Die Schwarze Spinne von Jeremias Gotthelf (Albert Bitzius) trägt seit ihrem Erscheinen im
Jahre 1842 den Titel „Erzählung“, ging aber vornehmlich als „Novelle“ in die
Literaturwissenschaft ein. Es wurden immer wieder Bedenken formuliert, ob diese
Bezeichnung Gotthelfs Geschichte angemessen sei, da Die Schwarze Spinne speziell in
ihrer Parabolik und in ihrem Hang zur epischen Breite weit über den Rahmen der Novelle
hinausgehe. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich anhand des konkreten Beispiels mit
der gattungsgeschichtlichen Problemstellung, Novellentheorie und ihr Subjekt, die
Novelle, in Beziehung zueinander zu setzen. Wovon lässt sich der Anspruch ableiten,
Gotthelfs Die Schwarze Spinne sei eine Novelle, und an welchen Stellen lässt sich das
Gegenteil beweisen? Beim Versuch, Theorie und historisch realisierte Form miteinander
zu vergleichen, stößt man schnell an Grenzen. Einem unübersichtlichen und
uneinheitlichen Theoriegebäude steht eine beachtliche Vielfalt von Formen gegenüber.
Die scheinbare Willkür reizt jedoch gerade darum zur Nachfrage, was die Novelle zur
Novelle macht. Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, Die Schwarze Spinne
dem Vergleich mit einem vorab definierten Katalog novellistischer Kriterien zu
unterziehen und, wenn auch nicht ihre gattungsgeschichtliche Einordnung zu leisten,
zumindest ihre spezifischen Eigenarten, sowie ihre Ränder und Grenzen zu anderen
Gattungen näher zu bestimmen. Keine Studie, die sich heute anschickt, den bereits in großer Anzahl vorliegenden
Definitionen der Gattung Novelle eine weitere hinzuzufügen, versäumt es vorab, auf die
praktische Unmöglichkeit eines solchen Ansinnens hinzuweisen. Von Beginn an bestand
ein großes Interesse daran, eine Antwort auf die Frage zu finden, was das Spezifische der
Novelle sei, doch die Novelle, so scheint es, widersetzt sich erfolgreich allen
schematischen und gattungspoetologischen Systematisierungsversuchen, die darauf
abzielen, die Novelle in einer festumrissenen Form zu fixieren. Boccaccio´s
Novellensammlung Decameron lässt sich schon allein aufgrund der Fülle und Bandbreite
der darin enthaltenen Novellen kaum als normative Vorlage in Anspruch nehmen, noch
ergeben die vielfältigen Einzelcharakteristika ein vollständiges Bild, das der Novelle
gerecht wird...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Novelle - ein gattungsgeschichtlicher Problemfall?
- Novelle, Erzählung und Kurzgeschichte
- Novelle und Drama
- Komposition und Rahmen
- Der „Gesprächsrahmen“ der Novelle
- Die,,unerhörte Begebenheit“
- Realistische Darstellung
- Das sexuelle Faktum
- Das Dingsymbol (,,Der Falke")
- Ausblick
- Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die gattungsgeschichtliche Einordnung der Erzählung „Die Schwarze Spinne“ von Jeremias Gotthelf. Sie untersucht, ob die Bezeichnung „Novelle“ gerechtfertigt ist und welche spezifischen Eigenarten die Erzählung aufweist. Die Arbeit setzt sich mit der Problematik der gattungstheoretischen Definition der Novelle auseinander und versucht, die „Schwarze Spinne“ anhand eines Katalogs novellistischer Kriterien zu analysieren.
- Gattungsgeschichtliche Einordnung der „Schwarze Spinne“
- Analyse der novellistischer Kriterien
- Vergleich mit anderen Gattungen
- Die Rolle der Parabolik und epischen Breite
- Die „Schwarze Spinne“ als Beispiel für die Wandelbarkeit der Novellenform
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die gattungsgeschichtliche Problematik der Novelle dar und beleuchtet die Schwierigkeiten, eine eindeutige Definition zu finden. Sie diskutiert die historische Entwicklung der Novelle und ihre Beziehung zu anderen Gattungen wie Erzählung, Kurzgeschichte und Drama. Die Komposition und der Rahmen der „Schwarze Spinne“ werden im zweiten Kapitel analysiert, wobei der Fokus auf dem „Gesprächsrahmen“ der Novelle liegt. Das dritte Kapitel befasst sich mit der „unerhörten Begebenheit“ der Erzählung, die sowohl realistisch dargestellt wird als auch ein starkes sexuelles Faktum beinhaltet. Das vierte Kapitel untersucht das Dingsymbol „Der Falke“ und seine Bedeutung im Kontext der Erzählung. Der Ausblick gibt einen kurzen Ausblick auf die weitere Forschung zu diesem Thema.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Novelle, die gattungsgeschichtliche Definition, Jeremias Gotthelf, „Die Schwarze Spinne“, Parabolik, epische Breite, Komposition, Rahmen, „Gesprächsrahmen“, „unerhörte Begebenheit“, Realismus, Sexualität, Dingsymbol, „Der Falke“, Ausblick.
- Citar trabajo
- Claudia Schöll (Autor), 2005, Die Novelle und ihre gattungsgeschichtliche Definition am Beispiel der Erzählung "Die schwarze Spinne" von Jeremias Gotthelf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113802
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