Sallust will in seinem Geschichtswerk den fortschreitenden Verfall der römischen Republik und ihrer Werte aufzeigen. Diesen macht er exemplarisch an drei Beispielen deutlich, die für ihn den Dekadenzprozess maßgeblich gefördert haben: dem Krieg gegen den Numiderkönig Jugurtha, der Zeit von Sullas Schreckensherrschaft und der catilinarischen Verschwörung. Alle drei Ereignisse sind Exempla für das Machtstreben beziehungsweise die Bestechlichkeit einzelner Personen. Das Gleichgewicht der Kräfte im Staat ist somit zerstört. Im Kampf um den größten Einfluss im Gemeinwesen stehen sich zwei politische Lager gegenüber: die Popularen und die Optimaten. Beide sind gleichermaßen wenig um die Belange des Volkes besorgt, auch wenn die Popularen vorgeben, die Interessen des Volkes zu vertreten. Im Rahmen dieses Ränkespiels bestimmen nach Sallust zwei Begriffe die politische Propaganda in besonderer Weise: pax und libertas.
Diese beiden Begriffe kann man als Schlüsselbegriffe in Sallusts Werk bezeichnen, da sie in den erhaltenen Reden und Briefen an zahlreichen Stellen auftauchen. Diese Termini werden inhaltlich von den verschiedenen politischen Parteiungen unterschiedlich gefasst. Die Reden und Briefe, die Sallust in sein Werk einflicht, sind entweder an das Volk oder an die politische Führungsschicht gerichtet. Sie sind allesamt von dem Historiker fingiert. Sallust gibt in ihnen die Sichtweisen unterschiedlicher Personen der beiden politischen Richtungen wieder. Das Gesamtwerk enthält aber auch längere narrative Passagen, in denen Sallust selbst die Darstellung und Bewertung der Ereignisse vornimmt. Da sie von jeglicher Propaganda frei sind, ist eine gesonderte Betrachtung dieser Stellen angebracht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Sallusts Werke und ihr historischer Hintergrund
2.1 Kurzer Abriss des historischen Hintergrunds von Sallusts Gesamtwerk
2.2 Kurze Zusammenfassung der für pax und libertas einschlägigen Textpassagen in Sallusts Monographien und ihre Einordnung in den Kontext
3 Libertas in den Monographien Sallusts
3.1 Die Verwendung von libertas gegenüber dem Volk
3.2 Die Verwendung von libertas gegenüber der politischen Führungsschicht
3.3 Die Verwendung von libertas in den narrativen Passagen
4 Pax in den Monographien Sallusts
4.1 Die Verwendung von pax gegenüber der politischen Führungsschicht
4.2 Die Verwendung von pax gegenüber dem Volk
4.3 Die Verwendung von pax in den narrativen Passagen
5 Pax und libertas in den Epistulae ad Caesarem senem de re publica und in der Invectiva in M. Tullium Ciceronem
5.1 Epistula ad Caesarem senem de re publica II
5.2 Epistula ad Caesarem senem de re publica I
5.3 Invectiva in M. Tullium Ciceronem
6 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Sallust will in seinem Geschichtswerk den fortschreitenden Verfall der römischen Republik und ihrer Werte aufzeigen. Diesen macht er exemplarisch an drei Beispielen deutlich, die für ihn den Dekadenzprozess maßgeblich gefördert haben: dem Krieg gegen den Numiderkönig Jugurtha, der Zeit von Sullas Schreckensherrschaft und der catilinarischen Verschwörung. Alle drei Ereignisse sind Exempla für das Machtstreben beziehungsweise die Bestechlichkeit einzelner Personen. Das Gleichgewicht der Kräfte im Staat ist somit zerstört. Im Kampf um den größten Einfluss im Gemeinwesen stehen sich zwei politische Lager gegenüber: die Popularen und die Optimaten. Beide sind gleichermaßen wenig um die Belange des Volkes besorgt, auch wenn die Popularen vorgeben, die Interessen des Volkes zu vertreten. Im Rahmen dieses Ränkespiels bestimmen nach Sallust zwei Begriffe die politische Propaganda in besonderer Weise: pax und libertas.
Diese beiden Begriffe kann man als Schlüsselbegriffe in Sallusts Werk bezeichnen, da sie in den erhaltenen Reden und Briefen an zahlreichen Stellen auftauchen. Diese Termini werden inhaltlich von den verschiedenen politischen Parteiungen unterschiedlich gefasst. Die Reden und Briefe, die Sallust in sein Werk einflicht, sind entweder an das Volk oder an die politische Führungsschicht gerichtet. Sie sind allesamt von dem Historiker fingiert. Sallust gibt in ihnen die Sichtweisen unterschiedlicher Personen der beiden politischen Richtungen wieder. Das Gesamtwerk enthält aber auch längere narrative Passagen, in denen Sallust selbst die Darstellung und Bewertung der Ereignisse vornimmt. Da sie von jeglicher Propaganda frei sind, ist eine gesonderte Betrachtung dieser Stellen angebracht.
Diese Untersuchung soll die Verwendung der beiden Begriffe pax und libertas in Sallusts Gesamtwerk aufzeigen. Dabei ist es mein Bestreben deutlich zu machen, wie Sallust die beiden Begriffe für seine Darstellung instrumentalisiert. Bei libertas ist die Unterschiedlichkeit der Schattierungen besonders stark ausgeprägt. Deshalb werde ich mit diesem Begriff beginnen.
Die Analyse der Monographien gliedert sich in Bezug auf die Briefe und Reden in die Verwendung von pax und libertas gegenüber dem Volk und gegenüber der politischen Führungsschicht. Ein dritter Unterabschnitt in den beiden Hauptkapiteln wird sich der Verwendung der beiden Begriffe in den narrativen Passagen widmen. Da in der Argumentation der verschiedenen Reden und Briefe eine Reihe von Aspekten immer wiederkehrt, erscheint mir für die Analyse der Monographien neben der Unterscheidung nach Reden und Briefen, die sich entweder an das Volk oder an die politische Führungsschicht richten, einerseits und den narrativen Passagen andererseits die Behandlung nach thematischen Gesichtspunkten zweckmäßig. Weil die Nuancen in der Instrumentalisierung in den Historiae besonders klar zum Ausdruck kommen, stehen sie im Vordergrund.
Die beiden Epistulae ad Caesarem senem de re publica und die Invectiva in Ciceronem sind in ihrer Echtheit umstritten.[1] Unabhängig von der Frage der Verfasserschaft weisen sie eine Reihe von Leitgedanken auf, die für Sallust und seine Zeit typisch sind. Daher sollen sie nicht unberücksichtigt bleiben. Ich werde sie aber in einem gesonderten Kapitel behandeln. Auf die Frage der Autorschaft will ich nicht eingehen und zur ihr auch keine Position beziehen. Wenn in den Anmerkungen des fünften Kapitels der Name Sallust erscheint, so habe ich ihn in der zitierten Literatur gefunden.
Auf die Frage nach Sallusts Quellen gehe ich auch nicht näher ein.[2]
Bevor ich mich der detaillierten Analyse von pax und libertas widme, sollen der historische Hintergrund der in den Monographien geschilderten Ereignisse kurz nachgezeichnet und die für diese beiden Begriffe einschlägigen Passagen zusammengefasst werden. Hierbei werde ich der chronologischen Reihenfolge der Abfassung folgen.
Zu Sallusts Werken, ihrer Analyse und Interpretation ist eine Vielzahl von Untersuchungen erschienen. Im Rahmen dieses Themas waren neben den Kommentaren für das allgemeine Verständnis der Römer von libertas die Arbeiten von Wirszubski, Kloesel, Bleicken, Brunt, Stylow und Hellegouarc’h, 1963, eine wichtige Grundlage. Speziell mit der unterschiedlichen Verwendung von libertas bei Sallust beschäftigt sich die Dissertation von Gaichas. Das Verständnis der Römer von pax erörtert Fuchs (besonders 1973). Zum Motiv der spes pacis bei Sallust finden sich wertvolle Hinweise bei Scanlon. Den historischen Hintergrund zeichnet Syme zusammenhängend nach. Zur sallustischen Geschichtsauffassung siehe besonders Latta. Eine geschlossene Analyse der Reden und Briefe in den Monographien bietet beispielsweise die Arbeit von Büchner aus dem Jahre 1982. Für die beiden Sendschreiben an Caesar ist die Dissertation von Dietz hervorzuheben.
Die Stellenangaben beziehen sich ausnahmslos auf die Ausgabe von L. D. Reynolds.
2 Sallusts Werke und ihr historischer Hintergrund
2.1 Kurzer Abriss des historischen Hintergrunds von Sallusts Gesamtwerk
Die drei eindeutig sallustischen Schriften, Catilina, Jugurtha und Historiae, sind zwar von ihrem Autor in dieser Reihenfolge verfasst worden. Die in den Werken behandelten Probleme erscheinen jedoch nicht in chronologischer Reihenfolge: In der ersten Monographie geht es um die Verschwörung des L. Sergius Catilina, die in Rom im Jahr 63 für Unruhe sorgte.[3] Der Jugurtha hingegen schildert die Auseinandersetzung der Römer mit dem Numiderkönig in den Jahren 111-105, die Historiae schließlich beleuchten die Zeit von der Machtniederlegung Sullas im Jahre 78 bis ins Jahr 67.
Die beiden Epistulae ad Caesarem senem de re publica präsentieren die Gedanken über eine Neuordnung des Staates, die der Verfasser um die Zeit zwischen 51 und 46 an Caesar gerichtet hat. Die genaue Datierung ist ebenso umstritten wie die Frage der Autorschaft. Desgleichen ist bei der Invectiva in Ciceronem nicht endgültig geklärt, ob sie wirklich von Sallust stammt oder nicht. Die Schmähschrift wird auf das Jahr 54 datiert. In ihr wird im Gegensatz zu den anderen Werken kein historisches Ereignis dargestellt, sondern der Autor zielt auf eine Verunglimpfung des Konsuls von 63, M. Tullius Cicero, ab.
Bevor ich mich der Untersuchung der Verwendung von pax und libertas bei Sallust im Detail zuwende, soll der historische Hintergrund der Ereignisse, die der Historiker in seinen Werken behandelt, in groben Zügen chronologisch skizziert werden.
Zunächst der Krieg gegen Jugurtha. Die Beziehung zwischen Rom und Numidien beruhte in erster Linie auf Klientelverbindungen. Zusätzlich gab es auch persönliche Verbindungen zwischen der numidischen Dynastie und gewissen Familien der herrschenden Schicht Roms.[4] So war Masinissa ein Verbündeter des Scipio Africanus. Masinissas „unehelicher Enkel“ war Jugurtha. Dieser zeichnete sich vor Numantia aus und gewann einflussreiche Freunde. Micipsa adoptierte Jugurtha und stellte ihn seinen leiblichen Söhnen, Adherbal und Hiempsal, gleich.
Als Micipsa 118 starb, entstand zwischen diesen dreien ein Streit um die Herrschaft. Nach der Ermordung Hiempsals floh Adherbal nach Rom und beschwerte sich über Jugurtha. Die Römer beschlossen daraufhin, das Königreich Numidien zwischen Jugurtha und Adherbal aufzuteilen.
Über diese Entscheidung erzürnte sich Jugurtha und provozierte Adherbal, indem er ihn bei Cirta mit Truppen umzingelte. Auch die römische Vermittlung brachte keinen Erfolg. Jugurtha ermordete Adherbal, außerdem römische und italische Händler. Dieser Gewaltakt war für den Senat in Rom der Auslöser, 111 einen Feldzug gegen Numidien zu verkünden, in dem der Konsul L. Calpurnius Bestia zunächst den Oberbefehl hatte.
Bestia fiel in Numidien ein, ließ sich jedoch bald durch Korruption dazu verleiten, einen Waffenstillstand mit Jugurtha zu schließen. Dieser wurde aber von Rom nicht anerkannt, so dass der Krieg im darauffolgenden Jahr (110) unter dem Konsul Sp. Postumius Albinus neu aufgenommen wurde. Als dieser jedoch für die Vorbereitung der Konsulwahlen nach Rom zurückkehren musste, übertrug er die Befehlsgewalt auf seinen Bruder Aulus, der das Heer bei der Stadt Suthul in die Kapitulation führte. Es wurde ein für die Römer schändlicher Friede geschlossen, der in Rom nicht akzeptiert wurde. C. Mamilius Limetanus bringt einen Gesetzesantrag zur Einsetzung eines Untersuchungsgerichts zur Überprüfung der Geschäfte mit den numidischen Angelegenheiten ein: die sogenannte rogatio Mamilia.[5]
Q. Caecilius Metellus war es, der 109 den Krieg energisch wieder aufnahm. Er kämpfte zuerst siegreich am Fluss Muthul, zog danach in die reichsten Teile Numidiens weiter, wo er viele Städte plünderte und in Brand setzte. Der Versuch, Zama einzunehmen, wie auch die Schlacht nahe Zama endeten erfolglos. Es gelang Metellus aber, Bomilcar, einen Vertrauten des Jugurtha, für einen Mordanschlag auf den Numiderkönig zu gewinnen. Als dieser Plan bekannt wurde, ließ Jugurtha Bomilcar hinrichten.
Anfang 108 wurden in Vaga bei einem Volksaufstand alle Soldaten bis auf den Präfekten Turpilius ermordet. Metellus konnte die Stadt zurückerobern und zerstörte sie, außerdem verurteilte er Turpilius wegen Hochverrats. Noch im selben Jahr gelang es dem römischen Oberbefehlshaber, die Stadt Thala einzunehmen, wohin sich Jugurtha von Vaga aus geflüchtet hatte. Der Numiderkönig floh daraufhin ins Land der Gaetuler und gewann den Maurenkönig Bocchus als seinen Verbündeten.
107 überraschte Metellus die Nachricht, dass er von Marius, einem der Konsuln dieses Jahres, abgelöst werden sollte. Der homo novus besiegte Jugurtha im Kampf bei Cirta und nahm einige Burgen ein. Schließlich konnte er im Sommer desselben Jahres Capsa einnehmen und zerstören. 106 okkupierte er eine Festung des Jugurtha, die in der Nähe des Flusses Muluccha auf einem steilen Felsen lag. Am Ende des Rückzugs kämpfte Marius in Cirta erfolgreich gegen Jugurtha und ging dort mit seiner Armee ins Winterlager.
In der Endphase des Krieges spielte neben Marius dessen Quästor L. Cornelius Sulla eine wichtige Rolle. Bei den letzten Verhandlungen zeichnete er sich auf Grund seiner rhetorischen Fähigkeiten aus. So gelang es Sulla Bocchus, der immer zwischen der Unterstützung der Numider und der der Römer schwankte, endgültig für eine Intervention im Interesse der Römer zu gewinnen. Er lieferte Jugurtha an Sulla aus, womit der Krieg 105 ein Ende fand. Am Beginn des Jahres 104 wurde Jugurtha in Rom hingerichtet. Die Provinz Africa wurde einer Neuordnung unterzogen, was zu einer Verkleinerung von Numidien führte. Den Osten erhielt Gauda, der Westen ging an Bocchus.
Eine andere zentrale Epoche in Sallusts Werk ist die Zeit der Herrschaft des L. Cornelius Sulla, der bereits im Krieg gegen Jugurtha als Quaestor des Marius aufgetreten war. Sulla erlangte nach dem Bundesgenossenkrieg im Jahre 88 das Konsulat. Noch im selben Jahr brach ein Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla, das bellum Italicum, aus. Diesen Krieg entschied Sulla 82 für sich.
Zeitgleich mit dem Bürgerkrieg in Italien begann Sulla im Osten den 1. Krieg gegen Mithridates VI. von Pontus und zwang diesen 85 zum Frieden von Dardanos: der König musste neben den eroberten Gebieten seine Flotte ausliefern und 3000 Talente an Rom zahlen.[6]
Im Jahre 82 begann Sulla seine Gewaltherrschaft und rächte sich an seinen Gegnern durch Proskriptionen: Er veröffentlichte auf Tafeln die Namen der Geächteten, die für vogelfrei erklärt wurden. Ihr Vermögen wurde vom Staat konfisziert. Den Söhnen und Enkeln der Proskribierten wurde die öffentliche Ämterlaufbahn verwehrt.
Als weitere einschneidende Veränderung, die Sulla im öffentlichen Bereich durchsetzte, ist die starke Beschneidung der Rechte der Volkstribunen zu nennen. Personen, die ehemals dieses Amt innegehabt hatten, waren fortan von der weiteren Ämterlaufbahn ausgeschlossen. Der Volksversammlung durften nur Anträge zugeleitet werden, die der Senat vorher gebilligt hatte; damit hatten Populare keine Möglichkeit mehr, gegen Senatsbeschlüsse, die gegen die Interessen des Volkes waren, vorzugehen. Plebiszite hatten keine Gesetzeskraft mehr. Sulla legte 79 sein Amt nieder. Einer der Konsuln des darauffolgenden Jahres war M. Aemilius Lepidus, dem Sallust in den Historiae eine Rede zuschreibt.
Im Osten begann 74 der 3. Mithridatische Krieg. Während dieses Konflikts floh der König 69 zu seinem Schwiegersohn, dem armenischen König Tigranes I. Als die Römer Mithridates’ Auslieferung forderten, lehnte Tigranes sie ab. Er wurde noch im selben Jahr von L. Lucullus schwer geschlagen. Daraufhin übernahm Mithridates die diplomatische und militärische Führung des Krieges. Er schickte ein Hilfegesuch an den Partherkönig Arsaces XII., hatte damit aber keinen Erfolg.[7]
In einer Korrektur von Sullas Verfassungsreform stellten die Konsuln des Jahres 70, Cn. Pompeius und M. Licinius Crassus, die Amtsgewalt der Volkstribunen (tribunicia potestas) wieder her.
Damit komme ich zur Verschwörung des L. Sergius Catilina, der ein ehemaliger Sulla-Anhänger war[8]. Er war in den frühen 70er Jahren Legat und 68 Prätor. Anschließend ging er als Provinzstatthalter nach Afrika. Wegen persönlicher Bereichung musste er sich anschließend einem Repetundenprozess unterziehen, in dem er zwar freigesprochen wurde, der jedoch seine Bewerbung um das Konsulat des Jahres 64 verhinderte. Auch bei der Kandidatur zu den Konsulwahlen für das 63 unterlag Catilina seinen Mitbewerbern C. Antonius und M. Tullius Cicero.
Auf Grund der mehrfachen politischen Niederlagen entschloss sich Catilina zu den Verschwörungsplänen. Gegen Ende September 63 begann er als Rädelsführer, eine Armee aufzustellen. Cicero konnte jedoch die Pläne schrittweise aufdecken und setzte am 21. Oktober die Verabschiedung eines senatus consultum ultimum (SCU) durch. Nachdem sich am 27. Oktober die Verschwörer in Etrurien erhoben hatten, verabschiedete der Senat Ende des Monats Gegenmaßnahmen.
In der Nacht vom 5./6. November trafen sich die Verschwörer im Hause des Laeca, um Cicero gemeinsam zu ermorden. Dieser Attentatsversuch misslang jedoch, da der Konsul rechtzeitig über die Absichten informiert worden war. Am 7. November hielt Cicero in der Senatssitzung, zu der sogar Catilina selbst erschienen war, eine Rede, die den Aufrührer noch in der Nacht zur Flucht aus Rom veranlasste.[9]
Seine Mitverschwörer blieben jedoch zumeist in Rom. Catilina wurde zum Staatsfeind erklärt. Am 3. Dezember wurden mehrere seiner Anhänger verhaftet und verhört. Zwei Tage später verhandelte der Senat über das zu verhängende Strafmaß. Die Gegner der Todesstrafe, unter ihnen C. Iulius Caesar, der für lebenslange Haft plädierte, konnten sich nicht durchsetzen, so dass noch am 5. Dezember fünf Catilinarier hingerichtet wurden. Mitte Dezember stießen Regierungstruppen nach Etrurien vor und töteten im darauffolgenden Jahr Catilina im Endkampf bei Pistoriae.[10]
Die beiden Briefe an Caesar werden meist auf die Jahre 50 bzw. 46 datiert. In ihnen werden aber, wie auch in der Invektive gegen Cicero, keine historischen Ereignisse geschildert. Aus diesem Grunde soll hier nicht mehr auf die 40er Jahre eingegangen werden.
2.2 Kurze Zusammenfassung der für pax und libertas einschlägigen Textpassagen in Sallusts Monographien und ihre Einordnung in den Kontext
Bevor ich mich der detaillierten Analyse und Interpretation von pax und libertas bei Sallust zuwende, sollen die Textpassagen, in denen die beiden Begriffe auftauchen, kurz zusammengefasst werden. Dies ist sinnvoll, da sie vor allem in den Reden und Briefen, die der Autor verschiedenen Personen in den Mund legt, benutzt werden. Diese Passagen sind jedoch allesamt von Sallust fingiert. Oft tauchen diese beiden Termini auch innerhalb der narrativen Passagen auf. Bei der Zusammenfassung folge ich der Chronologie der Abfassung der Werke und beginne mit dem Catilina.
Am Anfang des Catilina schildert Sallust im Anschluss an das Proömium die Ursachen der catilinarischen Verschwörung. Dafür geht er in seinem geschichtlichen Abriss bis zu den Anfängen der Stadt Rom zurück. Auf diese Weise stellt er die Verschwörung als Folge eines allgemeinen politischen und moralischen Verfalls dar.
Kurz nach der Stadtgründung herrschte zwischen den Troern und den Aboriginern trotz deren unterschiedlicher Herkunft Eintracht, was sich aber mit zunehmender Expansion änderte. Denn die Entwicklung führte zu Wohlstand, der nach Sallusts Meinung meist Neid hervorruft. So erklärten Könige und freie Völker aus den Nachbargebieten den Römern häufig den Krieg. Erst mit Beginn der Republik sei es dem Einzelnen möglich gewesen, sich selbst zu entfalten, und der Bürgerschaft als ganzer, eine Aufwärtsbewegung zu vollziehen. In dieser Zeit habe es innerhalb des römischen Volkes Eintracht gegeben, die Sitten seien noch gut gewesen, Streitigkeiten habe es nur mit äußeren Feinden gegeben.
Dies änderte sich jedoch mit der Zerstörung Karthagos im Jahre 146. Fortan bestimmten die Gier nach Geld und die Gier nach Herrschaft (cupido pecuniae oder avaritia und cupido imperi oder ambitio) das Leben im Staat. Beides wird von Sallust als Grundübel und Anstoß für den schleichenden Sittenverfall in Rom betrachtet (vgl. Cat. 6-10).
Nach einigen Grundfeststellungen hinsichtlich der römischen Geschichte leitet der Autor zu seinem Hauptthema, der Catilinarischen Verschwörung, über, indem er deren Urheber und seine Anhänger charakterisiert (vgl. Cat. 14-17).[11]
Die erste Rede der Monographie legt Sallust dem Catilina selbst in den Mund. Sie findet nach Darstellung des Historikers beim ersten Treffen der Verschwörer im Sommer des Jahres 64 statt.[12] In seiner Rede hetzt Catilina gegen die herrschende Nobilität, die er als Minderheit innerhalb des römischen Volkes bezeichnet. Dabei macht er seinen Anhängern große Versprechungen im Hinblick auf Freiheit, Reichtum und Ehre, um sie so für sich und sein Vorhaben zu gewinnen (vgl. Cat. 20).
Als der Bericht über den Beginn der Verschwörung in Etrurien Ende Oktober 63 den Senat erreicht, ernennt dieser vier Heerführer zum Zwecke eines Gegenschlags und setzt hohe Belohnungen für die Denunziation der Verschwörer aus. Die Lage verschlimmert sich aber, da die römische Bevölkerung in Aufregung gerät (vgl. Cat. 31).
Für diese Untersuchung ist auch das Schreiben des C. Manlius interessant[13]. Es ist gerichtet an Q. Marcius Rex, der 68 Konsul war und 63 noch mit seinem Heer vor Rom stehend auf die Genehmigung eines Triumphes wartete. In diesem Schreiben stellt Manlius seine Unternehmung aus eigener Sicht dar und betont dabei, dass es sich weder um einen Angriff gegen das Vaterland noch um eine absichtliche Gefährdung der Bürger handele. Er fordert die Wiederherstellung der Freiheit für die etruskischen Siedler, die durch den Zinswucher nicht mehr gegeben sei (vgl. Cat. 33).[14]
Wenig später zeigt Sallust in einem Exkurs zur gegenwärtigen politischen Lage und zum sozialen Elend in Rom die Wirkungslosigkeit der Maßnahmen des Senats und den Wunsch des Volkes nach einer Revolution auf. Sallust sucht dabei auch nach den psychologischen Gründen für das Verhalten des Volkes. Dabei geht er zeitlich wieder zurück, diesmal bis in die Zeit der sullanischen Herrschaft. In diesem Zusammenhang betont er, dass die Möglichkeiten des Volkes zur politischen Einflussnahme zunehmend geschwächt wurden (vgl. Cat. 36,4-39,5).
Nach der Passage über die Aufdeckung der Verschwörung berichtet Sallust von den Verhandlungen im Senat über die Bestrafung der Verschwörer. Dabei lässt er Caesar und Cato die entscheidenden Reden halten. Während Caesar als Gegner der Todesstrafe erscheint und für eine vernunftgesteuerte Verhandlung plädiert, versucht Cato, die Senatoren dazu zu bewegen, die Hinrichtung zu beschließen (vgl. Cat. 51 und 52).
Am Ende der Monographie wird die zunehmende Bedrängnis geschildert, in der sich Catilina und sein Heer befinden. Als dieser es nach Gallien führen will, wird er von römischen Truppen eingekesselt und zum Kampf gezwungen. In der zweiten Rede, die Sallust dem Rädelsführer in den Mund legt, appelliert dieser ein letztes Mal, den notwendigen Kampf tapfer zu führen. Er gibt sich in Bezug auf einen potentiellen Sieg zuversichtlich und stilisiert sich auch als Freiheits- und Friedensstifter (vgl. Cat. 58).
Im Jugurtha wird pax zum ersten Mal in der Rede des Adherbal vor dem römischen Senat verwendet, in welcher der Redner um Unterstützung bei der Durchsetzung seiner Interessen bittet. Dabei betont er den Verzicht auf seine eigene Souveränität, die lange Freundschaft zwischen Numidien und Rom und vor allem die Gefahren, die sich aus Jugurthas Handeln ergeben (vgl. Jug. 14).[15]
Der schändliche Friede zwischen L. Bestia und Jugurtha wird vom Volkstribunen C. Memmius nicht akzeptiert. In einer Rede vor der Volksversammlung entrüstet er sich über die Bestechlichkeit der Nobilität und fordert einerseits gerichtliche Untersuchungen der Vorfälle, andererseits den Einsatz des Volkes für libertas und dignitas (vgl. Jug. 31).
Ein Jahr später (110) muss der neue Konsul und Oberbefehlshaber Sp. Albinus nach einigen Unternehmungen auf Grund der ihm unterstehenden Regelung von Neuwahlen nach Rom. Daher übernimmt sein Bruder Aulus das Kommando. Auf Grund der Unerfahrenheit des Bruders und der Korruption römischer Soldaten muss Aulus einen erneut schmachvollen Frieden schließen, der aber vom römischen Senat wieder nicht anerkannt wird. (vgl. Jug. 36-40)
Eine zentrale Stelle im Jugurtha ist der sogenannte Parteienexkurs, in dem Sallust die Entwicklung des Sittenverfalls nachzeichnet und analysiert. Besondere Bedeutung hat nach Sallusts Geschichtsauffassung dabei die Zerstörung Karthagos im Jahre 146. Nach diesem Ereignis habe Rom keine große Bedrohung von außen mehr erfahren, was zu einer Verstärkung von avaritia, ambitio und libido geführt habe. Der Historiker hebt dabei die Polarisierung der Gesellschaft und die Pervertierung der libertas des Volkes und der dignitas der Nobilität hervor (vgl. Jug. 41f.).
Wichtig für den Fortgang des Kriegs ist die Übernahme des Kommandos durch den neuen Konsul Q. Caecilius Metellus. Jugurtha will nach Sallusts Darstellung den Römern eine echte Unterwerfung anbieten, die aber von Metellus nicht angenommen wurde (vgl. Jug. 46-48).
Wie bereits erwähnt, kann Metellus Bomilcar als seinen Verbündeten gewinnen, um Jugurtha zur bedingungslosen Kapitulation zu bewegen (vgl. Jug. 61).
Es bricht eine Rivalität zwischen Metellus und dem homo novus Marius aus, da Marius von ihm die Erlaubnis erbittet, nach Rom gehen zu dürfen, um sich für das Konsulat zu bewerben. Da Metellus ihm diesen Wunsch nicht erfüllt, verspricht Marius dem Prinzen Gauda, der auf Grund seines Gesundheitszustandes politisch nicht voll handlungsfähig war, die Herrschaft über Numidien nach Ende des Krieges und missbraucht auch das einfache Volk für seine Zwecke (vgl. Jug. 64f.). Anfang des Jahres 108 nimmt Jugurtha den Krieg wieder auf, und es wird in Vaga eine Verschwörung gegen die sich dort befindende römische Besatzung gemacht (vgl. Jug. 66).
Mit Kapitel 80 beginnt der Bericht über die drei letzten Kriegsjahre (107-105). Jugurtha gelingt es, seinen Schwiegervater Bocchus als Verbündeten für sich zu gewinnen und zu beschließen, dass ein Marsch auf die Stadt Cirta durchgeführt wird. Als Metellus erfährt, dass fortan Marius den Oberbefehl über das römische Heer haben solle, ist er darüber sehr enttäuscht und versucht nur noch, Bocchus zu einem Frieden mit den Römern zu bewegen (vgl. Jug. 80-83). Marius’ Unternehmungen in Afrika zu Beginn des Jahres 107 sind erfolgreich (vgl. Jug. 87). Metellus kehrt nach Rom zurück, wo er von der Plebs und dem Senat freudig empfangen wird (vgl. Jug. 88).
Als Jugurtha die Stadt Capsa und andere strategisch wichtige Plätze verloren hat, gelingt es ihm durch Bestechung, den zögernden Bocchus zur Vereinigung ihrer beiden Heere zu bewegen und gemeinsam Marius bei Cirta anzugreifen (vgl. Jug. 97).
Die entscheidenden Kämpfe bei Cirta enden für die Römer siegreich. In der letzten Phase des Jugurthinischen Krieges wird nur noch verhandelt, wobei Marius bereits als Sieger gilt. Sulla berät mit Bocchus über die Taktik, mit der Jugurtha gefangen genommen werden kann (vgl. Jug. 102). Bei der Unterredung über den Freundschaftsdienst will Bocchus noch nicht eindeutig Partei für oder gegen die Römer ergreifen und bittet um Bedenkzeit (vgl. Jug. 108f.). Etwas später erklärt er sich schließlich bereit, die Römer bei der Ergreifung Jugurthas zu unterstützen (vgl. Jug. 111).
Am Ende der Monographie wird über eine kleine Wendung berichtet: Jugurtha täuscht seine Bereitschaft zu einem bedingungslosen Frieden vor, lässt aber Bocchus durch Gesandte heimlich darum bitten, dass dieser ihm Sulla ausliefert. Obwohl der Maurenkönig auch Jugurthas Gesandten eine positive Antwort gibt, unterstützt er letztendlich die Römer und trägt dazu bei, dass der Numiderkönig in ihre Gewalt kommt (vgl. Jug. 112f.).
In dem letzten hier zu erwähnenden Werk, den Historiae, schildert Sallust im Fragment 7 des ersten Buches die Frühzeit Roms und die Entstehung der ersten Zwistigkeiten, für die das certamen libertatis eine wichtige Rolle spielt. In Fragment 11 beleuchtet er die moralische Entwicklung Roms von der Königsherrschaft bis zu seiner Gegenwart. Entscheidende Bedeutung haben dabei der metus hostilis und die Zerstörung Karthagos im Jahre 146: Denn bis zu diesem Datum war es die Furcht vor einem äußeren Feind, die Sitte und Moral im Staat unter Kontrolle hielt. Als diese Angst fortan entfiel, begann der Sittenverfall.
In den Reden und Briefen, die aus dieser Schrift erhalten sind, macht Sallust deutlich, wie sich der Werteverfall auch auf das politische Leben und den Sprachgebrauch ausgewirkt hat, was die Verwendung von pax und libertas besonders zeigt.
Die erste aus den Historiae erhaltene Rede lässt Sallust M. Aemilius Lepidus, den Konsul des Jahres 78, zu Beginn seines Amtsjahres halten. In dieser Rede geht Lepidus, der als ein Gegner Sullas erscheint, mit dessen Politik hart ins Gericht. Die Eindringlichkeit der Kritik wird durch einen Anachronismus ermöglicht: Obwohl Sulla bereits zwei Jahre zuvor abgedankt hatte und sogar schon tot war, tut Lepidus so, als stehe Sulla noch mitten in der Politik.[16]
Lepidus hält die Rede vor dem römischen Volk und tritt als ein Verfechter der Rechte des Volkes auf, wobei er den Aspekt der Freiheit in besonderer Weise betont. Dabei nennt er unter anderem die tribunizische Gewalt, die von Sulla abgeschafft wurde, und appelliert an das Volk, für seine Rechte und Freiheit zu kämpfen (vgl. Hist. 1,55).
Die zweite Rede legt Sallust dem L. Marcius Philippus in den Mund. Sie wird im selben Jahr gehalten wie die Lepidus-Rede und ist eng mit ihr verbunden. Philippus hält seine Rede vor dem römischen Senat, in der er die Taten des Lepidus aus der Sicht der restaurierten Nobilität darstellt.[17] Er ist bestrebt, ein SCU beschließen und Lepidus zum Staatsfeind erklären zu lassen, was er letztlich auch erreicht (vgl. Hist. 1,77).
Die Rede von C. Aurelius Cotta findet nach der Darstellung des Historikers am Beginn von Cottas Konsulatsjahr (75) vor der römischen Volksversammlung statt.[18] Die Zeit war geprägt durch eine große Not im Staat. Der größte Teil der Steuereinnahmen floss in die zahlreichen Kriege in Spanien, Kleinasien, Kilikien, Makedonien und der gesamten Küste. Auf Grund der starken Teuerung kam es in Rom zu einer Hungersnot, die das Volk rebellieren und sogar die Konsuln tätlich angreifen ließ.[19] Cotta versucht in seiner Rede, das Volk einerseits zu beschwichtigen, andererseits ihm die Notwendigkeit des Krieges einsichtig zu machen (vgl. Hist. 2,47).
Eine weitere Rede vor dem Volk weist Sallust dem Volkstribunen des Jahres 73, C. Licinius Macer, zu. Die Tatsache, dass die Plebs in ökonomischen Schwierigkeiten steckt, nutzt er dazu, sie aufzufordern, für ihre Rechte, insbesondere die Wiederherstellung der Freiheit, einzutreten (vgl. Hist. 3,48).
Die letzte für diese Untersuchung wichtige Textpassage ist der von Sallust fingierte Brief des Mithridates an den Partherkönig Arsaces XII. Das Schreiben steht im Kontext des 3. Mithridatischen Krieges. Mithridates war 69 zu seinem Schwiegersohn, dem König Tigranes I. von Armenien, geflohen. Die Römer forderten seine Auslieferung, die Tigranes aber ablehnte. Noch im gleichen Jahr wurde Tigranes von Lucullus schwer geschlagen, woraufhin Mithridates die diplomatische wie auch militärische Führung des Krieges übernahm. In diesem Brief, der letztlich eine Suasorie ist, will er Arsaces überreden, mit ihm ein Kriegsbündnis einzugehen (vgl. Hist. 4,69).[20]
3 Libertas in den Monographien Sallusts
3.1 Die Verwendung von libertas gegenüber dem Volk
Aus den Historiae besitzen wir drei Reden, die Sallust die jeweiligen Redner vor dem Volk halten lässt. Zwei von ihnen (die Reden des Lepidus und des Macer) haben als Hauptgedanken den Kampf für die libertas[21], wobei dieser die Wiederherstellung der alten Rechte des Volkes, die vor Sullas Herrschaft noch gültig waren, zum Ziel hat. Zu ihnen zählt die tribunicia potestas, d. h. die Machtbefugnisse der Volkstribunen.[22] Das Volkstribunat galt als Bollwerk der Freiheit.[23]
Lepidus appelliert mehrmals zum Widerstand gegen die Macht der Herrschenden und zur Rückgewinnung der Freiheit[24], bevor er gegen Ende der Rede den Begriff libertas sogar explizit benutzt: „adeste, Quirites, et bene iuuantibus diuis M. Aemilium consulem ducem et auctorem sequimini ad recipiundam libertatem !“ (Hist. 1,55,27; Hervorhebung von mir). Sicherlich ist es gezielte Rhetorik, den Appell an das Volk, unter Lepidus’ Führung um die Wiederherstellung der Freiheit zu kämpfen, mit dem Wort libertas enden zu lassen.[25] Der libertas -Gedanke ist hier vor allem mit einem Aufruf zum Widerstand gegen die gegenwärtige Verfassung des Staates unter der maßgeblichen Führung des Lepidus verbunden.[26] Damit exkulpiert dieser sein Verhalten selbst.[27] In Wirklichkeit verfolgt der Konsul aber nicht ein Handeln im Interesse der Freiheit des Volkes, sondern eigene Ziele.[28]
In der Macer-Rede wird ebenfalls eine direkte Verbindung zwischen Kampf und libertas gezogen. Auch dort steht der Kampf im Zusammenhang mit dem Engagement für die Wiedererringung der tribunicia potestas. Macer will mit seiner Rede politischen Einfluss nehmen, indem er den Begriff „Freiheit“ zum Gegenstand der Auseinandersetzung propagiert.
Macer betont seinen eigenen Entschluss, für die Freiheit zu kämpfen, geht aber gleichzeitig auch auf die negative Seite des Kampfes ein. Das Volk gebe ihm jedoch Zuversicht: „praeter spem bonam ex uobis, quae metum uicit, statui certaminis aduorsa pro libertate potiora esse forti uiro quam omnino non certauisse.“ (Hist. 3,48,4; Hervorhebungen von mir)
Macer möchte das Volk aufmuntern und teilt ihm mit, wie zuversichtlich er ist.[29] Er versucht, dem Volk Mut zu machen, und appelliert indirekt an dessen virtus, auch wenn er den Begriff selbst nicht in den Mund nimmt: Widerwärtigkeiten des Kampfes zu ertragen, sei für einen tapferen Mann besser, als gar nicht gekämpft zu haben. Macer konstatiert dies als Maxime, die für ihn gilt, und deutet an, dass sie auch für das Volk gelten soll. Interessant ist dieser Vergleich zudem hinsichtlich der Darstellung der korrupten Nobilität und der Kritik an ihr, die nahtlos anschließt und auch einen Vergleich enthält: „Quamquam omnes alii, creati pro iure uostro, […] melius [..] habent mercede delinquere quam gratis recte facere.“ (Hist. 3,48,5). Die Gedankenabfolge soll dem Auditorium die wirkliche Notwendigkeit eines Kampfes für die Freiheit signalisieren. Mit creati pro iure vostro verpflichtet Macer die Amtsträger auf die libertas der res publica. Er ist entschlossen, sieht aber auch klar und nüchtern die Möglichkeit, dass er scheitern könnte.[30] Macer versucht, dem Volk bewusst zu machen, dass es die Freiheit aus eigener Kraft erringen kann.[31]
Die Rede endet mit einem indirekten Appell zur Verteidigung der Freiheit, der durch die parallele Stellung der beiden Interessenvertreter unterstrichen wird. Auch der Chiasmus bei der Erwähnung des jeweiligen Interessenbereichs der beiden Gruppen lässt den Schlüsselbegriff libertas als allerletztes Wort in der Rede erscheinen[32].
Der Aspekt des Kampfes für die Freiheit ist auch im Catilina in der ersten der beiden Reden des Hauptverschwörers vor seinen Anhängern[33] ein Thema. Catilina betont zunächst die Stärke und Tapferkeit, die er bei diesen bereits habe feststellen können und die ihn zum Plan einer Verschwörung inspiriert hätten.
Der Anfang der Rede ist eine typische captatio benevolentiae, die auf den Sympathiegewinn der Zuhörerschaft ausgerichtet ist. Dies wird besonders an der Betonung der Freundschaft deutlich.[34] Der Plan einer Verschwörung wird mit den schlechten Lebensbedingungen begründet, die Redner und Zuhörerschaft erwarten, wenn sie nicht eingreifen. Allein der Gedanke an die Zukunft sei quälend: „Ceterum mihi in dies magis animus adcenditur, quom considero quae condicio uitae futura sit, nisi nosmet ipsi uindicamus in libertatem.“ (Cat. 20,6; Hervorhebung von mir).
Diese Aussage enthält die Aufforderung an die Mitverschwörer, aktiv für die Freiheit zu kämpfen. Zum Ziel dieses Kampfes für dieser Freiheit deklariert Catilina die Rückeroberung von „gratia potentia honos divitiae“ (Cat. 20,8). Diese vier Begriffe sind feste Werte im Denken der Nobilität. Die Phrase vindicare in libertatem ist aber ursprünglich von der Plebs verwendet worden.[35] Catilina missbraucht diesen Ausdruck, um ihn für seine eigenen Zwecke zu nutzen.[36] Dabei stilisiert Sallust den Catilina und seine Anhänger zu einer exklusiven Gruppe, die dringend ihre eigenen Interessen verteidigen müsse und sich weder um die Nobilität und schon gar nicht um die Plebs kümmere. Dies wird mit der Konjunktion nisi und dem Pronomen nosmet betont.[37] Catilina verwendet libertas sehr exklusiv, da er erklärt, nicht das ganze Volk, sondern nur sich und seine Anhänger von der Herrschaft befreien zu wollen. Der Redner verfolgt damit lediglich ein Eigeninteresse.[38] Der Appell zur Verteidigung der libertas drückt damit nichts anderes aus als den Wunsch Catilinas, die Herrschenden zu stürzen, um sich der Reichtümer des Nächsten bemächtigen zu können. Catilina verwendet den Begriff, um die Bosheit der Pläne der Verschwörer zu verdecken.[39] Er will die Herrschaft nicht allgemein abschaffen, sondern nur einen Rollentausch mit den pauci potentes herbeiführen . Deshalb repräsentiert er auch entgegen seiner Behauptung nicht die Meinung des Volkes.[40]
Es handelt sich hier um einen Kampf zwischen den Catilinariern und den pauci potentes um die Werte, die von beiden Seiten als Kerninhalte ihrer Vorstellung von libertas begriffen werden. In diesem Kontext wird eine starke Polarität zwischen Nobilität und Plebs aufgebaut,[41] da der Redner sich und seine Zuhörer als eine Menge darstellt, die trotz ihrer Unterschiede von der Nobilität zu einem undifferenzierten volgus zusammengefasst werde. Dieser besitze die ihm laut Catilina zustehenden Attribute gerade nicht, sondern sei sine gratia, sine auctoritate:
„Nam postquam res publica in paucorum potentium ius atque dicionem concessit,[42] semper illis reges tetrarchae uectigales esse, populi nationes stipendia pendere; ceteri omnes, strenui boni, nobiles atque ignobiles, uolgus fuimus sine gratia, sine auctoritate, iis obnoxii quibus, si res publica ualeret, formidini essemus.“ (Cat. 20,7).
Der anaphorische Gebrauch der Präposition sine soll den Kontrast zwischen beiden Gruppen verstärken. Catilina übt hier zwar Kritik an der Nobilität, fordert gleichzeitig aber deren Werte für sich und seine Anhänger ein.[43]
Diesen Vergleich nimmt Catilina als Aufhänger, um an die Eigeninitiative der Zuhörerschaft zu appellieren. Dabei verbindet er Wertbegriffe, die für die Plebs und die populare Sichtweise nicht charakteristisch sind, nämlich divitiae, decus und gloria, mit einem für diese Gesellschaftsschicht zentralen Wertbegriff, der libertas: „Quin igitur expergiscimini[44] ? En illa, illa, quam saepe optastis libertas, praeterea diuitiae decus gloria in oculis sita sunt: fortuna omnia ea uictoribus praemia posuit.“ (Cat. 20,14)[45]. Die Freiheit erscheint als greifbar nahes Ziel und wird von Catilina ausschließlich positiv bewertet[46]. Durch die Wiederholung des Pronomens wird der Satz sehr pathetisch und libertas durch das Hyperbaton stark betont. Das Pronomen gibt bereits den Inhalt der libertas an, der durch divitiae nach libertas desillusioniert wird.[47] Auffällig ist an dieser Stelle die von Catilina vorgenommene Trennung zwischen sich und der Zuhörerschaft, die der Wechsel zur 2. Person Plural anzeigt.[48] Dadurch suggeriert Catilina, dass die libertas hauptsächlich - wenn nicht möglicherweise sogar ausschließlich - seit langem ein Wunschziel des Volkes ist. Dieses Ergebnis ist besonders interessant, wenn man sich vor Augen führt, dass er den Begriff libertas für eigene Zwecke missbraucht und ihn aristokratischen Werten gegenüberstellt.[49] Deshalb ist Catilinas Aufruf zum Kampf für die Freiheit nach Vretska als blanker Hohn zu sehen.[50]
In seiner zweiten Rede – diese wird kurz vor der Entscheidungsschlacht vor seinen Truppen gegen Ende der Monographie (Cat. 58) berichtet – lässt Sallust Catilina dieselben Aspekte wieder ansprechen, die er auch in der zuvor analysierten Rede erwähnt hat: den Kampf für die Freiheit sowie den Unterschied zwischen der Plebs und der Nobilität. Die Situation ist aber eine ganz andere, da Catilina mit seinen Truppen in Etrurien eingekesselt ist und an einem Marsch nach Gallien gehindert wird. Außerdem gibt es Versorgungsschwierigkeiten. In dieser ausweglosen Lage sieht Catilina nur noch die Möglichkeit, durch einen Kampf zu retten, was noch zu retten ist. In der Rede an seine Truppen führt er Werte an, die es zu verteidigen gelte. Es sind dieselben wie in Cat. 20,14: „memineritis uos diuitias decus gloriam, praeterea libertatem atque patriam in dextris uostris portare. Si uincimus, omnia nobis tuta erunt“ (Cat. 58,8).
Hier, in der zweiten Rede, die Sallust Catilina in den Mund legt, tauchen die Begriffe allerdings in einer anderen Reihenfolge[51] auf: libertas steht erst hinter der Trias diuitiae-decus-gloria, jedoch zusammen mit patria. Auf Grund der Situation, in der sich Catilina und seine Truppen befinden, bedeutet libertas an dieser Stelle einerseits die Freiheit der Soldaten, d. h. die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und nicht mehr vom Feind umringt zu sein. Andererseits ist sie natürlich auch als das Recht auf politische Mitbestimmung für Catilina und seine Anhänger zu sehen, was in § 11 dieser Rede besonders deutlich wird, wo als Ziel der Gegenpartei in diesem Kampf die Erhaltung der potentia paucorum benannt wird. Der Begriff patria weist auf einen Kampf im Interesse des Staates. Durch seinen Anspruch, für das Vaterland zu kämpfen, wirft Catilina den pauci potentes vor, sogar die Existenz Roms aufs Spiel zu setzen.[52] Der Gebrauch von libertas wirkt hier nicht ironisch, da es sich um eine wirkliche Gefahr für den Sprecher und sein Heer handelt. Damit liegt trotz gleicher Begriffe und einer auch hier egoistischen Zentrierung der Werte ein zentraler Unterschied zwischen Cat. 20,14 und Cat. 58,8.[53] Mit diesem Begriff soll das Opfer der Verschworenen gerechtfertigt werden.[54]
[...]
[1] Die Diskussion um die Echtheit von Briefen und Invektive soll hier auf die Erwähnung von Vertretern der Echtheit bzw. Unechtheit beschränkt bleiben: Bei den Briefen befürworten die Echtheit beispielsweise Drexler, Seel, Edmar, Skard, Steidle, Schur, Carlsson, Gelzer und Büchner. Unter den Gegnern in dieser Frage sind Vretska und La Penna. Die Invektive schreiben Funaioli, Gelzer, Taylor u. a. Sallust zu. Als nicht von ihm verfasst gilt sie beispielsweise für Reitzenstein, Eduard Schwartz, Seel, Jachmann und Syme.
[2] Zu diesem Aspekt s. Avenarius.
[3] Alle Jahresangaben in dieser Untersuchung beziehen sich auf die Zeit vor Christi Geburt.
[4] Vgl. Syme, 1975, 134f.
[5] Vgl. Syme, 1975, 137.
[6] Auf diesen Friedensschluss wird im Mithridates-Brief in Hist. 4,69 angespielt; der Frieden dauerte nur bis 83, als es zum zweijährigen 2. Mithridatischen Krieg kam, in dem dann erst die Friedensbedingungen erfüllt wurden.
[7] Vor diesem Hintergrund steht der von Sallust fingierte Mithridates-Brief in den Historiae.
[8] Vgl. Syme, 1975, 63.
[9] Es handelt sich hierbei um die 1. Catilinarische Rede, die Cicero zusammen mit den drei weiteren catilinarischen und seinen anderen Konsulatsreden im Jahre 60 veröffentlichte.
[10] Im Jahre 58 brachte Clodius ein Gesetz ein, das jeden ächten sollte, der einen römischen Bürger ohne Gerichtsurteil und Zustimmung des Volkes töte oder getötet hatte. Mit der rückwirkenden Geltung ging er klar gegen seinen persönlichen Feind Cicero vor, der ins Exil musste, bis er ein Jahr später eine Rückberufung erhielt.
[11] Aus dem Aufbau der Monographie wird deutlich, dass Catilina als ein typisches Beispiel für die Auswirkungen des Sittenverfalls präsentiert werden soll.
[12] Sallust verlegt die Handlung um ein Jahr zurück, um Catilinas Wesen stärker herauszustellen; vgl. Syme, 1975, 75.
[13] Vretska, 1976, Bd. 2, 399, datiert die Entsendung des Schreibens auf Anfang November 63. Die Forschung geht davon aus, dass es nicht authentisch von Sallust wiedergegeben wird.
[14] Der Defensivcharakter wird auch von Schmid, 1993, 270, herausgestellt.
[15] Auch Jugurtha wendet sich an den Senat von Rom. Sallust erwähnt die Äußerungen seiner Gesandten aber nicht in einer separaten Rede.
[16] Nach Syme, 1975, 183, liegt der Grund hierfür in einer langen, scharfen und lebendigen Verurteilung Sullas. Hierauf gehe ich nicht näher ein, da es vom eigentlichen Thema zu sehr abführen würde.
[17] Vgl. Büchner, 1982, 212.
[18] Perl, 1965, 75, datiert die Rede als Einziger auf ungefähr die Mitte des Jahres 75. Diese Datierung wird von Büchner, 1973, 253, scharf zurückgewiesen.
[19] Vgl. Büchner, 1982, 216.
[20] Aus den Historiae besitzen wird auch den Pompeius-Brief (Hist. 2,98). In ihm taucht weder pax noch libertas auf. Daher bleibt er in dieser Untersuchung unberücksichtigt.
[21] Nach Hellegouarc’h, 1963, 542, ist der Kampf für die libertas und ihre Eroberung bereits bei den Griechen ein zentraler Faktor gewesen, die sich von den barbarischen Völkern des Orients hätten absetzen wollen.
[22] Nach Kloesel, 150, umfasst der plebejische libertas -Gedanke hauptsächlich das Volkstribunat, das Recht der provocatio ad populum und das römische Bürgerrecht mit seinen verschiedenen Grundrechten. Dazu Stylow, 12: Der Kampf für die Wiederherstellung der Rechte des Volkstribunats und der Provocation wurde von der popularen Geschichtsbetrachtung umgedeutet. Die erfolgreiche Durchsetzung dieser Rechte pries man als Errungenschaft der libertas populi Romani. Ähnlich Bleicken, 46. Dass die provocatio keine eigentliche Erwerbung der libertas ist, belegt Kloesel, 152, mit Cic., Rep. 2,54. - Nichtsdestotrotz galt das Volkstribunat als Garant der Freiheit; vgl. Stylow, 14.
[23] Vgl. Earl, 107.
[24] Hist. 1,55,7.15.
[25] Damit besteht ein wichtiger Kontrast zwischen der Rede des Lepidus und der des Macer: Macer verspricht dem Volk nicht, ihm als Führer die Freiheit wiederzubeschaffen. Dies betont Latta, 1999, 216.
[26] Nach Büchner ist Lepidus ein Idealist, der unklare Utopien verbreite und dessen Rede eine echte Hoffnung fehlen lasse. Denn Lepidus könne kaum hoffen, in Frieden die Freiheit des Staates wieder zu einer echten Wirklichkeit werden zu lassen; vgl. Büchner, 1982, 211.
[27] Vgl. Gaichas, 73; ähnlich handele auch Catilina in Cat. 20,16.
[28] Vgl. Blänsdorf, 55 und Wirszubski, 64. - Nach Gaichas ist der Gebrauch von libertas zur Tarnung von persönlichem Machtstreben bei Sallust nicht neu. Ein Novum liege aber in dem konsularischen Rang und der patrizischen Herkunft des Benutzers. Gaichas sieht eine Weiterentwicklung in der Art der Politiker: Lepidus appelliere zur Rechtfertigung der persönlichen Ambitionen, anstatt mit anderen Aristokraten zu verhandeln; vgl. Gaichas, 75. - Bleicken merkt die Ähnlichkeit der Verwendung des libertas -Begriffs durch Popularen und Optimaten in Bezug auf den politischen Willen an. Die Popularen wollten lediglich die politische Macht innerhalb der Nobilität in bestimmter Weise verteilen; vgl. Bleicken, 39. Der libertas -Gedanke betreffe daher die politische Methode der Durchsetzung der Politik, nicht aber den sachlichen Inhalt der Politik; vgl. Bleicken, 47.
[29] Latta, 1999, 212, sieht in der Zuversicht eine captatio benevolentiae. Büchner, 1982, 223, betont, dass Macer keine wirkliche Hoffnung in das Volk setze.
[30] So Latta, 1999, 213.
[31] Vgl. Blänsdorf, 65.
[32] Hist. 3,48,28: „uos repetiueritis libertatem.“
[33] Diese beiden Reden lassen sich eigentlich nicht als wirkliche Volksreden bezeichnen, weil viele Verschwörer aus dem Senatorenkreis kamen. Man kann sie aber noch weniger unter die Reden vor der Führungsschicht subsumieren. Da diese beiden Passagen für den Gebrauch von pax und libertas sehr aufschlussreich sind, sollen sie nicht unberücksichtigt bleiben, sondern (trotz des Wissens um die Problematik ihrer Einordnung) jeweils in den Unterkapiteln, die auf die Verwendung der beiden Begriffe vor dem Volk eingehen, behandelt werden.
[34] Cat. 20,4: „nam idem uelle atque idem nolle, ea demum firma amicitia est.“.
[35] Die Wendung vindicare in libertatem kam ursprünglich aus dem rechtlich-militärischen Bereich und wurde erst in nachsullanischer Zeit zu einem echten politischen Schlagwort, als auch libertas eine hochpolitische Bedeutung bekam; vgl. Vretska, 1976, Bd. 1, 309; Earl, 56.
[36] Dies scheint allgemeine Auffassung in der Forschung zu sein. McGushin, 1977, 140, ist der Ansicht, dass libertas hier lediglich eine gerechtere Verteilung der politischen Macht, der gloria und des Wohlstands bedeute. – Zu betonen ist, dass Catilina in Wahrheit auf persönliche Macht aus ist. Dies lässt McGushin aber unerwähnt. Catilina solle sogar nach regnum gestrebt haben; vgl. Cat. 5,6 und Wirszubski, 79, Anm. 155.
[37] Sallust verwendet die Phrase vindicare in libertatem auch im Jugurtha im Rahmen des sogenannten „Parteienexkurses“, als er die von den beiden Gracchen für die Plebs errungenen Leistungen erwähnt (Jug. 42,1). Diese Junktur bezeichnet die Forderung der Plebs nach politischer Mitbestimmung. Da diese Stelle nicht aus der Perspektive einer parteiischen Person, sondern von dem Autor selbst berichtet wird, liegt hier die ursprüngliche Bedeutung der Phrase vor, die nicht von parteipolitischen Interessen durchdrungen ist. Sie bezeichnet die Summe der bürgerlichen Rechte, die durch die römischen Gesetze garantiert wurden, wie Paul, 128, anmerkt. Aber erst die Gracchen verschafften den in den Ständekämpfen erfochtenen Volksrechten wieder Geltung.
[38] Vgl. dazu Gaichas, 12f.
[39] Vgl. Tiffou, 400f.
[40] Vgl. Gaichas, 13.
[41] Vgl dazu Bleicken, 44:Der Gegensatz libertas plebis – dominatio paucorum (bei Sallust besonders in den Reden des Catilina, Memmius und Macer sichtbar) hat die ganze Republik bestimmt und ist gewiss aus der Tradition der popularen Politik zu verstehen, die ihre Politik (nicht ihre politische Programmatik) durch den Rückgriff auf den Ständekampf legitimierte. Diesen Gegensatz stellt Sallust nach Bleicken sehr einseitig dar. Er wolle damit die populare rhetorische Topik kritisieren, die die Begriffe im Sinne einer längst vergangenen Tradition gebrauche.
[42] In diesem mit postquam eingeleiteten Nebensatz sieht Schmid die Begründung für die Notwendigkeit einer Änderung der Daseinsbedingung. Diese Begründung habe einen Ausgangspunkt, den Sallust bereits als Realität ansehe; vgl. Schmid, 1993, 269f.
[43] Nach Vretska, 1976, Bd. 1, 304, werden die Zuhörer selbst als „regimentsfähige“ Leute betrachtet. Die Rede gleiche der eines Tribunen vor der Plebs. Steidle, 1949, 66, vergleicht sie mit der eines Feldherrn vor der Schlacht.
[44] Vretska, 1976, Bd. 1, 322, hebt den Toposcharakter des Wortes heraus und bemerkt, dass es immer mit libertas verbunden werde. Lämmli, 517, Anm. 12, vermutet seinen Ursprung in der popularen Parteipolitik.
[45] Vgl. Cat. 58,8. Schmid, 1993, 270, sieht hier eine leuchtende Aussicht auf Herrschaft formuliert. Gaichas, 14, macht im imperium den Inhalt der hier erwähnten Freiheit aus. Für McGushin, 1977, 146, ist libertas sogar äquivalent zu licentia.
[46] Vgl. Bloch, 34.
[47] Vgl. Vretska, 1976, Bd. 1, 322.
[48] Catilina begreift sich in §§ 6-8, 10, 11 und 13 der Rede als Teil der Gruppe, zu der er spricht, wie der dortige Gebrauch der 1. Person Plural zeigt. An diesen Stellen baut Catilina einen Gegensatz zwischen der Nobilität und der Plebs auf und betont die gute Aussicht auf einen Sieg. Auf die ganze Rede bezogen setzt sich Catilina aber nicht betont von seinen Zuhörern ab. Dies zeigt der Schluss der Rede.
[49] Vgl. auch Cat. 20,8, wo äquivalente Begriffe benutzt werden. Demnach stellt Catilina libertas mit dem Besitz der Werte der Herrschenden (nämlich divitiae, decus, gloria) auf eine Stufe, wie Gaichas, 13, anmerkt
[50] Vgl. Vretska, 1976, Bd. 2, 665.
[51] McGushin, 1977, 281, irrt somit, wenn er behauptet, die Ordnung der Bevorzugung und Erwartung (mit divitiae als Leitbegriff) sei dieselbe.
[52] Vgl. Tiffou, 402. Nach Gaichas verdreht Catilina auch patria für seine Propagandazwecke in ihrer Bedeutung und appelliert dabei an die Tradition. Trotz der Verwendung von libertas und patria für persönliche Motive behalten diese Begriffe ihre universelle Bedeutung; vgl. Gaichas, 19ff. Vielleicht kann man hier patria auch als Betonung der Aussicht auf eine Rückkehrmöglichkeit nach Italien sehen. - Tiffou, 402, vermutet vorsichtig eine größere Tragweite in patria als in libertas, da eine Partei einen Teil der Bürger der Freiheit berauben könne, ohne deshalb kein Interesse mehr an der Zukunft der eigenen Stadt zu haben.
[53] Dies betont auch Vretska, 1976, Bd. 2, 665. Insofern ist Gaichas’ Behauptung, Catilina verwende libertas ohne Bedeutungsveränderung, nicht ganz zutreffend; vgl. Gaichas, 20. Die politische Freiheit und die republikanische Staatsform sind für die Masse kein Wert mehr, da letztlich die materiellen Versprechungen die Mitverschwörer anziehen; vgl. Stylow, 22.
[54] Vgl. Tiffou, 402.
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