handlungen handeln, denn der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern war in der römischen Antike nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches. Seine aktive sexuelle Haltung während des Verkehres bewahrte seinen Status als freigeborener römischer Mann. Er war der höhergestellte in der römischen Gesellschaft, wertiger als Sklaven oder Freigelassene und diese gesellschaftliche Position sollte er nicht nur ausdrücken und leben, sondern ebenfalls schützen.14 Deswegen soll ein freigeborener Römer nur sexuelle Handlungen nach den Regeln futuere und paedicare praktizieren. Futuere beschreibt die aktive Handlung des Vaginalverkehrs. Hier befindet sich der Mann in der penetrierenden Position und behält diese während des Verkehrs bei. Bei der Wahl seines weiblichen Sexualpartners galt es für ihn nicht allzu viel zu beachten. Innerhalb des eigenen domus durfte dies die Ehefrau sein, jedoch erst nach der Eheschließung und zum Zweck der Zeugung von legitimen Nachkommen. Auch innerhalb der familia durfte er sexuelle Beziehungen mit den ancillae , also den Dienerinnen und Sklavinnen führen. Außerhalb dieses familiären Gerüsts durfte er sich lediglich mit käuflich erworbenen Huren vergnügen, sie waren ja schließlich dazu da, den Männern Lust und Freude zu bereiten.15 Hier wird die sexuelle Diffamierung der Frau erneut nur zu deutlich, ebenso wie die Tatsache, dass der Mann dadurch seine Männlichkeit deutlich machte und sie durch das aktive Verhalten während des Geschlechtsverkehrs stärkte. Die sexuellen Ausschweifungen der römischen Gesellschaft waren wohl etwas ganz Übliches, so liest man in Sallusts Werk „Die katilinarischen Verschwörung“ „Aber es war ein ebenso großes Verlangen nach Ehebruch, nach Schlemmerei und sonstiger verfeinerter Lebensart aufgekommen: Männer ließen sich wie Frauen gebrauchen, die Frauen boten sich öffentlich an; (…)“ .16
Ein freier römischer Mann ließ sich jedoch nicht wie eine Frau gebrauchen, trotz der Tatsache, dass er homosexuellen Praktiken nachging. Diese Praktiken verstand man unter dem Begriff paedicare , was genauer die Tätigkeit des Analverkehres beschreibt. Doch auch hier hatte der freie Römer die aktive Rolle einzunehmen. Im Normalfall fand diese Art von Geschlechtsverkehr zwischen dem freien Römer und einem sog. puer , einem Knaben-Sklaven der familia , statt. Ebenso war der Analverkehr mit der eigenen Ehefrau gestattet, doch häufiger waren es die noch sehr jungen Knaben, die von ihren Herren zum Verkehr gezwungen wurden. Diese Knaben mussten ein Idealbild erfüllen. Sie hatten lockiges Haar, eine weibliche Gestalt und ein helles, rosiges Gesicht ohne Bart. Entsprach der puer irgendwann nicht mehr diesem Typus, sollte ein anständiger freier römischer Mann auch keinen Geschlechtsverkehr mehr mit ihm haben, denn das würde wiederum seine Männlichkeit infrage stellen.17 Diese Beschreibung deutet darauf hin, dass sie die Knaben verweiblichten, ihrer Männlichkeit beraubten und sie sich dadurch stärker in ihre übergeordnete Rolle als „männlicherer“ Mann positionieren konnten. Ein weiterer erwähnenswerter gesellschaftlicher Aspekt wäre zudem, dass der Mann, der mit einem puer seiner familia Sex hatte, weitaus besseres Ansehen genoss als ein Mann, der sich in einem Bordell vergnügte. Ein Sklave war in der Antike ein „Luxusgut“, das sich vor allem nur Angehörige der Oberschicht leisten konnten. Eine Prostituierte in einem Bordell aufzusuchen war hingegen etwas, dass sich so gut wie jedermann leisten konnte.18
[...]
1 Plautus: Curculio. (Parasit Kornwurm), übers. und erl. Von J. J. C. Donner. Leipzig u.a. 1865, S. 56. (Künftig zitiert: Plaut. Curc.).
2 „ Das sexuelle Verhalten eines Menschen wurde in der Antike aber weniger durch seine individuellen Neigungen als durch seine soziale Stellung als Freier und Unfreier, als junger oder alter Mensch, als Mann oder Frau determiniert. Der Antike war die Vorstellung weitgehend fremd, dass Sexualität sich auf ein einziges Geschlecht bezieht.“ Hartmann, Elke: Homosexualität. In: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 5. 1998, S. 703–707.
3 Von lat.: Vir – Mann.
4 Das geschlechtliche Begehren galt „als gemeine und zugleich stärkste Begierde“ und dessen Ausprägung verdeutlichte den Charakter der Person. Häufig war dies den Frauen angelastet worden, man sagte demnach, „es überwältigte die schwächeren Naturen, denen Mäßigung und Selbstbeherrschung fehlten“. Vgl.: Meyer-Zwiffelhoffer, Eckhard: Im Zeichen des Phallus. Die Ordnung des Geschlechtslebens im antiken Rom . Frankfurt/Main u.a. 1995, S.66. (Künftig zitiert: Meyer-Zwiffelhoffer: Im Zeichen des Phallus .).
5 https://www.duden.de/rechtschreibung/Virilismus, stand: 20.09.2021.
6 Winterling, Aloys: Die antiken Menschen in ihren Nahbeziehungen. Rom. In: Oldenbourg Geschichte Lehrbuch. Antike. Hrsg. Eckhard Wirbelauer. 3. Auflage. München 2010, S. 166.
7 Ebd. S. 167.
8 Späth, Thomas: Geschlecht und Geschlechterdiskurs. In: Oldenbourg Geschichte Lehrbuch. Antike. Hrsg. Eckhard Wirbelauer. 3. Auflage. München 2010, S. 383.
9 Ebd. S. 384.
10 Ebd. S. 385.
11 Späth, Thomas: Geschlecht und Geschlechterdiskurs. In: Oldenbourg Geschichte Lehrbuch. Antike. Hrsg. Eckhard Wirbelauer. 3. Auflage. München 2010, S. 385-387.
12 „Beschreibt aktive, penetrierende, männliche sexuelle Handlungen“. Vgl.: Meyer-Zwiffelhoffer: Im Zeichen des Phallus. S.72.
13 Ebd. S.69. (Erwähnte Sentenz v. Quintus Haterius).
14 Ebd. S.70.
15 Meyer-Zwiffelhoffer: Im Zeichen des Phallus. S.73, 75.
16 Gaius Sallustius: De Coniuratio Catilinae 13, 3, übers.: https://www.lateinheft.de/sallust-bellum-catilinae-kapitel-13-ubersetzung/ , stand: 22.0.2021.
17 Meyer-Zwiffelhoffer: Im Zeichen des Phallus. S.80-83.
18 Weber, Karl-Willhelm: Luxus im alten Rom. Die Schwelgerei, das süße Gift. 3. erw. und überarb. Auflage. Darmstadt 2015, S. 111.
- Citar trabajo
- Ann-Christin Galinski (Autor), 2021, Geschlechterrollen und Sexualität in der römischen Antike, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1145451
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