Die Fragestellung für die vorliegende Arbeit kann wie folgt formuliert werden: Mit welchen räumlichen, malerischen und ikonografischen Mitteln setzt Martin Schongauer das Thema des Weltgerichts in Szene? Verfolgt er, im Vergleich zur deutschen Wandmalerei, eine traditionelle Umsetzung oder bringt er Erneuerungen ein? Beeinflussen mögliche Erneuerungen die Interpretation des dargestellten Weltgerichts? Im Verlauf der Arbeit wird zu erkennen sein, dass er gattungsübergreifend gearbeitet hat. Daraus resultiert die Überlegung: aus welchen Gattungen übernimmt er Inspirationen und wie verändert sich die ikonografische Interpretation seines Werkes dadurch?
Die Darstellung des Jüngsten Gerichts von Martin Schongauers im St. Stephans Münster zu Breisach ist ein großformatiges Wandgemälde, das der Colmarer Künstler um das Jahr 1485 anfertigte. Er sollte das Weltgericht auf einer Gesamtfläche von 312 Quadratmeter in Szene setzen. Somit entstanden an den Wänden der Westhalle, einem Erweiterungsbau der Stadtpfarrkirche Breisach, die Richterszene an der Westwand, das Paradies an der Südwand und die Hölle an der Nordwand.
Da die Schriftquellen zu Martin Schongauers Leben sowie zu diesem Auftrag sehr lückenhaft sind, bleiben viele Fragen zu dem Werk offen. So ist bis heute nicht geklärt, wer der Auftraggeber war, wie Martin Schongauer dieses großformatige Wandgemälde umsetzte, wer seine Mitarbeiter/Gehilfen waren, und ob das Kunstwerk fertiggestellt wurde, oder ob er unvermittelt währenddessen verstorben ist.
Aufgrund dieser ungeklärten Fragen, liegt in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf der Umsetzung des Werkes. Mit welchen Motiven hat Schongauer das Weltgericht in Breisach in Szene gesetzt? Folgt Martin Schongauer einer traditionellen Umsetzung oder weicht er davon ab?
Das Thema des Weltgerichts war im Mittelalter und auch im Spätmittelalter ein sehr beliebtes und häufig umgesetztes Motiv. Es ergeben sich daraus viele Vergleichsmöglichkeiten. In erster Linie soll in dieser Arbeit der Vergleich mit der deutschen Wandmalerei im Vordergrund stehen, um so die Erneuerungen für diesen geografischen Raum und die Gattung der Wandmalerei deutlich werden zu lassen. Dafür wurden 61 Wandgemälde in Deutschland mit dem Motiv des Jüngsten Gerichts ausgewertet.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- 1. Methode und Vorgehen
- 2. Forschungsstand
- II. DIE SCHRIFTQUELLEN ZU MARTIN SCHONGAUERS WERK DES JÜNGSTEN GERICHTS IN BREISACH / AUFTRAGGEBER
- III. WERKANALYSE
- IV. DAS WERK MARTIN SCHONGAUERS IM KONTEXT SEINER ZEIT
- 1. Exkurs zur deutschen Wandmalerei
- 2. Die räumliche Konzeption
- 2.1 Die räumliche Umsetzung des Breisacher Weltgerichts
- 2.2 Die Westinnenwand
- 3. Die malerische Umsetzung des Breisacher Weltgerichtes
- 3.1 Die Flächenstrukturierung des Breisacher Weltgerichts
- 3.2 Das Figurenpersonal
- 3.3 Anordnung der Figuren
- 3.4 Die malerischen Ausführung des Weltgerichts
- 4. Die ikonografische Analyse
- 4.1 Der Quellentext
- 4.2 Die Herrlichkeit Christi
- 4.3 Das Reich Gottes
- 4.4 Der Höllensturz
- V. DIE FUNKTION DES BREISACHER WELTGERICHTS
- VI. ZUSAMMENFASSUNG
- VII. LITERATURVERZEICHNIS
- VIII. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Wandgemälde des Jüngsten Gerichts von Martin Schongauer im St. Stephans Münster zu Breisach. Ziel ist es, die künstlerischen Mittel der Gestaltung zu analysieren und diese in den Kontext der deutschen Wandmalerei des Spätmittelalters einzuordnen.
- Räumliche Konzeption und ihre Besonderheiten im Vergleich zu anderen Weltgerichtsdarstellungen
- Malerische Umsetzung und ihre Inspirationsquellen in der deutschen und niederländischen Kunst
- Ikonografische Analyse und Interpretation der dargestellten Motive im Kontext der Bibel
- Die Funktion des Wandgemäldes im Hinblick auf mögliche Auftraggeber und politische Intentionen
- Die Einordnung von Schongauers Werk in den Wandel der Weltgerichtsdarstellung im Spätmittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Fragestellung und die Methode der ikonografischen Analyse vor. Sie beleuchtet den Forschungsstand zum Wandgemälde und skizziert die wichtigsten Quellen zur Weltgerichtsdarstellung in der Kunstgeschichte.
- Schriftquellen und Auftraggeber: Dieses Kapitel behandelt die wenigen erhaltenen Schriftquellen zu Martin Schongauer und dem Breisacher Wandgemälde. Es beleuchtet die Datierung des Werks und die mögliche Identität der Auftraggeber, wobei ein neu entdecktes Dokument im Stadtarchiv Breisach eine Rolle spielt.
- Werkanalyse: Hier erfolgt eine detaillierte Beschreibung des Wandgemäldes, die sich mit der räumlichen Konzeption, der malerischen Umsetzung, der Figuren und ihrer Anordnung sowie mit der Technik der Ausführung auseinandersetzt.
- Martin Schongauer im Kontext seiner Zeit: Dieses Kapitel vergleicht die malerischen und ikonografischen Besonderheiten von Schongauers Weltgerichtsdarstellung mit anderen Beispielen aus der deutschen Wandmalerei. Es analysiert die räumliche Konzeption, die Flächenstrukturierung, die Auswahl und Anordnung der Figuren sowie die malerischen Besonderheiten in den einzelnen Szenen (Richterszene, Paradies, Hölle).
- Ikonografische Analyse: Dieses Kapitel untersucht die ikonografische Bedeutung des Wandgemäldes unter Berücksichtigung der biblischen Quellen. Es analysiert die einzelnen Szenen und Motive im Hinblick auf ihre inhaltliche Aussage und ihre ikonografische Tradition.
- Die Funktion des Breisacher Weltgerichts: Dieses Kapitel geht der Frage nach der Funktion des Wandgemäldes über die reine theologische Unterweisung hinaus. Es diskutiert die möglichen Auftraggeber und ihre Intentionen im Kontext der damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse.
- Zusammenfassung: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und hebt die wichtigsten Erkenntnisse hervor.
Schlüsselwörter
Martin Schongauer, Weltgerichtsdarstellung, Wandmalerei, Spätmittelalter, Breisach, St. Stephans Münster, Raum, Fläche, Figuren, Ikonografie, Bibel, Matthäusevangelium, Offenbarung des Johannes, Deesis, Paradies, Hölle, Höllenfürst, Luzifer, Auftraggeber, Stadt Breisach, Stadtrat, Kloster Marienau, Funktion, politische Bedeutung.
- Citation du texte
- Johanna Schuler (Auteur), 2020, Das Wandgemälde des Jüngsten Gerichts von Martin Schongauer im St. Stephans Münster zu Breisach, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1130189