Ziel der Arbeit ist, die positiven Auswirkungen von Narzissmus, vor allem in Bezug auf Führungskräfte, aufzuzeigen und diese von den negativen abzugrenzen. Im Weiteren soll durch den Forschungsteil der Arbeit herausgefunden werden, wie die herausgearbeiteten positiven Eigenschaften von gesunden Narzissten gemessen werden können. Ziel ist Handlungsempfehlungen für die eignungsdiagnostische Personalauswahl von Führungskräften zu geben. Hierzu wurde eine Umfrage an potenziellen Führungskräften durchgeführt, zur Erfassung von Primärdaten. Die Interpretation erfolgt anhand erstellter Bewertungstabellen, welche auf der Grundlage der Subskalen von Narzissmus und den dadurch gewonnenen Erkenntnissen zur Persönlichkeitseigenschaft Narzissmus basieren.
Die Forschungsfrage der Arbeit lautet, wie positiver Narzissmus bei der Auswahl von Führungskräften eignungsdiagnostisch festgestellt werden kann. Hierbei wird angenommen, dass durch Persönlichkeitstests, angelehnt an bestehende Messinstrumente für Narzissmus, welche Aussagen zur eigenen Person enthalten und durch Selbsteinschätzung beantwortet werden sollen, eine Unterscheidung in der Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals Narzissmus getroffen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Relevanz des Themas
1.2. Ziel der Arbeit und Forschungsfrage
1.3. Aktueller Stand der Forschung
1.4. Begriffsbestimmungen
1.4.1. Narzissmus
1.4.2. Führung
1.4.3. Persönlichkeit
2. Persönlichkeitseigenschaften und Führung
2.1. Helle Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften
2.1.1. Fünf- Faktoren-Modell
2.1.2. Hexaco Modell
2.1.3. Gesunder Narzissmus
2.2. Dunkle Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften
2.2.1. Destruktive Formen von Narzissmus
2.2.2. Machiavellismus
2.2.3. Psychopathie
3. Eignungsdiagnostik
3.1. Eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl
3.2. Bestehende Diagnostik für Narzissmus
4. Forschungsmethodik
4.1. Forschungsdesign
4.2. Forschungsziel
4.3. Stichprobe
4.4. Pretest
4.5. Datenerhebung
4.6. Datenauswertung
5. Diskussion und Schlussfolgerung
5.1. Analyse und Interpretation der Daten
5.2. Kritische Reflektion
5.3. Handlungsempfehlungen
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
7.1. Fragebogen
7.2. Excel Tabelle: Ergebnisse der Umfrage
7.3. Auswertung der Umfrage
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Hexaco Modell
Abbildung 2 Die dunkle Triade der Persönlichkeit
Abbildung 3 Korrelationen Anmerkung: eigene Darstellung
Abbildung 4 Geschlecht
Abbildung 5 Alter
Abbildung 6 Berufs- und Ausbildungssituation
Abbildung 7 Studiengang
Abbildung 8 Strebst du im Laufe deines Berufslebens eine Führungsposition an?
Abbildung 9 Item A1
Abbildung 10 Item A2
Abbildung 11 Item A3
Abbildung 12 Item A4
Abbildung 13 Item A5
Abbildung 14 Item A6
Abbildung 15 Item A7
Abbildung 16 Item A8
Abbildung 17 Item A9
Abbildung 18 Item A10
Abbildung 19 Item A11
Abbildung 20 Item A12
Abbildung 21 Item A13
Abbildung 22 Item A14
Abbildung 23 Item B1
Abbildung 24 Item B2
Abbildung 25 Item B3
Abbildung 26 Item B4
Abbildung 27 Item B5
Abbildung 28 Item B6
Abbildung 29 Item B7
Abbildung 30 Item C1
Abbildung 31 Item C2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Fünf- Faktoren- Modell
Tabelle 2 Items der Short Dark Triade
Tabelle 3 Pretest
Tabelle 4 Bewertungstabelle der Items A1 bis A14
Tabelle 5 Bewertungstabelle Items B1 bis B7 Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 6 Bewertungstabelle Items C1 und C2 Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 7 Allgemeine Fakten der Befragung Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 8 Spezifische Fragen (1) Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 9 Spezifische Fragen (2) Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 10 Spezifische Fragen (3) Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 11 Spezifische Fragen (4) Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 12 Spezifische Fragen (5) Anmerkung: eigene Darstellung
Tabelle 13 Studiengang zusätzliche Antworten.
Abkürzungsverzeichnis
DD Dirty Dozen
NPI Narcisstic Personality Inventory
SD3 Short Dark Triad
TOP Dark Triad of Personality at Work
1. Einleitung
Unternehmen und somit auch Führungskräfte sind heutzutage einer sich schnell verändernden Umwelt ausgesetzt, wodurch sie in einem global vernetzten, komplexen Umfeld, in dem sowohl Konkurrenzkämpfe, Machtverschiebungen und Krisen zu bewältigen sind, agieren müssen (Furtner & Baldegger, 2016, S. 1). Merkmale wie Anpassungsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und Flexibilität werden daher zunehmend wichtiger. Die Anforderungen an Führungskräfte wachsen und in den Fokus rücken immer stärker bestimmte Persönlichkeitseigenschaften (Furtner & Baldegger, 2016, S. 3). Diese sind zwar keine Garantie für Führungserfolg, jedoch können sie den Erfolg begünstigen (Kauffeld, 2014, S. 75).
1.1. Relevanz des Themas
Das Thema Narzissmus ist in der psychologisch-wissenschaftlichen Forschung der letzten Jahre stark in den Vordergrund gerückt (Kauffeld, 2014, S. 110). Oftmals wird auch vom „Zeitalter des Narzissmus“ gesprochen und der Bevölkerung heutzutage ein generell gesteigerter Narzissmus unterstellt (Kauffeld, 2014, S. 110). Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf Narzissmus bei Führungskräften. Der eigenschaftsorientierte Ansatz der Personalauswahl beschäftigt sich mit Führungserfolg gemessen an Persönlichkeitseigenschaften (Kauffeld, 2014, S. 110) und somit auch mit Ausprägungen von Narzissmus als Persönlichkeitseigenschaft.
Aufgrund möglicher fataler Folgen für Unternehmen, ausgelöst durch eine stark narzisstische Führungskraft und den gegenübergestellten positiven Einflüssen, die narzisstisch gesunde Führungskräfte mit sich bringen, ist eine Unterscheidung bereits in der Personalauswahl von Führungskräften durch eignungsdiagnostische Verfahren von großer Bedeutung (Schmidt- Lellek, 2004, S. 27).
1.2. Ziel der Arbeit und Forschungsfrage
Ziel der Arbeit ist die positiven Auswirkungen von Narzissmus, vor allem in Bezug auf Führungskräfte, aufzuzeigen und diese von den negativen abzugrenzen. Im Weiteren soll durch den Forschungsteil der Arbeit herausgefunden werden, wie die herausgearbeiteten positiven Eigenschaften von gesunden Narzissten gemessen werden können. Ziel ist Handlungsempfehlungen für die eignungsdiagnostische Personalauswahl von Führungskräften zu geben. Hierzu wurde eine Umfrage an potenziellen Führungskräften durchgeführt, zur Erfassung von Primärdaten. Die Interpretation erfolgt anhand erstellter Bewertungstabellen, welche auf der Grundlage der Subskalen von Narzissmus und den dadurch gewonnenen Erkenntnissen zur Persönlichkeitseigenschaft Narzissmus basieren.
Die Forschungsfrage der Arbeit lautet, wie positiver Narzissmus bei der Auswahl von Führungskräften eignungsdiagnostisch festgestellt werden kann. Hierbei wird angenommen, dass durch Persönlichkeitstests, angelehnt an bestehende Messinstrumente für Narzissmus, welche Aussagen zur eigenen Person enthalten und durch Selbsteinschätzung beantwortet werden sollen, eine Unterscheidung in der Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals Narzissmus getroffen werden kann.
1.3. Aktueller Stand der Forschung
Zur Lösung der Forschungsfrage werden Theorien und Modelle wie das Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit und das darauf aufbauende Hexaco Modell, sowie die Dunkle Triade der Persönlichkeit herangezogen. Um den Bezug zur Eignungsdiagnostik von Führungskräften herzustellen, wird der trimodale Ansatz der Eignungsdiagnostik und bestehende Verfahren zur Messung von Narzissmus wie das Narcisstic Personality Inventory, der Dirty Dozen, die Short Dark Triad und das Dark Triad of Personality at Work beleuchtet.
Es wird deutlich, dass sowohl in der Forschung als auch in öffentlichen Medien der Fokus stark auf den destruktiven Eigenschaften von Narzissten liegt (Kauffeld, 2014, S. 110). Eine Metaanalyse von Muris und Petrocchi (2016, S. 3) konnte 100 Arbeiten zur „Dunklen Triade“ der Persönlichkeit mit einbeziehen. In der Regel wird der Begriff „Narzissmus“ also vorwiegend mit negativen Eigenschaften wie Egoismus, Mangel an Empathie und Rücksichtslosigkeit assoziiert. Narzissmus als Persönlichkeitseigenschaft kann jedoch als ein Kontinuum angesehen werden, das in seiner stärksten Ausprägung als klinische narzisstische Persönlichkeitsstörung auftreten kann. Gipfeln kann Narzissmus und in einer antisozialen und psychopatischen Persönlichkeit (Dammann, 2009, S. 61) und stellt in geringer Ausprägung für das Selbstbewusstsein notwendigen „gesunden“ Narzissmus dar (Schneck, 2013, S. 37).
Aus den zahlreichen Studien und Publikationen zu dem Thema in jüngster Zeit haben sich einige Testverfahren zur Messung der Ausprägung von Narzissmus ergeben. Der Fokus dieser liegt größtenteils auf den malignen Eigenschaften von Narzissten, wobei positive Eigenschaften oftmals lediglich als Ausprägung auf dem Kontinuum erfasst werden. Diese bestehenden Messverfahren sind jedoch bis auf die TOP, welche explizit für den Einsatz in der Personalauswahl entwickelt wurde, für die berufliche Eignungsdiagnostik nicht geeignet, da sie sich vorwiegend auf klinische Diagnosen beziehen (Schwarzinger, 2020, S. 124).
Die in der Abschlussarbeit gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf alle Geschlechteridentitäten.
1.4. Begriffsbestimmungen
Im Folgenden werden die für diese Arbeit relevante Begriffe Narzissmus, Führung und Persönlichkeit erläutert. Diese werden im Hinblick auf hier relevante Aspekte in den Kontext der Arbeit eingeordnet.
1.4.1. Narzissmus
Narzissmus als Persönlichkeitseigenschaft hat ihren Ursprung in der griechischen Mythologie. In Ovids Metamorphosen geht es um den schönen Jüngling Narziss, welcher sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte und daran schließlich zugrunde ging (Externbrink & Keil, 2018, S. 8).
Erstmals erwähnt wurde der Begriff Narzissmus als klinische Kondition von Ellis (1898), der Narzissmus als „perverse Selbstliebe“ bezeichnete (Ellis, H. 1989, zitiert in Rosenthal, 2006, S. 618). Freud (1931/1950) proklamierte, dass Narzissmus eine Persönlichkeitseigenschaft sei, welche charakterisiert ist durch nach außen unerschütterliche Kraft, Selbstbewusstsein und manchmal Arroganz (Freud, 1931/1950, zitiert in Rosenthal, 2006, S. 618). Horney (1999) verfolgte diese Ansicht weiter und ergänzte, Narzissmus zeichne sich durch „Selbstaufblähung“, Selbstbewunderung und die Erwartung, von anderen bewundert zu werden aus (S. 89-90). Weiterhin wurde Narzissmus als Persönlichkeitsstörung erforscht durch Kernberg (1967). Dieser sah Narzissmus als einen pathologischen Prozess in der psychosexuellen Entwicklung und als einen Ausdruck von Rachegefühlen, als Reaktion auf entweder kalt gleichgültige oder aggressive Eltern (S. 655). Auf der anderen Seite untersuchte Kohut (1966) Narzissmus als nicht zwangsläufig pathologisches Phänomen, sondern als eine Entwicklung vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter (S.242). In seiner gesunden Form bringe Narzissmus Verhaltensweisen und Eigenschaften von Kreativität (1966, S. 257)und Humor (1966, S. 266) hervor.
In der Psychologie heute wird Narzissmus als Persönlichkeitseigenschaft als ein Kontinuum verstanden. Narzissmus reicht von positiven Formen, die sowohl für die Wirtschaft, als auch die Führung förderlich sind (Dammann, 2009, S. 60) und Voraussetzung für ein „gesundes“ Selbstbewusstsein sind (S. 63), bis hin zu destruktiven Formen, also einem pathologischen Narzissmus, der sogenannten narzisstischen Prägung und dem sogenannte malignen Narzissmus als Persönlichkeitsstörung (S. 60). Schlussendlich kann der maligne Narzissmus in einer psychopathischen Persönlichkeitsstörung gipfeln (Schneck, 2013, S. 37).
Narzissmus kann unteranderem als „grandiose narcissim“ (grandioser Narzissmus) oder auch offener Narzissmus auftreten, welcher Narzissmus als Persönlichkeitsmerkmal in der allgemeinen Bevölkerung beschreibt und durch starkes Dominanzstreben und hohes Selbstvertrauen charakterisiert ist (Hartmann, 2006, S. 15). „Vulnerable narcissism“ (verwundbarer Narzissmus) oder auch verdeckter dagegen ist entscheidend bei der pathologischen Betrachtung (Back, Küfner, Dufner, Rauthmann, Gerlach & Denissen, 2013, S. 1014). Dieser ist gekennzeichnet durch mangelndes Selbstwertgefühl, übermäßige Empfindlichkeit und häufig negative Gefühle (Hartmann, 2006, S. 15).
1.4.2. Führung
Unter Führung wird „im Allgemeinen ein sozialer Beeinflussungsprozess [verstanden], bei dem eine Person (der Führende) versucht, andere Personen (die Geführten) zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben und Erreichung gemeinsamer Ziele zu veranlassen“ (Steyrer, 2002, S. 1). Im Unternehmenskontext kann Führung in drei verschiedene Bereiche eingeteilt werden: Führung als Unternehmensführung, als Personalmanagement und als personale Mitarbeiterführung (Rosenstiel & Wegge, Führung, 2019, S. 271).
In dieser Arbeit wird lediglich die personale Mitarbeiterführung betrachtet, welche als „bewusste und zielorientierte Einflussnahme“ durch entweder Personen oder Strukturen beschrieben werden kann (Rosenstiel, 2001, S. 318). Es geht um eine Interaktion zwischen Führungskräften und den ihnen unterstellten Mitarbeitern, wobei die Führungskraft die gezielte Steuerung, Aktivierung und Kontrolle der Mitarbeiter übernimmt, um die Ziele der Gruppe, Abteilung, bzw. der Organisation zu erreichen (Rosenstiel & Kaschube, 2014, S. 678).
1.4.3. Persönlichkeit
Nach Gerrig und Zimbardo (2008) ist unter Persönlichkeit eine „komplexe Menge von einzigartigen psychischen Eigenschaften“ (S. 504-505) zu verstehen. Diese beeinflussen das für das jeweilige Individuum typische Verhalten in spezifischen Situationen und Verhaltensmuster über einen längeren Zeitraum. Grundsätzlich folgt der Begriff Persönlichkeit zwei Konzepten, zum einen die Einzigartigkeit eines jeden Individuums und zum anderen für deren charakteristische Verhaltensmuster (S. 504-505). Zum Verständnis der Persönlichkeit und dem Vorhersagen von menschlichem Verhalten wurde eine Vielzahl an Persönlichkeitstheorien und -tests entwickelt, welche sich mit den unterschiedlichen Eigenschaften (traits) von Individuen beschäftigen (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 505).
Auch in der Eignungsdiagnostik werden psychologische Tests zur Messung von Persönlichkeitseigenschaften eingesetzt (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 153). Besonders relevant sind diese bei der Auswahl von Führungskräften (Hossiep, 2013, S. 593).
2. Persönlichkeitseigenschaften und Führung
Der eigenschaftsorientierte Ansatz nimmt an, dass die Fähigkeit zu führen „egal ob angeboren oder erlernt eine relativ zeit- und situationsunabhängige Persönlichkeitsdisposition“ (Kauffeld, Ianito- Dahm, & Sauer , S. 108-109) darstellt. Das Ziel ist, die Persönlichkeitseigenschaften zu identifizieren, welche für die Führung förderlich und welche kontraproduktiv sind (S. 109).
Über die Jahre wurden viele Studien dazu durchgeführt, welche Persönlichkeitseigenschaften positiv mit Führungserfolg im Zusammenhang stehen (Kauffeld, 2014, S. 74) und welche Managementversagen oder Derailment (dt. „Entgleisung“) fördern oder auslösen. Unter Managementversagen versteht man „wiederholtes systematisches Handeln, welches zu gravierenden Misserfolgen führt“ (Westermann & Birkhan, 2013, S. 970). Daraus können auch finanzielle Schäden für das Unternehmen resultieren. Im Zusammenhang damit wird auch das sogenannte Fraud Management betrachtet, welches sich mit den Folgen von Wirtschaftskriminalität, also auch Betrugshandlungen beschäftigt (Scherp, 2018, S. 9-10). Diesen „hellen“ und „dunklen“ Persönlichkeitseigenschaften fallen jedoch jeweils sowohl positive als auch negative Aspekte zu (Judge & Long , 2012, S. 188), welche im Folgenden erläutert werden.
2.1. Helle Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften
Unter hellen Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften werden die Eigenschaften von Führungskräften verstanden, welche sich positiv auf den Führungserfolg auswirken. Jedoch garantieren diese Eigenschaften nicht zwangsläufig den Erfolg der Führung aber „aktive und effektive von inaktiven und ineffektiven Führungskräften“ (Furtner & Baldegger, 2016, S. 9) unterscheiden sich in verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften. Als wichtigste „helle“ Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften gelten vor allem Intelligenz, Selbstvertrauen, emotionale Reife, hohe Stresstoleranz, internale Kontrollüberzeugungen und soziale Kompetenz (Yukl, 2019, S. 427). Besonders die im Weiteren erläuterten Big- Five- Persönlichkeitsmerkmale wurden häufig im Zusammenhang mit Führungserfolg untersucht (Winkler, Dörr, & Klebl, 2017, S. 57).
2.1.1. Fünf- Faktoren-Modell
Allgemein anerkannt als Konsensmodell dient das Fünf- Faktoren- Modell von Costa und McCrae (1995) zur Erklärung der nicht- kognitiven Persönlichkeitsstruktur, im Rahmen der Persönlichkeitspsychologie als Grundlage und Orientierungspunkt vieler Studien und Publikationen (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 173). Die auch als „Big Five“ bezeichneten Dimensionen fassen die menschliche Persönlichkeit in fünf Persönlichkeitseigenschaften zusammen (Lee & Ashton, 2012, S. 6). In zahlreichen Studien konnten die fünf in diesem Modell dargestellten Persönlichkeitseigenschaften (Tabelle 1) wiederholt nachgewiesen werden (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 173).
Das Modell umfasst die fünf im Folgenden erläuterten Hauptdimensionen und deren Charakterisierung nach Ostendorf und Angleitner (2004, S. 576-578).
Tabelle 1 Fünf- Faktoren- Modell
Anmerkung: Adaptiert von Schuler, Höft und Hell 2014, S. 174
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Neurotizismus beschreibt die psychische Stabilität, bzw. Labilität eines Menschen. Je nach Stärke der Ausprägung variieren die damit einhergehenden Eigenschaften. Menschen mit einer hohen Ausprägung sind tendenziell eher nervös, angespannt und machen sich häufiger Sorgen. Bei einer niedrigen Ausprägung werden seltener negative Gefühle empfunden und es handelt sich um psychisch stabile Menschen (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 576). Extraversion beinhaltet die Stärke und Ausprägung von menschlicher Interaktion und genereller Aktivität. Man spricht in der Literatur auch von Begeisterungsfähigkeit (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 576-577).
Der Faktor Offenheit für Erfahrungen beschreibt das Ausmaß an Interesse und Beschäftigung mit neuen Erfahrungen. Damit einher gehen oftmals Fantasie, Wissbegierigkeit und das Hinterfragen von Normen und Wertesystemen. Menschen mit niedrigen Ausprägungen sind eher konventionell und neigen zu konservativen Einstellungen (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 577). Die Dimension Verträglichkeit zeichnet sich durch ausgeprägten Altruismus, Mitgefühl und Kooperativität aus. Niedrige Verträglichkeitswerte beinhalten Antagonismus und egozentrische Verhaltensweisen (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 577-578). Gewissenhaftigkeit beschreibt wie hoch oder niedrig die Ausprägung von Selbstkontrolle, Genauigkeit und Zielstrebigkeit ist. Bei hohen Ausprägungen handelt es sich um gut organisierte, effektiv planende Menschen. Auf der anderen Seite des Kontinuums jedoch befinden sich spontane und weniger sorgfältig handelnde Charaktere (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 578).
Eine Studie von Judge, Bono, Ilies und Gerhardt (2002) beschäftigt sich mit der Korrelation von Persönlichkeitseigenschaften und Führung, genauer mit den Big Five Persönlichkeiten und wie diese im Zusammenhang mit Führungserfolg stehen. Folgende Korrelationen konnten nachgewiesen werden (S. 765):
- Neurotizismus = -.24
- Extraversion= .31
- Offenheit= .24
- Verträglichkeit= .08
- Gewissenhaftigkeit= .28
Zusammengefasst bedeutet dies, dass vor allem Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit einen moderat positiven Zusammenhang mit Führungserfolg aufweisen und Neurotizismus moderat negative Zusammenhänge. Judge et. al. verweisen jedoch darauf, dass diese Korrelationen nicht vollständig erklärbar sind (2002, S. 775).
Die Messung der Ausprägungen der Dimensionen wird durch Persönlichkeitstests vorgenommen. Der hierbei am häufigsten eingesetzte Test ist der NEO-PI-R von Costa und McCrae (1995). Dieser beinhaltet 250 Items. Mit Hilfe einer fünfstufigen Likert-Skala soll der Grad der Ausprägung gemessen werden (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 578). Auf Grund der Dauer des Testes wurde eine Kurzversion, der NEO-FFI mit lediglich 48 Items abgeleitet. Die deutsche Version des NEO-PI-R´s wurde von Ostendorf und Angleitner (2004) entwickelt. Zur Diagnostik werden die Summenwerte der einzelnen Items zusammengerechnet und mit den Angaben auf einer Bewertungsskala verglichen. Der Hauptkritikpunkt am Modell ist die Frage, ob es möglich ist, die menschliche Persönlichkeit in lediglich fünf Merkmalen zusammenzufassen (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 174-175). Möglicherweise wird die Persönlichkeit nicht in vollem Umfang erfasst und besonders die „dunklen“ Persönlichkeitseigenschaften bleiben eher unberücksichtigt (Schwarzinger, 2020, S. 17).
2.1.2. Hexaco Modell
Das Hexaco Modell, dargestellt in Abbildung 1, stellt eine Erweiterung des Fünf-Faktoren-Modells dar und wurde von Lee & Ashton (2012) auf Basis des lexikalischen Ansatzes entwickelt. Zusätzlich zu den fünf Dimensionen der Big Five enthält das Hexaco Modell noch die Dimension Ehrlichkeit- Bescheidenheit/Demut oder auch H Faktor genannt. Wenn diese Dimension stark ausgeprägt ist, handelt es sich um aufrichtige Individuen, welche Regeln befolgen und sich nicht nach Status oder Anerkennung von anderen sehnen (Lee & Ashton, 2012, S. 20). Jedoch wird auch hier wieder dargestellt, dass es sich bei den Dimensionen um ein Kontinuum handelt und jeder Mensch eine individuelle Ausprägung besitzt, die bestimmt, wie dieser auf bestimmte Situationen reagiert und handelt (S. 21-22). Jede extreme Form einer Ausprägung, ob sehr „hoch“ oder sehr „niedrig“ hat Vorteile und Nachteile, welche situationsspezifisch sind (S. 22). Eine hohe Ausprägung von Ehrlichkeit/Bescheidenheit beinhaltet keinerlei Drang, andere auszunutzen, was dazu führt, dass andere einem vertrauen und gerne mit einem zusammenarbeiten. Es kann jedoch nachteilig sein, wenn man das Wohl anderer vor das eigene stellt (S. 27-28). Vorteilhaft gegenüber den Big Five ist, dass das Modell eine transkulturelle Stabilität hat, also in 12 Sprachen geprüft wurde und somit stabiler ist (S. 14-16). Das Modell wird in der Praxis bevorzugt verwendet, da eine hohe Ausprägung von Ehrlichkeit- Bescheidenheit einen direkten Gegenpol zu der dunklen Triade darstellt (Schwarzinger, 2020, S. 18).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Hexaco Modell
Anmerkung: Adaptiert von Lee und Ashton, 2012, S. 20
2.1.3. Gesunder Narzissmus
Der Begriff narzisstische Persönlichkeit ist oftmals eher negativ konnotiert, jedoch konnte herausgearbeitet werden, dass es sich bei Narzissmus als Persönlichkeitsausprägung um ein „Kontinuum handelt, das von positiven, der Wirtschaft und Führung förderlichen Formen bis hin zu destruktivem oder psychopathischem Narzissmus reicht“ (Dammann, 2009, S. 61). Es wird zwischen produktiven (erwünschten) und destruktiven (unerwünschten) Formen von Narzissmus unterschieden. Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich mit gesundem Narzissmus, im Sinne von ausreichend Selbstwert und Selbstfürsorge (Dammann, 2009, S. 63) und welchen Einfluss diese Persönlichkeitseigenschaft auf Führung von Mitarbeitern hat.
Personen mit positiven Ausprägungen von Narzissmus sind oftmals sehr kreativ und gute Strategen, die in der Lage sind, komplexe Probleme zu verstehen und diese, mit gegebenenfalls auch risikoreichen Vorschlägen, zu lösen (Dammann, 2007, S. 101). Durch ihr Charisma verfügen sie über die Fähigkeit andere für Aufgaben zu begeistern und sie mitzureißen. Vor allem wenn sie selbst von der Sinnhaftigkeit der Ziele und Visionen überzeugt sind, haben sie hohes Potenzial gute Führungskräfte zu sein (Schneck, 2018, S. 22). Im Gegensatz zu den destruktiven Narzissten streben sie nicht vorwiegend nach der Anerkennung anderer, diese gibt ihnen jedoch Aufschwung (Schneck, 2018, S. 22). Auch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen ist ihnen wichtig, andere sollen sich in ihrer Anwesenheit wohlfühlen (Mertens, 2005, S. 182). Dies trägt ebenfalls zur Entwicklung und Stärkung der Gruppenidentität bei (Wirth , 2006, S. 162).
Laut Volkan (2006 ) ist eine „ausreichende Portion Narzissmus, ja selbst übertriebener Narzissmus“ (S.225) erforderlich, um als (politischer) Führer erfolgreich zu sein und etwas zu bewirken. Durch ihre Dominanz, Zuversichtlichkeit, Innnovationsfähigkeit und Risikobereitschaft sind narzisstische Führungskräfte besonders in Krisenzeiten besonders wichtig, um Mitarbeiter zu motivieren und das Unternehmen voranzubringen (Schneck, 2013, S. 111-113) Im Zusammenspiel von Narzissmus und Macht stellt Narzissmus eine „zentrale psychische Voraussetzung zur Ausübung von Macht“ (Wirth , 2006, S. 164) dar, problematisch wird dies lediglich, wenn die Machtposition genutzt wird, um den eigenen Selbstwert zu steigern (siehe Kapitel 2.2.1) (S. 162).
2.2. Dunkle Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften
Die sogenannten dunklen Persönlichkeitseigenschaften wurden erstmals von Paulhus und Williams (2002) analysiert. Diese bezeichneten Machiavellismus, subklinische Ausprägungen von Narzissmus und Psychopathie als die dunkle Triade der Persönlichkeit (S. 556), dargestellt in Abbildung 2. Alle drei Eigenschaften sind geprägt von dem Drang nach Selbstförderung, niedriger Verträglichkeit und emotionaler Kälte (S. 557). Es handelt sich um sozial nicht erwünschte und mit der Umwelt wenig verträgliche Persönlichkeitseigenschaften (Kauffeld, Ianito- Dahm, & Sauer , S. 109). Besonders Narzissmus nimmt eine zentrale Rolle in der jüngeren Forschung ein (Furtner & Baldegger, 2016, S. 18).
Von großer Bedeutung bei diesen drei Persönlichkeitseigenschaften ist, die Abgrenzung von pathologischen und nicht pathologischen Varianten. Sowohl Narzissmus (American Psychiatric Association , S. 1054-1055) als auch Psychopathie (S. 903) sind im DSM (Diagnostic and statistical manual of mental disorders) als klinische Störung enthalten. Diese Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit den subklinischen Ausprägungen, da die Übergänge von subklinischen Ausprägungen zur krankhaften Persönlichkeitsstörungen jedoch fließend sind (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 41), werden diese im Folgenden kurz betrachtet. Subklinische Ausprägungen können sich bei einer starken Ausprägung im weiteren Verlauf des Lebens zu einer klinischen Störung weiterentwickeln (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 42).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Die dunkle Triade der Persönlichkeit
Anmerkung: Adaptiert von Schüler Lubienetzki und Lubienetzki, 2017, S. 41
2.2.1. Destruktive Formen von Narzissmus
Das Spektrum auf dem sich Narzissmus bewegt ist, wie bereits erwähnt, weitläufig und kann sowohl Formen von gesundem Narzissmus bis hin zur klinischen Persönlichkeitsstörung annehmen (Dammann, 2009, S. 60). Auf diesem Kontinuum befindet sich ebenfalls die narzisstische Prägung, welche bereits pathologisch ist und schon destruktive Züge annehmen kann und der maligne Narzissmus, also die narzisstische Persönlichkeitsstörung (Schneck, 2018, S. 22). Laut Wirth (2006) sind diese narzisstischen Persönlichkeitsmerkmale für Institutionen oftmals eine große Gefahr (S168-169). Destruktiver Narzissmus als Persönlichkeitsmerkmal ist durch einen stark überhöhten, unrealistischen und gleichzeitig labilen Selbstwert gekennzeichnet (Hartmann, 2006, S. 12). Äußerlich wirken betroffene Personen zunächst charismatisch und souverän, weshalb sie von anderen positiv wahrgenommen werden (Dammann, 2009, S. 72) und auch häufig Führungspositionen bekleiden (Schneck, 2013, S. 102). Innerlich streben sie jedoch nach Bewunderung und Anerkennung von anderen und somit einer Regulierung des eigenen Selbstwertes (S. 69). Narzisstische Persönlichkeiten haben oft die Tendenz sich zu überschätzen und sind gekennzeichnet durch einen Mangel an Schuldgefühlen, Bindung, Loyalität und Empathie gegenüber anderen. Sie besitzen die Fähigkeit andere zu „lenken, beeinflussen oder zu manipulieren“ (Dammann, 2009, S. 70). Typischerweise sprechen sie sich selbst überwiegend gute Eigenschaften zu und unterstellen anderen hauptsächlich negative Eigenschaften (Schneck, 2018, S. 72).
Macht ist ein wirkungsvoller Stimulus, für das teilweise fragile Selbstbewusstsein von Narzissten (Wirth , 2006, S. 164). Gesellschaftliche Machtpositionen geben ihnen die Möglichkeit, durch Dominanz, ihren labilen Selbstwert zu kompensieren und somit andere ihm Unterstellte zu funktionalisieren und auszunutzen (S. 162). Dies geht oftmals auch mit Realitätsverlust und einer Abwendung von Normen und Werten der Gesellschaft und der Institution überein (S. 169).
Am gegenüberliegenden Ende vom gesunden Narzissmus ist auf dem Kontinuum die narzisstische Persönlichkeitsstörung zu finden. Der DSM-V nennt vor allem ein „tiefgreifendes Muster an Großartigkeit“, Mangel an Empathie und Einfühlungsvermögen, stark sensiblen Umgang mit Kritik und ein Bedürfnis nach Bewunderung, als Hauptmerkmale einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (American Psychiatric Association , 2018, S. 919-920). Diese geht oftmals auch mit weiteren Störungen einher (S. 921-922).
Führungspersonen mit destruktiven Ausprägungen von Narzissmus oder einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung können erfolgreich führen, jedoch oftmals lediglich für eine kurze Zeit, da es ihnen auf Dauer nicht gelingt die Fassade aufrechtzuerhalten und in einen Zustand der „Regression“ fallen (Volkan, 2006 , S. 225).
2.2.2. Machiavellismus
Machiavellismus ist, der bisher am wenigsten wissenschaftlich untersuchte Bestandteil der dunklen Triade, weshalb auch keine vergleichbare Forschungsliteratur vorliegt (Schwarzinger, 2020, S. 40). Der Begriff stammt von dem italienischen Staatstheoretiker und Politiker Niccolo Machiavelli, welcher im 16. Jahrhundert in seinem Buch „der Fürst (II Principe)“ die Auffassung beschreibt, dass alle Mittel außerhalb von „Recht, Gesetz und Moral erlaubt sind, um Macht zu gewinnen und diese zu erhalten“ (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 42). Machiavellisten sind getrieben von dem Drang, Macht zu erlangen und Macht über andere Menschen zu besitzen und auszuüben, weshalb diese oftmals Führungspositionen anstreben (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 42).
Christie und Geis (1970) identifizierten vier typische Merkmale für machiavellistische Persönlichkeiten (S.3-4):
1. Ein relativer Mangel an Gefühlen in zwischenmenschlichen Beziehungen
2. Mangelndes Interesse an konventioneller Moral
3. Ausgeprägten Sinn für Realität
4. Geringe ideologische Bindung
Auf Basis dessen entwickelten sie die Mach IV, welche 20 Items zur Messung von Machiavellismus enthält. Diese wurde in den nächsten Jahren weiterentwickelt und auch eine Reihe weiterer Messverfahren abgeleitet (Schwarzinger, 2020, S. 40-41). Im beruflichen Kontext zeichnen sie sich durch ihren realistischen Blick auf die Welt, Risikomanagement und Opportunismus aus (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 45). Die Problematik liegt darin, dass sie häufig andere manipulieren (Jones & Paulhus , 2009, S. 97), einen starken Drang nach Rache und Vergeltung besitzen (Jones & Paulhus , 2009, S. 99) und emotional sehr distanziert sind (Schwarzinger, 2020, S. 41).
2.2.3. Psychopathie
Das Wort Psychopathie setzt sich aus dem Wort „Psyche“ (griech.: Seele) und „Pathos“ (griech.: Krankheit) zusammen, was so viel bedeutet wie „Geisteskrankheit“ (Hare , 2005, S. 19), weshalb unter dem Begriff zeitweilig alle psychischen Störungen zusammengefasst wurden (Fiedler, 2001, S. 4).
Im DSM-5 wird Psychopathie den antisozialen Persönlichkeitsstörungen zugeordnet deren Hauptmerkmal ist ein „tiefgreifendes Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das in der Kindheit oder frühen Adoleszenz beginnt und bis in das Erwachsenenalter fortdauert“ (American Psychiatric Association , 2018, S. 903). Die typischen Verhaltensweisen lassen sich in 4 Kategorien einteilen: Aggression gegen Menschen und Tiere, Zerstörung fremden Eigentums, Betrug oder Diebstahl oder aber schwerwiegende Gesetzesübertretungen (S. 904). Die subklinische Psychopathie beinhaltet u.a. geringe Empathie, Manipulation, Rücksichtslosigkeit und normwidriges Verhalten (Brandstätter & Schuler , 2019, S. 36). Grundsätzlich kann Psychopathie in die primäre und sekundäre Psychopathie unterschieden werden. Die primäre Form umfasst die „furchtlose Dominanz“ einer Person, wobei bei der sekundären Form vor allem die mangelnde Selbstkontrolle und Impulsivität im Vordergrund stehen (Externbrink & Keil, 2018, S. 13).
Bestimmte psychopathische Profile können beruflichen Erfolg begünstigen, jedoch kommt es auch hierbei auf die individuelle Kombination von Merkmalsausprägungen an (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 50). Der Erfolg hängt von den spezifischen Subtypen ab, wobei primäre Psychopathen prinzipiell erfolgreich und sozialisierbar sein können (Lykken, 1995, S. 228). Psychopathen besitzen jedoch weniger Selbstkontrolle als narzisstische Persönlichkeiten und obwohl sie in der Lage sind, ein „perfektes“ Bild von sich aufrechtzuerhalten, fallen sie oftmals durch physische als auch psychische Gewalt gegenüber anderen Menschen auf und handeln sehr impulsiv (Externbrink & Keil, 2018, S. 12).
Die in der Literatur am häufigsten zu findende Messung von Psychopathie ist die Psychopathy Checklist von Hare (2005, S. 159-168). Darauf basierend wurden weitere Messverfahren wie der Self Report Psychopathy (SRP-III) entwickelt, welches laut einer Reihe von Studien auch eine Konstruktvalidität für subklinische Psychopathie besitzt (Furnham, Paulhus, & Richards, 2013, S. 201).
Die psychopathische Persönlichkeit befindet sich am äußersten Ende des Kontinuums von Narzissmus. Nach der narzisstischen Prägung und dem darauffolgenden malignen Narzissmus, der klinischen Persönlichkeitsstörung ist die psychopathische Persönlichkeit platziert. Eine trennscharfe Unterscheidung ist hierbei oftmals nicht möglich, da die Übergänge fließend sind (Schüler-Lubienetzki & Lubienetzki, 2017, S. 41).
3. Eignungsdiagnostik
Die Berufseignungsdiagnostik ist die „Methodologie der Entwicklung, Prüfung und Anwendung psychologischer Verfahren“ (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 151), um eignungsbezogene Erfolgsprognosen zu erstellen und die Auswahl von Bewerbern im beruflichen Kontext zu erleichtern (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 151).
Laut U. Kanning ist „die Auswahl von Führungskräften [ist] eine der wichtigsten Aufgaben des Personalmanagements“ (2017, S. 28), da sie bei richtiger Durchführung in hohem Ausmaß zum Führungserfolg beitragen kann (2017, S. 28). Führungskräfte müssen sich in viele Aspekte des Unternehmens einfügen. Daraus resultiert, dass eine Betrachtung unterschiedlicher Aspekte wie Kompetenzen, Persönlichkeit und sonstige Passungsdimensionen notwendig sein können (von Au, 2017, S. 1).
3.1. Eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl
In der Eignungsdiagnostik gibt es drei wesentliche Herangehensweisen für die Erfassung und Einschätzung von Bewerbern. Dieser Trimodale Ansatz umfasst:
- Den Eigenschaftsansatz
- Den biografischen Ansatz
- Den Simulationsansatz (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 149).
Jeder dieser drei Ansätze verfolgt eine eigene Validitätsstrategie und folgt somit einem eigenen Validitätsprinzip (S. 154).
Die eigenschaftsorientierten Verfahren erklären den Berufserfolg aufgrund relativ stabiler Eigenschaften. Als Messung werden psychologische Tests wie Fähigkeits-, Persönlichkeits- und Interessentests herangezogen (S. 153). Psychologische Tests folgen bei der Konstruktion der Konstruktvalidität (S. 153). Konstruktvalidität ist der „anspruchsvollste Maßstab zur Validitätsüberprüfung“ (Himme, 2009, S. 493). Sie erfordert eine niedrige Korrelation mit Instrumenten, die andere Konstrukte messen (Diskriminanzvalidität) und gleichzeitig eine hohe Korrelation mit Tests, die das gleiche Konstrukt erfassen und messen (Konvergenzvalidität) (Himme, 2009, S. 493). Besonders Persönlichkeitsfragebögen sind in der Lage Facetten der Persönlichkeit reliabel, objektiv und valide zu erfassen (Externbrink & Keil, 2018, S. 70-71). Laut Brandstätter (1979, S. 81) können sie als „standardisierte, routinemäßig anwendbare Verfahren zur Messung individueller Verhaltensmerkmale“ aufgefasst werden, aus diesen mögliche Rückschlüsse auf Eigenschaften und das Verhalten in bestimmten Situationen gezogen werden können. Hierbei können zwei Verfahren unterschieden werden: die kognitiven Fähigkeitstests, wie z.B. allgemeine Intelligenztests und persönlichkeitsorientierte Verfahren, wie allgemeine oder spezifische Persönlichkeitstests (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 155).
Der biografische Ansatz versucht, durch die Betrachtung von vergangenem Verhalten, Rückschlüsse auf zukünftiges Verhalten zu ziehen, um Prognosen zu ermöglichen (Schuler , 2014, S. 257). Die hierbei am häufigsten eingesetzten Verfahren sind die Sichtung der Bewerbungsunterlagen, der biografische Fragebogen und biografische Interviews (Schuler , 2014, S. 257). Das hierzu gehörige Validitätsprinzip ist die Kriteriumsvalidität (Schuler, Höft, & Hell, 2014, S. 154). Diese ermittelt einen theoretischen kausalen Zusammenhang, bzw. eine Korrelation zwischen dem zu messenden Konstrukt und einem externen Kriterium. Gemessen daran, zu welchem Zeitpunkt die Erhebung erfolgt, handelt es sich um die Übereinstimmungsvalidität (zeitgleiche Erhebung) oder Prognosevalidität (Erhebung zu einem späteren Zeitpunkt) (Himme, 2009, S. 492).
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- Quote paper
- Anonymous,, 2021, Narzissmus bei der Auswahl von Führungskräften. Eine eignungsdiagnostische Erfassung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1141226
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