Aufgrund der aufdrängenden digitalen Inkompetenz Deutschlands und der Wichtigkeit der Digitalisierung soll untersucht werden, ob das deutsche Steuerrecht digitale Geschäftsmodelle ausbremst und ferner, ob das deutsche Steuersystem etwaige Besteuerungspotentiale, die sich durch die „New Economy“ ergeben, verschenkt. Dies geschieht unter Beachtung aktueller und für das Thema relevanter Entwicklungen auch in Hinblick darauf, was zu tun ist, sollten tatsächlich Unternehmen ausgebremst und Besteuerungspotentiale verschenkt werden.
Die digitale Wirtschaft ist die Zukunft. Darüber sind sich Politiker aller Fraktionen und Parteien längst einig. Selbst klassische Geschäftsmodelle unterliegen einer digitalen Transformation. Wer sich nicht digitalisiert, wird abgehängt. Disruption lautet das Stichwort. Doch im Bereich der digitalen Wirtschaft ist Deutschland schlecht aufgestellt. Es gibt so gut wie kein einziges deutsches Digitalunternehmen bis auf SAP, dass sich im Weltmarkt etablieren konnten. Lediglich Wirecard stellte einen Lichtblick am deutschen Startup-Himmel dar, konnte sich diesen Status aber letztlich nur durch Bilanzfälschung „verdienen“.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz des Themas
1.2 Zielsetzung der Masterthesis
1.3 Aufbau der Masterthesis
2 Theoretische und steuerrechtliche Grundlagen
2.1 Die Digitalisierung im Bereich derWirtschaft
2.2 Digitale Geschäftsmodelle
2.2.1 ImAllgemeinen
2.2.2 Unter handelsrechtlichen Aspekten
2.2.3 UntersteuerrechtlichenAspekten
2.2.3.1 VerfahrensrechtlicheAspekte
2.2.3.2 ErtragsteuerlicheAspekte
2.2.3.3 Umsatzsteuerliche Aspekte
2.3 Digitalisierung in der Finanzverwaltung
3 Zwischenfazit
4 Kritische Analyse aktueller Entwicklungen
4.1 Umsatzsteuerliche Entwicklungen: MwSt-Digitalpaket und elektronische Rechnungen
4.2 Auswirkungen und aktuelle Entwicklungen des BEPS-Projektes
4.3 Die Betriebsstättenproblematik digitaler Geschäftsmodelle
4.4 EU-Digitalsteuer
4.5 Besteuerung von Anteilen bei Mitarbeitern
4.6 Kryptowährungen und Blockchaintechnologie
4.7 Auswirkungen durch die Coronapandemie
5 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
6 Fazit
6.1 Zusammenfassung und kritische Reflexion
6.2 Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
a.F alte Fassung
Abs Absatz
AEAO Anwendungserlass zur Abgabenordnung
AO Abgabenordnung
AWS Amazon Web Services
BEPS Base Erosion and Profit Shifting
BewG Bewertungsgesetz
BFH Bundesfinanzhof
BilMoG Bilanzmodernisierungsgesetz
BMF Bundesfinanzministerium
BMWi Bundesministerium fürWirtschaft und Energie
Buchst Buchstabe
BVDW Bundesverband Digitale Wirtschaft
bzw beziehungsweise
CRM Customer-Relationship-Management
DBA Doppelbesteuerungsabkommen
e.G eingetragene Genossenschaft
Ebd Ebenda
E-Bilanz Elektronische Bilanz
EDI Electronic Data Interchange
EDIFACT United Nations Electronic Data Interchange forAdministration,
Commerce and Transport
ELSTAM Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale
Elster Elektronische Steuererklärung
ErbStG Erbschaftsteuergesetz
E-RechV E-Rechnungsverodnung
ERP Enterprise-Ressource-Planning
EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
EStG Einkommensteuergesetz
EU Europäische Union
EuG Europäisches Gericht
EuGH Europäischer Gerichtshof
FBA Fullfillment by Amazon
fifo first-in-first-out
GDPdU Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen GewStG Gewerbesteuergesetz
GG Grundgesetz
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GoBD Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von
Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff
HGB Handelsgesetzbuch
hins hinsichtlich
HS Halbsatz
l.d.R In der Regel
i.S in Sache(n)
i.V.m in Verbindung mit
IAS International Accounting Standards
IKS internes Kontrollsystem
IMD International Institutefor Management Development
ITK Informations- und Telekommunikationsbranche
KONSENS Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung
KONSENS-G KONSENS-Gesetz
KStG Körperschaftsteuergesetz
MOSS Mini-One-Stop-Shop
MwSt Mehrwertsteuer
MwStSystRL Mehrwertsteuersystemrichtlinie
NACHDIGAL Nachreichen von digitalen Anlagen
OECD Organisation fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OSS One-Stop-Shop
Rz Randziffer
S Satz oder Seite
SaaS Software as a Service
Sdl Sistema di Interscambio
sog sogenannte/sogenannter
u.a unter anderem
UStG Umsatzsteuergesetz
VaSt Vorausgefüllte Steuererklärung
vgl vergleiche
ZUGFeRD Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung
Deutschland
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Meldung aus ELSTER zur Belegnachreichung am 19.11.2020
Abbildung 2: Benfords Gesetz
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz des Themas
In allen Bereichen des alltäglichen Lebens ist die „Digitalisierung“ angekommen, wenngleich auch nicht immer unter dem gleichen Namen. Die Industrie spricht diesbezüglich von „Industrie 4.0“, abgeleitet von der sog. 4. industriellen Revolution1, Anhänger Kondratieffs spekulieren hier über den bereits eingesetzten 5. Zyklus2 und einen Megatrend namens „Digitalisierung“ gibt es im Grunde nicht.3 Das Internet stellte zumindest im Jahr 2013 noch für Bundeskanzlerin Angela Merkel „Neuland“, inzwischen jedoch „noch nicht durchschrittenes Terrain“ dar.4 Letzteres trifft, verfolgt man Diskussionen bzgl. des Steuerrechts, insbesondere auch auf die Finanzverwaltung zu. Die Digitalisierung - oder wie auch immer man sie nennen mag - hat hier nach öffentlicher Meinung bisher nur wenig Einzug erhalten, und das obwohl aufGrund derallgemeinen Digitalisierung KONSENS5 zum Handeln besteht.
Am 14.11.2014 hat das BMF die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ veröffentlicht und dabei das Wort „Digitalisierung“ bzw. jegliches Synonym hierfür vermieden. Im gesamten Dokument findet sich der Wortbestandteil „digital“ über 37 Seiten nur sechs Mal wieder. Es sei hierzu angemerkt, dass die Finanzverwaltung mit den GoBD u.a. die Erfordernisse der Wirtschaft im Rahmen der Modernisierung IT-gestützter Finanz- und Buchhaltungssysteme erfüllen wollte.6
Seit dem 01.01.2020 sind die sog. GoBD 2.07 mit BMF-Schreiben vom 28.11.2019 in Kraft getreten. Die Neufassung soll die GoBD modernisieren: Unter anderem werden nun auch die Möglichkeit von Scan-Apps für Smartphones berücksichtigt als auch Cloud-Systeme explizit benannt.8 Somit darf davon ausgegangen werden, dass zumindest die Basistechnologien der Digitalisierung der Finanzverwaltung bekannt sein dürften.
Dennoch schneidet Deutschland im internationalen Vergleich kontinuierlich schlecht ab, vergleicht man die Standortattraktivität gemessen an der Besteuerung für digitale Unternehmen. So bildet Deutschland laut der Studie „Steuerliche Standortattraktivität digitaler Geschäftsmodelle. Steuerlicher Digitalisierungsindex 2018“9, welche 33 internationale Steuersysteme untersucht, das „Schlusslicht für digitale Geschäftsmodelle“10. Laut einer aktuellen Studie des IMD hat sich Deutschland gemessen an der Wettbewerbsfähigkeit sogar noch verschlechtert. So „hapert [es]“ laut Studie „zum Beispiel an der technologischen Infrastruktur und an Investitionen in die Telekommunikation. Aber zu viele Deutsche kennen sich auch im digitalen Raum zu wenig aus. Da haben die Bildungsmaßnahmen bisher noch nicht genug gebracht.“11
Es besteht also akuter Handlungsbedarf in steuerrechtlicher Hinsicht,12 insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die bekanntesten digitalen Unternehmen allesamt aus dem Ausland stammen: Google, Facebook, Microsoft, Amazon, Apple.
1.2 ZielsetzungderMasterthesis
Die digitale Wirtschaft ist die Zukunft.13 Darüber sind sich Politiker aller Fraktionen und Parteien längst einig.14 Selbst klassische Geschäftsmodelle unterliegen einer digitalen Transformation. Wer sich nicht digitalisiert, wird abgehängt. Disruption15 lautet das Stichwort.16 Doch im Bereich der digitalen Wirtschaft ist Deutschland schlecht aufgestellt.17 Es gibt so gut wie kein einziges deutsches Digitalunternehmen bis auf SAP, das sich im Weltmarkt etablieren konnten.18 Lediglich Wirecard stellte einen Lichtblick am deutschen Startup-Himmel dar, konnte sich diesen Status aber letztlich nur durch Bilanzfälschung „verdienen“.19 DerAutor selbst ist Steuerberater und darüber hinaus seit über 15 Jahren in der digitalen Wirtschaft aktiv. Er ist, neben der Tätigkeit als Steuerberater, Alleingesellschafter eines reinen Digitalunternehmens und hat eine cloudbasierte, auf dem SaaS-Konzept (Software-as-a-Service) beruhende, Unternehmenslösung entwickelt, die im Bereich der plattformunabhängigen Sanktionslistenprüfung eine marktführende Stellung innehat. Entsprechend greift der Autor als sog. „digital Native“ auf umfangreiches praktisches und theoretisches Wissen sowie auf praktische Erfahrungen im Bereich des Steuerrechts und der digitalen Wirtschaft zurück.
Motiviert aus dieser Praxistätigkeit soll, auf Grund der sich unter Punkt 1.1 aufdrängenden digitalen Inkompetenz Deutschlands und der oben dargestellten Wichtigkeit der Digitalisierung untersucht werden, ob das deutsche Steuerrecht digitale Geschäftsmodelle ausbremst und ferner, ob das deutsche Steuersystem etwaige Besteuerungspotentiale, die sich durch die „New Economy“ ergeben, verschenkt. Dies geschieht unter Beachtung aktueller und für das Thema relevanter Entwicklungen auch in Hinblick darauf, was zu tun ist, sollten tatsächlich Unternehmen ausgebremst und Besteuerungspotentiale verschenkt werden.
1.3 AufbauderMasterthesis
Um die Forschungsfrage zu beantworten, führt der Autor unter Punkt 0 zunächst in die theoretischen Grundlagen der Digitalisierung ein. Dazu wird beginnend eine Definition der Digitalisierung herausgearbeitet, um anschließend auf digitale Geschäftsmodelle unter Punkt 2.2 abstellen zu können. Die Unterpunkte dieses Kapitels beschreiben zunächst digitale Geschäftsmodelle im Allgemeinen und beleuchten anschließend die aktuelle Ist-Situation unter handels- und steuerrechtlichen Aspekten. Nachfolgend wird die Digitalisierung der Finanzverwaltung selbst unter Punkt 2.3 untersucht, um mit dem Zwischenfazit des Kapitels 3 in die sich anschließende kritische Analyse aktueller Entwicklungen unter Punkt 4 einzuführen.
Im deskriptiven Teil analysiert der Autor in kurzen Teilen bereits die vorangegangenen Entwicklungen und nimmt hierzu kritisch Stellung. Diese Methodik führt der Autor im analytischen Teil zielführend fort, indem zunächst maßgebliche aktuelle Entwicklungen untersucht, kritisch analysiert und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Forschungsfrage kommentiert werden. Der Autor beschränkt sich dabei nicht auf rein steuerrechtliche Entwicklungen wie bspw. das BEPS-Projekt, dargestellt unter Punkt 4.2, oder die Problematik hinsichtlich der Betriebsstättenregelung des §12 AO (Punkt 4.3), sondern geht auch auf aktuelle technologische Entwicklungen und ihre Bedeutung für die Besteuerung von Unternehmen ein, so etwa die Blockchaintechnologie im Kapitel 4.6. Angesichts der anhaltenden Coronapandemie werden auch deren Auswirkungen unter Punkt 4.7 analysiert.
Der Autor schließt die Analyse unter Kapitel 5 ab und formuliert eine konkrete Handlungsempfehlung auf Basis der herausgearbeiteten Ergebnisse, die zu einer neuen Einkommensart führt. Erwähnt sei an dieser Stelle bereits, dass auch im analytischen Teil selbst bereits einzelne Handlungsempfehlungen formuliert werden, da auf Grund der komplexen Systematik des deutschen Steuerrechts keine zusammen- bzw. umfassende Handlungsempfehlung möglich ist.
Kapitel 6 schließt diese Masterthesis über die Zusammenfassung und kritische Reflexion, in welcher auch die Forschungsfrage konkret beantwortet wird, mit einem Ausblick ab.
2 Theoretische und steuerrechtliche Grundlagen
Im folgenden deskriptiven Teil dieser Masterthesis werden die theoretischen und rechtlichen Grundlagen dargestellt, wobei der Autor hier bereits in einigen Abschnitten analysierend Gesetzgebung und Theorie kommentiert. Dieser Teil soll einen Überblick über die aktuelle Ist-Situation hinsichtlich der Digitalisierung der Wirtschaft und des Steuerrechts verschaffen.
2.1 Die Digitalisierung im Bereich derWirtschaft
Eine einzige wissenschaftlich anerkannte Definition des Begriffes „Digitalisierung“ existiert nicht.20 Vielmehr wird dem Begriff je nach Kontext, Branche oder Anwendungsbereich eine unterschiedliche Bedeutung zugemessen.21 Technisch gesehen handelt es sich bei der Digitalisierung um „die Umwandlung von Informationen in digitale Einheiten, sog. Bits, die durch 0 und 1 ausgedrückt werden [...]. Im Gegensatz dazu werden beim analogen Verfahren die zu übertragenden Informationen in Form von Schwingungen dargestellt. So entsteht ein Datenstrom, der die unterschiedlichen Informationen beinhalten kann: Töne, Texte, Bilder, Daten. So kann sich z.B. traditionelles Radio technisch gesehen problemlos zu einem ,Multimedia-Radio erweitern.“22
Industrie 4.0, Wirtschaft 4.0, 4.0-Geschäftsmodelle und weitere Synonyme für die Digitalisierung, wie sie heute im wirtschaftlichen Kontext verstanden wird, zielen im Grunde allesamt auf „Sensorik, Auto-ID-Technologien, Robotics, Automatisierung, IT-Systemtechnik, Virtualisierungs- und Simulationstechniken, Datenanalyse, Big Data, Internettechnologien und Cloud Computing [ab]. Ziel ist die Schaffung von mehr Effizienz durch sinkende Leerkosten, skalierbare Losgrößen bis zur Losgröße von nur eins sowie die Etablierung datengetriebener neuer Produkte und Geschäftsmodelle, die eine Monetarisierung von digitalisierten Produkten und Prozessen erlauben.“23
Begriffe wie „digitale Geschäftsmodelle“ und „digitale Wirtschaft“ fassen im Rahmen dieser Ausarbeitung alle Geschäftstätigkeiten von Unternehmen zusammen, die mit Hilfe von Computern oder technischen Substituten (Smartphones, Tablets etc.) sowie dem Internet realisiert werden, siehe dazu auch die Ausarbeitungen unter Punkt 2.2.1. „Digitalisiert“ sich ein Unternehmen hingegen, ist damit die Umstellung von analogen Arbeitsprozessen hin zu digitalen Prozessen gemeint, beispielsweise durch den Einsatz von digitalen Dokumentenablagen in Unternehmen anstelle der herkömmlichen physischen Ordnerablagen. Dieses wird auch als „digitale Transformation“ verstanden. Digitalunternehmen sind Unternehmen, die originär im digitalen Bereich anzusiedeln sind und keine wirtschaftlichen Aktivitäten in klassischen Branchen aufweisen, etwa Softwarehersteller, Cloudanbieter, Datenanalysten etc. sowie hybride Unternehmen. Eine genaue Definition folgt in Kapitel 2.2.1.
Insbesondere vordem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit andauernden Coronapandemie und dem „November-Lockdown“ nimmt das Thema „Digitalisierung“ auch die Arbeitnehmer zunehmend ein. War Deutschland im europäischen Vergleich bei der Nutzung und Einrichtung sog. Homeoffices noch im Mittelfeld, so hat die Pandemie dazu beigetragen, dass vermehrt Arbeitnehmer im Homeoffice ihre Arbeit verrichten.24 Zugleich zwingt die Pandemie nahezu alle Unternehmen dazu, sich digital (neu) aufzustellen, um zum Einen den Arbeitnehmern die Verrichtung ihrer Tätigkeiten aus dem Homeoffice zu ermöglichen und um zum Anderen wettbewerbsfähig zu bleiben.25 So sind traditionelle Einzelhändler gezwungen, digitale Absatzmärkte zu bedienen, da auf Grund der Corona-Maßnahmen im Frühjahr 2020 der stationäre Einzelhandel nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist und die Prognosen für das Weihnachtsgeschäft 2020 ebenso düster aussehen.26 Verglichen hierzu boomt der sog. Onlinehandel. Nur durch die Coronapandemie sei ein Umsatzplus in Höhe von 13,3% in 2020 zu verzeichnen - zusätzlich zum ohnehin stetigen Wachstum der E-Commerce-Branche.27
Des Weiteren sorgt die Digitalisierung für eine Dezentralisierung von Leistungen, etwa durch moderne Kommunikationswege wie Videotelefonie bzw. Videokonferenzen. So können Schulungen und Seminare ortsunabhängig von überall auf der Welt abgehalten und besucht werden. Ferner entsteht eine neuartige Vernetzung von Personen und Orten, was die Gesellschaft, Unternehmen und die Politik vor neue Herausforderungen stellt.28 Auch ist zu beachten, dass die sog. „Digital Natives“ als neue Unternehmergeneration gelten, was für zusätzliche Herausforderungen in allen Branchen sorgt. Denn diese Generation ist digital aufgewachsen und hält es für selbstverständlich, digitale Arbeitsprozesse zu etablieren und zu nutzen.29 So ist davon auszugehen, dass künftig insbesondere bei Neugründungen auch in traditionellen Branchen, die originärzunächst nicht derdigi- talen Wirtschaft zuzurechnen sind, vermehrt auf den Einsatz von digitalen Prozessen, Kommunikationswegen und Medien gesetzt wird.
2.2 Digitale Geschäftsmodelle
2.2.1 ImAllgemeinen
Digitale Geschäftsmodelle bzw. digitale Unternehmen lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien aufteilen: Die Internetwirtschaft und die klassische Informations- und Telekommunikationsbranche (kurz: ITK), die vor allem Hardware produziert oder vertreibt.30 Erstgenannte Branche wird allgemein als Innovationstreiber angesehen und mit modernen Begriffen wie „Cloud-Computing“ und „Big- Data“ verknüpft.31 Sog. Startups sprießen aus dem Boden und gründen in der Branche der Internetwirtschaft rund 80% aller neuen Digitalunternehmen.32 Ein Blick auf den internationalen Vergleich ist allerdings alarmierend: So gibt es, mit Ausnahme von SAP, so gut wie kein einziges deutsches Digitalunternehmen, welches weltweit eine führende Rolle einnimmt.33 Auch hinsichtlich der Neugründungen ist Deutschland weit abgeschlagen. Das „Land der Ingenieure“ hat die Digitalisierung buchstäblich verschlafen - insbesondere im Mittelstand.34 Das BMWi sieht hierzulande sogar eine digitale Zweiklassengesellschaft, nämlich Unternehmen mit einer „hohen digitalen Reife“ und Unternehmen, die eine digitale Transformation noch gar nicht angegangen haben.35 Dass die Digitalisierung bei Unternehmen nicht nur von Euphorie geprägt ist, sondern durchaus auch (finanzielle) Hürden mit sich bringt, zeigt das Beispiel des „Digitalbonus Niedersachsen“. Hier unterstützt die niedersächsische Landesregierung kleine und mittlere Unternehmen mit einem finanziellen Zuschuss, um die digitale Transformation anzugehen.36 Denn der Politik ist durchaus bewusst, dass mittelfristig nur noch Unternehmen mit einer digitalen Basis wettbewerbsfähig bleiben können - das zeigen zahlreiche Förderprogramme zur Digitalisierung auch anderer Bundesländer.
[...]
1 Vgl. TÜV Süd, Industrie 4.0 Readiness Index, online unter: www.tuvsud.com, https://www.tuvsud.com/de-de/dienstleistungen/auditierung-und-zertifizierung/industrie-40 (Stand:2020;Abruf: 14.11.2020).
2 Vgl. Vogel, C., 2020, S. 66.
3 Vgl. https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends/, Zugriffam 14.11.2020.
4 Vgl. https://www.sueddeutsche.de/digital/merkel-digitalgipfel-kuenstliche-intelligenz-datenkon-zerne-1.4239429, Zugriffam 14.11.2020.
5 „Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung“ mit dem Ziel, einheitliche und moderne IT-Systeme in der Finanzverwaltung zu schaffen. Siehe hierzu Kapitel 2.3.
6 Vgl. Groß, S. etal., 2020, S.11.
7 Vgl. Groß, S., 2018, S1.
8 Vgl. BMF, 2019e, Rz. 20.
9 ZEW, 2018.
10 https://industrie.de/top/deutschland-schlusslicht-digitale-geschaeftsmodelle/, Zugriff am 16.11.2020.
11 https://bnn.de/nachrichten/wirtschaft/digitale-wettbewerbsfaehigkeit-deutschland-verliert-bo- cten.Zugriffam 17.11.2020.
12 Vgl. DeutscherBundestag, 2019.S.1.
13 Vgl. https://www.capital.de/wirtschaft-politik/digitalisierung-diese-koepfe-gestalten-die-wirt- schaft-von-morgen, Zugriff am 22.11.2020.
14 Vgl. DeutscherBundestag, 2018a, S. 1ff.
15 Prozess, bei dem klassische Geschäftsmodelle durch neue Innovationen oder Technologien vollständig ersetzt werden.
16 Vgl. Schallmo, D. etal., 2017, S. 26.
17 Vgl. DeutscherBundestag, 2018a, S. 1.
18 Vgl. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/ranking-deutsche-unternehmen-ver- lieren-den-anschluss-nur-zwei-konzerne-unter-den-top-100-weltweit/25362954.html, Zugriff am 22.11.2020.
19 Vgl. O. V., Bilanzfälschung bei Wirecard, 2020.
20 Vgl. https://www.claudia-horner.de/horne/news2_3746_was-ist-digitalisierung-eine-definition, Zugriffam 16.11.2020.
21 Vgl. Stöger, R., 2019, S. 41.
22 Gläser, M., 2011, S. 273.
23 Bertenrath, D.R.etal. ,2016,S.3.
24 Vgl. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/studie-homeoffice-boom-koennte- corona-pandemie-ueberdauern/26002678.html, Zugriff am 16.11.2020.
25 Vgl. https://www.e-commerce-magazin.de/coronavirus-und-homeoffice-so-zwingt-die-krise- untemehmen-zum-umdenken/, Zugriffam 16.11.2020.
26 Vgl. https://www.ifhkoeln.de/infoblog-covid-19-und-die-auswirkungen-fuer-den-handel/, Zugriff am 16.11.2020.
27 Vgl. https://t3n.de/news/e-commerce-boom-133-prozent-1326373/, Zugriffam 16.11.2020.
28 Vgl. EFI, 2016, S. 63.
29 https://www.bstbk.de/de/themen/brennpunktthemen/digitalisierung, Zugriff am 17.11.2020.
30 Vgl. EFI, 2016, S. 60.
31 Vgl. Ebd., S. 62.
32 Vgl. Ebd., S. 61.
33 Vgl. https://www.habitat-capital.de/post/zwei-fehler-bei-der-digitalen-transformation-des-deut- schen-mittelstands, Zugriff am 16.11.2020.
34 Vgl. https://www.mittelstand-heute.com/artikel/deutsche-familienbetriebe-verschlafen-die-digi- talisierung, Zugriffam 16.11.2020.
35 Vgl. BMWi, 2015, S. 6.
36 https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/themen/digitalisierung/digitalbonus_niedersach- sen/digitalbonus-niedersachsen-180266.html, Zugriff am 17.11.2020.
- Citar trabajo
- Tobias Siemssen (Autor), 2020, Digitale Geschäftsmodelle im deutschen Steuerrecht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1131031
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