Lob und Kritik, Preise und Schmähungen, Anerkennung und Anklage – jeder Autor mag die Sonnen- und Schattenseiten des Schriftstellerdaseins kennen. Jeder, der künstlerisch schaffend tätig ist, hat und muss erfahren, dass positive und negative Rezeption nah beisammen liegen. Wie ungleich die Reaktionen ausfallen können, weiß insbesondere Günter Grass. Als 1959 die Erstausgabe seines Nachkriegsromans „Die Blechtrommel“ erschien, hagelte es die unterschiedlichsten Kritiken. Die Meinungen reichten weit auseinander. So war von „chronischer Geschmacklosigkeit“ aber auch von einem „Prosaschriftsteller ersten Ranges“ zu lesen. Die Literaturkritik der Nachkriegszeit hätte kontroverser nicht urteilen können. Der Grund dafür lag wohl in der unheimlichen Komplexität der Blechtrommel. Nicht nur thematisch oder aufgrund seines Umfangs, sondern auch in seiner literarischen Konzeption stellte und stellt der Roman noch heute für jeden Leser eine Herausforderung dar.
Unter anderem stritten sich die Kritiker über die Einordnung in eine literarische Gattung. Wie bei kaum einem anderen Werk war man sich so uneins in der Frage der Gattungszuordnung wie bei der Blechtrommel. Günter Grass selbst versuchte eine Bestimmung mithilfe folgender Äußerung:
„Das Buch steht in einem ironisch-distanzierten Verhältnis zum deutschen Bildungsroman. Es kommt, und das betrifft nun mich und meine Affinität, sehr stark von jener europäischen Romantradition her, die vom pikaresken Roman herreicht, […]“
Grass distanziert sich also, wenn auch bewusst ironisch, vom Bildungsroman. Der Autor selbst gibt desweiteren Hinweise auf die europäische Tradition des Pikaro-Romans.
Wie sich diese literarische Gattung definiert und inwiefern Grass’ „Affinität“ zu ihr in der Blechtrommel ihren Niederschlag findet, soll im Folgenden aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Die Blechtrommel und ihre kontroverse Kritik
- Die „novela picaresca“ erobert das literarische Europa
- Grimmelshausens „Simplicissimus“ als erster deutscher „Pikaro“
- Blechtrommel: klare Parallelen zu Simplicius
- Bildungsroman oder Schelmenroman?
- Der Schelm Oskar Matzerath
- Selbstgewähltes Außenseiterdasein
- Gleichzeitige Weltoffenheit und Weltabkehr demaskieren entindividualisierte Gesellschaft
- Der entlarvende Erzählstil des Pikaro
- Der Held ohne Pathos zur Verschärfung der Satire
- Wie Simplicius: Der Schelm Oskar als literarischer Zeitzeuge
- Günter Grass in der Maske des Schelms?
- Grass zwischen den Fronten der deutschen Geschichte
- Literaturangaben
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert den Roman „Die Blechtrommel“ von Günter Grass im Kontext der literarischen Tradition des Schelmenromans. Die Arbeit untersucht die Parallelen zwischen Oskar Matzerath, dem Protagonisten der Blechtrommel, und dem klassischen Schelmenroman, insbesondere dem „Simplicissimus“ von Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen. Die Arbeit beleuchtet die Rolle des Schelms als Außenseiter und Kritiker der Gesellschaft, die satirische Funktion des Schelmenromans und die Bedeutung des Schelmenromans als literarisches Mittel zur Darstellung von gesellschaftlichen Missständen.
- Die literarische Tradition des Schelmenromans
- Die Rolle des Schelms als Außenseiter und Kritiker der Gesellschaft
- Die satirische Funktion des Schelmenromans
- Die Bedeutung des Schelmenromans als literarisches Mittel zur Darstellung von gesellschaftlichen Missständen
- Die Parallelen zwischen Oskar Matzerath und dem klassischen Schelmenroman
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die kontroverse Kritik, die Günter Grass' „Die Blechtrommel“ nach ihrem Erscheinen 1959 erfuhr. Die unterschiedlichen Meinungen der Literaturkritik spiegeln die Komplexität des Romans wider, sowohl in seiner Thematik als auch in seiner literarischen Konzeption. Das zweite Kapitel führt in die Geschichte des Schelmenromans ein, der seine Anfänge in der spanischen Literatur des 16. Jahrhunderts hat. Die „novela picaresca“ fand schnell Verbreitung in ganz Europa und beeinflusste auch die deutsche Literatur. Das dritte Kapitel widmet sich dem „Simplicissimus“ von Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, der als erster bedeutender Schelmenroman in der deutschen Literaturgeschichte gilt. Der Roman schildert den abenteuerreichen Lebensweg des naiven Helden „Simplicissimus“ und bietet eine satirische Kritik an der Gesellschaft des Dreißigjährigen Krieges. Das vierte Kapitel untersucht die Parallelen zwischen „Die Blechtrommel“ und dem „Simplicissimus“. Beide Romane zeichnen sich durch episodenhaftes Erzählen, eine Gesellschaft in Zeiten des Krieges und einen Protagonisten aus, der sich gegen die Missstände seiner Zeit stellt. Das fünfte Kapitel diskutiert die Frage, ob „Die Blechtrommel“ als Bildungsroman oder Schelmenroman einzuordnen ist. Das sechste Kapitel analysiert die Figur des Oskar Matzerath als Schelm. Es werden seine Rolle als Außenseiter, seine satirische Sicht auf die Welt und sein entlarvender Erzählstil beleuchtet. Das siebte Kapitel untersucht die Rolle des Schelms als literarischer Zeitzeuge. Das achte Kapitel widmet sich der Frage, inwiefern Günter Grass selbst in der Maske des Schelms auftritt. Das neunte Kapitel beleuchtet Grass' Positionierung zwischen den Fronten der deutschen Geschichte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Schelmenroman, die „novela picaresca“, den „Simplicissimus“, Günter Grass, „Die Blechtrommel“, Oskar Matzerath, Satire, Gesellschaft, Krieg, Außenseiter, Kritik, Bildungsroman, Zeitzeuge, deutsche Geschichte.
- Citar trabajo
- Katharina Petzi (Autor), 2008, Oskar Matzerath - ein Schelm in der Tradition des Pikaro-Romans, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113645
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