In dieser Hausarbeit erkläre ich die grundlegenden Abläufe, welche zu einer Double-Bind Kommunikationssituation führen und welche Auswirkungen diese widersprüchliche Kommunikationsform für Sender, Empfänger und ihre Beziehung hat. Ich versuche außerdem die Relevanz von Double-Bind Kommunikation und Double-Bind Situationen, besonders im beruflichen Kontext, aufzudecken und den Zusammenhang zwischen widersprüchlichen Arbeitssituationen und Burnout, beziehungsweise generell psychischer Gesundheit herzustellen und zu überprüfen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 Gregory Bateson
3 Grundlagen der Kommunikation
4 Grundlagen des systemischen Denkens
5 Grundlagen der Double-Bind Theorie
6 Double-Bind Kommunikation und Pathologie
7 Toxische Kommunikation in Organisationen
8 Verhalten in Double-Bind Situationen
9 Fazit
10 Literaturverzeichnis
11 Grafiken
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit erkläre ich die grundlegenden Abläufe, welche zu einer Double-Bind Kommunikationssituation führen und welche Auswirkungen diese widersprüchliche Kommunikationsform für Sender, Empfänger und ihre Beziehung hat. Ich versuche außerdem die Relevanz von Double-Bind Kommunikation und Double-Bind Situationen, besonders im beruflichen Kontext, aufzudecken und den Zusammenhang zwischen widersprüchlichen Arbeitssituationen und Burnout, beziehungsweise generell psychischer Gesundheit herzustellen und zu überprüfen.
Während meiner zehnjährigen Tätigkeit als Filialverantwortlicher in einem Lebensmitteldiscounter habe ich persönliche Erfahrungen mit einem System gemacht, in dem toxischer und unethischer Führungsstil an der Tagesordnung waren. Ich konnte die Auswirkungen auf Mitarbeiter und mich selber beobachten ohne den Grund dafür zu erkennen bzw. benennen zu können. Als ich mich, durch die Kurzreferate, mit dem Thema Double-Bind Kommunikation beschäftigte, stieß ich während meiner Recherche auf das Thema „Double-Bind-Kommunikation als Burnout-Ursache“. Nachdem ich mir das Buch von Angelika Kutz zu diesem Thema besorgt und es gelesen hatte, wurde mir bewusst in welchem System ich 10 Jahre „gefangen“ war.
Aus diesem Grund werde ich auch in einem Kapitel in dieser Hausarbeit speziell auf toxische Kommunikation in Organisationen und deren Folgen für Mitarbeiter und Organisation eingehen.
Zu Beginn der Hausarbeit werde ich mich mit der Biografie des Mannes beschäftigen, welcher erstmals 1956 die „Doppelbindung“ beschrieb, nachdem er (und andere) diese Kommunikations- und Interaktionsmuster im familientherapeutischen Kontext, besonders im Umfeld von schizophrenen Klienten, beobachtet hatte. (vgl. Angelika Kutz 2018, Seite 3)
2 Gregory Bateson
Gregory Bateson wurde am 9 Mai 1904 in Grantchester (England), einem Vorort von Cambridge, geboren. Er war der dritte Sohn des Genetikers William Bateson. Mit 14 Jahren besuchte er ein Internat und verbrachte anschließend mehrere Jahre in der Schweiz, bis er 1922 an der Universität von Cambridge zunächst ein Studium der Zoologie, dann ab 1925 eines der Anthropologie begann. Im Zuge seines Anthropologie Studiums besuchte er Neu-Guinea (nach Grönland die zweitgrößte Insel der Welt) und schloss Selbiges mit einer Dissertation über einen dort ansässigen Eingeborenenstamm ab.
Während seiner Feldforschung in Neu-Guinea lernte Bateson die Anthropologin Margaret Mead kennen, welche er drei Jahre darauf heiratete. Zusammen mit seiner Frau forschte er im Jahre 1936 auf Bali an der balinesischen Charakterbildung. Das Besondere und Wegweisende an der Forschung war die Methode, welche die beiden Forscher anwandten. Sie stützten sich bei ihren Untersuchungen hauptsächlich auf filmische sowie photographische Dokumentationen. Zwei Jahre später kam Batesons und Meads gemeinsame Tochter Mary Bateson zur Welt. Im darauffolgenden Jahr siedelte Bateson mitsamt seiner Familie in die USA über. Dort arbeitete er als Sozialwissenschaftler. Im zweiten Weltkrieg wurde Bateson für das „Office of Strategic Services“ eingesetzt. (ein Nachrichtendienst des Kriegsministeriums der Vereinigten Staaten). Nach dem Krieg lehrte er unter anderem an der „New School for Social Research“ in New York, an der Harvard University, und der „University of California Medical School“ in San Francisco. Darüber hinaus führte er ethnographische Interviews mit Psychiatern am „Veterans Administrations Hospital“ durch. 1951 heiratete Bateson zum zweiten, nach acht Jahren Ehe, ein drittes Mal.
Sein wissenschaftlicher Werdegang fand hauptsächlich von 1951 bis 1962 an der Stanford University in der Nähe von Palo Alto statt. Dort nahm er eine Gastprofessur an. Dies ist auch die, für diese Hausarbeit sehr relevante, Zeitperiode, in der Bateson sich zunehmend mit Kommunikationstheorie und Psychologie befasste. In dieser Zeit, genauer gesagt 1956, beschrieb er zum ersten Mal die Doppelbindungstheorie.
1965 wechselte Bateson nach Hawaii zur „Oceanic Foundation“ wo er an tierischer und menschlicher Kommunikation forschte. Über die Forschung, die Bateson während seines siebenjährigen Aufenthalts auf Hawaii mitführte, erschien später die Artikelsammlung „Ökologie des Geistes“.
Nach der Zeit auf Hawaii folgte eine Gastprofessur am „Kresge College“ (Santa Cruz, Kalifornien) und drei Jahre später übernahm er einen Verwaltungsratssitz an der „University of California“. 1978 schrieb Bateson das Buch „Geist und Natur“, welches auch sein letztes war. Zwei Jahre später verstarb er in San Francisco. (vgl. Wikipedia)
3 Grundlagen der Kommunikation
Um sich mit dem Begriff des Double-Binds oder der kommunikativen Zwickmühle zu beschäftigen, ist es zunächst nötig grundlegende Abläufe in der zwischenmenschlichen Kommunikation zu beleuchten um im weiteren Verlauf die Besonderheiten der Doppelbindungskommunikation herausarbeiten zu können. In den 40er Jahren entwickelten Claude E. Shannon und Warren Weaver das Sender-Empfänger-Modell, welches unter dem Namen „Shannon-Weaver-Modell“ bekannt wurde. Dieses Modell stellt den Informationsaustausch zwischen Sender und Empfänger dar. (vgl. Wikipedia) (Grafik 1 Abby M.)
Dieses, ursprünglich sehr technisch orientierte Modell, wurde in den 80er Jahren von dem Soziologen Stuart Hall variiert. Er bezog sich in seiner Modellvariante besonders auf die psychosozialen Komponenten der Sender-Empfänger-Beziehung. Hall stellt fest, damit die Nachricht eindeutig verstanden werden kann, müssen Sender und Empfänger die Nachricht nicht nur senden und empfangen, sondern beide müssen auch dieselbe Codierung und Decodierung nutzen. Wenn beide nicht denselben Code nutzen, kommt es zu Störungen in der Kommunikation. Der Ablauf der Nachrichtenübermittlung lässt sich in sieben Schritten veranschaulichen.
- Der Sender hat eine Absicht
- Diese Absicht übersetzt (codiert) er in Worte
- Er übermittelt die codierte Nachricht, durch Aussprechen, an den Empfänger
- Der Kommunikationspartner empfängt die Nachricht indem er sie hört
- Der Empfänger übersetzt (decodiert) die empfangene Nachricht
- Der Empfänger interpretiert die Bedeutung der Nachricht
Neben dem Hören der Nachricht ist, bei diesem Modell, das Codieren und Decodieren essenziell für den Erfolg beziehungsweise Misserfolg der Kommunikation. Um sich allerdings der Doppelbindungstheorie zu nähern, ist es wichtig, abseits von der reinen Nachrichtenübermittlung, die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation mit in die Betrachtung einzubeziehen.
„Wenn man untersucht, was jede Mitteilung enthält, so erweist sich ihr Inhalt vor allem als Information. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Information wahr oder falsch, gültig oder ungültig oder unentscheidbar ist. Gleichzeitig aber enthält jede Mitteilung einen weiteren Aspekt, der viel weniger augenfällig, doch ebenso wichtig ist – nämlich einen Hinweis darauf, wie ihr Sender sie vom Empfänger verstanden haben möchte“ (Watzlawick et al. 2017, Seite 61) Diese Feststellung ist essenziell um die Vorgänge in einem Double-Bind-Verhältnis zu verstehen. Die Nachricht ist nicht nur eine Übermittlung von Zahlen, Daten und Fakten, sondern ein Statement, eine persönliche Stellungnahme vom Sender zum Empfänger. Watzlawick beschreibt somit, dass in jeder Kommunikation eine Inhalts- und ein Beziehungsaspekt zum Tragen kommt. (vgl. Watzlawick et al. 2017, Seite 61). Sehr gut veranschaulicht Watzlawick diese Feststellung mit folgender Denkaufgabe: „Ein Mann wird von zwei Wachen in einem Raum gefangen gehalten, der zwei Ausgänge hat. Beide Türen sind geschlossen, aber nur eine ist zugesperrt. Der Gefangene weiß ferner, dass einer seiner Wächter stets die Wahrheit sagt, der andere dagegen immer lügt. Welcher der beiden aber der Lügner ist, weiß er nicht. Seine Aufgabe, von deren Lösung seine Freilassung abhängt, besteht darin, durch eine einzige Frage an einen der beiden Wächter herauszufinden, welche der beiden Türen nicht versperrt ist.“ (Watzlawick et al. 2017, Seite 61). Dieses Logikrätsel lässt sich nur lösen, wenn man die Inhalts- und die Beziehungsaspekte gleichermaßen berücksichtigt. (vgl. Watzlawick et al. 2017, Seite 61)
Lösung: Der Mann deutet auf eine Tür und fragt eine der Wachen (wobei es gleichgültig ist, auf welche Tür er zeigt und welche Wache er fragt): „Wenn ich Ihren Kameraden fragen würde, ob diese Tür offen ist, was würde er sagen?“. Lautet die Antwort „nein“, so ist diese Tür offen, wenn „ja“, so ist sie zugesperrt. (Watzlawick et al. 2017, Seite 61)
Kommunikation ist also ein systemischer Prozess, bei dem die Nachricht auf verschiedenen Ebenen übermittelt wird. Im Ideal- bzw. Normalfall sollten diese Kommunikationsebenen sich nicht gegenseitig widersprechen.
4 Grundlagen des systemischen Denkens
Abgesehen von den Grundlagen der Kommunikation lohnt im Zusammenhang mit Doppelbindungskommunikation ein kurzer Überblick über das systemische Denken. Das systemische Denken befasst sich nicht nur mit einzelnen Faktoren oder Teilen eines Gebildes oder einer Situation, sondern nimmt sie im Zusammenhang als großes Ganzes wahr. Dieses ganzheitliche Erfassen von Zusammenhängen, von Ursache und Wirkung, ist unerlässlich um die destruktiven und pathologischen Kommunikationsmuster, welche der Double-Bind Kommunikation zugrunde liegen, zu erkennen. (vgl. Sautter 2018, Seite 23)
Im Jahr 1968 formulierte der österreichische Biologe die Allgemeine Systemtheorie, welche versucht, auf der Grundlage des methodischen Holismus (Holismus ist die Ganzheitslehre; natürliche Systeme und ihre Eigenschaften sind ganzheitlich zu betrachten und mehr als die Summe ihrer Teile) gemeinsame Gesetzmäßigkeiten in physikalischen, biologischen und sozialen Systemen festzustellen. (vgl. Wikipedia)
Die Forschungen, mit denen sich von Bertalanffy und auch der Philosoph, Mathematiker und Nobelpreisträger Bertrand Russel befassten, fanden heraus, dass verschiedene Systeme immer nach ähnlichen Gesetzen funktionieren. Von den Forschern wurden daraufhin übergeordnete Prinzipien verfasst, welche man auf unterschiedliche Systeme anwenden kann. Auch Bateson war infolge seiner Forschung mit der Erforschung dieser Metamuster beschäftigt. Auch in der Familien- und Psychotherapie wurden die Forschungen zu systemischen Ansätzen mit großem Interesse verfolgt. Heinz von Foerster, ein österreichischer Physiker, Kybernetiker und Philosoph, verfasste daraufhin eine Abwandlung des Kantischen Imperativs: „Handle stets so, dass sich die Summe deiner Möglichkeiten vergrößert“, und „Niemand kann uns daran hindern, im Sinne der Zukunft zu handeln, die wir uns schaffen wollen“ (Sautter 2018, Seite 25) Diese beiden Abwandlungen wurden zu Leitsätzen der systemischen Therapie. Zusammengefasst ist ein System einfach das Ganze, welches aber aus verschiedenen veränderbaren Teilen besteht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Man unterscheidet zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Geschlossene finden sich eher in unbelebten Bereichen wie der Technik. Lebendige Systeme, wie auch die in der Double-Bind Theorie beschriebenen Kommunikationssysteme, sind weitgehend offen und haben durchlässige Grenzen. (vgl. Sautter 2018, Seite 28)
5 Grundlagen der Double-Bind Theorie
Der Begriff Double-Bind wird im deutschen Sprachraum am besten durch zwei Begriffe beschrieben: Eine Beziehungsfalle oder eine Zwickmühle. Bei der Double-Bind Kommunikation handelt es sich um eine Paradoxie in der menschlichen Interaktion. Sie wurde zum ersten Mal 1956, wie bereits ausgeführt, von Bateson zusammen mit Don D.Jackson, Jay Haley und John Weakland in einem Artikel mit dem Titel „Toward a theory of schizophrenia“ beschrieben. Die Forschungsgruppe um Bateson befasste sich im Kern mit der Frage, welche Beziehungsstrukturen die Verhaltensform der schizophrenen Kommunikation bedingt. (vgl. Watzlawick et al. 2017, Seite 232 f.). Doppelbindung entsteht „bei existenziellen Abhängigkeits-Verhältnissen zwischen Personen, z. B. Familien, in welchen es notwendig ist, Botschaften richtig zu entschlüsseln.“ (Angelika Kutz 2018, Seite 3).
Bereits durch diese Feststellung wird klar, welches Konfliktpotenzial von Double-Binds ausgeht. Durch das bestehende existenzielle Abhängigkeitsverhältnis ist es selten möglich sich aus der Situation durch Flucht zu befreien. Sei es in einer familiären Beziehung oder im beruflichen Umfeld. Double-Binds „leben“ von der, für den Empfänger der Paradoxien, nicht entfliehbaren Situation. Der Empfänger ist diesen inkongruenten Botschaften dauerhaft und ohne Hoffnung auf Besserung ausgesetzt. Die kommunikativen Zwickmühlen bestehen entweder aus sich widersprechender verbaler und non-verbaler Ebene (eine gute Nachricht wird im scharfen Ton übermittelt) oder aus sich generell ausschließenden Handlungsanweisungen, welche eine „richtige“ Ausführung der Handlungsanweisung automatisch unmöglich machen. Häufig werden die gegenläufigen Anweisungen mit einer Sanktionsandrohung versehen, wodurch der Double-Bind Sender in die Position kommt den Sendungsempfänger in jedem Fall abstrafen zu können. (vgl. Angelika Kutz 2018, Seite 3).
Hier zur besseren Verständlichkeit ein paar Beispiele für klassische Double-Bind Kommunikation:
- Nur mit wenig Aufwand hier dran gehen, nur ein paar Stichproben zur Kontrolle, aber ich will auf jeden Fall absolute Sicherheit haben!
- Du kannst ausgehen, solange Du willst, aber komm nicht zu spät nach Hause!
- Tu was Du willst, aber enttäusche mich nicht! (jbt.de)
Ein Double-Bind ist also mehr als ein einfacher Widerspruch in der Kommunikation. Wäre es lediglich ein eben Solcher, könnte sich der Empfänger der Nachricht für eine von beiden Möglichkeiten entscheiden um die Situation zu lösen. Im Gegensatz dazu führt bei der paradoxen Double-Bind Kommunikation jede Entscheidung zu einem Scheitern.
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- Michael Klein (Autor), 2020, Double-Binds in Kommunikation und Situation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1137882
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