Bei einer Betrachtung der Rock- und Popmusik in Deutschland in der Schule muss die Band Keimzeit nicht unbedingt außen vor gelassen werden. Die Brüder Leisegang und ihre über die Jahre teilweise ausgewechselten Bandkollegen haben die deutsche Musiklandschaft möglicherweise nicht entscheidend geprägt, spielten aber besonders in der DDR eine nicht unbedeutende Rolle. Im Dschungel des Musikmarktes in Deutschland, der in den 90er Jahren immer dichter zu werden schien, wurden Keimzeit dann nicht zuletzt durch ihren Hit „Kling Klang“ von einem größeren Publikum wahrgenommen; doch auch ihre Zusammenarbeit mit dem Produzenten Franz Plasa Ende der 90er Jahre brachte sie in den bittersüßen Genuss, viele neue Fans zu gewinnen und gleichzeitig mehrere langjährige zu verlieren, die mit dem neuen – „angepassten“ – Stil nichts mehr anzufangen wussten. Die beeindruckende musikalische Entwicklung ist einer der Faktoren für die Betrachtungswürdigkeit der Band, da sich Keimzeit im Laufe ihrer Karriere neu definiert haben, und das bei gleich bleibendem intellektuellen Anspruch. Oder haben sie sich tatsächlich nur dem Markt angepasst, um überhaupt auf dem gesamtdeutschen musikalischen Umschlagplatz Fuß behalten zu können?
Bei einer Betrachtung der Rock- und Popmusik in Deutschland in der Schule muss die Band Keimzeit nicht unbedingt außen vor gelassen werden. Die Brüder Leisegang und ihre über die Jahre teilweise ausgewechselten Bandkollegen haben die deutsche Musiklandschaft möglicherweise nicht entscheidend geprägt, spielten aber besonders in der DDR eine nicht unbedeutende Rolle. Im Dschungel des Musikmarktes in Deutschland, der in den 90er Jahren immer dichter zu werden schien, wurden Keimzeit dann nicht zuletzt durch ihren Hit „Kling Klang“ von einem größeren Publikum wahrgenommen; doch auch ihre Zusammenarbeit mit dem Produzenten Franz Plasa Ende der 90er Jahre brachte sie in den bittersüßen Genuss, viele neue Fans zu gewinnen und gleichzeitig mehrere langjährige zu verlieren, die mit dem neuen – „angepassten“ – Stil nichts mehr anzufangen wussten. Die beeindruckende musikalische Entwicklung ist einer der Faktoren für die Betrachtungswürdigkeit der Band, da sich Keimzeit im Laufe ihrer Karriere neu definiert haben, und das bei gleich bleibendem intellektuellen Anspruch. Oder haben sie sich tatsächlich nur dem Markt angepasst, um überhaupt auf dem gesamtdeutschen musikalischen Umschlagplatz Fuß behalten zu können?
Gegründet 1980 in Brandenburg, fernab von großen Städten, in denen die Musikszene tobt, probte die Band „Jogger“ im Elternhaus. Die jugendlichen Geschwister Norbert, Hartmut, Roland und Marion Leisegang konnten sich in der letzten Dekade der Vorwendezeit in der DDR einen bedeutsamen Namen machen (ab November 1982 als „Keimzeit“) und erarbeiteten sich ihren Bekanntheitsgrad schrittweise von Lütte aus, bis sie von der Jury der Kulturverantwortlichen der DDR erstmals eingestuft wurden und so bereits 1981 das Zertifikat der Mittelstufe erhalten, was ihnen gestattete, Konzerte zu geben und dadurch Geld einzunehmen. Fünf Jahre später erhalten sie die Einstufung der „Sonderklasse“, was ihren Honorarsatz erheblich erhöhte. Der Staat belohnte sie außerdem mit Urkunden und Auszeichnungen wie „Hervorragendes Amateurtanzorchester der DDR“ und dem „Förderpreis des Zentralhauses für Kulturarbeit der DDR“, allerdings nicht, ohne vorher die Kapelle als verboten eingestuft zu haben, da sie pazifistische Texte unter das Volk bringen:
„KINDERLIED“
Es tut unheimlich weh, wenn ich Kinder seh
Die mit Gewehren zielen und mit Panzern spielen
Soldaten aus Plaste gehen dabei dann drauf
Soldaten aus Plaste stehen immer wieder auf
[…]
Es tut unheimlich weh, wenn ich am Ende sie seh
Wie sie für Vaterland und Orden sinnlos morden
Lebende Menschen gehen dabei dann drauf
Doch wenn wir erstmal tot sind, stehen wir nie wieder auf[1]
Eine Amateurband waren sie tatsächlich immer noch, jedenfalls den Begrifflichkeiten des Kultusministeriums der DDR zufolge. Dieser Status, trotz Sonderklasse, bedeutete, dass das Musizieren nur in der Freizeit erfolgte, neben dem Beruf, den sie auszuüben verpflichtet waren. Gerade hier lag das nächste Problem, denn es war gerade der Texter und Sänger, der seinem Auftrag als Lehrer für Mathematik und Physik nicht nachkam.[2]
Trotz dieser Auseinandersetzungen mit dem Staat konnten Keimzeit sich als gefragte Live-Band etablieren und wurden im gesamten ostdeutschen Gebiet unter anderem berühmt für ihre fünf bis sechs Stunden langen Konzerte. Neben Bands wie City, den Puhdys und Karat wurden Keimzeit vergleichsweise jedoch eher als Geheimtipp gehandelt, „ohne Platten und Radiopräsenz“.[3] Kurios in der Geschichte der Band ist auch die Art der Übernachtung während der Tourneen. Während der Konzerte fragte die Band schlichtweg die Konzertbesucher, ob sie einen Schlafplatz zur Verfügung hätten. Auf diese Weise konnte man viel Geld für neue Technik ansparen, und so konnten Keimzeit ihr Equipment stetig verbessern, während andere Bands einen großen Teil ihres Budgets normalerweise in Hotelzimmer und ähnliches investierten. Dieses Verfahren wandten sie bis Mitte der 90er an.
[...]
[1] Christian Hentschel, Keimzeit: Das Buch (Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2005) 92.
[2] Vgl. Hentschel, Keimzeit, 80-90.
[3] Michael Rauhut, Rock in der DDR (Bundeszentrale für politische Bildung, 2002) 140.
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- Cornelia Richter (Author), 2006, Bunte Scherben im elektromagnetischen Irrenhaus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113863
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