Die Arbeit ist eine systematische Übersichtsarbeit zur Untersuchung der aktuellen Lage psychisch erkrankter Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt. Ziel der Arbeit ist es, unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands zu untersuchen, welche Rolle die Art einer psychischen Erkrankung bei der beruflichen Rehabilitation spielt.
Die Art der Erkrankung spielt für den weiteren Verlauf der Rehabilitation eine große Rolle, ist aber kein Indikator für die erfolgreiche Wiedereingliederung am allgemeinen Arbeitsmarkt. Demografische Daten, Rehabilitationsmethodik und die persönliche Vita des Klienten sind hier wichtige Bezugspunkte.
Das in Deutschland vorherrschende Pre Vocational Training und die international evaluierte Supported Employment Methode zur beruflichen Rehabilitation werden genauer untersucht. In Deutschland herrscht ein erheblicher Forschungsbedarf im Bereich der beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen unter der Berücksichtigung sozialrechtlicher Gegebenheiten, die sich durch das Bundesteilhabegesetz verändern.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Danksagung
Zusammenfassung
Einleitung
2. Stand der Forschung und Theoretischer Hintergrund
2.1 Menschen mit psychischen Störungen in Deutschland
2.1.2 Berufliche Rehabilitation für Menschen mit psychischen Störungen
2.1.3 Ein Überblick der Rehabilitationsangebote
2.1.4 Das Pre-Vocational Training
2.1.5 Die Supported Employment Methode
2.2 Einflusskriterien der Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt
3. Fragestellung
4. Methodenteil
4.1 Ein- und Ausschlusskriterien der Studienwahl
4.2 Kriterien der Studienbewertung
4.3 Die Studiensuche
4.4 Die ausgewählten Studien
4.4.1 Die Stichprobenrekrutierung
4.4.2 Die Erhebung weiterer Einflussfaktoren
5. Die Ergebnisse
5.1 Die Ergebnisse der Einflussfaktoren
5.2 Ergebnisse nach Schwere und Diagnose der Erkrankung
6. Diskussion
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Tabelle 2
Danksagung
Meinen Dank möchte ich Prof. Dr. Dr. Ketteler aussprechen, der sich die Zeit für alle Fragen genommen hat und dessen lebhafte und praxisnahe Vorlesungen, mein Interesse für die geistige Gesundheit des Menschen weckte.
Des Weiteren gilt mein Dank Dr. Skudlarek, der sich meiner Arbeit annahm.
Vor allem danke ich meiner Lebensgefährtin Andrea, die eine wunderbare Partnerin und Mutter ist und mich während des Studiums immer unterstützte sowie meinen beiden Söhnen Elias und Lewin auf die ich sehr stolz bin. Wenn ihr wollt könnt ihr alles im Leben erreichen!
Ich danke meinem Vater, der ein toller Großvater ist und mich sehr während des Schreibprozesses unterstützte.
Ich widme diese Arbeit meiner, im November 2019 verstorbenen, Mutter, die immer an mich glaubte und nie daran zweifelte, dass ich meinen Weg im Leben gehen werde. Sie soll in Frieden ruhen.
„Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch“
-Erich Kästner
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit ist, eine systematische Übersichtsarbeit, zur Untersuchung der aktuellen Lage psychisch erkrankter Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt. Ziel der Arbeit ist es, unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands, zu untersuchen welche Rolle die Art einer psychischen Erkrankung bei der beruflichen Rehabilitation spielt.
Die Art der Erkrankung spielt für den weiteren Verlauf der Rehabilitation eine große Rolle, ist aber kein Indikator für die erfolgreiche Wiedereingliederung am allgemeinen Arbeitsmarkt. Demografische Daten, Rehabilitationsmethodik und die persönliche Vita des Klienten sind hier wichtige Bezugspunkte.
Das in Deutschland vorherrschende Pre Vocational Training und die international evaluierte Supported Employment Methode zur beruflichen Rehabilitation werden genauer untersucht.
In Deutschland herrscht ein erheblicher Forschungsbedarf im beruflichen Rehabilitation psychisch Kranker Menschen, Berücksichtigung sozialrechtlicher Gegebenheiten, die sich Bundesteilhabegesetz verändern.
The present paper is a systematic review fort the investigation oft the current situation of people with mental illnes on the labour market. The aim of this work is to investigate how important the nature oft the mental illnes is for vocational rehabilitation in consideration oft the current state of research.
The type of illness is important for the further course of rehabilitation but it s no indicator the succes of it. Demografic data, type of rehabilitation measure or the invidual resumé are important reference points. The in germany predominant Pre vocational training and the international explored supported employment method for vocational rehabilitation are the methods which are examie more closely.
In germany is a great need of research in the field of vocational rehabilitation of people with mental illness in consideration of social security laws which are changing by the federal act of participation.
Einleitung
Arbeit ist ein wichtiger Faktor bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen und ca. 43 % aller Frühberentungen lassen sich auf psychische Erkrankungen zurückführen (Gühne, Stein, Schwarzbach, Riedel-Heller, 2017). Zudem konnte nachgewiesen werden, dass Arbeitslosigkeit als psychische Belastung empfunden wird (Kawohl, Lauber 2013) und dass die Betroffenen eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt (AM) als gesundheitsfördernd wahrnehmen (Brieger 2012). Weltweit steht jeder fünfte Suizid direkt oder indirekt im Zusammenhang zu Arbeitslosigkeit (Nordt, Warnke, Seifritz, Kawohl 2015). In einer Korrespondenz von 2020 wird diese Studie noch einmal aufgegriffen und ein Zusammenhang zwischen der aktuellen Covid-19 Pandemie und damit einhergehenden steigenden Arbeitslosenzahlen und Suiziden hergestellt (Kawohl, Nordt 2020).
Arbeit ist außerdem ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation der Betroffenen. Art und Schwere der Erkrankung sowie die Dauer der Abstinenz vom Arbeitsmarkt, beeinflussten den Wunsch nach Wiedereingliederung der Patienten in Arbeit (Gühne et. al 2017).
Arbeit kann eine wertvolle Ressource in der Rehabilitation sein, sich aber auch negativ auf das mentale Wohlbefinden der Klienten auswirken. Eine Arbeitsplatzanalyse und Arbeitsanamnese können hier wichtige Erkenntnisse aus diagnostischer Sicht liefern (Bode, Maurer und Kröger 2017). Die Abgrenzung von medizinischer, sozialer und beruflicher Rehabilitation im Zusammenhang mit den Sozialrechtlichen Gegebenheiten wird kritisiert (Stengler, Kauffeldt, Theißing, Bräuning-Edelmann, Becker 2015).
Die vorliegende Arbeit hat die Zielsetzung, die Situation psychisch erkrankter Menschen auf dem allgemeinen AM mit dem aktuellen Forschungsstand zu beschreiben. Dabei sollen das Pre Vocational Training (PVT) und die Supported Employment (SE) Methode näher dargestellt werden und eine kritische Auseinandersetzung mit beiden Konzepten erfolgen, welche zur Herausarbeitung der Fragestellung führt: „Welche Rolle spielt die Art der psychischen Erkrankung für die Wiedereingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt?“
2. Stand der Forschung und Theoretischer Hintergrund
Das folgende Kapitel verschafft dem Leser eine Übersicht über das Thema, macht dessen Relevanz deutlich und schafft Klarheit über den Zusammenhang von einer psychischen Störung und einer Behinderung im rechtlichen Sinne.
Des Weiteren wird darauf eingegangen, welche Möglichkeiten im Rahmen der beruflichen Rehabilitation für Betroffene bestehen und welche Kriterien den Verlauf einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme beeinflussen können.
Der Leser erfährt was das PVT als auch die SE Methode ist und wie diese Ansätze bei der beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Störungen eingeordnet werden müssen. Zudem erhält der Leser einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand.
2.1 Menschen mit psychischen Störungen in Deutschland
Das ICD-10 (International Classification of diseases) ist ein international anerkannter Diagnoseschlüssel der WHO (World Health Organization) welcher zum Klassifizieren psychischer Krankheiten dient.
Jährlich leiden ca. 27,8 % aller Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren an einer psychischen Störung, die nach ICD-10 klassifiziert werden kann. Dies entspricht ca. 17,8 Millionen Menschen im Jahr, wobei Angststörungen, affektive Störungen und Störungen durch Substanzenmissbrauch am häufigsten auftreten. (Jacobi et al., 2015). Diese drei Gruppen sollen in der späteren Studienauswertung, auf Grund ihrer gesellschaftlichen Relevanz, besondere Beachtung finden.
1Die Hälfte aller Menschen, die unter einer chronischen psychischen Störung leiden sind nicht erwerbsfähig, obwohl sie sich im erwerbsfähigen Alter befinden (Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS 2016]).
Des Weiteren sind 20 % in einer Werkstatt für Behinderte tätig und 15 % nehmen Hilfsangebote wie Tagestätten in Anspruch. Der Übergang von einer WfBM zum AM beinhaltet hier einige Barrieren und begleitende Maßnahmen für Beschäftigte sind ungenügend vorhanden (BMAS, 2020).
Diese Zahlen belegen die Relevanz des mit Stigmata behafteten Themas. Die Betroffenen sind schwer belastet und eine gleichwertige Teilhabe am Arbeitsleben gestaltet sich schwierig. Das Rehabilitationssystem in Deutschland sowie deren Erfolge müssen hinterfragt werden.
2.1.2 Berufliche Rehabilitation für Menschen mit psychischen Störungen
Pauls beschrieb die Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen als zentralen Aspekt klinischer Sozialarbeit und als Zielsetzung, Arbeitsform und Institution (Pauls 2013).
Rechtlich ist die Rehabilitation geistig, seelisch oder körperlich beeinträchtigter Menschen im SGB IX §4 als Leistung zur Teilhabe und im SGB I § 10 als Teilhabe behinderter Menschen geregelt. Es genügt von einer Behinderung bedroht zu sein, um diese Leistungen wahrnehmen zu können.
Nach SGB IX §2 werden Menschen mit geistiger, seelischer oder körperlicher Beeinträchtigung als behindert definiert, wenn sie voraussichtlich länger als sechs Monate nicht barrierefrei am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und ihr körperlicher oder gesundheitlicher Zustand dementsprechend von der Norm abweicht. Ziel ist es Symptome zu lindern, eine Behinderung zu verhindern oder den Verlauf allgemein positiv zu beeinflussen.
Allgemeine Voraussetzungen zur Rehabilitation sind Rehabilitationsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit, eine positive Rehabilitationsprognose als auch Rehabilitations- Motivation (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation [BAR] 2020).
Im Zuge der 2008 verabschiedeten UN-Behindertenrechtskonvention soll das Bundesteilhabegesetz (BTHG) von 2016 die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung fördern und verbessern. Bis zum Jahr 2023 sind vier Reformen geplant, von denen aktuell drei umgesetzt wurden (BMAS 2020).
Das BTHG strukturiert zudem die Eingliederungshilfe um, welche seit dem Jahr 01.01.2020 Teil des SGB IX anstatt des Sozialrechts ist und damit die Fachleistungen von den existenzsichernden Leistungen trennt.
Betroffene haben einen Anspruch auf medizinische Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Teilhabe an Bildung und Leistungen zur sozialen Teilhabe(BMAS, 2020).
Zuständige Träger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für diese Zielgruppe ist die gesetzliche Krankenkasse, die Bundesagentur für Arbeit, Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der Kriegsopferfürsorge, der öffentlichen Jugend- sowie der Eingliederungshilfe. (SGB IX §6).
Demnach können berufliche Rehabilitationsangebote institutionell, betrieblich, überbetrieblich oder in einem schulischen Kontext wahrgenommen werden (Arling, Spijkers 2019).
Die Rehabilitationsdiagnostik kann stationär, ambulant, teilstationär oder in einer Tagesklinik erfolgen (Reker, 2004).
Die verschiedenen Ansätze zur Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen werden in den folgenden Kapiteln erörtert. Es bleibt anzumerken, dass Deutschland kaum aussagekräftige und unabhängige Studien zur beruflichen Rehabilitation nachweisen kann(Gruber, Rauch undReims 2016).
Der allgemeine Arbeitsmarkt bezeichnet ein Arbeitsverhältnis, welches keinen Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik ist. Unter dem zweiten Arbeitsmarkt werden Arbeitsverhältnisse bezeichnet, die nur mit öffentlichen Fördermitteln bestehen können(Bundeszentrale für politische Bildung [bpb]).
2.1.3 Ein Überblick der Rehabilitationsangebote
Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke (RPK) bieten medizinische Rehabilitation und berufliche Teilhabe am Arbeitsleben in einem Setting an und arbeiten teilweise mit Elementen des SE. Die Zielgruppen sind Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen.
Bei der medizinisch-beruflichen orientierten Rehabilitation sind die Leistungen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation angesiedelt, haben einen starken Fokus auf die berufliche Orientierung und richten sich an Menschen mit besonderen beruflichen Problemlagen. Diese sind i.d.R. schwer in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, da sie lange Zeit nicht erwerbstätig waren.
Berufsausbildungswerke sollen es Menschen ermöglichen eine staatlich anerkannte Ausbildung zu erlangen, die eine individuelle Organisation und Anpassung von Rahmenbedingungen entsprechend ihrer Beeinträchtigung benötigen.
Das Angebot richtet sich an junge Adoleszente mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung.
Berufsförderungswerke bieten Fort- und Weiterbildungen als auch Umschulungen an, in überregionalen und überbetrieblichen Rehabilitationseinrichtungen. Die Einrichtungen bieten medizinische-, psychologische-, und soziale Dienste an. Das Angebot richtet sich an Auszubildene und Erwachsenen mit Einschränkungen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht mehr an ihrem alten Arbeitsplatz tätig sein können.
In Berufstrainingszentren (BTZ) sollen die Kompetenzen der Teilnehmer abgeklärt werden und ggf. vorhandene berufliche Kompetenzen erneuert werden. Das wird im Rahmen von Realitätsnahen Arbeitserfahrungen, zum Beispiel durch betriebliche Praktika, umgesetzt. Die Leistungen richten sich vorwiegend an Erwachsene Menschen mit einer psychischen Störung, die i.d.R. eine Berufsausbildung oder Berufserfahrung nachweisen können.
Die Integrationsfachdienste beraten und geben Hilfestellung für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Sie sind Anlaufpunkt für Menschen mit schweren Beeinträchtigungen und besonderem Bedarf, für Schulabgänger mit schweren Behinderungen sowie für Beschäftigte in Werkstätten für Behinderte Menschen (WfBM). Sie sollen einen möglichen Übergang in den allgemeinen AM mitgestalten.
WfBM bieten Teilhabe am Arbeitsleben und sollen die Erwerbsfähigkeit erhalten oder erweitern und bieten ein Arbeitsentgelt entsprechend ihrer Leistungen. Die Werkstätten sind für schwer beeinträchtigte Menschen gedacht, die aktuell nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind.
Inklusionsbetriebe sind unabhängige Unternehmen in denen min. 30% jedoch max. 50% der Belegschaft von einer schweren Behinderung betroffen sind. Das Arbeitsumfeld sowie die Bedingungen sind den individuellen Bedürfnissen der Teilnehmer angepasst.
Zuverdienst- und Beschäftigungsangebote sind besonders niedrigschwellig und richten sich an Menschen, die langfristig erwerbsgemindert sind, oft aufgrund einer psychischen Erkrankung oder sonstigen Beeinträchtigung. Die Bedingungen wie eine Arbeitszeit unter drei Stunden, keine Sanktionen aufgrund von anhaltenden Krankheitsbedingten Ausfällen oder Leistungsschwankungen, bieten den Teilnehmern ein möglichst druckfreies Arbeitsumfeld. (Gühne et al., 2019).
Des Weiteren wird im Zusammenhang mit den oben genannten Angeboten auch von Ergotherapie, Beschäftigungstherapie, Kunsttherapie, Arbeitstherapie sowie Arbeitserprobung gesprochen (Pauls, 2013).
2.1.4 Das Pre-Vocational Training
Durch Behinderungen wie eine psychische Erkrankung, können Fähigkeiten wie Konzentration, Ausdauer und das Steuern von Denkvorgängen eingeschränkt sein (Pauls 2013).
Aufgabe der beruflichen Rehabilitation ist es einzuschätzen welche Ressourcen vorhanden sind, welche teilweise oder ganz wiederherstellbar sind.
Zum Fundament einer beruflichen Rehabilitation zählen der Aufbau von grundlegenden Fähigkeiten, das Trainieren von arbeitsspezifischen Fähigkeiten sowie das stufenweise Heranführen an realitätsnahe Arbeitsbedingungen (Pauls, 2013). Dieses Konzept der Rehabilitation wird als PreTraining (PVT) bezeichnet und ist in Deutschland das etablierte Modell zur beruflichen Rehabilitation. Es wird bei dieser Methode auch von „first train, then place“ gesprochen. Es sollen erst Fähigkeiten erlernt und trainiert werden und dann eine Platzierung am AM erfolgen (Brieger 2012)
Das Rehabilitationssystem in Deutschland ist weitgehend auf dem „first train, then place Prinizp“ aufgebaut und sehr komplex. Vorberufliche Trainingsmaßnahmen werden zum großen Teil in RPK oder BTZ angeboten (Stengler, Becker, Riedel - Heller, 2014).
Watzke (2009) konnte die Wirksamkeit von PVT in einer kontrollierten, nicht randomisierten Studie nachweisen, welche in Halle/Saale stattfand. Primär wurde gemessen anhand des Beschäftigungsstatus der Teilnehmer nach 9 Monaten. Hier konnten 18,9 % der Rehabilitationsgruppe und 16 % der Kontrollgruppe eine reguläre Arbeit oder einen Ausbildungsplatz nachweisen. Teilweise konnte die Rehabilitationsgruppe signifikant bessere Werte erreichen als die Kontrollgruppe. 20,8 % der Probanden innerhalb der Rehabilitationsgruppe fanden eine Anstellung im zweiten Arbeitsmarkt, innerhalb der Kontrollgruppe gelangen dies nur 2,7 %. Des Weiteren waren 57,5 % der Probanden der Rehabilitationsgruppe arbeitslos, während es in der Kontrollgruppe 73,3 % waren.
Sekundäre Ergebnisse wie das subjektive Wohlbefinden, eine Veränderung der Symptome oder der Grad der Funktionalität waren andere Parameter. Der Grad der Funktionalität war eine eigens erstellte Skala mit vier Items, in der die Rehabilitationsgruppe besser abschnitt. Ebenso was das subjektive Wohlbefinden anbelangt. Lediglich was die Veränderung der Symptomatik betraf, gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Rehabilitations- und Kontrollgruppe (Watzke, Galvao, Brieger 2009).
2.1.5 Die Supported Employment Methode
SE zielt darauf ab Menschen mit Hilfe eines Jobcoaches direkt und ohne längere Vorbereitung auf dem allgemeinen AM zu positionieren und ihn im Anschluss zeitlich unbegrenzt zu trainieren und zu unterstützen. Dieser Ansatz verfolgt das „first place then train Prinizip“ (Stengler et al.,2014).
Ziele, Leistungen und Vorrausetzungen sowie Rahmenbedingungen für Klienten und Leistungsträger für SE sind im SGB IX § 55 Unterstützende Beschäftigung zu finden. Teile des SE werden in Deutschland z.B. in Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke, in Berufstrainingszentren sowie in Integrationsmaßnahmen bereits angeboten (Krasselt, Stengler, Steinberg 2020).
Wie im vorherigen Punkt erwähnt, verfolgt die SE Methode die Idee, betroffene Menschen ohne längere Vorbereitungszeit am AM zu platzieren und zeitgleich zu unterstützen. Invidual Placement and Support (IPS) ist ein spezifischer Ansatz der SE Methode und gilt als der am besten empirisch erforschte Ansatz der unterstützenden Arbeit ( Viering, 2015a).
SE stammt aus den USA, Becker und Drake (1994) entwickelten den IPS Ansatz desSE welcher Acht Grundsätze enthält.
Diese wurden später zu sechs Kriterien zusammengefasst: es gilt die Klienten erst am AM zu platzieren und dann Fähigkeiten zu trainieren. Der Betroffene soll mindestens 50 % der regulären Arbeitszeit unter identischen Bedingungen wie die restliche Belegschaft arbeiten. Die Arbeit wird mind. nach dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt, die Beschäftigung findet am ersten AM statt und der Großteil der Belegschaft hat keine Beeinträchtigung, während das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet ist und das Job Coaching langfristig erfolgen muss (Bond, Becker, Drake 1997). Dieses Modell zur Selbstkontrolle und Wirksamkeit der IPS Methode ist unter dem Namen IPS-Fidelity Scale bekannt.
Das Modell wurde evaluiert und hat direkten Einfluss auf Ergebnisse zur Wiedereingliederung durch SE und wurde mittlerweile auf insgesamt 25 Items erweitert (Bond, Peterson, Becker, Drake 2012).
Die Wirksamkeit von SE konnte in mehreren Studien (Burns et al., 2007, Bond et al., 2015) und Metaanalysen (Metcalfe et al., 2018) nachgewiesen werden. Vor allem Burns (2007) belegt eine Überlegenheit zum PVT in einer europäischen randomisierten Studie mit deutscher Beteiligung in insgesamt sechs Städten. Zwischen der Interventionsgruppe (SE) und der Kontrollgruppe (PVT) konnten signifikante Unterschiede festgestellt werden. Im Vergleich zur Interventionsgruppe brachen in der Kontrollgruppe dreimal so viele Probanden die Studie ab. Des Weiteren mussten sich mehr Teilnehmer des PVT während der Studie in Klinikaufenthalt begeben als die Teilnehmer des SE. Mehr als die Hälfte der Probanden der Interventionsgruppe war mindestens einen Tag in Arbeit während der Studie, aber auch die Gesamtanzahl an geleisteten Arbeitsstunden betrug mehr als das Dreifache der Kontrollgruppe (Burns et al.,2007).
In einer Untersuchung sollte die Nachhaltigkeit von SE und der Erfolg der EQOLISE Studie anhand des Einkommensverlaufes, der Arbeitssituation und der Klinikaufenthalte der Zürcher Stichprobe geprüft werden. Diese Untersuchung steht nicht stellvertretend für die restlichen fünf Städte, in denen die EQOLISE Studie durchgeführt wurde.
Die Untersuchung ergab, dass ein dauerhaftes Job Coaching zum nachhaltigen Erfolg von SE beiträgt. Ein begleitendes Unterstützungsangebot über die Stellenvermittlung hinaus, könnte SE auch auf lange Sicht erfolgreich machen (Jäger et al., 2013).
Viering (2015a) machte mehrere Kriterien für den Erfolg von SE aus. Signifikant hierfür sind das Einhalten der IPS Grundsätze, die Motivation und eine positive Erwartungshaltung des Klienten sowie wie die gemachten Arbeitserfahrungen und das Engagement des Job Coaches (Viering 2015a).
Nischk argumentiert, dass SE bei Klienten, die unter schizophrenen Psychosen leiden, wirksamer sei als das PVT bei Klienten mit weniger einschränkenden psychischen Belastungen (Nischk, Temme, Rusch, 2020).
2.2 Einflusskriterien der Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt
Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die eine erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung am allgemeinen AM beeinflussen.
In einer Übersichtsarbeit, in der 62 Studien deskriptiv analysiert und 21 metaanalytisch betrachtet wurden, konnten ähnliche Ergebnisse festgestellt werden. Tsang (2010) konnte belegen, dass die kognitiven Fähigkeiten, Bildung, Negativsymptome, soziale Unterstützung und Fähigkeiten, eine positive Arbeitsanamnese sowie eine multiprofessionelle und effiziente Rehabilitation einen positiven Einfluss auf die berufliche Wiedereingliederung haben (Tsang, Leung, Chung, Bell, Cheung 2010).
Stegman und Schröder (2018) bezeichnete „Return to Work“ als multidimensionalen Prozess, in dem Wechselwirkungen zwischen Klienten, Professionellen des Versorgungssystems, des Arbeitgebers und des Sozialversicherungsträgers eine große Rolle spielen.
Einen interessanten Ansatz verfolgen Böhm und Stiglbauer (2019), die in einer qualitativen nicht repräsentativen Studie anmerken, dass neben der Entwicklung sozialer Kompetenzen, die Verbesserung von Stressresistenz und Medienkompetenz eine wichtige Rolle spielen. Dies im Kontext zu einem sich verändernden AM und den entsprechenden Anforderungen an Arbeitnehmer (Böhm, Siglbauer 2019).
Gühne (2017) merkte an, dass Rehabilitationsleistungen nicht separat betrachtet werden dürfen, sondern ineinandergreifende Mechanismen zur beruflichen Rehabilitation darstellen.
Des Weiteren machte sie darauf aufmerksam, dass präventive Maßnahmen ergriffen werden müssen, um erneuten Krisen vorzubeugen oder professionell zu begleiten, um die damit verbundenen Rehabilitationsabbrüche möglichst zu vermeiden (Gühne et al., 2017).
Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, welchen Einfluss die Art der psychischen Störung auf eine Wiedereingliederung am allgemeinen AM hat, wobei die Art der Erkrankung in dieser Arbeit zweifach untersucht wird. Zum einen ist der Schweregrad der Erkrankung gemeint, die Schwere definiert nach Gühne (2019). Dazu zählen demnach:
„Schizophrenie und andere schwere psychische Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis (ICD-10: F20 - F22, F25), schwere affektive Störungen: Manie (ICD-10: F30), bipolar-affektive Störung (ICD-10: F31), schwere und rezidivierend-depressive Erkrankungen (ICD-10: F32.2-F 32.3 und F33), schwere Persönlichkeitsstörungen (ICD-10: F60-F61), schwere Angststörungen (ICD-10: F41) und schwere Zwangsstörungen (ICD-10: F42)“ (Gühne 2019 S.8).
Diagnosen außerhalb dieses Spektrums werden als leichte bis mittlere bzw. moderate Erkrankungen bezeichnet.
Zum anderen geht es um die Diagnose, die zugeteilt wurde. Speziell Angststörungen, Affektive Störungen und Störungen durch Substanzenmissbrauch stehen im Fokus. Dies sind die drei häufigsten Diagnosegruppen unter den psychischen Erkrankungen in der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland (siehe Kap 2.1).
3. Fragestellung
Der theoretische Hintergrund dieser Arbeit (siehe Kap.2) gibt Hinweise auf die Relevanz, sich mit Studien zum Thema berufliche Rehabilitation psychisch Kranker Menschen zu beschäftigen. Dies beruht auf zwei Überlegungen:
1. In Deutschland leiden jährlich ca. 17,8 Mio Menschen an einer psychischen Störung nach ICD-10 und 50 % aller Erwerbsfähigen, die unter einer chronischen psychischen Störung leiden, sind erwerbslos.
Davon sind 20% in einer WfBM tätig, wobei der Übergang zum allgemeinen AM schwierig ist.
In der Gruppe der Frühberentungen sind es 43 % die im Zusammenhang zu psychischen Störungen stehen (sieh Kap. 2.1). Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass sich eine Beschäftigung am allgemeinen AM positiv auf den Zustand der Betroffenen auswirkt (siehe Kap. 2.1). In Anbetracht, dass die Zahl der Beschäftigten in einer WfBM kontinuierlich steigt, muss hinterfragt werden, wie Betroffene in den ersten AM integriert werden und ob Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen hierbei benachteiligt sind (BMAS 2016).
2. International ist die Wirksamkeit von SE gut evaluiert (Burns 2007, Viering 2015b), während in Deutschland konkreter Nachholbedarf besteht. Auch die Wirksamkeit des PVT ist in Deutschland kaum in Studien untersucht (siehe Kap.2.1.4). Speziell die internationale Studienlage zu SE bezieht schwere psychische Erkrankungen mit ein und kann auf Erfolge verweisen (siehe Kap.2.1.5). Die Schwere der Erkrankung soll näher betrachtet werden, genauso wie konkrete Diagnosen der Studienteilnehmer.
Arbeit spielt eine große Rolle für psychisch Erkrankte Menschen, aber der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt gestaltet sich schwierig. Eine Reihe von Faktoren beeinflussen den Erfolg der Wiedereingliederung und in Deutschland gibt es weiterhin Diskussionen um die Methodik der unterschiedlichen beruflichen Rehabilitationsansätze.
Vorangegangene Überlegungen führen zu der Fragestellung, welche in Kap. 6 beantwortet werden soll:
„Welche Rolle spielt die Art der psychischen Erkrankung für die Wiedereingliederung am allgemeinen Arbeitsmarkt?“
4. Methodenteil
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um eine systematische Übersichtsarbeit, mit dem Ziel die Fragestellung aus der vorangegangenen Problemstellung zu beantworten. Die nachfolgenden Kapitel geben eine Übersicht über die Ein- und Ausschlusskriterien der Studien, die einen Rahmen für das Sichten der Arbeiten schafft.
Die Kriterien der Studienwahl geben vor, wie die Qualität der Studien bewertet werden. Die Studiensuche soll so transparent wie möglich Auskunft über die Suchstrategien, Literaturtreffer und Studien geben. Die ausgewählten Studien, welche zur Beantwortung der Fragestellung führen sollen, werden im letzten Abschnitt dieses Kapitels präsentiert.
4.1 Ein- und Ausschlusskriterien der Studienwahl
1. Die Studien wurden zwischen 2007 und 2021 veröffentlicht.
2. Die Studien wurden auf Deutsch oder Englisch publiziert.
3. Die verwendeten Stichproben müssen Personen sein, die im erwerbsfähigen Alter sind.
4. Es wurden nur Studien in westlich geprägten Ländern gesichtet
5. In den Studien muss ein Interessenkonflikt ausgeschlossen sein.
6. Die Studie muss eine Mindestlaufzeit von 6 Monaten vorweisen.
7. Die Art der psychischen Erkrankung muss in den Ergebnissen berücksichtigt werden.
8. In Studienergebnissen muss eine Einstellung am ersten AM erfolgen.
4.2 Kriterien der Studienbewertung
1. Bei der Auswertung, handelt es sich um kontrollierte und bzw. oder randomisierte Versuche oder kontrollierte Studien.
2. Interventions- und Kontrollgruppen sollten eine ähnliche Größe haben.
3. Als erfolgreiche Wiedereingliederung ist hier definiert, dass mindestens einen Tag gearbeitet wurde.
4. Es müssen Soziodemografische-, Klinische, Rehabilitationsrelevante und Klientenzentrierte Variablen berücksichtigt werden (Kap. 4.4.2).
4.3 Die Studiensuche
Für die Literatursuche wurde die Medline Datenbank genutzt, die von der National Library of Medicine erstellt wurde und Artikel aus der Biomedizin und dem Gesundheitswesen umfasst. Des Weiteren wurde die Datenbank PsychInfo genutzt, welche von der American Psychological Association betrieben wird. Zudem wurde auch PsychIndex genutzt, welche vom Leibniz Zentrum für Psychologie betrieben wird und über 250.000 Artikel aus der Psychologie und verwandten Gebieten im deutschsprachigen Raum enthält. Tabelle 1 erläutert die jeweiligen Treffer der Datenbanken und die Suchzeiträume.
Tabelle 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Tabelle 2 werden die drei Schlagwortkombinationen aufgezeigt. Wortkombinationen aus Kategorie 1-3 wurden mit einem „and“ bzw. „und“ verbunden.
Weil es insgesamt zahlreiche Treffer gab wurde die Suche spezifiziert und unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien fünf Studien ausgewählt. Die anderen Studien bezogen die psychische Erkrankung im Sinne einer Diagnose oder nach Schwere der Erkrankung nicht zufriedenstellend in die Ergebnisse mit ein und wurden damit exkludiert.
Tabelle 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.4 Die ausgewählten Studien
Dieses Kapitel soll Auskunft über die Fünf ausgewählten Studien verschaffen. Die Untersuchungen wurden jeweils in den USA, den deutschen Nachbarländern Dänemark und Niederlanden, sowie in den skandinavischen Ländern Norwegen und Finnland durchgeführt. Bei vier der ausgewählten Studien handelt es sich um kontrollierte Versuche, drei davon sind randomisiert wobei zwei in sekundären Datenanalysen dargestellt werden. Die anderen zwei sind zudem multizentrisch. Eine Studie ist Teil einer groß angelegten Studie. Zunächst wird geschildert, wie die Stichproben zustande kamen, ebenso unter welchen Bedingungen und wie die Daten erhoben wurden, welche Variablen relevant sind und welche Erhebungsinstrumente dabei genutzt wurden.
4.4.1 Die Stichprobenrekrutierung
In diesem Kapitel wird sich mit der Wahl der Stichprobe auseinandergesetzt, vor allem wird dabei berücksichtigt an welchem Ort die Daten gesammelt wurden. Zudem wird dargestellt was die Ein- und Ausschlusskriterien waren, woher die Daten stammen und wie groß die Stichprobe war. Vor allem wurden hierbei andere Forschungsprojekte sowie die jeweiligen nationalen Statistischen Ämter genutzt.
Die Dänische sekundäre Datenanalyse (Hellström, Madsen, Nordentoft, Bech, Eplov 2018) gewann ihre Daten aus dem Projekt: The effect of IPS-modified, an early intervention for people with mood and anxiety disorders: study protocol for a randomised clinical superiority trial (Hellström, Bech, Nordentoft, Lindschou, Epov 2013) sowie aus der DREAM Datenbank, der dänischen Agentur für den AM. Die Teilnehmer wurden zugewiesen von Zentren für psychische Gesundheit und privat praktizierenden Psychiatern. Die Datensätze wurden zwischen 2011 und 2014 in Kopenhagen erhoben.
Für die Studie kamen nur Probanden in Frage, die zwischen 18 und 60 Jahren alt waren, die eine affektive Störung (ICD-10: F30-39) oder Angststörungen (ICD-10: F40-41) hatten, die in den letzten drei Jahren keine psychiatrische Versorgung erhielten und keiner Arbeit bzw. Bildungsmaßnahme nachgingen. Des Weiteren mussten die Probanden willig sein zu arbeiten, die dänische Sprache verstehen und sich ausdrücken können. Sie mussten im dänischen System der Arbeitsmarktpolitik so bewertet worden sein, dass sie aktuell nicht am allgemeinen AM partizipieren können. Ausschlusskriterien waren eine Grund- oder weitere Erkrankung des Körpers, welche die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Genauso wie eine schwerwiegende Alkohol- oder Substanzenabhängigkeit. Zudem mussten die Teilnehmer in dem Maße autark sein, dass sie keinen gesetzlichen Betreuer oder eine Betreuung aus dem Bereich der forensischen Psychiatrie erhielten.
Die Stichprobengröße betrug N=283.
Eine weitere sekundäre Datenanalyse (Vukadin et al.,2019) aus den Niederlanden nutze Daten des Projekts: Efectiveness of individual placement and support for people with severe mental illness in The Netherlands: a 30-month randomized controlled trial (Michon et al., 2014). Die Daten wurden an vier Standorten, verschiedener gemeindepsychiatrischer Versorgungsbereiche gewonnen und wurden zwischen 2005 und 2011 in den Niederlanden erhoben, mit dem Schwerpunkt schwere psychische Erkrankungen.
Eingeschlossen wurden Probanden mit dem Wunsch nach Teilhabe am allgemeinen AM, die zwischen 18 und 65 Jahre alt waren und eine Einverständniserklärung abgaben. Ausgeschlossen wurden Teilnehmer, die zum Eintrittszeitpunkt einer vergüteten Arbeit nachgingen, die Vollzeit stationär behandelt wurden, die an einer anderen beruflichen Rehabilitationsmaßnahme teilnehmen oder einer anderen Studie beteiligt sind, die einen Interessenkonflikt beherbergt.
Die Stichprobengröße beträgt N=151. In der Interventionsgruppe befanden sich 71 und in der Kontrollgruppe 80 Teilnehmer.
Ein kontrollierter Versuch in Norwegen (Reme et al., 2019) randomisierte die Teilnehmer aus sechs Invidual Placement and support Zentren und griff auf Daten der NAV (Norwegische Arbeits- und Wohlfahrtsbehörde) zu, um weiterfolgende Untersuchungen durchzuführen. Die Daten wurden zwischen 2013 und 2014 in Norwegen erhoben.
Einschlusskriterien waren der Wunsch zu arbeiten, eine psychische Erkrankung nach ICD-10 und zum Zeitpunkt des Studieneintritts mussten die Probanden erwerbslos sein. Ausschlusskriterium war lediglich unzureichende Kenntnisse der norwegischen Sprache.
Die Stichprobengröße betrug N=410. In der IPS Gruppe befanden sich 229 Teilnehmer, in der Kontrollgruppe 181 (Reme et al., 2019).
In der amerikanischen Studie wurden die Probanden durch Klinikärzte in zwei IPS Settings gewonnen. Die Datenerhebung fand in Chicago zwischen 2011 und 2012 statt.
Inklusionsfaktoren waren die Einschreibung,welche in einem Programm der beiden ausgewählten IPS Teams, keine Beschäftigung am allgemeinen AM in den letzten drei Monaten, eine schwere psychische Erkrankung, ein Mindestalter von 18 Jahren, ein Interesse an einer Beschäftigung am AM, Selbstkundgabe über Delinquenz, keine Einschränkung welche die Teilnahme an der Studie verhindert, darin einbezogen auch Strafanzeigen und deren Konsequenzen, das Besuchen einer der zwei Informationsgruppen welche über die Studie Auskunft geben und der Wille weiterführende Informationen preis zu geben. Ausschlusskriterien liegen keine vor. Die Teilnehmer wurdenrandomisiert zwei Gruppen zugeordnet.
Die Gesamtzahl der Stichprobe betrug N=87, davon 43 in einer IPS Gruppe und 44 in einer Kontrollgruppe (Bond et al.,2015).
Eine finnische Studie gewann ihre Stichprobe aus Daten der finnischen Rentenversicherungsträger, die zwischen 2013 und 2014 gesammelt wurdenaus den Zahlen allerbewilligtenNeuanträgeauf Erwerbsminderungsrente,die zeitlich begrenzt waren.
Eingeschlossen wurden demnach alle Betroffenen zwischen 18- und 34 Jahren, die eine zeitlich begrenzte Erwerbsminderungsrente erhielten,undaufgrund einer psychischen Erkrankung nicht mehr erwerbsfähig waren. Dabei wurden eingeschlossen: F10 - F69 und F99. Ausgeschlossen wurden Leistungsbezieher mit der Diagnose F-00 bis F-09 und F-70-79. Die Stichprobengröße betrug N=1163(Joensuu et. al., 2017).
4.4.2 Die Erhebung weiterer Einflussfaktoren
Tsang (2010) konnte in einer großen Übersichtsarbeit mehrere Präd iktoren für die Wiedereingliederung am allgemeinen AM belegen (siehe Kap.2.2). Faktoren wie kognitive Fähigkeiten, Bildung, negative Symptome, soziale Unterstützung und Fähigkeiten, als auch bereits gemachte Erfahrungen am AM sowie ein multiprofessionelles Netzwerk fördern eine erfolgreiche Wiedereingliederung. Dies sind demnach Variablen, die Beachtung finden sollen.
Nach Viering (2015a)spielen für den Erfolgvon SE eine Rolle:Einhaltung derIPS Grundsätze, Motivation, positive Einstellung des Klienten sowie das Engagement des Job Coachs. Die Einhaltung der Grundsätze ist idealerweise mit der fidelity scale(siehe Kap.2.1 .5) gemessen worden.
DieArt der Erkrankung und damit die Diagnose, bzw. dieSchwereder Erkrankung ist der zu untersuchende Aspekt dieser Arbeit. Die genannten Variablen dienen zur Bewertung und Einordnungder Studienergebnisse.
Zur besseren Übersicht wurden die relevanten Faktoren in Vier Gruppen zusammengefasst:
1. Soziodemografische Variablen (Alter,Familienstand,Bildung,)
2. Klinische Variablen(Diagnose, kognitive Fähigkeiten, Negativsymptome)
3. Rehabilitationsrelevante Variablen: (SE oder andere Methode, IPS Grundsätze bzw. IPS Fidelity Scale nach Bond (wird nur bei SE berücksichtigt), Multiprofessionelles Netzwerk)
4. Klientenzentrierte Variablen: Erfahrungen am AM, Motivation und positive Einstellung des Klienten)Wohnverhältnisse, Soziale Sicherheit
Die dänische Studie (Hellström et al., 2018) bezog Ergebnisrelevante Daten mit ein wie das Alter, Diagnose, Bildung, Familienstand, Soziale Fähigkeiten, Unterstützung sowie Motivation.
Aus der totalen Stichprobengröße wurde ein Durchschnittsalter gebildet, die Diagnosen wurden kategorisiert in Depressionen, andere Angststörungen, Bipolare Störungen oder Phobische Angststörungen und mit der Hamilton Depressioen Scale (HAM-D6), der Hammilton Anxiety Scale (HAM-A6 ) sowie der Global assesment of funktioning scale (GAF-F) gemessen.
Das Bildungsniveauwurde eingeteilt in abgeschlossene Grundschule,Oberschule, Berufsausbildung, Bachelorabschluss, einen Universitätsabschluss oder höher. Der Familienstand wurde erfasst als verheiratet, eingetragene Lebenspartnerschaft, zusammenlebend, getrennt lebend, geschieden oder alleinlebend.
Mit der Sheehan dissability scale (SDS) wurde gemessen wie sehr sich die Teilnehmer im beruflichen, familiären und sozialen Kontext beeinträchtigt fühlen, die Skala ging von0 (nicht beeinträchtigt) bis30 (stark beeinträchtigt).
IPS war die erfasste Rehabilitationsmethode. Damit beinhaltet die Studie Variablen aus drei Gruppen, Klientenzentrierte Variablen wurden nicht berücksichtigt.
Die Studie aus den Niederlanden (Vukadin et al., 2019) nutze das Durchschnittsalter der Teilnehmer. Der Familienstand wurde lediglich mit der Angabe verheiratet zu sein erfasst. Als Angabe zur Bildung wurde kategorisiert in ein niedriges und mittleres Bildungsniveau. Erfahrungen am AM innerhalb der letzten fünf Jahre wurden aufgezeichnet.
Als einzige Diagnosegruppe, wurden die der psychotischen Störungen berücksichtigt.
Die durchschnittliche Motivation wurde mithilfe von Fragebögen ermittelt, welche aufzeigen sollten wie Klienten sich eine Stelle am allgemeinen Arbeitsmarkt vorstellen. Die Skala ging über „stimme zu“, „stimme überwiegend zu“, bis „stimme nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“ (1-4). Innerhalb der Studie erhielt eine Teilnehmergruppe IPS und die andere Gruppe eine herkömmliche Rehabilitationsmethode. Damit kann die Studie sechs Kriterien aus allen vier Gruppen aufweisen.
Der randomisierte kontrollierte multizentrische Versuch in Norwegen (Reme et al., 2019) enthielt die die Faktoren Alter, Familienstand, Bildung, Diagnose, Rehabilitationsmethode sowie die Fidelity scale .
Es wurde ein Durchschnittsalter aller Teilnehmer gebildet. Der Familienstand wurde erfasst mit den Angaben verheiratet/zusammenlebend, der Bildungshintergrund wurde mit der Angabe höherer Bildungsgrad erfasst, was einen Oberschul-. bzw. Universitätsabschluss beinhaltet.
Die Diagnosen wurden aufgeteilt in Psychosen, Bipolare Störungen, Majore Depressionen, Angststörungen, Alkohol -und Drogenmissbrauch sowie sonstige Erkrankungen. Psychologischer Stress wurde mithilfe der Hospital Anxiety and Depression scale (HADS) und der World Health Organization Assesement Schedule erfasst. Als Rehabilitationsmethode wurde IPS unter Einhaltung der IPS -25 Fidelity scale genutzt, sowie der übliche Ansatz zur beruflichen Rehabilitation.
Der kontrollierte randomisierte Versuch aus den Vereinigten Staaten (Bond et al., 2015) bezog Daten wie das Alter, den Familienstand, den Bildungshintergrund, die Wohnverhältnisse sowie die Diagnose, die Arbeitserfahrung und die Rehabilitationsmethoden IPSund WorkChoice mit ein.
Das Durchschnittsalter der Teilnehmer wurde gebildet, der Familienstand wurde in verheiratet, geschieden, getrennt, verwitwet und noch nie verheiratet kategorisiert. Der Bildungshintergrund wurde unterteilt in: keinen Oberschulabschluss, Oberschulabschluss oder Zugangsvorrausetzungen für ein College bzw. Universität, Besuch einer Universität und einen Universitätsabschluss.
Die Wohnverhältnisse wurden gegliedert in eigene Wohnung, mit der Familie lebend, in einer Wohngruppelebend, in einem Pflegeheim oder einer Einrichtung für Substanzenmissbrauchlebendund wohnungslos.
Die Diagnosen wurdenaufgelistet in Schizophrenie, depressive Störung, Bipolare Störung und andere. Es wurde erfasst, ob die Teilnehmer in den letzten fünf Jahren gearbeitet haben und ob sie jemals eine Stelle am allgemeinen Arbeitsmarkt hatten. Eine Gruppe erhielt IPS unter Einhaltung der IPS-25fidelity scale während für die Work Choice Gruppe eine eigene Bewertungsskala mit 14 Items erstellt wurde.
Die finnische Studie (Joensuu et al.,2019) unterteilte in drei Altersgruppen: unter 25 Jahren, zwischen 25 und 30 sowie zwischen 31 und 34 Jahren und bildete einen Durchschnitt.
Nach ICD-10 Klassifizierung erfolgte die Einteilung in Menschen, die unter einer Psychose leiden, die depressiv sind, die eine Bipolare Störung haben oder eine andere psychische Erkrankung.
Es wurde erfasst, ob die Teilnehmer eine Berufsausbildung hatten, eine Berufsschule besuchen, einen Bachelor-oder Masterabschluss absolviert haben. Des Weiteren wurde erfasst, ob die Teilnehmer vor ihrer Erkrankung eine Festanstellung innehatten und ob Substanzen missbrauchvorkam.
5. Die Ergebnisse
Im vorliegenden Kapitel wird sich zunächst mit den Ergebnissen der Einflussfaktoren (siehe Kap. 4.4.2.) befasst. Dies ist die Grundlage, um die Resultate der Wiedereingliederung psychischer kranker Menschen, nach Schwere der Erkrankung sowie nach der Diagnose, in der späteren Diskussion besser einordnen zu können.
5.1 Die Ergebnisse der Einflussfaktoren
Die Studie aus Dänemark (Hellström et al., 2018) hatte insgesamt sechs Einflussfaktoren ausallen vierGruppen berücksichtigt.
Das Durchschnittsalter lag bei 39 Jahren, bei der Stichprobengröße N=283 litten 68,6 % der Teilnehmer an einer Depression, was damit die überwiegend diagnostizierte Krankheit war. Weitere 11,7 % litten unter einer anderen Angststörung, ebenfalls 11,7 % an einer phobischen Angststörung und 8,1 % an einer Bipolaren Störung.
Lediglich die Grundschule oder Oberschule hatten 32,5 % absolviert, 29,7 % hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung und 37,2 % der Teilnehmer hatten einen akademischen Abschluss, welche den größten Anteil innerhalb dieser Gruppe bildet. Ein Teilnehmer konnte nicht zugeordnet werden.
Fast die Hälfte der Probanden war mit 47,2 % alleinstehend, 22,6 % waren verheiratet während 15,2 % getrennt lebten und 11,7 % geschieden.
Durchschnittlich erreichten die Probanden in der Sheehan dissability scale (siehe Kap.4.4.2) einen Wert von 20,01.
Die niederländische Studie (Vukadin et al., 2019) konnte insgesamt fünf ergebnisrelevante Kriterien aus vier Gruppen nachweisen.
Das durchschnittliche Alter der Probanden betrug 34,9 Jahre, lediglich 9 % der Teilnehmer waren verheiratet. Der Großteil der Teilnehmer, hatte mit 87 % ein niedriges oder mittleres Bildungsniveau. Über die Hälfte der Teilnehmenden konnte eine Arbeit innerhalb der letzten Jahre ausweisen (61 %) und ebenfalls mehr als dieHälfte eine psychotische Störung(63%).
Die Vorstellungen über Beschäftigung am allgemeinen AM der Teilnehmer lag durchschnittlich bei 2,9 (3=“Stimme nicht zu“), damit zusammenhängend war die Motivation gehemmt. Insgesamt 47 % der Gesamtteilnehmer erhielten IPS während 53 % eine herkömmliche berufliche Rehabilitation durchliefen.
Auf sechs Ergebnisrelevante Kriterien kommt die norwegische Studie (Reme et al.,2019). Das Durchschnittliche Alter der Probanden betrug 34,92. Bei der Stichprobengröße N=410 waren in der IPS Gruppe 19,2 % und in der Kontrollgruppe 25,3 % der Probanden verheiratet bzw. lebten mit einem Partner gemeinsam. In der Interventionsgruppe hatten 25 % der Teilnehmer einen höheren Bildungsgrad, in der Kontrollgruppe waren es 23,5 %. In der Kontrollgruppe litten 48% unter Substanzen missbrauch, 41,4 % an einer psychotischen Störung, 40,9% an einer Majoren Depression, 39,2 % an einer Angststörung, 32,4% hatten eine andere psychische Erkrankung und 26, 3 % wiesen eine Bipolare Störung auf.
In der IPS Gruppe litten 73,7 % an einer Bipolaren Störung, 67,6 % an einer anderen Störung, 60,8% an einer Angststörung, 59,1 % an einer Majoren Depression, 58,6 % an einer psychotischen Störung und 52 % litten unter Substanzen missbrauch Die IPS Gruppe weist in allen Diagnosen höhere Werte auf als in der Kontrollgruppe, die größten Unterschiede sind bei den Gruppen der anderen Angststörungen, den Bipolaren Störungen und bei den MajorenDepressionen zu erkennen.
Insgesamt sieben Kriterien aus allen vier Gruppen wies die amerikanische Studie (Bond et al., 2015) auf. Es wurde ein Durchschnittsalter von 42,9 Jahren in der IPS Gruppe und 44,6 Jahren in der Work Choice Gruppe gebildet. In der IPS Gruppe, N=43, waren 65 % Teilnehmer nie verheiratet und 7 % verheiratet. Geschiedene, getrennte und verwitwete bildeten einen Anteil von 19 %. In der 25 Work Choice Gruppe waren insgesamt 73 % nie verheiratet, 2 % verheiratet und 18 % geschieden, getrennt oder verwitwet. Die IPS Gruppe hatte einen Anteil von 37 % die eine Universität besucht haben, 30 % die einen Oberschulabschluss hatten, 30 % die weniger als einen Oberschulabschluss vorweisen konnten und 2 % die einen Universitätsabschluss hatten.
In der Work Choice gruppe hatten 50% weniger als einen Oberschulabschluss, 28 % besuchten eine Universität, 18 % hatten einen Oberschulabschluss und 5 % einen Universitätsabschluss. In der Work Choice Gruppe konnten deutlich mehr Teilnehmer keinen Oberschulabschluss vorweisen als in der IPS Gruppe.
Eine eigene Wohnung konnten in der IPS Gruppe 44 % aufweisen, 26 % lebten in einer Wohngruppe, 19 % lebten mit der Familie und 7 % lebten in einer Einrichtung für Abhängige oder einem Pflegeheim. In der Work Choice Gruppe lebten 71 % in einer eigenen Wohnung, 18 % in einer Wohngruppe, 7 % mit der Familie und 5 % in einem Pflegeheim bzw. Einrichtung für Abhängige.
In der IPS Gruppe litten 40 % an Schizophrenie, 35 % an einer bipolaren Störung, 23 % an einer depressiven Störung und 2 % an einer anderen psychischen Erkrankung. An einer Schizophrenie litten in der Work Choice Gruppe hingegen 66 %, 16 % an einer Bipolaren Störung, 14 % an einer depressiven Störung und 4 % an einer anderen psychischen Störung. Die Work Choice Gruppe hatte deutlich mehr Teilnehmer mit einer schizophrenen Erkrankung, aber nur die Hälfte an Bipolaren Störungen im Vergleich zur IPS Gruppe.
In den letzten fünf Jahren hatten in der IPS gruppe 51 % der Teilnehmer gearbeitet und 95 % hatten jemals Berufserfahrung am allgemeinen AM. In der Work Choice Gruppe waren es hingegen 48 % die in den letzten Jahren gearbeitet hatten und 96 % die jemals am allgemeinen AM tätig waren. Die Werte weisen kaum Unterschiede auf.
Die finnische Studie (Joensuu et al., 2019) wies vier Kriterien aus drei Gruppen auf. Die Rehabilitationsmethodik wurde nicht berücksichtigt. Die Studienteilnehmer hatten einen Altersdurchschnitt von 28,5 Jahren.
Desweitern teilten sie in drei Altersgruppen auf: Von N= 1163 waren 545 zwischen 31 und 34 Jahre alt, 366 zwischen 25 und 30 Jahre alt, sowie 252 unter Jahren. 459 Teilnehmer waren depressiv, 400 Teilnehmer litten unter einer Psychose, 167 unter einer Bipolaren Störung und 137 an einer anderen psychischen Beeinträchtigung.452 besuchten eine Berufsschule, 357 hatten keine Berufsausbildungund 116 einen Bachelorabschluss. Zudem absolvierten 59 einen Masterstudiengangund 44 Teilnehmer konnten eine Berufsausbildung vorweisen. In einer festen Anstellung vor der Erkrankung waren 382 Teilnehmer, bei 781 traf dies nicht zu.
5.2 Ergebnisse nach Schwere und Diagnose der Erkrankung
In der Studie von Hellström (2018) wurden 89 Teilnehmern unter der in Kap. 2.2 genannten Definition als schwer psychisch krank zusammengefasst (andere Angststörung, Bipolare Störung und phobische Angststörung). Depressionen konnten nicht inkludiert werden, da eine genaue Definition der Depression nicht vorhanden war. Nach den Kriterien der Arbeit wurde diese Gruppe exkludiert und nicht weiter beachtet. Vier Teilnehmern gelang es schnell wieder in Arbeit integriert zu werden, 14 Teilnehmer konnten verspätet einen Arbeitsplatz finden, fünfTeilnehmer konnten schnell eine Arbeitfinden, waren jedoch instabil.
Mit 89 Teilnehmern bildet die Gruppe, der schwer psychisch Erkrankten, einen Anteil von ca. 31, % von N=283 und 66 Teilnehmer aus dieser Gruppe konnten nicht in Arbeit integriert werden, was ca. 74 % entspricht. Damit gelang ca. 26 % die Integration in Arbeit.
Selbst wenn es sich bei der Gruppe der Depressionen um schwer psychisch Kranke handeln sollte, kam der Verfasser der Arbeit zudem Schluss, dass es rechnerisch keine signifikanten Unterschiede bei den Ergebnissengibt.
Aus diagnostischer Perspektive wurden hier Depressionen und Bipolare Störungen als Affektive Störungen zusammengefasst N=217, während phobische und andere Angststörungen als Angststörungen zusammengefasst wurdenN=66. Schnell in den Arbeitsmarkt konnten acht Teilnehmer mit einer affektiven Störung und vier mit einer Angststörung integriert werden. Verspätet gelangen 45 Teilnehmer mit einer affektiven Störung in Arbeit, währendes 11 Teilnehmern mit einer Angststörung gelang. Schnell, aber instabil waren 14 Teilnehmer mit einer affektiven Störung und fünf mit einer Angststörung an den Arbeitsplatz zurückgekehrt.
150der Teilnehmermit einer affektiven Störung konnten nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden, dies entspricht ca. 69 % der Erkrankten N=217. Während 46 Teilnehmer mit einer Angststörung nicht an den Arbeitsmarkt zurückkonnten, was ebenfalls ca.69 % der Betroffenen (N=66)entspricht.
In der niederländischen Sekundäranalyse (Vukadin et al., 2019) gelang es von insgesamt 90 Teilnehmern, die unter deiner psychotischen Störung litten, 31 in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert zu werden und 59 blieben ohne eine Festanstellung. Damit gelang es ca. 34 % der schwer psychisch Erkrankten wieder in Arbeit zufinden.
Die norwegische Studie (Reme et al., 2019) konnte in einer Subgruppe, die schwer psychisch Erkrankte (Bipolar, psychotische Störungen) beinhaltet, von insgesamt 168Teilnehmern, 136 über einen Zeitraum von 18 Monaten dauerhaft in den allgemeinen AM integrierten. Dies ist ein überproportional gutes Wiedereingliederungsergebnis mit über 80 %. Die Gruppe der leichteren psychischen Erkrankungen nicht nach Schwere oder Diagnose beurteilt werden, dasie sie nicht komplett aufgeschlüsselt wurde, sondern lediglich als Gruppe mit überwiegend affektiven Störungen bezeichnet wurde.
In der amerikanischen Studie (Bond et al., 2015) wurden die Diagnosen Schizophrenie, Bipolare Störungen, Depressive Störungen und andere Störungen unter dem Aspekt der schweren psychischen Erkrankungen zusammengefasst. Dabei gelang es von der totalen Stichprobengröße N=87, 16 Teilnehmern, eine Stelle am ersten Arbeitsmarkt zu erhalten. Dies entspricht ca. 18 %. Die IPS Gruppe schnitt hier mit 31% deutlich besser als die Work Choice Gruppe mit7 % ab.
In der finnischen Studie (Joensuu et al., 2019) wurden die Gruppen der psychotischen Störungen N=400 und die Gruppe der Bipolaren Störungen N=167 unter dem Aspekt der affektiven Störungen zusammengefasst N=567. In einem Durchschnitt von 2060 Tagen hatte diese Gruppe durchschnittlich 712,8 Stunden gearbeitet. Durchschnittlich hatte jeder Teilnehmer somit 0,79 h gearbeitet.
Zum anderen wurden die Gruppen der psychotischen und Bipolaren als schwere psychische Erkrankungen zusammengefasst und kommen somit auf die gleichen Ergebnisse.
Die Gruppe der Depressionen wurde dem gegenübergestellt (N=459) mit durchschnittlich 473,9 geleisteten Arbeitsstunden bezogen auf durchschnittlich 2060 Tage. Durchschnittlich leistete jeder Teilnehmer 0,96 h an Arbeit und schnitt damit besser ab. Die Gruppe der anderen psychischen Erkrankungen wurde exkludiert, da sie undefiniert war.
6. Diskussion
Im vorliegenden Kapitel dieser Arbeit sollen die Ergebnisse der Studien zusammengefasst und diskutiert werden, um eine Beantwortung der Fragestellung zu ermöglichen. Ferner sollen daraus Chancen, Grenzen und Perspektiven für die Zukunft der beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen am allgemeinen AM erfolgen.
Die sekundäre Analyse eines randomisierten kontrollierten Versuchs in Dänemark (Hellström et al., 2018) untersuchte ob und wann Arbeitnehmer nach einem krankheitsbedingten Arbeitsausfall aufgrund von Depressionen, einer Bipolarenoder Angststörung, wieder in Arbeit finden. Insgesamt 26 % der psychisch schwer Erkrankten Menschen gelang dies.
Betrachtet man dies diagnostisch, gelang jeweils 31 % der Menschen, die unter einer affektiven Störung leiden und denen die unter einer Angststörung leiden eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt.
Eine andere sekundäre Datenanalyse aus den Niederlanden (Vukadin et al., 2019) untersuchte die Arbeitsmotivation sowie die Wiedereingliederung für Menschen mit schweren psychischen Beeinträchtigungen. Die in der Arbeit untersuchte Gruppe, bei der es sich um Menschen mit einer psychotischen Störung handelt und die als schwer psychisch krank kategorisiert werden, konnte 34 % der Teilnehmer erfolgreich in Arbeit integrieren.
Ein randomisierter kontrollierter Multizentrischer Versuch in Norwegen (Reme et al., 2019) untersuchte den Effekt von IPS für Menschen mit mittleren bis schwere psychische Störungen. Dabei konnten 80 % der Teilnehmer mit einer schweren psychischen Beeinträchtigung erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Der kontrollierte Versuch in den Vereinigten Staaten von Amerika (Bond et al., 2015) erforschte den Effekt von SE bei schwer psychisch erkrankten mit einer delinquenten Vorgeschichte. Es gelang 18 % wieder eine Stelle am allgemeinen AM zu finden.
Eine finnische Studie (Joensuu et al., 2019) untersuchte Prädiktoren für Arbeitsintegration junger Erwachsener mit verschiedenen psychischen Erkrankungen. Das Resultat war, dass Menschen mit einer leichten- bis mittleren psychischen Erkrankung durchschnittlich weniger gearbeitet haben als Menschen miteiner schweren psychischen Erkrankung.
Vergleicht man die vorliegenden Studien miteinander fällt auf, dass die Erfolge sehr unterschiedlich ausfallen. Während in beiden Sekundäranalysen ca. ein Drittel der Probanden in Arbeit fanden waren es inder Studie von Bond (2015) nur 18% und in der vonReme (2019) 80%.
Die Ergebnisse aus Norwegen müssen aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden, da der Sozialstaat dort umfangreicher agiert, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und Norwegen einen relativ guten Arbeitnehmerschutz bietet (Reme et al., 2019). Es wird nicht detailliert erfasst welchen Familienstand die Teilnehmer haben und wie die Wohnverhältnisse sind. Somit werden wichtige Daten zu sozialen Fähigkeiten und zur Unterstützung nicht erfasst. Beim Bildungsstand werden nur Hochschulabsolventen und Universitätsabsolventen erfasst, Berufsausbildungen andere Abschlüsse und Arbeitserfahrungen werden nicht miteinbezogen. Das sind Daten, die das Ergebnis positiv beeinflussen (siehe Kap. 2.2).
Da die finanziellen Gegebenheiten in Norwegen besser sind, kann man davon ausgehen, dass dies einen Effekt auf die Langzeitbetreuung beim IPS hat.
Die Studien von Hellström (2018) und Vukadin (2019) konnten mit 26% und 34 % ähnliche Werte erreichen. Die dänische Studie konnte Kriterien aus allen vier Gruppen aufweisen, evaluierte die Motivation sehr präzise und bezog auch ein, dass die Probanden sich überdurchschnittlich in ihrem Leben eingeschränkt fühlen, was ein wichtiger Aspekt für die Selbstwahrnehmung sein kann. Der Familienstand wird ausführlich erfasst, ebenso wie der Bildungsstand und Messungen zu Depressionen. Leider wird diese Gruppe nicht diagnostisch genau definiert, was ein Exkludieren erforderte.
Dies ist sehr bedauernswert, da sich die Mühe gemacht wurde die Symptome von Depressionen und Angststörungen mit diversen Messinstrumenten relativ genau zu erfassen, aber eine genaue Definierung der betroffenen Gruppe der Depressionen blieb aus.
Die Studie von Vukadin (2019) machte ungenaue Angaben über den Familienstand und den Bildungshintergrund, was wichtige soziodemografische Daten sind, die außer Acht gelassen werden. Angaben über die Selbstwahrnehmung undden Gesundheitszustand machten die Probanden selbst, ebenso über die Arbeitsmotivation. Das Ergebnis der Studie besagt, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Arbeitsmotivation und beruflicher Wiedereingliederung gibt. Leider wird nur die Gruppe der Menschen, die unter einer psychotischen Störung leiden definiert, was ein Vergleichen mit einer anderen Gruppe innerhalb der Studie bezüglich der Wiedereingliederung nicht erlaubt.
Bond (2015) hatte im Vergleich zu anderen Studien mit 18 % die wenigsten Studienteilnehmer am allgemeinen Arbeitsmarkt integriert. Familienstand, Bildungshintergrund und sogar die Wohnsituation wurden hier sehr genau erfasst. Dabei muss man jedoch beachten, dass es sich bei den Teilnehmern um Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung und einem delinquenten Hintergrund handelt. Somit können Stigmatisierungen im mehrfachen Sinne auftreten. Zudem hatten die Teilnehmer mit 42,9 Jahren in der IPS bzw. 44,6 Jahren in der Work Choice Gruppe den höchsten Altersdurchschnitt aller Studien. Bond erhob in seiner Studie die meisten Variablen, welche die Ergebnisse beeinflussen mit ein und evaluierte zudem mit der von ihm entwickelten fidelity scale die IPS Ergebnisse sehr gut.
Ein großer Kritikpunkt ist allerdings, dass die Teilnehmer beider Gruppen aus vorherigen IPS Settings stammen, was nahe legt das zumindest ein Teil bereits positive oder negative Erfahrungen mit IPS gemacht haben, was das Ergebnis beeinträchtigen kann. Leider wurde auf diesen Punkt nicht eingegangen, was die gute Forschungsarbeit und die Aussagekraft der Ergebnisse in ein anderes Licht rückt.
Die finnische Studie von Joensuu berücksichtige am wenigsten Kriterien, die das Ergebnis beeinflussen, so ist leider nichts aus den Wohnverhältnissen, dem Familienstand, oder der Arbeitsmotivation bekannt, was interessant für die Auswertung gewesen wäre. Der Bildungshintergrund wurde gut erfasst, jedoch ist dies nur ein Kriterium von vielen. Des Weiteren arbeitet sie mit Durchschnittswerten, was natürlich keine Aussagekraft über individuelle Bedürfnisse haben kann (siehe Kap.5.2). Interessant ist es, dass die Gruppe mit den schweren psychischen Erkrankungen durchschnittlich mehr gearbeitet hat als die Gruppe mit leichten bis mittlere Erkrankungen, die oben genannten Kritikpunkte lassen aber keine Allgemeingültigkeit dieser Aussage zu.
Aus den zuvor interpretierten Studien geht hervor, dass die Diagnose in der beruflichen Rehabilitation eine wichtige Rolle spielt, jedoch nicht ein Indikator für den Erfolg einer beruflichen Rehabilitation ist. Sie ist Grundlage für weitere Schritte in der Rehabilitationsdiagnose und kann oft mit kognitiven Einschränkungen einhergehen. Diese zeigen Grenzen auf, was sich in der Berufswahl widerspiegelt und können auch zu Stigmatisierung, einer veränderten Selbstwahrnehmung und so zu ungenutzten Ressourcen führen.
Andere Faktoren erreichen einen mindestens gleichwertigen Stellenwert. So ist anzunehmen, dass die Selbstwahrnehmung, das Wahrnehmen seiner Umwelt, Ressourcen im Sinne von sozialem Netzwerk, also Unterstützung durch Familien, Freunde, Partner und Peers undErfahrungen in der Berufswelt eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt erheblich begünstigen können.
Es gilt zudem bürokratische Hürden abzuschaffen, wobei mit dem Bundesteilhabegesetz ein Schritt in die richtige Richtung gelang. Die Hilfsangebote müssen niederschwellig sein. Vernetzung und Zuständigkeiten müssen klar sein und ein flexibles multiprofessionelles Arbeiten ermöglichen.
Vor allem bei schweren psychischen Erkrankungen kann SE in internationalen Studien (Burns 2007, Viering 2015b, Reme 2019, Vukadin 2019) auf gute Ergebnisse verweisen, aber an der Studie von Reme (2019) wird deutlich wie wichtig hier die finanziellen Gegebenheiten sind, genauso wie ein gut funktionierender Sozialstaat oder ein guter Arbeitnehmerschutz. Unbefristete Unterstützung durch einen Job Coach und die Qualität der Leistungen des Job Coaches sind unabdingbar (Jäger 2013). Job Coaches brauchen eine klare Begrenzung der Anzahl an Klienten, welche eine qualitativ hochwertige Beratung zulässt (Viering 2015a).
Demnach spielt die Artder Erkrankung im Sinne der Schwere eine große Rolle, ist diese auch die international an der besten untersuchten Zielgruppe (Burns et al., 2007). Aber auch hier gilt, dass sie wohl kaum als Indikator für eine erfolgreiche berufliche Rehabilitation taugt. Zu kritisieren bleibt, dass in den meisten Studien als Vergleichsgruppen, oft herkömmliche Rehabilitationsmaßnahmen genutzt werden, aber hier eine Vergleichsgruppe mit leichten bis mittlere Erkrankungen interessant wäre. Allgemein findet diese Zielgruppe in der Forschung mit dieser Thematik wenig Beachtung, was daran liegen könnte, dass es keine allgemeingültige internationale Definition einer schweren psychischen Erkrankung gibt (Gühne et al., 2019).
Es bleibt anzumerken, dass vorangegangene Ergebnisse nicht repräsentativ sind, da die Studienlage in Deutschland als auch international die Diagnosen nicht zufriedenstellend in die Ergebnisse miteinbeziehen und hier enormer Forschungsbedarf besteht.
Bedürfnisse der Klienten sind unterschiedlich und die Motivation nach Vukadin (2019) nicht ausschlaggebend für eine erfolgreiche berufliche Rehabilitation. Dies mag in einer 30-monatigen Studie der Fall sein, interessant wäre zu sehen, wie hier die Langzeitergebnisse über mehrere Jahre aussehen. Der Wunsch zu arbeiten und Arbeitsmotivation können eng miteinander verknüpft sein, daher muss individuell entschieden werden, ob ein Mensch mit einer schweren und chronischen psychischen Erkrankung überhaupt das Bedürfnis und auch die Möglichkeiten hat am allgemeinen AM eine Stelle zu finden. Es muss auch beachtet werden welchen Stellenwert Arbeit in einer Gesel lschaft hat und damit zusammenhängend den Stellenwert der Arbeit für das Individuum.
In Deutschland wird viel über die Vormachtstellung einer sinnvollen Rehabilitationsmethode diskutiert. Aber in einem so komplexen Zusammenspiel von Symptomen, Selbstempfinden, Stigmata, Multiprofessionellem Netzwerk, Leistungsträgern, Kostenträgern und Zuständigkeiten wäre es vermessen zu denken, dass man mit einem adäquaten Lösungsansatz das bestmögliche Ergebnis erzielen kann. Vielmehr muss hier ein klientenzentrierter Ansatz verfolgt werden, der es ermöglicht, die beste Lösung für jedes Individuum zu erzielen.
Dazu benötigt es dringend weitere Forschung, denn das etablierte PVT ist in Deutschland kaum unabhängig untersucht worden. Dies ist verwunderlich, da es seit Jahren das etablierte Modell zur Wiedereingliederung in Deutschland ist (siehe Kap.2.1.4). Auch Watzkes Ergebnisse dazu müssen Infrage gestellt werden, der als einer von wenigen das PVT in Deutschland untersuchte. Nur 18,9 % der Teilnehmer in der PVT Gruppe gelang eine Beschäftigung am allgemeinen AM zu finden. Zudem besteht hier auch kein signifikanter Unterschied zur Kontrollgruppe mit 16 % erfolgreich in Arbeit integrierte Menschen (siehe Kap.2.1.4).
Des Weiteren muss man sich die Frage stellen, warum ein Konzept, was seinen Weg als eigene Leistung in das SGB VIIII geschafft hat (siehe Kap.2.1.5), in Deutschland kaum erforscht wurde?
Es wäre möglich, dass die ausgezeichnete internationale Evidenz von SE ein Grund ist, weshalb die Methode in Deutschland kaum untersucht, wurde.
Killian (2016) führte an, dass SE kein übertragbares Konzept für Deutschland sei, aufgrund von unter anderem unterschiedlichen sozialrechtlichen Bedingungen. Ferner stellt sich die Frage, wie aussagekräftig ist dieses Argument?
Nach der Auffassung des Autors dieser Arbeit hat das Argument keinen Bestand. In dieser Arbeit wurden Studien aus Dänemark, Norwegen, USA untersucht, mit unterschiedlichen Gesundheitssystemen, Sozialleistungen und sozialrechtlichen Gegebenheiten. Trotzdem konnten alle Länder positive Ergebnisse mit SE erzielen und der Integration von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen (siehe Kap 5.). Die Metaanalyse von Metcalfe (2018) welche den Effekt von IPS in 12 Ländern untersuchte, stützt diese Aussage. Eine flächendeckende Etablierung von SE und das nicht als einziger methodischer Ansatz zur Rehabilitation, sondern als Alternative zu bestehenden Verfahren wäre zu empfehlen.
Der Bundesteilhabebericht von 2016 macht deutlich, dass vor allem im Bereich der WfBM Konzepte überdacht werden müssen. Die Teilnehmerzahl steigt und 53 % der Betroffenen sind über 40 Jahre alt, 23 % sind zwischen 50 und 59 Jahre alt mit steigender Tendenz. Gerade diese Zielgruppen gilt es zu erreichen und am allgemeinen AM zu integrieren. Man sollte zumindest die erbrachten Leistungen durch die Zahlung eines Mindestlohns würdigen und so Menschen aus der Abhängigkeit vom Sozialstaat in Selbstständigkeit bringen und den Wert der Arbeit anerkennen. Das BTHG beinhaltet Verbesserungen zum Arbeitnehmerschutz in WfMB, aber hinterlässt eine große Lücke was die Entlohnung der Arbeit betrifft (BMAS 2020).
In der Forschung müssen diese Zielgruppen mehr eingebunden werden. Lediglich die Studie von Bond hatte einen Altersdurchschnitt von über 40 Jahren, was den Eindruck vermittelt, dass die älteren Menschen in diesem Bereichder empirischen Forschung eine untergeordnete Rolle spielen. Diesen Weg weiter zu beschreiten, angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland, wäre nicht nur ökonomisch problematisch.
Um gesellschaftliche Veränderungen voranzubringen, müssen auch die Begrifflichkeiten Krankheit und der Umgang mit Diagnosen als Stigma sowie die Behandlung und der Umgang mit chronisch Kranken diskutiert werden. Es gilt neue Ansätze zu verfolgen, zum Beispiel den Ansatz psychisch belastete Menschen zu Hause zu versorgen. Dies kann im Sinne von ambulant aufsuchender Behandlung und ambulanter Krisendienste, wie sie international schon teilweise etabliert sind und auch 1975 in der Psychiatrie Enquete in Deutschland thematisiert wurden (Grupp, 2019).
Mit dem BTHG und damit verbunden das Abmildern bürokratischer Hürden, Einbindung von präventiven Maßnahmen und Stärkung der Rechte aber auch der Selbstständigkeit behinderter Menschen wurden altgediente Strukturen verbessert oder teilweise abgeschafft (BMAS 2020).
Abschließend lässt sich sagen, dass in Deutschland mehr Studien zur beruflichen Rehabilitation psychisch Kranker Menschen durchgeführt werden müssen und international Studiendie Diagnose in die Ergebnisse mehr einbinden muss.
SE muss flächendeckend und regional angeboten werden und bestehende Konzepte wie das der WfBM weit über das BTHG hinaus überdacht werden, um schwer psychisch Kranke Menschen Teilhabe an Arbeit zu gewährleisten.
Gerade in der sozialen Arbeit, in der Empowerment ein zentraler Aspekt ist, kann Stagnation auf politischer- und Handlungsebene kein Anspruch sein. Hier bilden sich neue Herausforderungen im Bereich der aufsuchenden sozialen Arbeit und Tätigkeiten über Lotsenfunktionen hinaus.
Literaturverzeichnis
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Kauffeld und D. Spurk(Hrsg.), Handbuch Karriere und Laufbahnmanagement (S. 687-710). Berlin:Springer-VerlagGmbH.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales. (2016). Zweiter Teilhabbericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderung: TeilhabeBeeinträchtigung-Behinderung. Bonn: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Bundesministerium für Arbeit und Soziales. (2020). Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Bonn: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (2020). Rehabilitation und Teilhabe psychisch erkrankter und beeinträchtigter Menschen - Arbeitshilfe. Frankfurt
Bundeszentrale für politische Bildung(2021) abgerufen am 6.03.2021 unter: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19238/erster- arbeitsmarkt und https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21231/zweiter- arbeitsmarkt
Burns, T., Catty, J., Becker, T.,Drake, R.E., Fioritti A., Knapp, M., . Wiersma, D. (2007). The effectiveness of supported employmentfor people with severe mental illness: a randomised controlled trial. The Lancet. 370 (9593), 1146-1152. doi: 10.1016/S0140-6736(07)61516-5
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