Enzyklopädien und Lexika stehen im Allgemeinen seit jeher für Aufklärung und Wissenserlangung. Die ersten Universallexika entstanden kurz vor der französischen Revolution im Zeitalter der Aufklärung. Diese Werke ermöglichten nun endlich auch dem Bürgertum Einsichten in Wissensgebiete zu erlangen, die bis dato nur dem Adel und dem Klerus vorbehalten waren. Zwar war es die Kirche, die eine allgemeine Schulbildung forderte und ermöglichte, doch beließ sie die Mehrzahl der Menschen, also das einfache Volk, bestehend aus den niederen Ständen, in einem Zustand beschränkten Wissens, um sich ihre Macht weiterhin zu sichern. Obwohl der Aberglaube von den kirchlichen Institutionen verboten war, schürten weiterhin katholische und protestantische Prediger bei dem einfachen Volk und den Bauern den Glauben an Hexerei, Schadenszauber und schwarze Magie. Mit der Aufklärung musste neben der Aristokratie auch die Kirche einen Grossteil ihrer Macht einbüssen und auch dem Aberglauben setzte sich die Aufklärung mit der starken Entwicklung der Naturwissenschaften und Philosophie entgegen. Trotzdem ist der Aberglaube über die Jahrhunderte immer noch allgegenwärtig geblieben. Gibt man den Begriff „Aberglaube“ bei der Internetsuchmaschine Google ein, so erhält man nach nur 0,17 Sekunden 1.020 000 Treffer. Aberglaube beschäftigt die Menschen auch noch im 21. Jahrhundert so sehr, dass in den letzten 20 Jahren immerhin sechs oder sieben Lexika zum Thema Aberglaube, oder über den Aberglauben veröffentlicht wurden. Neben dem „Lexikon des Aberglaubens“ von Helmut Hiller, erschienen 1992 das „Lexikon des Aberglaubens“ von Christian Wehr, 1993 das „Lexikon des Aberglaubens“ von Erich Roman Buchhammer, 1998 „Das neue Lexikon des Aberglaubens“ von Walter Gerlach und das „Kleine Lexikon des Aberglaubens“ von Ditte und Giovanni Bandini, 1999 „Das kleine Lexikon des Aberglaubens“ von Heide Marie Karin Geiss, sowie 2001 auch „ Das kleine Lexikon des Aberglaubens“ von C. Griephan.
Warum in unserer modernen und „aufgeklärten“ Zeit ein Lexikon des Aberglaubens verfasst und veröffentlicht wird, und ob es sich hier um wissenschaftliche Aufklärung oder esotrische „Fachliteratur“ handelt, soll hier anhand des Beispiels des „Lexikon(s) des Aberglaubens“ von Helmut Hiller näher beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff „Aberglaube“ in den wichtigsten deutschen Lexika und Enzyklopädien
3. Gründe für die Herausgabe der Lexika des Aberglaubens
4. Genauere Untersuchung und Rezension des „Lexikon des Aberglaubens“ von Helmut Hiller
5. Fazit
6. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Enzyklopädien und Lexika stehen im Allgemeinen seit jeher für Aufklärung und Wissenserlangung. Die ersten Universallexika entstanden kurz vor der französischen Revolution im Zeitalter der Aufklärung. Diese Werke ermöglichten nun endlich auch dem Bürgertum Einsichten in Wissensgebiete zu erlangen, die bis dato nur dem Adel und dem Klerus vorbehalten waren. Zwar war es die Kirche, die eine allgemeine Schulbildung forderte und ermöglichte, doch beließ sie die Mehrzahl der Menschen, also das einfache Volk, bestehend aus den niederen Ständen, in einem Zustand beschränkten Wissens, um sich ihre Macht weiterhin zu sichern. Obwohl der Aberglaube von den kirchlichen Institutionen verboten war, schürten weiterhin katholische und protestantische Prediger bei dem einfachen Volk und den Bauern den Glauben an Hexerei, Schadenszauber und schwarze Magie. Mit der Aufklärung musste neben der Aristokratie auch die Kirche einen Grossteil ihrer Macht einbüssen und auch dem Aberglauben setzte sich die Aufklärung mit der starken Entwicklung der Naturwissenschaften und Philosophie entgegen. Trotzdem ist der Aberglaube über die Jahrhunderte immer noch allgegenwärtig geblieben. Gibt man den Begriff „Aberglaube“ bei der Internetsuchmaschine Google ein, so erhält man nach nur 0,17 Sekunden 1.020 000 Treffer. Aberglaube beschäftigt die Menschen auch noch im 21. Jahrhundert so sehr, dass in den letzten 20 Jahren immerhin sechs oder sieben Lexika zum Thema Aberglaube, oder über den Aberglauben veröffentlicht wurden. Neben dem „Lexikon des Aberglaubens“ von Helmut Hiller, erschienen 1992 das „Lexikon des Aberglaubens“ von Christian Wehr, 1993 das „Lexikon des Aberglaubens“ von Erich Roman Buchhammer, 1998 „Das neue Lexikon des Aberglaubens“ von Walter Gerlach und das „Kleine Lexikon des Aberglaubens“ von Ditte und Giovanni Bandini, 1999 „Das kleine Lexikon des Aberglaubens“ von Heide Marie Karin Geiss, sowie 2001 auch „ Das kleine Lexikon des Aberglaubens“ von C. Griephan.
Warum in unserer modernen und „aufgeklärten“ Zeit ein Lexikon des Aberglaubens verfasst und veröffentlicht wird, und ob es sich hier um wissenschaftliche Aufklärung oder esotrische „Fachliteratur“ handelt, soll hier anhand des Beispiels des „Lexikon(s) des Aberglaubens“ von Helmut Hiller näher beleuchtet werden.
2. Der Begriff „Aberglaube“ in den wichtigsten deutschen Lexika und Enzyklopädien
Um den Ursprung des Begriffes „Aberglaube“ zu erfahren, lohnt ein Blick in das große deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm. Hier heißt es:
„ABERGLAUBE, m. superstitio, für oberglaube, nnl. overgeloof, überglaube, dem super in superstitio nachgebildet, nd. biglove, beiglaube, böhm. powẽra, von po bei und wẽra glaube, ahd. ubarfengida, was über den wahren glauben hinaus, daran neben vorbei geht. LESSING 3, 216 setzt fehlerhaft den acc. aberglaube f. aberglauben, wie umgekehrt andere den nom. aberglauben f. aberglaube.“[1]
Deutlich wird hier vor allem, dass aber- nicht schlecht oder falsch bedeutet, obwohl dies die übliche Deutung ist, sondern über, bzw. über hinaus.
Das zwischen 1732 und 1750 erschienene „Große(s) vollständige(s) Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste“ des Leipziger Buchhändlers Johann Heinrich Zedler[2] widmet dem Begriff „Aberglaube(n)“ einen Artikel in vier Spalten auf insgesamt drei Seiten.
„Aberglaube, es wird dieses Wort in weitläuftigen Verstande vor einem Irrthum gebrauchet, da man natürlichen und menschlichen Dingen etwas göttliches zuschreibet, welches sie nicht an sich haben, so daß daraus ein unvernünftiger Affekt in dem Gemüth entstehet. Es leidet also hierbei unsere ganze Seele Schaden, sowohl in Ansehung des Verstandes als des Willens. Es bestehet der Aberglaube in einem Irrthume, der denen Sachen etwas göttliches beyleget, welches in der That bey ihnen nicht anzutreffen ist.(...) Ist also nöthig, daß sich diejenigen, welche noch zur Zeit nichts von Aberglauben wissen, wohl in acht nehmen, damit sie nicht in zukünftigen Zeiten darein verwickelt werden; andere aber, welche schon in solche elende Umstände gesetzet sind, haben alle Kräfte anzuwenden, sich davon zu befreyen, worzu am meisten in der Philosophie eine mit einer richtigen Logique verknüpfte Erkäntniß der Physique dienet, als welche uns einsehen lernet, was sowol mit der Natur übereinkommt als auch nicht, oder gar über selbige weit hinaus gehet; dahingegen die Unwissenheit nicht nur der Grund zum Aberglauben ist, sondern auch diesen, wenn er sich bereits geäussert, zu erhalten im Stande ist.(...) Zu dieser Verderbniß trugen die Geistlichen sehr vieles bey, als welche sich durch die vorgegebenen Weissagungen und göttliche Entdeckungen, in ganz besonders Ansehen und Ehre setzen, und was das allerschlimmste, das arme Volck in Irrthum und grober Unwissenheit stecken liessen. Denn daferne selbiges aus dieser gerissen würde, so wäre es nicht nur um die abergläubischen Possen, sondern auch um das allzu grosse Ansehen der Geistlichkeit, welche durch die Dummheit und Einfalt des Pöbels selbige zu mainteniren suchet, geschehen.(...)“[3]
Dieser Artikel wurde laut Angabe von neun Autoren verfasst, die aufgrund der starken Kritik an „Staatspersonen“ und „Geistlichen“ zu der Seite der Aufklärer zu zählen sind. Sie betonen immer wieder, dass der Aberglaube schlechten Einfluss auf das Gemüt und die Vernunft der Menschen habe und diese sich deswegen vor ihm in Acht nehmen müssten. Obwohl sie den Grund und die Ursache des Aberglaubens deutlich zu erklären versuchen, bringen sie nur wenige konkrete Beispiele für abergläubisches Handeln, bzw. abergläubische Ansichten. Kurz wird auf die fälschlicherweise nachgesagte zauberhafte Wirkung verschiedener Pflanzen und die Schicksalsdeutung durch Erscheinen eines Kometen hingewiesen. Illustrationen zum Thema sind ebenfalls nicht abgebildet.
Das bibliographische Institut Joseph Meyers schreibt 1874 in der dritten Auflage des „Neue(n) Konversations-Lexikon“:
„Aberglaube (Afterglaube, lat. superstitio), diejenige Ausartung des Glaubens, welche Natürliches und Übernatürliches mit einander vermischt und daher bald von natürlichen Ursachen übernatürliche Wirkungen erwartet, bald natürliche Wirkungen von übernatürlichen Ursachen ableitet. Psychologisch erscheint der A. meist als ein Erzeugnis der Einbildungskraft, welche allerlei Trugbilder erdichtet und diese den Erscheinungen unterlegt,(...). Seinem Wesen nach ist der A. entweder theoretisch oder praktisch; jener besteht in der bloßen Vorstellung, dieser wirkt auf den Willen und dadurch auf das Handeln. Seinen Objekten nach ist er religiöser oder physikalischer A. Ersterer bezieht sich auf die Geisterwelt (...); aus ihm entstehen Abgötterei, Theosophie, Werkheiligkeit, Reliquiendienst, Glaube an die magische Kraft gewisser Zeremonien (...). Der physikal. A. bezieht sich auf das Wirken geheimer Zeichen und Naturkräfte und hat u.a. die Astrologie, Chiromantie und Zauberei hervorgebracht.“[4]
Zwischen diesem Artikel aus Meyers Lexikon und dem Artikel über Aberglauben im Zedler
Gibt es an einigen Stellen, wie z.B. der Erläuterung des Wesens des Aberglaubens und seinen Objekten, Parallelen. Darüber hinaus jedoch nennt der Artikel im Meyers im Gegensatz zum Zedler genaue Beispiele für Aberglauben und dessen Weiterentwicklung. Jedoch verzichtet er auf die genaue Erörterung der Folgen dieser Entwicklungen bei den Menschen an sich. Der Abstand von fast 100 Jahren zwischen den Veröffentlichungen verdeutlicht sich auch in der, wesentlich wissenschaftlicheren Sprache, mit welcher der Artikel im Meyer präsentiert wird.
1937 wurde von dem in Berlin und Leipzig ansässigen Verlag Walter de Gruyter & Co. durch E. Hoffmann – Krayer und Hans Bächtold – Stäubli das 10 bändige „Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens“ herausgegeben. Ganze 12 Seiten widmet der erste Band dieses Wörterbuchs dem Begriff „Aberglaube“, dabei ist der Artikel in 1.Etymologie, 2. Begriff,
3. Einteilung und Inhalt des Aberglaubens, 4. Momente und Zweck des Aberglaubens, sowie 6. Quellen des deutschen Aberglaubens Chronologische Bibliographie aufgegliedert. Interessant ist ein Abschnitt des ersten Gliederungspunktes der erwähnt, dass
„(S)eit Anfang des 19. Jhs. (.) statt A. vielfach die Bezeichnung V o l k s g l a u b e verwendet (wird). Das Wort wurde geschaffen aus dem Gefühl der Unsicherheit, wie weit die Grenzen des A.s, in dem man ein Werturteil erblickt, zu ziehen seien. Die Bezeichnung „Volksglaube“ mag also vorsichtiger und auch objektiver scheinen, indem sie kein subjektives Urteil über die betr. Glaubenssatzungen ausspricht; anderseits aber schiebt sie den hohen Begriff „Glauben“ in den unwürdigen Gegensinn hinüber und schränkt ihn außerdem ein; denn „Volksglaube“ umfaßt sämtliche auf das Religiöse bezüglichen Empfindungen, Anschauungen und Betätigungen des Volkes, die doch weit über das hinausgehen, was mit „Aberglaube“ bezeichnet wird. Zum „Volksglauben“ gehören die Anschauungen des Volkes über Gott, Christus, den Hl. Geist, die Dreieinigkeit, seine Stellung zu Sünde, Gnade u.a.m. Wenn wir das Wort A. für vorliegendes Wörterbuch beibehalten so geschieht es also i n v ö l l i g
o b j e k t i v e n S i n n (...).“[5]
[...]
[1] Grimm, Jakob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bde(in 32 Teilbänden). 1.Bd. Leipzig: S.Hirzel,1854-1960
[2] Lenz, Werner: Kleine Geschichte großer Lexika. Lizenzausgabe für den Fackelverlag. Gütersloh, Berlin, München, Wien: Bertelsmann, 1974; S. 125
[3] Zedler, Johann H. (Hrsg.): Großes vollständiges Universal - Lexicon aller Wissenschaften und Künste. 63 Bde. Halle, 1732-1750. Band 1(A-Am). Graz: Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, 1993
[4] Meyers Neues Konversations-Lexikon. Eine Enzyklopädie des allgemeinen Wissens. 3.Aufl. Leipzig: Verlag des bibliographischen Institus. Bd.1. ,1874
[5] Hoffmann-Krayer, E. und Hanns Bächtold-Stäubli (Hrsg.): Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. Berlin/Leipzig: Walter de Gruyter & Co. Bd 1.,1927
- Citation du texte
- Rebecca Mack (Auteur), 2008, Das Lexikon des Aberglaubens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113268
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