Ihm Rahmen der Gesundheitsförderung- und beratung werden in der Arbeit drei Aufgabenbereiche bearbeitet: schwierige Situationen in Beratungsverläufen, das Kohärenzgefühl nach Antonovsky und der systemische Beratungsansatz sowie der Kommunikations- und Interaktionsstil nach Schulz von Thun.
Eine psychosoziale Beratung besteht im Regelfall aus zwei Parteien: dem Berater und aus Ratsuchenden (Einzelpersonen, Paare, Familien oder Gruppen). Im Rahmen eines Beratungssettings müssen die Klientencompliance und -adhärenz berücksichtigt werden. Was unter Compliance und Adhärenz zu verstehen ist, wird im Nachfolgenden erläutert. Weiterhin wird darauf eingegangen, welche Bedeutung die Compliance und Adhärenz von Klienten, insbesondere in schwierigen Beratungssituationen, einnehmen.
Antonovsky (1979) ging bereits bei seiner ersten Veröffentlichung zum Thema Kohärenzgefühl (engl. sense of coherence, SOC) davon aus, dass es nicht nur ein persönliches SOC gibt, sondern ebenso eins, dass auf der Familienebene besteht. In der Arbeit wird beschrieben, was unter dem SOC von Antonovsky verstanden wird. Anschließend wird der systemische Beratungsansatz erläutert. Abschließend wird auf Methoden eingegangen, mit denen sich die Komponenten des SOC bearbeiten lassen und es werden systemische Beratungstechniken vorgestellt, die zur Beeinflussung der drei Komponenten der Kohärenz dienen können.
Kommunikation ist in der Beratung essenziell. Jedoch wird Kommunikation meistens erst bewusst, wenn sie nicht mehr reibungslos abläuft. Um Kommunikation zu erklären, wurde von Friedemann Schulz von Thun das Kommunikationsquadrat und darauf aufbauend acht Kommunikations- und Interaktionsstile entwickelt. Im Nachfolgenden wird ein Kommunikationsstil von Schulz von Thun ausgewählt und näher erläutert. Anschließend wird anhand eines selbstkonstruierten Fallbeispiels erläutert, wie dieser Kommunikationsstil bei einem Klienten oder einer Klientin in der Beratungspraxis anhand von nonverbalen Signalen erkannt werden kann und wie entsprechend reagiert werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Gender Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Aufgabe A1
1.1 Definition von Compliance
1.2 Definition von Adhärenz
1.3 Schwierige Situationen in Beratungsverläufen
2 Aufgabe A2
2.1 Kohärenzgefühl nach Antonovsky
2.2 Der systemische Beratungsansatz
2.3 Zusammenführung des SOC mit dem systemischen Beratungsansatz
3 Aufgabe A3
3.1 Der sich distanzierende Stil
3.2 Nonverbale Signale des sich distanzierenden Kommunikations- und Interaktionsstil und mögliche Reaktionen einer beratenden Fachkraft
Literaturverzeichnis
Gender Erklärung
Zur besseren Lesbarkeit werden auf dieser Website personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen und Männer beziehen, generell nur in der im Deutschen üblichen männlichen Form angeführt, also z.B. "Teilnehmer" statt "TeilnehmerInnen" oder "Teilnehmerinnen und Teilnehmer".
Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechterdiskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zum Ausdruck bringen.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kommunikations- und Interaktionsstile nach Schulz von Thun
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Systemisches Refraiming
1 Aufgabe A1
Eine psychosoziale Beratung besteht im Regelfall aus zwei Parteien: dem Berater und aus Ratsuchenden (Einzelpersonen, Paare, Familien oder Gruppen) (Schubert, Rohr & Zwicker-Pelzer, 2019, S. 24). Ein Beratungsprozess verläuft entsprechend Culley (2002), in drei unterschiedlichen Abschnitt ab, die aufeinander aufbauen und gleichzeitig miteinander verzahnt sind. Bei den Phasen handelt es sich um die Anfangs-, Mittel- und Endphase. Jede Phase hat ihre eigenen Herausforderungen und Ziele (Culley, 2002; zitiert nach Schubert et al., 2019, S. 156). Was jedoch in allen Phasen gleich ist, ist, dass der Beratende in schwierige Situationen mit einem Klienten kommen kann und hierfür bestimmte Grundregeln beachten sollte. Im Rahmen eines Beratungssettings müssen außerdem die Klientencompliance und -adhärenz berücksichtigt werden. Was unter Compliance und Adhärenz zu verstehen ist, wird im Nachfolgenden erläutert. Weiterhin wird darauf eingegangen, welche Bedeutung die Compliance und Adhärenz von Klienten, insbesondere in schwierigen Beratungssituationen, einnehmen.
1.1 Definition von Compliance
Der Begriff Compliance kann aus dem Englischen mit „Befolgung, Einhaltung oder Zustimmung“ übersetzt werden (Mühlig, 2018, S. 350). Diese Übersetzungen passen grob mit der Definition des Psychrembel zusammen, in dem Compliance als ein „Akzeptanzverhalten des Patienten oder eines Ratsuchenden gegenüber medizinischen oder psychotherapeutischen Maßnahmen; im engeren Sinn die korrekte Einnahme verordneter Medikamente, das Befolgen einer Ernährungsumstellung oder die Veränderung des Lebensstils“ (Bruchhausen & Psychrembel Redaktion, 2018) definiert wird.
Das Konzept der Compliance ist eher als eine autoritär-hierarchische Beziehung zwischen dem Behandelnden und den Klienten zu betrachten und wird mit Informations- und Kompetenzdefiziten aufseiten des Klient assoziiert (Mühlig, 2018, S. 350; Schäfer, 2017, S. 14). Entsprechend Mühlig (2018) und Petermann (1998) wird der Compliance-Begriff heute als überholt dargestellt und deutlich kritisiert. Die Definition zeigt ein falsches Rollenverständnis, nach dem der Beratende, der Expert ist und der Ratsuchende dem Gesagten folgen muss. Es wird somit die Klientenautonomie und -selbstbestimmung komplett untergraben. Dies bedeutet außerdem, dass es kein Mitspracherecht durch den Klienten gibt. Diese Faktoren sind nicht förderliche für die Mitarbeit und Motivation des Ratsuchenden, insbesondere wenn ein langfristiges Engagement notwendig ist (Mühlig, 2018, S. 350; Petermann, 1998, S. 9).
Auch wenn der Compliance-Begriff als überholt gilt, wird er noch verwendet und teilweise in der Praxis gelebt. Entsprechend des AOK Bundesverbandes gibt es verschiedene Bedingungen, die die Compliance positiv oder negativ beeinflussen können. Hierunter fallen unter anderem der Grund für das Beratungsgesuche (Art und Schweregrad sowie Dauer und Leidensdruck), der Beratungsprozess (einfacher oder komplexer Beratungsprozess), die Qualität, Dauer und Frequenz der Berater-Klienten-Beziehung sowie verschiedene sozialpsychologische Faktoren wie z. B. der persönliche Glaube des Ratsuchenden an den Beratungsprozess (AOK Bundesverband, o. J.). Hierzu beschreibt Sonnenmoser (2005) ergänzend weitere Gründe für eine Non-Compliance bei Ratsuchenden. Diese können unter anderem in Ängsten, Vorbehalten und Zweifeln liegen. Weiterhin argumentiert Sonnenmoser, dass Ratsuchende meist einen geringen Leidensdruck haben und deswegen den Anweisungen des Beratenden nicht folgen würden. Als weiteren Grund für eine Non-Compliance gibt Sonnenmoser an, dass der Behandlungsplan zu schwierig ist und nicht in den Alltag des Klientels eingebunden werden kann (Sonnenmoser, 2005, S. A704).
1.2 Definition von Adhärenz
Um eine freiwillige und eigenverantwortliche Arbeit des Klientel und dadurch eine Beziehung auf Augenhöhe zwischen dem Beratenden und dem Ratsuchenden zu schaffen, wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Begriff der Adhärenz geprägt. Entsprechend der World Health Organization [WHO] (2003) wird unter Adhärenz verstanden, „inwieweit das Verhalten einer Person – die Einnahme von Medikamenten, die Einhaltung einer Diät und/oder die Durchführung einer Änderung des Lebensstils – den vereinbarten Empfehlungen eines Gesundheitsdienstleisters entspricht“ (WHO, 2003, S. 3). Bei dieser Definition wurde besonders Wert darauf gelegt, dass die beiden Begriffe Compliance und Adhärenz voneinander abgegrenzt werden. Entsprechend der WHO (2003) besteht der Unterschied darin, dass Adhärenz die Zustimmung des Patienten zu den Empfehlungen erfordert. Dadurch ergibt sich, dass der Klient als aktiver Partner in seiner eigenen (Gesundheits-)Versorgung angesehen wird. Ein weiterer Unterschied ist, dass ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen den Ratsuchenden und dem medizinischen Fachperson bestehen muss, um effektiv arbeiten zu können (WHO, 2003, S. 4). Für eine gleichberechtigte Partnerschaft ist es jedoch unabdingbar, dass Sachverhalte an den Klienten in einer ihm gerechten Sprache weitergegeben werden und auf diesen Informationen basierend eine gemeinsame Entscheidung getroffen wird (De las Cuevas, 2011, S. 75). Zusätzlich , hat die WHO (2003) fünf Dimensionen definiert, die die Adhärenz beeinflussen und deswegen beachtet werden müssen: (1) das Gesundheitssystem sowie (2) soziale und wirtschaftliche, (3) zustands-, (4) therapie- und (5) patientenbezogene Faktoren (WHO, 2003, S. XI).
1.3 Schwierige Situationen in Beratungsverläufen
Eingangs wurde bereits kurz erläutert, dass der Beratungsprozess sich entsprechend Culley (2002) in drei Etappen gliedert, die alle ihre eigenen Ziele und Herausforderungen mitbringen. Die Anfangsphase einer jeden Beratung hat das Ziel, eine belastbare Beziehung zwischen dem Beratenden und dem Klienten zu etablieren. Hierdurch wird der Klient motiviert, an den eigenen Problemen zu arbeiten und die Klientencompliance wird gestärkt. Weiterhin wird in der Anfangsphase eingegrenzt, wo der Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegen soll und darauf aufbauend, erste Entscheidungen getroffen, die in einen gemeinsam formulierten Arbeitsvertrag münden. Das gemeinsame Formulieren des Arbeitsvertrages ist für die Klientenadhärenz sehr wichtig, weil so sichergestellt werden kann, dass der Ratsuchende mit den zukünftigen Maßnahmen einverstanden ist. Des Weiteren resultiert daraus eine gemeinsame Verantwortung für den Beratungsauftrag und es wird nicht der Beratende als einseitige Expertenleistung verstanden. In der darauffolgenden Mittelphase ist das Hauptziel zur Aufrechterhaltung der Adhärenz die Arbeitsbeziehung weiter zu stärken. In dieser Phase ist es jedoch ebenso wichtig, dem Klienten andere Sichtweisen aufzuzeigen. Durch eine Konfrontation können neue Wege eingeschlagen werden und Feedback kann dabei helfen, dass der oder die Ratsuchende weiterhin motiviert bleibt. Die in dieser Phase erarbeiten Strategien werden im Anschluss in der Endphase gefestigt und in das Leben des Klienten eingefügt. Außerdem ist es in dieser Phase wichtig, dass eine Abnabelung des Klienten vom Berater und umgekehrt stattfindet (Culley, 2002; zitiert nach Schubert et al., 2019, S. 156–160).
In den drei beschriebenen Phasen können unterschiedliche Schwierigkeiten in der Beratung auftreten, die die Klienten-Berater-Beziehung stören können und somit einen Einfluss auf die Klientencompliance und -adhärenz haben. Grundsätzlich sind nach Noyon und Heidenreich (2020) schwierige Situationen deshalb schwer, weil sie für die behandelnde Person eine starke Herausforderung darstellen und diese an ihre eigenen Grenzen bringt. Nicht immer gibt es eine hilfreiche Lösung und einen Erfolg. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Behandelnde nur zu 50 % einen Einfluss auf die Beratung hat (Noyon & Heidenreich, 2020, S. 9–10). Im Nachfolgenden werden einige schwierige Situationen aus Therapie und Beratung dargestellt und erläutert, welche Bedeutung diese für die Compliance und Adhärenz des Ratsuchenden haben.
Gleich zu Beginn einer Beratung kann es zu Bedenken des Klienten gegenüber dem Berater kommen. Entsprechend Noyon und Heidenreich (2020) gibt es von Klienten hauptsächlich Zweifel am Beratenden, wenn dieser noch recht jung ist oder wenig Berufserfahrung vorweisen kann. Für die Compliance und Adhärenz des Ratsuchenden ist es besonders wichtig, dass diese Person sich bei dem Beratenden wohl und gut aufgehoben fühlt. Deshalb ist es wichtig, dass diese Zweifel am Beratenden offen angesprochen und besprochen werden. Für die beratende Person empfiehlt sich, offen mit dem eigenen Alter und der bisherigen Berufserfahrung und dem Ausbildungsstand umzugehen, insbesondere wenn die beratende Person noch in der Aus- oder Weiterbildungsphase ist. Falls in diesem Gespräch persönliche Defizite auf Seiten des Beratenden aufgedeckt werden, sollte der Beratende diese schnellstmöglich durch ein gründliches Studium, Literatursichtung oder Supervision beheben und dies gegenüber dem Klientel erörtern. Für den Beratenden empfiehlt es sich auf die Zweifel mit einer ruhigen und gelassenen Art zu reagieren, da dies vertrauensbildend wirkt und entsprechend einen positiven Einfluss auf die Adhärenz hat. Weiterhin wird empfohlen, dass der Beratende alle Fragen und Unklarheiten des Klienten souverän und informierend beantwortet. Am Ende kann der Ratsuchende entscheiden, ob die Zweifel ausgeräumt wurden und eine Behandlung in Erwägung gezogen wird oder nicht (Noyon & Heidenreich, 2020, S. 236–242).
Ebenfalls kann entsprechend Noyon und Heidenreich (2020) zu Beginn einer Beratung auffallen, dass der Ratsuchende wenig Eigenverantwortung zeigt und die Schuld für das eigene Verhalten in anderen Personen sucht. Hierbei besteht dann im Regelfall eine hohe Compliance, da der Ratsuchende den Beratenden als Experten ansieht und gewillt ist, dessen Lösung anzunehmen. Die Aufgabe des Beratenden ist es jedoch nur eine Hilfestellung bei der Erarbeitung der Lösung anzubieten, die der Ratsuchende anschließend selbst in das eigene Leben integrieren muss. Um diesen Prozess zu gestalten, ist eine Stärkung der Klientenadhärenz notwendig. Hierfür muss dem Klienten verdeutlich werden, dass er persönliche Verantwortung für den Veränderungsprozess übernehmen muss. Anschließend müssen gemeinsam Ziele erarbeitet werden, die für den Klienten erreichbar sind und wo die Person selbst dran glaubt. Durch eine Erhöhung der Adhärenz wird dem Ratsuchenden immer mehr bewusst, dass er selbst der Experte für das eigene Werte- und Normensystem ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei dieser Problemstellung wichtig ist, dem Klienten zu erläutern, wie eine Beratung funktioniert. Dabei sollte nichts beschönigt werden, aber trotzdem sollte ein Verständnis für das Problem des Klienten aufgebracht werden. Anschließend kann aktiv nach Handlungsspielräumen für den Klienten gesucht werden und die Person so zu einer aktiven Mitarbeit motiviert werden (Noyon & Heidenreich, 2020, S. 210–215).
Im Laufe des Beratungsprozesses kann es immer wieder vorkommen, dass Klienten ihre Termine sehr kurzfristig oder gar nicht absagen. Noyon und Heidenreich (2020) empfehlen direkt zu Beginn einer Beratung den Behandlungsvertrag mit dem Klienten zu besprechen. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf das Ausfallhonorar gelegt werden. Falls es dann zu einem nicht Erscheinen oder einer kurzfristigen Terminabsage kommt, wird weiterhin von Noyon und Heidenreich (2020) empfohlen, in der darauffolgenden Stunde mit dem Klienten über diese Situation und das Ausfallhonorar zu sprechen. Zum einen kann so der Grund für die Absage oder das Nicht-Erscheinen herausgefunden werden und zum anderen kann die Einstellung des Ratsuchenden zur Beratung erörtert werden. Dieses Gespräch gibt einen Aufschluss über die Klientencompliance und -adhärenz. Wenn die Gründe bereits in einer geringen Adhärenz liegen, kann das Ansprechen des Verhaltens und das Einfordern des Ausfallhonorars zu einer noch schlechteren Klienten-Berater-Beziehung führen. An dieser Stelle ist es jedoch wichtig, dass der oder die Beratende sich auf keine Diskussionen einlässt und zeigt, dass bei gegensätzlicher Meinung die eigene Meinung bestand haben darf. Dieses Verhalten des Beratenden ist für den Klienten eine Vorbildfunktion und kann im Anschluss die Adhärenz wieder stärken (Noyon & Heidenreich, 2020, S. 65–71).
Anhand der drei vorgestellten schwierigen Situationen in der Beratung wurde bereits deutlich, dass schwierige Situationen und deren Lösung einen positiven Effekt auf die Klientencompliance und -adhärenz haben. Da jedoch nicht jede schwierige Situation gleich ist und vom Klienten, dessen Alter, soziodemografischen Daten und Beratungsanliegen abhängen, haben Noyon und Heidenreich (2020) Grundregeln entwickelt, die in schwierigen Situationen berücksichtigt werden sollten. Da schwierige Situationen nie vollständig vermieden werden können, empfiehlt es sich vorzubeugen. Verbeugen geht unter anderem in dem der Beratende bei den Sitzungen konzentriert ist und auf den Klienten eingeht. Hierunter fällt unter anderem, dass zu Beginn mit dem Klienten eine Ziel- und Werterklärung bzw. ein Arbeitsvertrag geschaffen wird. Weiterhin wird empfohlen, in schwierigen Situationen Ruhe zu bewahren. Wenn der Beratende in schwierigen Situationen Ruhe bewahrt, zeigt dies Sicherheit im eigenen Handeln und stärkt in den meisten Fällen die Klienten-Berater-Beziehung und dementsprechend die Adhärenz. Bei schwierigen Situationen ist außerdem immer zu beachten, dass es um einen bestimmten Menschen geht. Nur weil in einer ähnlichen Situation eine Methode gut gewirkt hat, muss dies bei dem aktuellen Fall nicht ebenso geschehen. Es muss das Individuum betrachtet werden und auf dieses speziell eingegangen werden. Wenn gehäuft schwierige Situationen in der Beratung erlebt werden, ist es zu empfehlen, den eigenen Blick zu erweitern und sich selbst und die Situationen zu reflektieren. Hierfür kann eine Supervision oder Intervision geeignet sein. Zum Blick erweitern gehört jedoch auch, zu schauen, wie es einem selbst aktuell geht und einen wohlwollenden Umgang mit sich selbst zu pflegen (Noyon & Heidenreich, 2020, S. 10–13).
Ergänzend zu den Ausführungen von Noyon und Heidenreich (2020) hat Engel (2020) drei Aspekte erläutert, die die Grundhaltung und -regeln in Beratungssettings nochmals verdeutlichen. Zum einen ist da die Akzeptanz. Akzeptanz für Schwierigkeiten kann in einer emotionalen Wärme und Verständnis für die Problemsituation an den Ratsuchenden herangetragen werden. Die Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch das kognitive Erfassen des Problems. Der zweite Aspekt ist Empathie. Empathie erfordert die eigene, evtl. gegensätzliche Meinung gegenüber dem Ratsuchenden auszublenden und sich in das Gegenüber hineinzuversetzen. Als letzter Aspekt wird die Echtheit genannt. Unter Echtheit versteht Engel, dass die eigenen Gefühle und Einstellungen gegenüber der Problemsituation verbal und nonverbal ausgedrückt werden können und mit den Aussagen des Klientel übereinstimmen (S. 100–102).
2 Aufgabe A2
Antonovsky (1979) ging bereits bei seiner ersten Veröffentlichung zum Thema Kohärenzgefühl (engl. sense of coherence, SOC) davon aus, dass es nicht nur ein persönliches SOC gibt, sondern ebenso eins, dass auf der Familienebene besteht. Hierbei betonte Antonovsky bereits in Anlehnung an den systemischen Ansatz, dass z. B. der Tod eines Elternteils oder die Behinderung eines Kindes das SOC der sozialen Gruppe Familie schwächen kann (zitiert nach Retzlaff, 2014, S. 121). Auf den nachfolgenden Seiten wird beschrieben, was unter dem SOC von Antonovsky verstanden wird. Anschließend wird der systemische Beratungsansatz erläutert. Abschließend wird auf Methoden eingegangen, mit denen sich die Komponenten des SOC bearbeiten lassen und es werden systemische Beratungstechniken vorgestellt, die zur Beeinflussung der drei Komponenten der Kohärenz dienen können.
2.1 Kohärenzgefühl nach Antonovsky
Das SOC wurde aus einer qualitativen Studie, in der 51 Holocaust-Überlebende interviewt wurden, entwickelt (Antonovsky, 1997, S. 34). Entsprechend Antonovsky (1997) ist Kohärenz „eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat […]“ (S. 36). Hierein spielen drei Faktoren, die unterschiedlich ausgeprägt sein können (Antonovsky, 1997, S. 34): (1) die Verstehbarkeit, (2) die Handhabbarkeit und (3) die Bedeutsamkeit.
Nach Antonovsky (1997) kann die Verstehbarkeit als „das Ausmaß, in welchem man interne und externe Stimuli als kognitiv sinnhaft wahrnimmt, als geordnete, konsistente, strukturierte und klare Information und nicht als Rauschen – chaotisch, ungeordnet, willkürlich, zufällig und unerklärlich“ (S. 34) definiert werden. Damit ist gemeint, dass eine Person mit einem hohen Ausmaß an Verstehbarkeit zukünftigen Ereignissen nicht unvorbereitet entgegentritt und falls dies doch der Fall sein sollte, die Ereignisse entsprechend eingeordnet und erklärt werden können (Antonovsky, 1997, S. 34).
Unter dem Begriff der Handhabbarkeit wird von Antonovsky (1997) „das Ausmaß in dem man wahrnimmt, daß [sic] man geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um den Anforderungen zu begegnen, die von den Stimuli, mit denen man konfrontiert wird, ausgehen“ (S. 35) verstanden. Bei einem hohen Ausmaß an Handhabbarkeit spricht Antonovsky (1997) davon, dass die Person über interne (physische und psychische Merkmale) und externe (Familie, Arbeitsstelle, Freundeskreis) Ressourcen verfügt, die sie bei einem negativen Ereignis nicht die ganze Welt infrage stellen lässt. Die Person wird das Ereignis eher verstehen als eine Situation, die in einem Leben passieren kann (Antonovsky, 1997, S. 35).
Die Bedeutsamkeit und die Handhabbarkeit allein sind jedoch noch nicht ausreichend, um ein hohes Kohärenzgefühl zu entwickeln. Hierfür bedarf es zusätzlich der motivationalen Komponente der Bedeutsamkeit (Antonovsky, 1997, S. 38). Entsprechend der Definition von Antonovsky (1997) ist die Bedeutsamkeit „das Ausmaß, in dem man das Leben emotional als sinnvoll empfindet: daß [sic] wenigstens einige der vom Leben gestellten Probleme und Anforderungen es wert sind, daß [sic] man Energie in sie investiert, daß [sic] man sich für die einsetzt und sich ihnen verpflichtet, daß [sic] sie eher willkommene Herausforderungen sind als Lasten, die man gerne los wäre“ (S. 35-36). Entsprechend der Meinung von Antonovsky (1997) nimmt eine Person mit einem hohen Ausmaß an Bedeutsamkeit negative Ereignisse eher als Herausforderung an und erledigt diese mit Anstrengung und Engagement (S. 36).
Abschließend lässt sich festhalten, dass ein hohes Ausmaß an Kohärenz nur existieren kann, wenn eine Person eine bestimmte motivationale Grundhaltung mitbringt. Ohne die Bedeutsamkeit kann keine Verstehbarkeit und Handhabbarkeit existieren bzw. nicht lange aufrecht erhalten bleiben. Am zweitwichtigsten ist die Verstehbarkeit, da ohne diese kein Verständnis für bestimmte Situationen und Ereignisse aufgebracht werden kann und entsprechend kein Umgang mit diesen gefunden werden kann, was die Handhabbarkeit impliziert. Zusammenfassend heißt dies, dass alle drei Komponenten eng miteinander verwoben sind und sich gegenseitig bedingen (Antonovsky, 1997, S. 38).
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