Aufgrund der rasanten Zunahme der Globalisierung und der Verflechtung von Geschäftsaktivitäten weltweit wird die Schaffung eines Verständnisses für die Theorie und Praxis hinter globalen Aktivitäten und internationalem Wissen immer bedeutender. Da die Effektivität von Expatriates als ein wichtiger Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr anerkannt wird, ist es von großer Bedeutung, Forschungen zu diesem Thema zu betreiben und die Zukunft dieses Bereichs zu erkunden.
Die Ausgangsfragestellung, die in dieser Arbeit verfolgt wurde ist, wie die Bereitschaft von Mitarbeitern, in Zukunft zu expatriieren, konkret unter dem Einfluss der Faktoren Generationenwechsel in die Generation Y, die Diversifizierung der Expatriation und die Covid-19-Pandemie aussieht. Die Online-Befragung von Expatriates und Nicht-Expatriates sollte auch zeigen, ob eine Unterscheidung zwischen KMU und Konzernen in der Expatriation überhaupt sinnvoll ist und welche Handlungsempfehlungen sich für die Unternehmen ergeben.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Tabellenverzeichnis
III. Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Praktische Relevanz
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Expatriation
2.1.1 Definitorische Schwierigkeiten
2.1.2 Expatriation – eine Definition
2.2 Expatriation in KMU und Konzernen
2.2.1 KMU – eine Definition
2.2.2 Konzern – eine Definition
2.2.3 Gründe für eine Unterscheidung in der Expatriation
2.3 Motive und Bedeutung der Expatriation
2.3.1 Motive aus Unternehmenssicht
2.3.2 Motive und Bereitschaft aus Mitarbeitersicht
2.3.2.1 Motive aus Mitarbeitersicht
2.3.2.2 Entsendungsbereitschaft aus Mitarbeitersicht
2.4 Idealtypischer Prozess der Expatriation
2.4.1 Auswahlphase
2.4.2 Vorbereitungsphase
2.4.3 Einsatzphase
2.4.4 Reintegrationsphase
3 Einflussfaktoren auf die zukünftige Expatriation
3.1 Die Generation Y in der Arbeitswelt
3.1.1 Charakteristika und Erwartungen der Generation Y
3.1.2 Entsendungsbereitschaft der Generation Y
3.2 Diversifizierung der Expatriation
3.3 Covid-19-Pandemie
4 Empirische Forschung
4.1 Fragestellung der Untersuchung
4.2 Forschungsdesign
4.2.1 Forschungsmethode
4.2.2 Erstellung Fragebogen
4.2.3 Auswahl Umfrageteilnehmer
4.2.4 Durchführung und Auswertung Forschung
4.3 Ergebnisse
4.3.1 Zusammensetzung der Stichprobe
4.3.2 Gegenüberstellung der Expatriation in KMU und Konzerne
4.3.3 Gegenüberstellung der Hauptmotive in KMU und Konzerne
4.3.4 Gegenüberstellung der zukünftigen Entsendungsbereitschaft
4.3.5 Gegenüberstellung der Anforderungen an die Expatriation
4.3.6 Meinungen zu Einflussfaktoren auf die zukünftige Expatriation
4.3.7 Wünsche der Arbeitnehmer in Bezug auf zukünftige Expatriationen
4.4 Diskussion der Ergebnisse
4.4.1 Unterschiede in der Expatriation in KMU und Konzernen
4.4.2 Die zukünftige Entsendungsbereitschaft
5 Handlungsempfehlungen
6 Fazit und Ausblick
6.1 Schlussfazit
6.2 Kritische Würdigung
6.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anlagen
I. Abbildungsverzeichnis
1 Entsendungsmotive der Expatriates
2 Phasen der Expatriation
3 Die Phasen der kulturellen Anpassung
4 Präferenzen der Generation Y bei der Wahl eines Arbeitgebers
5 Forschungsdesign
6 Generationenverteilung der Stichprobe
7 Größe der Unternehmen
8 Entsendungsländer für KMU (links) und Konzerne (rechts)
9 Dauer der Expatriation für KMU (oben) und Konzerne (unten)
10 Erster Initiator der Expatriation in KMU (links) und Konzerne (rechts)
II. Tabellenverzeichnis
1 Definitionen von Expatriates oder Expatriation
2 Definition von Expatriate
3 KMU-Schwellenwerte der IfM Bonn seit 01.01.2016
4 Auswertung der Aussagen bezüglich der zukünftigen Expatriation
5 Auswertung der informellen Elemente des Expatriate-Lebens
6 Auswertung der Aussagen bezüglich der Einflussfaktoren auf die Expatriation
III. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Management Summary
Due to the rapid increase in globalization and the interconnectedness of business activities worldwide, creating an understanding of the theory and practice behind global activities and international knowledge is becoming increasingly important. As expatriate effectiveness is recognized as an important factor in the success or failure of international business, it is of great significance to conduct research on this topic and explore the future of this field.
The initial question pursued in this thesis was what the willingness of employees to expatriate in the future looks like, specifically under the influence of the generational change to Generation Y, the diversification of expatriation, and the Covid-19-pandemic factors. The online survey of expatriates and non-expatriates was also intended to show whether a distinction between SMEs and large corporations in expatriation makes sense at all and what recommendations for action arise for companies.
The results show that it does make sense to differentiate between SMEs and large corporations when it comes to expatriation. From the evaluations, five recommendations for action could be derived for the companies that are of particular importance for securing the willingness of future employees to expatriate, differentiated by company size if necessary.
Zusammenfassung
Aufgrund der rasanten Zunahme der Globalisierung und der Verflechtung von Geschäftsaktivitäten weltweit wird die Schaffung eines Verständnisses für die Theorie und Praxis hinter globalen Aktivitäten und internationalem Wissen immer bedeutender. Da die Effektivität von Expatriates als ein wichtiger Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr anerkannt wird, ist es von großer Bedeutung, Forschungen zu diesem Thema zu betreiben und die Zukunft dieses Bereichs zu erkunden.
Die Ausgangsfragestellung, die in dieser Arbeit verfolgt wurde ist, wie die Bereitschaft von Mitarbeitern, in Zukunft zu expatriieren, konkret unter dem Einfluss der Faktoren Generationenwechsel in die Generation Y, die Diversifizierung der Expatriation und die Covid-19-Pandemie aussieht. Die Online-Befragung von Expatriates und Nicht-Expatriates sollte auch zeigen, ob eine Unterscheidung zwischen KMU und Konzernen in der Expatriation überhaupt sinnvoll ist und welche Handlungsempfehlungen sich für die Unternehmen ergeben.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es durchaus sinnvoll ist, bei der Entsendung zwischen KMU und Konzernen zu differenzieren. Aus den Auswertungen konnten fünf Handlungsempfehlungen für die Unternehmen abgeleitet werden, die für die Sicherung der Entsendungsbereitschaft zukünftiger Mitarbeiter von besonderer Bedeutung sind, gegebenenfalls differenziert nach der Unternehmensgröße.
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstel
Die Globalisierung, eine zunehmend engere Vernetzung von Märkten und Personen, wird aus wirtschaftlicher Perspektive durch die Internationalisierung von Unternehmen verkörpert. Durch die Verengung der heimischen Märkte, den Eintritt ausländischer Konkurrenten oder den enormen Wettbewerbsdruck im Heimatmarkt, sind die Unternehmen gezwungen, ihren Großkunden an neue Produktionsstandorte im Ausland zu folgen (Schmidt & Minssen, 2006, S. 2).
Die Internationalisierung von Unternehmen durch die Gründung von internationalen Tochtergesellschaften, Joint Ventures und strategischen Partnerschaften führt dazu, dass immer mehr Arbeitnehmer einen Teil ihres Berufslebens im Ausland verbringen (Bonache, Brewster, & Suutari, 2001, S. 3) und dies auch möchten, da die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen konsequenterweise auch mit einer erhöhten Beweglichkeit der Mobilität der Mitarbeiter einhergehen muss. Diese verschiedenen Dimensionen der Internationalisierung von Geschäftsaktivitäten erfordern nämlich nicht nur eine solide finanzielle und technische Ausstattung oder die Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen von Unternehmen, sondern vielmehr basiert der Erfolg im Ausland maßgeblich auf der Mobilität der Unternehmensmitarbeiter und deren Fähigkeit, in internationalen Umfeldern zu arbeiten (Schmidt & Minssen, 2006, S. 2).
Aufgrund der zunehmenden Relevanz der Verwaltung und Entwicklung von Humanressourcen in einem grenzüberschreitenden Kontext, sind internationale Entsendungen zu einem wichtigen Instrument des Personalmanagements geworden (Scullion & Brewster, 2001, S. 347f.). Auslandsentsendungen bieten die Möglichkeit, spezifische Unternehmensziele im Ausland zu erreichen, wie beispielsweise der Transfer von Management und technischem Fachwissen in eine ausländische Tochtergesellschaft oder die Organisation eines konkreten Projekts, während gleichzeitig die internationale Ausrichtung eines Mitarbeiters entwickelt wird (Schmidt & Minssen, 2006, S. 2f.).
Tatsächlich gibt es eine große Anzahl an Literatur und Studien, die analysieren, welche Rolle internationale Entsendungen in multinationalen, größeren Unternehmen spielen und wie diese Unternehmen, die Karrieren dieser Mitarbeiter auswählen und gestalten (Bonache, Brewster, & Suutari, 2001, S. 3). Ebenso hat das Expatriate Management selbst viel Relevanz in der Literatur gefunden. Die vorhandenen Arbeiten konzentrieren sich jedoch überwiegend auf multinationale Unternehmen und differenzieren kaum zwischen größeren und kleineren Firmen. KMU stellen in den meisten Branchen einen erheblichen Anteil aller Unternehmen dar und sie verfügen nicht über die gleichen Ressourcen und Kapazitäten zur Umsetzung des Expatriate Managements wie Konzerne. Dieser Unterschied sollte die Art und Weise, wie KMU Expatriationen angehen, erheblich beeinflussen (Schmidt & Minssen, 2006, S. 3).
Der Ausbruch des Corona-Virus im Jahr 2020 hat beispiellose Herausforderungen und Schwachstellen in allen Bereichen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens der Menschen aufgedeckt, einschließlich der Wirtschafts- und Reisetätigkeit (Dr.Ananth & Ali, 2021, S. 1f.). Ein von der Weltbank veröffentlichter Bericht zeigt, dass die durch Covid-19 hervorgerufene Wirtschaftskrise tiefer und anhaltender ist als jede andere pandemische Krise, die sich seit den 1990er Jahren in der Welt entwickelt hat (Worldbank, 2020). Alle Pandemien, die in letzter Zeit aufgetreten sind, haben nur einige wenige Länder und einen kleinen Teil der Weltbevölkerung betroffen, während Covid-19 die gesamte Weltbevölkerung betroffen hat und die globalen wirtschaftlichen Aktivitäten zum Stillstand gebracht hat (Dr.Ananth & Ali, 2021, S. 2).
Der Reise- und Tourismussektor ist einer der am stärksten betroffenen Sektoren weltweit. Die Streichung der internationalen Flugverbindungen hat die Bewegung von Passagieren und Gastarbeitern zwischen den Ländern beeinträchtigt (Dr.Ananth & Ali, 2021, S. 1f.). Ein Bericht der Weltbank sagte voraus, dass die weltweiten Geldsendungen aufgrund der Wirtschaftskrise, die durch die Covid-19-Pandemie und den Stillstand verursacht wurde, im Jahr 2020 um etwa 20 % stark zurückgehen werde (Worldbank, 2020). Dieser starke Rückgang wurde vor allem auf den Rückgang der Löhne und der Beschäftigung von Gastarbeitern auf der ganzen Welt zurückgeführt, die aufgrund des Verlustes von Arbeit und Leben in ihren Gastländern durch den Ausbruch dieser Pandemie am meisten gefährdet und schwer betroffen sind (Dr.Ananth & Ali, 2021, S. 1f.).
Da die Expatriation ein sehr wichtiger Prozess der Internationalisierung von Unternehmen ist, der mit Wirtschaft und Tourismus eng verknüpft ist, ist sie auch in hohem Maße betroffen. Während die Unternehmen allgemein von den Reisebeschränkungen betroffen sind, befinden sie sich verständlicherweise in unterschiedlichen Stadien der Reaktion auf die Krise, abhängig von den Ländern, in denen sie tätig sind, dem Umfang des Mobilitätsprogramms, dem Status der Projekte und dem Liquiditätsniveau (Deloitte, 2020).
Im Januar 2021 nahmen mehr als 12.000 Expatriates aus der ganzen Welt an einer Umfrage teil. Sie repräsentierten insgesamt 174 Nationalitäten und leben in 186 Ländern rund um die Welt. Rund 17 % der Befragten mussten die Pläne, entweder überhaupt ins Ausland zu ziehen oder von einem fremden Land in ein anderes umzuziehen, aufgeben, und fast jeder Zehnte gab an, dass er aufgrund von Covid-19 früher als ursprünglich geplant nach Hause umgezogen ist oder umziehen wird (Expat-Insider, 2021).
Die längerfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Expatriation und die Entsendungsbereitschaft ist noch unbekannt. Mit der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheit rücken weitere zukunftsrelevante Themen der Expatriation in den Fokus.
Jüngste Studien weisen darauf hin, dass Alternativen zur traditionellen Expatriation immer mehr an Bedeutung gewinnen und den Werdegang von internationalen Entsendungen verändern. Diese Alternativen werden zu Trends, die die Auslandsentsendungen diversifizieren und eine höhere Flexibilität in Bezug auf betriebliche Entsendungsmodelle beinhalten (Deloitte, 2019, S. 26). Ein weiterer großer Einflussfaktor, die die Zukunft der Expatriation maßgeblich verändern wird, ist die Generation Y. Die aktuellen wirtschaftlichen Anforderungen und die sich verändernde demografische Kurve in der Entwicklung der Belegschaft erfordern von den Führungskräften eine Auseinandersetzung mit der Generationenfrage, da es innerhalb der Generationengruppen unterschiedliche Lebens-, Handlungs- und Karrierevorstellungen gibt und angesichts des drohenden Fachkräftemangels eine zunehmende Orientierung der Unternehmen an den Wünschen und Erwartungen der jungen Mitarbeiter notwendig ist, um gezielt Nachwuchskräfte zu gewinnen und zu binden (Parment & Klaffke, 2011, S. 4f.).
1.2 Zielsetzung
Das übergeordnete Ziel dieser Masterarbeit ist es, die Forschungslücke zu schließen, wie die Bereitschaft von Mitarbeitern für zukünftige Entsendungen im Ausland konkret aussieht. Es werden drei Einflussfaktoren identifiziert, die Veränderungen in der zukünftigen Expatriation bewirken werden und Arbeitgeber vor neue Herausforderungen stellen. Um die für die internationale Expansion bedeutsame Expatriation von Unternehmen langfristig aufrechtzuerhalten, ist daher ein Verständnis der Entsendungsbereitschaft von Mitarbeitern von großer Bedeutung. Dies geschieht unter Verwendung einer möglichst großen Stichprobe, die aus Expatriates, aus KMU und Konzernen, und Nicht-Expatriates besteht. Nicht-Expatriates sind daher für die vorliegende Arbeit sehr wichtig, da sie potenzielle Expatriates darstellen und deren Entsendungsbereitschaft für die Zukunft von großer Bedeutung ist. Die Studie soll zeigen, ob eine Unterscheidung zwischen KMU und Konzerne überhaupt sinnvoll ist und welche Handlungsempfehlungen sich für die Unternehmen ergeben.
1.3 Praktische Relevanz
Diese Masterarbeit beschäftigt sich mit einem sehr aktuellen Thema, da das Ziel verfolgt wird, das Wissen über ein für die Gegenwart und Zukunft relevantes Thema zu erweitern. Es wird eine Zukunftsprognose erstellt und mit bereits vorhandener Theorie, vorgenommenen Studienergebnissen und ebenfalls in dieser Arbeit durchgeführten quantitativen Forschung, Erkenntnisse gewonnen, welche diese Prognose belegen und eine Basis für die Handlungsempfehlungen liefern. Die Handlungsempfehlungen für KMU und Konzerne haben das Ziel, die Entsendungsbereitschaft der Expatriates für beide Unternehmensarten zu erhalten. Diese Faktoren und das neue Verständnis über die Unterscheidung der Expatriation zwischen Unternehmensgrößen liefern den hohen praktischen Wert dieser Arbeit.
1.4 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in die folgenden fünf Kapitel.
In Kapitel 2, "Begriffsbestimmungen", wird ein theoretischer Überblick über die Gesamtthematik der Expatriation sowie über die definitorischen Schwierigkeiten gegeben. Mittels einer Literaturrecherche werden die Motive und die Bedeutung der Expatriation aus Sicht des Mitarbeiters und des Unternehmens sowie der idealtypische Prozess der Expatriation herausgearbeitet. Zusätzlich werden die beiden Unternehmenstypen, die in dieser Forschungsarbeit untersucht werden, definiert und eingegrenzt.
Die Einflussfaktoren auf die zukünftige Expatriation werden in Kapitel 3 untersucht. Dabei werden drei Einflussfaktoren identifiziert und der aktuelle Wissensstand zu den jeweiligen Faktoren aufgezeigt. Im Hinblick auf die Generation Y, finden in der vorliegenden Arbeit, der Charakter und die Anforderungen dieser Generation, in Bezug auf die Arbeitswelt, Berücksichtigung. Weitere ermittelte Einflussfaktoren sind die aktuell zu beobachtende Diversifizierung der Expatriation und die Covid-19-Pandemie.
Auf dieser Grundlage wird in Kapitel 4 detailliert die Forschungsmethodik beschrieben, mit der im Rahmen der Studie versucht wurde, Daten hinsichtlich der zukünftigen Entsendungsbereitschaft von Mitarbeitern zu erheben, wobei zwischen KMU und Konzernen unterschieden wird. Darauf aufbauend werden die Ergebnisse der empirischen Studie ausgewertet und im Hinblick auf weitere Interpretationen untersucht und diskutiert.
In Kapitel 5 werden auf Basis der im theoretischen Teil gesammelten Erkenntnisse und der mittels der Forschungsmethode gewonnenen Untersuchungsergebnisse Handlungsempfehlungen für KMU und Konzerne abgeleitet.
Das Fazit in Kapitel 6 schließt schließlich die Arbeit ab und gibt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse. Außerdem wird hier die vorliegende Arbeit kritisch gewürdigt und ein Forschungsausblick dargelegt.
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Expatriation
2.1.1 Definitorische Schwierigkeiten
Die klare Definition und Abgrenzung eines Untersuchungsgebietes stellen in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung und gleichzeitig eine der wichtigsten Bausteine für die weitere Entwicklung dar. Das Fehlen einer einheitlichen Definition kann zu Fehlinterpretationen und ungenauen Annahmen führen. Begriffsdefinitionen werden von Wissenschaftlern häufig als lästige Notwendigkeit behandelt, die möglichst schnell und unbedacht erledigt werden sollten (Ackoff, 1971, S. 671), obwohl ein guter Teil der Arbeit, die man "Theoretisieren" nennt, mit der Klärung von Begriffen verbunden sein sollte (Merton, 1958, S. 114).
Es folgten mehrere Veröffentlichungen, aber die Autoren der Arbeiten kamen nicht auf eine einheitliche Definition des Begriffs „Expatriation“, so dass McNulty und Brewster (2017, S.27) das Konzept der Expatriates untersuchten und argumentierten, dass die nachlässige Verwendung des Begriffs in der Vergangenheit zu Problemen mit inkonsistenter Forschung, inkompatiblen Ergebnissen und einem Mangel an Klarheit im Forschungsfeld geführt hat.
Die meisten Studien zum Thema Expatriation wurden von multinationalen Unternehmen durchgeführt, und diese übernahmen weitgehend die von den Unternehmen verwendeten Definitionen. Demnach wurden Expatriates weitestgehend so verstanden, dass sie von einem Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum ins Ausland entsandt werden. Die Entsendung ist vertraglich definiert und wird dadurch von einer Geschäftsreise unterschieden, bei der der Arbeitsvertrag unverändert fortbesteht (Heuser, 2008, S. 4). Die seit Mitte des 20. Jahrhunderts durchgeführten Forschungen deuten darauf hin, dass die historische Konzeptualisierung des Expatriate-Konstrukts aus der Beschäftigung von Unternehmen stammt (Andresen, Bergdolt, Margenfeld, & Dickmann, 2014, S. 2303), wobei die Nachfrage nach Expatriates auf den organisatorischen Hintergrund der Arbeit im Ausland zugeschnitten war und auf der Vorstellung beruhte, dass Expatriates den Unternehmen bei der Erreichung ihrer Geschäftsziele helfen (Tungli & Peiperl, 2009, S. 160). In jüngerer Zeit wurde das Konzept der Expatriates erweitert, um Personen einzubeziehen, die viele Formen internationaler, beruflicher und außerberuflicher Erfahrungen haben, darunter Studenten, Migranten, Rentner und internationale Geschäftsreisende. Kritisch anzumerken ist, dass einige dieser Studien implizieren, dass die Beschäftigung im Unternehmen kein Kriterium ist, um zu bestimmen, wer ein Expatriate im Rahmen von IHRM-Studien ist und wer nicht (McNulty & Brewster, 2017, S. 9). McNulty und Brewster (2017, S. 10) behaupten, dass der Fokus auf Personen liegen muss, die in der Wirtschaftstätigkeit beschäftigt sind oder direkt von ihr betroffen sind, um sie von Nicht-Expatriates zu unterscheiden.
Um die Unstimmigkeiten zu veranschaulichen und die mangelnde Klarheit des konzeptionellen Konstrukts zu belegen, folgt ein Überblick über die Definitionen und Begriffe aus der Studie von McNulty und Brewster (2017), sowie aus eigener Literatursichtung. Die Autoren konzipierten zwei Übersichten von Definitionssammlungen, wobei eine Übersicht die Definitionen aus den einflussreichsten und an den häufigsten zitierten Artikeln über traditionelle Expatriates enthält und eine weitere Übersicht eine breitere Sichtung der gesamten Literatur beinhaltet, die versucht, die Begriffe "Expatriate" und "Expatriation" zu definieren. Ersteres ergab sich aus einer Untersuchung der Datenbanken „Web of Science“ und „Scopus“, indem nach Zitaten zu den Begriffen "Expat*", "Expatriate*" und "Expatriation*" gesucht wurde und diese nach der Anzahl der Zitate geordnet wurden, um die 25 am häufigsten zitierten Artikel zu identifizieren (McNulty & Brewster, 2017, S. 12). Die Recherche führte zu dem Ergebnis, dass fast keiner der Autoren der 25 meistzitierten Artikel die Begriffe überhaupt definierte, lediglich Inkson, Arthur, Pringle, & Barry (1997) und Suutari und Brewster (2000).
Da es in dieser Arbeit nicht um die theoretische Untersuchung des Begriffs geht, enthält die im nächsten Abschnitt dargestellte Tabelle 1 eine Reihe von Begriffsdefinitionen aus beiden Übersichten und zusätzlicher Literatursichtung in chronologischer Reihenfolge, um die Unstimmigkeiten so vereinfacht wie möglich darzustellen.
Tabelle 1 : Definitionen von Expatriates oder Expatriation
Quellen: Eigene Darstellung anhand einer Literatursichtung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Literaturrecherche zu den Definitionen von Expatriates und Expatriation ergab, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass es sich bei Expatriates um Personen handelt, die von ihren Arbeitgebern als solche definiert und für einen temporären Einsatz in ein anderes Land geschickt werden. Daher wird in der Literatur häufig die Definition von Suutari und Brewster (2000, S. 417) verwendet, die Expatriates als Personen definieren, die von ihrem Arbeitgeber für einen temporären Einsatz außerhalb ihres Heimatlandes entsandt werden. Inkson, Arthur, Pringle, & Barry (1997, S. 351) stellen fest, dass Expatriates aufgrund einer Unternehmensinitiative ins Ausland gehen, sie werden innerhalb desselben Unternehmens vorübergehend versetzt und kehren dann zum selben Unternehmen in ihr Heimatland zurück.
Es gibt auch Autoren, die den Begriff "Expatriate" verwenden, um alle Personengruppen zu beschreiben, die ins Ausland ziehen, einschließlich Migranten (Al Ariss & Syed, 2011, S. 288), aber es gibt auch Autoren, die Expatriates ausschließlich als Personen mit Migrantenstatus (Andresen, Bergdolt, Margenfeld, & Dickmann, 2014, S. 2308) oder Migranten definieren, die aus Karrieregründen in ein anderes Land ausreisen (Moosmüller, 2007, S. 480).
In eine konkretere Richtung gingen Aycan und Kanungo (1997, S. 250), die Expatriates als Mitarbeiter von Unternehmen oder staatlichen Organisationen definierten, die von ihrer Organisation in eine verbundene Einheit in einem Land entsandt werden, das sich von ihrem eigenen Land unterscheidet, um eine Aufgabe oder ein organisationsbezogenes Ziel für einen vorher festgelegten temporären Zeitraum von normalerweise mehr als sechs Monaten und weniger als fünf Jahren in einem Zeitraum zu erfüllen. Dem stimmt auch Minssen (2009, S.56) zu, allerdings beträgt der Auslandsaufenthalt aus seiner Sicht mindestens 2 Jahre. Eine jüngere Definition von Harrison, Shaffer, & Bhaskar-Shrinivas (2004, S.203) definiert Expatriates als: "Mitarbeiter von Unternehmen, die vorübergehend ins Ausland entsandt werden, um eine zeitlich begrenzte Aufgabe zu erfüllen oder ein Organisationsziel zu erreichen".
Die Definitionen schließen diejenigen aus, die weniger als sechs Monate oder mehr als fünf Jahre im Ausland sind, und implizieren, dass Expatriates bereits vor der Auslandsentsendung Mitarbeiter der Organisation waren, von Organisationen zugewiesen wurden und dass die Beschäftigung bei einer solchen Organisation ein Schlüsselmerkmal ist, wodurch Expatriates organisationsbezogene Ziele erfüllen (McNulty & Brewster, 2017, S. 14f.).
2.1.2 Expatriation – eine Definition
Um Klarheit zu schaffen, beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Entsendung mit einem geschäftlichen Hintergrund und schließt in die Definition alle Arten von Unternehmen ein, auch solche, die im öffentlichen Sektor und in Nichtregierungsorganisationen beschäftigt sind. Die Einsatzdauer im Ausland ist dabei nicht von Bedeutung. Obwohl einige Autoren, der in den vorherigen Abschnitten gezeigten Definitionen, entweder den Begriff "Selbstinitiierte Expatriates" oder "Beauftragte Expatriates" (Andresen, Bergdolt, Margenfeld, & Dickmann, 2014; Aycan & Kanungo, 1997; Harrison, Shaffer, & Bhaskar-Shrinivas, 2004; Suutari & Brewster, 2000) verwendeten, wurde aufgrund des Umfangs dieser Arbeit eine engere Definition für nicht relevant gesehen.
Für eine genauere begriffliche und zeitliche Eingrenzung wird zwischen kurzfristigen Entsendungen, die zwischen sechs und zwölf Monaten andauern, und langfristigen Entsendungen, die ein bis fünf Jahre andauern, unterschieden. Eine mehrtägige oder -wöchige Geschäftsreise gilt nicht als Expatriation, ebenso wenig wie ein Aufenthalt in einem Gastland von mehr als fünf Jahren (Koldehoff-Hayashi, 2012, S. 24).
Aufgrund der Unterschiede und definitorischen Schwierigkeiten wird in Tabelle 2 eine eigene, für diese Arbeit gültige Definition gegeben, indem die wesentlichen Aspekte der entsprechenden Autoren zusammengefasst werden.
Tabelle 2 : Definition von Expatriate
Quellen: Eigene Definition basierend auf vorherigen Abschnitten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da in dieser Arbeit zwischen zwei Arten von Unternehmen unterschieden wird, den KMU und den Konzernen, werden in den folgenden Abschnitten die Definitionen dieser Unternehmensformen und die Bedeutung der Unterscheidung zwischen ihnen bei der Expatriation vorgestellt.
2.2 Expatriation in KMU und Konzerne
2.2.1 KMU – eine Definition
Neben einer Differenzierung anhand der Mitarbeiterzahl oder des Jahresumsatzes können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auch anhand qualitativer Merkmale unterschieden werden. Folgende Tabelle 3 zeigt die durch das Institut für Mittelstandforschung definierten und geltenden Abgrenzungen für KMU.
Tabelle 3 : KMU-Schwellenwerte der IfM Bonn seit 01.01.2016
Quellen: Eigene Darstellung in Anlehnung an die KMU-Definition des Instituts für Mittelstandforschung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gemäß dieser Abgrenzung gelten Unternehmen als KMU, wenn sie weniger als 500 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro erwirtschaften. Innerhalb der Gruppe der KMU wird zusätzlich zwischen Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen unterschieden. Zur Abgrenzung werden die Faktoren Anzahl der Mitarbeiter und der jährliche Umsatz herangezogen. Für die Europäische Kommission zählen bereits Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter zu Großunternehmen (IfM Bonn, 2021).
Während es für das Verständnis hilfreich ist, rein quantitative Größen zu betrachten und heranzuziehen, wird die Struktur und das Wesen von Unternehmen ausgeblendet und dies führt zu einer pauschalen Betrachtungsweise (Holland-Letz, 2008, S. 13f.). Qualitative Merkmale, die in verschiedener Literatur zu finden sind, sind im Kern die folgenden: die wirtschaftliche Verflechtung von Unternehmen und Geschäftsführung, flache Hierarchien und geringere finanzielle und personelle Ressourcen.
Die wohl meistgenannte Charakteristik eines KMU ist die wirtschaftliche Verflechtung von Unternehmen und Geschäftsführung, denn Führung, Besitz und Haftung sind meist in der Verantwortung einer Person (Lubritz, 1996, S. 20). So prägt der Eigentümer das Unternehmen nicht nur durch seine Managementfähigkeiten, sondern auch durch seine Persönlichkeit (Lubritz, 1996, S. 18f.).
Die Struktur der Organisation und des Managements ist durch flache Hierarchien gekennzeichnet, wodurch eine hohe Erwartungshaltung an die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Leistung verfolgt wird. Da die Führungskräfte für viele verschiedene Bereiche verantwortlich sind, führt dies zu einem geringeren Spezialisierungsgrad dieser Personen (Hoogen & Lingnau, 2009, S. 104).
KMU verfügen in der Regel über geringere finanzielle und personelle Ressourcen als große Unternehmen. Sie besitzen weniger finanzielle Ressourcen, weil sie nur einen beschränkten Zugang zu den Kapitalmärkten haben und daher auf die finanziellen Mittel ihrer Eigentümer und auf die erwirtschafteten Erträge angewiesen sind. Infolgedessen sind Investitionen oder Innovationen nur in begrenztem Umfang möglich (Kramer & Valentin, 2009, S. 77ff.). Die geringe finanzielle Ausstattung führt häufig zu einer internen Rekrutierung, so dass meist andere, teils unqualifizierte, Mitarbeiter diese Aufgaben übernehmen (Hoogen & Lingnau, 2009, S. 105).
Da qualitative Merkmale teils subjektiv wahrgenommen werden können, definiert die vorliegende Arbeit der Übersichtlichkeit halber nach der Anzahl der Mitarbeiter und verwendet dafür die Definition des Instituts für Mittelstandforschung.
2.2.2 Konzern – eine Definition
Bei der Bundeszentrale für politische Bildung wurde der Begriff Konzern definiert als:
„ein Zusammenschluss von rechtlich selbstständigen Unternehmen, die ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit aufgeben und sich einer einheitlichen Leitung (häufig durch eine Holdinggesellschaft) unterstellen“ (Bpb, 2021).
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gibt es eine Vielzahl von Literatur zu den Merkmalen eines Konzerns, zu den wichtigsten zählen:
- die Organisation als eine wirtschaftliche Einheit für Entscheidungen und Handlungen,
- die Aufrechterhaltung der rechtlichen Selbständigkeit der jeweiligen Konzernunternehmen,
- die faktische und/oder vertragliche Einordnung aller Konzernunternehmen unter eine gemeinsame Leitung und
- die Eingrenzung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit der Leiter der einzelnen Konzerngesellschaften (Theisen, 2000, S. 15).
Großunternehmen werden in der Betriebswirtschaftslehre und umgangssprachlich häufig als Konzerne bezeichnet, selbst wenn sie nicht der rechtlichen Definition eines Konzerns entsprechen, mittlerweile jedoch ist fast jedes Großunternehmen in Konzernstrukturen eingebunden, teils ausschließlich durch erhöhte Kooperationen mit externen Stakeholdern (Sydow, 2001, S. 272).
In dieser Arbeit werden Konzerne nach der Anzahl der Mitarbeiter definiert, basierend auf den Abgrenzungen des Instituts für Mittelstandforschung (IfM Bonn, 2021). Dabei werden alle Großunternehmen, die eine Mitarbeiteranzahl von mehr als 500 haben, zu Konzernen gezählt.
2.2.3 Gründe für eine Unterscheidung in der Expatriation
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Globalisierung durch die Internationalisierung von Unternehmen gekennzeichnet. Es werden neue Märkte erschlossen, Produktionsstandorte eröffnet und weltweit vernetzt. Diese Optionen sind nicht nur für Konzerne oder große, multinationale Unternehmen von Bedeutung, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Gerade für KMU entsteht dadurch ein enormer Wettbewerbsdruck, denn kleinere Firmen, die Zulieferer für größere Unternehmen sind, sehen sich gezwungen, ihren Großkunden zu neuen Produktionsstandorten im Ausland zu folgen. Andere Faktoren sind Heimatmärkte, die durch den Eintritt ausländischer Konkurrenten beeinflusst werden oder eine wachsende Auslandsnachfrage (Schmidt & Minssen, 2006, S. 2).
KMU stellen in den meisten Branchen, in Deutschland und in Europa, einen wesentlichen Teil aller Unternehmen dar. So weisen etwa 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland, etwa 99 % der Gesamtunternehmen, die für KMU typische Einheit von Besitz und Führung auf. Betrachtet man den Anteil der KMU allein nach der quantitativen KMU-Definition, so zeigt sich, dass rund 58 % der deutschen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen in KMU arbeiten (BVMW, 2021). Eine Studie der Europäischen Kommission hat nachgewiesen, dass europäische KMU durch die Internationalisierung schneller wachsen als solche, die nicht international tätig sind (European Commission, 2010, S. 11). International tätige KMU haben seit 2007, auch während der Finanzkrise, rund sieben % mehr Arbeitsplätze geschaffen und sind sogar deutlich innovativer (European Commission, 2010, S. 5).
Die verschiedenen Facetten der Internationalisierung erfordern viel mehr als nur eine solide finanzielle Ausstattung der Unternehmen, denn der Erfolg und der Wettbewerbsvorteil im Ausland liegt im Wesentlichen in der Mobilität der Mitarbeiter, ihrer Fähigkeit in internationalen Kontexten zu arbeiten und der Bereitschaft, für mehrere Jahre den Standort zu wechseln (Scullion & Brewster, 2001, S. 347f.). Mit der zunehmenden Beteiligung von Firmen an transnationalen Geschäftsaktivitäten sind internationale Entsendungen zu einem wichtigen Instrument zahlreicher Firmen jeder Größe entwickelt worden.
Allerdings verfügen KMU nicht über die gleichen Ressourcen und Kapazitäten, um anspruchsvolle Personalstrategien bezüglich der Entsendung zu realisieren (Kramer & Valentin, 2009, S. 77ff.; Hoogen & Lingnau, 2009, S.105), wie dies bei Konzernen der Fall ist. Dieser Unterschied dürfte die Art und Weise, wie KMU das Thema Auslandsentsendungen angehen, maßgeblich beeinflussen. Auch bei der Erschließung von Auslandsmärkten wählen sie bewusst andere Wege als Großunternehmen (Feldmeier, Lukas, & Simmet, 2007, S. 5).
Im Hinblick auf die Zukunft der Expatriation rückt der Einfluss der Digitalisierung auf die Expatriation immer mehr in den Vordergrund und wird daher im weiteren Verlauf der Arbeit näher beleuchtet. Auch hier sind die Unterschiede in KMU erkennbar.
Aufgrund begrenzter finanzieller Ressourcen fehlt es den internen IT-Abteilungen, die Treiber der Digitalisierung sind, oft an Reife der eigenen Geschäftsprozesse und an langfristiger Ausrichtung, um strategische Chancen zu ermitteln, in innovative Technologien zu investieren sowie erfahrene und hochqualifizierte IT-Spezialisten zu beauftragen. In der Folge lassen KMU ihre Fachanwendungen häufiger von externen Dienstleistern oder Beratern überwachen und geben häufiger IT-Leistungen an Dritte ab, die dann jedoch kontrolliert werden müssen (Huang, Zmud, & Price, 2009, S. 161f.).
Eine Digitalisierungsstudie des Bundeswirtschaftsministeriums untersuchte im Jahr 2020 den Digitalisierungsgrad von Unternehmen und kam zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern einen deutlich höheren Digitalisierungsgrad aufweisen als solche mit 50-249 Mitarbeitern. Noch kleinere Unternehmen, mit 1-49 Mitarbeitern, haben ein noch größeres Digitalisierungspotenzial (WUV, 2020). Auch die KMU erkennen das Potenzial der Digitalisierung: 38 % der KMU gaben im Jahr 2019 an, dass sie ihre Ausgaben für Digitalisierungsaktivitäten steigern möchten (DMB, 2019).
Diese Besonderheiten und Unterschiede zwischen KMU und Konzernen wurden bisher in der Literatur und in Studien zum Thema Expatriation nicht weiter beachtet.
2.3 Motive und Bedeutung der Expatriation
Im Mittelpunkt der Entscheidung für einen Auslandseinsatz steht die Frage nach den Zielen aus Sicht des Unternehmens und aus Sicht des Mitarbeiters. Eine Expatriation kann aus einer Vielzahl von Gründen sinnvoll sein.
2.3.1 Motive aus Unternehmenssicht
Nach Hocking, Brown, & Harzing (2004, S. 570) können die Motive aus Sicht des Unternehmens gegliedert werden in:
(1) Fachliche Ziele
(2) Organisationale Ziele
(3) Entwicklung des Expatriates
Eines der wichtigsten (1) fachlichen Ziele einer Expatriation ist der Transfer der bereits in der Unternehmenszentrale im Heimatland erworbenen Fach- oder Managementkenntnisse und die gesammelten Erfahrungen in die Tochtergesellschaften. Dies ist insbesondere bei der Besetzung von Führungspositionen von Bedeutung und in den Bereichen Forschung & Entwicklung, Produktion und Controlling, da besonders diese Bereiche Spezialwissen fordern (Ruch, 2002, S. 39). Durch die Entsendung wird nicht nur das Unternehmen erfolgreich repräsentiert, sondern auch die Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen aufgebaut und gepflegt, was für eine weitere Zusammenarbeit von enormer Bedeutung ist (Ganter, 2009, S. 17).
Die (2) organisationalen Ziele beziehen sich im Wesentlichen auf die Organisationsentwicklung, bei der die Ziele und Vorgaben der Muttergesellschaft lokal im Ausland vertreten werden (Ganter, 2009, S. 17). Dabei muss immer die Frage nach der Handlungsgrundlage erfolgen, die das unternehmensspezifische Verhalten lenkt (Deller & Kusch, 2007, S. 571). Ziele der Organisationsentwicklung können beispielsweise die Etablierung der Unternehmenskultur, die Implementierung und Sicherstellung unternehmensweiter Standards (Ganter, 2009, S. 17) oder die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus unterschiedlichen Kulturen sein. Dementsprechend ist vor allem die Expatriation als ein langfristiges Instrument der internationalen Organisationsentwicklung zu sehen (Oechsler, 2006, S. 544).
Zunehmend gewinnt die (3) Entwicklung des Expatriates auch aus Unternehmenssicht an Bedeutung, da ein verstärkter Mangel an international kompetentem Personal von Personalmanagern festgestellt wird. Zu den wichtigsten Zielen für die Entwicklung von Expatriates gehört die Sammlung von internationalen Erfahrungen und die Entwicklung einer globalen Unternehmensperspektive (Ganter, 2009, S. 17), denn nur international erfahrene Mitarbeiter, die sich von nationalen Interessen distanzieren können, ermöglichen einen umfassenden Blick auf strategische Chancen und einen gleichberechtigten Blick auf alle Unternehmenseinheiten (Scherm & Süß, 2001, S. 238).
2.3.2 Motive und Bereitschaft aus Mitarbeitersicht
2.3.2.1 Motive aus Mitarbeitersicht
Die Motive, die einen Mitarbeiter oder eine Führungskraft dazu bewegen, einem Auslandseinsatz zuzustimmen, sind überaus unterschiedlich. Individuelle Motivationstypen hinsichtlich der Bereitschaft zu einem Auslandseinsatz werden in der Literatur wie folgt unterschieden:
- der „Legionär“ wird durch finanzielle Anreize sowie die Aussicht auf mehr Selbständigkeit und Verantwortung gelockt
- der „Karrierist“ erhofft sich durch die Expatriation primär eine Erhöhung seiner beruflichen Aufstiegschancen
- der „Abenteurer“ wird gerne herausgefordert und ist für länger dauernde Auslandseinsätze in verschiedensten Ländern geeignet
- der „Global Player“ hat bereits viele Jahre Erfahrung im Ausland gesammelt und weist kaum Vorstellungen von kulturgebundenen Werten und Normen auf (Kammel & Teichelmann, 1994, S. 65ff.; Stahl, 1998, S. 24).
Stahl, Miller, Einfalt, & Tung (2000) untersuchten die Ziele von Expatriates in der Studie „Auslandseinsatz und Karriere“, in der sie Expatriates aus 30 international tätigen deutschen Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern baten, die fünf wichtigsten aus einer Liste von 12 Entsendungsmotiven zu nennen. In der folgenden Abbildung 1 sind die fünf am häufigsten genannten Motive zusammenfassend dargestellt.
Abbildung 1: Entsendungsmotive der Expatriates
Quellen: Eigene Darstellung in Anlehnung an die Ergebnisse der Studie „Auslandseinsatz und Karriere“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die entwicklungsbezogenen Ziele, die persönliche Herausforderung durch mehr Verantwortung und die Möglichkeit, die beruflichen Qualifikationen zu verbessern, sind die wichtigsten Motive für entsandte Fach- und Führungskräfte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Entwicklungsaspekt für mehr als die Hälfte der Befragten die wichtigste Rolle spielt. Weitere als wichtig eingestufte Motive sind die Attraktivität des Arbeitseinsatzes selbst, die Verbesserung der Karrierechancen in der Zukunft und ein attraktiver Einsatzort mit einer interessanten Kultur. Wie aus der Auflistung der wichtigsten Motive für Expatriates hervorgeht, ist das Ziel der Einkommensverbesserung nicht unter den wichtigsten fünf zu finden und bestätigt damit die Aussage von Herzberg (1966), dass Geld oder Einkommen keine Motivatoren sind, sondern lediglich Hygienefaktoren, die Unzufriedenheit verursachen, aber keine motivierende Wirkung erzielen (Stahl, Miller, Einfalt, & Tung, 2000, S. 341f.).
2.3.2.2 Entsendungsbereitschaft aus Mitarbeitersicht
Die BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat festgestellt, dass die Bereitschaft zur Auslandsentsendung weltweit rückläufig ist. In ihrer Studie "Perceptions of Employee Mobility in a Climate of Change" aus dem Jahr 2017 wurden rund 14.500 Mitarbeiter in 20 Ländern zu ihrer Bereitschaft zur Expatriation befragt. Rund 18 % zeigten eine hohe Bereitschaft, als Expatriate zu arbeiten, während es im Jahr 2012 noch 25 % waren. Bei der Bewertung möglicher Anreize, die ihre Bereitschaft für einen Auslandseinsatz erhöhen würden, entschieden sich die Studienteilnehmer zu 36 % für die Sicherheit des Arbeitsplatzes und hielten ein vom Unternehmen bezahltes Sprachtraining für ebenso wichtig. Knapp dahinter rangieren mit 35 % familiäre Interessen wie die Unterstützung bei der Einwanderung des Partners oder Flugtickets für Familienmitglieder. Selbst bei voller Unterstützung und Erfüllung dieser Anreize sind 40 % der Mitarbeiter weltweit der Meinung, dass ihr Arbeitgeber nichts tun kann, um sie zu einem Auslandseinsatz zu bewegen. Im Jahr 2012 stimmten dies nur 35 % zu (BDO, 2017).
Die Gründe für die Ablehnung eines Auslandseinsatzes lassen sich in demografische, zielgebietsspezifische und allgemeine Faktoren unterteilen. Zu den demografischen Faktoren zählen, dass jüngere Mitarbeiter bis Mitte 30 eher Berufs- oder Versagensängste haben, während ältere Mitarbeiter eher aus familiären Gründen, aus Stressvermeidungsgründen oder wegen gesundheitlicher Risiken ablehnen (Blom & Meier, 2004, S. 165). Der Grad der Ablehnung hängt neben demografischen Faktoren vor allem auch von dem jeweiligen Entsendeland und der vom Expatriate und seinen Angehörigen subjektiv eingeschätzten Lebensqualität ab, die politische, wirtschaftliche, religiöse und sprachliche Hintergründe haben kann. Dazu gehört auch die Angst vor zu hohen Anforderungen und einem beruflichen Rückschlag nach der Rückkehr (Welge & Holtbrügge, 2006, S. 229). Der Großteil der Ablehnungen ist jedoch auf das Privatumfeld zurückzuführen, da Familienmitglieder, vor allem Ehepartner, ihr vertrautes Umfeld und insbesondere die eigene Berufstätigkeit nicht aufgeben möchten (Eckert, 2009, S. 41). Die Cartus-Studie "Global Mobility Policy & Practices" bestätigte 2016 diese Annahmen. So gaben rund 69 % der befragten Mitarbeiter familiäre oder persönliche Gründe und 55 % die Arbeit des Partners als Grund für die Ablehnung an (Cartus, 2016).
2.4 Idealtypischer Prozess der Expatriation
Im Folgenden wird nach den Motiven aus Unternehmens- und Mitarbeitersicht der Prozess der Expatriation näher erläutert, der in vier Phasen unterteilt ist. Darüber hinaus wird hier versucht, die Unterschiede für KMU in den jeweiligen Phasen näher zu beschreiben. Dabei gilt bereits in der ersten Phase, der Auswahlphase, eine überlegte Entscheidung zu treffen, um eine erfolgreiche Grundlage für die weiteren Phasen des Prozesses zu bilden. Die vier Phasen des Prozesses werden in der nachfolgenden Abbildung 2 grafisch dargestellt.
Abbildung 2: Phasen der Expatriation
Quellen: Eigene Darstellung in Anlehnung an Welge & Holtbrügge (2006, S. 226ff.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4.1 Auswahlphase
In der Auswahlphase sollte der Mitarbeiter ausgewählt werden, der für den konkreten Auslandseinsatz und dessen Motive und Anforderungen am ehesten geeignet ist. Die Auswahl des Expatriates ist bei einer Auslandstätigkeit besonders wichtig, da der Erfolg des Auslandsgeschäfts maßgeblich vom Expatriate abhängt (Wegerich, 2010, S. 648). Die Grundlage für den Prozess der Expatriation bildet die Auswahl und Anwendung einer geeigneten Methode aus einer Vielzahl von Methoden zur Mitarbeiterauswahl. Dabei werden das Entsendemotiv, die Anzahl der potenziellen Kandidaten, die Größe des Unternehmens und die verfügbaren Ressourcen berücksichtigt (Stahl, 1995, S. 15). Die Festlegung auf eine Methode erfolgt meist aufgrund einer Abschätzung von Kosten und Nutzen (Deller & Albrecht, 2007, S. 747).
In der Literatur wird häufig angeführt, dass Persönlichkeitsmerkmale nicht isoliert von Umweltfaktoren betrachtet werden sollten. Daher sollte bei der Personalauswahl darauf Wert gelegt werden, dass die Persönlichkeitsmerkmale des Mitarbeiters in idealer Weise zu dem soziokulturellen Umfeld des Einsatzlandes passen (Stahl, 1998, S. 53). Zu den Persönlichkeitsmerkmalen zählen, unabhängig vom jeweiligen Zielland, dass der Expatriate Interesse an einem fremden Umfeld zeigt, Anpassungsfähigkeit und Toleranz gegenüber dem Zielland beweist, mit möglicher Entfremdung und Isolation umgehen kann und in der Lage ist, sich auf ungewohnte Verhältnisse und Einflüsse einzustellen (Wegerich, 2010, S. 648). Auch die Familie des Expatriates wird hier berücksichtigt, da sie ebenfalls bereit sein muss, den Schritt ins Ausland zu wagen. Über die Bedeutung der Bereitschaft aus familiärer Sicht wurde bereits bei den Motiven aus Mitarbeitersicht in den vorangegangenen Abschnitten hervorgehoben.
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