Die Umstände und die damit einhergehenden Herausforderungen führen zu folgender Forschungsfrage: "Welche Motive hat die Europäische Zentralbank einen digitalen Euro einzuführen?" Außerdem soll in der Arbeit noch auf den digitalen Euro an sich und auf mögliche Auswirkungen eingegangen werden. Dafür sollen die nachfolgenden Fragen beantwortet werden: "Welche Eigenschaften hat der geplante digitale Euro voraussichtlich?" und "Welche Chancen und Risiken bringt die Einführung eines digitalen Euro mit sich?"
Die Bachelorarbeit hat zum Ziel, den Forschungsstand zu einem digitalen Euro zusammenzufassen und neue Erkenntnisse in Hinblick auf die Motive der Europäischen Zentralbank zu liefern. Außerdem sollen die Chancen und Risiken der Einführung eines digitalen Euros in der Eurozone analysiert werden. Des Weiteren sollen die möglichen, sowie die voraussichtlichen Eigenschaften des digitalen Euros untersucht werden. Um die Zielsetzung zu erreichen wird eine Literaturanalyse durchgeführt, welche den aktuellen Stand der Forschung darstellen, und Erkenntnisse für die Forschungsfragen liefern soll. Die Antworten werden mittels einer Konzeptmatrix systematisch aufbereitet, dargestellt und anschließend diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Problemstellung
1.3 Ziel der Arbeit und Vorgehensweise
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Zentralbanken und andere wichtige Institutionen
2.1.1 Europäische Zentralbank (EZB)
2.1.2 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
2.2 Technologische Grundlagen
2.2.1 Distributed Ledger Technology (DLT)
2.2.2 Blockchains
2.3 Was ist Geld?
2.3.1 Funktionen und Formen von Geld
2.3.2 Währungssysteme
2.3.3 Arten von Geld
2.3.3.1 Bargeld
2.3.3.2 Giralgeld
2.3.3.3 Zentralbankgeld
2.3.3.4 E-Geld
2.3.3.5 Kryptowährungen
2.3.3.6 Stablecoins
2.3.3.7 Digitales Zentralbankgeld (CBDC)
2.3.4 Geldmenge
2.3.5 Geldschöpfung
2.3.6 Geldpolitik
3 Aktueller Forschungsstand zur Einführung des digitalen Euros
3.1 Literatur aus der Sphäre von Zentralbanken
3.2 Literatur aus anderen Sphären
4 Methodisches Vorgehen
4.1 Beschreibung des Forschungsdesigns
4.2 Vorgehen bei der Suche und Auswahl der Literatur
4.3 Vorgehen bei der Auswertung der relevanten Literatur
5 Wesentliche Ergebnisse der Literaturanalyse
5.1 Literaturergebnisse zu den Motiven der EZB
5.1.1 Boar und Wehrli, 2021
5.1.2 EZB, 2020
5.1.3 Christine Lagarde, 2020
5.1.4 Fabio Panetta, 2021
5.1.5 BIZ et al. 2020
5.1.6 Christian Pfister, 2020
5.1.7 dGen, 2020
5.2 Literaturergebnisse zu den Chancen und Risiken des digitalen Euros
5.2.1 Ulrich Bindseil, 2020
5.2.2 Kumhof und Noone, 2018
5.2.3 Cœuré und Loh, 2018
5.2.4 EZB, 2020
5.2.5 Christine Lagarde, 2020
5.2.6 BIZ et al. 2020
5.2.7 Fabio Panetta, 2021
5.2.8 Hanl und Michaelis, 2019
5.2.9 Jörg Krämer, 2020
5.2.10 Jörg Krämer, 2021
5.2.11 Groß, Klein und Sandner, 2020
5.2.12 Bundesministerium der Finanzen, 2020
5.3 Literaturergebnisse zu den Eigenschaften des digitalen Euros
5.3.1 Ulrich Bindseil, 2020
5.3.2 Kumhof und Noone, 2018
5.3.3 Cœuré und Loh, 2018
5.3.4 BIZ et al. 2020
5.3.5 Christine Lagarde, 2020
5.3.6 EZB, 2021
5.3.7 Fabio Panetta, 2021
5.3.8 Hanl und Michaelis, 2019
5.3.9 Jörg Krämer, 2020
5.3.10 Groß, Klein und Sandner, 2020
5.3.11 Thomas Mayer, 2019
5.3.12 Simon Hess, 2019
5.3.13 Sonnenberg und Hess, 2020
5.3.14 Bundesministerium der Finanzen, 2020
5.3.15 dGen, 2020
6 Diskussion der Ergebnisse
6.1 Diskussion der Motive der EZB für die Einführung eines digitalen Euro
6.1.1 Motivation für digitalen Euro
6.1.2 Vorteile / Ziele des digitalen Euros für die EZB
6.1.3 Anforderungen/Prinzipien an den digitalen Euro
6.2 Diskussion der Chancen und Risiken eines digitalen Euro
6.2.1 Bankendisintermediation
6.2.2 Digitaler Bankrun
6.2.3 Geldpolitik
6.2.4 Auswirkungen auf die Bürger
6.3 Diskussion der Eigenschaften eines digitalen Euro
6.3.1 Aktuelle Gestaltung des digitalen Euros
6.3.2 Ansprüche der Bürger an einen digitalen Euro
6.3.3 Digitaler Euro auf DLT-Basis
6.3.4 Ansprüche weiterer Stakeholder
6.4 Kritische Reflektion
7 Fazit
7.1 Zusammenfassung
7.2 Zukünftiger Forschungsbedarf und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Aus rechtlichen Gründen wurde der Anhang entfernt. (Anm. d. Red.)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Money Flower
Abbildung 2: Merkmale von Zentralbankgeld und CBDCs
Abbildung 3: Transmissionsmechanismus
Abbildung 4: Fortschritt der Zentralbanken in Bezug auf CBDCs (in %)
Abbildung 5: Motivation für die Ausgabe einer Retail-CBDC
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
“It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change.”
Charles Darwin (1809-1882)
1.1 Ausgangssituation
Die Digitalisierung verändert seit Jahren die Welt, in der wir leben. Ob in der Freizeit, beim Einkaufen oder bei der Arbeit - nahezu alle Lebensbereiche werden nach wie vor von der Digitalisierung beeinflusst. Laut einer Studie von Deloitte zum Thema Smartphone-Nutzung besitzen 89% der Deutschen ein Smartphone. Davon nutzt nahezu jeder (94%) das Gerät täglich (vgl. Gentner, 2020). Im Rahmen einer Studie über Digitalisierung von PWC wurde nach den Bereichen gefragt die mehr digitalisiert werden sollten: Das Geschäftsleben, das Bildungswesen und das Bankwesen waren die meistgenannten Antworten. Nach Big Data und künstlicher Intelligenz, ist der elektronische Zahlungsverkehr der größte erwartete Zukunftstrend der Befragten (vgl. Graf, 2018). Mittlerweile bezahlt jeder vierte Deutsche mittels einer Art des Mobile-Payments (vgl. Harmsen, 2019). Speziell während der ,Corona-Krise‘ ist der Anteil der bargeldlosen Zahlungen von 51% auf 71% gestiegen (vgl. Glory, 2020 zitiert nach de.statista.com).
Wie die meisten Branchen, ist auch die Finanzbranche nicht vor der Digitalisierung gefeit. Während früher Geschäftsbanken die Hoheit über den Zahlungsverkehr hatten, so sind in den letzten Jahren immer mehr private Fintech-Unternehmen mit Innovationen in den Finanzsektor eingedrungen. In einer Studie von 2016 gaben 50% der befragten Experten von Finanzinstitutionen an, mit Fintechs zusammenzuarbeiten, oder dies in Planung zu haben (vgl. Bruck, Frenzel, 2017).
Als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 wurde die Kryptowährung Bitcoin im Jahr 2009 veröffentlicht. Diese stellt ein dezentrales Bezahlsystem dar, im Gegensetz zum vorherrschenden Finanzsystem, welches bekanntermaßen zentral gesteuert wird. Bitcoin wird jedoch zum größten Teil als Spekulationsobjekt, und nicht als Zahlungsmittel genutzt. In den ersten vier Monaten des Jahres 2019, wurden nur 1,3% der Bitcoin-Transaktionen für Handelsaktivitäten verwendet. Der Großteil der Transaktionen wird nach wie vor an Börsen durchgeführt.
Daraus resultiert, dass die meisten Bitcoins als Spekulationsobjekt ge- und verkauft werden. Diese Daten entstammen einer Studie von Chainalysis (vgl. Kharif, 2019). Das liegt zum einen daran, dass „das Bitcoin-Netzwerk in seiner jetzigen Form nur unzureichend skalierbar [ist] und .. nicht mehr als sieben Transaktionen pro Sekunde verarbeiten [kann]“ (Groß et al., 2020, S. 712-717). Zum anderen ist die starke Volatilität des Preises ungünstig für den Massengebrauch als Währung.
Die große Besonderheit an Bitcoin ist jedoch dessen Funktionsweise. Die ,Bitcoin- Blockchain‘ machte es erstmals möglich, digitale Verträge ohne eine zentrale, überprüfende Institution zu gewährleisten. Die dahinterstehende Technologie, welche die Voraussetzungen hierfür schafft, heißt Distributed Ledger Technology (DLT).
1.2 Problemstellung
Etwas über ein Jahrzehnt nach der Entstehung von Bitcoin kündigte die Libra Association an, eine eigene Kryptowährung, namens Libra (mittlerweile Diem ) veröffentlichen zu wollen. Dahinter stehen die private Institution Facebook und über 20 andere namhafte Firmen. Die Kryptowährung soll ebenfalls auf der DLT basieren. Um die Preisstabilität zu gewährleisten soll die Kryptowährung Diem als Stablecoin an eine Fiat-Währung gebunden sein und die Einnahmen der Währung sollen unmittelbar in kurzfristige Staatsanleihen und Bankeinlagen investiert werden (vgl. Groß et al., 2020, S. 712-717).
Diese Ankündigung war für die Zentralbanken und die Politik weltweit ein Weckruf, wie Benoit Creuré (damals noch Direktoriumsmitglied der EZB, mittlerweile bei der BIZ) vor dem Deutschen Bundestag kommentierte. Private Initiativen für globale Stablecoin-Lösungen seien die logische Konsequenz des technologischen Fortschritts, der Globalisierung und der wandelnden Verbraucherpräferenzen. Den politischen Entscheidungsträgern und den Zentralbanken wird empfohlen auf diese Herausforderung zu reagieren (vgl. C&uré, 2019).
Die Antwort der Zentralbanken scheint die eigene Ausgabe einer digitalen Währung in Form eines digitalen Zentralbankgeldes (CBDC) zu sein. Laut einer Studie der BIZ arbeiteten 2020 schon 86% aller Zentralbanken weltweit an der Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes (CBDC) (vgl. Boar, Wehrli, 2021, S. 6). Auch die EZB ist an der Implementierung eines digitalen Euros interessiert.
Mitte 2021 soll die finale Entscheidung über den Start eines Pilotprojektes getroffen werden (vgl. European Central Bank, 2020b).
Die Umstände und die damit einhergehenden Herausforderungen führen zu folgender Forschungsfrage: „Welche Motive hat die Europäische Zentralbank einen digitalen Euro einzuführen?“
Außerdem soll in der Arbeit noch auf den digitalen Euro an sich und auf mögliche Auswirkungen eingegangen werden. Dafür sollen die nachfolgenden Forschungsfragen beantwortet werden: „Welche Eigenschaften hat der geplante digitale Euro voraussichtlich?“ und „Welche Chancen und Risiken bringt die Einführung eines digitalen Euro mit sich?“
1.3 Ziel der Arbeit und Vorgehensweise
Die Bachelorarbeit hat zum Ziel, den Forschungsstand zu einem digitalen Euro zusammenzufassen und neue Erkenntnisse in Hinblick auf die Motive der Europäischen Zentralbank zu liefern. Außerdem sollen die Chancen und Risiken der Einführung eines digitalen Euros in der Eurozone analysiert werden. Des Weiteren sollen die möglichen, sowie die voraussichtlichen Eigenschaften des digitalen Euros untersucht werden.
Um die Zielsetzung zu erreichen wird eine Literaturanalyse durchgeführt, welche den aktuellen Stand der Forschung darstellen, und Erkenntnisse für die Forschungsfragen liefern soll. Die Antworten werden mittels einer Konzeptmatrix systematisch aufbereitet, dargestellt und anschließend diskutiert.
1.4 Aufbau der Arbeit
Im zweiten Kapitel der Arbeit werden die theoretischen Zusammenhänge erläutert. Neben einem groben Überblick über das aktuelle Geldsystem und den dazugehörigen Institutionen, werden die technologischen Grundlagen von digitalen Währungen erläutert. Außerdem werden die verschiedenen Geldarten, inklusive dem digitalen Zentralbankgeld, erklärt. Im dritten Kapitel werden die Quellen, welche später ausgewertet werden, kurz vorgestellt und deren Forschungsgegenstand zusammengefasst. Hierzu wird eine Unterteilung in Quellen aus der Sphäre von Zentralbanken, und Quellen aus anderen Sphären vorgenommen. Danach wird im vierten Kapitel das methodische Vorgehen der Forschung im Detail beschrieben.
Im darauffolgenden Kapitel werden Ergebnisse der Literaturanalyse ausgeführt. Die wesentlichen Ergebnisse werden im sechsten Kapitel ausführlich diskutiert. Außerdem sollen die Forschungsfragen beantwortet werden und eine kritische Reflektion stattfinden. Die Arbeit schließt mit einem Fazit, in dem die Arbeit zusammengefasst, und ein Ausblick in die Zukunft gewagt wird.
2 Theoretische Grundlagen
Zu Beginn der Arbeit werden die zentralen Institutionen vorgestellt, die einen Einfluss auf den digitalen Euro beziehungsweise CBDC haben. Anschließend werden die technologischen Grundlagen grob erläutert. Der Großteil des Kapitels beschäftigt sich mit den verschiedenen Geldarten als auch deren Formen und Funktionen.
2.1 Zentralbanken und andere wichtige Institutionen
Zuerst werden die wichtigsten und einflussreichsten Institutionen vorgestellt, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf einen digitalen Euro haben könnten.
2.1.1 Europäische Zentralbank (EZB)
Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde 1998 als Organ der Europäischen Union (EU) gegründet. Sie ist der zentrale Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), welches alle nationalen Zentralbanken der EU-Mitglieder beinhaltet (inklusive der Länder ohne Euro). Außerdem ist die EZB der zentrale Teil des Eurosystems, wessen alle Länder angehören die den Euro als Währung haben. Diese bilden die Eurozone. (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 92-97)
Nach Art. 127 Abs. 1 AEUV ist das grundlegende Ziel des ESZB die Gewährleistung der Preisstabilität. Außerdem soll das ESZB die Wirtschaftspolitik der EU unterstützen, sofern die Preisstabilität dadurch nicht behindert wird.
Die Ziele des Eurosystems sollen nach Art. 127 Abs. 2 AEUV durch folgende Aufgaben erreicht werden:
- Geldpolitik der EU festlegen und ausführen
- Devisengeschäfte durchführen
- Offizielle Währungsreserven der Mitgliedstaaten halten und verwalten
- Reibungslose Funktion der Zahlungssysteme fördern
2.1.2 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) wurde 1930 in Basel gegründet, und wird Zentralbank der Zentralbanken' genannt. Das liegt daran, dass nur Zentralbanken Mitglied der BIZ werden können. Aktuell sind es 63 Zentralbanken, die für 95% des weltweiten BIP verantwortlich sind. Die Hauptaufgabe der BIZ ist es Zentralbanken bei der Währungs- und Finanzstabilität zu unterstützen, die internationale Zusammenarbeit in diesen Bereichen zu fördern, und als Bank der Zentralbanken zu fungieren (vgl. Bank for International Settlements, 2005).
2.2 Technologische Grundlagen
In diesem Kapitel werden die Distributed Ledger Technology (DLT) und Blockchains erklärt.
2.2.1 Distributed Ledger Technology (DLT)
Die Distributed Ledger Technology (DLT) (deutsch: Technologie verteilter Konten- bücher) ist eine dezentrale Form der Datenverarbeitung und -speicherung. Es ist dadurch möglich, dass Mitglieder eines Netzwerkes gleichzeitige Schreib- und Leseberechtigungen bekommen, ohne dass eine zentrale Stelle diese Datenbankeinträge tätigt. Alle Mitglieder sind damit immer auf dem neuesten Stand der Datenbank. Eine Blockchain ist eine besondere Art von DLT. Die DLT ist also die Technologie mit derer Blockchains funktionieren (vgl. Metzger, 2018).
2.2.2 Blockchains
„Blockchains sind fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind. Mit der Blockchain-Technologie lassen sich Eigentumsverhältnisse direkter und effizienter als bislang sichern und regeln, da eine lückenlose und unveränderliche Datenaufzeichnung hierfür die Grundlage schafft.“ (vgl. BaFin, 2017)
Es gibt verschiedene Arten von Blockchains. Es wird unterschieden, wer Zugriff auf die Dateneinträge hat (Öffentlich - Privat), und wer die Daten validieren darf (Offen - Geschlossen). Beim Zugriff kann entweder jeder die Dateneinträge lesen (.Öffentlich“), und auf die Blockchain zugreifen, oder nur bestimmte Teilnehmer (,Privat‘).
Validierung bedeutet, wer an der Verarbeitung von Netzwerktransaktionen in der Blockchain teilnehmen darf, also neue Blöcke bilden und an die Blockchain anfügen kann. Bei offenen Blockchains darf jeder Teilnehmer validieren, bei geschlossenen nur bestimmte Teilnehmer (vgl. TeleTrusT, 2017, S. 10). Diese Variablen sind kombinierbar und ergeben so vier mögliche Blockchainarten:
Öffentlich-offene Blockchain:
Der Zugang ist öffentlich für alle Teilnehmer und die Dateneinträge sind uneingeschränkt validierbar.
Öffentlich-geschlossene Blockchain:
Der Zugang ist öffentlich für alle Teilnehmer und die Dateneinträge sind nur von bestimmten Teilnehmern validierbar.
Private-offene Blockchain:
Der Zugang ist nur für bestimmte Teilnehmer gegeben, jedoch sind die Dateneinträge sind uneingeschränkt validierbar.
Private-geschlossene Blockchain:
Der Zugang ist nur für bestimmte Teilnehmer gegeben und die Dateneinträge sind nur von bestimmten Teilnehmern validierbar (vgl. ebd.).
2.3 Was ist Geld?
In diesem Abschnitt werden grundlegende Begriffe erklärt, die im Zusammenhang mit unserem Geld und Geldsystem stehen.
2.3.1 Funktionen und Formen von Geld
Grundsätzlich zeichnet sich Geld durch drei Funktionen aus:
Die erste Funktion ist die ,Tauschmittelfunktion‘. Jede Ware hat einen bestimmten Wert, der entrichtet werden muss, um den Tausch abzuschließen. In einer Tauschwirtschaft wird eine Ware gegen eine andere Ware getauscht. Durch Geld können die Tauschvorgänge einfacher und effizienter von statten gehen, da eine Ware gegen neutrales Geld getauscht wird. Durch die Funktion als Recheneinheit“ kann ausgedrückt werden, welchen Wert diese Ware hat. Dadurch lassen sich verschiedene Waren miteinander vergleichen.
Außerdem muss Geld als ,Wertspeicher‘ fungieren. Das bedeutet, dass das Geld aufbewahrt werden kann und zu einem späteren Zeitpunkt die gleiche Kaufkraft hat wie zuvor. (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 10 f.)
Im Laufe der Zeit hat sich die Form des Geldes immer wieder verändert.
Anfangs wurden spezielle Waren, wie Felle oder Nutztiere, als Geld verwendet. Diese Form des Geldes wird ,Warengeld oder ,Naturalgeld genannt. Später wurden Edelmetalle wie Bronze, Silber und Gold als Geld benutzt. Der Vorteil der Edelmetalle, dass sie länger haltbar sind und die Menge nur begrenzt verfügbar ist. Im Laufe der Geschichte wurde immer wieder auf Warengeld zurückgegriffen, wenn beispielsweise das Vertrauen in die offizielle Währung verloren ging. Die ersten Münzen wurden schon im 7. Jahrhundert von Christus geprägt. Durch die Prägung und die Normung von Gold und Silber entstand das ,Münzgeld‘, welches mithilfe von Münzgesetzen meist einen höheren Wert hatte als die äquivalente Menge Edelmetall.
Vor über tausend Jahren entstand das erste Papiergeld[1] in China, ausgegeben vom damaligen Kaiser. Die papiernen Geldzeichen hatten keinen intrinsischen Warenwert und behielten ihre Kaufkraft aufgrund der Glaubwürdigkeit und der Macht des Staates. Auch in Europa wurde Papiergeld verwendet, jedoch durch Ausgabe von Kaufleuten. Das Papier diente als Wechselbrief, der dem Eigentümer das Recht verschafft einen bestimmten Betrag in Gold oder Silber auszahlen zu können. Diese Wechselbriefe wurden daraufhin als Kauf und Tauschmittel verwendet (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 11-14).
Im 17. Jahrhundert entstanden die ersten Banknoten[1], welche von Banken ausgegeben wurden. Die schwedische Bank Stockholms Banco gilt als erste Zentralbank Europas. Es wurden zinslose, Kupfer-gedeckte , Kredit-Zettel' ausgegeben, die nur für den Handel bestimmt waren, jedoch wurde auch das schwedische Königshaus mit hohen Krediten finanziert. Nach einiger Zeit wurden nicht mehr alle Kredite durch Kupfer abgesichert, wodurch die Währung an Kaufkraft verlor. Die Bevölkerung wurde misstrauisch und begann die Banknoten in Kupfer umzutauschen. Es führte schnell zu einem Bankrun der mit der Insolvenz der Bank endete. Der Gründer Johan Palmstruch sollte aufgrund der Misswirtschaft zum Tode verurteilt werden, schließlich wurde er jedoch begnadigt und musste nur eine Haftstrafe antreten (vgl. Wetterberg, 2009, S. 36-42).
2.3.2 Währungssysteme
Im Laufe der Zeit gab es verschiedene Währungssysteme, die hier kurz erklärt werden sollen:
Ein häufiger Grund des Scheiterns von Bankensystemen waren Inflationen und darauffolgende Bankenpleiten. Die Strukturen wurden stetig verbessert, um die Stabilität zu erhöhen. Ein effizientes Mittel war beispielsweise eine geregelte Hinterlegung von Gold für die ausgegebenen Geldscheine. Das Gesetz “Bank Charter Act” wurde 1844 von der englischen Regierung für die Zentralbank, Bank of England, verabschiedet und ebnete den Weg für den Goldstandard“, der in den meisten Europäischen Ländern im 19. Jahrhundert eingeführt wurde (vgl. Köhler et al., 1997).
Jedes Land definierte seine Währung in Form eines festen Goldgewichts. Die Zentralbanken hielten große Goldreserven, um sicherzustellen, dass ihre Banknoten in Gold umgewandelt werden konnten. Der Vorteil des Goldstandards war, dass die teilnehmenden Nationen von festen Wechselkursen profitierten, wodurch der Handel vereinfacht wurde. Die wichtigste Regel des Goldstandards ist es, die Goldkonvertibilität aufrechtzuerhalten (vgl. Bordo, 2008).
Diese wurde von einem Großteil der Länder im Zuge des 1. Weltkriegs ausgesetzt, um die Kriegsausgaben finanzieren zu können, sodass mehr Geld in den Umlauf kam, als Golddeckung verfügbar war. Nach dem 1. Weltkrieg hatten die meisten Länder höhere Schulden und niedrigere Goldreserven als zuvor, was das Ende für den internationalen Goldstandard bedeutete (vgl. Kaskaldo, 2018, S. 109 f.).
Zum Ende des 2. Weltkriegs wurde noch einmal versucht ein Währungssystem mit Goldeinlagen einzuführen. Im sogenannten ,Bretton-Woods-System'' von 1944 wurde der US-Dollar zur internationalen Leitwährung. Dieser hatte einen fixierten Wechselkurs zu einer Unze Gold. Die anderen Währungen hatten einen fixierten Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar, wovon die USA stark profitierten. Dieses System brach 1973 schließlich auch wieder zusammen, da sich die US-Geschäfts- banken nicht an die Goldkonvertibilität hielten. Seit damals wurde die Idee der fixierten Wechselkurse nicht mehr verfolgt (vgl. Fertig, Pfister, 2004).
Ab diesem Zeitpunkt ist das Geld an keinen bestimmten Wert mehr gekoppelt und kann ohne Grenzen geschöpft werden. In dem sogenannten ,Fiat-Geldsystem‘ entsteht neues Geld durch die Vergabe von Krediten sozusagen ,aus dem Nichts'.
Fiat ist lateinisch und bedeutet „Es werde [Geld]“ (vgl. Middelkoop, Wurbs, 2015, S. 37). Der Wert des ungedeckten Geldes wird durch das Vertrauen der Gesellschaft in dieses geschaffen. Zusätzlich schafft die Zentralbank weiteres Vertrauen, indem sie im Notfall als ,Lender of Last Resort' auftritt, und beispielsweise insolvente Banken rettet um das System stabil zu halten (vgl. Illing, König, 2014, S. 1).
2.3.3 Arten von Geld
Heutzutage ist unser Geldsystem also auf ,Fiat-Geld' aufgebaut. Es gibt verschiedene Arten von Geldarten, die alle miteinander zusammenhängen. Diese und auch neue Arten von Geld sollen in diesem Kapitel grundlegend vorgestellt werden.
2.3.3.1 Bargeld
Das gesetzliche Zahlungsmittel im Euroraum ist das Bargeld. Bargeld kommt in Form von Scheinen und Münzen vor, die nur von speziellen Münzprägeanstalten und Druckereien hergestellt werden dürfen. Die Ausgabe von Bargeld wird von der EZB geregelt, und über die nationalen Zentralbanken durchgeführt. Die Geschäftsbanken haben die Aufgabe, das Bargeld bei der nationalen Zentralbank (in Deutschland die Bundesbank) abzuholen. Wenn ein Verbraucher Bargeld von der Geschäftsbank abhebt und damit eine Ware oder Dienstleistung bezahlt, kommt das Bargeld schließlich in den Umlauf (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 47).
2.3.3.2 Giralgeld
Den Großteil ihres Geldes halten Bürger auf einem Bankkonto, und nicht als Bargeld. Sobald das Geld auf einem Bankkonto liegt, nennt man es Giralgeld oder Buchgeld. Obwohl die meisten Zahlungen über Giralgeld abgewickelt und akzeptiert werden, zählt das Giralgeld nicht als gesetzliches Zahlungsmittel. Durch die Einzahlung von Bargeld bei einer Geschäftsbank, findet ein Wechsel von Bargeld zu Giralgeld statt, bei der Abhebung umgekehrt. Die Geschäftsbanken erfassen die Giralgeldbestände ihrer Kunden elektronisch auf Konten. Das Giralgeld ist die Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 84 f.).
2.3.3.3 Zentralbankgeld
Wie schon erwähnt, ist die EZB für die Ausgabe von Bargeld zuständig. Dieses ist der erste Teil des Zentralbankgeldes. So wie die Bürger ein Bankkonto bei einer Geschäftsbank haben, haben die Geschäftsbanken ein Konto bei der Zentralbank. Die Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank werden auch Zentralbankeinlagen oder -reserven genannt und stellen den zweiten Teil des Zentralbankgeldes dar. Zentralbankgeld wird auch Geldbasis (M0) genannt und besteht also aus dem Bargeld und den Zentralbankeinlagen (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 77 f.). Zentralbankgeld = Geldbasis = M0 = Bargeld + Zentralbankeinlagen
2.3.3.4 E-Geld
Der Begriff E-Geld ist im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) geregelt und umfasst „... elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert(e) in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, d(ie) gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt w(erden), um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und d(ie) auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen w(erden).“ (§ 1a Abs. 2 Satz 3 ZAG). Diese monetären Werte dürfen jedoch nicht begrenzt sein (z.B. Gutschein eines bestimmten Kaufhauses), sondern müssen vielfältig einsetzbar sein (z.B. Guthaben auf GeldKarte). Die Ausgabe von E-Geld darf nur von speziellen E-Geld-Instituten, sowie Banken, Zentralbanken und einigen öffentlichen Einrichtungen erfolgen (vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1 ZAG).
Anfang der 90er Jahre haben Nicht-Banken in Europa das E-Geld eingeführt, das auf der Chipkarten-Technologie basiert. Die Akzeptanzstellen für die Chipkarten wurden erweitert, und so konnten Nicht-Banken in einen Markt eindringen, der bisher nur von Geschäftsbanken bedient wurde (vgl. Godschalk, Krueger, 2000, S. 2 f.).
Später wurden neben den Chipkarten auch kontenbasierte E-Geld-Lösungen entwickelt. Der Unterschied zwischen Geld auf einem E-Geld-Konto und einem Girokonto ist Verzinsung des Giro-Guthabens, da die E-Geld-Institute (EMI), im Gegensatz zu Geschäftsbanken, die Gelder nicht weiterverleihen dürfen. Die Kundengelder müssen von den E-Geld-Emittenten abgesichert werden, in der EU kann diese Absicherung durch verschiedene Anlageklassen getätigt werden (vgl. Hess, 2019, S. 3 f.).
2.3.3.5 Kryptowährungen
Eine Kryptowährung ist ein privater, digitaler Vermögenswert, welcher auf Kryptographie und der Technologie der DLT beruht (vgl. Financial Stability Board, 2020, S. 4). Die bekannteste Kryptowährung, Bitcoin, unterscheidet sich wesentlich von jeder anderen Geldart. Es ist das erste virtuelle Geld, bei dem die Eigentumsrechte der Geldeinheiten in einem dezentralen Netzwerk verwaltet werden. Trotz des Fehlens einer zentralen Autorität funktioniert das System: Die Bitcoin-Blockchain stellt das Buchhaltungssystem dar und die Miner sind die Buchhalter (vgl. Groß et al., 2020, S. 712-717). Die Besonderheit von Kryptowährungen ist, dass sie die Transaktionsvorteile von virtuellem Geld mit der systemischen Unabhängigkeit der dezentralen Transaktionsabwicklung verbinden. Die dezentrale Verwaltung des Eigentums an digitalen Vermögenswerten ist eine grundlegende Innovation. Es besteht das Potenzial einer Disruption der aktuellen Zahlungsinfrastruktur und des Finanzsystems. Generell könnten alle Unternehmen und Regierungsbehörden betroffen sein, die mit der Buchführung zu tun haben (vgl. Berentsen, Schär, 2018, S. 99). Laut der EZB erfüllen Kryptowährungen nicht die Funktionen von Geld und haben aktuell (Stand 2019) keine spürbare Auswirkung auf die Realwirtschaft oder die Geldpolitik. Durch die hohe Volatilität werden die drei grundlegenden Geldfunktionen beeinträchtigt: Die Verwendung als Wertaufbewahrungsmittel, als Zahlungsmittel und als Recheneinheit (vgl. European Central Bank, 2019, S. 3, S. 9).
2.3.3.6 Stablecoins
Ein Stablecoin ist ein Krypto-Asset, das darauf abzielt, einen stabilen Wert im Verhältnis zu einem bestimmten Vermögenswert, oder einem Pool an Vermögenswerten zu erhalten. Es gibt zwei verschiedene Mechanismen, wie die Stabilität gewährleistet werden kann:
Asset-linked Stablecoin:
Ein Stablecoin, der vorgibt, einen stabilen Wert beizubehalten, indem er sich auf reale oder finanzielle Vermögenswerte oder andere Krypto-Assets bezieht.
Algorithm-based Stablecoin:
Ein Stablecoin, der vorgibt, einen stabilen Wert über Protokolle aufrechtzuerhalten, die die Erhöhung oder Verringerung des Angebots der Stablecoins als Reaktion auf Änderungen der Nachfrage vorsehen (vgl. Financial Stability Board, 2020, S. 4).
2.3.3.7 Digitales Zentralbankgeld (CBDC)
Es ist schwierig eine eindeutige Definition für CBDC zu finden, da der Begriff CBDC für verschiedene Konzepte verwendet wird. Es wird als neue Form von Zentralbankgeld gesehen, das sich von den Zentralbankeinlagen und den Verrechnungsguthaben der Geschäftsbanken bei den Zentralbanken unterscheidet (vgl. C&uré, Loh, 2018, S. 3 f.).
Zur besseren Einordnung sollen die verschiedenen Arten von Zentralbankgeld in den Kontext mit anderen Geldarten gebracht werden. Bech und Garret haben 2017 die sogenannte Money Flower erstmals erwähnt, die von Creuré & Loh leicht angepasst wurde. Es werden folgende vier Gesichtspunkte betrachtet:
Emittent: Zentralbank oder anderer Emittent
- Wird das Geld von einer Zentralbank oder von privaten Marktteilnehmern ausgegeben?
Form: Digital oder physisch
- Ist das Geld physisch, wie z.B. Bargeld, oder digital, wie z.B. Zentralbankreserven?
Zugänglichkeit: Weit verbreitet oder eingeschränkt
- Hat die breite Masse Zugriff, oder nur bestimmte Teilnehmer? (z.B. Finanzinstitute)
Technologie: Token- oder Konto-basiert
- Geld kann entweder in Form eines Tokens oder auf einem Konto bestehen.
Das Bargeld ist zum Beispiel eine Form von Token, währenddessen das Giralgeld auf einem Konto der Geschäftsbank basiert.
Abbildung 1: Money Flower
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Cœuré, Loh, 2018, S. 5
Die grau hinterlegten Felder zeigen die Formen von CBDC. Diese sind alle ,digital‘ und ,Central bank issued', unterscheiden sich aber in Hinblick auf Technologie und Zugänglichkeit:
Wholesale CBDC (Token-basiert):
Nur Finanzinstitute haben Zugriff und die Währung basiert auf einem digitalen Token.
General-Purpose/Retail CBDC (Konto-basiert):
Die breite Öffentlichkeit hat Zugriff; der Nutzer hat ein Konto bei der Zentralbank worauf das CBDC liegt.
General-Purpose/Retail CBDC (Token-basiert):
Die breite Öffentlichkeit hat Zugriff; die Währung basiert auf einem digitalen Token.
Intermediär-Modell:
Ergänzend soll noch eine Mischform vorgestellt werden, auch wenn diese nicht in der Money Flower aufgeführt ist. Es gibt eine Mischform zwischen Wholesale und Retail CBDC, bei der auch die breite Öffentlichkeit Zugriff auf die CBDC hat, jedoch die Ausgabe der Währung über Geschäftsbanken und/oder NBFI erfolgt (vgl. Kumhof, Noone, 2018, S. 18 f.).
Darüber hinaus gibt es noch weitere Gestaltungsmerkmale, die Einfluss auf die Funktionen der CBDC haben. Hier ein Vergleich der Gestaltungsmöglichkeiten von CBDCs und Zentralbankgeld:
Abbildung 2: Merkmale von Zentralbankgeld und CBDCs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Cœuré. Loh, 2018, S. 6
Ein weiterer Ansatz zur Erklärung der Gestaltungsmöglichkeiten einer CBDC wurde von der BIZ in Zusammenarbeit mit 7 großen Zentralbanken aufgestellt:
Zuerst gibt es zwei grundsätzliche Gestaltungsmerkmale einer CBDC: Gibt es eine ,Obergrenze/Limit‘ für die Benutzer und ist sie verzinslich' oder nicht.
Die Zahlung mit einer CBDC ist genau genommen eine Übertragung einer Zentralbankverbindlichkeit, die auf einem Hauptbuch (Ledger) erfasst wird. Im zweiten Schritt wird die Gestaltung des Ledgers betrachtet. Hier gibt es fünf Schlüsselfaktoren, die jeweils aufeinander wirken:
Struktur: Das Ledger kann entweder zentral (auf einem Konto) oder dezentral (mit DLT) verwaltet werden. Denkbar wäre auch eine Kombination der beiden Möglichkeiten (z.B. könnte ein zentrales Ledger nur die Gesamtmenge der ausgegebenen CBDCs aufzeichnen, wobei die einzelnen Guthaben lokal auf einem Smartphone oder einer Karte gespeichert werden)
Zahlungsauthentifizierung: Die Authentifizierung kann Konto-basiert oder Token-ba- siert geschehen. Denkbar wäre es auch, beides zu realisieren und für unterschiedliche Zahlungen unterschiedliche Authentifizierungsmethoden zu benutzen (z.B. könnten für Zahlungen mit geringeren Beträgen einfachere Anforderungen gelten).
Funktionalität: Das CBDC-Ledger könnte nur sehr einfache Funktionen haben, oder komplexere Funktionen. Letzteres könnte die Akzeptanz verbessern, würde aber auch die Kosten erhöhen.
Zugriffsvoraussetzungen: Je nachdem, wer einen Lese- und/oder Schreibzugriff auf das CBDC-Ledger bekommt, steigen die Gestaltungsmöglichkeiten der CBDC. Gleichzeitig müssten die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden.
Steuerung/Verwaltung: Es muss ein Regelwerk festgelegt werden, das alle Rollen und Verantwortlichkeiten definiert.
Die Implementierung einer CBDC wird einmalige und laufende Kosten verursachen. Die Entscheidung, wer diese Kosten zu tragen hat, hat auch Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem, den Wettbewerb, die Innovation und die Teilhabe und muss deshalb bedacht werden. (vgl. Bank for International Settlements et al., 2020, S. 13).
2.3.4 Geldmenge
Um zu verstehen wie Geld entsteht, muss zuerst die Menge an Geld definiert werden. Es gibt verschiedene Geldmengenkonzepte: M1, M2 und M3. Die Geldmenge ist ein wichtiger Faktor für die Geldpolitik.
“M1 = umlaufendes Bargeld + Sichteinlagen”:
Die Geldmenge M1 besteht aus dem umlaufenden Bargeld“ (außerhalb des Bankensektors) und den Sichteinlagen“ der Nichtbanken bei Geschäftsbanken. Sichteinlagen sind die kurzfristig verfügbaren Giralgeldbestände.
“M2 = M1 + kurzfristige Termin- und Spareinlagen”:
Die Geldmenge M2 besteht aus M1 sowie den Spareinlagen“ und den ,Termineinla- gen‘ bei Geschäftsbanken. Spareinlagen mit Kündigungsfrist bis zu drei Monaten, und Termineinlagen mit Laufzeit bis zu zwei Jahren werden hier dazu gezählt.
“M3 = M2 + kurzfristige Bankschuldverschreibungen + Geldmarktfondsanteile + Repogeschäfte”:
,Bankschuldverschreibungen‘ werden von Geschäftsbanken ausgegeben und garantieren dem Käufer Zinsen auf das eingesetzte Kapital. Am Ende der Laufzeit erhält er sein Geld zurück. ,Geldmarktfondsanteile‘ sind Fondsanteile, die in kurzfristige Anlagen investieren und damit liquide sind. Bei kurzfristigen Repogeschäften“ verkauft eine Geschäftsbank Wertpapiere an eine Nichtbank mit der Verpflichtung, diese Wertpapiere zu einem Zeitpunkt wieder zu kaufen. Dadurch erhält die Geschäftsbank Liquidität (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 74 ff.).
2.3.5 Geldschöpfung
Unter Geldschöpfung versteht man die die Schaffung von Geld. Eine der Hauptaufgaben von Geschäftsbanken ist die Kreditvergabe. Giralgeld entsteht durch die Vergabe von Krediten von Geschäftsbanken an Nichtbanken. Durch Beantragung eines Kredites, erhöhen sich die Sichteinlagen des Kunden bei der Geschäftsbank. Diese hat jetzt eine Forderung des Kreditbetrags gegenüber dem Kunden und eine Verbindlichkeit der Sichteinlage gegenüber dem Kunden. Um Kredite vergeben zu können, muss die Geschäftsbank einen gewissen Betrag an Zentralbankeinlagen besitzen. Diese werden entweder in Form eines Kredits von der Zentralbank hinterlegt, oder von anderen Geschäftsbanken geliehen, die überschüssiges Zentralbankgeld haben. Da das Risiko eines Kreditausfalls besteht, muss noch die Mindestreserve bei der Zentralbank hinterlegt werden. Giralgeld kann auch entstehen, wenn ein Kunde einen Vermögenswert (z.B. eine Aktie) an die Geschäftsbank verkauft. Umgekehrt wird Giralgeld vernichtet, wenn der Kunde den Kredit zurückzahlt oder Vermögenswerte mit Giralgeld kauft (vgl. Deutsche Bundesbank, 2019, S. 78 ff.; Paetz, o. J.). Die Schöpfung von Zentralbankgeld läuft ähnlich ab wie die des Giral- geldes. Die Geschäftsbanken erhalten mittels Kredit Zentralbankgeld und müssen im Gegenzug ein Pfand (z.B. Wertpapiere) hinterlegen. Des Weiteren kann die Zentralbank den Geschäftsbanken auch Vermögenswerte abkaufen.
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- Citar trabajo
- Sebastian Brunner (Autor), 2021, Warum die Europäische Zentralbank die Einführung eines digitalen Euros plant, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1132115
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