In der heutigen Zeit ist es üblich, dass für Abmachungen und rechtliche Schritte eine schriftliche Fixierung stattfindet. Dies findet meist in Formen von Verträgen in jeglicher Art statt. Im Mittelalter war diese Vorgehensweise in dieser Form noch nicht möglich. Aus diesem Grund muss „die symbolische Kommunikation als die im Mittelalter dominante Form angesehen werden.“ [...] Im Mittelalter unterschied man drei verschiedene Formen von symbolischer Kommunikation. Das öffentliche Bitten, wurde durch Fürsprecher inszeniert, dabei wurde die Bitte an den Adressaten herangebracht, was diesem ermöglichte als gnädig angesehen zu werden, wenn der Bitte nachgegangen wurde. Durch den Einsatz der Fürsprecher wurde eine große Machtfülle und Entscheidungsfreiheit der Mächtigen suggeriert. Öffentliche Bitten liefen nach einem festen Schema ab. Dabei musste der Bittsteller eine unterwürfige Haltung, in Form eines in die Kniesinkens oder eines wortlosen Fußfalls, einnehmen. Darauf folgte dann das gnädige Gewähren, das sich darin äußert, dass „der Bittsteller vom Boden [aufgehoben wurde, an der Hand zu einem Ehrenplatz geleitet wurde und ihm die Erlaubnis zum Vortragen seiner Bitte gewährt wurde]“.
Das öffentliche Scherzen „signalisierte Frieden und symbolisierte Freundschaft“, und fand meist bei Mählern und Gelagen statt. Die öffentliche Unterwerfung diente dazu, das eigene Leben nach einer militärischen Niederlage zu retten. Das war für den Unterlegenen ein entwürdigendes Szenario, in dem er „barfuß und halbnackt, […], flehen[d] unter Tränen und stammelnd um Gnade, dabei Selbstbezichtigung und Formeln der Selbstaufgabe [dem siegreichen Kontrahenten vorbrachte]“. In der folgenden Arbeit wird auf die symbolische Kommunikation und ihre verschiedenen Formen anhand entsprechender Stellen im Eneasroman näher eingegangen. Hierbei wird auf die von Althoff vorgegebene Struktur geachtet und versucht zu analysieren, warum Heinrich von Veldeke meistens eine abgeänderte und oft stark reduzierte Handlung gewählt hat. Auch wird auf die unterschiedlichen äußeren, politischen und standesgesellschaftlichen Änderungen, vor allem bei den öffentlichen Bitten eingegangen. In der folgenden Arbeit werden jedoch die privaten Bitten die vorgetragen werden weggelassen, da von Althoff für diese keine festen Regeln aufgeführt wurden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Das öffentliche Bitten im Eneasroman
- Bitte um Aufnahme bei Dido
- Bitte um Aufnahme bei Latinus
- Bitte des Turnus um Unterstützung und Rat
- Bitte des Eneas für freien Abzug seines Sohnes Ascanius
- Bitte des Turnus am Leben bleiben zu dürfen
- Das öffentliche Scherzen im Eneasroman
- Spott wegen des Briefs von Lavinia
- Spott über aufkommende Liebe zwischen Eneas und Lavinia
- Die öffentliche Unterwerfung des Turnus im Eneasroman
- Das öffentliche Bitten im Eneasroman
- Zusammenfassung und Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der symbolischen Kommunikation im Mittelalter, insbesondere anhand des Eneasromans von Heinrich von Veldeke. Ziel ist es, die Bedeutung der symbolischen Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters zu beleuchten und die Funktionsweise dieser Kommunikationsform im Kontext des Eneasromans zu analysieren.
- Öffentliche Bitten als Form der symbolischen Kommunikation im Eneasroman
- Analyse der Unterschiede zwischen der symbolischen Kommunikation im Mittelalter und der heutigen Zeit
- Untersuchung der Rolle von Ritualen und symbolischen Handlungen im Eneasroman
- Vergleich der Darstellung der symbolischen Kommunikation im Eneasroman mit den Beschreibungen von Althoff
- Analyse der politischen und standesgesellschaftlichen Veränderungen im Kontext der öffentlichen Bitten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedeutung der symbolischen Kommunikation im Mittelalter dar und führt in die Thematik der Arbeit ein. Der Hauptteil analysiert die verschiedenen Formen der symbolischen Kommunikation im Eneasroman, insbesondere die öffentlichen Bitten. Dabei werden die einzelnen Bitten im Kontext des Romans analysiert und mit den Beschreibungen von Althoff verglichen. Die Zusammenfassung und der Schluss fassen die Ergebnisse der Arbeit zusammen und ziehen Schlussfolgerungen für das Verständnis des Mittelalters.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die symbolische Kommunikation, den Eneasroman, Heinrich von Veldeke, das Mittelalter, öffentliche Bitten, Rituale, politische und standesgesellschaftliche Veränderungen.
- Quote paper
- Nadja Gilch (Author), 2007, Die Bedeutung der symbolischen Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters anhand des Eneasromans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112671
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