Im Laufe unseres Lebens lernen wir verschiedene Menschen kennen. Sie haben vielleicht verschiedene Hauttöne, sprechen mit verschiedenen Akzenten und haben einen unterschiedlichen Lebensstil. Menschen sind Individuen. So verschieden sie sind, so verschieden sind auch ihre Persönlichkeiten und der Umgang mit Schwierigkeiten. Ich habe die Lebensweltorientierte Sozialarbeit gewählt, weil es mir gefällt, wie verschieden Menschen sein können und dass es nie nur einen Weg der Lösung gibt. Es wird individuell gehandelt. Je nach den Ressourcen, die sich in der Lebenswelt eines Einzelnen befinden. Denn der Mensch prägt seine Lebenswelt und diese prägt den Menschen.
Das Fallbeispiel Sabine wurde nach längerer Suche ausgewählt. Ich habe es gelesen und mich gefragt, ob trotz des schlimmen Vorfalls und den Barrieren in der Lebenswelt, eine Gestaltung des gelingenden Alltags möglich ist. Und sofern ja, wie dieser sich gestalten könnte. Ich möchte dies mit den theoretischen Grundlagen der Lebensweltorientierten Sozialarbeit prüfen. Dazu werden bereits vorhandene und neue Ressourcen aus der Lebenswelt von Sabine und ihrem Vater dargestellt. Vor allem soll auf die Erreichung eines noch gelingenderen Alltags eingegangen und die Mittel dazu näher beleuchtet werden...
Inhalt
1 Ein gelingender Alltag
2 Der Fall: Sabine
3 Multiperspektivische Fallarbeit
3.1 Praktischer Standpunkt
3.2 Fachwissen
3.3 Verweisungswissen
3.4 Beziehungswissen
4 Lebensweltorientierte Sozialarbeit
4.1 Lebenswelt vom Vater und Sabine
4.2 Struktur- und Handlungsmaxime
5 Fazit: Der gelingende Alltag
6 Literaturverzeichnis
1 Ein gelingender Alltag
Im Laufe unseres Lebens lernen wir verschiedene Menschen kennen. Sie haben vielleicht verschiedene Hauttöne, sprechen mit verschiedenen Akzenten und haben einen unterschiedlichen Lebensstil. Menschen sind Individuen. So verschieden sie sind, so verschieden sind auch ihre Persönlichkeiten und der Umgang mit Schwierigkeiten.
Ich habe die Lebensweltorientierte Sozialarbeit gewählt, weil es mir gefällt, wie verschieden Menschen sein können und dass es nie nur einen Weg der Lösung gibt. Es wird individuell gehandelt. Je nach den Ressourcen, die sich in der Lebenswelt eines Einzelnen befinden. Denn der Mensch prägt seine Lebenswelt und diese prägt den Menschen.
Das Fallbeispiel Sabine wurde nach längerer Suche ausgewählt. Ich habe es gelesen und mich gefragt, ob trotz des schlimmen Vorfalls und den Barrieren in der Lebenswelt, eine Gestaltung des gelingenden Alltags möglich ist. Und sofern ja, wie dieser sich gestalten könnte.
Ich möchte dies mit den theoretischen Grundlagen der Lebensweltorientierten Sozialarbeit prüfen. Dazu werden bereits vorhandene und neue Ressourcen aus der Lebenswelt von Sabine und ihrem Vater dargestellt. Vor allem soll auf die Erreichung eines noch gelingenderen Alltags eingegangen und die Mittel dazu näher beleuchtet werden.
2 Der Fall: Sabine
„Sabine ist 13 Jahre alt und wurde von der örtlichen Polizei gegen 1:00 Uhr morgens am Bahnhof aufgegriffen, wo sie in der Nähe eines Heizungsschachtes ein Nickerchen zu machen versuchte. Nachdem Sabine im Gespräch mit den Beamten betont, dass sie keinesfalls wieder zu ihrem Vater zurückgehen will, da dieser sie ständig schlägt, verständigen die Beamten das Jugendamt. Nach einem intensiven Gespräch mit Sabine entscheidet der zuständige Sachbearbeiter, dass Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegen, die ein Eingreifen des Jugendamtes notwendig machen könnten. Er verweist Sabine an die örtliche Jugendschutzstelle, wo sie zunächst unterkommen kann, und kontaktiert das zuständige Gericht, um alles Notwendige in die Wege zu leiten.“ (Galuske, M. 2013: S.192)
3 Multiperspektivische Fallarbeit
Die multiperspektivische Fallarbeit nach B. Müller wird durch gründliches und systematisches Verstehen, sowie über das Nachdenken und Herantasten an das Kernproblem gekennzeichnet. Mit dem Klient1 wird ein Arbeitsbündnis geschaffen, in dem Ziele formuliert und Schritte zur Erreichung dieser geklärt werden. Dazu ist die sinnvolle Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren und vor allem mit den Beteiligten notwendig (vgl. Müller, B. 2012).
Müller versteht „unter multiperspektivischem Vorgehen [...] eine Betrachtungsweise, wonach sozialpädagogisches Handeln bewusste Perspektivenwechsel zwischen unterschiedlichen Bezugsrahmen erfordert“ (Müller, B. 2006: S.21, zit. n. Sarkany, P. 2013: S.37). „Die Soziale Arbeit (.) muss die ganze Komplexität eines Falles beachten. Deshalb ist ein Fall in der Sozialen Arbeit in der Regel nie einfach zu deuten (.). Je nach dem, welche Akteure beteiligt sind, stellt sich der Fall möglicherweise sehr unterschiedlich dar, es gibt nicht die eine Wahrheit.“ (Müller, B. 2012: S.32f.).
3.1 Praktischer Standpunkt
Im Fall Sabine werde ich die Rolle eines Sozialarbeiters in der Familienhilfe einnehmen. Nachdem Sabine in der örtlichen Jugendschutzstelle untergekommen ist, offenbart sie sich einer Mitarbeiterin, dass sie lieber wieder nach Hause möchte und letzte Nacht gelogen hätte. Ihr Vater hätte sie das erste Mal geschlagen, nachdem sie sich gestritten hatten. Im Streit ging es um die Arbeitszeit des Vaters, der von früh bis spät arbeiten geht und Sabine sich allein fühlt. Nach einer hitzigen Diskussion und Provokationen seitens Sabine, fühlte sich der Vater mit der Situation überfordert und schlug Sabine. Daraufhin verließ Sabine die Wohnung und flüchtete zum Bahnhof. Kurze Zeit später wurde sie von den Beamten aufgegriffen.
Die Jugendschutzstelle informiert das Jugendamt bzw. mich als Familienhilfe, da Sabine zurück nach Hause möchte und der Vater seine unkontrollierte Reaktion bereue. Nun soll die Familienhilfe Vater und Tochter im Alltag unterstützen und beratend zur Seite stehen.
Um verschiedenen Blickwinkel des Falles besser verstehen zu können, müssen drei Typen von Wissen verknüpft werden. Es handelt sich dabei um das Fachwissen, das Verweisungswissen und um das Beziehungswissen (vgl. Müller, B. 2012: S.53 ff.).
3.2 Fachwissen
Um die Frage nach dem „Fall von.?“ zu klären, wird Fachwissen benötigt. Zu klären sind die relevanten Sachaspekte, welche voneinander abgewägt werden müssen. Vor allem, wenn sie in einem Spannungsverhältnis stehen. Wissen über Gesetze, Pflichten und Verfahren des sozialstaatlichen Auftrags sind zur Klärung nötig (vgl. Müller, B. 2012: S.42 ff.).
Im Fall von Sabine ist es im ersten Moment ein Fall von Kindeswohlgefährdung nach dem §1666 im Bürgerlichen Gesetzbuch und der Inobhutnahme nach dem §42 des achten Sozialgesetzbuches. Aggressivität und Gewalt spielen ebenso eine Rolle. Sowohl vom Vater, der zuschlug, als auch von Sabine, die ihn verbal provozierte.
Wird jedoch tiefer in die Familie hineingesehen, ist es ein Fall von Überforderung in der Erziehung und von Familienproblemen.
3.3 Verweisungswissen
Das Verweisungswissen stellt sich die Frage nach dem „Fall für...?“. Es müssen die Zuständigkeiten der einzelnen Experten abgewägt werden. Das heißt, dass der Sozialarbeiter Tätigkeiten relevanter Instanzen erkennen muss und darauf verweisen muss, dass diese ihre Aufgaben erfüllen. Er muss Kenntnisse haben, von wem, wie und wo er für den Klienten und sich Unterstützung einholen kann, also sein Netzwerk nutzen. Zusätzlich muss er, im Rahmen seines Möglichen, die Tätigkeiten relevanter Instanzen prüfen können (vgl. Müller, B. 2012: S.42 ff.). Der Fall Sabine ist ein Fall für das Jugendamt, spezifischer für die Familienhilfe. Um solchen Situationen künftig keinen Raum zu bieten, soll die Familienhilfe beratend und unterstützend zur Seite stehen. Mit einbezogen werden dabei die Polizei, die das minderjährige Kind aufgegriffen haben. Sofern Sabine von der Situation psychisch beinträchtig ist, ist es ebenfalls ein Fall von psychologischer Betreuung.
3.4 Beziehungswissen
Es soll davon ausgegangen werden, „dass Fälle nur gemeinsam mit dem Betroffenen gelöst werden können und, dass die größte Herausforderung aller Fallarbeit darin besteht, deren Mitarbeit zu gewinnen und die Hindernisse dafür abzubauen.“ (Müller, B. 2012: S.43). Das Ungewisse wird gemeinsam als Arbeitsbündnis bewältigt. Es stellt sich die Frage nach dem „Fall mit.?“.
Zusätzlich zu dem Beziehungswissen sind das Wissen über Kommunikation und Selbstreflexionsvermögen von Nöten (vgl. Müller, B. 2012: S.41 ff.).
In dem selbstgewählten Beispiel wird ein Arbeitsbündnis mit dem Vater und Sabine, im Rahmen der Familienhilfe, eingegangen. Der Sozialarbeiter soll mit Hilfe des Beziehungswissen ein Begleiter und Unterstützer bei der Veränderung der Lebenswelt von Vater und Tochter sein.
4 Lebensweltorientierte Sozialarbeit
Bevor diese Theorie näher beleuchtet wird, ist zu klären, was unter einer Lebenswelt zu verstehen ist. A. Schütz bezeichnet die Lebenswelt als wandelbar. Sie ist ein Produkt von der Geschichte eines Menschen und wird durch Handlung geändert (vgl. Bock, K. 2015: S.198 ff.). Die Lebenswelt besteht aus gegenwärtigen und vergangen Situationen eines Individuums. Erwartungen an künftige Situationen werden durch Erinnerungen und ausgebildete Werte und Normen, sowie Regeln geprägt (vgl. Ritscher, W. 2002: S. 166 ff.). Das Individuum agiert in eigenen Dimensionen. Sei es in der Dimension der Zeit, des Raumes oder der sozialen Beziehungen. Auch Rituale, Kultur und Traditionen stellen Dimensionen dar.
Durch eigenes Tun wird die Lebenswelt eines Einzelnen re- und produziert. Es ist ein dynamisches System. Gesellschaftliche Entwicklungen und die eigene Lebenslage prägen die Lebenswelt zusätzlich. Diese wiederum prägt die Strategien im Alltag des Klienten, also die Grenzen und Möglichkeiten im Alltag zurecht zu kommen (vgl. Thiersch, H. 2015: S.200 f.). „Der wesentliche Aspekt, auf den Thiersch in Bezug auf seinen lebensweltorientierten Ansatz immer wieder hinweist, besteht darin, dass im professionellen Handeln die Lebenslage grundsätzlich berücksichtig, die Lebenswelt jedoch handlungsleitend sein muss.“ (Dieckbreder, F. 2016: S. 21). Unter einer Lebenslage wird ein bestimmter Handlungsrahmen des Individuums verstanden, der unterschiedliche materielle und immaterielle Faktoren bietet (vgl. Ahmed, S. 2015: S.198).
Menschen handeln aus verschiedenen Gründen. Nicht für jeden sind diese verständlich. Für das Individuum, welches handelt ergibt es jedoch stets Sinn. Es gilt herauszufinden, warum jemand wie handelt.
In den 1970-er Jahren wurde das Konzept der Lebenswelt von Thiersch aufgegriffen und später von ihm und Grunwald in das Konzept der Lebensweltorientierten Sozialarbeit übernommen (vgl. Bock, K. 2015: S.199). In dieser Theorie soll der Sozialarbeiter Ressourcen und Barrieren identifizieren. Die Lebenswelt wird von ihm erkundet und respektiert. Er soll mit den herausgefilterten Ressourcen aus dem Alltag arbeiten und dabei als Unterstützer und Begleiter fungieren. Die Zusammenarbeit zwischen Klient und Sozialarbeiter ist unabdinglich. Denn nicht der Sozialarbeiter sorgt für die Veränderung der Lebenswelt, sondern der aktive und handlungsfähige Klient. Lediglich durch kritisches Betrachten und leichten Provokationen soll er an Veränderungen der Lebenswelt mitwirken (vgl. Callo, Ch. 2005: S. 44 f.). Das Ziel dieser Theorie ist der gelingende Alltag. Unter Berücksichtigung der Selbstbestimmung und der Fähigkeiten, sowie Möglichkeiten des Klienten soll dieser erreicht werden (Otto, H.-U. 2011: S. 854). Orientierung sollen hierfür die Handlungs- und Strukturmaxime nach Thiersch bieten.
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1 Gendererklärung: Zur besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Jedoch beziehen sich personenbezogene Bezeichnungen sowohl auf das weiblich, männliche und diverse Geschlecht. Dies soll keines Falls eine Geschlechterdiskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ausdrücken.
- Citation du texte
- Anonyme,, 2019, Handlungstheorie und Lebensweltorientierung. Lebensweltorientierte Sozialarbeit am Fall Sabine, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1142279
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