1. Einleitung
Die Administration der Vereinigten Staaten stellt sich in erheblichem Maße als multidimensionales Gefüge aus exekutiven und legislativen Behörden sowie einer hohen Frequentierung lobbyistischer Integration dar. Die daraus resultierenden Verknüpfungen der politischen Gewalten im System des Checks and Balances bedingen einen unmittelbaren Konkurrenzkampf der Institutionen in Innen- und Außenpolitik. Nicht zuletzt aufgrund der Ratifizierung des Homeland Security Act im Zuge der Reorganisation der Exekutivadministration nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 während der Präsidentschaft von George W. Bush bewirkte eine Metamorphose der Bedeutsamkeit und Aktualität des direkten Zusammenspiels von Exekutive und Legislative, da das Amt des Präsidenten de facto eine immer entscheidendere Stellung im politischen Prozess der Vereinigten Staaten einnimmt. Gleichzeitig beeinflusst jener Wandel der Statusverteilung auch den theoretisch-exemplarischen Konflikt zwischen der Administration des Kongresses – vor allem in der Dimension des Iron Triangle - und dem exekutiven Verwaltungsapparat.
In der politischen Praxis der Vereinigten Staaten setzte zu Beginn des 21. Jahrhunderts folglich eine Neuordnung und –orientierung des Präsidentenamtes im Zuge der umfassenden Reorganisation der Administration in ihrer Gesamtheit ein. Die vorliegende Ausarbeitung versucht daher zu klären, ob und in welchem Maße die Umverteilung der Kompetenzen – vor allem im Hinblick auf den präsidialen Verwaltungsapparat – die Exekutive an sich gestärkt wurde und eine Angleichung bzw. ein unmittelbarer Ausbau der inter-institutionellen Kooperation mit Interessenvertretern aus Gesellschaft und Industrie bei einer gleichzeitigen Schwächung des Status des Kongresses stattfand. Gleichsam sollen im Folgenden Gegenmaßnahmen der Legislative zur Eindämmung dieses Prozesses betrachtet und darüber hinaus die Bedeutung der Exekutivadministration resp. des präsidialen Apparates in den Reorganisationsbestrebungen analysiert werden. Über die Aktualität des Wandels innerhalb der amerikanischen Verwaltung entwickelt sich auf diese Weise die zentrale Fragestellung der Arbeit: bedeutet die Metamorphose der Rolle des Präsidenten im administrativen Gefüge einen Ausbau der exekutiven Stellung sowohl innen- als auch außenpolitisch?
Inhalt
1. Einleitung
2. Der Verwaltungsapparat
2.1 Arten der Administration der Exekutive
2.2 Strukturen der präsidialen Dimension
3. Öffentlicher Dienst und Sonderfall
3.1 Civil Service Commission und Senior Executive Service
3.2 Independent Regulatory Commissions
4. Das „eiserne Dreieck“
5. Die neue Modernität und Reorganisation
6. Schlussteil
7. Literaturverzeichnis
8. Schematische Darstellungen und Verzeichnis
8.1 Abbildungen
8.2 Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Die Administration der Vereinigten Staaten stellt sich in erheblichem Maße als multidimensionales Gefüge aus exekutiven und legislativen Behörden sowie einer hohen Frequentierung lobbyistischer Integration dar. Die daraus resultierenden Verknüpfungen der politischen Gewalten im System des Checks and Balances bedingen einen unmittelbaren Konkurrenzkampf der Institutionen in Innen- und Außenpolitik. Nicht zuletzt aufgrund der Ratifizierung des Homeland Security Act[1] im Zuge der Reorganisation der Exekutivadministration nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 während der Präsidentschaft von George W. Bush[2] bewirkte eine Metamorphose der Bedeutsamkeit und Aktualität des direkten Zusammenspiels von Exekutive und Legislative, da das Amt des Präsidenten de facto eine immer entscheidendere Stellung im politischen Prozess der Vereinigten Staaten einnimmt. Gleichzeitig beeinflusst jener Wandel der Statusverteilung auch den theoretisch-exemplarischen Konflikt zwischen der Administration des Kongresses – vor allem in der Dimension des Iron Triangle[3] - und dem exekutiven Verwaltungsapparat.[4]
In der politischen Praxis der Vereinigten Staaten setzte zu Beginn des 21. Jahrhunderts folglich eine Neuordnung und –orientierung des Präsidentenamtes im Zuge der umfassenden Reorganisation der Administration in ihrer Gesamtheit ein. Die vorliegende Ausarbeitung versucht daher zu klären, ob und in welchem Maße die Umverteilung der Kompetenzen – vor allem im Hinblick auf den präsidialen Verwaltungsapparat – die Exekutive an sich gestärkt wurde und eine Angleichung bzw. ein unmittelbarer Ausbau der inter-institutionellen Kooperation mit Interessenvertretern aus Gesellschaft und Industrie[5] bei einer gleichzeitigen Schwächung des Status des Kongresses stattfand. Gleichsam sollen im Folgenden Gegenmaßnahmen der Legislative zur Eindämmung dieses Prozesses betrachtet und darüber hinaus die Bedeutung der Exekutivadministration resp. des präsidialen Apparates in den Reorganisationsbestrebungen analysiert werden. Über die Aktualität des Wandels innerhalb der amerikanischen Verwaltung entwickelt sich auf diese Weise die zentrale Fragestellung der Arbeit: bedeutet die Metamorphose der Rolle des Präsidenten im administrativen Gefüge einen Ausbau der exekutiven Stellung sowohl innen- als auch außenpolitisch?
Zur Klärung jener Frage bedarf es dabei zunächst der Darstellung der Arten der Verwaltung sowie deren unmittelbaren Ausprägungen in der amerikanischen Bundespolitik. Diesbezüglich wird im Folgenden der präsidiale Apparat und insbesondere das White House Office[6] im Schwerpunkt charakterisiert, um den Wandel der Aufgabenbereiche der Administration bzw. deren Bedeutung im politischen Komplex darstellen zu können. Weiterhin folgt die Erläuterung der strukturellen Besonderheiten der Organisationsformen innerhalb der Bundesverwaltung der Vereinigten Staaten – also die Darstellung der teilweise erheblichen Divergenzen sowie deren jeweiligen Vor- und Nachteile.[7] Anschließend sollen die Civil Service Commission bzw. der moderne Senior Executive Service als Institution des öffentlichen Dienstes und im Rahmen der regulierenden, den Lobbyismus überwachenden Behörden die Independent Regulatory Commissions analysiert werden.[8] Hierbei gilt es, sowohl die Auswirkungen der zunehmenden Partialisierung festzuhalten und im Weiteren erste Relationen von quasi-autonomen Verwaltungsbereichen mit Interessenvertretern aus Gesellschaft und Industrie zu verdeutlichen. Über jene Bestrebungen zur Unabhängigkeit als Gegengewicht zur Bundespolitik wird anschließend das so genannte Iron Triangle als enge Verflechtung von Legislative, Teilbereichen der Administration sowie lobbyistischen Tätigkeiten beleuchtet, um Grenzen der institutionellen Kompetenzen darstellen zu können. Abschließend bedarf es der Erläuterung der Neuordnung sowie des unmittelbaren Wandels und den Reorganisationsbestrebungen der exekutiven Administration und des präsidialen Apparates. Dabei sollen im Besonderen deren Ziele und arbeitstechnischen Resultate im historischen Kontext bis hin zur Umstrukturierung der Verwaltung im frühen 21. Jahrhundert erfasst und bewertet werden. Dies wird zu einer Verknüpfung der Wertigkeit und der administrativen Aktivität in der Legislaturperiode von George W. Bush[9] mit der zentralen Fragestellung der vorliegenden Ausarbeitung führen.
Die Annäherung an die Ausprägungen und die Charakteristika der Administration der Vereinigten Staaten erwies sich zunächst als äußerst diffizil. Neben der das Thema unmittelbar tangierenden Literatur[10] und Publikationen, die indirekt Einfluss auf die Erstellung der Arbeit nehmen konnten[11], dienten im Speziellen aktuelle Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen als Vorlage und Basis der Erkenntnisgewinnung.[12] Das Resultat der Analyse der Exekutivadministration und des präsidialen Apparates fußt auf den Ausführungen Shells, während die besonderen Zusammenhänge von Lobbyismus und Verwaltung sowie der Organisation des administrativen Sektors der Vereinigten Staaten von den Forschungsergebnissen von Mewes und Heller – vor allem bezüglich des Iron Triangle – beeinflusst werden. Die aktuellen, die Verwaltung betreffenden Publikationen bilden darüber hinaus die Fundamente der Erläuterung und genauen Auswertung der Faktoren und Aspekte des administrativen Wandels des beginnenden 21. Jahrhunderts und den historisch gewachsenen Reorganisationsbestrebungen seit der Präsidentschaft von Franklin D. Roosevelt.
Die Problematik jener Neuerscheinungen liegt in ihrer fehlenden Wertneutralität gegenüber der Bush-Administration begründet[13], die in einer lediglich unzureichenden Aufarbeitung des administrativen Wandels seit dem 11. September 2001 im wissenschaftlichen Sinne mündet.[14] Darüber hinaus wurde im Schwerpunkt der politologischen, aber auch der soziologischen – vor allem den amerikanischen Lobbyismus betreffend – und historiographischen Bearbeitung der Administration zumeist auf die Rolle des Präsidenten sowie dessen Einflussmöglichkeiten auf die jeweiligen verwaltungstechnischen Segmente abgehoben, sodass bezüglich eines kritischen Vergleiches mit den Zielen und Interessen des Kongresses und seinen unmittelbaren Relationen zur Exekutivadministration tiefgründige Analysen lediglich bedingt möglich sind. Vor allem aufgrund dieser Tatsache erscheint es in der objektiven Betrachtung der bundespolitischen Verwaltung der Vereinigten Staaten unabdingbar, eine hohe Anzahl von Publikationen zur Bearbeitung von Zusammenhängen, Kooperationen und der modernen Reorganisation en detail heranzuziehen. Dies bildet die maßgebliche Grundlage der Erörterung der Frage, ob die Administration tatsächlich die Konservierung der präsidialen Macht beeinflusst oder vielmehr die exekutiven Kompetenzen beschneidet.
2. Der Verwaltungsapparat
2.1 Arten der Administration der Exekutive
Die amerikanische Verwaltung gliedert sich in die Ministerial- und die von der Exekutive gesteuerten Administration. Dabei stellt sich die Exekutivbürokratie als eigenständiges Instrument des Präsidenten dar, die sich als autonom charakterisiert und somit faktisch zum Gegenspieler der Ministerialadministration werden konnte. Aufgrund dieser Tatsache werden die wichtigsten Entscheidungsbereiche im politischen Prozess der Vereinigten Staaten zumeist von engen Beratern und Vertrauten des Präsidenten unmittelbar beeinflusst.[15] Der Vorteil dieser Praxis bedingt nicht die Auffassung von neutraler und unparteilicher Administration, vielmehr sind sie seit ihrer Entstehung manifestierte Aspekte des politischen Prozesses.
Darüber hinaus muss die Administration auf exekutiver Ebene differenziert betrachtet werden. Der präsidiale Verwaltungsapparat und die Exekutivadministration nehmen divergente Positionen in der politischen Strategie des Präsidenten ein, die sich in direkter Weise auf die Direktion der Exekutive und auch der Legislative auswirkt.[16]
Die Körperschaften der Exekutivadministration bilden die Departments, die unmittelbare Subbehörden des Kabinetts des Präsidenten sind.[17] Jene Verwaltungsinstanz wird von einem Minister – dem Secretary – geleitet, der als Head of Department von der Spitze der Exekutive eingesetzt wird[18], verfügt jedoch nicht über autonome Entscheidungskompetenzen.[19] Vielmehr dienen die Departments der Erarbeitung von Gesetzesinitiativen in ihren jeweiligen spezifischen Dimensionen der politischen Einflussbereiche, etwa der Landwirtschaft (Agriculture Department), der Bildung bzw. Ausbildung (Education Department) oder der Energiepolitik (Energy Department). Der amerikanische Präsident verfügt in der Summe über 14 Departments, die sich im Zuge der Entwicklung der Administration nach der Etablierung der politischen Institutionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgeprägt haben.[20] Die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit der Exekutive auf diese Ministerialbürokratie äußert sich in jenem Maße, da die den Behörden vorstehenden Secretaries zu jeder Zeit freigestellt werden können.[21]
Im Gegensatz zur Exekutivadministration ist der präsidiale Verwaltungsapparat – die Executive Agencies – de facto unabhängig von der ministerialen Verwaltung, obgleich jene Behörden gleichsam den Entscheidungskompetenzen des Präsidenten unterliegen. Aufgrund deren Autonomie sind die Executive Agencies nicht in die Struktur der Ministerien eingegliedert. Im Zuge der weiterführenden Analyse des administrativen Apparates des Präsidenten bedarf es jedoch einer weiteren Differenzierung. Die Divergenz innerhalb der Agencies begründet sich in strukturellen und führungspolitischen Faktoren sowie Aspekten der Abhängigkeit.
Die Vorsteher der Behörden des Executive Office of the President – ausgenommen ist hier das White House Office[22] - werden mit Zustimmung des Senates ernannt. Somit nimmt die Legislative unmittelbaren Einfluss auf die Besetzung von Ämtern, die de facto der Exekutive unterstehen. Hier äußert sich das System des Checks and Balances in besonderem Maße.[23] Die einzelnen Behörden des Executive Office, etwa das Office of Management and Budget (Erstellung des Haushaltes und Kontrolle dessen), das National Security Council (Beratungsbehörde in Außen- und Sicherheitspolitik), das Council of Economic Advisers (Wirtschaftspolitik) oder das Office of Science and Technology Policy (Technologiepolitik)[24], dienen der direkten Beratung des Präsidenten und bilden die wichtigste exekutive Institution mit innenpolitischen Aufgabenbereichen wie der Erstellung der Haushaltsvorlage, die Überprüfung der Gesetzesvorlagen der Departments oder die Vorbereitung von suspensiven Vetos des Präsidenten gegenüber Ratifizierungsanträgen des Kongresses.[25]
Der persönliche Stab des Präsidenten – das White House Office – ist im Gegensatz zu den weiteren Behörden des exekutiven Verwaltungsapparates unabhängig von der Legislative und bildet somit das unabdingbar notwendige, der Spitze der Exekutive am nächsten stehende Instrument in der präsidialen Amtsführung. Als direkte Kraft erhält das White House Office somit einen erheblichen Grad an politischem Einfluss und Bedeutung.
[...]
[1] S. Kap. 5: Die neue Modernität und Reorganisation.
[2] S. Goldsmith, J.L.: The terror presidency. Law and judgement inside the Bush administration. New York u.a. 2007.
[3] S. Heller, F.H.: USA. Verfassung und Politik. Wien u.a. 1987. S. insb. Kap. 4: Das „eiserne Dreieck“.
[4] S. Shell, K.L.: Kongress und Präsident. In: Lösche, P.; Loeffelholz, H.D. von: Länderbericht USA. Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Bonn 2004, S. 202-245. S. Kleinsteuber, H.-J.: USA. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Hamburg 1984.
[5] S. Funke, H.: Der amerikanische Weg. Hegemonialer Nationalismus in der US-Administration. Berlin 2003.
[6] S. Kap. 2.1: Arten der Administration der Exekutive.
[7] S. Kap. 2.2: Strukturen der präsidialen Dimension.
[8] S. Prätorius, R.: Die USA. Politischer Prozess und soziale Probleme. Opladen 1997. Jäger, W.; Welz, W. (Hrsg.): Regierungssystem der USA. Lehr- und Handbuch. München/Wien 1998.
[9] S. Gellner, W.: Das Regierungssystem der USA. Eine Einführung. Baden-Baden 2007. Vgl. Shell; vgl. Goldsmith.
[10] S. Fehling, M.: Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe. Tübingen 2001. S. Jones, C.O.: Separate but equal Branches. Congress and the Presidency. Chatham 1995. Vgl. Kleinsteuber.
[11] S. Mewes, H.: Einführung in das politische System der USA. Heidelberg 1990. S. Thaysen, U.; Davidson, R.H.; Livingston, R.G. (Hrsg.): US-Kongress und Deutscher Bundestag. Bestandsaufnahmen im Vergleich. Opladen 1988.
[12] Vgl. Gellner; vgl. Goldsmith; vgl. Shell.
[13] Vgl. insb. Goldsmith.
[14] Tatsächlich erscheint die faktische Subjektivität in den Erkenntnissen von Goldsmith als problematisch. Vor dem Hintergrund der objektiven Erarbeitung und direkten Auseinandersetzung mit den Tendenzen der amerikanischen Verwaltung wirkt die kritische Analyse der Maßnahmen der Bush-Administration in einigen Abschnitten der Publikation überzogen. Um den Leser der vorliegenden Ausarbeitung allerdings ein breit angelegtes Forschungsfeld und deren Erkenntnisse darzulegen, wurde dennoch auf die Arbeit von Goldsmith zurückgegriffen.
[15] S. Shell, S. 234.
[16] S. Kleinsteuber, S. 122ff.
[17] S. Abb. 1: Das Regierungssystem der USA, die Administration betreffend.
[18] S. Jäger; Welz, S. 234.
[19] S. insb. Abb. 2: Executive Orders 1952 bis 1992.
[20] Damit steht die amerikanische Administration in der historischen Betrachtung im Widerspruch zum deutschen Verwaltungsapparat. Dieser besteht seit mehr als 300 Jahren, während die administrativen Behörden der Vereinigten Staaten kaum 100 Jahre existent sind.
[21] S. Kleinsteuber, S. 122.
[22] S. Shell, S, 235.
[23] S. Kleinsteuber, S. 115.
[24] S. Abb. 1: Das Regierungssystem der USA, die Administration betreffend.
[25] S. Shell, S. 235.
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