Mit der kopernikanischen Wende und damit einhergehend mit dem allgemeinen Bruch des mittelalterlichen Weltbildes entsteht eine neue, wissenschaftliche Art der Natur- und Weltbetrachtung. Durch den veränderten Blickwinkel verändert sich auch die Art und Bedeutung der Lesbarkeitsmetapher, wobei mit den verschiedenen Weltanschauungen auch unterschiedliche, zum Teil einander widersprechende Lesbarkeitsmetaphern existieren, bis hin zu einer angenommenen Unlesbarkeit der Welt, wie sie aus der Monadenlehre Leibniz´ resultiert.
In der vorliegenden Hausarbeit orientiere ich mich an den Texten von Hans Blumenberg und Sibylle Rusterholz, fasse die verschiedenen Anschauungen von Lesbarkeit bzw. Unlesbarkeit vor dem Hintergrund der jeweiligen Weltanschauung zusammen und versuche, die entsprechenden Metaphern chronologisch und sinnvoll den geistigen und wissenschaftlichen Umbrüchen und Strömungen zuzuordnen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Naturverständnis bis zum Beginn der Neuzeit
3. Begriffsbestimmung zu „Metapher“, „Symbol“ und „Allegorie“
4. Das Buch der Natur
5. Die Verlagerung der Lesbarkeitsmetapher vom Naturkontext zu einer geschichtlichen und moralischen Funktion
6. Ablösung der Lesbarkeitsmetapher durch die „Weltformel“
7. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit der kopernikanischen Wende und damit einhergehend mit dem allgemeinen Bruch des mittelalterlichen Weltbildes entsteht eine neue, wissenschaftliche Art der Natur- und Weltbetrachtung. Durch den veränderten Blickwinkel verändert sich auch die Art und Bedeutung der Lesbarkeitsmetapher, wobei mit den verschiedenen Weltanschauungen auch unterschiedliche, zum Teil einander widersprechende Lesbarkeitsmetaphern existieren, bis hin zu einer angenommenen Unlesbarkeit der Welt, wie sie aus der Monadenlehre Leibniz´ resultiert.
In der vorliegenden Hausarbeit orientiere ich mich an den Texten von Hans Blumenberg und Sibylle Rusterholz, fasse die verschiedenen Anschauungen von Lesbarkeit bzw. Unlesbarkeit vor dem Hintergrund der jeweiligen Weltanschauung zusammen und versuche, die entsprechenden Metaphern chronologisch und sinnvoll den geistigen und wissenschaftlichen Umbrüchen und Strömungen zuzuordnen.
2. Das Naturverständnis bis zum Beginn der Neuzeit
Während der Mensch in der Frühzeit ein magisch-mythisches Verhältnis zu der ihn umgebenden Natur hatte, in der er sich nicht von der Natur getrennt sah, und sie damit auch nicht mit einem Begriff belegen konnte, fand „mit dem Aufkommen der Philosophie und den damit einsetzenden Distanzierungs- und Objektivierungsprozessen“[1] ein Ablösungsprozess des Menschen von der Natur statt, der es ihm ermöglichte, sich ein Bild von ihr zu machen.[2]
„Während für Aristoteles die Natur selbst durch ein göttliches Prinzip agierte (Natur als schaffende Natur), sah Platon sie als Ergebnis einer übergeordneten Instanz (Natur als geschaffene Natur). [...] Die Natur, deren Eigenschaften sich im Kosmos versinnbildlichten, galt als planvoll und vernünftig, zweckmäßig und zielgerichtet (Gedanke der Teleologie von telos = Ziel), wobei Zweck und Ziel in der Entfaltung und Verwirklichung der Dinge (im diesseits) lagen.“[3]
Die sittlichen Normen, die sich aus diesem Weltbild ableiteten, bedingten später, als „der Mensch stärker in den Mittelpunkt der nun stark rationalistischen und auf praktischen Nutzen ausgerichteten griechischen Naturbetrachtung rückte“[4], „die vom Christentum aufgenommene [...] auf die Naturbeherrschung ausgerichtete mittelalterliche Lebenshaltung“.[5]
Im Mittelalter bestimmte die christliche Religion, aufbauend auf der griechischen Philosophie, maßgeblich das Natur- und Weltverständnis. Gott wohnte der Natur nicht mehr inne, sondern stand ihr wie dem Menschen gegenüber, „die Natur wurde ‚entheiligt’ und zur bloßen, wertfreien Materie“.[6] Die auf Augustinus basierende frühchristliche Weltauffassung sah die Natur als Ergebnis eines einmaligen Schöpfungsaktes, „das bis zum Ende der Zeiten in der gleichen Weise existiert“[7] und damit als Symbol Gottes, das nur der Mensch, dank seiner Ebenbildlichkeit, sich verstehend aneignen konnte.[8]
Die Geschichte wurde als ein linearer Prozess vorgestellt mit dem Jüngsten Gericht als Endpunkt. Diese Vorstellung ermöglichte einen, wenn auch eingeschränkten, Fortschrittsgedanken.[9]
Den menschlichen Körper schließlich sah man als Teil der Natur an, er wurde wie sie moralisiert und musste ebenfalls rational beherrscht werden. „Zweck und Ziel des Lebens lagen nicht mehr [wie in der antiken Vorstellung] im diesseits, sondern wurden in den jenseitigen ‚Himmel’ verlagert.“[10]
Im 13. Jahrhundert vollzog sich ein weiterer Schritt zum modernen Denken: Die christliche Philosophie integrierte die aristotelische Idee von der „schaffenden Natur“ in ihre Weltvorstellung, und damit wurde der Natur „eine, wenn auch begrenzte, schöpfungsunabhängige Eigenentwicklung eingeräumt. Damit deutete sich das Auseinanderdriften von Glauben und Wissen bzw. Theologie und Wissenschaften an, das ab der Renaissance vollzogen wurde.“[11] Typologisch kann man grundsätzlich drei verschiedene Arten des Naturverständnisses unterscheiden: das mythische Naturverständnis der Frühzeit, das „technisch-wissenschaftliche“, sozusagen materialistische Herangehen an die Natur sowie die ästhetische Naturbetrachtung.[12] Dementsprechend wird die Natur entweder „als Bedrohung [...], als Objekt der Bewirtschaftung oder als Objekt des kontemplativen Genusses betrachtet. In christlicher Tradition [ausgehend von der Spätantike] kommt eine [...] wichtige Zugangsweise hinzu“[13]: Die Natur wurde als zweite Offenbarung Gottes neben der Bibel angesehen, „in der durch (mehr oder auch weniger) geheime Zeichen eigener Art eine Botschaft für den Menschen verborgen ist, die es zu entziffern gilt. [Die Natur kann und soll] als 'Schöpfung' betrachtet - 'gelesen', entziffert werden. Die allgegenwärtige Metapher hierfür ist die vom Buch der Natur und dem Buch der Welt. [...] Bereits in der Signaturenlehre der Renaissance (Paracelsus, Jakob Böhme u.a.) [...] findet sich - in der Entsprechung von Mikro- und Makrokosmos - die Idee der Koinzidenz von Subjekt und Welt“[14], d.h. die Natur wurde als koinzident mit dem Willen Gottes angesehen.
Die Lesbarkeitsmetaphorik basierte vor allem auf der utilitaristischen Naturvorstellung und dem Gedanken der Natur als zweiter Offenbarung. Durch die frühchristliche Auffassung einer einmalig geschaffenen unveränderlichen Welt (s.o.) war es möglich, die Natur als ein lesbares Buch anzusehen, das den Willen Gottes enthielt. Aus dieser Vorstellung entwickelten sich verschiedene Formen der Lesbarkeitsmetapher, wobei der Konflikt zwischen dem Willen zur Nutzbarmachung der Natur einerseits und dem Anliegen, den Willen Gottes in seiner Gesamtheit zu erforschen andererseits, eine entscheidende Rolle spielte.
Dieser Konflikt entwickelt sich aus der Hilflosigkeit des Menschen angesichts eines mittelalterlichen Gottes, der sich zu „unbegründetem Willen“[15] entwickelt hatte und damit nicht mehr die Lebensbewältigung erfüllen konnte, zu der er eigens in der Mythologie entwickelt wurde. Der Mensch ist in seiner Lebensbewältigung wieder auf sich allein gestellt, und die Naturwissenschaft ist sein „Instrument zur Selbstbehauptung und Überwindung der radikalen Versunsicherung der menschlichen Stellung in der Wirklichkeit.“[16] Weil sich die Welt nun als „kontingent, [...] veränderungsfähig und veränderungwürdig[17] erweist, werden „die menschlichen Daseinsinteresse zur eigenen Aufgabe [...]. Aus dem Zwang zur Selbstbehauptung“, die Ursache für die „theoretische Neugierde“ ist, „entwickelt sich die Souveränität der Selbstbegründung; also nicht als Verweltlichung des Heilsgedankens, sondern als Gegenpol zum äußersten theologischen Absolutismus entsteht die humande Autonomie.“[18]
3. Begriffsbestimmung zu „Metapher“, „Symbol“ und „Allegorie“
Der Begriff der Metapher ist gegen viele „Gegen-, Ober- und Nachbarbegriffe“[19] abzugrenzen, wichtig ist jedoch vor allem die Unterscheidung der Metapher von den Begriffen „Allegorie“ und „Symbol“, denn diese bilden „ein Begriffs-Gefüge, das sich nur unter Schwierigkeiten in einzelne Teilbereiche auflösen läßt.“[20]
Es gibt viele Definitionen des Metaphernbegriffs, zusammenfassend läßt sie sich jedoch als ein „sprachlicher Ausdruck [beschreiben], bei dem ein Wort [oder] eine Wortgruppe aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen wird, ohne daß ein direkter Vergleich zwischen Bezeichnendem u. Bezeichnetem vorliegt“[21]. Das Symbol unterscheidet sich von der Metapher durch seine Stellvertreterfunktion für einen „nicht wahrnehmbaren, geistigen Sachverhalt“[22] ; die Allegorie schließlich, als „rational faßbare Darstellung eines abstrakten Begriffs in einem Bild, oft mit Hilfe der Personifikation“[23], wird von Quintilian als „erweiterte Metapher“[24] bezeichnet - wobei sich die Metapher laut Gerhard Kurz von der Allegorie darin unterscheidet, dass sie immer ein Binnenelement des Textes ist, während die Allegorie auch „Gattungsform“[25] sein kann.
Hans Blumenberg behandelt in „Die Lesbarkeit der Welt“ den außerliterarischen Metapherngebrauch und ihren Zusammenhang mit den historisch sich entwickelnden Denk- und Weltanschauungsformen, wobei er nach „den zentralen Motiven im Prozeß der Selbstverständigung modernen Denkens“[26] fragt. In Blumenbergs „Metaphorologie“ geht es vorwiegend um „jene Metaphern, die als Denkmodelle prägende Rollen in der Geschichte menschlicher Erkenntnis gespielt haben. [...] Die Geschichte der Metaphysik ist für Blumenberg in wesentlichen Zügen die Geschichte ‚beim Wort genommene(r) Metaphern’; mit dem zu erwartenden Ende der Metaphysik gewinnt daher die Metaphorologie an Bedeutung.“[27] Diese von Blumenberg behandelten Metaphern lassen sich nicht auf einen Wahrheitsgehalt hin überprüfen, denn als „Bestandteil der Begriffsgeschichte“[28] sind sie absolut und beschreiben damit „nicht etwas, das unabhängig von ihnen ist, und hinsichtlich dessen man nach ihrer ‚Angemessenheit’ fragen könnte“. Sie „erwachsen nicht auf einem ‚Grund’ (theoretischer) Einsichten, sondern sie schaffen selbst allererst einen solchen Grund.“[29] Die Entwicklung von Denk- und Weltmodellen ist also untrennbar mit dem jeweiligen Metapherngebrauch verbunden. Nach Blumenberg setzt die Anwendung von Metaphern verstärkt angesichts des „Scheiterns neuzeitlicher Idealvorstellungen von [...] Erkenntnis“[30] ein. Dort, wo Theorien nicht halten können, was sie scheinbar versprachen, kommen die Metaphern mit den „in ihnen aufgehobenen Fragen“[31] zu ihrem Recht.
Im Zusammenhang mit der Metaphorik ergeben sich verschiedene Fragen: Warum z. B. benötigen die Menschen in dieser Zeit eine Metapher, wenn sie doch auch die Alternative hätten, die Welt unmetaphorisch mit Begriffen zu belegen? Hans Blumenberg beantwortet diese Frage damit, dass die Buchmetaphorik „sowohl der Abgrenzung in der Zeit, zwischen den Epochen, [dient] als auch der Teilung der Zuständigkeiten zwischen jener [mittelalterlich verstandenen] und dieser [neuzeitlich betrachteten] Welt.“[32]
Zudem ist es interessant, warum grade die Lesbarkeit als Metapher für die Erkenntnis von Gottes Willen in der Natur verwendet werden konnte: in der antiken griechischen Philosophie wäre eine Lesbarkeitsmetapher für die Natur nicht möglich gewesen. Der Schöpfungsgedanke beruhte zu der Zeit auf Bildlichkeit. So schuf Platons Demiurg die Welt durch eine Kombination von Ideen und schon immer dagewesener Materie, und Bücherwissen galt in der Antike nicht als adäquate Quelle zur Erkenntnis oder Wahrheitsfindung - nur die direkte Anschauung war zur Wahrheitsfindung geeignet. Blumenberg beantwortet diese Frage denn auch mit dem Hinweis, dass sich „die wegen ihres ausschließlichen Verhältnisses zu Büchern von der Berufung auf eine neue >Weisheit< betroffene Wissenschaft [..] mit der Metaphorik des einen ihr vorbehaltenen Buchs der Natur und seiner unbestreitbaren Letztinstanzlichkeit für die Erkenntnis [fängt].“[33]
Erst in einer Textreligion wie der christlichen, in der Gott die Welt durch die Macht des Wortes aus dem Nichts schuf und seine schriftlich in der Bibel festgehaltene Offenbarung die wichtige Funktion hatte, dem Menschen den Zugang zur Natur wieder zugänglich zu machen, den er durch den Sündenfall verloren hatte, hatte das geschriebene Wort überhaupt einen Wahrheitsanspruch und konnte die Metapher der Lesbarkeit einen solchen Stellenwert erreichen.
Nicht umsonst war es Jacob Böhmes oberstes Ziel, die Ebenbildlichkeit des Menschen mit Adam und Christus, die beide nach Gottes Ebenbild geschaffen worden waren, durch eine innere Wiedergeburt zurückzuerhalten, um in dieser Ebenbildlichkeit, die es für den Menschen nur in der Zeit vor dem Sündenfall gab, das Wesen der Dinge zu erkennen und damit, durch das „Wieder-Aussprechen“ des Gottesworts die Welt zum Leben zu erwecken und zu erkennen.[34] Die gesamte Signaturenlehre, die auch von Paracelsus praktiziert wurde, ging auf diese dem Menschen vorenthaltene Wahrheit in der Natur zurück (wobei die einander widersprechenden gnostischen Gedanken des „strafenden“ und des „gütigen“ Gott zu vereinen waren: Gott strafte den Menschen, doch in seiner Güte legte er seine Wahrheit offen in der Natur dar, statt sie eifersüchtig vor dem Menschen zu verbergen). Der Mensch war seit dem Sündenfall nur noch in der Lage, die äußeren Merkmale der Dinge, die Signaturen, zu erkennen, nicht aber das innere Wesen, das die Dinge erst zum Leben erweckt. Böhme veranschaulicht das in dem Gegensatz von vernünftiger und verstandesmäßiger Erkenntnis.[35]
Nicht nur der hohe Stellenwert der Schriftlichkeit in der christlichen Religion ist wichtig für die Bedeutung der Lesbarkeitsmetapher. Eine erhebliche Rolle für die „Erfindung“ des Buches der Natur durch Augustinus spielte der Gedanke des Rechenschaftsberichts und des Jüngsten Gerichts: Das Buch des Himmels, in dem die Taten und Untaten der Menschen verzeichnet und zum Jüngsten Gericht mit dem „Gerichtsbuch“, der Bibel, verglichen wurden, wird bei Augustinus zum Buch der Leben, des Lebens und schließlich zum Buch der Natur.[36] Welchen Sinn aber hätte es für die Menschen, im Buch der Natur zu lesen, wenn sie nicht durch eine Art vorauseilenden Gehorsam den Willen Gottes lesen und damit ihre Chancen für ein günstiges Urteil beim Jüngsten Gericht verbessern konnten? Gäbe es kein Jüngstes Gericht und damit keine Rechenschaft, die der Mensch vor Gott ablegen muss, es gäbe auch kein Interesse, Gottes Willen zu erfahren.
Die Lesbarkeitsmetapher implizierte eine bestimmte Erwartung an die Art der Erkenntnis. Eine mathematische Metapher, wie Leibniz sie später in seiner Monadenlehre verwendet, läßt den Menschen erwarten, dass Gott, die Natur und die Wahrheit berechenbar und ableitbar wären. Die Lesbarkeitsmetapher jedoch läßt die Menschen anders an die Naturforschung herangehen. Betrachtet man die Natur als einen lesbaren Text, so sieht man sie, in Parallele zur Bibel, als eine auszulegende Schrift, in dem die Worte, sprich: die Dinge, nicht das sind, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Sie transportieren einen tieferen verborgenenen Sinn, der erst durch Interpretation und Auslegung gefunden werden muss. Nur so macht auch die Signaturenlehre und der Gedanke vom verborgenen Gott oder von Gott als einem „dunklen Autor“[37] einen Sinn. Ginge man, wie die griechischen Philosophen davon aus, dass die Wahrheit nur durch unmittelbare Anschauung der Gegenstände aufgefunden werden kann, so wie z.B. die Idee des Baumes, also dessen „Wahrheit“, nur durch die Anschauung dieses und anderer Bäume gefunden werden kann, hätte man keine Notwendigkeit zur Interpretation.
Während die Lesbarkeitsmetapher im Mittelalter noch sehr gut greift und die Natur als solche als Buch verstanden wurde (von Jacob Böhme nicht nur metaphorisch, sondern sogar wörtlich, weil Mensch und Natur für ihn geformte Worte Gottes waren[38], verlor sie mit dem Fortschritt der Wissenschaften und mit der damit einhergehenden sich entwickelnden empirischen Forschung an Bedeutung und Aussagekraft und wurde durch andere Metaphern, unter anderem durch mathematische („Weltformel“) und architektonische („Bauwerk Gottes“), verdrängt. Schließlich wurde sie im Wesentlichen nur noch für moralische Zwecke sowie als Metapher für die menschliche Geschichte angewandt. Diese Entwicklung vollzog sich jedoch nicht in klar voneinander abgrenzbaren Schritten, sondern es existierten durch die Zeit hindurch mehrere Funktionen der Lesbarkeitsmetapher nebeneinander.
4. Das Buch der Natur
Paracelsus verband in seiner Philosophie den Pantheismus, die Mystik des Mittelalters und die zeitgenössischen Philosophie. Den Menschen sah er als einen Mikrokosmos, der den Makrokosmos, d.h. die Welt, wiederspiegelt. Anhand von Signaturen, d.h. von den äußeren Merkmalen der Dinge (z.B. der „menschlichen“ Form der Ginseng-Wurzel), fand man Entsprechungen zum Menschen oder seinen Körperteilen in der Natur und glaubte, ihn damit gegebenenfalls heilen zu können (mit Ginseng die Lebenskraft). Die Philosophie verstand Paracelsus als „unsichtige Natur“, als das in den Signaturen innewohnende Wesen, die Natur selbst dagegen als „sichtige Philosophie“. [39]
Schon in Paracelsus´ Denken erkennt man den Widerstreit zwischen Religion und Wissenschaft: Einerseits wurde die Natur als ein Buch Gottes angesehen. Als solches konnten die einzelnen Elemente der Natur jedoch nur als Buchstaben und damit als für sich genommen sinnlos angesehen werden [40] . Andererseits interessierte sich Paracelsus für Einzelheiten der Natur, zum Beispiel für die geheimen Heilkräfte von Pflanzen, Tieren oder Mineralien, und somit war das Lesen im Buch der Natur für ihn auch Selbstzweck. Er begegnete diesem Widerspruch durch die Forderung, das Buch der Natur müsse durchwandert werden, „wie ein Text in der Folge seiner Buchstaben lesbar wird, so die Natur von Land zu Land“. [41]
Für Jacob Böhme bestand die Welt aus drei Büchern, und das im wörtlichen Sinne, denn die Natur und der Mensch enthielten für ihn die geformten Worte Gottes[42]: Als die drei Bücher bezeichnete er die Bibel, das Buch der Natur sowie das Buch des Menschen, wobei alle drei ein Entsprechungsverhältnis hatten. Der Mensch war gleichzeitig Lektüre und Leser,[43] und tatsächlich lag für Böhme der Schwerpunkt auf dem Buch des Menschen, das zu lesen Aufgabe des Menschen war, um die Ebenbildlichkeit mit Adam und Christus, die ihrerseits nach dem Bild Gottes geschaffen wurden, wiederzuerlangen. Damit sollte der Mensch die Fähigkeit zurückbekommen, das Wesen aller Dinge zu erkennen und die Welt damit lebendig werden zu lassen.[44] Die innere Lektüre, also das Lesen des Buches des Menschen, hatte für Böhme einen so hohen Stellenwert, weil nach seiner Ansicht in ihm die anderen beiden Bücher, die Bibel und die Natur, vereint waren: „’Ich trage in meinem Wissen nicht erst Buchstaben zusammen aus vielen Büchern; sondern ich habe den Buchstaben in mir; liegt doch Himmel und Erden mit allem Wesen, darzu GOtt selber, im Menschen: Soll Er denn in dem Buche nicht dürfen lesen, das er selber ist? (...) So ich mich selber lese, so lese ich in GOttes Buch...’“[45]
Dem Menschen einen so hohen Rang in der Welt einzuräumen, war angesichts der kopernikanischen Wende sinnvoll, um den „Weltbildbruch“[46] zu kompensieren und zu verhindern, dass der Mensch in seiner Bedeutung zu einem „’kleine[n] Komma oder Strichlein im Buch aller Welten’“[47] herabsank.
Mit seiner Bevorzugung des inneren Buches vor der Bibel und damit der Bevorzugung der unmittelbaren Erkenntnis vor der Auslegung der Schrift nahm Jacob Böhme eine Zwischenstellung zwischen dem gesamtheitlich denkenden Weltbild des Mittelalters und der quantitativ messenden, empirischen Wissenschaft der Neuzeit ein. Er unterschied sich vom mittelalterlichen Denken in der Gleichstellung des Buchs der Natur mit der Bibel[48] und darin, dass in seiner Signaturenlehre die Dinge, entgegen der mittelalterlichen Dingallegorese, nicht nur „als Chiffren einer höhreren spirituellen Wirklichkeit, sondern [...] bedeutsam auch in sich selbst“[49] waren. Dieses stärkere Eigengewicht, das die Natur bei Böhme bekam, mündete in der neuzeitlichen Naturwissenschaft, „deren Ziel schließlich nicht mehr Gotteserkenntnis sondern Naturbeherrschung“[50] hieß.
Johannes Rhetikus, einziger Schüler von Kopernikus, bediente sich der Buchmetapher noch unmittelbar als Synonym für die Natur. Um seine Naturstudien zu rechtfertigen, schrieb er, die Natur habe als ein von Gott geschriebenes Buch eine Mitteilungsfunktion, derer sich auch die Kirche nicht verschließen durfte. Himmel und Erde waren für Rhetikus ein Geschichtsbuch Gottes, indem man die Geschichte bis zum Ende der Welt im Voraus ablesen konnte. Wichtig war jedoch, das die Geschichte zwar „vorgeschrieben“ war, aber nicht determiniert.[51] Dies stellte Rhetikus klar, um den Sinn der Lesbarkeit weiterhin aufrecht zu erhalten. So war es dem Menschen weiterhin möglich, durch die Lektüre des Buches Gottes Willen zu erkunden und diesem zu entsprechen, um damit ein günstigeres Urteil beim Jüngsten Gericht zu erhalten. Eine determinierte Weltgeschichte hätte dem Menschen ja keine Handlungsfreiheit und damit keine „Schuldfreiheit“ gelassen. Interessanterweise war für ihn das Buch der Natur auch den Heiden zugänglich.[52]
Für Rhetikus gab es keine Exklusivität der Leserschaft, wie sie bei Galilei aus resignativen Gründen auftauchte. Auch für Galilei war die Lesbarkeit als Metapher noch unmittelbar auf die Natur- und Welterkenntnis bezogen. Jedoch bediente er sich schon nicht mehr der Buchmetapher zur direkten Bezeichnung der Welt, denn er wollte sich gegenüber seinen „buchgelehrten“ Gegnern, die die Bibel als Auslegungsautorität für die Wahrheit ansahen, abgrenzen.[53] Erst in der Klärung der Widerspruchsfreiheit zwischen der Bibel und dem Buch der Natur, hier taucht der selbe Legitimierungswille wie bei Rhetikus auf, bediente sich Galilei der Buchmetapher, es wird also schon eine Bedeutungsverschiebung für die Lesbarkeitsmetaphorik sichtbar. Bei Galilei beginnt auch die Exklusivität der Leserschaft. Das Buch der Natur konnte man laut Galilei nicht so lesen, wie es sich einem darbot, sondern es müsse in der göttlichen Sprache der Geometrie gelesen werden. Galilei griff hier den Auslegungsgedanken der christlichen Kirche auf.[54] Jedoch blieb bei Galilei die Natur als Buch grundsätzlich für jeden lesbar, die mathematische Verschlüsselung dieses Textes beinhaltete nur die Forderung, die Sprache der Mathematik zu lernen, um Erkenntnisse aus der Natur gewinnen zu können.
Tommaso Campanello griff in seiner Verteidigungsschrift für Galilei die Rechtfertigungs- und Legitimierungsfunktion der Lesbarkeitsmetapher auf, trotzdem blieb das Buch der Natur weiterhin synonym mit der Natur, bei ihm sogar mit der Bibel.[55] Er bezeichnete die Dinge in der Welt als Worte Gottes, die im Augenblick des Aussprechens, wie schon bei der Schöpfung, zur Realität werden. Galileis Erkenntnisse verstand er daher nicht als Entdeckung des schon dagewesenen, sondern als Neuschöpfungen Gottes, die, da das Ende der Welt bevorstehe, dem Menschen neue, jetzt notwendige Hinweise zur Apokalypse gaben. Damit begründete er auch die Hilfsmittel, die Galilei zu seinen Entdeckungen verwendete: sie seien von Gott gesandt, um den Menschen nun die Erkenntnisse und damit das Lesen der Zeichen zu ermöglichen, die er vorher noch nicht benötigt hatte. Lesbarkeit war für ihn also auch eine Frage des richtigen, von Gott bestimmten Zeitpunktes: erst wenn Gott es für richtig befand, konnte der Mensch im Buch der Natur lesen, es stand ihm nicht jederzeit vollkommen offen.[56] Mit diesem Argument veränderte sich die Bedeutung der Natur im Verhältnis zur Bibel. Der Kosmos, der vorher ebenso endlich war wie der Text der Bibel, wurde nun potentiell unendlich. „’Die Weisheit Gottes [ist] über alles Maß weit und anders als die enge Fassungskraft des Menschen’“[57] Damit begann die Lesbarkeitsmetapher sinnlos zu werden: Solange die Welt noch als feststehend und unveränderlich angesehen wurde, machte es Sinn, sie als einen wie auch immer lesbaren Text, der ja nichts anderes darstellt als fixierte Sprache, gleichzusetzen. Ein unendlich werdender Text findet jedoch keinen Leser (welcher in Folge auch mehr und mehr fiktive Gestalt annahm[58] ), und die Lesbarkeitsmetapher beschränkte sich nun mehr und mehr auf einen moralischen Kontext, sei es, das immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückende menschliche Verhalten zu legitimieren, wie es bei Francis Bacon, vermutlich im Hinblick auf das Jüngste Gericht (s.o.), geschah[59], sei es, um das menschliche Verhalten zu erklären, wie es Gracián tat,[60] bis hin zu der Rechtfertigung Gottes vor sich selbst bei Leibniz, dem einzigen Bereich in seiner Philosophie, in der die Lesbarkeitsmetapher noch einen, wenn auch fraglichen, Sinn macht.[61] Die andere Richtung, in die sich die Lesbarkeitsmetapher entwickelte, war ihre neue Funktion als Metapher für die menschliche Geschichte.[62]
5. Die Verlagerung der Lesbarkeitsmetapher vom Naturkontext zu einer geschichtlichen und moralischen Funktion
Francis Bacon bezog die Lesbarkeitsmetapher nicht mehr unmittelbar auf die Natur oder die Welt, sondern bediente sich ihrer, um die menschliche Ausbeutung der Natur zu legitimieren. Es ging nicht mehr darum, den Willen Gottes aus der Natur zu entziffern, dem Menschen werden nun die Namen der Dinge diktiert, um mit diesen Namen, wie Gott, Macht über die Dinge zu gewinnen.[63] Bibel und Natur hatten nun auch nicht mehr dieselbe Funktion als Träger der Worte Gottes, sondern beiden wurden klar definierte Funktionen zugewiesen. Die Bibel enthielt alles, was notwendig ist zur Unterwerfung des Menschen, die Natur dagegen einerseits alles, was seinerseits dem Menschen unterworfen werden konnte, andererseits wurde sie von Bacon als Machtausdruck Gottes angesehen.[64] Er argumentierte ähnlich wie Jacob Böhme, in dem er unterstellte, dass der Mensch vor dem Sündenfall diese Macht über die Dinge, dank ihrer Ebenbildlichkeit, bereits gehabt hätte und nun lediglich wiedererlangen sollte.[65] Die Natur wurde durch ihre Bemächtigung durch den Menschen nicht mehr nur zum Machtausdruck Gottes, sondern auch zum Machtausdruck des Menschen, und damit, wenn auch noch nicht explizit ausgedrückt, zu dem Buch der menschlichen Geschichte.[66]
Auch bei Descartes bezog sich die Lesbarkeit nicht länger auf die Natur, denn er verstand unter dem Begriff „Welt“ die Menschenwelt und deren Kulturleistungen. Dem „Text des göttlichen Werkes“[67] unterstellte Descartes jedoch Unlesbarkeit. Er sah den Text jedoch nicht im Sinne Galileis verschlüsselt, sondern so, dass der Mensch nie sicher wissen konnte, ob er den Text nun auch richtig entziffert hätte – möglicherweise hatte er den falschen Code benutzt und dadurch einen zwar sinnvollen Text, aber nicht die Wahrheit gefunden[68]. Diese Verschlüsselung verstand Descartes als Verschleierung der Wahrheit und Irreführung durch Gott. Letztlich blieb dem Menschen angesichts der „black box“ Natur[69] nur die Gewissheit seiner selbst.
Der Engländer Joseph Glanvill verband die Metapher vom Buch der Natur wieder mit der Idee von der Einfalt des Lesers, der ohne Vorwissen und damit ohne Vorurteile an dieses Buch herantreten sollte. Doch diesem unbefangenen Leser konnte keine Naturerkenntnis mehr möglich sein, denn ihm fehlte die Fähigkeit zur Auslegung dessen, was er unbefangen gelesen hatte.[70] Für Glanvill hatte das Buch der Natur Vorhersagekraft wie die Astrologie.[71] Durch die Zeitvorstellung, die sich in seiner Epoche entwickelt, glaubt Glanvill wie Campanella jedoch nicht mehr, dass ein einzelner Mensch das Buch der Natur in seiner ganzen Wahrheit lesen könnte. Dadurch aber, dass der Mensch nur noch Teile des Buchs der Natur lesen konnte, war es ihm auch nicht mehr möglich, die Wahrheit, die sich nur im Ganzen entfaltet, erfahren zu können.[72] Der Wahrheitsfindungsprozess war nun nicht mehr individuell, sondern jeder Mensch war Teilnehmer an der menschheitlichen Lektüre. Dadurch wurde die Erkenntnis historisch, der Prozess der Wahrheitsfindung musste sich notgedrungen über viele Generationen erstrecken, die Geschichtsschreibung bekam eine neue Bedeutung.
In einem der seinerzeit wichtigsten Bücher, der 1642 erstmals erschienenen „Religio Medici“ verwendete der Autor Thomas Browne die Buchmetapher, um die Natur und das vom Menschen Geschaffene, die Technik, auf eine Stufe zu stellen. Um dies zu erreichen, „degradierte“ er das Buch der Natur als einen nicht von Gott, sondern von der Natur selbst als seinem Diener geschriebenen Text.[73] Obwohl das Buch der Natur in dieser Verwendung der Metapher nach wie vor synonym für die Natur verwendet wurde, zeichnete sich bei ihm wie bei Glanvill immer mehr ab, dass dieses Buch der Natur zum Buch der menschlichen Geschichte wurde: Browne zufolge stehen die menschlichen Konstruktionen ebenso wie die Natur im Dienst der Vorsehung. Er sah die Technik als eine Vollendung der Natur an, da die Welt sich ohne diese Veränderung und Weiterentwicklung immer noch im Chaos befunden hätte. Er ging so weit, die Natur selbst als ein Produkt der menschlichen Kunstfertigkeit anzunehmen.[74]
Alfons Borelli versuchte, mit Hilfe der Mechanik die Bewegungsabläufe der Lebewesen zu erforschen, um von ihnen wiederum Rückschlüsse zu ziehen und die Mechanik zu verbessern. Er setzte die Buchmetapher ein als ein ornamentales Element zur Verschleierung und Unzugänglichmachung seiner neuen Wissenschaft. Er versuchte, die populäre Neugier von seinen Forschungen abzuwehren, indem er schrieb, dass zwar jeder aufgerufen sei, in diesem „kleinen und besonderen Bande“[75], als das der die iatromathematische Medizin bezeichnete, zu lesen, dass jedoch nicht jeder dazu fähig sei. Diese Unfähigkeit begründet er jedoch nicht.[76]
Spinoza setzte die Lesbarkeitsmetapher in einer Art innerer Urkunde um, durch die Gott seinen Willen in Form der Vernunft in die Herzen der Menschen eingeschrieben hatte. Mit dieser Urkunde konnten die Menschen in der Bibel die Wahrheiten Gottes wieder erkennen. Eine Erkenntnis war also Gottes Wahrheit, weil die Menschen sie von innen heraus als wahr erkannten.[77] Spinoza wendete die Lesbarkeitsmetapher nicht mehr auf die Natur oder die Welt an, sondern ausschließlich auf den Menschen und dessen Verhältnis zu Gott. Die Intention dieser Urkundenmetapher war es, einen Konflikt aufzulösen: Einerseits hatte Spinoza erkannt, dass die Bibel von mehreren Autoren geschrieben wurde und sie auch gar nicht von Gott hätte geschrieben werden können, andererseits brauchte er eine Legitimation für die Bibel. Seine Lösung: Die Bibel konnte insofern als von Gott geschrieben angesehen werden, als dass die Menschen dank ihrer inneren Urkunde die Wahrheiten, die in der Bibel verzeichnet sind, wiedererkennen konnten. Laut Spinoza hatten die Menschen alle Wahrheit von Anfang an in ihren Herzen, sie musste nur entdeckt werden.
Baltasar Gracián setzt die Lesbarkeit in Form einer Entzifferungsmetaphorik um. Er geht in seinem Roman „El Criticón“ gar nicht mehr auf die Welt, die Natur oder den Willen Gottes ein, sein Interesse lag in diesem Buch allein auf dem Verhalten der Menschen untereinander. Hier wird die moralische Funktion der Lesbarkeitsmetapher sehr deutlich sichtbar. Das Verhalten der Menschen sollte im Wechselspiel von Skepsis und Unbefangenheit gelesen werden.[78] Gracián sah dabei in dem Text der Welt nicht etwas, das generationsübergreifend gelesen werden konnte, jeder Mensch musste ihn selbst für sich durchwandern, und Abkürzungen waren dabei nicht möglich. Die Natur wurde als Kulisse und Hintergrund für das menschliche Treiben abgewertet. Bei Gracián war es nicht Gott, der sich vor den Menschen verbarg, sondern die Menschen, die ihr Tun voreinander inerhalb ihrer Kultur versteckten.[79] Daher bestand für Gracián der Text, der gelesen werden sollte, aus dem, was der Mensch tut und denkt.[80] Der Grund für diese Verschlüsselung menschlichen Handelns lag für ihn darin, dass „der Erstgeborene der Wahrheit der Haß ist“[81], die Menschen verbargen also ihre Intentionen, weil sie die Wahrheit nicht vertragen konnten. Zum moralischen Problem wurde dieses Verhalten, weil die meisten Menschen nicht in der Lage waren, diese Chiffren aufzulösen. Daher sollte der Fachmann der Moralistik, der „Weltmann“, die Entschlüsselungen nicht nur als Selbstverteidigung betreiben, sondern auch, um diejenigen zu kontrollieren, die durch ihre Geschicklichkeit in der Verstellung Macht über die anderen Menschen gewinnen konnten.[82] Gracián setzte diese Tendenz des Menschen zur Verstellung jedoch mit dem Verhalten Gottes gleich, der sich vor den Menschen verbirgt. Denn er empfahl dem Menschen in einer Welt, die von Indirektheit und gewollter Undeutlichkeit geprägt war, in seinem Verhalten Gott nachzuahmen, „’indem man die Leute in Vermuthungen und Unruhe erhält.’“[83]
6. Ablösung der Lesbarkeitsmetapher durch die „Weltformel“
Die Lesbarkeitsmetapher verlor also nach und nach ihren direkten Bezug zur Welt und zur Natur und wurde immer mehr zur Rechtfertigung und Veranschaulichung der Menschenwelt angewandt. Die Natur war durch ihre ständige „Ausdehnung“ im Bewusstsein des Menschen nicht mehr als Buch oder als Bibliothek denkbar, denn sie hatte ihren Charakter der Unveränderlichkeit verloren. Genau diese Unveränderlichkeit und Fassbarkeit, die das Buch als Metapher implizierte, war ein Grund, warum die Lesbarkeit nun verstärkt in dem Bereich der menschlichen Geschichte gesehen wurde. Die historische Entwicklung des Menschen galt, im Sinne der Chronik, als etwas unveränderliches und überschaubares, ebenso wie das menschliche Verhalten, mit dem sich Gracián beschäftigte. Doch schon er musste eingestehen, dass es von der Anzahl der vom Menschen verwendeten Chiffren, wie er im „Criticón“ seinem „Descifrador“ in den Mund legt, „unendlich viele [gebe] und es sei unmöglich, sie alle zu kennen.“[84] Er fasste diese unendliche Zahl jedoch mit einem alle Verschlüsselungen umfassenden „et cetera“[85] zusammen, und genau diesen Kunstgriff versucht auch Leibniz in seiner Geschichtsphilosophie anzuwenden, jedoch ohne Erfolg.
Leibniz glaubte, es gebe neben der existierenden Welt eine Unendlichkeit anderer möglicher Welten, und dass die existierende als beste aller möglichen in einem Prozess der Ableitung (Gott realisierte sie, indem er sie mathematisch aus seiner Vorstellung in die Realität ableitete), erschaffen wurde. Zudem sah er als ein wesentliches Merkmal der besten aller Welten an, dass sie im Verlauf ihrer Geschichte immer besser würde.[86] Diese Vorstellungen verhinderten die Anwendung der Lesbarkeitsmetapher aus mehreren Gründen: Erstens war die Welt nicht mehr lesbar, weil es sich bei ihr um eine mathematische Ableitung handelte[87], und eine von Gott abgeleitete Welt hat keinen „psychologischen“ Endpunkt mehr wie den des Jüngsten Gerichts und damit auch keine Mitteilungsfunktion an den Menschen mehr. Selbst wenn Gott etwas damit hätte ausdrücken wollen, (was er laut Leibniz nicht tat, da Ableitung und Ausdruck einander ausschließen),[88] wäre dies Ausgedrückte für niemanden mehr interessant. Wozu Gottes Willen kennen, wenn sich aus dieser Kenntnis keine Konsequenzen ergeben?
Zweitens machte die Unendlichkeit dieser mathematisch entstandenen Welt deren Lesbarkeit unmöglich. Um diese Welt lesen zu können, müsste man wissen, was in dieser (und in allen anderen Welten) möglich ist.[89] Nun könnte man in einer Art kombinatorischen Prozess, wie der zitierte Affe in der Druckerei[90], ohne Sinn und Verstand so lange Buchstaben in einer begrenzten Anzahl (bei Leibniz wären es 100 Millionen Buchstaben pro „Buch“)[91] auf eine Druckplatte werfen, bis man alle Möglichkeiten der Kombination, die ja durch die Begrenztheit der Buchstabenanzahl auf 100 Millionen und durch die Begrenztheit des Alphabets endlich sind, durchgespielt hat. Und genau dies wollte Leibniz erreichen, um zu beweisen, dass die menschliche Geschichte wiederholbar sei.[92] Doch dieses Gedankenexperiment hat zwei Haken. Die Menge der möglichen Entwicklungen ist nicht, wie ein Buch, begrenzt. Und zweitens hätte ein solches Buch gar keinen Leser.[93] Des Menschen Fassungskraft ist zu gering, um eine so große Anzahl von Büchern zu lesen, zudem fehlt ihm die Fähigkeit, das Lesbare vom Unlesbaren, und von dem Lesbaren das Sinnlose vom Sinnvollen zu trennen, sowohl zeitlich als auch intellektuell[94] - Leibniz rettete die Erfassbarkeit der Welt jedoch mit dem Gedanken, dass der Intellekt zur Erfassung der Wahrheiten den Menschen und seine Begrenztheit überdauert.[95] Ein Gott bräuchte dieses Buch nicht, da er ohnehin allwissend ist, und seine Zeit nicht mit dem Aussortieren der sinnlosen Texte verschwenden müsste.[96] Das von Leibniz konstruierte Übersubjekt[97] ist nur aufgrund seiner Unfähigkeit zur Erkenntnis zur vollständigen Erfassung in der Lage, und der Laplacesche Dämon bräuchte wie Gott ebenfalls keine solche Bibliothek, da er jede Handlung und jedes Ereignis zu jedem Zeitpunkt in der Weltgeschichte berechnen könnte (denn die vollständige Kenntnis darüber, was zu Beginn der Welt geschah und die Annahme, dass alles sich nur relativ zu anderem bewegt, befähigen ihn dazu).[98]
Die Voraussetzung, dass die beste aller Welten sich notwendig ständig verbessern müsse, macht die Lesbarkeit ebenfalls unmöglich. Denn durch diese Verbesserung ist jede Wiederholbarkeit der Geschichte ausgeschlossen.[99] Die Veränderungen, die letztendlich zu einer historisch wahrnehmbaren Verbesserungen führen, können so infinitesimal sein, dass sie von keinem, außer vielleicht der schon erwähnten Überintelligenz, wahrgenommen, von ihr aber nicht verstanden werden könnten.
Somit wird die Lesbarkeitsmetapher, bezogen auf die Welt, sinnlos, und die Tatsache, dass es weder Endlichkeit gibt noch eine vollständige Erfassbarkeit alles Geschehenen, veranlasste Leibniz schließlich dazu, seinen geschichtsphilosophischen Ansatz und seine Hoffnung, die Wiederholbarkeit der Welt erfassbar zu machen, aufzugeben.[100] Die Lesbarkeitsmetapher erschien bei ihm nur noch in seinen „Essays de Théodizée“, in denen Gott die realisierte Welt und die Unendlichkeit der anderen möglichen Welten in dem „grand volume d´ecritures“[101] aufbewahrt. Warum? Um sich selbst, seine Güte und seine rechte Wahl hin und wieder zu überprüfen und vor sich selbst zu rechtfertigen – was wenig Sinn macht bei einem allmächtigen und allwissenden Gott, der keine Notwendigkeit hat, sich vor sich selbst zu beweisen.
Da die Lesbarkeit als Metapher nicht mehr funktionierte, bediente sich Leibniz der Mathematik, um die Entstehung der Welt zu erklären. Er glaubte, dass die Welt mit Hilfe einer Weltformel erklärbar würde[102]. Er ersetzte die Universalbibliothek durch eine Formelsammlung, die „ mathesis universalis portabilis “[103], wobei diese Mathesis „jeden Weltzustand aus der Begründung für die Existenz der Welt selbst ableitete. [Sie war] die Weltformel, die alle Bibliotheken der Welt zu Makulatur macht.“[104] Diese eine Formel jedoch, die sich auf einem Blatt Papier aufschreiben ließ und die damit den Gegensatz zur unermeßlichen Universalbibliothek bildete, wuchs jedoch theoretisch ins Unermeßliche[105], weil noch mehr Theoreme in der Zukunft gefunden werden sollten. Doch trotz ihres wachsenden Umfangs nahm die Weltformel nie die Form eines Buches oder einer Bibliothek an, sondern eher die eines Universalwerkzeugs.[106] „Man kann die Formel nicht wie ein Buch >lesend< zur Kenntnis nehmen; man muß sie als Befehl annehmen und befolgen, um zu sehen, was sie auf dem Niveau der Anschauung hervorgehen läßt. Ausdrücklich besteht Leibniz darauf, nach diesem Muster müsse auch die Fliege begriffen werden können: als Resultat des Vollzugs ihrer Erzeugungsformel, quae structuram eius (sc. muscae) exhibeat. “[107]
7. Schluss
Die Lesbarkeitsmetaphorik, die sich zwangsläufig aus dem Wahrheitsanspruch der Bibel ergeben musste, und die sowohl zur Rechtfertigung der neuen Wissenschaften diente, die das bisherige, festgefügte Weltbild auflösten, als auch dazu, diese neue Welt überhaupt fassbar und begreiflich zu machen, wird mit der Ausdehnung der Erkenntnis des Menschen über die Welt in der Wissenschaft immer weniger sinnvoll. Wurde das Buch der Natur von Jacob Böhme noch wörtlich genommen,[108] so verliert es schon bei Galilei den Synonymcharakter. In seiner anfänglichen Weigerung, die Buchmetapher zur verwenden,[109] erkennt man, dass sie aus der christlichen Tradition entnommen wurde, in der ein Buch als gleichbedeutend mit der Wahrheit galt: die Menschen glaubten zu der Zeit, dass nur dem „Buch der Bücher“ der Bibel, und der zugehörigen „Sekundärliteratur“, d.h. den Bibelauslegungen der Kirchenväter, ein Wahrheitsgehalt zugebilligt werden konnte. Das „Wahrheitsmonopol“ der Kirche wurde jedoch mehr und mehr verdrängt, weil der Mensch immer stärker in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückte, aus dem theozentrischen ein anthropozentrisches Weltbild wurde.[110] Dem Individuum wurde auch immer mehr die Erkenntnisfähigkeit zugebilligt. Aus dem Interesse an der Natur als Selbstzweck, das immer auch mit Nutzgedanken verbunden war, (bereits bei Paracelsus, den die Natur als Medikamentenfundus interessierte) wurde mehr und mehr das Interesse an der Nützlichkeit der Natur als Ressource für den Menschen, besonders deutlich bei Francis Bacon, der den Sinn der Welt nur in seiner gottgewollten Unterwerfung durch den Menschen sah.[111] Durch dieses neue „Ausbeutungsverhältnis“ zwischen Natur und Mensch rückte auch der moralische Aspekt immer mehr in den Vordergrund. Der Schwerpunkt verlagerte sich von dem ursprünglichen Bestreben, Gottes Willen zu erfahren, um diesem so gut es geht zu entsprechen, dahin, das manchmal moralisch fragwürdige Handeln der Menschen vor Gott und der Kirche zu rechtfertigen. Als Gott bei Leibniz schließlich zu einer abstrakten mathematischen Instanz wird[112], gibt es keinen Grund mehr, im Buch der Natur eine Offenbarung Gottes zu suchen. Ein Gott, der die Welt nicht mehr für den Menschen schuf, sondern sie als beste aller möglichen Welten, unabhängig von dem Glück oder Unglück des einzelnen Individuums, ableitete, konnte auch keine Intention haben, das Verhalten der Menschen zu kontrollieren und es in einem Gerichtsprozess zu beurteilen.[113]
Doch obwohl die Lesbarkeitsmetapher in ihrer Bezeichnungsfunktion für die Welt und die Natur an Bedeutung verloren hatte, beeinflusst sie nach wie vor unser Denkens. Die Art der Metapher hat immer Einfluss auf die Art des menschlichen Erkenntnisprozesses, denn ein Lesen der Natur beinhaltet immer auch Interpretation und Auslegung, die Menschen gehen nicht von einer offensichtlichen Wahrheit aus, die nur durch Anschauung erkannt werden kann. Durch die Eingängigkeit der Lesbarkeitsmetapher hat sie sich bis in unsere Zeit im Sprachgebrauch erhalten, ganz aktuell im neuen Medium Internet, deren Vokabular Begriffe wie „Seiten“, „Lesezeichen“ und „Historie“ enthalten[114]. Die Lesbarkeitsmetaphorik wird also vermutlich, als eine Übertragung aus der menschlichen Erfahrungswelt, immer Bestandteil des Sprachgebrauchs bleiben, um dem Menschen die Welt fassbar zu machen und damit auch weiterhin die Art unserer Erwartung an Erkenntnis prägen.
Literaturverzeichnis
Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt. Frankfurt am Main 1983. Kapitel VII – X.
Rusterholz, Sybille: Zum Verhältnis von ‚Liber Naturae’ und ‚Liber Scripturae’ bei Jacob Böhme. In: Garewicz, Jan und Haas, Alois M. (Hg.): Gott, Natur, Mensch in der Sicht Jacob Böhmes und seiner Rezeption. Wiesbaden 1995. S. 129-146.
Braungart, Georg: Naturkonzepte und Lesbarkeit (Vorlesung vom 18.12.1997: Naturlyrik). http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten
/phil_Fak_IV/Germanistik/ Braungart/skripten/ws98/Vl181297.html
Raffelsiefer, Marion: Teil III: Das gesellschaftliche Naturverständnis in Geschichte und Gegenwart. Kapitel 6. http://www.ub.uni-duisburg.de/ETD-db/theses/available/duett-05222001-084452/unrestricted/kap6.pdf
Schmitz-Emans, Monika: Begriffskontext Metapher. http://www.linguistics.ruhr-uni-bochum.de/~hoelter/department/services/litlex/metapher/metapher.html
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenhttp://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.g/g191516.htm
http://www.philosophenlexikon.de
http://www.selfhtml.de
http://www.sphinx-suche.de/lexeso/signatle.htm
http://www.uni-karlsruhe.de/~za874/copernicus.htm
http://www.zum.de/Faecher/D/Saar/gym/brecht/galilei/maweltb.htm
Duden, Bd.5: Das Fremdwörterbuch. Mannheim, Wien, Zürich, 1990.
Buchberger, Michael (Begr.)/ Höfer, Josef, Rahner, Karl (Hg.): Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg 1965. Band 10.
Radler, Rudolf (Chefred.): Kindlers Neues Literaturlexikon. München 1989. Band 2, S. 804-807.
Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Tübingen 2001. S. 1099-1180.
[...]
[1] Raffelsiefer, 3
[2] ebd.
[3] ebd.
[4] ebd.
[5] ebd.
[6] ebd., 3f.
[7] ebd. 4
[8] ebd.
[9] ebd.
[10] ebd.
[11] ebd.
[12] Braungart, 1
[13] ebd.
[14] ebd.
[15] Kindler, 806
[16] Kindler, 806
[17] ebd.
[18] ebd.
[19] Schmitz-Emans, 1
[20] ebd.
[21] Duden
[22] ebd.
[23] ebd.
[24] Schmitz-Emans, 7
[25] Kurz in: Schmitz-Emans, 7
[26] Schmitz-Emans, S. 1
[27] ebd., S. 15
[28] ebd.
[29] ebd., S. 16
[30] ebd., S. 16
[31] ebd, S. 16
[32] Blumenberg, S. 68
[33] ebd.
[34] vgl. Rusterholz, 141ff. 146
[35] Rusterholz, 143
[36] vgl. Blumenberg, Kap. 3
[37] Blumenberg 98
[38] Rusterholz, 135
[39] Philosophenlexikon
[40] Blumenberg, 68
[41] ebd., 69
[42] Rusterholz, 135
[43] ebd. 130
[44] ebd., 144
[45] Böhme in: Rusterholz, 130
[46] Rusterholz, 131
[47] Herder in: Rusterholz, 132
[48] Rusterholz, 145
[49] ebd.
[50] ebd.
[51] ebd., 70
[52] ebd.
[53] ebd., 72
[54] ebd., 72 ff.
[55] ebd., 78f.
[56] ebd., 79f.
[57] Campanella in: Blumenberg, 81
[58] Blumenberg, 81f.
[59] ebd. 87ff.
[60] Blumenberg, 108ff.
[61] ebd., 148f.
[62] ebd., 97
[63] ebd., 86f.
[64] ebd., 89f.
[65] ebd., 90
[66] ebd., 91
[67] ebd., 94
[68] ebd., 94f.
[69] ebd., 93
[70] ebd., 95f.
[71] ebd., 97
[72] ebd., 97
[73] ebd., 97
[74] ebd., 97f.
[75] ebd., 100
[76] ebd., 100
[77] ebd, 106
[78] ebd., 109
[79] ebd., 111
[80] ebd., 112
[81] ebd., 114
[82] ebd., 114
[83] Gracián in: Bleumenberg, 118f.
[84] Blumenberg, 115
[85] ebd., 115
[86] ebd., 122ff.
[87] ebd., 124
[88] ebd., 125ff.
[89] ebd., 130f.
[90] ebd., 131
[91] ebd., 130f., 136
[92] ebd., 129, 133f.
[93] ebd., 133ff.
[94] ebd., 140f.
[95] ebd., 143
[96] ebd., 139
[97] ebd., 138
[98] ebd., 138
[99] ebd., 145
[100] ebd., 137
[101] Leibniz in: Blumenberg 149
[102] Blumenberg, 143
[103] ebd., 143
[104] ebd., 144f.
[105] ebd., 146
[106] ebd., 146
[107] ebd., 146
[108] Rusterholz, 135
[109] Blumenberg, 72
[110] Raffelsiefer, 6
[111] Blumenberg, 88
[112] Blumenberg 124
[113] ebd., 123
[114] vgl. www.selfhtml.de
- Citation du texte
- Güde Godbersen (Auteur), 2002, Die Entwicklung der Lesbarkeitsmetaphorik in der frühen Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109529
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