Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Einleitung
3. Theoretische Grundlagen
3.1. Der Konstruktivismus als theoretische Basis
3.2. Der Sozialisationsprozess als Erzeuger von Wirklichkeiten
4. Medien und Wirklichkeiten
4.1. Der Rezeptionszyklus als Weiterentwicklung von Wirklichkeiten
4.2. Die Wahrnehmung als Zusammenkunft von Realität und Fiktion
5. Die Interaktion
5.1. Der symbolische Interaktionismus als Abgleich von Wirklichkeiten
5.2. Parasoziale Interaktion als Teil der Wirklichkeiten
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturliste
Internetquelle
1. Vorwort
„Fernsehen kann schaden und nutzen. Es könnte aber auch umgekehrt sein.“ [1]
Wir leben in einer Welt, in der Mitteilungen nicht mehr ausschließlich von Menschen über Menschen an andere Menschen überbracht werden. Botschaften werden in der heu- tigen Zeit oft über Medien vermittelt. Eine globalisierte und in so starkem Maße ver- netzte Welt, wie wir sie heute erleben, wäre ohne technische Hilfsmittel gar nicht denk- bar. Um ein solch globales Netz zwischen den Menschen zu spannen und aufrecht zu erhalten, sind wir geradezu auf Medien angewiesen. Das System der Medien sichert die Erreichbarkeit der Kommunikationspartner sowie die Übertragbarkeit der Kommunika- tionsinhalte, also der Botschaften.
Ein Medium, in seiner hier verwandten Bedeutung, soll als technisches Hilfsmittel zur Verbesserung der Kommunikation, d.h. zur besseren Verbreitung von Botschaften die- nen. Insbesondere sollen Massenmedien thematisiert werden, die die Vermittlung von Botschaften eines Senders an eine Vielzahl von Empfängern ermöglicht.
Das Mediensystem hat, als Teilsystem der heutigen Gesellschaft, innerhalb weniger Jahrzehnte einen enormen Stellenwert erreicht und scheint seinen Einfluss unaufhaltsam zu steigern. Wohl kaum ein anderes System berührt so viele andere gesellschaftliche Teilbereiche in solch hohem Maß wie die Medien. Eben dieser systemübergreifende Charakter der Massenmedien versetzt sie in die Lage, Geschehnisse aus nahezu allen Lebensbereichen an die Mitglieder einer Gesellschaft zu vermitteln. Sie scheinen das
»Alltägliche der Welt« wiederzugeben und sind gleichzeitig - oder gerade deswegen - in den Alltag nahezu aller Gesellschaftsmitglieder fest etabliert. Eben diese Nähe zum All- tag sowie die Bandbreite an Entfaltungsmöglichkeiten[2] führen dazu, dass jeder Einzelne sich zumindest mit Teilen dessen identifizieren kann, was die Medien anbieten. Wo- möglich liegt gerade darin die immense Popularität und Bedeutung der Massenmedien.
Der Bedeutungszusammenhang zwischen Medien, Gesellschaft und Individuum wird auch in der Wissenschaft zunehmend thematisiert. Dabei bleibt zu beachten, dass sich die Medienwirkungsforschung in einem sehr widersprüchlichen Stadium befindet, des- sen klärender Prozess noch lange nicht abgeschlossen zu sein scheint.[3] Hier stößt man insbesondere auf zwei sich diametral zugewandte Ansätze, die zur Analyse des Zusam- menspiels von Mensch und Medien herangezogen werden.
Bei dem ersten Ansatz werden die Medienorganisationen und deren Möglichkeiten und Sichtweise genauer untersucht. Hier geht es um die Frage: Was machen die Massenme- dien mit den Menschen?
Bei diesem medienzentrierten Ansatz ist immer wieder von der Macht der Medien und deren Organisationen die Rede. Es werden Szenarien dargestellt, welche Gefahr von den Medien auszugehen scheint, wie stark ihr Einfluss auf die kulturelle und gesell- schaftliche Entwicklung ist, welch großes Verzerrungspotential in medial vermittelten Botschaften schlummert und wie der (hilflose) Rezipient von den Medien überwältigt und gemäß ihrer Ziele manipuliert werden kann und wird.[4]
Diesem Ansatz ist ein anderer entgegengesetzt, der die Sicht der Rezipienten und deren Möglichkeiten im Umgang mit den Massenmedien beleuchtet. Die entsprechende Frage lautet hier: Was machen die Menschen mit den Medien?
Hier wird der Kommunikationsfluss aus Sicht der Rezipienten beleuchtet und analysiert. Es wird untersucht, wer welche Medien wann konsumiert, wieso sie sich diesen und keinen anderen Medienangeboten zuwenden und wie die mediale Botschaft aufgenom- men und verarbeitet wird. Hier wird schon fast von einer Ohnmacht der Medien ausge- gangen, die lediglich Angebote an einen aktiven und kritisch selektierenden Rezipienten abgeben. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Bedürfnisse, Sichtweisen, Wahr- nehmungen und Handlungen einzelner Rezipienten sowie auf deren Rezeptionskontext gerichtet. Es wird die Art und Weise analysiert, wie die Menschen mit den Massenme- dien umgehen, welche direkte Wirkung diesen dann noch zugesprochen werden kann und welche Möglichkeiten der Rezipient hat, Medienangebote wahrzunehmen und zu verarbeiten.
In dieser Arbeit wird der rezipientenorientierte Ansatz im Mittelpunkt stehen. Dabei wird der Einfluss der Medien vor allem vor dem Hintergrund der sozialen Konstruktion von Wirklichkeit [5] beleuchtet.
2. Einleitung
„Daß Wirklichkeiten als soziale Konstrukte verstanden werden können oder gar sollten, haben zumindest einige Soziologen seit der Etablierung ihrer Disziplin gewusst. Weil jedoch die Medien weder in der heute gegebenen technischen Vielfalt und Leistungs- stärke, noch in der damit einhergehenden sozialen Organisation präsent waren, konn- ten diese frühen Überlegungen zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit noch nicht in eine Medientheorie verlängert werden.“ [6]
Dieses soll jetzt nachgeholt werden und der Einfluss der Medien auf die subjektive und durch sozialen Austausch vermittelte Konstruktion von Wirklichkeit systematisch erar- beitet werden. Ein besonderes Interesse gilt dabei den parasozialen Interaktionen und der Frage, welchen Einfluss diese auf die soziale Konstruktion von Wirklichkeit haben oder haben können.
Zunächst einmal soll der theoretische Rahmen dargestellt und erläutert werden. Hierzu gehört die aktive Gestaltung der Wirklichkeit, wie sie von Konstruktivisten angenom- men und verbreitet wird. Dabei wird auf die Unterschiede bei der persönlichen Wahr- nehmung und Verarbeitung von spezifischen Umweltreizen und Kognitionen eingegan- gen, die eine subjektiv konstruierte Wirklichkeit zur Folge haben. Hier ist grundsätzlich zwischen der Entwicklung eines Persönlichkeitsbildes und der Entwicklung eines sozia- len Weltbildes zu unterschieden. In dem Zusammenhang soll es auch zu einem besseren Verständnis des Begriffs »Wirklichkeit«, so wie er hier gebraucht wird, kommen. Ver- wiesen wird dann kurz auf den Prozess der Sozialisation, der für die aktive Konstrukti- on von Selbstbild und Weltbild eine zentrale Bedeutung besitzt.
Des Weiteren wird der symbolische Interaktionismus erklärt und dessen Bedeutung für eine soziale Konstruktion von Wirklichkeit herausgearbeitet.
Im Ergebnis soll klar werden, dass Wirklichkeit als ein aktiver, selektiver und vor allem subjektiver Begriff verstanden werden muss, der zudem erst durch soziale Interaktionen entstehen und aufrecht erhalten werden kann.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dann auf der Analyse der subjektiven Konstruktion von Wirklichkeit in Bezug auf die von den Medien vermittelte Realität. Dabei soll erar- beitet werden, welchen Einfluss der Medienkonsum und insbesondere die parasoziale Interaktion auf die subjektive Konstruktion der Wirklichkeit sowie die Persönlichkeits- entwicklung und Identitätsfindung hat bzw. haben kann.
Hier wird deutlich werden, dass Medien, die mittlerweile fest in den Alltag integriert sind, das Wirklichkeitsbild in sehr starkem Maß mitbestimmen. Die Gefahr, dass Reali- tät und Fiktion sich vermischen und bei der subjektiven Wirklichkeitskonstruktion nicht mehr auseinander gehalten werden können, zeigt eine Medienanalyse auf besonders deutliche Art und Weise.
Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auf die parasoziale Interaktion zwischen Zuschauer und Medienfigur. Hier ist eben diese Integration einer an sich fiktiven (oder zumindest nur mittelbar zugänglichen) Medienfigur in das real-soziale Leben offen- sichtlich. Die große Zahl an Fernsehkanälen und die damit einhergehende enorme An- zahl an Persönlichkeiten, die das Fernsehen prägen, erlauben dem Zuschauer eine un- glaublich große Auswahlmöglichkeit, sich mit einer oder mehreren dieser Figuren zu identifizieren. Der Umgang mit der Medienfigur erfolgt, als ob sie eine reale Person wäre und somit vollständig in das soziale Leben integriert sei. Eben diese Identifikation mit Medienfiguren und deren Integration in das seinerseits wiederum subjektiv-reale Leben macht deutlich, wie nahe eine parasoziale Interaktion an eine soziale Interaktion heranreicht] und deshalb die subjektive Konstruktion von Wirklichkeit mitbestimmt.
Im Ergebnis sollte dann klar werden, dass und wie parasoziale Interaktion die soziale Interaktion in ihrer sinnstiftenden Funktion ersetzen oder zumindest ergänzen kann.
[...]
[1] MÜLLER-GERBES 1989 zitiert nach MERTEN 1994; 292.
[2] Obwohl das Potential des Mediensektors sicherlich bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, erreicht er schon heute ein überwältigendes Spektrum an Umgangsformen, Zuwendungsmotiven und Anwendungs- möglichkeiten. Er liefert dem Rezipienten eine Vielzahl an Informations-, Unterhaltungs-, Erfahrungs- und auch Interaktionsmöglichkeiten und das rund um die Uhr über viele verschiedene Kanäle.
[3] vgl. MERTEN 1994; 291f
[4] Besonders bekannt ist hier der Ansatz der kritischen Theorie, welche die Massenmedien unter Manipulationsverdacht stellt. Hier steht der passive Rezipient einem schier Übermächtigen Mediensektor gegenüber, der die Masse regelrecht zu kontrollieren scheint.
[5] Als Einführung sei hier beispielhaft auf das gleichnamige Buch von BERGER/LUCKMANN (1969) verwiesen.
[6] HEJL 1994; 43.
- Quote paper
- Patrick Lamers (Author), 2007, Medien und Wirklichkeiten - Der Einfluss parasozialer Interaktion auf die soziale Konstruktion von Wirklichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110898
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