Hier habe ich versucht die Entwicklung des Ablauts vom Vorgermanischen bis zum Neuhochdeutschen zusammenzufassen. Diese Beschreibung sollte eifach, interessant, hilfreich und nicht kompliziert sein. Ich hoffe meine Zusammenfassung konnte Euch ein wenig helfen!
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Ablaut im Vorgermanischen
3. Der Ablaut im Germanischen
4. Der Ablaut im Althochdeutschen
5. Der Ablaut im Mittelhochdeutschen
6. Der Ablaut im Neuhochdeutschen
7. Zusammenfassung
1. Einleitung
Ablaut ist der regelmäßige Wechsel bestimmter Vokalqualitäten und Vokalquantitäten in etymologisch zusammengehörigen Wörtern, der auf die indogermanische Akzentverhältnisse zurückgeht.[1] Im Deutschen ist der Ablaut zu einem Ablautsystem ausgebaut worden, das bei den starken Verben bis heute erhalten ist.
Der Ablaut ist für den Unterschied zwischen Präsens, Präteritum und Partizip 2. verantwortlich, und damit ist der Ablaut das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen unregelmäßiger und regelmäßiger Konjugation:[2]
lieben-liebte-geliebt (regelmäßig)
singen-sang-gesungen (unregelmäßig)
Die Verben, die nur mit Ablaut ihre Formen bilden, sind die starken Verben. Sie bilden die Hauptgruppe der unregelmäßigen Verben. Ihr kennzeichnendes Merkmal in der Formenbildung ist der Wechsel des Stammvokals, der Ablaut. Die starken Verben ändern den Stammvokal im Präteritum und meistens im Partizip Perfekt:[3]
s i ngen-s a ng-ges u ngen, l ie gen-l a g-gel e gen
Man kann alle ablautenden Verben im Deutschen in 3 Gruppen unterteilen:[4]
1. Die Verben, die im Präsens, Präteritum und im Partizip 2 je einen anderen Lexemvokal haben:
b i nden-b a nd-geb u nden
2. Die Verben mit gleichem Lexemvokal im Präsens und Partizip 2:
f a hren-f u hr-gef a hren
3. Die anderen übriggebliebenen Verben:
h e ben-h o b-geh o ben
Der Ablaut ist durch die Einwirkung des freien Wortakzents auf der indogermanischen Sprachstufe entstanden. Auf Grund der Rekonstruktion kann angenommen werden, dass das Indogermanische über einen sog. freien (beweglichen) Akzent[5] verfügte. In Sprachen mit freiem Akzent kann jeder Vokal und jede Silbe (Stammsilbe, Affix, Endung) betont werden und die Unterschiede in der Akzentstelle sind bedeutungsunterscheidend. Die meisten Forscher vermuten, dass das Indogermanische über einen musikalischen und einen dynamischen Tonakzent verfügte. Über die genaue Art der Tonführung lässt sich bei den genannten Akzentarten wenig sagen, da die germanische Sprachen den tonischen Akzent umgestaltet haben.
2. Der Ablaut im Vorgermanischen
Zum Vorgermanischen ist dieses Akzentsystem aufgegeben worden. Der Akzent wurde auf die Wurzelsilbe festgelegt. Die musikalische und dynamische Akzente sind verschwunden. Die Artikulation der Vokale hat die bedeutungsunterscheidende Funktion bekommen. Als Ausgangspunkt diente der indogermanische Wechsel des Vokals e zu o,[6] der durch unterschiedliche Vokal- und Konsonantenumgebung seine Qualitäten geändert hat (z. B. Abtönung, Dehnung oder Schwund des Vokals). An den Stellen, wo ein Vokal ausfiel, wurde Sonant[7] vokalisiert und silbertragend. Sonanten enthalten ein vokalisches Element, was im Germanischen die Sprossung eines u auf der Schwundstufe ermöglicht. Das u wird benötigt, da die Wurzelbetonung im Germanischen einen Vokal in der Wurzel verlangt. Als Beispiel nehmen wir das Verb binden (Ablautreihe 3) im Präteritum und im Partizip Perfekt:
(Im Indogermanischen) bh e ndhonom-bh o ndha-bhndhm-bhndhonos[8]
(Im Germanischen) b i ndanan-b a nd-b u ndum-b u ndanaz
Im Vorgermanischen gibt es 2 Hauptklassen des Verbs, die sich durch die Art der Präteritumbildung voreinander unterscheiden:[9]
1. Die ablautenden Verben. Der Lexemvokal ändert sich oder schwindet im Präteritum.
(binden) bh e ndhomes – (ich band) bh o ndha – (Part. 2) bhndhonos
2. Die reduplizierenden Verben. Hier wird im Präteritum ein Präfix dem Lexem vorangestellt.
(heißen) k oi domes – (ich hieß) kek oi da
Die ablautenden Verben im Vorgermanischen lassen sich in 6 Ablautreihen unterteilen.[10] Die ersten 5 Ablautreihen lassen sich durch Wechsel des Stammvokals auszeichnen. Sie haben den Lexemvokal e im Singular Präsens, und o im Singular Präteritum. Sie unterscheiden sich voneinander in ihrem Ablautverhalten im Plural Präteritum und im Partizip 2 (Schwund bzw. Dehnung des Vokals). Die Ablautreihen 3, 4 und 5 erweisen sich als phonologisch bedingte Varianten. Der Lautwechsel regelt sich automatisch nach den Folgelauten. In der Ablautreihe 3 folgen auf den Lexemvokal ein Sonant l, m, n, r und ein Konsonant. In der 4. Ablautreihe steht nur ein Sonant nach dem Lexemvokal. In der Ablautreiche 5 steht nur ein Konsonant nach dem Lexemvokal. In der Ablautreihe 6 wird der Stammvokal nur gedehnt.
1. r ei dh-, r oi dh-, r i dh-, r i dh- (e + i)
2. b eu gh-, b ou gh-, b u gh-, b u gh- (e + u)
3. bh e ndh-, bh o ndh-, bhndh-, bhndh- (Konsonant + e + Sonant + Kon.)
4. n e m-, n o m-, n ē m-, nm- (Konsonant + e + Sonant)
5. gh e bh-, gh o bh-, gh ē bh-, gh e bh- (Konsonant + e + Konsonant)
6. p o r-,p ō r-, p ō r-, p o r-
[...]
[1] Vgl. Hennings, 2001, S. 47.
[2] Vgl. Grammatik Duden, 1998, S. 126.
[3] Vgl. Dreyer, 2000, S. 37.
[4] Vgl. Kern, 1977, S. 19.
[5] Freier Akzent wird auch im Metzler-Lexikon als ungebundener Akzent mit der
Bedeutungsdifferenzierenden Funktion bezeichnet.
[6] Vgl. Ehrismann, 1976, S. 75.
[7] Laut Metzler-Lexikon 1993, S. 561, ist ein Sonant (lat. sonare `klingen´) ein stimmhafter
Sprachlaut, welcher einen Silbenkern bilden kann.
[8] Vgl. etwa die Tabelle im Kern, 1977, S. 27.
[9] Vgl. Kern, 1977, S. 27.
[10] Vgl. Metzler-Lexikon, 1993, S. 5.
- Citation du texte
- Volodymyr Kalinkin (Auteur), 2007, Zum Ablaut im Deutschen - Vom Vorgermanischen bis zum Neuhochdeutschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111590
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