Der Übergang zur Elternschaft ist in der Biographie von Paaren ein besonders einschneidendes Ereignis. Routinen, die sich in der Dyade bewährt haben mögen, greifen in der Triade nicht mehr. Das Kind, das als neuer, dritter Faktor auftritt, zwingt die Eltern zu einer stärkeren Zusammenarbeit. Der Raum, der den Eltern vormals zur freien Gestaltung eigenen Handelns zur Verfügung steht, wird nun enger. Die Betreuung des Kindes erfordert einen hohen Aufwand an die Ressourcen beider Elternteile (vgl. Fthenakis et al. 1998: 2). Um eigene Bedürfnisse, die Partnerschaft und die Pflege des Kindes gleichermaßen wahrzunehmen und zu balancieren, ist insbe-sondere die Konfliktfähigkeit der Partner von entscheidender Bedeutung, da in vielen Fällen von divergierenden Interessen ausgegangen werden kann (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 186). Die kommunikative Fähigkeit Probleme so zu thematisieren und zu lösen, dass die Beziehungsqualität nicht darunter leidet, erscheint als entscheidender Faktor, der den Übergang zur Elternschaft und schließlich das Zusammenleben als Triade, prägt (vgl. Engl und Thurmaier 2003: 264). Die vorliegende Arbeit unterstreicht die These, dass die partnerschaftlichen Kommunikationsstile eine Schlüsselfunktion für die Beziehungsqualität darstellen, was für die Phase des Übergangs zur Elternschaft in noch stärkerem Maß gilt (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 191). Die Leitfrage lautet: Wie kann den besonderen Anforderungen der Elternschaft begegnet werden, so dass die Beziehungsqualität positiv beeinflusst wird? Zunächst wird im ersten Kapitel in den Problemhorizont eingeführt. Hierbei interessiert besonders die Frage, inwiefern der Eintritt in die Elternschaft die Konflikthäufigkeit und die Zufriedenheit mit dem Partner beeinflusst. Darauf aufbauend soll näher erläutert werden, welche neuen Einflussfaktoren nach dem Übergang zur Triade auf die Partnerschaftszufriedenheit einwirken. Der Übergang zur Triade führt neue geschlechtsspezifische Rollenmuster ein, die oft einen tiefen Eingriff in die partnerschaftliche Interaktion vornehmen. Diesen wird ein zweites Kapitel gewidmet. Eine weitere für die Beziehungsqualität von jungen Eltern wichtige Bedeutung fällt der Veridikalität des Partnerkonzeptes zu, die in einem dritten Kapitel behandelt wird.
Inhalt
Einführung
1 Problemstellung
1.1 Soziologische Ansätze
1.2 Psychologische Ansätze
1.3 Partnerschaftsentwicklung nach Fthenakis
1.4 Zwischenfazit
2 Traditionalisierung der Geschlechtsrollen
3 Veridikalität des Partnerkonzepts
4 Trainingsprogramme für die Partnerschaftskommunikation
4.1 Konzeptionen
4.2 Zehn wichtige Kommunikationsregeln
4.2.1 Fertigkeiten der Sprecherrolle
4.2.2 Fertigkeiten der Zuhörerrolle
4.3 EPL - Ein Partnerschaftliches Lernprogramm
4.3.1 Inhalte und Ziele des EPL
4.4 KEK - Konstruktive Ehe und Kommunikation
4.4.1 Inhalte und Ziele von KEK
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
Anhang
Einführung
Der Übergang zur Elternschaft ist in der Biographie von Paaren ein besonders einschneidendes Ereignis. Routinen, die sich in der Dyade bewährt haben mögen, greifen in der Triade nicht mehr. Das Kind, das als neuer, dritter Faktor auftritt, zwingt die Eltern zu einer stärkeren Zusammenarbeit. Der Raum, der den Eltern vormals zur freien Gestaltung eigenen Handelns zur Verfügung steht, wird nun enger. Die Betreuung des Kindes erfordert einen hohen Aufwand an die Ressourcen beider Elternteile (vgl. Fthenakis et al. 1998: 2). Um eigene Bedürfnisse, die Partnerschaft und die Pflege des Kindes gleichermaßen wahrzunehmen und zu balancieren, ist insbesondere die Konfliktfähigkeit der Partner von entscheidender Bedeutung, da in vielen Fällen von divergierenden Interessen ausgegangen werden kann (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 186). Die kommunikative Fähigkeit Probleme so zu thematisieren und zu lösen, dass die Beziehungsqualität[1] nicht darunter leidet, erscheint als entscheidender Faktor, der den Übergang zur Elternschaft und schließlich das Zusammenleben als Triade, prägt (vgl. Engl und Thurmaier 2003: 264). Die vorliegende Arbeit unterstreicht die These, dass die partnerschaftlichen Kommunikationsstile eine Schlüsselfunktion für die Beziehungsqualität darstellen, was für die Phase des Übergangs zur Elternschaft in noch stärkerem Maß gilt (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 191). Die Leitfrage lautet: Wie kann den besonderen Anforderungen der Elternschaft begegnet werden, so dass die Beziehungsqualität positiv beeinflusst wird? Zunächst wird im ersten Kapitel in den Problemhorizont eingeführt. Hierbei interessiert besonders die Frage, inwiefern der Eintritt in die Elternschaft die Konflikthäufigkeit und die Zufriedenheit mit dem Partner beeinflusst. Darauf aufbauend soll näher erläutert werden, welche neuen Einflussfaktoren nach dem Übergang zur Triade auf die Partnerschaftszufriedenheit einwirken. Der Übergang zur Triade führt neue geschlechtsspezifische Rollenmuster ein, die oft einen tiefen Eingriff in die partnerschaftliche Interaktion vornehmen. Diesen wird ein zweites Kapitel gewidmet. Eine weitere für die Beziehungsqualität von jungen Eltern wichtige Bedeutung fällt der Veridikalität des Partnerkonzeptes zu, die in einem dritten Kapitel behandelt wird.
Darüber hinaus wird ein kurzer Überblick über Konzepte und Trainings zur Steigerung von Kommunikations- und Konfliktfähigkeit von Paaren nach Engl und Thurmaier gegeben, die besonders bei einer bevorstehenden Elternschaft als sinnvolle Investition in die Paarbeziehung gelten könnten. Im abschließenden Fazit werden die Einflussmöglichkeiten und Grenzen kommunikativer Fähigkeiten zum Erhalt der Beziehungsqualität in der Transformation vom Paar zur Familie skizziert. Die Argumentation dieser Arbeit stützt sich besonders auf die Ergebnisse der LBS-Familien-Studie (Vgl. Fthenakis et al. 2002).
1 Problemstellung
Es gilt als empirisch gesichert, dass der Start in die Erstelternschaft in den meisten Fällen von einer dramatischen Verschlechterung der Beziehungsqualität der Partner begleitet wird (vgl. Fthenakis et al. 2002: 88). Das folgende Schaubild, das auf den Ergebnissen der LBS Familienstudie basiert, illustriert diese Verschlechterung. Die Messung der Partnerschaftsqualität erfolgt hier durch den Partnerschaftsfragebogen PFB von Hahlweg (1982)[2]. Der Messzeitraum erstreckt sich vom letzten Drittel der Schwangerschaft bis 18 Monate nach der Geburt des Kindes.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Abnahme der Partnerschaftsqualität im Übergang zur Elternschaft (Quelle: Fthenakis et al. 1998: 2)
Zur Erklärung dieses Sachverhalts können soziologische und psychologische Theorien herangezogen werden.
1.1 Soziologische Ansätze
Eine traditionelle soziologische Herangehensweise ist die Konstruktion eines Familienzyklus (vgl. Rüssmann 2006: 192ff). Hier wird eine normative Auswahl charakteristischer Entwicklungsphasen getroffen, die eine Familie durchläuft. Zu jeder dieser Phasen, eine davon ist die Transformation vom Paar zur Familie, werden Werte für Stabilität und Zufriedenheit ermittelt. Jene sollen schließlich unter Rückgriff auf sozialstrukturelle Merkmale erklärt werden (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 186ff).
Belastungstheorien gelten als früheste soziologische Theorien dieses Forschungsfelds. Potentielle Belastungen, die beim Übergang zur Triade auftreten werden gesammelt und als unabhängige Variable erfasst. Die Beziehungsqualität fungiert hier als abhängige Variable. Die Basis dieses Ansatzes besteht in der Hypothese, dass vermehrte Belastungen in dieser Phase des Partnerschaftszyklus zu einem erhöhten Krisenerleben führt, welches wiederum eine geringere Partnerschaftszufriedenheit evoziert. Neben den Belastungen können auch weitere Bedingungs- und Ereignismerkmale ermittelt werden. Es könnten so z.B. auch Bereicherungen mit einbezogen werden. VOC-Theorien (value of children) beleuchten in diesem Kontext das Kind als (positiven) Einflussfaktor auf die Partnerschaftszufriedenheit. Letztere fällt umso höher aus, je mehr der Wert des Kindes, die Belastungen, die es produziert, aufwiegt (vgl. Reichle und Werneck 1999: 7).
Eine weitere eher soziologische Methode, die das Absinken der Beziehungsqualität nach der Geburt des ersten Kindes zu erklärt, besteht in der Anwendung austauschtheoretischer Überlegungen (vgl. Lewis und Spanier 1979). Nach diesem Ansatz werden Beziehungen dann als angenehm empfunden, wenn die mit ihnen verbundenen Kosten-Nutzen-Bilanzen ausgeglichen sind. Unausgewogene Bilanzen führen daher umgekehrt zu Belastungen und Unzufriedenheit, womit sie einen negativen Einfluss auf die Beziehungsqualität ausüben können (vgl. Reichle und Werneck 1999: 9). So wird die Häufigkeit belohnender Interaktionen der Partner tendenziell kleiner, da die Pflege des Kindes die Zeit der Eltern füreinander verringert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Konflikte auftreten, steigt, da bei Entscheidungen eigene Interessen, sowie Interessen des Partners und des Kindes berücksichtigt werden müssen und dabei oft ein zusätzlicher Zeitdruck herrscht (vgl. Arránz Becker und Rüssmann 2003: 186ff).
Im Anschluss an die Forschung von Lewis und Spanier (1979) lassen sich zudem vorgeburtliche Determinanten mit Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit definieren. Diesem Ansatz folgend, wird die These formuliert, dass je größer die vorgeburtliche Homogenität in Bezug auf soziale Variablen ist, desto besser ist die Ehequalität. Lewis und Spanier beziehen dies auf die Variablen Rasse, sozioökonomischer Status, Religion und Intelligenz. Hahlweg (1986: 58) konstatiert jedoch, dass sich diese Hypothese im deutschsprachigen Raum nicht ausreichend bewährt hat (vgl. auch Engl 1997: 251f).
1.2 Psychologische Ansätze
Psychologische Erklärungen greifen auf individuelle personenbezogene Ressourcen zurück. Sie lassen sich in persönlichkeitspsychologische, kognitiv-emotions-psychologische und kommunikativ fundierte Ansätze unterteilen.
In der persönlichkeitspsychologischen Herangehensweise wird die Ausprägung spezifischer Persönlichkeitsmerkmale mit dem Bewältigungsverhalten junger Eltern in Beziehung gesetzt. Als erleichternde Eigenschaften nennt Werner Wicki (1997: 50f) Selbstwirksamkeit, Optimismus, Sinn für Humor, persönliche Reife, Sensitivität und hohes Selbstwertgefühl. Eine Besonderheit der Partnerschaftsentwicklung als Funktion von Persönlichkeitsmerkmalen kann in dem hier auftretenden großen Netz der erhobenen Variablen ausgemacht werden (vgl. Reichle und Werneck 1999: 10)
Kognitiv-emotionspsychologische Ansätze untersuchen individuelle Bewältigungsstrategien, die im Vergleich zu Persönlichkeitsmerkmalen als spezifischer erfassbar gelten. So kann beispielsweise Ärger unterdrückt oder ausagiert werden. Es lassen sich verschiedene Bewältigungsstile, wie „Attributionsstil“ und „depressiver Stil“ definieren mit Hilfe derer Auswirkungen auf die Beziehungsqualität untersucht werden können (vgl. ebenda: 10f).
Die Darstellung der Partnerschaftsentwicklung als Funktion von positiver oder negativer Kommunikation impliziert ein eher lerntheoretisches Verständnis von Partnerschaften. Verschlechterungen der Beziehungsqualität resultieren nach diesem Ansatz aus einer „gestiegenen Anzahl erlebter Unstimmigkeiten“ (vgl. ebenda: 11). Die Segregierung von Aufgaben und ein nachfolgender Verlust von partnerschaftlicher Veridikalität bilden eine Quelle für Konflikte. Worthington und Buston (1987) arbeiten vier Prozesse heraus, die das Kommunikationsverhalten beim Übergang zur Elternschaft beeinflussen: Die Erweiterung von der Dyade zur Triade bringt erstens durch das Hinzukommen eines neuen Familienmitglieds eine Verringerung positiver Interaktionen der Eltern mit sich. Die Kommunikation der Eltern wird zweitens oft durch das Kind gestört. Kommunikationsinhalte beziehen sich demgegenüber verstärkt auf das Kind, Lösungen müssen schneller entwickelt werden. Drittens ergibt sich eine Häufung von Bestrafungen, da Entscheidungen nun auch ohne eine vorherige Abstimmung getroffen werden müssen. Die viertens angeführten dysfunktionalen Attributionen der Kausalität umschreiben das Phänomen, dass der mit dem Übergang zur Elternschaft verbundene Stress als vom Partner verschuldet, anstatt extern verursacht, empfunden wird. Lern- und Kommunikationstheoretische Ansätze bieten den Vorteil, dass sie Annahmen über Entwicklungsprozesse formulieren und schließlich auch Prognosen ermöglichen (vgl. Reichle und Werneck 1999: 11f). Zudem ermöglichen sie eine aktive Beeinflussung der Entwicklung der Beziehungsqualität, da kommunikative Fähigkeiten erlernt werden können (vgl. Fthenakis et al. 2002: 478f).
[...]
[1] Auf eine Betrachtung der Entwicklung der Beziehungsstabilität wird in dieser Arbeit verzichtet.
[2] Hahlweg geht in Anlehnung an Lewis und Spanier (1979) von der Beziehungsqualität als einer subjektiven Bewertung der Zufriedenheit in einer Paarbeziehung aus (vgl Hahlweg 1986: 50). Beziehungsqualität und Partnerschaftszufriedenheit können deshalb im Folgenden als Synonyme verwendet werden. Der Partnerschaftsfragebogen PFB vereint je eine Skala zu Streitverhalten, Zärtlichkeit und Gemeinsamkeit/Kommunikation (vgl. ebenda: 150). Hahlweg geht von der Kommunikationsstruktur als wichtigste Determinante für die Beziehungsqualität aus (vgl. ebenda: 87).
- Arbeit zitieren
- Sebastian Theodor Schmitz (Autor:in), 2008, Vom Paar zur Familie - Kommunikation als Schlüssel zu einer konstanten Beziehungsqualität?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112792
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