„Etwa gleichzeitig mit dem expressionistischen Jahrzehnt, vor und nach dem Ersten
Weltkrieg, schrieb ein jüdischer Versicherungsbeamter in Prag Prosa, die keiner bestimmten
Stilrichtung folgte, zu seinen Lebzeiten nur in Bruchstücken und wenigen Kennern bekannt
wurde und von ihm selbst nur zum kleinen Teil als gelungen eingeschätzt wurde.“
Obwohl zu seinen Lebzeiten die Wirkung seiner Werke allerdings bescheiden war, ist
Kafkas Bedeutung für die Entwicklung einer modernen Prosa in vielen Literaturen außergewöhnlich
groß. Mit anderen Worten: Kafkas Schaffen hat eine späte, aber dann international
weit reichende Auswirkung und sehr unterschiedliche Deutung gefunden. Heutzutage erreichen
Ausgaben seiner Werke Bestsellerzahlen und werden in viele Fremdsprachen übersetzt.
Die anhaltende Wirkung Kafkas bringt den Beweis mit sich, dass moderne Leser auch
heute in seinen Werken eigene Erfahrungen und Vorstellungen wieder erkennen können: die
Unsicherheiten des sich reflektierenden Ichs, die Zweifel an Erkenntnis und Glauben, die Irritation
durch eine erforschte, jedoch nicht verstandene Welt, die Ängste gesellschaftlicher und
politischer Unfreiheit u.Ä. Franz Kafka wurde im Jahre 1883 als ältestes von sechs Kindern eines tschechisch
sprechenden, vom Lande nach Prag übergesiedelten jüdischen Kaufmanns geboren. Er besuchte
ein deutsches Gymnasium und war immer ein außerordentlich guter Schüler, machte
sowohl zahlreiche Vergnügungs- wie auch Bildungsreisen, ähnlich wie andere junge Leute.
Schon als Kind begann er zu schreiben. Nach der bald aufgegebenen Germanistik studierte
er auf Wunsch seines Vaters in Prag Jura, allerdings ohne besonderes Interesse und
wurde Beamter mehrerer Versicherungsunternehmen. Er erwies sich als besonders tüchtiger
Beamter, zuerst in den Assecurazioni Generali, später auch in der Arbeiter-Unfall-
Versicherung. Er litt jedoch unter dem Beruf, der die Kraft, die zum Schreiben helfen könnte,
verzehrte. Mit anderen Worten: Kafka stand einerseits „zwischen dem ungeliebten Brotberuf,
dem Unverständnis seines Elternhauses und einer verzehrender Leidenschaft zu schreiben“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Franz Kafka – Leben und Schaffen
3. „Ein Landarzt“
3.1 Entstehung
3.2 Inhaltsschilderung
3.3 Versuch einer Interpretation
4. Schlussbemerkung
5. Literaturverzeichnis
5.1 Primarliteratur
5.2 Sekundarliteratur:
1. Einleitung
„Etwa gleichzeitig mit dem expressionistischen Jahrzehnt, vor und nach dem Ersten Weltkrieg, schrieb ein jüdischer Versicherungsbeamter in Prag Prosa, die keiner bestimmten Stilrichtung folgte, zu seinen Lebzeiten nur in Bruchstücken und wenigen Kennern bekannt wurde und von ihm selbst nur zum kleinen Teil als gelungen eingeschätzt wurde.“[1]
Obwohl zu seinen Lebzeiten die Wirkung seiner Werke allerdings bescheiden war, ist Kafkas Bedeutung für die Entwicklung einer modernen Prosa in vielen Literaturen außergewöhnlich groß.[2] Mit anderen Worten: Kafkas Schaffen hat eine späte, aber dann international weit reichende Auswirkung und sehr unterschiedliche Deutung gefunden.[3] Heutzutage erreichen Ausgaben seiner Werke Bestsellerzahlen und werden in viele Fremdsprachen übersetzt.
Die anhaltende Wirkung Kafkas bringt den Beweis mit sich, dass moderne Leser auch heute in seinen Werken eigene Erfahrungen und Vorstellungen wieder erkennen können: die Unsicherheiten des sich reflektierenden Ichs, die Zweifel an Erkenntnis und Glauben, die Irritation durch eine erforschte, jedoch nicht verstandene Welt, die Ängste gesellschaftlicher und politischer Unfreiheit u.Ä.[4]
2. Franz Kafka – Leben und Schaffen
Franz Kafka wurde im Jahre 1883 als ältestes von sechs Kindern eines tschechisch sprechenden, vom Lande nach Prag übergesiedelten jüdischen Kaufmanns geboren. Er besuchte ein deutsches Gymnasium und war immer ein außerordentlich guter Schüler, machte sowohl zahlreiche Vergnügungs- wie auch Bildungsreisen, ähnlich wie andere junge Leute.[5]
Schon als Kind begann er zu schreiben. Nach der bald aufgegebenen Germanistik studierte er auf Wunsch seines Vaters in Prag Jura, allerdings ohne besonderes Interesse und wurde Beamter mehrerer Versicherungsunternehmen. Er erwies sich als besonders tüchtiger Beamter, zuerst in den Assecurazioni Generali, später auch in der Arbeiter-Unfall-Versicherung. Er litt jedoch unter dem Beruf, der die Kraft, die zum Schreiben helfen könnte, verzehrte.[6] Mit anderen Worten: Kafka stand einerseits „zwischen dem ungeliebten Brotberuf, dem Unverständnis seines Elternhauses und einer verzehrender Leidenschaft zu schreiben“.[7] Aber andererseits vermittelte ihm der Beruf zahlreiche Erfahrungen mit der proletarischen Arbeitswirklichkeit, mit Bürokratie und Unternehmertum; hier sowie in den Geschäften seines Vaters, eines sozialen Aufsteigers, und in der gesellschaftlich problematischen Stellung der Juden lernte Kafka soziale Probleme der Zeit kennen.[8]
Beruf und Geschäfte waren ihm verhasst, weil sie ihn vom Schreiben abhielten, mit der Familie verband ihn ein spannungsreiches Verhältnis und ebenso problematisch waren seine Frauenbeziehungen. [...] Kafka fand nie eine unbefangene Einstellung zu Frauen. Es sei darauf hingewiesen, dass nicht nur seine Beziehungen zu Frauen unstabil waren – auch gesundheitlich war Kafka ziemlich labil, teilweise wohl aus psychischen Gründen.[9] 1917 wurde bei ihm eine Tuberkulose diagnostiziert. Deshalb musste seine berufliche und literarische Tätigkeit mehrmals unterbrochen, und schließlich auch aufgegeben werden. Selbst ein Aufenthalt in verschiedensten Heilstätten brachte keine Besserung. Franz Kafka starb am 3. Juni 1924 im Sanatorium in Kierling bei Klosterneuburg.[10]
Kafka, der „Seismograph unserer Epoche“[11] formte in klarer Prosa surrealistische Mythen der modernen Seele, seine literarische Wirklichkeit ist vorwiegend nach der Realität der zeitgenössischen bürgerlichen Welt modelliert, aber auf solch eine Art und Weise, die „auf Schritt und Tritt den an eingespielte mimetische Verfahren gewöhnten Leser überrascht oder verstört.“[12]
Von 1911 bis 1914 schrieb er sich hauptsächlich in seinem Tagebuch aus und erst später ersetzte er dieses Schreiben für sich selbst durch Briefe. Spätere Erzählungen und andere literarische Entwürfe gingen ebenfalls oft aus dem Tagebuch hervor.[13] Und diese nehmen in der Literaturgeschichte eine Sonderstellung ein. Seine Werke sind in großem Maße autobiographisch gefärbt und von eigenwilligem Stil geprägt.[14]
Zu politischen bzw. gesellschaftlichen Fragen der Zeit hat Kafka direkt sich nur ganz selten geäußert. Stattdessen beschäftigten ihn ein anderes, eher begrenztes Gegenstandsfeld: für Kafka war Objekt der Analyse die nächste familiäre und berufliche Umgebung und wesentlich er selbst, wobei bei anderen Autoren, wie z.B. H. Mann, C. Sternheim oder auch G. Kaiser, sich die Tendenz zeigte, die Gesellschaft bis in die Spitzen ihrer Herrschaftssphäre kritisch zu verfolgen. „Er entwickelte Gestaltungsmethoden des Phantastischen, die sein Werk vieldeutig und rätselhaft machten, empfand sich dabei aber nur als ein Abzeichner der Wirklichkeit.“[15] Hinter der Fassade der realen Welt bürgerlicher Konvention thematisierte er in seinen Werken eine bis dahin ungekannte Welt. In dieser Welt herrschen meistens absurde Verhältnisse, die eigentlich unfassbar sind.[16]
Seine Texte sperren sich nicht selten gegen nur eine führende Interpretation, welche von dem Verlangen nach einem Sinnzusammenhang geleitet ist, in dem alle Bestandteile ein Ganzes bilden, das wohlgeordnet und verständlich sein soll. „Vielmehr entsprechen die Schwierigkeiten, die der Leser mit den Texten Kafkas hat, jenen Schwierigkeiten, die der moderne Mensch mit dem Verständnis einer allzu komplexen, übermächtigen und undurchschaubaren Welt hat, in die sich die Welt der überlieferten religiösen, philosophischen und wissenschaftlichen Sinnsysteme verwandelt hat.“[17]
Trotz der absurden und oft unlogischen Verhältnisse veranschaulichen jedoch Kafkas Geschichten fundamentale Lebenswahrheiten und überliefern sie zur Belehrung der Nachkommen.[18]
[...]
[1] Bertl et al. 1984: 149
[2] vgl. Turkowska 1999: 68
[3] vgl. Müller 1972: 227
[4] vgl. Bertl 1984: 150
[5] vgl. Böttcher et al. 1990: 551
[6] vgl. Max et al. 1993: 634
[7] Böttcher et al. 1990: 551
[8] vgl. Bertl et al. 1984: 151
[9] ebenda
[10] vgl. Killinger 1997: 316
[11] Müller 1972: 227
[12] Turkowska 1999: 68
[13] vgl. Bertl et al. 1984: 152
[14] vgl. Baumann et al. 1996: 184
[15] Böttcher 1990: 551
[16] vgl. Hermes 1999: 183f.
[17] Hermes 1999: 183f.
[18] vgl. Bertl et al. 1984: 153
- Citation du texte
- Magister Radoslaw Lis (Auteur), 2006, Ein Landarzt: Franz Kafka - Versuch einer Interpretation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112392
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