Innerhalb von 6 Wochen verweigerte Bundespräsident Horst Köhler Ende letzten
Jahres die Gegenzeichnung und Ausfertigung zweier vom Bundestag verabschiedeten
Gesetze. Bei dem einen Gesetz handelte es sich um ein Gesetz zur Privatisierung der
Flugsicherheit. Bundespräsident Köhler verweigerte die Gegenzeichnung dieses
Gesetzes mit der verfassungswidrigen Übertragung einer staatshoheitlichen Aufgabe
auf Privatunternehmen (Art.87d Absatz 1 GG). Bei dem anderen Gesetz ging es um
ein Verbraucherinformationsgesetz, dass Bundes-, Landesbehörden und Kommunen
verpflichten sollte, dem Verbraucher Informationen über Produkte und Hersteller
zugänglich zu machen. Bundespräsident Köhler lehnte das Gesetz mit dem Hinweis
auf unzulässiger Aufgabenzuweisung des Bundes an die Kommunen in Folge der
Föderalismusreform ab (Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG).
In der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kam es vorher bisher nur
sechs Mal zu einer ebensolchen Weigerung der Gesetzesausfertigung durch
Bundespräsidenten. Davon waren 4 Ablehnungen formell, also auf Grund
verfahrenstechnischer Mängel, und nur 2 Ablehnungen materiell, dass heißt auf Grund
inhaltlicher Bedenken, begründet.
Die Diskussion über das Amt des Bundespräsidenten und seiner Rolle im deutschen
Regierungssystem insbesondere im Gesetzgebungsverfahren gibt es seit der ersten
Gesetzesablehnung. Es geht um die Frage, welche Kompetenzen der Bundespräsident
im deutschen Gesetzgebungsverfahren hat. Fungiert er lediglich als Staatsnotar, der
ihm vorliegende Gesetze lediglich hinsichtlich ihres Zustandekommens überprüft und
gegenzeichnet, oder besitzt er materielle Prüfungskompetenzen in Bezug auf die
Verfassungskonformität der ihm vorliegenden Gesetze? Um eine Einschätzung der Position des Bundespräsident und seinen Kompetenzen zu
bekommen, muss man sich den gesamten Gesetzgebungsprozess näher ansehen,
seinen Verlauf und die beteiligten Organe und ihre Kompetenzen. Der Gesetzgebungsprozess in Deutschland basiert auf dem Grundgesetz (GG) Art.70
bis Art.82 und legt fest wie die Gesetzgebung des Bundes und der Länder auszusehen
hat, ihr Verhältnis zueinander, und wie der verfahrenstechnische Ablauf zum Zustande kommen von Gesetzen aussieht.
Gliederung
1. Einleitung: Bundespräsident Horst Köhler verweigert die Ausfertigung zweier Gesetze
2. Gesetzgebungsprozess in Deutschland
2.1 Grundlage
2.2 Beteiligte Organe und ihre Zuständigkeiten
2.3 Gesetzesarten
3. Der Bundespräsident
3.1 Die Stellung des Bundespräsidenten im Regierungssystem
3.2 Staatsrechtliche Kompetenzen des Bundespräsidenten
3.2.1 Die formelle Prüfungskompetenz
3.2.2 Die materielle Prüfungskompetenz
4. Verweigerung von Gesetzesausfertigungen durch frühere Bundespräsidenten
4.1 Formell begründete Weigerungen
4.2 Materiell begründete Weigerungen
5. Schlussbetrachtung: Das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Bundespräsident Horst Köhler verweigert die Ausfertigung zweier Gesetze
Innerhalb von 6 Wochen verweigerte Bundespräsident Horst Köhler Ende letzten Jahres die Gegenzeichnung und Ausfertigung zweier vom Bundestag verabschiedeten Gesetze. Bei dem einen Gesetz handelte es sich um ein Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherheit. Bundespräsident Köhler verweigerte die Gegenzeichnung dieses Gesetzes mit der verfassungswidrigen Übertragung einer staatshoheitlichen Aufgabe auf Privatunternehmen (Art.87d Absatz 1 GG). Bei dem anderen Gesetz ging es um ein Verbraucherinformationsgesetz, dass Bundes-, Landesbehörden und Kommunen verpflichten sollte, dem Verbraucher Informationen über Produkte und Hersteller zugänglich zu machen. Bundespräsident Köhler lehnte das Gesetz mit dem Hinweis auf unzulässiger Aufgabenzuweisung des Bundes an die Kommunen in Folge der Föderalismusreform ab (Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG).
In der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kam es vorher bisher nur sechs Mal zu einer ebensolchen Weigerung der Gesetzesausfertigung durch Bundespräsidenten. Davon waren 4 Ablehnungen formell, also auf Grund verfahrenstechnischer Mängel, und nur 2 Ablehnungen materiell, dass heißt auf Grund inhaltlicher Bedenken, begründet.[1]
Die Diskussion über das Amt des Bundespräsidenten und seiner Rolle im deutschen Regierungssystem insbesondere im Gesetzgebungsverfahren gibt es seit der ersten Gesetzesablehnung. Es geht um die Frage, welche Kompetenzen der Bundespräsident im deutschen Gesetzgebungsverfahren hat. Fungiert er lediglich als Staatsnotar, der ihm vorliegende Gesetze lediglich hinsichtlich ihres Zustandekommens überprüft und gegenzeichnet, oder besitzt er materielle Prüfungskompetenzen in Bezug auf die Verfassungskonformität der ihm vorliegenden Gesetze?
2. Gesetzgebungsprozess in Deutschland
Um eine Einschätzung der Position des Bundespräsident und seinen Kompetenzen zu bekommen, muss man sich den gesamten Gesetzgebungsprozess näher ansehen, seinen Verlauf und die beteiligten Organe und ihre Kompetenzen.
2.1 Grundlage
Der Gesetzgebungsprozess in Deutschland basiert auf dem Grundgesetz (GG) Art.70 bis Art.82 und legt fest wie die Gesetzgebung des Bundes und der Länder auszusehen hat, ihr Verhältnis zueinander, und wie der verfahrenstechnische Ablauf zum Zustande kommen von Gesetzen aussieht. Zudem wird dort die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung geregelt bzw. durch den als Ewigkeitsklausel bezeichneten Art. 79 Abs.3 die in Art. 1 bis 20 verbürgten Grundrechte in Deutschland geschützt.
Im Gegensatz zur Weimarer Republik, in deren Verfassung die Grundrechte den Gesetzen unterstanden, werden sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland dem Gesetz vorangestellt.
2.2 Beteiligte Organe und ihre Zuständigkeiten
Das Initiativrecht für Gesetze besitzen der Bundesrat, die Bundesregierung sowie der Bundestag, sofern die Gesetze „aus der Mitte des Bundestages“ eingebracht werden (Art. 76 Ab.1 GG). Die meisten Gesetze, 74,92 %, werden von der Bundesregierung eingebracht, ein geringer Teil, 18,48 %, aus der“ Mitte des Bundestages“ und gerade mal 3,63 % vom Bundesrat.[2]
Die von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesvorlagen müssen dem Bundesrat nach Art.76 Abs. 2 GG zur Stellungnahme vorgelegt werden. Die Bundesregierung kann dies jedoch umgehen, wenn sie die Gesetzesvorlage durch ihre Mehrheit im Bundestag „aus der Mitte des Bundestages“, „entweder von mindestens einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages - das entspricht zurzeit 31 Abgeordneten“,einbringen lässt.[3]
Der Bundestag muss seine Vorlagen keinem der anderen beiden Organe vorher zur Stellungnahme übergeben. Diese Variante wird häufig gebraucht, wenn es sich um besonders dringende Gesetzesentwürfe handelt oder es unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und Bundestag gibt und die Regierung verhindern will, dass der Bundesrat bereits Position bezieht.
Es finden in der Regel 3 Lesungen im Bundestag zu einer Gesetzesvorlage statt. Nach der ersten Lesung wird die Gesetzesvorlage durch Beschluss an den zuständigen Ausschuss verwiesen, der über Inhalt und Wortlaut des Gesetzes berät. Zusammen mit den im Ausschuss erarbeiteten Änderungen und der Stellungnahme des Ausschusses kommt es zur 2. Lesung, in der die Mitglieder des Bundestages Änderungsanträge stellen können, über die abgestimmt wird. Werden Änderungsanträge angenommen, wird die Vorlage zurück an den Ausschuss verwiesen, der diese in die Vorlage einzuarbeiten hat und die neue Fassung in einer 3. Lesung dem Bundestag erneut vorstellen muss. Gibt es keine angenommenen Änderungsanträge, folgt die 3. Lesung direkt auf die 2. Lesung. Danach erfolgt die Abstimmung im Bundestag über die Vorlage.[4]
Die Mehrheitsverhältnisse, mit denen eine Gesetzesvorlage als angenommen gilt, werden im Grundgesetz sowie in der Geschäftsordnung des Bundestages geregelt. In der Regel genügt eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen bei einer Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Bundestagsmitglieder, außer das Grundgesetz schreibt wie zum Beispiel einer Verfassungsänderung andere Mehrheitserfordernisse vor (Art. 42 Abs.2 GG).
Verabschiedet der Bundestag eine Gesetzesvorlage, wird dieses Gesetz nach Unterzeichnung durch die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Gegenzeichnung vorgelegt. Erfolgt die Gegenzeichnung und die Verkündung im Bundesgesetzblatt, tritt das Gesetz zu dem Termin in Kraft, der entweder im Gesetz selbst bestimmt ist oder am 14. Tag nach dem Ausgabedatum des Bundesgesetzblatt. Verweigert der Bundespräsident die Gegenzeichnung, tritt das Gesetz nicht in Kraft. Der Bundestag hätte genauso wie der Bundesrat und die Bundesregierung nun die Möglichkeit das
Bundesverfassungsgericht im Wege des Organstreitverfahrens bzgl. einer Klärung der Kompetenzzuständigkeit anzurufen und eine verbindliche Entscheidung herbeizuführen und den Bundespräsidenten eventuell durch richterliche Entscheidung zur Unterzeichnung zu zwingen.
Bisher wurde dieser Weg aber noch von keinem Bundesorgan beschritten, so dass das Bundesverfassungsgericht sich bisher nicht zu den Prüfungskompetenzen des Bundespräsidenten äußern musste.
2.3 Gesetzesarten
Bei den eingereichten Gesetzesvorlagen muss unterschieden werden zwischen Zustimmungs- und Einspruchsgesetzen. Bei Vorlagen zu Zustimmungsgesetzen ist ein Zustimmung des Bundesrates verpflichtend. Verweigert der Bundesrat diese und im Vermittlungsausschuss kommt es zu keiner Einigung zwischen Bundesregierung und Bundestag, kann die Gesetzesvorlagen vom Bundestag nicht verabschiedet werden. Handelt es sich um ein Einspruchsgesetz, kann der Bundesrat zwar ein Veto gegen die Gesetzesvorlage einlegen, dies hat jedoch nur eine aufschiebende Wirkung, da der Bundestag mit einer qualifizierten Mehrheit das Veto überstimmen und das Gesetz verabschieden kann.
Das Grundgesetz nimmt keine klare Trennung vor, was ein Zustimmungsgesetz und was ein Einspruchsgesetz ist, nennt aber konkret die einzelnen Fälle, in denen ein Gesetz nachhaltig Länderinteressen betrifft und der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
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[1] www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,45342,00.html, 08.12.2006
[2] VglIpsen, Dr. Jörn: Staatsrecht I, 16. Aufl., München 2004, S.71.
[3] www.bundestag.de/aktuell/archiv/2006/flug/index.html,10.02.06.
[4] Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT), in: Kirchhof, Prof. Dr. Paul/ Kreuter-Kirchhof, Dr. Charlotte (Hrsg.): Staats- und Verwaltungsrecht Bundesrepublik Deutschland, 40. Auflage, Heidelberg 2005, Teil 2, S. S.22 ff.
- Citar trabajo
- Martina Haardt (Autor), 2007, Der Bundespräsident - Repräsentatives Organ oder Kontrollorgan?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113532
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