Die Arbeit verfolgt das Ziel, einen kritischen Blick auf die Digitalisierung zu ermöglichen. Im Rahmen einer Literaturrecherche wird daher der zentralen Frage nachgegangen, mit welchen sozial-ökologischen Gefahren die Digitalisierung einhergeht und wie diese reduziert werden können.
Bevor explizit auf diese Frage Bezug genommen wird, soll zu einem Überblick über die Digitalisierung und deren derzeitige positive Wahrnehmung verhelfen. Dafür werden zunächst die Entwicklung und der derzeitige Stand skizziert. Um die Digitalisierung in einen sozial-ökologischen Kontext zu bringen, werden die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals; SDGs) der Vereinten Nationen aufgegriffen, die eine Vielzahl sozialer und ökologischer Themen vereinen. Als Grundlage für die folgende Analyse soll vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsbegriffs aufgezeigt werden, inwiefern die Digitalisierung einen konkreten Bestandteil dieser Ziele ausmacht und welche Rolle ihr darin zukommt. Anschließend werden die in der Gesellschaft verbreiteten sozial-ökologischen Erwartungen an die Digitalisierung vorgestellt.
Aufbauend auf einem grundlegenden Verständnis der Digitalisierung und ihrer gegenwärtigen Rolle in der Nachhaltigkeitsagenda werden im dritten Kapitel ihre sozial-ökologischen Problemfelder betrachtet. Mittels des Fokus auf drei aufeinander aufbauenden Bereichen soll die Bandbreite der kritischen Themen aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Digitalisierung im breiten Kontext
2.1 Entwicklung und aktueller Stand der Digitalisierung
2.2 Digitalisierung in der Nachhaltigkeitsdebatte
2.3 Sozial-ökologische Erwartungen an die Digitalisierung
3 Sozial-ökologische Problemfelder der Digitalisierung
3.1 Materielle Basis der Digitalisierung
3.1.1 Rohstoffe
3.1.2 Produktion
3.1.3 Außerbetriebnahme und Entsorgung
3.2 Partizipation an der Digitalisierung
3.2.1 Zugang zum Internet
3.2.2 Digitale Kompetenzen
3.3 Nutzung digitaler Endgeräte und Dienste
3.3.1 Datenverkehr und Rechenzentren
3.3.2 Rebound-Effekt
3.4 Betrachtung der Problemfelder im Hinblick auf die SDGs
4 Entwicklungen und Handlungsempfehlungen
4.1 Bisherige Maßnahmen und Ziele in der EU und Deutschland
4.2 Handlungsempfehlungen
5 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einsatz vom IdD im Unternehmen
Abbildung 2: Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis
Abbildung 3: Prozent der Bürger mit mindestens digitalen Grundkenntnissen in ausgewählten EU-Ländern (2015–2019)
Abbildung 4: Aufgliederung des Stromverbrauchs von IKT
Abbildung 5: Negative Auswirkungen der Digitalisierung auf die SDGs
Abbildung 6: EU-Zielvorgaben für den Umgang mit Elektroschrott
Abkürzungsverzeichnis
BIP Bruttoinlandsprodukt
Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.
CCS Carbon capture and storage (CO2-Abscheidung und –Speicherung)
cm Zentimeter
cm² Quadratzentimeter
CNT Carbon Nanotubes (Kohlenstoff-Nanoröhren)
CO2 Kohlenstoffdioxid
COVID-19 Coronavirus disease 2019 (Coronavirus-Krankheit-2019)
CPS Cyber-physisches System
DR Kongo Demokratische Republik Kongo
DVD Digital Versatile Disc
EU Europäische Union
GB Gigabyte
GB/s Gigabyte pro Sekunde
GdW Gesamtverband deutscher Wohnungsunternehmen
HD High Definition (hohe Auflösung)
IARC International Agency for Research on Cancer (Internationale Agentur für Krebsforschung)
IdD Internet der Dinge
Ifo-Institut Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
an der Universität München e. V.
IKT Informations- und Kommunikationstechnologien
INKOTA Information, Koordination, Tagungen
Interpol Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Internationale kriminalpolizeiliche Organisation)
IT Informationstechnik
Kbit Kilobit
Kbit/s Kilobit pro Sekunde
KByte Kilobyte
kWh Kilowattstunde
LED Light Emitting Diode
LTE Long Term Evolution
Mbit/s Megabit pro Sekunde
OECD Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
PEM Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle
PKW Personenkraftwagen
RFID Radio Frequency Identification (Radiofrequenz-Identifikation)
SDGs Sustainable Development Goals (Ziele für nachhaltige Entwicklung)
SOFC Solid Oxid Fuel Cell (Festoxidbrennstoffzelle)
UN United Nations (Vereinte Nationen)
USA United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika)
VDSL Very High Speed Digital Subscriber Line
WBGU Wirtschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
WLAN Wireless Local Area Network
WWW World Wide Web
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
„Wenn wir die Digitalisierung [… ] nicht nachhaltig gestalten, sondern unverändert fortsetzen, dann wird sie zum Brandbeschleuniger für die ökologischen und sozialen Krisen unseres Planeten.“ 1 – Svenja Schulze
Die warnenden Worte der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit können im Rahmen der positiven Wahrnehmung der Digitalisierung schnell untergehen, denn diese wird oftmals als Lösung für eine Vielzahl sozial-ökologischer Probleme präsentiert. So wird sie im European Green Deal zur unabdingbaren Voraussetzung für den Kampf gegen den Klimawandel ernannt.2 Selbst in der gegenwärtigen Gesundheitskrise scheint sie einen zentralen Stellenwert einzunehmen. Denn mit Hilfe digitaler Technologien sollen die Verbreitung des COVID-19-Virus überwacht, die Forschung unterstützt und der Arbeits- sowie Schulalltag (in Form von Homeoffice und Homeschooling) ermöglicht werden.3 Es ist daher erklärbar, dass die Digitalisierung in kaum einer politischen Agenda fehlt. Sowohl in der Agenda 2019–2024 der Europäischen Kommission als auch bei Deutschlands Übernahme der Ratspräsidentschaft der Europäischen Union wurde sie als eine der Prioritäten deklariert.4 In Ansprachen drängt Bundeskanzlerin Angela Merkel auch auf nationaler Ebene regelmäßig auf eine schnelle Digitalisierung.5
Dies erweckt den Eindruck, die Digitalisierung sei bedingungslos erstrebenswert und in allen Lebensbereichen vorteilhaft, wodurch mögliche Herausforderungen übersehen werden. Laut Prognose sollen bis 2030 rund eine halbe Billionen Objekte untereinander und mit dem Internet vernetzt sein.6 Die Thematik der sozial-ökologischen Gefahren in Folge der Digitalisierung sollte in Anbetracht dieser Entwicklung zeitnah ins Zentrum der politischen Agenden und der öffentlichen Diskussion rücken.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, einen kritischen Blick auf die Digitalisierung zu ermöglichen. Im Rahmen einer Literaturrecherche wird daher der zentralen Frage nachgegangen, mit welchen sozial-ökologischen Gefahren die Digitalisierung einhergeht und wie diese reduziert werden können.
Bevor explizit auf diese Frage Bezug genommen wird, soll Kapitel 2 zu einem Überblick über die Digitalisierung und deren derzeitige positive Wahrnehmung verhelfen. Dafür werden zunächst die Entwicklung und der derzeitige Stand skizziert. Um die Digitalisierung in einen sozial-ökologischen Kontext zu bringen, werden die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals; SDGs) der Vereinten Nationen aufgegriffen, die eine Vielzahl sozialer und ökologischer Themen vereinen.7 Als Grundlage für die in Kapitel drei folgende Analyse soll vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsbegriffs aufgezeigt werden, inwiefern die Digitalisierung einen konkreten Bestandteil dieser Ziele ausmacht und welche Rolle ihr darin zukommt. Anschließend werden die in der Gesellschaft verbreiteten sozial-ökologischen Erwartungen an die Digitalisierung vorgestellt.
Aufbauend auf einem grundlegenden Verständnis der Digitalisierung und ihrer gegenwärtigen Rolle in der Nachhaltigkeitsagenda werden im dritten Kapitel ihre sozial-ökologischen Problemfelder betrachtet. Eine vollumfassende Untersuchung würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten. Mittels des Fokus auf drei aufeinander aufbauenden Bereichen soll deshalb die Bandbreite der kritischen Themen aufgezeigt werden. Der erste Themenbereich umfasst die Herausforderungen der materiellen Basis der Digitalisierung. Neben den Herstellungsschritten wird auch das Ende der Lebensdauer digitaler Endgeräte und Komponenten betrachtet. Exemplarisch stehen Metalle im Vordergrund, da sie durch ihre hohe Relevanz für die Digitalisierung sowie ihre Verbindung zu zahlreichen sozial-ökologischen Konflikten hervorstechen.8 Der nachfolgende, zweite Themenbereich ist der digitalen Teilhabe gewidmet und beschäftigt sich mit dem Internetzugang und mit digitalen Kompetenzen. Die Nutzung setzt geeignete physische Endgeräte und einen Zugang zum Internet sowie die nötigen Kompetenzen voraus. Dies wird daher als dritter und letzter Themenbereich behandelt. Abgerundet wird das dritte Kapitel durch das erneute Aufgreifen der Nachhaltigkeitsziele vor dem Hintergrund der analysierten Problematiken.
Im Fokus der vorliegenden Analyse steht die EU. Um eine weitere Konkretisierung zu ermöglichen, wird der Blick innerhalb der Union insbesondere auf die Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Im Zuge globaler Lieferketten setzen sich die weitreichenden Folgen der materiellen Basis auch über die EU-Außengrenzen hinaus fort. Lokale Konsequenzen (vorrangig in Entwicklungsländern) sollen daher ebenfalls in dieser Arbeit berücksichtigt werden. Wann immer es möglich ist, werden jedoch in erster Linie die Auswirkungen auf Deutschland und Europa dargestellt.
Im Fokus des vierten Kapitels stehen darauf aufbauend die politischen Strategien und Ziele in Deutschland und Europa, die erkannten Problemfeldern entgegenwirken sollen. Darauffolgend werden Handlungslücken aufgezeigt und Handlungsempfehlungen formuliert.
Im fünften und letzten Kapitel werden die Ergebnisse komprimiert zusammengefasst, um ein abschließendes Fazit zu ziehen.
Aus Lesbarkeitsgründen wird in dieser Arbeit immer die maskuline Form verwendet. Dies inkludiert jedoch männliche, weibliche und diverse Individuen.
2 Digitalisierung im breiten Kontext
2.1 Entwicklung und aktueller Stand der Digitalisierung
Trotz der Aktualität der Thematik reicht die Historie der Digitalisierung weit zurück. Der Begriff ‚digital‘ geht auf das lateinische Wort ‚digitus‘9 zurück, das ‚Finger‘ bedeutet. Der Bezug dieses Wortes zur Digitalisierung besteht darin, dass Informationen mit wenigen (an den Fingern abzählbaren) Ziffern dargestellt werden können. Aus technischer Sicht umfasst die Digitalisierung das Konvertieren analoger Informationen in digitale, computergesteuerte Formate. Digitale Daten werden im Binärsystem und demnach einzig durch die Ziffern 1 und 0 dargestellt.10 Hiermit können zum Beispiel Töne und Bilder in ein digitales Format überführt sowie Informationen digital gespeichert, verarbeitet und verfügbar gemacht werden.11
Als Meilenstein der Digitalisierung lässt sich die Entwicklung des ersten programmierbaren Digitalrechners Z3 durch Konrad Zuse 1941 nennen.12 1969, fast drei Jahrzehnte später, wurden erstmalig zwei Computer miteinander vernetzt, womit die Grundlage für die Entwicklung des Internets geschaffen wurde. Zunächst sollte damit nur das Teilen von Ergebnissen zwischen Forschern ermöglicht werden. Das World-Wide-Web (WWW), wie es heute bekannt ist, wurde hingegen erst 21 Jahre später entwickelt. Dieses erlaubt nicht nur das Verschicken von Informationen, sondern auch den Zugriff auf sie von allen vernetzten Computern aus. Bereits drei Jahre nach der ursprünglichen Idee war das WWW 1993 für jede Person mit adäquatem Endgerät zugänglich.13 Die Leistungsfähigkeit der Computer nahm unterdessen im Zeitverlauf zu, während die Preise stetig sanken. Allein im Vergleich der Jahre 1995 und 2005 stieg die Rechenleistung um über 6 000 Prozent. Zeitgleich fielen die Preise um über 50 Prozent. Die Partizipation an der Digitalisierung wurde somit einer zunehmenden Anzahl an Menschen und Unternehmen ermöglicht.14 Das Jahr 2002, in dem erstmalig die Mehrheit der Informationen digital und nicht analog gespeichert wurde, markiert den Beginn des digitalen Zeitalters.15
Das Internet und die Vernetzung von Geräten sowie Menschen sind aus der heutigen Digitalisierungsdebatte nicht wegzudenken. Die Digitalisierung wird daher nicht mehr ausschließlich über das digitale Format definiert, sondern vor allem über die Gewinnung und den Austausch von Informationen bzw. Daten. Damit entwickelte sich eine leistungsfähige Netzinfrastruktur zu ihrer Grundvoraussetzung. Der Überbegriff der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) umfasst jegliche Bestandteile, die Informationsbeschaffung und ‑verarbeitung sowie Kommunikation ermöglichen. Dazu zählen Endgeräte wie Computer und Smartphones ebenso wie Software und entsprechende Netzwerke bzw. Netzwerkkomponenten (insbesondere das Internet). Die Digitalisierung umfasst – im heutigen Kontext – eine Bandbreite an Bereichen und lässt sich nicht immer trennscharf abgrenzen. Im Rahmen dieser Arbeit werden darunter der zunehmende Einsatz von IKT und die damit einhergehende Vernetzung von Menschen sowie Produkten verstanden.16
In der gegenwärtigen Digitalisierungsdebatte sind die Industrie 4.0 und das Internet der Dinge (IdD) omnipräsent. Daher sollen sie auch in dieser Arbeit aufgegriffen werden. Mit der Bezeichnung 4.0 wird Bezug auf eine vierte industrielle Revolution genommen. Während sich die erste industrielle Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts durch den Wandel von der Agrarwirtschaft zur Industrie vollzog, bestand die zweite industrielle Revolution Ende des 19. Jahrhunderts aus dem zunehmenden Einsatz elektrischer Energie und dem Beginn der Fließbandfertigung. Die dritte industrielle Revolution Ende der 1960er Jahre, die auch als digitale Revolution bekannt ist, kann durch den Einsatz von IKT und der damit einhergehenden Automatisierung charakterisiert werden. Die derzeitige Entwicklung zur Echtzeitvernetzung und -steuerung von Produktion, Logistik und weiteren Prozessen wird häufig als vierte industrielle Revolution bezeichnet und prägt die Industrie 4.0.17 Realisierbar ist dieser Wandel aufgrund der Ausstattung von Betriebsmitteln wie Maschinen, Werkzeugen, Fuhrparks oder anderen Apparaturen mit entsprechender Software und elektronischen Bestandteilen wie Sensoren. Wenn es diesen Geräten zudem möglich ist, sich zu vernetzen, entstehen cyber-physische Systeme (CPS). Die Kommunikation und die Koordination der Objekte untereinander sowie mit Netzen weltweit wird auch als Internet der Dinge bezeichnet.18 Es ist jedoch umstritten, ob es sich beim aktuellen Umbruch tatsächlich um die vierte industrielle Revolution handelt, da sich die technologischen Hintergründe seit der dritten industriellen Revolution nicht grundlegend verändert haben.19
Im Mittelpunkt des IdD steht die effiziente Nutzung erhobener Daten (siehe Abbildung 1). Auf Unternehmensebene können mit Sensoren versehene Betriebsmittel beispielsweise Messwerte zur Temperatur oder zum Zustand einer Maschine erheben. Je nach Zweck werden diese daraufhin analysiert und ermöglichen das Ableiten von Implikationen für die Steuerung der Unternehmensaktivitäten. Durch die autonome Kommunikation von Maschinen können beispielsweise ein Bestellvorgang oder eine Wartung veranlasst werden.20
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Einsatz vom IdD im Unternehmen
Quelle: Deloitte Consulting LLP (2018), eigene Übersetzung.
Über die Unternehmensebene hinaus haben sich digitale Endgeräte und das IdD auch im Alltag der Haushalte etabliert. In den Privathaushalten ist mittlerweile eine hohe Anzahl an Geräten untereinander sowie mit dem Internet vernetzt. Im Jahr 2016 befanden sich im Durchschnitt zehn entsprechende Geräte in jedem deutschen Haushalt.21
2.2 Digitalisierung in der Nachhaltigkeitsdebatte
Um die sozial-ökologischen Herausforderungen der Digitalisierung zu analysieren, muss zunächst die Interdependenz zwischen den Bereichen Soziales, Ökonomie und Ökologie aufgezeigt sowie die Digitalisierung in den entsprechenden Kontext gebracht werden. Die Wechselbeziehungen der drei Bereiche werden auch unter dem Nachhaltigkeitsbegriff vereint.22 Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung definiert den Begriff der Nachhaltigkeit als das Bestreben, „ die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden “23.
Spätestens seit dem 1972 durch den Club of Rome veröffentlichten Bericht Grenzen des Wachstums gewann das Thema der planetaren Limitationen im Zusammenhang mit einem dauerhaft angestrebten Wirtschaftswachstum an internationaler Aufmerksamkeit. Wenngleich zunächst ökologische Aspekte im Vordergrund standen, werden heutzutage soziale, ökologische und ökonomische Ziele häufig in Form eines Dreiecks dargestellt. Dies soll die Interdependenz dieser Bereiche untereinander aufzeigen.24 Zu den sozialen Faktoren zählt unter anderem die Lebensqualität und damit neben dem Gesundheitszustand auch die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit sowie sozialer Ungleichheit.25 Die ökonomischen Aspekte beinhalten langfristige Wettbewerbsfähigkeit sowie Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, während die ökologischen Aspekte vorrangig auf den Schutz der Biosphäre ausgerichtet sind.26
In der Theorie sollen die drei Bereiche als gleichrangig angesehen und optimalerweise kollektiv erfüllt werden. Die drei genannten Aspekte sind auch als magisches Dreieck bekannt. Diese Bezeichnung wurde vom magischen Viereck des Stabilitäts- und Wachstumspaktes 27 abgeleitet. In beiden Fällen soll auf Zielkonflikte und Schwierigkeiten hingewiesen werden, alle Bestreben gleichzeitig zu verwirklichen.28 Durch diese Wechselwirkung entfalten soziale und ökologische Faktoren weitreichende Auswirkungen auf ökonomische Aspekte und umgekehrt. Diese Zusammenhänge können am Beispiel des Klimawandels aufgezeigt werden. CO2 belastet zunächst die Umwelt. Gleichzeitig entstehen der deutschen Wirtschaft aus der daraus resultierenden Klimaerwärmung bis 2050 voraussichtlich Kosten in Höhe von 800 Milliarden Euro.29 Vor dem Hintergrund dieser Interdependenz soll im Zuge der Analyse erarbeitet werden, welche Kostenarten aus den sozial-ökologischen Herausforderungen der Digitalisierung resultieren können.
Die Vereinten Nationen hielten 2015 im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung ihre Vision einer nachhaltigen sozialen, ökologischen und ökonomischen Entwicklung fest. In ihrer Resolution wurden 17 übergeordnete Nachhaltigkeitsziele mit insgesamt 169 Unterzielen aufgestellt, die bis 2030 erreicht werden sollen (siehe Abbildung 2). Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Kommission bekennen sich ausdrücklich zu diesem Bestreben.30
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030
Quelle: Die Bundesregierung (o.J.b).
In der einleitenden Erklärung der Resolution wird betont, dass die Digitalisierung mit großen Chancen einhergeht.31 In den 17 SDGs selbst wird die Digitalisierung hingegen nur in wenigen Zielen direkt erwähnt. Lediglich in den Zielen 4b (Stipendien für IKT-Studiengänge in Entwicklungsländern), 5b (Nutzung von IKT für mehr Emanzipation von Frauen), 9c (Zugang zu IKT, insbesondere zum Internet, verbessern) und 17.8 (Aufbau und Nutzung von IKT für Wissenschaft, Technologie und Innovation) wird explizit auf sie verwiesen.32
Gegenwärtig wird die Digitalisierung demnach vorrangig als Weichenstellung für die Erreichung der Ziele angesehen. Die Auswirkungen der Digitalisierung könnten jedoch zur Gefahr für viele der SDGs werden. Auch der Wirtschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) bemängelte das unzureichende Aufgreifen der Digitalisierung in den SDGs. Er rief dazu auf, dass „ die Nachhaltigkeitsagenda im Kontext des digitalen Wandels neu und langfristig gedacht sowie weiterentwickelt werden “33 muss. In Kapitel 3.4 wird daher der fehlende Bezug der negativen Auswirkungen der Digitalisierung zur Nachhaltigkeitsagenda und somit zu den SDGs herausgearbeitet.34
2.3 Sozial-ökologische Erwartungen an die Digitalisierung
Die vorliegende Arbeit befasst sich primär mit den Problemfeldern der Digitalisierung. Der öffentlichen Wahrnehmung zufolge überwiegen hingegen ihre sozial-ökologischen Chancen deutlich. Dies zeigt eine Umfrage der Deutschen Bundesstiftung Umwelt vom April 2020: 57 Prozent der Befragten aus Deutschland betrachten die Digitalisierung als Chance für die Gesellschaft. Lediglich sechs Prozent sehen vorrangig Gefahren mit ihr verbunden. Auch im Hinblick auf die Umwelt erwarten 47 Prozent positive Auswirkungen, während nur neun Prozent die negativen Effekte als überwiegend bewerten. Die globale Pandemie scheint diese Einschätzung zu verstärken, was in einem starken Anstieg der positiven Erwartungen von März zu April deutlich wird (siehe Anhang 1 und 2).35 Ein optimistisches Stimmungsbild bezüglich des digitalen Wandels lässt sich auch auf gesamteuropäischer Ebene ausmachen, da 64 Prozent der EU-Bürger einen vorteilhaften Effekt der Digitalisierung für die Gesellschaft sehen.36 Bevor in Kapitel 3 detailliert auf Herausforderungen in diesem Kontext eingegangen wird, sollen daher zunächst jene sozial-ökologischen Erwartungen an die Digitalisierung vorgestellt werden, die im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehen. Während in verschiedenen Feldern Potenziale für Umwelt und Gesellschaft bestehen, werden einige positive Auswirkungen in Kapitel 3 relativiert, da sie in ihrer Gesamtheit und nicht isoliert betrachtet werden.
Die Digitalisierung wird häufig mit dem Begriff der Dematerialisierung in Verbindung gebracht. Dies bedeutet, dass die benötigte materielle Basis von Produkten im Zuge der Digitalisierung verringert wird, da physische Objekte ganz oder teilweise durch immaterielle Produkte ersetzt werden. Dies geht mit der Hoffnung einher, dass der Rohstoffverbrauch abnimmt.37 In der Vergangenheit konnten beispielsweise physische DVDs durch Streaming ersetzt werden, d. h. durch das Ansehen oder Anhören von Musik, Videos oder wie in diesem Fall Filmen in Echtzeit. Die Medien werden hierbei nicht heruntergeladen und anders als bei einer DVD gibt es kein physisches Produkt.38 Als weiteres Beispiel für Dematerialisierung lässt sich die digitale Währung Bitcoin nennen, die losgelöst von substanziellen Scheinen und Münzen besteht.39
Neben der teilweisen oder vollständigen Entkopplung von materiellen Objekten besteht im Zusammenhang mit der Digitalisierung die Hoffnung auf eine grundsätzlich effizientere Verwendung von Ressourcen (wie Rohstoffen und Energie). Effizienz bezieht sich dabei auf die Beziehung zwischen Einsatz und Nutzen.40 Von einer Ressourceneffizienzsteigerung ist die Rede, wenn weniger Ressourcen eingesetzt werden müssen als zuvor, um mindestens dieselbe Wertschöpfung oder denselben Vorteil zu erreichen.41 Die Verwendung des bereits vorgestellten IdD könnte beispielsweise im Rahmen von Analysen den Produktionsprozess verbessern und den Ausschuss reduzieren. Der Rohstoffverschwendung würde damit entgegengewirkt und die Ressourceneffizienz gesteigert werden.42
Vom dargelegten Potenzial könnten auch Privatpersonen profitieren. Hier wird ein hoher Vernetzungsgrad der Endgeräte unter dem Begriff Smart Home zusammengefasst. Energieverschwendung soll beispielsweise entgegengewirkt werden, indem Haushaltsgeräte bedürfnisorientiert gesteuert werden. Dies beinhaltet etwa, dass die Heizung beim Verlassen des Hauses automatisch aus- und erst kurz vor der Rückkehr wieder eingeschaltet wird. Somit besteht das Potenzial, den Energieverbrauch zu senken.43 Auf ähnlichen Technologien beruht das Konzept der Smart Cities, das die Idee der Datensammlung und der Vernetzung zahlreicher Objekte auf eine gesamte Stadt ausweitet. Zu den Zielen von Smart Cities zählen eine effizientere Gestaltung des Verkehrs, der Infrastruktur sowie der Energienutzung und damit nicht zuletzt auch die Ressourcenschonung. Für eine intelligente Regulierung sprechen des Weiteren ökonomische Faktoren. Im Fall von Barcelona konnten durch eine intelligente Steuerung des Wasser-, Licht- und Parkmanagements Kosten in Höhe von 75 Millionen Euro eingespart werden.44
Die Digitalisierung dient zudem als Wegbereiter für neue Wirtschaftsformen und Unternehmensmodelle, die auf Ressourcenschonung beruhen. So hat sich erst durch sie die Sharing Economy etabliert. Dabei handelt es sich um das gesellschaftsweite Teilen von Ressourcen, auch zwischen Unbekannten. Dazu zählen beispielsweise Car-Sharing- oder Bike-Sharing-Angebote. Durch Plattformen und Anwendungen, die durch die Digitalisierung entstanden sind, können Anbieter und Verbraucher zusammengeführt werden.45 Zumindest unter isolierter Betrachtung der Sharing-Angebote und unter der Annahme, dass es tatsächlich zu einem Ersatz des Kaufes kommt, kann eine gemeinsame Nutzung von Objekten als positiv bewertet werden und zu einer Entlastung der Umwelt führen.46
Mit dem Internet geht überdies die Hoffnung einher, Ungleichheiten abzubauen. Denn Bildung und medizinische Beratung können über das Internet flächendeckend und ohne besonderen Aufwand von allen vernetzten Endgeräten europaweit (sowie größtenteils auch weltweit) zugänglich gemacht werden. Bürger und Unternehmen, die entsprechend vernetzt sind, können sich somit leichter selbstständig Wissen aneignen und von diesem profitieren als vor der Verbreitung des Internets.47
3 Sozial-ökologische Problemfelder der Digitalisierung
3.1 Materielle Basis der Digitalisierung
3.1.1 Rohstoffe
Wie bereits in Kapitel 2.2 erwähnt wurde, ist der digitale Wandel nicht nur Teil der Lösung, sondern auch Teil des sozial-ökologischen Problems. Diese Schattenseite der Digitalisierung umfasst vor allem die oft vernachlässigte materielle Basis. Für digitale Endgeräte wird ein Vielfaches des Eigengewichts an Rohstoffen benötigt. Je nach Produkt beläuft sich dies auf das 50- bis 10 000-Fache.48 Der ökologische Rucksack eines Smartphones – der die Gesamtmenge der Rohstoffe darstellt, die über die gesamte Lebensdauer direkt oder indirekt benötigt werden – wiegt 75 Kilogramm.49
In nahezu allen Endgeräten wie Smartphones oder Computern sind große Mengen an Metallen verbaut. Allein in einem Smartphone lassen sich rund 30 verschiedene Arten wiederfinden. Aufgrund dieser hohen Relevanz stehen Metalle im Zentrum der nachfolgenden Analyse des Rohstoffbedarfs für den digitalen Wandel.50 Eine Studie im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur untersuchte vielversprechende Zukunftstechnologien (siehe Anhang 3) und prognostizierte ihren voraussichtlichen Metallbedarf im Jahr 2035. Viele dieser Technologien stehen im Zusammenhang mit der Digitalisierung oder beruhen auf ihr. Kupfer kommt in absoluten Zahlen der höchste Stellenwert zu. Es bildet die Basis nahezu aller digitalen Endgeräte. Ein Mobiltelefon enthält rund 15 Prozent Kupfer. Bei Lithium beläuft sich der prognostizierte Bedarf allein für diese Zukunftstechnologien auf das knapp Vierfache und bei schweren Seltenen Erden auf mehr als das Dreifache der gesamten produzierten Metallmenge von 2013. Lithium kommt vor allem für wieder-aufladbare Akkus und damit unter anderem auch in Smartphones und Laptops zum Einsatz.51 Seltene Erden umfassen 17 Metalle und werden vielseitig eingesetzt. In Mobiltelefonen sind sie unter anderem für Lautsprecher sowie Mikrofone relevant.52 Die Gewinnung dieser Rohstoffe geht jedoch mit Problematiken für Mensch und Umwelt einher, die im Weiteren am Beispiel der bereits erwähnten Metalle und der sogenannten Konfliktmineralien erläutert werden sollen.53
Im Zuge der Lithiumgewinnung kommt es zu einem erheblichen Wasserverbrauch von rund zwei Millionen Litern pro Tonne des Metalls. Dies führt dazu, dass Flüsse austrocknen und Süßwasservorräte sinken.54 Eine ähnliche Problematik tritt auch beim Kupferabbau auf. Denn allein für die nach Deutschland importierte Menge an Kupfer fällt ein jährlicher Wasserverbrauch von 115,4 Millionen Kubikmetern an.55 Ausgehend von einer empfohlenen Trinkmenge von etwa zwei Litern pro Tag56 könnte mit einer solchen Wassermenge die gesamte deutsche Bevölkerung fast zwei Jahre lang mit Trinkwasser versorgt werden.57 Beim Abbauprozess von Kupfer bleibt zudem Schwefelsäure in Form von Schlamm zurück. Diese Abfälle werden in Becken gesammelt und durch Dämme gesichert. Eine Kontaminierung des Grundwassers durch Unfälle oder Naturkatastrophen wird damit zur realen Gefahr. Bei einem Dammbruch 2014 in Sonora, Mexiko liefen 40 000 Kubikmeter dieses Schlamms in den Fluss und vergifteten das Wasser. Dies verhinderte den Zugriff auf sauberes Wasser für rund 20 000 Menschen. Der Gesellschaft entstehen dadurch hohe Kosten für die Wasserreinigung oder die Erschließung neuer Quellen.58 Durch Wasserverknappung und ‑kontaminierung geprägte Gegenden sind häufig nicht mehr für den Anbau von Lebensmitteln geeignet, wodurch die im Umkreis angesiedelten Landwirte ihre Einkommensquelle verlieren.59
In der Umgebung eines Kupfertagebaus im Süden von Peru konnte eine staatliche Untersuchung erhöhte Schwermetallwerte in Urin- und Blutproben der Bevölkerung feststellen.60 Der Abbau von Seltenen Erden geht ferner mit dem Austritt radioaktiver Stoffe einher.61 Dies kann zu schweren Krankheiten bei der umliegenden Bevölkerung und bei den Minenarbeitern führen. Einer Einschätzung der Internationalen Arbeitsorganisation entsprechend stellt der Bergbau die gefährlichste Arbeit dar.62 Die deshalb eintretenden krankheitsbedingten Ausfälle der Arbeitskräfte reduzieren das Humankapital des Landes. Negative Auswirkungen des Abbaus auf die Gesundheit der Bevölkerung führen zudem zu einer höheren Auslastung des Gesundheitswesens. Entwicklungsländer kämpfen bereits seit Jahren mit einer Überlastung ihrer Gesundheitssysteme.63 Die Auswirkungen dieser Überlastung wurden auch im Rahmen der COVID-19-Pandemie deutlich. Denn insbesondere in Entwicklungsländern fehlt es an Kapazitäten, um auf entsprechende Gesundheitskrisen adäquat zu reagieren.64
Problematisch ist auch, dass global betrachtet eine Million Kinder in Minen arbeiten,65 wodurch ihnen die Chance auf Bildung entgeht. Zugleich stehen betroffenen Ländern weniger qualifizierte Arbeitskräfte zu Verfügung, die jedoch für eine erfolgreiche soziale und wirtschaftliche Entwicklung zwingend benötigt werden.66
Zu den für die Digitalisierung benötigten Metallen zählen auch einige kritische Metalle. Dies umfasst laut der EU jene Stoffe, die eine besondere Bedeutung für die europäische Wirtschaft aufweisen und für die zugleich ein Versorgungsrisiko besteht (siehe Anhang 4). Hierzu zählen auch die bereits erwähnten Seltenen Erden.67 Am Beispiel letzterer kann aufgezeigt werden, wie hoch die Importabhängigkeit Deutschlands und Europas im Hinblick auf die Digitalisierung ausfällt. Knapp 63 Prozent der Seltenen Erden werden in China abgebaut. Im Zuge des Handelsstreits mit den USA drohte China 2019 die Exporte Seltener Erden zu verknappen. Die Europäische Kommission gibt an, dass die EU zu 100 Prozent auf entsprechende Importe angewiesen ist. Ihr Mangel würde sich daher auch in Europa durch steigende Preise oder fehlende Rohstoffe, Vorprodukte und Produkte widerspiegeln.68 Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde deutlich, dass Lieferengpässe mit Produktionsstopps und Kurzarbeit einhergehen können. Die hohe Abhängigkeit von kritischen Metallen bei gleichzeitigem Versorgungsrisiko stellt daher eine Gefahr für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Sicherheit von Arbeitsplätzen dar. Sie bildet somit nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine soziale Herausforderung.69
Soziale Herausforderungen ergeben sich ebenfalls durch sogenannte Konfliktmaterialien. Unter diese Kategorie fallen auf EU-Ebene die Metalle Tantal, Zinn, Wolfram und Gold, deren Besorgung häufig in Verbindung mit der Finanzierung gewaltsamer Konflikte steht. Insbesondere Gold und Tantal weisen allerdings eine hohe Relevanz für die Digitalisierung auf, da Gold über eine gute Leitfähigkeit verfügt und daher beispielsweise für SIM-Karten und Kontaktflächen verwendet wird, die stark strapaziert werden. Aus dem IKT-Sektor geht auch eine Nachfrage nach Tantal hervor. Dieses Material ist als Bestandteil von Kondensatoren für die Umwandlung und das Speichern von Energie relevant. In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) werden alle vier genannten Konfliktmaterialien abgebaut. Rebellengruppen haben dort in den seit Jahrzehnten andauernden Konflikten zwischen verschiedenen Gruppierungen die Kontrolle über viele Minen übernommen. Durch mehrere hundert Millionen US-Dollar an Verkaufserlösen jedes Jahr können sie ihre Macht weiter stärken und Waffen finanzieren. Dies geht mit Folter, Vergewaltigung und Zwangsarbeit einher und führt zu enormen Flüchtlingsströmen.70 Alleine 2019 wurden weltweit 49 500 Asylanträge von Staatsangehörigen der DR Kongo gestellt. Insgesamt befindet sich die Region somit auf Platz sechs der Länder, aus denen 2010 bis 2019 die meisten Asylanträge hervorgingen.71 Mit einer Zunahme der Flüchtlingsströme sind auch für Europa und Deutschland reale Kosten verbunden. Dies zeigt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), in der die Kosten für die Unterbringung und für eine Asylantragsprüfung in im ersten Jahr auf 10 000 Euro geschätzt werden.72 Deutschland befindet sich auf Platz eins der Länder mit den meisten Asylanträgen in den letzten zehn Jahren.73 Allein im Jahr 2018 entstanden in der Bundesrepublik Kosten in Höhe von 15 Milliarden Euro für Asylverfahren, Unterbringung, Sozial- und Integrationsleistungen sowie Entlastungen der Länder und Kommunen. Bei einem Anhalten oder einer Zunahme der Konflikte im Kongo kann daher auch in Deutschland und Europa mit weiteren Asylanträgen und damit verbundenen Ausgaben gerechnet werden.74
3.1.2 Produktion
Nach dem Rohstoffabbau durchlaufen Metalle und sonstige Rohstoffe zunächst lange Lieferketten, bis sie für den Konsumenten als Endprodukte bereitstehen. Ein hoher CO2-Ausstoß und damit zusammenhängende Umweltkosten entstehen nicht nur im Rahmen der Transportwege, sondern auch bei der Fertigung.75 Knapp 45 Prozent des gesamten Energiebedarfs der IKT sind der Erstellung von Endgeräten und sonstiger Hardware geschuldet.76 Das Unternehmen Apple, das Büros, Datenzentren und Läden auf grünen Strom umgestellt hat, verursachte 2016 trotz dieser innovativen Vorgehensweise einen CO2-Ausstoß von 29,5 Millionen Tonnen, wovon zwei Drittel mit der Produktion zusammenhingen.77
Der Großteil der Elektronikkomponenten und -produkte, die in Europa genutzt werden, stammt aus Asien, insbesondere aus China. Denn in China finden 51 Prozent der globalen Elektronikproduktion statt.78 Von den gesamten CO2-Emissionen des Landes soll knapp ein Drittel auf Exporte zurückzuführen sein. Europäische Staaten können die Emissionen innerhalb des eigenen Landes durch Produktionsauslagerungen zwar senken, allerdings wird die Produktion aus Kostengründen häufig in Staaten mit geringeren Umweltstandards, beispielsweise China, verlagert. Dies führt zu einem weltweiten Anstieg der Emissionen.79 Aufgrund der Tatsache, dass exakte Umwelt- sowie Sozialkosten schwer zu ermitteln sind und nicht dem Verursacher, sondern häufig der gesamten Gesellschaft zu Lasten fallen, fehlt es an Anreizen für Unternehmen und Konsumenten, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.80
Die daraus resultierenden Umweltkosten beschränken sich nicht nur auf die Produktionsländer. Von steigenden CO2- sowie sonstigen Schadstoffemissionen und der daraus resultierenden Klimaerwärmung ist auch die EU betroffen (siehe Anhang 5). Die Konsequenzen für die EU umfassen unter anderem einen Anstieg extremer Wetterereignisse wie Hitzewellen, die Gesundheitsschäden oder gar Todesfälle zur Folge haben können. Auch eine Zunahme von Hochwasser und Stürmen wird zur Gefahr. Die wirtschaftlichen Kosten von Überflutungen betrugen in der EU im Zeitraum von 1980 bis 2017 insgesamt 166 Milliarden Euro. Bei einer Zunahme der extremen Wetterverhältnisse dürfte diese Summe in den kommenden Jahren allerdings deutlich steigen. Während der CO2-Ausstoß zunächst als Umweltproblem gesehen wird, hat er auch soziale und nicht zuletzt ökonomische Auswirkungen.81 Vor allem im Süden Europas ist mit negativen Folgen für eine Vielzahl von Wirtschaftssektoren zu rechnen, unter anderem aufgrund von Trockenperioden, Verknappung der Wassermenge und Waldbränden.82
Die Auslagerung der Produktion in Länder mit niedrigen Löhnen sowie Arbeits- und Gesundheitsstandards führt zudem zu lokalen Implikationen. Selbst bei üblichen Arbeitspensa von 60 bis 80 Stunden pro Woche ist es Arbeitern kaum möglich, ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Gleichzeitig kommen sie in der Fabrikation von Smartphones und anderen Endgeräten häufig mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien in Kontakt. Eine daraus resultierende Erkrankung von Mitarbeitern und eine Überlastung des Gesundheitssystems, wie bereits in Kapitel 3.1.1 erläutert, lassen sich daher auch in der Produktion wiederfinden.83
3.1.3 Außerbetriebnahme und Entsorgung
Nicht nur die Rohstoffgewinnung und -verarbeitung, sondern auch die Entsorgung der digitalen Komponenten und Endgeräte belastet die Gesellschaft und die Umwelt. Produkte wie Laptops und Smartphones mit besonders kurzer Lebensdauer tragen erheblich zum wachsenden Elektroschrottaufkommen bei.84 Smartphones werden im Durchschnitt nur 1,5 Jahre lang genutzt, bevor sie ersetzt werden.85
Eine Ursache für diese kurze Lebensdauer könnte die geplante Obsoleszenz darstellen. Während sich der Begriff der Obsoleszenz auf das Veralten oder die Abnutzung eines Produktes bezieht, handelt es sich bei geplanter Obsoleszenz um eine durch den Hersteller vorsätzlich verkürzte Lebensdauer von Gütern, die Konsumenten zum Kauf neuer Produkte bewegen soll. Es lassen sich drei Obsoleszenz-Strategien unterscheiden. Erstens können kurze Innovationszyklen dazu führen, dass Vorgängerversionen veralten, da diese nicht mit den neusten Funktionen ausgestattet sind. Zweitens können die Austauschbarkeit einzelner Teile und die Reparierbarkeit durch das Produktdesign erschwert werden. So ist es beispielsweise nur unter größerem zeitlichen und ökonomischen Aufwand möglich, den Akku oder das Display eines modernen Smartphones zu wechseln.86 Dies kann sich in ausbleibenden Reparaturen widerspiegeln. Eine Studie belegt, dass nur bei einem von fünf Mobiltelefonen ein Reparaturversuch vor dem Austausch unternommen wurde.87 Als dritte Strategie kann ein Hersteller die Lebensdauer auch durch die Software beeinflussen, indem beispielsweise Software-Updates für ältere Geräte nicht mehr zur Verfügung stehen oder diese somit verlangsamt werden. Geplante Obsoleszenz ist schwierig nachzuweisen und ihre Existenz wird zumindest von den Herstellern bestritten. Das Unternehmen Apple räumte 2017 zwar ein, dass ein Softwareupdate alte Geräte nachweislich verlangsamt, rechtfertigte die Maßnahme jedoch mit dem Schutz alter Akkus vor Überlastung.88
Aus rein ökonomischer Sicht (für das Unternehmen, aber auch gesamtwirtschaftlich betrachtet) kann eine Erhöhung des Konsums als wünschenswert angesehen werden. So besteht das Gesamteinkommen einer Volkswirtschaft, also das Bruttoinlandsprodukt (Y), aus Konsum (C), Investitionen (I), Staatsausgaben (G) und Exporten (EX) abzüglich der Importe (Im), wie die nachfolgende Formel zeigt89:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Zunahme des Konsums geht demnach mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einher.90 Der dadurch steigende Rohstoffverbrauch (und damit die in Kapitel 3.1.1 und 3.1.2 erläuterten Problematiken) sowie die wachsende Menge an Elektroschrott dürfen dabei nicht unberücksichtigt bleiben und führen zu Zweifeln an der Nachhaltigkeit dieses Wachstums.91
Elektroschrott stellt in der EU eine der am schnellsten zunehmenden Müllarten dar. Waren es im Jahr 2005 noch neun Millionen Tonnen, so wurden für das Jahr 2020 bereits zwölf Millionen Tonnen anfallender Elektroschrott prognostiziert.92 EU-weit belief sich die Sammelquote 2017 auf nur 46 Prozent. Diese beschreibt das Verhältnis zwischen dem Gewicht des gesammelten Elektroschrotts und dem Durchschnittsgewicht der in den letzten drei Jahren jährlich auf den Markt gebrachten Elektrogeräte.93 Der Verbleib der restlichen Geräte ist äußerst schwer zu bestimmen. Am Beispiel Deutschlands lässt sich jedoch zeigen, dass ein Teil der Elektronik gänzlich dem Kreislauf entzogen wird. So befinden sich laut Deutscher Umwelthilfe auf nationaler Ebene rund 124 Millionen alte Smartphones ungenutzt in Haushalten. Bei 30 Milligramm Gold pro Smartphone94 entspricht dies allein in Bezug auf Gold einem Gewicht von 3 720 Kilogramm.95
Eine Studie von 2012 kam zum Ergebnis, dass illegaler Handel und unsachgemäße Entsorgung innerhalb der EU sowie illegale Exporte in Nicht-EU-Länder zu den Hauptursachen für die geringe Sammelquote zählen.96 Insbesondere in IKT-Geräten ist, wie in Kapitel 3.1.1 dargestellt wurde, eine Vielzahl wertvoller Metalle verbaut. Die International Criminal Police Organization (Interpol) schätzt den Wert einer Tonne Elektroschrott auf rund 500 US-Dollar. Der Wirtschaft gehen somit wertvolle Rohstoffe und damit auch die Chance verloren, die Abhängigkeit von Metallimporten durch die vermehrte Nutzung von Sekundärrohstoffen zu senken. Zudem verhindert dies die Entstehung weiterer Arbeitsplätze im Abfallmanagement.97 Im Zuge der Rückgewinnung der Metalle werden bis zu 80 Prozent weniger Emissionen ausgestoßen als beim Metallabbau. Daher stellt die geringe Sammelquote auch aus Umweltgesichtspunkten ein Problem dar.98
Nicht nur das ungenutzte Potenzial, sondern auch die Entsorgung selbst verursacht verheerende Folgen für die Gesellschaft, insbesondere bei Elektroschrottexporten in Entwicklungsländer. In Europa bestehen aufgrund der teilweise enthaltenen giftigen Stoffe strenge Regulierungen hinsichtlich des ordnungsgemäßen Umgangs mit Elektroschrott – im Gegensatz dazu existieren in Entwicklungsländern weniger strenge oder keine Auflagen.99 Zwar wurde im Basler Übereinkommen 1989 festgelegt, dass Elektroschrott nur in Länder mit entsprechender Recycling-Infrastruktur exportiert werden darf,100 dennoch kommt es weiterhin zu illegalen Exporten in Entwicklungsländer. Elektronikschrott wird oftmals fälschlicherweise als Spende deklariert und nach Afrika oder Asien verschifft. Ghana und Nigeria zählen zu den Hauptempfängern.101 Eine Untersuchung des Basel Action Networks im Jahr 2018 kam zum Ergebnis, dass schätzungsweise 352 474 Tonnen des EU-Elektroschrotts jährlich illegal in Entwicklungsländern landen.102 Ghanas 1 600 Hektar große Elektroschrottmüllhalde Agbogbloshie verdeutlicht die sozial-ökologischen Auswirkungen, denn dieser Ort zählt zu den zehn am meisten kontaminierten Gebieten der Welt. Da keine entsprechenden Maßnahmen getroffen werden, gelangen giftige Stoffe hier ungehindert in Luft und Boden.103 Unter Einsatz toxischer Stoffe wie Cyanid und Quecksilber wird ohne Schutzausrüstung versucht, die wertvollen Metalle aus den Elektroprodukten wiederzugewinnen. Dies ist zum einen höchst ineffizient, da nur ein geringer Anteil der Metalle zurückgewonnen wird. Zum anderen stellen die giftigen Stoffe eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar.104
Insbesondere kleine Elektronikgeräte werden in der EU vermehrt im Hausmüll entsorgt. Auch dies verhindert die ordnungsgemäße Behandlung des Elektroschrotts. Für die gesamte EU wird davon ausgegangen, dass knapp 600 000 Tausend Tonnen Elektroschrott pro Jahr fälschlicherweise im Hausmüll entsorgt werden.105 Dieses Gewicht ist vergleichbar mit 60 Eiffeltürmen.106 Besonders kritisch sind Elektrogeräte mit Lithium-Akku, da eine separate Entsorgung hier nicht nur für die Rohstoffrückgewinnung essenziell ist. Bei Beschädigung kann es zum Austreten giftiger Stoffe oder im schlimmsten Fall zu Explosionen oder Brand kommen. Eine finanzielle Belastung entsteht durch Beschädigungen nicht nur für Recyclingunternehmen, sondern auch gesellschaftsweit durch die damit einhergehende Umweltverschmutzung und mögliche Gesundheitsschäden.107
3.2 Partizipation an der Digitalisierung
3.2.1 Zugang zum Internet
Wie in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, steht heutzutage die Vernetzung im Vordergrund der Digitalisierung. Neben den physischen Endgeräten bildet der Zugang zum Internet daher eine Grundvoraussetzung für die digitale Teilhabe. Auf den ersten Blick scheint diese in der EU mit einer Festnetz-Breitbandabdeckung von 97 Prozent gewährleistet zu sein. Die Entwicklung im Zeitverlauf macht jedoch deutlich, dass diese Abdeckung in den letzten acht Jahren lediglich um zwei Prozentpunkte ausgebaut wurde. Hervorzuheben sind vor allem die Diskrepanzen zwischen ländlichen und städtischen Regionen, da zehn Prozent der auf dem Land angesiedelten EU-Haushalte über keinen Zugang zu Breitbandfestnetzen verfügen.108
Nicht nur die Abdeckung selbst, sondern auch die Übertragungsgeschwindigkeit spielt eine entscheidende Rolle für die Möglichkeit, digitale Angebote wahrzunehmen (siehe Anhang 6 für einen Vergleich der Übertragungsgeschwindigkeiten). Auf europäischer Ebene wird eine Übertragungsgeschwindigkeit von über 30 Mbit/s als schnelle Breitbandverbindung eingeordnet.109 Europaweit hatten 2019 zwar insgesamt 86 Prozent der Bürger Zugang zu entsprechenden Festnetzverbindungen, auf dem Land waren es jedoch nur rund 59 Prozent.110 Ein ungleicher Zugang zum digitalen Angebot auf regionaler, nationaler sowie internationaler Ebene wird als Digital Divide oder als Digitale Spaltung bezeichnet.111
Obwohl Deutschland im europäischen Vergleich hinsichtlich der Verfügbarkeit von schnellen Breitbandanschlüssen überdurchschnittlich gut abschneidet (siehe Anhang 7), lässt sich auch hier eine Heterogenität feststellen. Im Jahr 2019 verfügten, bezogen auf alle deutschen Haushalte, 92 Prozent über Zugang zu schnellen Breitbandanschlüssen. Der Prozentsatz auf dem Land lag allerdings trotz eines Anstiegs um neun Prozent im Vergleich zum vorherigen Jahr bei nur 75 Prozent.112 Die Landflucht, d. h. die Konzentration der Bevölkerung in Städten, wird dadurch verstärkt. So bezeichnet Alex Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, das Fehlen schnellen Internets als „Turbo für die Landflucht“ 113, da ländliche Gegenden für Unternehmen ohne den erforderlichen schnellen Internetzugang unattraktiv sind. Folglich bleiben Investitionen dort aus. Dies wiederum verhindert die Entstehung neuer Arbeitsplätze und führt dazu, dass eine steigende Anzahl an Menschen in die Stadt zieht. Dort steigen unterdessen die Mietpreise und es kommt zu Wohnungsknappheit. Durch die Abwanderung der arbeitenden Bevölkerung erfahren auf dem Land ansässige Betriebe zunehmend Schwierigkeiten, offene Stellen nachzubesetzen. Die sinkende Zahl potenzieller Kunden erschwert es den Unternehmen ferner, Produkte und Dienstleistungen abzusetzen. Unternehmen verlagern daher verstärkt ihren Standort in städtische Regionen, was das Arbeitsangebot auf dem Land weiter verkleinert und letztlich zu einer Abwärtsspirale führt.114 Laut Prognosen für Deutschland sollen 2050 etwa 84,3 Prozent der Bundesbürger in Städten leben.115 Zum Vergleich: 2018 waren es noch 77,3 Prozent.116
Durch den unterschiedlichen Zugang zum Internet entsteht auch ein Auseinanderfallen der digitalen Teilhabe zwischen den verschiedenen Einkommensklassen. So verfügten in Deutschland im Januar 2020 zwar 98 Prozent der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen ab 3 000 Euro über einen Internetzugang. Bei Haushalten mit bis 1 999 Euro lag der Anteil allerdings nur bei 66 Prozent.117 Bereits vor der COVID-19-Pandemie waren Kinder, die in Armut aufwuchsen, später häufiger selbst von Arbeitslosigkeit betroffen.118 Die zunehmende Bedeutung eines Zugangs zum Internet vergrößert diese Ungleichheit.119 Die weltweite COVID-19-Pandemie hat noch deutlicher als bisher gezeigt, dass ein Internetzugang entscheidend für eine erfolgreiche Teilnahme am Schul-, Studien- und Arbeitsalltag ist.120 So wird beispielsweise für die Nutzung von Videokonferenzen eine Mindestübertragungsübertragungsgeschwindigkeit vorausgesetzt.121 Zudem müssen entsprechende internetfähige Geräte im Haushalt vorhanden sein, was aus finanzieller Sicht nicht für alle Familien realisierbar ist. Am Beispiel der deutschen Haushalte wird deutlich, dass zwar etwa 28 Prozent der Zwölfjährigen und 41 Prozent der 14-Jährigen über einen eigenen PC verfügen. In Haushalten mit Hartz-IV-Bezug sind dies jedoch nur knapp 15 bzw. 27 Prozent.122
Die Umstellung auf Online-Unterricht oder Homeoffice ist aufgrund der unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen nicht für alle deutschen und europäischen Bürger hinreichend möglich.123 Kinder, die aufgrund der fehlenden Zugangsvoraussetzungen nicht vollständig am Bildungsangebot partizipieren können, erhalten nicht die Möglichkeit, ihr gesamtes Potenzial auszuschöpfen. Dies kann in einem geringeren Bildungsniveau resultieren, als es bei gleicher Partizipation der Fall gewesen wäre.124 Im Zuge einer Untersuchung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo-Institut) konnte ein direkter Zusammenhang zwischen Bildung und Wirtschaftswachstum aufgezeigt werden. Versäumte Bildungschancen spiegeln sich daher auch in Form von entgangenem BIP-Zuwachs als Kosten für die Gesellschaft wider.125
Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurden ferner Bewerbungsprozesse zu Videokonferenzen umgestaltet. Sollten diese Praktiken langfristig beibehalten werden, würde dies vor allem jenen den Weg aus der Arbeitslosigkeit erschweren, die nicht über internetfähige Endgeräte und gute Internetverbindungen verfügen.126 Arbeitslosigkeit, die entsteht, wenn bestehender Arbeit nicht nachgegangen werden kann oder die nicht abgebaut werden kann, weil es an technischen Voraussetzungen fehlt, stellt für die deutsche sowie für die europäische Gesellschaft eine Belastung dar. Neben den direkt anfallenden Aufwendungen, beispielsweise durch Unterstützungszahlungen, ergeben sich aus Arbeitslosigkeit auch indirekte Kosten für die Gesellschaft durch geringere Lohn- und Einkommenssteuereinnahmen sowie Sozialabgaben.127
Während eine fehlende Infrastruktur für die Gesellschaft folgenschwer sein kann, sollten die im Bereich des Netzausbaus entstehenden Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Die Verlegung der benötigten Netze verbraucht eine hohe Menge an Energie.128 Gegenwärtig wird auch der Ausbau der leistungsfähigen 5G-Mobilfunknetze vorangetrieben. Die daraus resultierende Strahlenbelastung kann nach derzeitigem Stand noch nicht abschließend eingeschätzt werden, da mit neuen Frequenzbereichen und Anlagen gearbeitet wird.129 Doch auch bereits vorhandene Frequenzen werden von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „möglicherweise krebserregend“ 130 eingestuft. Sollten sich negative Gesundheitsfolgen aus der Strahlenbelastung ergeben, werden diese Kosten über Krankenversicherungen und Steuerzahlungen letztlich von der gesamten Volkswirtschaft getragen.131
[...]
1 Schulze, S. (2019).
2 Vgl. Europäische Kommission (2019b), S. 8.
3 Vgl. Europäische Kommission (o.J.a).
4 Vgl. Europäische Kommission (2019e), S. 15; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020), S. 24f.
5 Vgl. Die Bundesregierung (2016).
6 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 23f.
7 Vgl. Vereinte Nationen (2015), S. 15.
8 Vgl. Höfner, A./Frick, V. (2019), S. 14f.
9 Hery-Moßmann, N. (2015).
10 Vgl. Hery-Moßmann, N. (2015); Raveling, J. (2020).
11 Vgl. Hans-Bredow-Institut (2006), S. 95.
12 Vgl. Deckert, R. (2019), S. 8.
13 Vgl. Zweites Deutsches Fernsehen (2019).
14 Vgl. Hradilak, K. P. (2007), S. 6.
15 Vgl. Friz, K. (2015).
16 Vgl. Die Bundesregierung (o.J.a); Eurostat (o.J.).
17 Vgl. Pistorius, J. (2020), S. 6.
18 Vgl. Mertens, P./Barbian, D./Baier, S. (2017), S. 46; Sassenrath, M. (2018).
19 Vgl. zu diesem Absatz Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 30.
20 Vgl. Deloitte Consulting LLP (2018).
21 Vgl. Bitdefender (2017), S. 3.
22 Vgl. Blazejczak, J./Edler, D. (2004), S. 12.
23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.J.b).
24 Vgl. A./Hauff, M. von (2005), S. 4–7.
25 Vgl. Blazejczak, J./Edler, D. (2004), S. 21.
26 Vgl. Blazejczak, J./Edler, D. (2004), S. 15–18.
27 „Die vier wirtschaftspolitischen Hauptziele nach dem Stabilitätsgesetz: Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsgrad, außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.“, Bundeszentrale für politische Bildung (2017b).
28 Vgl. A./Hauff, M. von (2005), S. 7.
29 Vgl. Venjakob, M./Mersmann, F. (2013); Vgl. A./Hauff, M. von (2005), S. 3.
30 Vgl. Europäische Kommission (o.J.c); Die Bundesregierung (o.J.b).
31 Vgl. Vereinte Nationen (2015), S. 6.
32 Vgl. Velden, M. van der (2018), S. 163.
33 WBGU (2019), S. 4.
34 Vgl. zu diesem Absatz WBGU (2019), S. 5.
35 Vgl. Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH (2020), 4–6.
36 Vgl. Europäische Kommission (2017a).
37 Vgl. Land, K.-H. (2018), S. 153f.
38 Vgl. BBC (2012).
39 Vgl. Groß, J./Sandner, P. (2020).
40 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (2016).
41 Vgl. Biedermann, H./Topic, M. (2020), S. 43.
42 Vgl. Schebek, L. (2019), S. 10.
43 Vgl. Bosch (o.J.).
44 Vgl. Ellsmoor, J. (2019).
45 Vgl. Köhler, H.-J. (2018).
46 Vgl. Baedeker, C. et al. (2018), S. 7.
47 Vgl. WBGU (2019), S. 5.
48 Vgl. Eisenriegler, S. (2020), S. 235.
49 Vgl. Höfner, A./Frick, V. (2019), S. 16.
50 Vgl. Informationszentrum Mobilfunk e. V. (2014), S. 1.
51 Vgl. Marscheider-Weidemann, F. et al. (2016), S. 14; Informationszentrum Mobilfunk e. V. (2014), S. 1f.
52 Vgl. Exner, A./Held, M./Kümmerer, K. (2016), S. 147; Informationszentrum Mobilfunk e. V. (2014), S. 1.
53 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 96f.
54 Vgl. Frankfurter Rundschau (2019).
55 Vgl. AK Rohstoffe (2019), S. 2.
56 Brombach, C. (2017).
57 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019).
58 Vgl. Christliche Initiative Romero (2019), 14f.
59 Vgl. AK Rohstoffe (2019), S. 3.
60 Vgl. AK Rohstoffe (2019), S. 3.
61 Vgl. Exner, A./Held, M./Kümmerer, K. (2016), S. 156.
62 Vgl. Reinwald, E.-M. (2019), S. 1f.
63 Vgl. Külker, R. et al. (2010), S. 1.
64 Vgl. Europäisches Parlament (2020).
65 Vgl. AK Rohstoffe (2019), S. 3.
66 Vgl. Welthungerhilfe (2008).
67 Vgl. Eisenriegler, S. (2020), S. 200.
68 Vgl. Handelsblatt (2019).
69 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2020); Automobilwoche (2020).
70 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 96-98; Fischer, D./Nemnich, C. (2012), S. 14.
71 Vgl. United Nations High Commissioner for Refugees (2020), S. 41f.
72 Vgl. Organisation for Economic Co-operation and Development (2017), S. 1.
73 Vgl. United Nations High Commissioner for Refugees (2020), S. 40.
74 Vgl. Deutscher Bundestag (2019a), S. 36.
75 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2020).
76 Vgl. The Shift Project (2018).
77 Vgl. Witsch, K. (2018).
78 Vgl. Reinwald, E.-M. (2019), S. 2f.
79 Vgl. Tertilt, M. (2019).
80 Vgl. Umweltbundesamt (2019b).
81 Vgl. Europäischer Gerichtshof (2020b).
82 Vgl. zu diesem Absatz Europäisches Parlament (2018).
83 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 60.
84 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 53.
85 Vgl. European Circular Economy Stakeholder Platform (o.J.).
86 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 60–64.
87 Vgl. Eisenriegler, S. (2020), S. 91.
88 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 61–63.
89 Sellenthin, M. (2017), S. 7.
90 Vgl. Sellenthin, M. (2017), S. 6f.
91 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 164f.
92 Vgl. Europäische Kommission (2020g).
93 Vgl. Eurostat (2020e).
94 Fischer, J. (2019).
95 Vgl. Deutsche Umwelthilfe (2018).
96 Vgl. Huisman, J. et al. (2019), S. 6.
97 Vgl. UN Environment Programm (2015).
98 Vgl. Beineke, J. (2019).
99 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 53.
100 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.J.a).
101 Vgl. Afele, M./Bätz, J. (2015).
102 Vgl. Basel Action Network (2018), S. 4.
103 Vgl. Reinwald, E.-M. (2019), S. 3.
104 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.J.a); Öko-Institut e. V. (o.J.), S. 1.
105 Vgl. Forti, V. et al. (2020), S. 23.
106 Vgl. Lehnen, E. (2014).
107 Vgl. Umweltbundesamt (2020d).
108 Vgl. Europäische Kommission (2020b), S. 20.
109 Vgl. Europäische Kommission (2020a), S. 6.
110 Vgl. Europäische Kommission (2020b), S. 20f.
111 Vgl. Schweiger, W./Beck, K. (2010), S. 257; Negreiro, M. (2015).
112 Vgl. Europäische Kommission (2020c), S. 6.
113 Kersting, S. (2018).
114 Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2016), S. 15f.; Streit, M. (2019).
115 Vgl. Kersting, S. (2018).
116 Vgl. Vereinte Nationen (2018).
117 Vgl. Statista (2020a).
118 Vgl. Europäische Kommission (2016c).
119 Vgl. Ackeren, I. van/Endberg, M./Locker-Grütjen, O. (2020), S. 245f.
120 Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (o.J.).
121 Vgl. Microsoft (o.J.).
122 Vgl. Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (2020).
123 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH (2020).
124 Vgl. Grüling, B./Burchardt, C. (2020).
125 Vgl. Piopiunik, M./Wößmann, L. (2010), S. 24.
126 Vgl. Sheppard, E. (2020).
127 Vgl. Oschmiansky, F./Berthold, J. (2020).
128 Vgl. Sühlmann-Faul, F./Rammler, S. (2018), S. 80.
129 Vgl. Focus Online (2020).
130 Vgl. Bundesamt für Strahlenschutz (o.J.).
131 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020a).
- Arbeit zitieren
- Celine Brohm (Autor:in), 2020, Die sozial-ökologischen Herausforderungen der Digitalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1132265
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