Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen Veränderungsprozesse des Menschen durch Organisierung, und speziell deren gesamtgesellschaftliche Bedingtheit. Sozialwissenschaften, die diese Bezeichnung verdienen, denken individuelle und organisatorische Phänomene in Bezug auf Gesellschaft. Die Neomarxisten im speziellen begreifen Gesellschaft als Totalität. Konsequenterweise soll aus dieser Perspektive die These vertreten werden, dass auf Grund der gesellschaftlichen Bedingtheit von jeder Organisationsform, egal ob sie jetzt Büro oder Mafia heißt, gemeinsame Rollen dieser beiden Organisationen in Bezug auf die Gesamtgesellschaft und die in ihr lebenden Individuen bestehen, da beide, Organisationen und Individuen, in einer kapitalistischen Gesellschaftsformation gesellschaftlich geprägte Grundmuster reproduzieren. Oder, positiv ausgedrückt, es Gemeinsamkeiten struktureller Art gibt. Diese Extremthese soll, an Hand von Türks ‚Organisationsrollen in einer kapitalistischen Gesellschaft′ (Türk 1997: 124ff.) als Analyseinstrument, verifiziert oder falsifiziert und damit auch in ihren Grenzen aufgezeigt werden.
Als Vergleichsbasis benutze ich eine idealtypische Gegenüberstellung von Mafia und Büro. Es werden also zwei polarisierende Sammelbegriffe, Büro, als heute in unserer Gesellschaft weitverbreitete und stark formalisierte Organisationsform, und Mafia, eine illegale Randerscheinung gesellschaftlicher Organisationsformen, in Bezug auf drei Vergleichskategorien miteinander verglichen. Beide Begriffe werden im weiteren Sinne idealtypisch verstanden. Ich beziehe mich in Bezug auf das Büro auf Max Webers bürokratische Organisation i.w.S. als Form von formaler Organisation. In Bezug auf die Mafia beziehe ich mich auf die Erscheinung organisierter Kriminalität der drei Formen süditalienischer Provenienz; in ihrer Entstehungsgeschichte und ihren Kernmerkmalen herausgearbeitet an Hand von Ciro Krauthausen und Niklas Luhmann (vgl. Kap. 5 und 6). Die Idealtypisierung ist schon aus Gründen der Überbrückung von Historizität und der generellen Vergleichbarkeit notwendig. Ich kann mich dadurch weitestgehend auf eine kurze Genese der beiden Organisationsformen und deren theoretische Strukturmerkmale beschränken.
Als Vergleichskategorien dienen: [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kurt Tucholsky: „Das Mitglied" (Tucholsky 2001: 501 f.)
- Vorgehensweise und Vergleich
- Organisationstheorie als kritische Theorie der Gesellschaft
- Organisation als Institution
- Analyseinstrument
- Theoretische Strukturprinzipien der kapitalistischen Produktionsweise
- Asymmetrische Akkumulation
- Auslagerung
- Konsensuelle Einbindung
- Empirische Organisationsprinzipien
- Ordnungsprinzip
- Gebildeprinzip
- Vergemeinschaftungsprinzip
- Rolle der Organisationsform in der kapitalistischen Gesellschaftsformation
- Ordnungsprinzip/ Asymmetrische Akkumulation
- Ordnungsprinzip/ Auslagerung
- Ordnungsprinzip/ konsensuelle Einbindung
- Gebildeprinzip/ asymmetrische Akkumulation
- Gebildeprinzip/ Auslagerung
- Gebildeprinzip/ konsensuelle Einbindung
- Vergemeinschaftungsprinzip/ asymmetrische Akkumulation
- Vergemeinschaftungsprinzip/ Auslagerung
- Vergemeinschaftungsprinzip/ konsensuelle Einbindung
- Inkludierende Exklusion
- Klaus Türks organisationaler Herrschaftsbegriff
- Theoretische Strukturprinzipien der kapitalistischen Produktionsweise
- Mafia als Organisation
- Entstehung der organisierten Kriminalität
- Merkmale der Mafia
- Büro als Organisation
- Genese der Bürokratischen Organisation
- Merkmale der bürokratischen Organisation
- Webers Menschenbild
- Analyse
- Genese von, und Herrschaft in, Mafia und Büro
- Klaus Türks Rollen von Organisation in einer kapitalistischen Gesellschaftsformation
- Türks Konstrukt der inkludierenden Exklusion
- Synthese
- Schluss
- Literaturliste
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Gemeinsamkeiten der Organisationsformen Mafia und Büro innerhalb moderner Gesellschaften aus neomarxistischer Perspektive. Sie zielt darauf ab, die gemeinsamen Rollen dieser Komplementärorganisationen in Bezug auf die Gesamtgesellschaft und die in ihr lebenden Individuen aufzuzeigen. Die Arbeit basiert auf der Annahme, dass beide Organisationsformen, trotz ihrer unterschiedlichen Legalität, gesellschaftlich geprägte Grundmuster reproduzieren und somit strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen.
- Die Rolle von Organisationen als Herrschaftsinstrumente in kapitalistischen Gesellschaften
- Die Entstehung und Entwicklung von Mafia und Büro als gesellschaftlich bedingte Organisationsformen
- Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Mafia und Büro in Bezug auf ihre Struktur, Funktionsweise und Herrschaftsmechanismen
- Die Bedeutung von Türks Konzept der "inkludierenden Exklusion" für das Verständnis der Rolle von Organisationen in kapitalistischen Gesellschaften
- Die Rekursivität von Organisation und Gesellschaft, d.h. die wechselseitige Bedingtheit von Organisationsform und Gesellschaftsformation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar, indem sie Kurt Tucholskys Gedicht "Das Mitglied" als Beispiel für die Veränderungsprozesse des Menschen innerhalb von Organisationen heranzieht. Die Vorgehensweise und der Vergleich von Mafia und Büro werden erläutert.
Im zweiten Kapitel wird die Organisationstheorie von Klaus Türk als kritische Theorie der Gesellschaft vorgestellt. Türk betont die Rekursivität von Organisation und Gesellschaft und definiert Organisationen als Institutionen, die die Gesellschaftsformation des modernen Kapitalismus charakterisieren.
Kapitel 3 behandelt das Analyseinstrument von Klaus Türk, das auf der Kreuztabellierung von theoretischen Strukturprinzipien der kapitalistischen Produktionsweise und empirischen Organisationsprinzipien basiert. Die drei theoretischen Strukturprinzipien des Kapitalismus, die asymmetrische Akkumulation, die Auslagerung und die konsensuelle Einbindung, werden erläutert.
Kapitel 4 beschreibt die empirischen Organisationsprinzipien, die Ordnungsprinzip, das Gebildeprinzip und das Vergemeinschaftungsprinzip. Es werden die Korrelationen zwischen den Organisationsprinzipien und den kapitalistischen Strukturprinzipien aufgezeigt, die die Rolle der Organisationsform in der kapitalistischen Gesellschaftsformation verdeutlichen.
Kapitel 5 befasst sich mit der Mafia als Organisation. Die Entstehung der organisierten Kriminalität in Süditalien wird im Kontext des Übergangs von einem feudalen zu einem kapitalistischen System betrachtet. Die Merkmale der Mafia, Macht, Territorialkontrolle und der Erpressungs- und Schutzkomplex, werden im Detail analysiert.
Kapitel 6 präsentiert das Büro als Organisation. Max Webers Idealtypus der bürokratischen Organisation wird als Vergleichsbasis zur Mafia herangezogen. Die Genese der Bürokratie, ihre Merkmale und Webers Menschenbild werden erläutert.
Kapitel 7 analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Mafia und Büro in Bezug auf ihre Genese, Herrschaftsmechanismen und ihre Rolle in der kapitalistischen Gesellschaftsformation.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Organisationssoziologie, Mafia, Büro, kapitalistische Gesellschaftsformation, neomarxistische Perspektive, Klaus Türk, Organisationsform, Herrschaft, Inklusion, Exklusion, Strukturprinzipien, Organisationsprinzipien, asymmetrische Akkumulation, Auslagerung, konsensuelle Einbindung, und die rekursive Konstitution von Organisation und Gesellschaft.
- Quote paper
- Dominik Sommer (Author), 2003, Mafia und Büro, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11202
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.