Publius Cornelius Scipio Africanus (d.Ä.) lebte von 236 bis 183 v. Chr. Seine herausragenden militärischen Erfolge und seine stark ausgeprägte Persönlichkeit verschafften ihm nicht nur eine besondere Stellung in der römischen Nobilität und im Volk, sondern auch Neid und Mißgunst anderer Adliger. Während Scipio die größten Feldherren seiner Zeit auf drei Kontinenten militärisch bezwingen konnte, verlor er den innenpolitischen Machtkampf zu Hause, der in den Scipionenprozessen kulminierte. Dieser Machtkampf gilt als erste Vorahnung über das drohende Ende der römischen Republik erkennen. Diese Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen Scipio und dem Senat dahingehend, inwieweit dieser Konflikt systemimmanent war.
Fragestellung:
Wie bewerten Sie die Stellung des Publius Cornelius Scipio Africanus (d.Ä.) um 200 v. Chr. und wie reagiert der Senat darauf?
Publius Cornelius Scipio Africanus (d.Ä.), im folgenden Scipio genannt, lebte von 236 bis 183. Seine herausragenden militärischen Erfolge und seine stark ausgeprägte Persönlichkeit verschafften ihm nicht nur eine besondere Stellung in der römischen Nobilität und im Volk, sondern auch Neid und Mißgunst anderer Adliger. Während Scipio die größten Feldherren seiner Zeit auf drei Kontinenten militärisch bezwingen konnte, verlor er den innenpolitischen Machtkampf zu Hause, der in den Scipionenprozessen kulminierte. Dieser Machtkampf läßt eine erste Vorahnung über das drohende Ende der römischen Republik erkennen, oder wie Scullard es formuliert: „...threatened the supremacy of the senatorial nobility, foreshadowing the Gracchi, Marius, Sulla, Pompey and Caesar“ (Scullard, 1970, S. 24). Marks sieht in der Epoche Scipios einen Transformationsprozeß, der einen „...shift in the character and composition of her leadership“ (Marks, 2005, S. 13) ausgelöst hat. Im Folgenden soll das Verhältnis zwischen Scipio und dem Senat dahingehend untersucht werden, inwieweit dieser Konflikt systemimmanent war.
Nach dem Tod von Scipios Vater Publius Cornelius Scipio im Jahre 211 beanspruchte dessen erst 23jähriger Sohn Scipio das mit dem Imperium ausgestattete Amt des Prokonsuls, das zuvor nur Adlige innehatten, die bereits Konsul oder Prätor gewesen waren. Damit war Scipio der erste Privatus in der römischen Geschichte, der diese Stufe der Karriereleiter übersprang. Dreyer stellt daher fest, daß die herkömmlichen Karrieren für die Führungsämter nicht nur nicht nötig, sondern sogar verzichtbar waren (vgl. Dreyer, 2006, S. 50). Dieser Umstand war freilich der Notsituation des Krieges geschuldet, der vielen Führungskräften das Leben gekostet und somit einen Engpaß in der Führungselite erzeugt hatte.
Scipios steiler Aufstieg begann als Privatus cum imperio mit einem starken Vertrauensvorschuß des Senats, der ihm das Imperium bis Kriegsende erteilte und damit die bisher übliche einjährige Ablauffrist außer Kraft setzte.
Dieses Vertrauen wurde durch Scipios Sieg in Spanien rechtfertigt.
Als Scipio 205 zum Konsul gewählt worden war, hatte sich im Senat jedoch eine Opposition gegen ihn formiert, die ihm das Imperium für seinen geplanten Afrikafeldzug verweigerte. Scipios Drohung, seine Popularität beim Volk auszuspielen, nötigte dem Senat den Kompromiß ab, Scipio eine Erlaubnis, jedoch nicht das Imperium für den Afrikafeldzug zu erteilen. Dennoch sieht Marks bereits in dieser Entscheidung eine politische Veränderung „...from the system of shared leadership to the concentration of power in an individual“ (Marks, 2005, S. 109).
Um im römischen Klientelsystem bestehen zu können, setzte Scipio neben seinem starken Rückhalt beim Volk vor allem auf die gezielte Förderung von homines novi. 189 unterstützte er den befreundeten Volkstribun Terentius Culleo bei seiner Gesetzesinitiative zur Verleihung der vollen Bürgerrechte für die Söhne von Freigelassenen (vgl. Scullard, 1970, S. 214). Gerade diese Politik brachte fast die gesamte übrige Nobilität und die Mehrheit des Senats gegen ihn auf, unter denen Marcus Porcius Cato (d.Ä.) als bedeutendster Gegenspieler hervortat. Scullard charakterisiert die Position Scipios treffend: „Although he had many friends among his fellow nobles, to the nobility as a whole he appeared as a potential danger to their existing control of state“ (Scullard, 1970, S. 234). Für Dorey erwies es sich zudem als verhängnisvoll, daß „Scipio never seems to have been able to weld his supporters into a single harmonious group“ (Dorey, 2005, S. 198).
Als er 194 das zweite mal zum Konsul gewählt worden war, versagte ihm der Senat erneut das Imperium, u.a. auf Initiative Catos, diesmal gegen den Seleukidenherrscher Antiochos III..
Der Senat ließ somit „...Scipio wenig oder gar keine Gelegenheit zu kriegerischen Thaten“ (Henze, 1900, S. 1468) und ließ das Talent des Feldherrn ungenutzt brachliegen. 191 wurde die Lage in Syrien so prekär, daß man den Krieg nicht länger aufschieben konnte. Erneut konnte der Senat das Problem nur mit einem Kompromiß lösen, indem man Scipios Bruder Lucius Scipio den Oberbefehl übertrug, welcher von Scipio als Legat begleitet wurde. Trotz der militärischen Erfolge der Scipionenbrüder, wurde das Imperium auch für Lucius Scipio nicht bis Kriegsende verlängert, denn der Senat wollte die kriegsbedingten Privilegien wieder auf Normalmaß zurückfahren. Marks bezeichnet diese Politik des Senats als „obstacle to Rome’s success“ (Marks, 2005, S. 277).
Cato gelang es 184, einen Prozeß gegen Scipio einzuleiten, in dem er ihm die Annahme von Bestechungsgeldern vorwarf. Der Angeklagte brachte auch hier durch überhebliches Verhalten die Mehrheit gegen sich auf und mußte am Ende vor der Übermacht seiner Feinde kapitulieren.
Cato, der den Teil der konservativen Nobilität verkörperte, der das Emporstreben einzelner Persönlichkeiten zu verhindern suchte, hatte sich im Senat gegen Scipio endgültig durchgesetzt (vgl. Dreyer, 2006, S. 58).
Die Auseinandersetzung hatte weniger einen privaten, als einen politischen Richtungscharakter. Doblhofer weist ferner darauf hin, daß mit dem Rückzug Scipios auch eine Periode der Öffnung Roms gegenüber kulturellen Einflüssen, insbesondere den griechischen, zu Ende gegangen war, denen Cato besonders kritisch gegenüberstand, da er eine „...Aufweichung der bis dahin herrschenden Homogenität in den Normen- und Wertvorstellungen der römischen Aristokratie“ (Doblhofer, 1990, S. 103) befürchtet hatte. Scullard, der Scipio aufgrund seiner herausragenden Fähigkeiten als „king without kingdom“ bezeichnet hatte, stellte fest: „Rome had no room for an uncrowned king“ (Scullard, 1970, S. 242).
Fazit:
Die nach dem Ende der Ständekämpfe 287 etablierte Nobilitätsherrschaft mit dem Konsulat als Doppel-Obermagistratur bildete ein labiles Kräftegleich- gewicht, wie sich insbesondere bei äußeren Bedrohungen zeigte. Der zweite Punische Krieg ermöglichte die steile politische Karriere Scipios durch Unterstützung des Volkes, jedoch gegen den Willen der Senatsmehrheit.
Umgekehrt stellte die sich im Senat formierte Opposition gegen Scipio eine ernsthafte Bedrohung für die römische Außenpolitik dar, da immer wieder Behinderungen und Verzögerungen gegen Scipios Pläne durchgesetzt worden.
Quellen:
Literatur:
Doblhofer, Georg: Römische und italische Geschichte von den Anfängen bis zum Ende der Punischen Kriege, in: Weiler (Hrsg): Grundzüge der politischen Geschichte des Altertums, Wien, Köln 1990 Dreyer, Boris: Die Innenpolitik der Römischen Republik, Darmstadt 2006 Marks, Raymond: From Republic to Empire. Scipio Africanus in the Punica of Silius Italicus, Studien zur klassischen Philologie, Bd. 152, Frankfurt 2005 Scullard, H.H.: Scipio Africanus: Soldier and Politician, Ithaca NY, 1970
Aufsätze:
Dorey, Thomas Alan: Scipio Africanus as a Party Leader, Klio 39 (1961) 192 - 198
Henze, Walter: Publius Cornelius Scipio Africanus, in: Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft, Siebenter Halbband (Stuttgart 1900) 1462 - 1470
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- Arbeit zitieren
- Matthias Wühle (Autor:in), 2007, Publius Cornelius Scipio Africanus (d.Ä.) und sein Konflikt mit dem Senat , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110878
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