Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem Wechsel der Königsherrschaft von den Merowingern auf die Karolinger. Das Schlüsselereignis stellt hier das Jahr des Herrschaftswechsels von 751 dar, in welchem Pippin der Jüngere König der Franken wurde und den letzten Merowinger, Childerich III. ins Exil schickte.
Wie der Titel der Arbeit bereits erkennen läßt, handelte es sich hierbei nicht um einen normalen Vorgang, sondern den Karolingern wird eine Thronusurpation unterstellt, eine nicht rechtmäßige Besitznahme des Königstitels. Daraus ergab sich für diese damals das Problem, den bisher von den Merowingern regierten Franken eine Legitimation für ihr Handeln geben zu müssen. Welche Aspekte hierbei eine Rolle spielten, wird zu untersuchen sein. Dabei muß zunächst geklärt werden, worauf sich der Herrschaftsanspruch der Merowinger bezieht; erst danach wird man weitersehen können, inwiefern die Karolinger neue Legitimationsgründe vorlegten, die die alten außer Kraft setzen oder ersetzen konnten. Dabei wird der „Staatsstreich Grimoalds“ eine Rolle spielen, durch den die Vorfahren der Karolinger, die Pippiniden, schon einmal den Griff nach der Macht gewagt hatten, dann jedoch gescheitert waren; es wird zu untersuchen sein, ob hier auch mangelnde Legitimation eine Rolle spielte und ob dies auch der Grund war, warum die Karolinger erst neunzig Jahre später einen weiteren Versuch unternahmen, wobei sie die Macht de facto schon längst inne hatten. Zum Abschluß wird die Arbeit einen kurzen Ausblick darüber geben, wie sich das fränkische, hier genauer das ostfränkische, Königtum weiterentwickelte und welche Legitimitätsgrundlagen es künftig hatte.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Königtum der Merowinger
2.1 Aufstieg
2.2 Legitimation & Nachfolge
3. Ein früherer Usurpationsversuch der Karolinger
3.1 Der Staatsstreich Grimoalds
3.2 Das Scheitern und die Folgen
4. Der erneute Griff nach der Macht
4.1 Legitimation der karolingischen Königsherrschaft
4.1.1 Die Salbung
4.1.2 Die künstliche Verwandtschaft mit dem Papst
4.1.3 Der Konsens mit den fränkischen Großen
4.2 Bedeutung für die Zukunft des Reiches
4.2.1 Festsetzung des Wahlkönigtums
4.2.2 Die Rolle des Papstes
5 Zusammenfassung
6 Literaturangaben
6.1 Quellenverzeichnis
6.2 Forschungsliteratur
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem Wechsel der Königsherrschaft von den Merowingern auf die Karolinger. Das Schlüsselereignis stellt hier das Jahr des Herrschaftswechsels von 751 dar, in welchem Pippin der Jüngere König der Franken wurde und den letzten Merowinger, Childerich III. ins Exil schickte.
Wie der Titel der Arbeit bereits erkennen läßt, handelte es sich hierbei nicht um einen normalen Vorgang, sondern den Karolingern wird eine Thronusurpation unterstellt, eine nicht rechtmäßige Besitznahme des Königstitels. Daraus ergab sich für diese damals das Problem, den bisher von den Merowingern regierten Franken eine Legitimation für ihr Handeln geben zu müssen. Welche Aspekte hierbei eine Rolle spielten, wird zu untersuchen sein. Dabei muß zunächst geklärt werden, worauf sich der Herrschaftsanspruch der Merowinger bezieht; erst danach wird man weitersehen können, inwiefern die Karolinger neue Legitimationsgründe vorlegten, die die alten außer Kraft setzen oder ersetzen konnten. Dabei wird der „Staatsstreich Grimoalds“ eine Rolle spielen, durch den die Vorfahren der Karolinger, die Pippiniden, schon einmal den Griff nach der Macht gewagt hatten, dann jedoch gescheitert waren; es wird zu untersuchen sein, ob hier auch mangelnde Legitimation eine Rolle spielte und ob dies auch der Grund war, warum die Karolinger erst neunzig Jahre später einen weiteren Versuch unternahmen, wobei sie die Macht de facto schon längst inne hatten. Zum Abschluß wird die Arbeit einen kurzen Ausblick darüber geben, wie sich das fränkische, hier genauer das ostfränkische, Königtum weiterentwickelte und welche Legitimitätsgrundlagen es künftig hatte.
2 Das Königtum der Merowinger
2.1 Aufstieg
Die Entstehung des Frankenbundes liegt weitgehend im dunkeln. Sicher ist, daß die Franken sich in mehrere Stämme gliederten, denen jeweils ein Anführer vorstand, die in alten Quellen unter anderem auch als Könige (reges) bezeichnet werden.[1] Durch die fränkische Landnahme änderte sich die innere fränkische Ordnung. Die Franken übernahmen Verwaltungsstrukturen nach römischem Vorbild, und so entstanden auf Basis der civitates Kleinkönigreiche.[2] Chlodwig, der als der erste König der Franken bezeichnet wird, war somit zu Beginn auch nur ein Kleinkönig unter mehreren.[3] Zwar gehörten die Merowinger zu den führenden fränkischen Fürstengeschlechtern, was man an Königsnamen erkennen kann, die oftmals den Namensbestandteil -mero- enthielten, doch kann selbiges auch für andere fränkische Stammeskönige bezeugt werden.[4] Entscheidend für den Aufstieg der Merowinger war die Zuteilung eines Militärsprengels, der Belgica secunda II, an den Vater Chlodwigs, Childerich. Durch das römische Kommando erhielt er gegenüber den anderen fränkischen Stammeskönigen eine höhere Stellung.[5]
Mit der militärischen Auseinandersetzung des Merowingers Chlodwig gegen Syagrius siegte erstmals ein rex Francorum über einen rex Romanorum; damit erfuhr Chlodwig einen enormen Aufstieg.[6] Durch den Sieg über die Römer erlangte das gesamtfränkische Reich seine Hegemonie; die übrigen Kleinkönige schlossen sich Chlodwig an oder wurden beseitigt.[7]
2.2 Legitimation & Nachfolge
Da die Merowinger zunächst Kleinkönige ihres Stammes, und somit ein Herrschergeschlecht unter vielen waren, stellt sich die Frage nach der Legitimation, mit der sie sich als Königsgeschlecht rechtfertigten. Der Herrschermythos fußt ursprünglich auf Abstammung vom germanischen Gott frô. Mit der Christianisierung der Franken wurde dann jedoch eine Abstammung der gens Francorum von den Trojanern hergeleitet. Dabei entwickelte sich das merowingische Königtum unter Childerich I. zu einem Heerkönigtum, bei dem die Mitentscheidung der fränkischen Großen entscheidend wurde.[8] Auf diesen mythischen Bezug bauten die Merowinger ihre Herrschaft jedoch nicht alleine. Wie andere spätantike Könige, so festigten auch sie die Bindung zu ihrem Volk durch die Aufzeichnung des Volksrechts, hier die „Lex Salica“.[9] Neben der Vereinigung der einzelnen fränkischen Kleinkönigreiche war die „Manifestation des merowingischen Großkönigtums“[10] ein Grund für die Bezeichnung Chlodwigs als „primus rex Francorum“.[11] Daneben stammt aus dieser Zeit wohl auch das später ritualisierte Zeremoniell der Schilderhebung, welches bei der Unterwerfung der Kölner Franken auftritt: „Die Kölner Franken nahmen Chlodwig in einem förmlichen Akt durch Schilderhebung als ihren König an.“[12]
Ob es sich ursprünglich um ein Wahl- oder Erbkönigtum handeln sollte ist nicht ganz klar. Die Merowinger waren ein altes salfränkisches Königsgeschlecht. Aus ihrer Sippe entsprangen die Stammeskönige der salfränkischen Civitasreiche.[13] Diese wurden nicht geteilt, was auch damit zusammenhängen könnte, daß diese einfach zu klein waren. Genaueres weiß man nicht, da Königsgenealogien, die bei anderen fränkischen Stammeskönigen Grundlage ihrer Legitimation waren, bei den Merowingern fehlen. Vielleicht liegt dies auch am Neuanfang, den die Merowinger unter Chlodwig anstrebten: statt wie bisher aus der Königssippe sollten nur noch seine direkten Nachkommen seine Nachfolger werden.[14] So kam es bei Chlodwigs Tod zu einer Teilung des Reiches in vier Teile; jeder Sohn bekam einen zugesprochen. Ob es sich hier um eine Absprache zwischen dem Sohn Chlodwigs, Theudebert, und seiner Mutter handelte oder ob der Anspruch aus der Lex Salica abgeleitet wurde, ist nicht abschließend festzustellen, jedoch wurde dieses System in der Folgezeit beibehalten.[15] Auf jeden Fall fand die Teilung von 511 aber unter Zustimmung der fränkischen Großen statt; in allen Teilreichen fand eine feierliche Königserhebung statt, welches den Konsens der Franken zur Schau stellte.[16]
3. Ein früherer Usurpationsversuch der Karolinger
3.1 Der Staatsstreich Grimoalds
Bereits 90 Jahre vor der Inbesitznahme des Frankenthrones durch Pippin J. versuchten die Karolinger selbigen zu ergreifen. Dies geschah in Person Grimoalds des Älteren, der das Amt des austrasischen Hausmeiers von seinem Vater Pippin Ä. übernommen hatte. Daß er diesen Anspruch stellen und durchsetzen konnte, zeigt das dynastische Denken, welches dieses Amt mittlerweile ereilt hatte.[17]
Der amtierende Merowingerkönig in Austrien, Sigibert III. war bereits als Kind an die Macht gekommen. Dadurch konnte Grimoald starken Einfluß auf ihn ausüben und auch nach dessen Mündigkeit die Macht in den Händen halten.[18] Als der König im Laufe der Zeit kinderlos blieb und gesundheitlich angeschlagen war, befürchtete man eine Machtübernahme durch die Neustrier.[19] Nicht zuletzt deshalb wollte Grimoald die Königsmacht in seine Dynastie legen.
Dabei wollte er die Merowinger nicht vom Thron stoßen, sondern sie auf friedlichem Wege beerben.[20]
Dank seines Einflusses auf den König erreichte Grimoald die Adoption seines Sohnes durch diesen. Somit sollte der junge Pippinide, dessen Geburtsname unbekannt ist, als Childebertus adoptivus die Krone erben.[21] Doch ging aus der Ehe Sigiberts III. doch noch ein Sohn hervor. Als der König im Januar 656 schwer erkrankte, schien damit Grimoalds Plan zu scheitern. Kurz nach dem Tode des Königs fand der eigentliche Staatsstreich statt: Grimoald ließ mit Hilfe des Bischofs Dido den Königssohn Dagobert scheren und in ein Kloster nach Irland bringen; anschließend erhob er seinen Sohn zum König.[22]
3.2 Das Scheitern und die Folgen
Die folgenden Jahre liegen weitestgehend im dunklen, was auch daran liegt, daß die karolingische Geschichtsschreibung aufgrund des schmählichen Endes einen tiefen Schleier um diese Jahre gelegt hat.[23] Das Ende kam wohl mit dem natürlichen Tode des Childebertus adoptivus im Jahre 662, mit dem Grimoald den legitimen Halt seiner Macht verlor. Er wurde von den Neustriern in einen Hinterhalt gelockt und schließlich hingerichtet,[24] was aber wohl ohne Einvernehmen einer austrischen Opposition nicht möglich gewesen wäre.[25]
[...]
[1] Eugen Ewig. Die Merowinger und das Frankenreich. S. 10.
[2] Ebenda. S. 13.
[3] Lexikon des Mittelalters, Bd. II. S. 1861.
[4] Eugen Ewig. Die Merowinger und das Frankenreich. S. 13f.
[5] Ebenda S. 17.
[6] Ebenda S. 20.
[7] Lexikon des Mittelalters, Bd. II. S. 1863.
[8] Lexikon des Mittelalters, Bd. VI. S. 543f.
[9] Eugen Ewig. Die Merowinger und das Frankenreich. S. 29f.
[10] Ebenda. S. 29.
[11] Ebenda.
[12] Ebenda. S. 30.
[13] Eugen Ewig. Die Merowinger und das Frankenreich. S. 80.
[14] Ebenda.
[15] Ebenda S. 81.
[16] Ebenda S. 82.
[17] Rudolf Schieffer. Die Karolinger. S. 19.
[18] Ebenda. S. 20.
[19] Eugen Ewig. Die Merowinger. S. 142.
[20] Rudolf Schieffer. Die Karolinger. S. 20.
[21] Eugen Ewig. Die Merowinger. S. 142
[22] Ebenda. S. 142f.
[23] Rudolf Schieffer. Die Karolinger. S. 20.
[24] Eugen Ewig. Die Merowinger. S. 142.
[25] Ebenda. S. 156.
- Quote paper
- Stephan-Pierre Mentsches (Author), 2008, Die Legitimierung der karolingischen Usurpation des fränkischen Thrones, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111954
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