Ziel der Bachelorarbeit war es, die MEOS-SF in die deutsche Sprache zu übersetzen und ihre psychometrischen Eigenschaften anhand einer deutschen Stichprobe zu überprüfen. Dies geschah mittels einer Online-Befragung, die neben der deutschen MEOS-SF, die Fragebögen HEXACO, NPI-d, Niederträchtigen Neun, Machiavellistische Einstellung und TEIQue-SF enthielt.
Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Validierung der deutschen Version der MEOS-SF leisten. Dafür geht diese Arbeit der Fragestellung nach, inwieweit die Ergebnisse zur englischen Originalversion der MEOS-SF im deutschen Sprachraum replizierbar sind. Für die Validierung der deutschen Kurzversion der MEOS ist es daher wichtig, die Ergebnisse der englischen Studien zu betrachten.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Theoretischer und empirischer Hintergrund
1.1 Begriffsklärung
1.1.1 Emotionen
1.1.2 Intelligenz
1.2 Die Managing the Emotions of Others-Skala von Austin und O’Donnell
1.3 Einordnung der Managing the Emotions of Others-Skala in die Konstrukte der EI, Emotionsregulation und Persönlichkeit
1.3.1 Emotionale Intelligenz
1.3.2 Emotionsregulation
1.3.3 Persönlichkeit
1.3.4 Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede
1.4 Empirische und praktische Relevanz der Managing the Emotions of Others-Scale
1.5 Aktueller Forschungsstand und Herleitung der Hypothesen
2 Methode
2.1 Untersuchungsdesign und Stichprobe
2.2 Gütekriterien psychologischer Tests
2.2.1 Objektivität
2.2.2 Reliabilität
2.2.3 Validität
2.3 Fragebögen
2.4 Durchführung
2.5 Datenauswertung
3 Ergebnisse
3.1 Hypothesenprüfungen
3.1.1 Hypothese zur Faktorenstruktur
3.1.2 Zusammenhangshypothesen zur Beziehung der Persönlichkeitsmerkmale und den Skalen der MEOS
3.1.3 Hypothesen zur Vorhersage der prosozialen und antisozialen Facetten der MEOS
3.1.4 Vorhersage von Verheimlichen
3.2 Reliabilitätsanalysen der Messmethoden
3.2.1 Reliabilitätsanalyse der MEOS
3.2.2 Reliabilitätsanalysen der Fragebögen
3.3 Die Bedeutung von Alter und Geschlecht in der Stichprobe
4 Diskussion
4.1 Fragestellungen und Hypothesen
4.2 Gütekriterien der deutschen MEOS-SF
4.2.1 Objektivität
4.2.2 Reliabilität
4.2.3 Validität
4.3 Limitationen
4.4 Fazit und Ausblick
5 Literaturverzeichnis
Abbildung A.1.
Anhang A: Ergänzende Abbildungen des Methodenteils
Abbildung A.2.
Anhang B: Ergänzende Darstellungen des Ergebnisteils
Tabelle B.2 Wortlaut und Itemschwierigkeiten der MEOS - SF
6 Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede nach Hughes und Evans
Abbildung 2 Modell der ability-EI
Abbildung 3 Das Prozessmodell der Emotionsregulation
Abbildung 4 Das modifizierte, integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Mustermatrix der Faktorladungen nach der Rotation
Tabelle 2 Strukturmatrix der Faktorladungen nach der Rotation
Tabelle 3 Korrelationsanalyse nach Pearson der MEOS-SF mit den Fragebögen HEXACO, Niederträchtigen Neun, NPI-d, Machiavellistische Einstellungen und TEIQue-SF
Tabelle 4 Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalyse zum Einfluss der Variablen Verträglichkeit vs. Ärger, Offenheit für Erfahrungen, Extraversion, Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität und trait-EI auf Verbessern/Aufmuntern
Tabelle 5 Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalyse zum Einfluss der Variablen Extraversion und trait-EI sowie den NPI-d-Facetten Überlegenheitsgefühl/Einzigartigkeit, Anspruchsdenken und Autoritätsanspruch auf Ablenken
Tabelle 6 Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalyse zum Einfluss der Variablen Machiavellismus, Psychopathie, Narzissmus, NPI-d und der Facette Angeberei, Machiavellistische Einstellung, Ehrlichkeit-Bescheidenheit und trait-EI auf Verschlechtern-Stress verursachen
Tabelle 7 Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalyse zum Einfluss der Variablen Machiavellismus, Psychopathie, Narzissmus, NPI-d und der Facette Angeberei, Machiavellistische Einstellung, Ehrlichkeit-Bescheidenheit und trait-EI auf Unaufrichtigkeit-schlechtes Gefühl geben
Tabelle 8 Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalyse zum Einfluss der Variablen Machiavellismus, Psychopathie, Narzissmus, Emotionalität, Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit vs. Ärger, Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Offenheit für Erfahrung und trait-EI auf Verheimlichen
Tabelle 9 Skalenzuordnung, Wortlaut, deskriptive Statistiken und Trennschärfen der 30 Items der MEOS-SF
Tabelle 10 Deskriptive Statistik, interne Konsistenzen und McDonalds ω der MEOS-SF
Tabelle 11 Deskriptive Statistik und interne Konsistenzen der Skalen mit Summenscores
Tabelle 12 Deskriptive Statistik und interne Konsistenzen der Skalen mit Mittelwertscores
Tabelle 13 Geschlechtervergleich bezüglich der Fragebögen MEOS-SF, HEXACO, Niederträchtigen Neun und NPI-d
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusammenfassung
Ziel der Studie war es, die MEOS-SF in die deutsche Sprache zu übersetzen und ihre psychometrischen Eigenschaften anhand einer deutschen Stichprobe zu überprüfen. Dies geschah mittels einer Online-Befragung, die neben der deutschen MEOS-SF, die Fragebögen HEXACO, NPI-d, Niederträchtigen Neun, Machiavellistische Einstellung und TEIQue-SF enthielt. Die Ergebnisse zeigten eine akzeptable Trennschärfe und Itemschwierigkeit sowie eine akzeptable bis gute Reliabilität der MEOS-SF und ihrer Unterskalen. Weiterhin korrelierten die Unterskalen der MEOS-SF auf ähnliche Art mit den Persönlichkeitsmerkmalen wie die englische Originalversion, wodurch erste Validitätsbelege gegeben sind. In dieser Studie machten die Persönlichkeitsmerkmale ähnliche Voraussagen über die Unterskalen der MEOS-SF wie in vorherigen Studien zur englischen Version. Die Faktorenstruktur unterschied sich von der Struktur des Originals, so teilte sich der Faktor Unaufrichtigkeit in zwei Varianten und es wurde ein neuer Faktor, Selbstwirksamkeit stärken, gefunden. Diese Erkenntnisse lassen vermuten, dass die deutsche MEOS-SF noch nicht optimal für die Anwendung im deutschen Sprachraum ist.
Schlüsselbegriffe: MEOS-SF, psychometrische Eigenschaften, Persönlichkeitsmerkmale
Abstract
The aim of the study was to translate the MEOS-SF into German and to test its psychometric properties using a German sample. This was done by means of an online survey which, in addition to the German MEOS-SF, contained the questionnaires HEXACO, NPI-d, Niederträchtigen Neun, Machiavellistische Einstellung and TEIQue-SF. The results showed acceptable discriminatory power and item difficulty as well as acceptable to good reliability of the MEOS-SF and its subscales. Furthermore, the subscales of the MEOS-SF correlated in a similar way with the personality traits as the original English version, providing initial evidence of validity. In this study, the personality traits made similar predictions about the subscales of the MEOS-SF as in previous studies of the English version. The factor structure differed from the original, with the Inauthentic factor splitting into two variants and a new factor, Strengthen Self-Efficacy, was found. These findings suggest that the German MEOS-SF is not yet optimal for use in German-speaking countries.
Key-words: MEOS-SF, psychometric properties, personality traits
1 Theoretischer und empirischer Hintergrund
Seit Mayer und Salovey (1990) in ihrem Text „Emotional Intelligence“ und Goleman (1996) in seinem Buch „Emotionale Intelligenz“ das erste Mal über das Konzept der Emotionalen Intelligenz (EI) berichteten, hat das Konstrukt nicht nur von Forschern, sondern auch von Pädagogen und in den Führungsetagen von Unternehmen viel Aufmerksamkeit bekommen (Goleman, 2006; Rost, 2010). Wie sich die EI im inter- und intrapersonellen Kontext äußert, steht in komplexen Zusammenhängen mit der Persönlichkeit und Emotionsregulation (Hughes & Evans, 2018; Peña-Sarrionandia, Mikolajczak & Gross, 2015). Seit einigen Jahren konzentriert sich die Forschung daher auf die Zusammenhänge zwischen EI, Persönlichkeit und deren Auswirkungen auf das Erleben, Verhalten und Bewusstsein des Menschen (Bhullar & Schutte, 2020; Côté, Decelles, McCarthy, Van Kleef & Hideg, 2011). Dabei wird EI mit Empathie, Optimismus, Wohlbefinden, körperlicher und psychischer Gesundheit, Lebensqualität und Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen assoziiert (Bar-On, 2012, Bhullar & Schutte, 2020; Furnham & Petrides, 2008; Salovey, Mayer, Caruso & Yoo, 2008). Neben diesen vielen positiven Aspekten kann EI auch auf negative Weise genutzt werden, wie zum Beispiel zur emotionalen Manipulation anderer. Seit einigen Jahren konzentriert sich ein kleiner Teil der EI-Forschung auf die Beziehung zwischen EI und der dunklen Triade (Austin, Saklofkse, Smith & Tohver, 2014; Coté et al., 2011; Davis & Nichols, 2016; Petrides, Vernon, Aitken Schermer & Veselka, 2011). Dieses Konstrukt beschreibt die Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie und wurde erstmals von Paulhus und Williams (2002) vorgestellt. Um die Zusammenhänge zwischen EI, Persönlichkeitsmerkmalen und Emotionsregulation zu erfassen, werden reliable und valide psychologische Tests benötigt. Inzwischen gibt es einige Tests, die den Zusammenhang zwischen EI, Emotionsregulation und Persönlichkeitsmerkmalen erfassen, wie zum Beispiel die Emotion Regulation of Others and Self-Scale (EROS, Niven, Totterdell, Stride & Holman, 2011) und die Managing the Emotions of Others-Scale (MEOS, Austin & O’Donnell, 2013), jedoch sind diese häufig nur für den englischsprachigen Raum verfügbar. Während der EROS-Fragebogen die inter- und intrapersonelle Regulation von Emotionen erfasst, hat sich die MEOS auf den Umgang mit Emotionen bei anderen spezialisiert. Daher kann sie gezielter in Studien eingesetzt werden. Allerdings können Fragebögen aus anderen Sprachen nicht einfach übersetzt werden und somit für den deutschen Sprachraum verfügbar gemacht werden (Haas, 2009). Denn bei Befragungen mit übersetzten Fragebögen tritt kultur- und sprachbedingt meist ein Verzerrungseffekt auf, der zu einer geringeren Qualität der Ergebnisse führen kann (Haas, 2009). Es ist daher wichtig, den Fragebogen vor dem Einsetzen in verschiedenen kulturellen und nationalen Kontexten zu validieren.
1.1 Begriffsklärung
1.1.1 Emotionen
Nach Gross (2014) entstehen Emotionen, wenn ein Individuum sich in einer Situation befindet, die als relevant für sich selbst und die eigenen Ziele bewertet wird. Es gibt verschiedene Arten und Ausprägungen von Emotionen, welche sich demzufolge in ihrer Qualität und Intensität unterscheiden. Emotionen sind außerdem ein subjektiver, zeitlich begrenzter Zustand, der mit Veränderungen auf den Ebenen Gefühl, körperlicher Zustand und Ausdruck einhergeht und dem Individuum nicht immer zwangsläufig bewusst ist. Sie können Impulse auslösen, die ein Individuum zum Beispiel zu einer Handlung verleiten oder die eine Handlung verhindern (Gross, 2014). Emotionen sind abzugrenzen von Stimmung, welche sich als aktueller, subjektiv erfahrener Zustand, der sich durch geringe Intensität und Spezifität, fehlende Objektgerichtetheit sowie längere Dauer kennzeichnen lässt (Gardener, 1985; Silberer, 1999). Stimmung bestimmt also eher den Hintergrund, vor dem die Emotionen sichtbar werden.
1.1.2 Intelligenz
Nach einem Konsens führender Intelligenzforscher wird Intelligenz definiert als „eine sehr allgemeine geistige Kapazität, die u. a. die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken, zum Planen, zum Problemlösen, zum abstrakten Denken, zum Verstehen komplexer Ideen, zum raschen Lernen, zum Lernen aus Erfahrung umfasst“ (Gottfredson, 1997, S. 13). Im Bereich der Intelligenz gibt es mehrere Modelle, die zu erklären versuchen, aus welchen Faktoren sich Intelligenz zusammensetzt. Das international anerkannteste Modell ist das Cattell-Horn-Carroll-Modell (CHC) von McGrew (2005), welches die Aufteilung von Intelligenz in fluide und kristalline Intelligenz nach Cattell (1963), die Erweiterung um visuelle Wahrnehmung und auditive Verarbeitung, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, Verarbeitungs- und Entscheidungsgeschwindigkeit, Reaktionszeit sowie quantitative und weit-gefasste Lese-Schreib-Fähigkeit nach Horn (Horn & Cattell, 1968) und die drei-Schichten-Theorie von Carroll (1933) miteinander verbindet (Flanagan & Dixon, 2014). Nach Schneider und McGrew (2012) besteht das CHC-Modell aus drei Schichten und geht von einem generellen g-Faktor der Intelligenz aus, der sich auf der dritten Schicht befindet. Dieser gliedert sich auf der zweiten Schicht in insgesamt sechzehn weitgefasste Faktoren, zu denen unter anderem fluide und kristalline Intelligenz, visuelle Wahrnehmung, Kurzzeitgedächtnis, Tast- und Riechfähigkeit sowie domänenspezifisches Wissen und Lese-Schreib-Fähigkeit gehören. Diesen sechzehn Faktoren werden auf der ersten Ebene näher bestimmten Faktoren zugeordnet. Beispielsweise werden der fluiden Intelligenz induktives und quantitatives Denken sowie logisches Schlussfolgern zugeordnet (Schneider & McGrew, 2012).
1.2 Die Managing the Emotions of Others-Skala von Austin und O’Donnell
Die Managing the Emotions of Others-Skala (MEOS) von Austin und O’Donnell (2013) sowie ihre Kurzformen befassen sich mit prosozialer- und antisozialer Einflussnahme auf die Emotionen einer anderen Person sowie mit stimmungsverbessernden und -verschlechternden Strategien. Die Items wurden anfangs über Beschreibungen von Teilnehmern und Teilnehmerinnen, wie diese die Emotionen eines anderen verändert hatten, generiert. Diese Beschreibungen wurden dann in eine große Anzahl an Items umgewandelt, welche in weiteren Studien durch explorative und konfirmatorische Faktorenanalysen untersucht und verringert wurden. Dadurch entstand schließlich die 58-Item Version der MEOS (Austin & O’Donnell, 2013). In weiteren Studien wurden die zwei Kurzversionen durch erneute Faktorenanalysen extrahiert. Eine Version enthält dabei 30 Items und die andere Version 24 Items (Austin, Saklofske & Smith, 2018). Die 58-Item-MEOS besteht aus sechs Unterskalen, und zwar Verbessern/Aufmuntern, Ablenken, Verschlechtern, Unaufrichtigkeit, Verheimlichen und schlechte Fähigkeiten. Die Kurzversionen bestehen nur aus den ersten fünf Unterskalen, weil die letzte Unterskala psychometrische Mängel aufwies. Die Unterskalen Verbessern/Aufmuntern und Ablenken erfassen einen prosozialen Ansatz mit stimmungsverbessernden Strategien, wobei die Unterskala Verbessern/Aufmuntern darauf abzielt, die Stimmung eines anderen aufzuhellen, wohingegen die Unterskala Ablenken erfasst, inwieweit man den anderen von seiner schlechten Stimmung abzulenken versucht. Die Unterskalen Verschlechtern und Unaufrichtigkeit erfassen einen antisozialen Ansatz mit stimmungsverschlechternden Strategien. Die Unterskala Verheimlichen erfasst Taktiken zum zwischenmenschlichen Umgang mit Emotionen, und die Unterskala schlechte Fähigkeiten erfasst die eigene Wahrnehmung der Einflussnahme auf Emotionen anderer (Austin et al., 2018). Die MEOS und ihre Kurzversionen sind der Schnittstelle zwischen den Bereichen der Emotionalen Intelligenz und der Emotionsregulation zuzuordnen. Einerseits gehört der Umgang mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer klar zum Bereich der EI, denn er ist unter anderem Teil mehrerer Theorien wie der von Mayer, Salovey und Caruso (2008) oder Petrides (Petrides & Furnham, 2001). Andererseits gibt es im Bereich der Emotionsregulation bestimmte Strategien, wie mit den eigenen Emotionen oder den Emotionen anderer umgegangen wird. Eine Metaanalyse von Niven, Totterdall und Holman (2009) teilt die Strategien der Emotionsregulation in stimmungsverbessernde und stimmungsverschlechternde Strategien. Dazu gehörten Strategien wie zum Beispiel Kritik üben, um die Stimmung des anderen zu verschlechtern, jemanden mit Schweigen bestrafen oder jemanden beschimpfen (Niven et al., 2009), welche unter anderem auch von der MEOS von Austin und O’Donnell (2013) sowie ihren Kurzversionen erfasst werden.
1.3 Einordnung der Managing the Emotions of Others-Skala in die Konstrukte der EI, Emotionsregulation und Persönlichkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede nach Hughes & Evans. (eigene Übersetzung, Abbildung adaptiert nach Hughes & Evans, 2018, S. 8).
Die MEOS befindet sich an einem Schnittpunkt zwischen EI und Emotionsregulation (Austin & O‘Donnell, 2013). Dadurch, dass sie sich nicht klar dem einen oder anderen Bereich zuordnen lässt, kann man ihre Wirkungszusammenhänge nicht durch eine bereichsspezifische Theorie beschreiben, sondern braucht eine bereichsübergreifende Theorie. Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede von Hughes und Evans (2018) ist eine bereichsübergreifende Theorie. Es handelt sich bei ihr um ein Mediationsmodell, bei welchem Auswirkungen der Emotionsregulation von der ability-EI und den affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen, zu denen auch die trait-EI gehört, vermittelt werden. In dem Modell steuern die ability-EI und die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale die Identifizierung, Auswahl und Umsetzung der verschiedenen Strategien zur Emotionsregulation, welche aus dem Prozessmodell nach Gross (1999) stammen. Das Modell ist für ein besseres Verständnis in Abbildung 1 dargestellt.
1.3.1 Emotionale Intelligenz
Das Forschungsfeld der EI ist sehr heterogen, lässt sich jedoch grob in drei Sichtweisen einteilen. Eingeführt wurde der Begriff der Emotionalen Intelligenz von Mayer und Salovey (1990), die ein ability-Modell der EI entwickelten. Sie definierten EI erstmals als „die Fähigkeit, die eigenen und die Gefühle anderer zu überwachen, zu unterscheiden und diese Informationen zu nutzen, um das eigene Denken und Handeln zu lenken“ (Mayer & Salovey, 1990, S. 189). Später revidierten sie ihre Auffassung von EI in die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen oder wahrzunehmen, sie zur Erleichterung des Denkens zu nutzen, sie zu verstehen und die eigenen sowie die Emotionen anderer zu steuern (Mayer, Salovey & Caruso, 2008). Das Modell der ability-EI nach Mayer et al. (2008) ist in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2. Modell der ability-EI (eigene Übersetzung, Abbildung adaptiert nach Mayer, Salovey & Caruso, 2008, S.507).
EI ist nach Mayer et al. (2008) ein rein kognitives Konzept, welches sich, wie Intelligenz, auch nur durch einen Leistungstest erfassen lässt. Deswegen wird ihr Modell durch den Mayer-Salovey-Caruso-Emotional-Intelligence-Test (MSCEIT; Mayer et al., 2008) erfasst, bei dem es sich um einen Leistungstest handelt. Er besteht aus den vier Subskalen Erkennen und Wahrnehmen von Emotionen, Verstehen von Emotionen, Erleichterung des Denkens und Steuerung der eigenen und der Emotionen anderer (Mayer et al., 2008). Der MSCEIT (Mayer et al., 2008) versucht dabei objektiv zu erfassen, wie stark die kognitive Kapazität der Wahrnehmung, des Verständnisses und des Erzeugens von Emotionen bei sich und anderen ist und wie sehr eine Person dieses Wissen über Emotionen als Hilfe zum Denken und intellektuellem Wachstum nutzt. Die vier Unterskalen lassen sich jedoch auch auf drei Facetten reduzieren – Wahrnehmung, Verstehen und Steuerung von Emotionen (Fan et al., 2010; MacCann et al., 2014). Wegen der Messung als Leistungstest können diese drei Facetten dann neben der kristallinen und fluiden Intelligenz sowie logischem Denken, visueller Verarbeitung und breiter Abruffähigkeit, dem g-Faktor der Intelligenz untergeordnet werden (Fan et al., 2010; MacCann et al., 2014). Mit breiter Abruffähigkeit ist dabei die Fähigkeit zur Speicherung und Konsolidierung von Erinnerungen im Langzeitgedächtnis sowie der reibungslosen Abrufung zu einem späteren Zeitpunkt gemeint (McGrew, 2005). Damit lässt sich EI als kognitive Fähigkeit auch in das CHC-Modell der Intelligenz einordnen (McCann et al., 2014).
Die zweite Sichtweise, welche etwa zur gleichen Zeit wie das ability-Modell von Mayer und Salovey (1990) entstand, sind die heute sogenannten mixed-models. Diese werden so genannt, weil sie unter anderem Konstrukte der Persönlichkeit, der emotionalen und der sozialen Intelligenz miteinander vermischen (Mayer, Salovey & Caruso, 2000). Die mixed-models entstanden aus der Idee, dass mehr zur EI gehörte als die vier bzw. drei Facetten des ability-Modells, wie beispielsweise soziale Kompetenzen (Bar-On, 2005; Goleman, 1996). Der Psychologe und Wissenschaftsjournalist Goleman vertritt ein Kompetenz-Modell der EI. Er beschreibt EI als eine Ansammlung nicht-kognitiver Fähigkeiten, die vor allem im beruflichen Kontext und insbesondere in Führungspositionen hilfreich sein sollen (Goleman, 1996). Dazu gehören zum Beispiel Selbstwahrnehmung und -management, Empathie und Umgang mit Beziehungen (Goleman, Boyatzis & McKee, 2006). Bar-On forschte in eine ähnliche Richtung wie Goleman, jedoch legte er einen starken Fokus auf die Wissenschaftlichkeit seines Konzeptes. Er beschreibt EI als eine Reihe miteinander verknüpfter emotionaler und sozialer Kompetenzen und Fertigkeiten, die sich auf das eigene Verständnis und das Verständnis von anderen sowie auf intelligentes Verhalten auswirken (Bar-On, 2005). Dabei beinhaltet sein Modell sowie der dazu passende Test EQ-i Facetten wie Optimismus, Wohlfühlen, Selbstachtung und - bewusstsein, Durchsetzungsvermögen und soziale Verantwortung (Bar-On, 2000). Der Unterschied zu dem ability-Modell von Mayer, Salovey und Caruso (2000) ist, dass es sich nicht um angeborene Fähigkeiten handelt, sondern um erlernte Kompetenzen (Goleman, 1996). Dadurch kann angenommen werden, dass die emotionalen und sozialen Kompetenzen gesteigert werden können. Außerdem werden die mixed-models durch Selbstberichtsverfahren und nicht durch Leistungstests erfasst (Hughes & Evans, 2018; Mayer et al., 2000; Siegling, Saklofske & Petrides, 2015).
Die dritte Sichtweise ist die jüngste Strömung im Bereich der EI-Forschung und ordnet diese der Persönlichkeit zu. Sie basiert auf der Forschung von Petrides (2009) und wird auch trait-EI genannt. Mit trait-EI ist gemeint, dass EI wie andere Persönlichkeitsmerkmale oder -traits zur Persönlichkeit dazugehört (Petrides & Furnham, 2001). Dementsprechend definiert Petrides (2009) EI als Konstellation emotionaler Selbstwahrnehmungen und Dispositionen, welche im Wesentlichen die Wahrnehmung unserer inneren Welt betrifft und daher mit Selbstbeurteilungsfragebögen erfasst werden. Eine alternative Bezeichnung für das gleiche Konstrukt ist die emotionale Selbstwirksamkeit (Petrides, Pita & Kokkinaki, 2007). Das trait-EI-Modell wurde aus der Analyse schon vorliegender EI-Modelle, wie den Modellen von Bar-On (2000), Goleman (1996) und Mayer et al. (2000) sowie durch Analyse von Konstrukten wie Alexithymie, der Unfähigkeit die eigenen Gefühle zu erkennen, und Empathie gewonnen (Petrides & Furnham, 2001). Es besteht aus 15 Komponenten, zu denen unter anderem Emotionsmanagement, - wahrnehmung und - regulation sowie Anpassungsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Impulsivität gehören, die mit dem Trait Emotional Intelligence Questionnaire (TEIQue) erfasst werden (Freudenthaler, Neubauer, Gable, Scherl & Rindermann, 2008). Zwischen dem MSCEIT, der das ability-Modell erfasst, und dem TEIQue des trait-Modells gibt es kaum bis gar keinen Zusammenhang (Austin, 2010; Freudenthaler et al., 2008). Stattdessen gibt es eine starke Überschneidung mit den Persönlichkeitseigenschaften des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit Extraversion, Offenheit für Neues, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit (Hughes & Evans, 2018; Petrides & Furnham, 2001). Das spricht dafür, dass es sich bei dem ability-Modell um eine kognitive Fähigkeit handelt, die mit individuellen Unterschieden in der Intelligenz in Verbindung gebracht wird, wohingegen das trait-Modell den individuellen Unterschieden in der Persönlichkeitsstruktur zugeordnet werden kann (Hughes & Evans, 2018). Abzugrenzen ist EI von der Emotionsregulation (ER), welche im Folgenden näher erläutert wird.
1.3.2 Emotionsregulation
Emotionsregulation besteht aus Prozessen und Strategien eines Individuums zur Anpassung an die wechselnden Bedingungen der Umwelt. Dazu gehören die Initiation von neuen oder die Veränderung von bestehenden Emotionen sowie die Aufrechterhaltung, Unterdrückung und Verringerung emotionaler Reaktionen (Suri und Gross 2016, zitiert nach Barnow, 2020; Gross 2014, 2015). Individuen können durch die Regulation ihrer Emotionen darauf Einfluss nehmen, welche Emotionen sie spüren, wie sie diese erleben und ausdrücken (Gross, 1999). Emotionsregulative Prozesse werden in implizit oder explizit und in automatisiert oder kontrolliert unterteilt (Barnow, 2020). Beispielsweise läuft die Unterdrückung einer Emotion bei einem Individuum meist automatisiert und implizit ab, wohingegen die Neubewertung einer Situation häufig explizit und kontrolliert passiert. Individuen unterscheiden sich zudem darin, wie flexibel und effektiv sie ihre Emotionen regulieren können (Barnow, 2020). Damit ist gemeint, dass Individuen, die seit der Kindheit gelernt haben, die eigenen Emotionen zu unterdrücken, darin eventuell sehr effektiv sind, jedoch beherrschen sie nur eine Strategie und sind daher nicht sehr flexibel.
Das wohl bekannteste Modell, welches die Regulation von Emotionen beschreibt, ist das Prozessmodell der Emotionsregulation von Gross (1999). Für ein besseres Verständnis ist das Modell in Abbildung 2 dargestellt. Es postuliert, dass es verschiedene Strategien gibt, welche vor der Ausformung einer Emotion ablaufen. Diese werden als antezedenzfokussierte Strategien bezeichnet. Die reaktiven Strategien wiederum werden aktiviert, wenn bereits eine Emotion gefühlt wird. Zu den antezedenzfokussierten Strategien, die von Gross und Thompson (2007) beschrieben werden, gehören: die Situationsauswahl, die Situationsmodifikation, die Aufmerksamkeitslenkung und die Neubewertung. Sie setzen sehr früh ein und begleiten den gesamten emotionsregulativen Prozess. Die reaktiven Strategien setzen hingegen erst sehr spät ein und beeinflussen daher nur einzelne Komponenten der ER (Gross & Thompson, 2007). Zu ihnen gehört die Verhaltensmodulation, welche auf die Veränderung einer emotionalen Reaktion ausgelegt ist. Mit Verhaltensmodulation ist zum Beispiel die Unterdrückung eines Emotionen-bezogenen Gesichtsausdruckes gemeint. Eine weitere Komponente von Gross‘ modalem Prozessmodell ist die Zeit-Hypothese, welche besagt, dass eine möglichst frühe Regulation von Emotionen effektiver ist und die Effektivität mit der Zeit abnimmt. Daraus lässt sich schließen, dass die unterschiedlichen ER-Strategien in ihrer Wirksamkeit abhängig von der Intensität der zu regulierenden emotionalen Reaktion sind (Gross, 2014, 2015).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Das Prozessmodell der Emotionsregulation (Abbildung adaptiert nach Gross, 2014, S. 7).
1.3.3 Persönlichkeit
Persönlichkeit im weiteren Sinne sind die Charakteristika oder Merkmale des Menschen, welche „konsistente Muster des Fühlens, Denkens und Verhaltens ausmachen“ (Pervin, Cervone & John, 2005, S. 31). Im engeren Sinne besteht die Persönlichkeit eines Individuums nach Guilford (1964) aus einer einzigartigen Struktur von Wesenszügen, die auch traits oder Merkmale genannt werden. Ein trait ist dabei jeder Wesenszug, der relativ konstant ist und abstrahiert werden kann und hinsichtlich dessen sich eine Person von einer anderen Person unterscheidet (Guilford, 1964). Das zurzeit dominierende Modell zur Beschreibung und Erfassung der menschlichen Persönlichkeit ist das Fünf-Faktoren-Modell (FFM) der Persönlichkeit nach Costa und McCrae (John & Srivastava, 1999, zitiert nach Lüdtke, Trautwein, Nagy & Köller, 2004). Es beschreibt fünf Persönlichkeitsdimensionen, die weitgehend voneinander unabhängig und relativ breit konzipiert sind (Lütdke et al., 2004). Die Persönlichkeitsdimensionen sind: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrung, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Die fünf Persönlichkeitsdimensionen beschreiben Tendenzen zu verschiedenen Verhaltensweisen wie Ängstlichkeit und Nervosität bei Neurotizismus; Geselligkeit, Dominanz und Frohsinn bei Extraversion; Beschäftigung mit schöngeistigen und tiefsinnigen Themen bei Offenheit für Erfahrungen; Freundlichkeit und Harmonie bei Verträglichkeit und langfristiges Planen, Selbstdisziplin und Fleiß bei Gewissenhaftigkeit. Diese haben sich in verschiedenen Bereichen als zuverlässige Prädiktoren für menschliches Erleben und Verhalten bewährt (Lüdtke et al., 2004). Inzwischen wird das FF-Modell jedoch immer wieder kritisiert, weil es nicht alle individuellen Unterschiede von Menschen erfasst (Pervin et al., 2005; Ashton & Lee, 2007). Insbesondere antisoziale Persönlichkeitsfacetten finden sich nicht im FF-Modell wieder. Dadurch ist die Darstellung und Erfassung der individuellen Unterschiede zwischen Menschen durch das FF-Modell begrenzt (Ashton & Lee, 2007).
Das HEXACO-Modell der Persönlichkeit von Lee und Ashton (2020) entstand wie das FF-Modell aus lexikalischen Studien zur Persönlichkeitsstruktur. Lexikalisch bedeutet, dass die Forscher persönlichkeitsbeschreibende Begriffe, häufig Adjektive, einer bestimmten Sprache identifizieren. Danach werden diese Begriffe von einer großen Stichprobe von Menschen bewertet. Diese Bewertungen werden dann analysiert, um die zusammenfassenden Dimensionen zu identifizieren, welchen diesen Persönlichkeitsbegriffen zugrunde liegen (Pervin et al., 2005). Durch die Suche nach den am weitesten verbreiteten Dimensionen können dann die Hauptfaktoren der Persönlichkeit bestimmt werden. Das HEXACO-Modell fasst die Persönlichkeit in sechs Dimensionen zusammen, mit deren Hilfe Persönlichkeitsmerkmale klassifiziert werden können (Lee & Ashton, 2020). Das Modell besteht aus den Dimensionen Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität, Extraversion, Verträglichkeit vs. Ärger, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen. Adjektive, die mit den sechs Dimensionen in Verbindung gebracht werden, sind zum Beispiel hinterlistig und fair bei Ehrlichkeit-Bescheidenheit, ängstlich und mutig bei Emotionalität, gesprächig und schüchtern bei Extraversion, geduldig und stur bei Verträglichkeit vs. Ärger, faul und diszipliniert bei Gewissenhaftigkeit sowie unkonventionell und flach bei Offenheit für Erfahrungen (Lee & Ashton, 2020). Die Faktoren Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen sind den gleichnamigen Dimensionen des FF-Modells der Persönlichkeit sehr ähnlich (Ashton & Lee, 2020). Die HEXACO-Dimensionen Verträglichkeit vs. Ärger und Emotionalität repräsentieren eine Mischung der FFM-Faktoren Verträglichkeit und Neurotizismus und die HEXACO-Dimension Ehrlichkeit-Bescheidenheit beinhaltet Anteile aus der FFM-Dimension Verträglichkeit. Trotzdem erfassen die HEXACO-Dimensionen Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität und Verträglichkeit vs. Ärger auch Anteile der Persönlichkeit, die von dem FF-Modell nicht erfasst werden (Ashton & Lee, 2019 zitiert nach Lee & Ashton, 2020). Lee und Ashton (2014) fanden in einer Studie heraus, dass die dunkle Triade und niedrige Werte der Ehrlichkeit-Bescheidenheit Dimension einen starken Zusammenhang haben, sodass die antisozialen Persönlichkeitsmerkmale Machiavellismus, Narzissmus und Psychopathie mit niedrigen Werten in der Ehrlichkeit-Bescheidenheit Dimension einhergehen. In einer Studie von Howard und Van Zandt (2020) wurden ähnliche Ergebnisse herausgefunden. Dazu gehören, dass Ehrlichkeit-Bescheidenheit und die dunkle Triade einen starken Zusammenhang haben und besonders Machiavellismus eine stärkere Beziehung zu Ehrlichkeit-Bescheidenheit hatte, als die HEXACO-Emotionalität und FFM-Neurotizismus sowie HEXACO-Verträglichkeit vs. Ärger und FFM-Verträglichkeit. Diese Zusammenhänge bedeuten zwar nicht, dass Ehrlichkeit-Bescheidenheit dasselbe erfasst wie die dunkle Triade, denn die Varianz von Ehrlichkeit-Bescheidenheit und der dunklen Triade unterscheidet sich zu einem großen Teil, aber die Verbindung zwischen den Dimensionen sollte nicht ignoriert werden (Howard & Van Zandt, 2020).
1.3.3.1 Die dunkle Triade
Die wohl empirisch am besten erforschten antisozialen oder auch böswilligen Persönlichkeitsfacetten sind Machiavellismus sowie subklinischer Narzissmus und subklinische Psychopathie (Paulhus & Williams, 2002). Diese Konstellation von Persönlichkeitsmerkmalen wird auch die dunkle Triade genannt und wurde in einer Studie von Paulhus und Williams (2002) untersucht. Obwohl es Ähnlichkeiten zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen der dunklen Triade gibt, wie zum Beispiel, dass zwischenmenschliche Manipulation und geringe Verträglichkeit gemeinsame Merkmale von Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus sind, werden sie als empirisch unterschiedliche Konstrukte behandelt (Küfner, Dufner & Back, 2014; Southard & Zeigler-Hill, 2016). Ein wichtiger Unterschied ist etwa, dass Narzissmus und Psychopathie mit höheren Werten in Extraversion und Offenheit für Erfahrung einhergehen, Machiavellismus und Psychopathie mit niedrigeren Werten in Gewissenhaftigkeit und Psychopathie mit niedrigeren Werten in Neurotizismus (Paulhus & Williams, 2002). Außerdem ist Narzissmus stark mit Neigungen zur Selbstverbesserung verbunden, wohingegen Psychopathie nur schwach mit Selbstverbesserung in Verbindung gebracht wird und Machiavellismus sogar getrennt von Selbstverbesserung betrachtet wird (Paulhus & Williams, 2002; Southard & Zeigler-Hill, 2016). Narzissmus wird im Allgemeinen als übertriebene Gefühle von Eitelkeit, Selbstverliebtheit, Großartigkeit und Anspruchsberechtigung beschrieben und wird üblicherweise mit dem Narcisstic Personality Inventory (NPI) von Raskin und Terry (1988) erfasst (Küfner et al., 2014; Schütz, Marcus & Sellin, 2004). Psychopathie ist ein Persönlichkeitsmerkmal, welches durch Abgestumpftheit, Impulsivität, rücksichtsloses Verhalten und Kriminalität definiert wird (Küfner et al., 2014; Paulhus & William, 2002). Psychopathisches Verhalten wird in zwei Bereichen unterschieden – die primäre Psychopathie, welche zum Beispiel durch Schuldlosigkeit, fehlendes Einfühlungsvermögen, oberflächliche Affekte und zwischenmenschliche Ausbeutung gekennzeichnet ist sowie die sekundäre Psychopathie, welche durch Verhaltenstendenzen wie Verhaltensprobleme in der Kindheit und Jugend, promiskes Sexualverhalten, kriminelle Sexualität und ein allgemein instabiler, unsozialer Lebensstil charakterisiert wird (Southard & Zeigler-Hill, 2016). Anfangs wurde über Psychopathie nur in klinischen oder forensischen Stichproben geforscht, weswegen die Psychopathy Checklist (PCL) und ihre revidierte Form PCL-R entwickelt wurde (Hare, 1980, 1991 zitiert nach Hare, Black & Walsh, 2003). Da sich diese jedoch nicht für nicht-klinische oder nicht-straffällig gewordene Untersuchungen eignet, wurden einige Selbstberichtsverfahren wie die Levenson Self-Report Psychopathy-Scale von Levenson (1995) entwickelt. Das Konstrukt des Machiavellismus als ein Persönlichkeitsmerkmal wurde von Christie und Geis (1970) eingeführt und wird durch strategische Manipulation eines Anderen, extreme Selbstbezogenheit, zynische Weltanschauungen und eine intensive Fokussierung auf persönliche Ziele charakterisiert (Küfner et al., 2014). Im Gegensatz zu Narzissmus und Psychopathie wird Machiavellismus als eindimensionales Konstrukt betrachtet, welches häufig mit dem Inventory for the measurement of Machiavellianism (Mach-IV) von Christie und Geis (1970) erfasst wird (Southard & Zeigler-Hill, 2016).
1.3.4 Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede
Wie bereits in Abschnitt 1.3 erwähnt, handelt es sich bei dem Modell um ein Mediationsmodell, bei die ability-EI und die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale die Auswirkungen der ER vermitteln. Die ability-EI wird von Hughes und Evans (2018) dabei als ein Unterfaktor der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit gesehen und die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale werden als Unterfaktor dem FFM zugeordnet. Mit der Bezeichnung affektbezogene Persönlichkeitsmerkmale sind die nach der trait-EI definierten Persönlichkeitsmerkmale gemeint sowie einige Eigenschaften, Kompetenzen und Merkmale der mixed-models. Die ability-EI wird als kognitive Fähigkeit angesehen, was inzwischen durch immer mehr Forscher unterstützt wird (Mayer & Salovey, 1990; Mayer et al., 2008; MacCann et al., 2014; Hughes & Evans, 2018). Inzwischen steigt sogar die Evidenz dazu, dass die ability-EI als zweitrangiger hierarchisch strukturierter Faktor der allgemeinen kognitiven Fähigkeit und ihren untergeordneten kognitiven Fähigkeiten wie fluide und kristalline Intelligenz verstanden werden kann, was durch MacCann, Joseph, Newman und Roberts (2014) herausgefunden wurde. Dieser neue zweitrangige Faktor der ability-EI besteht dann aus einem allgemeinen Faktor und drei Unterfaktoren, die das Modell von Mayer et al. (2008) widerspiegeln. Zu denen gehören die Fähigkeiten, Emotionen wahrzunehmen, zu verstehen und zu nutzen (MacCann et al. 2014). Die trait-EI stellt zusammen mit den Eigenschaften, Kompetenzen und Fähigkeiten der mixed-Models die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale dar, die neben der trait-EI Merkmale wie Anpassungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen enthält. Dies liegt an der großen Überschneidung zwischen der trait-EI und den Persönlichkeitsmerkmalen (Pertrides & Furnham, 2001; Hughes & Evans, 2018).
Im integrierten Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede wird das FF-Modell benutzt, um die Persönlichkeit zu beschreiben. Diese Darstellung sollte jedoch zugunsten einer differenzierteren Beschreibung der individuellen Unterschiede durch das HEXACO-Modell ersetzt werden. Ziel des Modells ist es, zu erklären, wie sich individuelle Unterschiede in der ability-EI und den affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen in unterschiedlichen Ergebnissen und Verhaltensweisen sichtbar machen (Hughes & Evans, 2018). Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, ist es durch das FF-Modell jedoch nicht möglich, die volle Bandbreite an individuellen Unterschieden zu erfassen, mit dem HEXACO-Modell jedoch schon (Ashton & Lee, 2019 zitiert nach Lee & Ashton, 2020). Zu den Persönlichkeitsmerkmalen, die von dem FF-Modell nicht erfasst werden, gehören vor allem weniger gesellschaftlich erwünschte Persönlichkeitsmerkmale wie Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Dies könnte daran liegen, dass diese Merkmale in den lexikalischen Studien, welche dem FF-Model zugrunde liegen, nicht auftauchten, eben weil sie als gesellschaftlich unerwünscht oder nicht erstrebenswert gesehen wurden (Asthon & Lee, 2007). Durch den Wechsel vom FF-Modell zum HEXACO-Modell können nun auch antisoziale und stimmungsverschlechternde ER-Strategien im integrierten Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede erfasst werden, was sich vorher durch die Darstellung der Persönlichkeit durch das FF-Modell als schwierig erwies. Das modifizierte Modell ist in Abbildung 4 auf der folgenden Seite dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einige metaanalytische Schätzungen deuten darauf hin, dass die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale genauso wie die ability-EI mit der Regulation von Emotionen in Verbindung stehen (Hughes & Evans, 2018). Zu der Wirkungsweise von der ability-EI auf die ER kann gesagt werden, dass die ability-EI der ER vorgeschaltet ist (Peña-Sarrionandia et al., 2015). Daraus kann geschlossen werden, dass die Fähigkeit und das Wissen des Individuums Emotionen wahrzunehmen, sie zu verstehen und zu nutzen mit der Regulation von eben diesen in Verbindung steht. Diese Annahme wird zum Beispiel von einer Metaanalyse von Peña-Sarrionandia, et al. (2015) unterstützt, die herausfanden, dass Individuen mit höherer ability-EI Emotionen früher regulieren, was als effektiver gedeutet wurde. Außerdem verwenden diese Individuen mehrere Strategien, wodurch sie in ihrer Regulation flexibler werden und sie übernehmen weniger der Strategien, die als maladaptiv gelten (Peña-Sarrionandia et al., 2015). Doch auch die trait-EI und die Persönlichkeitseigenschaften scheinen eine Rolle bei der Regulation von Emotionen zu spielen (Côté et al., 2011; Davis & Humphrey, 2014; Hughes & Evans, 2016; Peña-Sarrionandia et al., 2015). Studien ergaben, dass das interpersonelle Verhalten, die individuellen Präferenzen sowie die Aufmerksamkeitsausrichtung besonders durch die Persönlichkeitsmerkmale geprägt werden, welche dann auch die Wahl der ER-Strategie beeinflussen können (Côté et al., 2011; Peña-Sarrionandia et al., 2015). Genau wie bei der ability-EI gibt es auch für die trait-EI mehrere Studien, die belegen, dass Individuen mit höheren Werten für die trait-EI früher versuchen ER-Strategien anzuwenden und meist auch Strategien anwenden, welche eher als adaptiv gelten (Peña-Sarrionandia et al., 2015). Wenn nun also die ability-EI und die trait-EI zusammen auf die ER einwirken, dann kann sich dies zum Beispiel so äußern, dass sich zwei Personen in der Geschwindigkeit und Häufigkeit von positiven Interpretationen unterscheiden. Die Geschwindigkeit, in der positive Interpretationen vollzogen werden, wird der ability-EI zugeordnet, wohingegen die Häufigkeit der positiven Interpretationen der trait-EI zugeordnet werden. Angenommen die ability-EI und somit die Geschwindigkeit der positiven Interpretation beider Personen ist gleich und der Unterschied liegt in der trait-EI. Dann könnte die Annahme dazu führen, dass unterschiedlich häufig positive Interpretationen gemacht werden, weil die zwei Personen eine unterschiedliche Ausprägung im Merkmal Optimismus haben. Nach dem integrierten Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede wird Optimismus den affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen und somit der trait-EI zugeordnet (Hughes & Evans, 2016).
Ein wichtiger Aspekt der Theorie von Hughes und Evans (2018) sind jedoch auch die Ziele und Motive eines Individuums. So fanden Ngoc, Tuan und Takahashi (2020) in einer Metaanalyse bezüglich EI und der Manipulation von Emotionen heraus, dass der Zusammenhang zwischen der trait-EI und Emotionsmanipulation positiv ausfällt und die prosozialen Facetten der MEOS mit den adaptiven Facetten der Emotion Manipulation Scale übereinstimmen. Andererseits fanden Ngoc et al. (2020) heraus, dass die Beziehung zwischen EI und den antisozialen Facetten mehrdeutig ist. So war der Zusammenhang zwischen ability-EI und den antisozialen Facetten der MEOS positiv, wohingegen der Zusammenhang zwischen der trait-EI und den antisozialen Facetten der MEOS negativ war. Diese Ergebnisse implizieren, dass eine höhere EI emotional manipulative Verhaltensweisen erleichtert, weil sie einem überlegene Fähigkeiten und Fertigkeiten in Bezug auf Emotionen verleihen kann. Dadurch haben es Manipulatoren leichter, ihre Eigeninteressen auf Kosten anderer durchzusetzen (Ngoc et al., 2020). Außerdem führt zum Beispiel der mit Narzissmus verbundene Beziehungsstil, bei welchem Nähe vermieden wird und andere für eigene Interessen instrumentalisiert werden, zu Machtmotiven und Dominanz (Marcus et al, 2004). In Bezug auf das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede könnte dies bedeuten, dass eine Person mit niedriger Ausprägung in den Ehrlichkeit-Bescheidenheit- und Gewissenhaftigkeit-Facetten des HEXACO-Modells und einer hohen Ausprägung in der ability-EI häufiger dazu neigt, seine Mitmenschen zu manipulieren, um eigene Ziele und Motive durchzusetzen. Dafür könnte die Person eine antisoziale und vielleicht auch stimmungsverschlechternde Strategie anwenden. Nach dem integrierten Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede kann also davon ausgegangen werden, dass die Prozesse der ER von der ability-EI sowie den affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen beeinflusst werden. Es ist sogar so, dass der ER-Prozess als Mediator zwischen der ability- und der trait-EI und den Ergebnissen der ER dient. Mediator bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die ER den Zusammenhang zwischen der ability-EI und den affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen sowie den ER-Strategien als Ergebnis des ER-Prozesses herstellt (Hughes & Evans, 2018). Die affektbezogenen Persönlichkeitsmerkmale und die ability-EI sind dabei die Treiber des ER-Prozesses. In einer Studie von Austin et al. (2014) zur MEOS, Persönlichkeit, der dunklen Triade und trait-EI wurde zum Beispiel herausgefunden, dass die Unterskala Schlechte Fähigkeiten der MEOS einen negativen Zusammenhang mit der trait-EI hat. Die Unterskala Schlechte Fähigkeiten misst die Selbstkompetenz, die Emotionen anderer zu verändern, was einer eigenen Einschätzung der Kompetenzen zur ER entspricht. Waren die Werte in der Unterskala Schlechte Fähigkeiten hoch, wurde von einer niedrigen eigenen EI ausgegangen, was wiederum die Häufigkeit und Effektivität beeinflusst, mit der man versucht zum Beispiel die Stimmung einer anderen Person zu verändern (Austin et al., 2014). Das integrierte Modell der affektbezogenen individuellen Unterschiede beantwortet daher wichtige Fragen, die vom Prozessmodell der ER von Gross und Thompson (2007) und den Modellen der EI (Bar-On, 2000; Mayer et al., 2000; Petrides & Furnham, 2001) nicht ausreichend aufgegriffen werden, zum Beispiel wie es zu individuellen Unterschieden in der Nutzung von ER-Strategien kommt, warum welche ER-Strategie genutzt wird oder warum manche Menschen ihre Emotionen erfolgreich regulieren können und andere weniger erfolgreich darin sind.
1.4 Empirische und praktische Relevanz der Managing the Emotions of Others-Scale
Die empirische Relevanz einer reliablen und validen deutschen Version der MEOS-SF begründet sich vor allem darin, dass die Skala für eine ökonomische Einschätzung des interpersonellen Emotionsmanagements genutzt werden kann. Damit leistet die Skala einen wichtigen Beitrag zum Forschungsfeld der EI, da sie Zusammenhänge zwischen EI und sowohl positiven als auch negativen Verhaltensweisen und Auswirkungen aufzeigt, welche noch wenig erforscht sind (Austin & O’Donnell, 2013). Außerdem ordnet sie den positiven und negativen Aspekten der EI konkrete Strategien zu. Die Kurzversion der MEOS kann vor allem in Studien, in denen die dunkle Seite der EI untersucht werden soll, eingesetzt werden, da es im deutschen Sprachraum nur wenige validierte und reliable Skalen dazu gibt. Eine relativ verbreitete Skala ist die EROS von Niven et al. (2011), welche inter- und intrapersonelle ER erfasst, jedoch dadurch nicht dasselbe wie die MEOS. Kurze Skalen sind vor allem für Studien geeignet, in denen neben der MEOS noch andere Tests durchgeführt werden, damit die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zeitlich nicht übermäßig belastet werden. Die Entscheidung zwischen einer Langversion und ihrer Kurzversion sollte vor allem zwischen der häufig besseren Domänenabdeckung der Langversion und der geringeren Itemanzahl pro Unterskala sowie den damit verbundenen geringeren Anforderungen an die Teilnehmer und Teilnehmerinnen für die Kurzversion abgewogen werden (Austin et al., 2018).
Bezüglich der praktischen Relevanz der EI wird von Ngoc et al. (2020) vorgeschlagen, dass im beruflichen Kontext unter anderem darauf geachtet werden sollte, dass ein Team von der EI eines neuen Angestellten profitiert. So könnten beispielsweise Methoden, welche die EI messen, in Einstellungstests eingebaut werden, sodass Unternehmen von Anfang an das EI-Niveau ihrer potenziellen Angestellten beachten können. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die allgemeine Höhe der EI erhoben wird, sondern auch deren Ausprägung in den unterschiedlichen Bereichen. Dadurch können Personen identifiziert werden, die nicht nur über eine hohe EI verfügen, sondern auch über eine Tendenz zu weniger moralischer Verhaltensweisen, starken eigennützigen Motiven und Persönlichkeitsmerkmalen der dunklen Triade. Zusätzlich könnten Unternehmen im Rahmen von Workshops zu verschiedenen Themen wie Moral und Arbeitsethik informieren, welche die dunkle Seite der EI abschwächen oder es könnten teambildende Maßnahmen durchgeführt werden, um die zwischenmenschlichen Beziehungen zu stärken. Außerdem könnten Workshops angeboten werden, um die EI der Angestellten zu erhöhen, denn eine Person mit einem höheren Niveau der EI wird mit geringer Wahrscheinlichkeit von anderen emotional manipuliert (Ngoc et al., 2020).
1.5 Aktueller Forschungsstand und Herleitung der Hypothesen
Emotionale Intelligenz wird immer wieder mit positiven Ergebnissen wie beruflichen Führungspositionen, größerer Lebenszufriedenheit, subjektivem Wohlbefinden und Glück in Verbindung gebracht (Bar-On, 2012; Bhullar & Schutte, 2020; Di Fabio & Kenny, 2016). Darüber hinaus hat EI inzwischen die kognitive Intelligenz bei der Vorhersage von akademischen und sozialen Lebensergebnissen abgelöst (Bhullar & Schutte, 2020). In einer Studie von Li, Qiao, Mu und Jiang (2021) mit 67 18- bis 64-jährigen wurden die Zusammenhänge zwischen der Effizienz kortikaler Netzwerke, kognitiver und emotionaler Intelligenz sowie den verschiedenen Altersgruppen erforscht. Die Ergebnisse zeigten, dass die kognitive Intelligenz durch die Effizienz kortikaler Netzwerke bei jungen Erwachsenen verbessert wurde, jedoch mit zunehmendem Alter abnahm. Dagegen wurde die emotionale Intelligenz durch die Effizienz kortikaler Netzwerke mit zunehmendem Alter größer, aufgrund dynamischer Veränderungen der Vernetzung zwischen und innerhalb der kortikalen Netzwerke (Li et al., 2021). In einer Metaanalyse von Schutte et al. (2007) wurden signifikante Zusammenhänge zwischen EI sowie physischer, psychischer und psychosomatischer Gesundheit gefunden. Weiterhin geht eine höhere EI mit besserem Funktionieren im psychosozialen Kontext einher, nicht nur weil sich Individuen mit höherer EI durch intrapersonelle Faktoren wie größeren Optimismus auszeichnen, sondern auch durch interpersonelle Faktoren wie bessere soziale Beziehungen. Eine Studie von Szczygiel und Mikolajczak (2018) mit 230 Sekundarschülern und -schülerinnen in Polen, welche die emotionalen Kompetenzen, die Persönlichkeitsmerkmale und die Beliebtheit in der Klasse maß, zeigte, dass zwischenmenschliche emotionale Kompetenzen den Zusammenhang zwischen Extraversion und Beliebtheit moderieren. Extraversion sagte dabei eine größere Beliebtheit bei Jugendlichen mit hohen interpersonellen emotionalen Kompetenzen voraus, aber nicht bei Jugendlichen mit niedrigen interpersonellen emotionalen Kompetenzen. Das Ergebnis der Studie war also, dass Jugendliche nicht nur extrovertiert sein müssen, sondern auch hohe emotionale Kompetenzen besitzen müssen, um von Gleichaltrigen als sehr sympathisch beurteilt zu werden (Szczygiel & Mikolajczak, 2018). EI kann aber auch als Schutzfaktor für körperliche Erkrankungen dienen, weil Individuen mit höherer EI häufig zufriedener mit der erhaltenen sozialen Unterstützung sind (Bhullar & Schutte, 2020). Eine Studie von Guil, Ruiz-González, Merchán-Clavellino, Morales-Sánchez, Zayas und Gómez-Molinero (2020) zu Brustkrebs, Resilienz und den Schutz- und Risikofaktoren wahrgenommener EI fand heraus, dass Frauen, die an Brustkrebs erkrankt waren, nach der Erkrankung über eine höhere Resilienz verfügten. Diese wurde besonders durch eine bessere Fähigkeit zur Stimmungsverbesserung und der Fähigkeit zur Unterscheidung von Emotionen beeinflusst, welche zwei Facetten der wahrgenommenen EI sind. Allerdings zeigte die Studie auch, dass eine starke Fokussierung auf die eigenen Emotionen, die dritte Facette der wahrgenommenen EI, die Fähigkeit zur Stimmungsverbesserung und damit auch die Resilienz negativ beeinflusst. Damit kann eine hohe wahrgenommene EI auch als Risikofaktor bei einer Brustkrebserkrankung gesehen werden (Guil et al., 2020). Auch Coté et al. (2011) berichteten von widersprüchlichen Ergebnissen zur EI und ihrer Auswirkung auf das Verhalten von Menschen. Sie fanden einerseits heraus, dass bei Personen mit größerem Wissen über ER, die moralische Einstellung eine stärkere positive Beziehung mit prosozialem Verhalten zeigte. Andererseits hatte bei Personen mit größerem Wissen über ER Machiavellismus eine stärkere Beziehung zu zwischenmenschlichem Fehlverhalten am Arbeitsplatz. Außerdem kann sich eine hohe EI auch negativ auswirken, wenn sie beispielsweise mit den Persönlichkeitsmerkmalen der dunklen Triade vereint wird. Bei hohen Ausprägungen in beiden Bereichen haben es diese Menschen leichter jemanden in ihre Kontrolle zu bringen (Nogc et al., 2020). Daraus lässt sich schließen, dass EI nicht nur positive Seiten, sondern auch Schattenseiten besitzt, weswegen die Verbindung zwischen EI und dem Erleben und Verhalten von Menschen noch weiter erforscht werden sollte.
Ziel dieser Arbeit ist es, die MEOS-SF ins Deutsche zu übersetzen und einen Beitrag zur Validierung der deutschen Version der MEOS-SF zu leisten. Dafür geht diese Arbeit der Fragestellung nach, inwieweit die Ergebnisse zur englischen Originalversion der MEOS-SF im deutschen Sprachraum replizierbar sind. Für die Validierung der deutschen Kurzversion der MEOS ist es daher wichtig, die Ergebnisse der englischen Studien zu betrachten. In der aktuellen Forschung liegen vor allem Studien zur langen Originalversion der MEOS vor. Die Faktorenstruktur der langen MEOS wurde erst durch eine explorative und dann mithilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse untersucht. Dabei zeigten die Items eine Struktur von sechs Faktoren, und zwar Verbessern/Aufmuntern, Ablenken, Verschlechtern, Unaufrichtigkeit, Verheimlichen und schlechte Fähigkeiten (Austin & O’Donnell, 2013). Die gleiche Faktorenstruktur zeigte sich auch bei der Entwicklung der kurzen Version und der sehr kurzen Version, jedoch wurde der letzte Faktor schlechte Fähigkeiten wegen psychometrischer Mängel aus der Interpretation ausgeschlossen (Austin et al., 2018). Es kann jedoch bei der Übersetzung eines Tests nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass die Faktorenstruktur erhalten bleibt (Haas, 2009; Küfner et al., 2014). Deswegen lässt die Faktorenstruktur der englischen MEOS-SF noch keinen eindeutigen Schluss auf die Faktorenstruktur der deutschen Version der MEOS-SF zu. Es stellt sich daher folgende Frage: Welche Faktorenstruktur liegt der deutschen Übersetzung der MEOS-SF zugrunde?
H1: Der deutschen Version der MEOS-SF liegt eine fünffaktorielle Struktur zugrunde. Die Studien zur englischen Lang- und Kurzversion der MEOS beschreiben einen positiven Zusammenhang zwischen den prosozialen Facetten der MEOS, Verbessern/Aufmuntern und Ablenken und der Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit sowie einen negativen Zusammenhang mit der dunklen Triade (Austin et al., 2018; Austin et al., 2014; Austin & Vahle, 2016). Nach Austin et al. (2018) korrelieren die prosozialen Skalen außerdem positiv mit der trait-EI, welche durch den TEIQue von Petrides (2009) erfasst wurde. Für die Erforschung der prosozialen Facetten der deutschen Version der MEOS stellt sich daher folgende Frage: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den prosozialen Facetten Verbessern/Aufmuntern und Ablenken mit Persönlichkeitseigenschaften?
H2: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen Verbessern/Aufmuntern und Ablenken mit Verträglichkeit vs. Ärger.
H3: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen Verbessern/Aufmuntern und Ablenken mit EI.
H4: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen Verbessern/Aufmuntern und Ablenken mit Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. In mehreren Studien zu den antisozialen Skalen Verschlechtern und Unaufrichtigkeit der MEOS zeigte sich, dass diese positiv mit den Eigenschaften der dunklen Triade und negativ mit den HEXACO-Facetten Verträglichkeit vs. Ärger, Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit korrelieren, wobei Unaufrichtigkeit noch positiv mit Neurotizismus korreliert (Austin et al., 2014; Austin & Vahle, 2016). Die Studie von Austin et al. (2018) zeigte, dass die antisozialen Skalen zudem negativ mit der trait-EI korrelieren. In einer Studie von Austin et al. (2014) zu dem Zusammenhang zwischen der MEOS, der Persönlichkeit, der dunklen Triade und EI wurde der Fokus auf den dunklen Teil der EI und ihrem Zusammenhang mit der dunklen Triade gelegt. Sie fanden heraus, dass die MEOS-Facetten Verschlechtern und Unaufrichtigkeit vor allem mit primärer Psychopathie korrelieren, was sich auf egoistisches, gleichgültiges und manipulatives Verhalten bezieht. Außerdem berichteten sie von Zusammenhängen zwischen verdecktem Narzissmus, Neurotizismus und Unaufrichtigkeit. Einzig die MEOS-Facette Verheimlichen war schwach korreliert mit der dunklen Triade und den Persönlichkeitsfaktoren des FF-Modells (Austin et al., 2014). Für die Erforschung der antisozialen Facetten der deutschen Version der MEOS-SF stellt sich daher folgende Frage: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Verheimlichen sowie den antisozialen Facetten Verschlechtern und Unaufrichtigkeit mit Persönlichkeitseigenschaften?
H5: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen Verschlechtern und Unaufrichtigkeit mit Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie.
H6: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen Verschlechtern und Unaufrichtigkeit mit Verträglichkeit vs. Ärger, Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit.
H7: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen Verschlechtern und Verheimlichen und EI. Weiterhin wurde erforscht, durch welche Persönlichkeitseigenschaften die prosozialen und antisozialen Facetten beeinflusst werden. Dabei fanden Austin et al. (2018) heraus, dass die prosozialen Facetten eher durch die HEXACO-Persönlichkeitseigenschaften vorhergesagt werden und die antisozialen Facetten eher durch die dunkle Triade. Innerhalb der Eigenschaften der dunklen Triade war primäre Psychopathie der stärkste Prädiktor und verdeckter Narzissmus war ein zusätzlicher Prädiktor für Unaufrichtigkeit (Austin et al., 2014). In der Studie von Austin und Vahle (2016) zu dem Zusammenhang zwischen der MEOS, dem HEXACO-Persönlichkeitsmodell und EI stellte sich heraus, dass alle Persönlichkeitsfaktoren des HEXACO-Fragebogens außer Gewissenhaftigkeit als Prädiktor für Verbessern/Aufmuntern dienten, die MEOS-Facette Ablenken durch Extraversion vorhergesagt wurde und Ehrlichkeit-Bescheidenheit als Prädiktor für Verschlechtern und Unaufrichtigkeit diente. Im Bereich der EI waren der EI-Faktor Geselligkeit und die EI-Facette Emotionsmanagement positive Prädiktoren für alle MEOS-Facetten. Die EI-Emotionalität war ein positiver Prädiktor für Verbessern/Aufmuntern und Ablenken und ein negativer Prädiktor für Verschlechtern und Unaufrichtigkeit. Die EI-Facette Beziehungen war außerdem ein negativer Prädiktor für die antisozialen Facetten (Austin & Vahle, 2016). Für die Untersuchung des Einflusses der Persönlichkeitseigenschaften auf die Facetten der MEOS stellt sich daher folgende Frage: Welchen Einfluss haben die Persönlichkeitseigenschaften auf die prosozialen und antisozialen Facetten?
H8: Die Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss auf Verbessern/Aufmuntern und Ablenken.
H8.1: Verbessern/Aufmuntern wird durch Verträglichkeit vs. Ärger, Offenheit für Erfahrungen, Extraversion, Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität und EI beeinflusst.
H8.2: Ablenken wird durch Extraversion und EI beeinflusst.
H9: Die Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss auf Verschlechtern und Unaufrichtigkeit
H9.1: Verschlechtern und Unaufrichtigkeit wird durch Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie, Ehrlichkeit-Bescheidenheit und EI beeinflusst.
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- Citar trabajo
- Mareile Opitz (Autor), 2021, Die Managing the Emotions of Others-Scale. Übersetzung und Validierung der Kurzversion, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1139122
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