Lothar Krappmann und Hans Oswald beschäftigen sich in dem zu Behandelnden Text „ Alltag von Schulkindern“ mit der Sozialisation von Grundschulkindern im Schulalltag, Beziehungen und Interaktionen zwischen gleichaltrigen Kindern in einer Schule. Innerhalb dieser Beziehungen ergeben sich unterschiedliche Gruppenkonstellationen, Strategien der Aushandlungen und ein Zusammenarbeiten unter den Kindern.
Im Folgenden möchte ich anhand einer von mir erlebten Situation in meiner Grundschulzeit, in der von Krappmann und Oswald vorgemachten Art und Weise, eigene Interaktionserfahrungen wiedergeben und später versuchen anhand deren Analysen meine Erfahrungen zu reflektieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Fragen der Hausklausur
1.1 Interaktionserfahrung
1.2. Ergebnisse von Krappmann/Oswald
1.3. Begriffserläuterung: Norm, Aushandlung und Sanktion
1.1 Beschreibung eigener Interaktionserfahrungen in der Schule /Reflektion der Erfahrungen aus dem Hintergrund der Analysen von Krappmann und Oswald
1.2. Ergebnisse der Studie von Krappmann und Oswald
1.3. Norm, Aushandlung und Sanktion, Vergleich mit eben genannten Prozessen
Quellenverzeichnis
1. Fragen der Hausklausur
1.1 Interaktionserfahrung
Erinnern Sie sich: Beschreiben Sie in der von Krappmann und Oswald vorgemachten Art und Weise eigene Interaktionserfahrungen in der Schule, als Sie in dem entsprechenden Alter waren. Stellen Sie entweder eine einzelne Szene dar oder wiederkehrende Interaktionskonstellationen. Reflektieren Sie Ihre Erfahrungen auf dem Hintergrund der Analysen von Krappmann und Oswald.
1.2. Ergebnisse von Krappmann/Oswald
Beschäftigen Sie sich insbesondere mit dem Abschnitt über Aushandlungen (87-140). Stellen Sie nach eigener Auswahl drei der für Sie wesentlichsten Ergebnisse mit eigenen Worten dar.
1.3. Begriffserläuterung: Norm, Aushandlung und Sanktion
Erarbeiten Sie sich (evtl. Mit entsprechenden Handbüchern) Kenntnisse über die soziologischen Grundbegriffe Norm, Aushandlung und Sanktion und vergleichen Sie diese mit den in zwei beschriebenen Prozessen.
1.1 Beschreibung eigener Interaktionserfahrungen in der Schule /Reflektion der Erfahrungen aus dem Hintergrund der Analysen von Krappmann und Oswald
Lothar Krappmann und Hans Oswald beschäftigen sich in dem zu behandelnden Text „Alltag von Schulkindern“ mit der Sozialisation von Grundschulkindern im Schulalltag, Beziehungen und Interaktionen zwischen gleichaltrigen Kindern in einer Schule. Innerhalb dieser Beziehungen ergeben sich unterschiedliche Gruppenkonstellationen, Strategien der Aushandlungen und ein Zusammenarbeiten unter den Kindern.
Im Folgenden möchte ich anhand mehrerer von mir in der Grundschulzeit erlebten Situationen, in der von Krappmann und Oswald vorgemachten Art und Weise, eigene Interaktionserfahrungen wiedergeben und später versuchen, anhand deren Analysen meine Erfahrungen zu reflektieren. Im Jahre 1993, an der Grundschule Hans - Christian - Andersen in Halle, lernte die Klasse 3e unter der Leitung von Frau Wiedenbeck das Rechnen und das Einmaleins.
Wie in allen Lebenslagen gab es in unserer Klasse Kinder, die in guten Verhältnissen aufwuchsen, gute Noten bekamen und auch regelmäßig Taschenrechner und Co. in ihren Schulranzen hatten, aber auch jene Kinder, deren Eltern nicht genügend Geld hatten, diese ausreichend mit Arbeitsmaterialien zu versorgen.
Hilfe gab es in unserer Klasse meist nur unter befreundeten Schülern, fehlte einmal ein Taschenrechner oder das Millimeterpapier im Unterricht, half man sich nur aus, sofern man sich mochte. Ansonsten verteilte man Spott und war ignorant gegenüber den nach Hilfe fragenden Kindern.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir dem uns verhassten Mitschüler „Daniel„- nie geholfen haben. Sobald er sich nach einem Ergebnis oder nach Arbeitsmitteln erkundigte, wurde er mit einem „Nein“ abgewiesen. Fragte allerdings meine beste Freundin Ulrike nach den Mathehausaufgaben oder einem Lineal, gab ich es ihr bereitwillig.
Dasselbe galt auch für das Abschreiben während Klassenarbeiten. Da nicht immer befreundete Kinder nebeneinander saßen, kam es schon einmal vor, dass man die ausklappbare Federmappe so aufstellte, dass es dem Nachbarn kaum möglich gewesen wäre, abzuschreiben.
Einmal forderte ein Mädchen sogar ihren Nachbarn während einer Klassenarbeit auf, das unentwegte Abgucken zu unterlassen. So demonstrierte man auch vor dem Lehrer und seinen Mitschülern: Ich kann etwas, der neben mir nicht. Manchmal gab es auch Situationen, in denen ein Schüler zum Lehrerpult gegangen ist, um einen Mitschüler zu „verpetzen“, weil er ihn beim Lernen behinderte oder abschreiben wollte. Dann verwies unsere Klassenleiterin meist darauf, dass wir diesen „Kinderkram“ untereinander klären sollen.
Krappmann & Oswald (Krappmann/Oswald 1995: 144) kamen in ihren Analysen zu dem Ergebnis, dass es nur sehr wenige Hilfesituationen im Unterricht gäbe. Laut Krappmann und Oswald wird nur zwei bis drei mal in einer Unterrichtsstunde einem Mitschüler geholfen, egal ob es um das geborgte Lineal, oder die Frage nach dem richtigen Lösungsweg geht.
Die Studien von Krappmann & Oswald stellten fest, dass über die Hälfte der Aushandlungsprozesse im Unterricht gerade diese Situation, also die des unmittelbaren Fragens nach der richtigen Lösung (vgl. Klassenarbeit), beinhaltet (ebd.). Interessant dabei ist, dass es sich dabei nicht auf die Erklärung des Lösungsweges bezieht, was ja sogar längerfristig hilfreicher wäre (ebd.).
Auch Krappmann und Oswald erwähnen, dass sich Lehrer in diesen Hilfesituationen weitgehend heraushalten, damit die Kinder auf spätere, ähnliche Situationen vorbereitet sind und daraus lernen können (ebd.).
Ein weitere Gemeinsamkeit zwischen der Analyse von Krappmann und Oswald und meiner erlebten Erfahrungen ist der Punkt, dass es Situationen gibt, in denen eine schroffe Antwort auf eine Frage, wie zum Beispiel nach einem Ergebnis, folgt, oder wie in meinem Fall, in dem ein vermeintliches Abgucken in einer Klassenarbeit zu einer Beschimpfung eines Mitschülers führte. Damit brachte diese Schülerin den „Abgucker“ vor der Lehrerin und der gesamten Klasse in Verlegenheit. In dem Moment, in dem der Junge das Mädchen nach einem Ergebnis fragt, der eben von ihr abguckt, gibt er preis, dass er das Ergebnis nicht kennt oder eben nicht gelernt hat. Somit ist er verletzlich und angreifbar. Es wäre aber auch denkbar, dass das Mädchen den Jungen hätte abschreiben lassen, so dass sich der Junge in eine Art Abhängigkeit begeben hätte (Krappmann/Oswald 1995: 191ff.).
Der Grund für derartige Probleme in Aushandlungsprozessen scheint darin zu liegen, dass die Hilfsbedürftigkeit des einen und die Macht zum Hilfegeben des anderen ein Ungleichgewicht schafft, das für manch einen zum ausnutzen verführt, parallel aber dem Gleichheitsgrundsatz der Kinderwelt widerspricht und vom Empfänger schwer zu ertragen ist. Helfen ist schwerer als man denkt. „Viele der groben und verletzenden Handlungen lassen sich als Ausbeutung der Situation durch den dominanten Helfer verstehen. Die Gegenseite wartet auf ihre Chance, sich zur Wehr zu setzen, oder bemüht sich schon präventiv, den zu erwartenden Ansehensverlust und nachteilige Tauschbedingungen zu durchkreuzen (Oswald und Krappmann 2000: 6).
1.2. Ergebnisse der Studie von Krappmann und Oswald
Ergebnis 1 der Studie: Aushandlungsprozesse von Freundschaftsbeziehungen und Nicht- Freundschaftsbeziehungen verlaufen unterschiedlich:
Aushandlungsprozesse finden tagtäglich bis zu einhundert mal statt. Die an der Interaktion beteiligten Individuen haben eine Menge mitzuteilen- direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst. Dies bezieht sich nicht nur auf die Sprache, Tonfall, Mimik oder Gesten, sondern auch die Beteiligten setzen jeweils ein bestimmtes Vorwissen des Gegenübers und eine vorraussehbare Reaktion voraus (Treibel: 2000: 112).
Im Vergleich der Ergebnisse der Aushandlungsprozesse von Freundschaftsbeziehungen und Nicht - Freundschaftsbeziehungen gab die Studie von Krappmann und Oswald preis, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Aushandlungsgegenstand, Strategie von Initiator und Replikator (hier also die Kinder) und dem Aushandlungsergebnis gibt (Krappmann/Oswald 1995: 97). Laut Krappmann und Oswald korrelieren diese Variablen und machen den Prozess der Aushandlung vorhersehbar. Auch die Variable Freundschaft und Nicht- Freundschaft determiniert den Aushandlungsprozess zwischen den Kindern (Krappmann/Oswald 1995: 98). Hierbei betrachten Krappmann und Oswald allerdings nur Freundschaften unter gleichgeschlechtlichen Kindern ( ebd.).Laut der Studie verlaufen die Aushandlungsprozesse von Freundschaftsbeziehungen gegenüber Nicht - Freundschaftsbeziehungen nicht nur unterschiedlich, sie sind auch weniger vorhersehbar. Hier beeinflusst also die Variable „Grad der Freundschaft“ die Vorhersagbarkeit der Aushandlungsergebnisse ( Krappmann/Oswald 1995: 99).Der Grund dafür, dass Kinder, die eng miteinander befreundet sind, anders und vor allem flexibler handeln liegt darin, dass diese nicht den „stereotypen Handlungsabläufen“ unterliegen, sondern anpassungsfähiger reagieren und ihre Verhaltensweisen einander abstimmen (ebd.). Freunde untereinander haben weniger Angst davor, dass die Interaktion unterbrochen wird, wenn sie in anderer Weise handeln und agieren, als es der Initiator vorgegeben hat, also eine Aufforderung zum Spielen ablehnen oder einmal anderer Meinung sind (Krappmann/Oswald 1995: 102). Denn erfahrungsgemäß gilt auch für die Kinder, dass gute Freunde eher dazu neigen, mehr Akzeptanz und Aufmerksamkeit seinem Gegenüber aufzubringen, gerade auch, um einem Streit aus dem Wege zu gehen, was bei Nicht - Freunden ganz anders wäre (Krappmann/Oswald 1995: 103). Außerdem überwinden Freundschaften eine Schwäche der Interaktion, erleichtern Koordination und schaffen einen gemeinsamen Kontext beziehungsweise ein eigenes Erfahrungsfeld (ebd.).
Ergebnis 2 der Studie: Aushandlungsprozesse bestehen aus 4 Kategorien normativer Rahmungen
Im Zusammenhang mit Aushandlungsprozessen benennen Krappmann und Oswald Sanktionen, die die Folgen des Normbruches zu beseitigen vermögen, einmal nur durch bloße „Korrektur“ und zum anderen, um den Normbrecher zusätzlich einen „Schaden“ zuzufügen
(Krappmann/Oswald 1995: 115).
Es werden vier Sanktionstypen, die nach Ziel und Art der Strategie variieren, benannt. Die erste Strategie „Wiederherstellung der Ordnung unter Verzicht der Sühne“ ist die am häufigsten angewandte Strategie, in der die Kinder ihr Gegenüber einfach nur auffordern, „etwas zu unterlassen oder den Schaden zu beseitigen“ (Krappmann/Oswald 1995: 116).
Diese Form der Aufrechterhaltung der Ordnung basiert auf einem Normbruch, jedoch nicht auf Bestrafung des Normbrechers und kann ebenso verbal wie nonverbal ausgetragen werden.
Der zweite und auch gleichzeitig zweitverbreitetste Typ „Wiederherstellung des Gleichgewichtes durch Sühne“ sieht entweder eine verbale Vergeltung in Form von Beschimpfungen oder Bedrohungen oder eine nonverbale Huldigung des Normbrechers vor, indem der Täter durch Gewalthandlungen wieder zum Opfer wird ( ebd.). Beide Formen stellen meiner Meinung nach das Gleichgewicht nur für einen kurzen Moment her und sind deshalb oberflächlich.
Sicherlich predigen uns unserer Eltern von klein auf, dass wir Worte und nicht Fäuste sprechen lassen sollen, trotzdem sollte man in den Betreuungsstätten mehr Wert darauf legen, dass die Kinder sinnvoll und vernünftig miteinander diskutieren.
Eher seltene Strategien der Sanktionen sind solche, die ausschliesslich nonverbal ausgetragen werden und in Form von leidigem Schauen oder Weinen, sowie „demonstrativem Ignorieren“ der Kinder auftreten. Allerdings sind dies für die Kinder seltene Varianten, auf einen Normbruch zu reagieren. Statistisch gesehen reagiert nur jedes Zehnte Kind in dem untersuchten Alter bei Krappmann und Oswald auf diese Weise. Beide Strategien wurden laut Krappmann und Oswald fast ausschliesslich bei körperlichen Übergriffen angewandt.
Ergebnis 3 der Studie: Zu den Aushandlungsprozessen gehören auch misslungene Aushandlungen
Desweiteren untersucht die Studie von Krappmann und Oswald auch misslungene Aushandlungen unter Kindern im Grundschulalter und kommt zu dem Ergebnis, dass die Anwendung von Gewalt unter Kindern in den letzten Jahren zugenommen hat. Ganz entscheidend für die Sozialisation eines Kindes ist in erster Instanz sein Elternhaus, später dann sind Kindertagesstätten und Schulen prägend für ein Kind (Krappmann/Oswald 1995: 126 ff.).
Die Aufgabe der Schulen ist im allgemeinen eine Balance zwischen Schülersein und Lebenswelt, also der Rolle als Schüler zu schaffen (www.berlin.de). Normen und Werte sollen von den Pädagogen übermittelt werden und der Bezug zum anderen Geschlecht soll hergestellt werden (ebd.). Sind Eltern und Erzieher nicht mehr in der Lage, den Kindern Normen und Regeln beizubringen und den Kindern zu lehren, keine körperliche Gewalt anzuwenden, sondern vernünftig zu diskutieren oder durchaus auch einmal über etwas hinwegzusehen, werden ihre Schützlinge im Laufe der Zeit immer aggressiver und können sich nur noch mit Fäusten behelfen. Das Sich - Durchsetzen von Kindern gegenüber anderen wurde in 407 Szenen untersucht und festgestellt, dass in etwa zwei Drittel der Szenen genau zwei Kinder beteiligt waren, und nur in einem Drittel der Fälle drei oder mehrere Kinder. Körperliche Gewalt wurde in fast der Hälfte aller Fälle angewandt, bei allen restlichen Fällen nur verbale Gewalt (Krappmann/Oswald 1995: 126). Interessant dabei ist, dass in deutlich mehr Fällen der untersuchten Auseinandersetzungen unter den Kindern Jungen beteiligt waren. Meist wendet sich die Gewalt der Jungen auch gegen Gleichgeschlechtliche, aber auch nicht selten gegen das andere Geschlecht ( Krappmann/Oswald 1995: 130 f.). Nur sehr selten konnte man gewalttätige oder rücksichtslose Interaktionen unter Mädchen beobachten, häufig wehren sich Mädchen oft nur mit strafenden Blicken (Krappmann/Oswald 1995: 131).
Gründe für die Geschlechterspezifik liegen darin, dass Jungen häufiger eine „aktive Rolle“ einnehmen, in der sie herumalbern oder übermütig werden und so „unsinnige Interaktionen“ starten (ebd.). Jungen sind evolutionsbedingt aggressiver und unruhiger als Mädchen, die bei misslungen Aushandlungen eher beleidigt sind.
1.3. Norm, Aushandlung und Sanktion, Vergleich mit eben genannten Prozessen
Der Begriff „ Norm “ ist in unserer Gesellschaft in aller Munde und wird häufig im Zusammenhang mit Verhalten und Fehlverhalten im Alltag, der Politik und anderen Bereichen verwendet. In der Alltagswelt werden die Begriffe Normen und Werte häufig als Synonym verwendet, aber dem Soziologen reicht das nicht aus. Doch was genau ist nun eine Norm? Im Allgemeinen bezeichnet eine Norm eine „Richtschnur“ oder eine „Regel“, nach denen sich Menschen im Sinne einer ethnisch- moralischen Zielvorstellung verhalten und so handeln, dass diese Ziele idealisiert werden können (Hillmann 1994: 615)
In der Soziologie bezeichnet eine Norm den Grundbegriff für „allgemeine sozial gültige Regeln des Handelns“ (Hillmann 1994: 615). Menschen einer Gesellschaft handeln nach dieser allgemein gültigen Norm, weil dies von ihren Interaktionspartnern und Teilhabern der Gesellschaft und sozialen Umwelt gefordert wird. Aus diesem normativen Handeln resultieren sozial verankerte Positionen und Rollen, welche von der Gesellschaft auf das Individuum zugeschrieben werden. Weil Normen Regeln sind, die den Menschen vorschreiben, wie sie sich in bestimmten Situationen gegenüber bestimmten Mitgliedern der Gesellschaft verhalten sollen - schaffen Normen „soziale Gebilde“ (ebd.), beziehungsweise soziale Einheiten, die den Charakter der Dauerhaftigkeit inne haben. Entwickelt ein Individuum ein inneres Sanktionssystem, dass mit einer Bestrafung reagiert, wenn das Individuum eine durch eine Norm verbotene Handlung ausführt oder eine von der Norm vorgeschriebene Handlung nicht ausführt, internalisiert das Individuum eine Norm (Coleman 1995: 380).Zur Entstehung eines solches Sanktionssystems werde ich später noch genauer eingehen.
Wie bereits erwähnt, treten Normen in allen gesellschaftlichen Bereichen auf, besonders aber in Interaktionen und sozialen Beziehungen zwischen den Individuen. Schon Kinder lernen bereits im Laufe ihrer Grundschulzeit, wie sie agieren, sich verhalten und aktiv werden können. Aushandlungsprozesse spielen innerhalb dieser Verläufe eine wichtige Rolle
(Krappmann/Oswald 1995: 144).
Aushandlungen betreffen immer einen gewissen Gegenstand und beinhalten stets normative regeln, die es gilt einzuhalten, wenn dieser Gegenstand erreicht werden soll. Mit dem Begriff Aushandlung verbindet man im Allgemeinen eine Handlung, die mit Kompromissen und Verhandlungen verbunden sind, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Unterschiedlichste Erfahrungen wie zum Beispiel Kooperation, Hilfe, Sanktionen aber auch Gewalt werden täglich gemacht.
Krappmann und Oswald definieren den Begriff der Aushandlung als eine Interaktion, welche dann eine Aushandlung ist, wenn zwischen mindestens zwei Kindern ein Dissenz auftritt, der aktiv von den Beteiligten ausgeführt wird (Krappmann/Oswald 1995: 90). Sie haben Aushandlungsprozesse von Kindern in den Mittelpunkt gestellt und zu zeigen versucht, dass die Kinder gerade auch Lernerfahrungen machen, wenn etwas nicht so gut gelingt.
Kinder entwickeln bereits die Fähigkeit, untereinander zu bestimmen, was sie spielen oder unternehmen möchten. Dabei lernen sie, aufeinander einzugehen, Wünsche zu respektieren, Ansprüche zu äussern und eine gemeinschaftliche Lösung zu finden. Anders verlaufen Aushandlungsprozesse zwischen Kindern und ihren Eltern. Hier muss sich das Kind unterordnen, da die Eltern als Erwachsene eine erzieherische Funktion einnehmen und ihren Zöglingen bei eventuellem Fehlverhalten mit Sanktionen drohen können. Kinder versuchen den Erwartungen ihrer Eltern stand zu halten (Krappmann/Oswald 1995: 87f.) , was aus einer gewissen Herrschaftskonstellation resultiert. Ausserdem wird in unserer Gesellschaft angestrebt, dass die „älteren“ Mitglieder die „jüngeren“ Mitglieder delegieren und als Respektpersonen angesehen werden. Wie schon anführt, werden nicht nur Kinder, auch andere Mitglieder einer Gesellschaft für ihre Eigenschaften oder ihr Verhalten von anderen Menschen belangt.
Konkrete Aktionen und Zeichen, seien diese körperlicher oder seelischer Art, werden somit eingesetzt, um einen Menschen zu sanktionieren (Hillmann 1994:753). Sanktionen haben zum einen die Funktion, ein normengerechtes Verhalten zu erzeugen und zum anderen, abweichendes Verhalten vorzubeugen und dem entgegenzuwirken (ebd.).
Sanktionen sind also Reaktionen auf Normbrüche, mit denen deutlich gemacht werden soll, dass das entsprechende Verhalten nicht hingenommen wird. Oft zielen Strafen auf die Korrektur des Verhaltens, man will erreichen, dass der andere sein Verhalten ändert und es zukünftig unterlässt. Hierfür sind verbale Sanktionen mit hohem Informationsgehalt besonders günstig und die Kinder handeln erstaunlich oft in dieser kaum gewalthaltigen korrigierenden Weise (ausführlicher in Krappmann und Oswald 1995, Kap. 6). Oft sind Strafen aber auch Vergeltung, Rache für erlittenes Ungemach. Eine ansonsten verbotene Handlung kann als Strafe durchaus erlaubt sein. Für Lehrer ist es aber oft schwer, zwischen verbotener Aggression und erlaubter Strafe zu unterscheiden, weil sie meistens die Vorgeschichte nicht kennen.
Strafen werden von einem Kind oft nicht hingenommen, beispielsweise wenn es sie als zu hart empfindet. Es folgt dann eine Eskalation, die in großem Krach enden kann.
Krappmann und Oswald unterscheiden zwei Formen von Sanktionen. Zum einen benennen sie Sanktionen, die nur der Korrektur des Normbruchs dienen und zum anderen benennen sie Sanktionen, die dem Normbrecher zusätzlich Schaden zufügen, um ihn zu bestrafen
(Krappmann/ Oswald 1995: 115). Eine solche Bestrafung muss aber nicht immer zur Einsicht führen. Desweiteren hängt die Sanktionierung immer von Machtverhältnissen ab. Wenn der Sanktionierende mächtiger ist, als der zu Sanktionierende, so kann es schwere Folgen für den Sanktionierenden haben. Hier verweisen Krappmann und Oswald auf die „Korrigierenden Sanktion“ beim Bruch von Sittennormen (ebd.). Das Ausmaß der Sanktion unterscheidet sich sowohl in Freundschaftsbeziehungen als auch in Nicht - Freundschaftsbeziehungen. In erster werden häufiger schwache Sanktionen getroffen, weil man einander besser leiden kann und eher auf die Gefühle des Gegenübers Rücksicht nimmt (ebd.).
Da es immer Kinder gibt, deren Sozialisation effektiver war, als von anderen Kindern, in dem Sinne, dass sie soziale Normen besser internalisiert haben, kann man schlussfolgern, dass deren Handlungen einer stärkeren oder besseren Kontrolle unterlagen oder unterliegen (Coleman 1995: 381).
Natürlich setzt eine erfolgreiche Internalisierung der Normen auch eine gewisse Empfänglichkeit des Individuums voraus. Laut Coleman muss in dem Individuum, in dem Falle also in dem Kind ein gewisses Interesse geweckt werden, was es dazu bringt sich normgerecht zu verhalten. Es obliegt also den Eltern, ihren Kindern beizubringen, Normen und Werte als selbstverständlich anzusehen und ebenso auszuleben.
Quellenverzeichnis
- Coleman, James: Grundlagen der Sozialtheorie. Band 1. Kapitel 11: Die Realisierung
wirksamer Normen. München 1995
- Hillmann, Karl- Heinz: Norm. In: Wörterbuch der Soziolgie.4.
Überarbeitete und ergänzte Auflage. Kröner Verlag. Stuttgart 1994
- Hillmann, Karl- Heinz: Sanktion. In: Wörterbuch der Soziolgie.4.
Überarbeitete und ergänzte Auflage. Kröner Verlag. Stuttgart 1994
- Krappmann, Lothar/Oswald, Hans: Alltag der Schulkinder. Beobachtungen und
Analysen von Interaktionen und Sozialbeziehungen. Band 5 der Reihe „Kindheiten.
Behnken, Imbke, Zinnecker, Jürgen. Juventa Verlag. Weinheim und München 1995
- Treibel, Annette: Einführung in soziologische Theorie der Gegenwart. Kaptel
Interaktion und Interpreation. Leske und Budrich.
Karsruhe 2000
- www.berin.de/imperativ (11.09.07)
- Quote paper
- Susann Schulze (Author), 2008, Thema: Lothar Krappmann, Hans Oswald (1995):, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111616
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