Die folgende Arbeit, die sich unter anderem auf die Werke der Autoren Karl Bosl und Jörg K. Hoensch bezieht, beschäftigt sich mit den Ereignissen und Entwicklungen vor und nach der Schlacht am Weißen Berg vom 08.11.1620. Ein Datum, das wohl zu den bedeutendsten und gleichzeitig tragischsten Momenten in der tschechischen Geschichte gehört. Nicht umsonst wird die darauf folgende Zeitperiode als „Zeitalter der Finsternis“ bezeichnet.
In einem ersten Schritt sollen diejenigen Gründe analysiert werden, die zu der Konfrontation zwischen den böhmischen Ständen und dem Hause Habsburg führen. Die strikte Unterscheidung zwischen politischen und religiös bedingten Gründen ist nicht immer aufrechtzuerhalten, weshalb man auch von einer „Politisierung der Glaubensfrage“ spricht.
In einem zweiten Schritt wird das Ereignis behandelt, das letztendlich zur Überwindung der „Ohnmacht der Widerstandsbewegung“ führt – der zweite Prager Fenstersturz. Im Anschluss daran sollen die zwei Jahre etwas genauer betrachtet werden, die bis zur Entscheidungsschlacht am Weißen Berg vergehen. Es geht insbesondere um die Handlungen, Maßnahmen und Vorkommnisse, die den Grundstein für diese vernichtende Niederlage geschaffen haben.
Die Maßnahmen Ferdinands II, des entschlossenen Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, und deren Folgen für das böhmische Volk sind ebenfalls Gegenstand dieser Untersuchung. Zusätzlich sollen die entscheidenden Gründe für den Misserfolg der böhmischen Ständerebellion herausgefunden werden.
Im Schlussteil dieser Arbeit soll kurz gefragt werden, ob diese einzige Niederlage, die eine so immense Bedeutung haben sollte, unvermeidbar gewesen ist, oder ob der Erhebung der Stände unter anderen Umständen nicht doch Erfolg beschieden gewesen wäre.
Inhaltsübersicht
I. Einleitung
II. Ursachen der Konfrontation in Böhmen am Anfang des 17.Jahrhundert
1. Der konfessionelle Dualismus
2. Der politischgesellschaftliche Dualismus
III. Der Prager Fenstersturz von
1. Der Auslöser des 2. Prager Fenstersturzes
2. Die Konsequenzen dieses Ereignisses für das Verhältnis zum Haus Habsburg
IV. Die Schlacht am Weißen Berg am
1. Die unmittelbaren Folgen der Niederlage der protestantischen Stände
2. Gründe für den Misserfolg der böhmischen Ständerebellion
V. Fazit
I. Einleitung
Die folgende Arbeit, die sich unter anderem auf die Werke der Autoren Karl Bosl und Jörg K. Hoensch bezieht[1], beschäftigt sich mit den Ereignissen und Entwicklungen vor und nach der Schlacht am Weißen Berg vom 08.11.1620. Ein Datum, das wohl zu den bedeutendsten und gleichzeitig tragischsten Momenten in der tschechischen Geschichte gehört. Nicht umsonst wird die darauf folgende Zeitperiode als „Zeitalter der Finsternis“[2] bezeichnet.
In einem ersten Schritt sollen diejenigen Gründe analysiert werden, die zu der Konfrontation zwischen den böhmischen Ständen und dem Hause Habsburg führen. Die strikte Unterscheidung zwischen politischen und religiös bedingten Gründen, ist nicht immer aufrechtzuerhalten, weshalb man auch von einer „Politisierung der Glaubensfrage“[3] spricht.
In einem zweiten Schritt wird das Ereignis behandelt, das letztendlich zur Überwindung der „Ohnmacht der Widerstandsbewegung“[4] führt – der zweite Prager Fenstersturz. Im Anschluss daran, sollen die zwei Jahre etwas genauer betrachtet werden, die bis zur Entscheidungsschlacht am Weißen Berg vergehen. Es geht insbesondere um die Handlungen, Maßnahmen und Vorkommnisse, die den Grundstein für diese vernichtende Niederlage geschaffen haben.
Die Maßnahmen Ferdinands II, des entschlossenen Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, und deren Folgen für das böhmische Volk sind ebenfalls Gegenstand dieser Untersuchung. Zusätzlich sollen die entscheidenden Gründe für den Misserfolg der böhmischen Ständerebellion herausgefunden werden.
Im Schlussteil dieser Arbeit, soll kurz gefragt werden, ob diese einzige Niederlage, die eine so immense Bedeutung haben sollte, unvermeidbar gewesen ist oder ob der Erhebung der Stände unter anderen Umständen nicht doch Erfolg beschieden gewesen wäre.
II. Ursachen der Konfrontation in Böhmen am Anfang des 17.Jahrhundert
1. Der konfessionelle Dualismus
Neben dem offensichtlichen Gegensatz des katholischen Hauses Habsburg und den überwiegend protestantischen Ständen der böhmischen Länder, ist ein wesentlicher Grund für die Konfrontation in den Reihen der Böhmen selbst zu suchen. Speziell der konfessionelle Konflikt innerhalb des Adels verschärft sich zunehmend. Dieser Konflikt, der zunächst nicht besonders ins Auge fällt, ist ein Resultat der Rekatholisierungsmaßnahmen der Habsburger. Diese laufen bereits in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts an, ohne jedoch größere erkennbare Erfolge zu erzielen.
Dies ändert sich jedoch schlagartig mit der Ankunft der Jesuiten in den böhmischen Ländern. Die überwiegend aus dem Ausland kommenden Jesuitenmönche machen es sich nicht zur Aufgabe , die rund 85% Akatholiken zu bekehren, vielmehr kümmern sie sich um die Umerziehung des Adels sowie um die Ausbildung einer neuen Generation von Grundherren. Die Tatsache, dass sogar so bedeutende Familien wie die Slavata aus Böhmen und die Lichtenstein aus Mähren zum Katholizismus zurückkehren, ist Beleg für den ständig wachsenden Erfolg der Gegenreformation.[5] Dies ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass es sich bei der Rebellion ja nicht um eine soziale, sondern um eine aristokratisch-ständische handelt[6]. Bereits zu Beginn des 17.Jahrhunderts wird also schon eines der zentralen Probleme des Aufstandes deutlich, nämlich die Uneinigkeit der Stände – sowohl die konfessionelle als auch die politische. Der Anstieg der Anzahl katholischer Pfarreien von 50, Mitte des 16.Jahrhunderts, auf 280 im Jahre 1619 bekräftigt zusätzlich den zunehmenden Einfluss des Katholizismus in Böhmen und seinen Nachbarländern. Auch gelingt es völlig neuen katholischen Orden wie etwa den Kapuzinern in Böhmen Fuß zu fassen.
Dennoch muss die Gegenreformation im Jahre 1609 einen herben Rückschlag hinnehmen, als Rudolf II. den so genannten Majestätsbrief unterzeichnet. Dieser garantiert den Protestanten in Böhmen und kurz darauf auch in Schlesien absolute Religionsfreiheit. Der Majestätsbrief kann letztendlich nur aufgrund des Bruderzwistes zwischen Rudolf und seinem baldigen Nachfolger Matthias zustande kommen, der seinerseits Zugeständnisse an die Stände Mährens, Oberösterreichs und Ungarns machen muss, um sich ihre Unterstützung zu sichern[7]. Der Majestätsbrief geht im Prinzip sogar noch über die Confessio Bohemica von 1575 hinaus, da es sich diesmal um ein schriftlich fixiertes Zugeständnis handelt.
Dieser augenscheinliche Erfolg der protestantischen Religion, der nur von kurzer Dauer sein wird, verzögert jedoch die unausweichliche Konfrontation mit der habsburgischen Zentralgewalt nur, zumal es die Stände Böhmens versäumen, sich dem neuen ‚Wind’, der mit der alleinigen Herrschaft Matthias’ ins Hause Habsburg einkehrt, entgegenzustellen. Unter dem Einfluss seines engsten Beraters Khlesl ist ein deutlicher Politikwandel zu erkennen. So stärkt Matthias den Einfluss der Hofpartei und besetzt alle wichtigen politischen Landesämter in Böhmen mit strengen Katholiken ohne, sich eines ernsthaften Widerstandes erwehren zu müssen[8].
Den letzten Schritt in Richtung einer militärischen Konfrontation mit Habsburg tun die Stände Böhmens selbst, indem sie der Krönung des Jesuitenzöglings Ferdinand II zum böhmischen König zustimmen. Sie stimmen zu, obwohl seine Haltung zum Protestantismus hinlänglich bekannt ist, die er mit seinen durchgreifenden Rekatholisierungsmaßnahmen in der Steiermark erst kürzlich unter Beweis gestellt hatte[9].
Mit dieser Entscheidung verhelfen die protestantischen Stände dem Katholizismus und mittelfristig auch dem Absolutismus zu neuer Stärke und schaffen einen Meilenstein auf dem Weg zur Schlacht am Weißen Berg und zur endgültigen Beseitigung des konfessionellen Dualismus in Böhmen.
2. Der politisch-gesellschaftliche Dualismus
Neben dem eben beschrieben religiösen Widerspruch gibt, es auch eine machtpolitische Auseinandersetzung zwischen den Ständen und der Habsburgermonarchie. Ebenso wie in dem Konflikt der Konfessionen lassen die protestantischen Stände auch hier die nötige Vehemenz und ein einheitliches Auftreten gegenüber dem Kaiser vermissen.
Ziel der Stände war es ihren politischen Einfluss zu vergrößern und sich weitestgehend von der Donaumonarchie unabhängig zu machen ohne jedoch einen offenen Bruch mit Habsburg zu begehen. Diese Gratwanderung zwischen „ständepolitischer Selbstbestimmung“[10] und Scheinloyalität zum Hause Habsburg kann auf Dauer nur gewaltsam entschieden werden, auch wenn sich viele Führungspersönlichkeiten bis zuletzt gegen eine öffentliche Lossagung von Habsburg wehren. Die Unsicherheit und Unentschlossenheit der protestantischen Stände wird zu zwei Zeitpunkten besonders deutlich und deutet bereits Jahre vor der alles entscheidenden Schlacht das Dilemma an, mit welchem sich die radikalen Elemente später konfrontiert sehen.
Der Gegensatz zwischen ständischem und königlichem Machtanspruch erreicht im Jahre 1609 seinen Höhepunkt.[11] Neben den religiösen Freiheiten sichert der Majestätsbrief den protestantischen Ständen auch bedeutende politische Kompetenzen zu. So liegt von nun an die Gesetzesinitiative beim König und den Ständen.[12] Das Recht eigenständig Defensoren einzusetzen, kommt dem Recht gleich eine vom zentralistischen Herrscher unabhängige Regierung zu bilden. Dass diese neu gewonnenen ständischen Freiheiten mittelfristig eine Gegenreaktion der Monarchie hervorrufen müssen liegt auf der Hand, jedoch sind es oftmals die Stände selbst, die von ihren Rechten und Freiheiten keinen Gebrauch machen und so der Monarchie immer wieder zu neuer Stärke verhelfen.
So verpassen sie es in der ewigen Diskussion über Wahlfreiheit oder Erbrecht, aus einer strategisch nicht ungünstigen Position, ihren Standpunkt durchzusetzen[13]. Eine weitere Selbstbeschränkung ihrer Freiheiten bedeutet die Annahme Ferdinands II als zukünftigen böhmischen König. Neben seiner anti-katholischen Haltung ist auch seine Tendenz zum Absolutismus bekannt, was sich mit ständischer Selbstregierung nur schwerlich verträgt. Die Paradoxie von revolutionärem Bestreben und Loyalität zum Kaiser zeigt sich schließlich darin, dass selbst nach dem Staatsstreich vom 23.05.1618 kein offener Bruch mit der Dynastie erfolgt.
[...]
[1] 1) Karl Bosl: Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, Bd. 2. Stuttgart 1967-1974.
[2] Jörg K. Hoensch: Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart. München 3. Aufl. 1997 (Beck’s historische Bibliothek).
[2] Joachim Bahl>
[3] Vgl. Bahlcke, Böhmen und Mähren, 116.
[4] Frank Mueller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618-1622. Muenster 1997 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 23), S. 143.
[5] Vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, 203.
[6] Golo Mann: Das Zeitalter des Dreissigjährigen Krieges, in: Weltgeschichte. Von der Reformation zur Revolution, Bd. 7. Hg. Golo Mann und August Nitschke. Frankfurt a. M.; Berlin 1964, S. 133-230, hier: 158.
[7] Vgl. Mueller, Kursachsen und der böhmische Aufstand, 140.
[8] Vgl. Bosl, Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, 271.
[9] Rudolf Rican: Das Reich Gottes in den böhmischen Ländern. Geschichte des tschechischen Protestantismus. Stuttgart 1957, S.65f.
[10] Winfried Eberhard: Entwicklungsphasen und Probleme der Gegenreformation, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 84 (1989) 235-257, hier: 235.
[11] Vgl. Mueller, 137.
[12] Karl Bosl: Böhmen und seine Nachbarn. Gesellschaft, Politik und Kultur in Mitteleuropa. München; Wien 1976 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 32), S. 198.
[13] Vgl. Bosl, Böhmen und seine Nachbarn, S. 198.
- Citation du texte
- Sebastian Röder (Auteur), 2003, Der Weg zur Schlacht am Weißen Berg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114429
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