1. Einleitung
und einige notwendigerweise etwas längere Vorbemerkungen
„Ich bin kein Marxist“
(Karl Marx[1] )
„Man sieht nur, was man glaubt...
Alles Gesagte wird von einem Beobachter gesagt…
Erfolg oder Misserfolg einer Verhaltensweise sind immer durch die
Erwartungen definiert, die der Beobachter bestimmt“
(Maturana, H.R./Varela,F.J. „Der Baum der Erkenntnis.
Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens“[2] )
Über ein Jahrzehnt, fast schon eine Generation, ist bereits vergangen seit dem „Ende“ der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Also sollte doch schon ein gewisser „Abstand“ bei ihrer Betrachtung möglich sein. Zumal in der Gegenwart bekanntlich der Anspruch, die Wirklichkeit(en) weitaus differenzierter als in früheren Epochen zu betrachten, groß ist.
Neben u.a. postmodernen und system-theoretischen dementsprechenden Ansätzen(vgl. z.B. Oelkers, J./Tenorth, H.-E.(Hrsg.)“Pädagogik,Erziehungs- wissenschaft und Systemtheorie“[3] ) beruht dieses Verständnis auf Grund-ansichten des Konstruktivismus, wie oben (Maturana/ Varela) kurz angedeutet. Prof. C.Wulf, Erziehungs- Wissenschaftler an der FU Berlin, bezog dies auf die Konstruktion/ Interpretation aktueller bzw. historischer pädagogischer „Weltbilder“ u.a. folgendermaßen:
„Die Veränderung unseres Wirklichkeitsverständnisses führt zu einer neuen Sicht des Fremden und des Anderen… gibt es heute keine verlässliche Realität. Wirklichkeit erscheint konstruiert und interpretiert und wird fraktal und heterogen erfahren. Mit der eigenen Weltsicht kommt sogleich der Andere mit seiner Konstruktion und Interpretation der Welt ins Spiel... Keine Sicht der Welt kann alleinige Gültigkeit beanspruchen. Jede Interpretation findet ihre Grenze in der Sicht des Anderen. Eine neue Komplexität in der Erfahrung der Welt entsteht, in der die Sicht des Anderen als Möglichkeit immer mit gedacht werden muss.“ (Wulf, C. „Einführung in die Anthropologie der Erziehung“,Weinheim 2001, S.158 f.)
Weiter beschreibt er, inwieweit die Integration des „Anderen“ geradezu notwendig ist, um das eigene Weltbild/ die eigene Identität zu bilden (ebd., S.149ff.) Diese ganzen „modernen“ (und auch in der Bundesrepublik überwiegend - vgl. Wulf- akzeptierten ) Betrachtungsweisen, die Wulf für die Betrachtung jeder Etappe der Menschheitsgeschichte, jeder Kultur als notwendig betrachtet, bis jene in den entferntesten Gegenden der Welt, müsste doch umso „nahe liegender“ für die gelten, die früher wirklich nicht mehr näher liegen konnte. Und die heute wieder ein Teil des wieder-vereinten Deutschlands ist. Die Erlebnisse, Erfahrungen u. a. von ca. 1/3 der Deutschen mit prägte- eben die der DDR. Und deren Integration (des ehem. „Anderen“ aber sogar kulturell teilw. auch nach wie vor Gleichen) bzw. die kritische wie konstruktive Auseinandersetzung hiermit heute auch zwangsläufig zur Bildung der eigenen Identität des neuen (wieder-vereinigten) Deutschland erforderlich ist.
So „selbstverständlich“ dies alles klingen mag, so beachtlich ist doch auch, wie schwer dies zu berücksichtigen anscheinend den meisten Unter-suchungen fällt. Viele grundsätzliche Schwierigkeiten im „Vereinigungs-Prozess“ dürfen als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden. So z.B. der, u. a . durch jahrzehntelangen „kalten Krieg“ hervorgerufenen, Vorbehalte, Vorurteile und dergleichen. Überraschend mag jedoch darüber hinaus sein, wie –wohl überwiegend- schwer sich die Geschichtsschreibung tut, auch noch viele Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges (und zwischen-zeitlichen „Annäherungstendenzen“ der „Systeme“) und dem Ende der DDR offener, anerkennender zu sein für das „Andere“- und dieses zumindest etwas differenzierter und von (vermeintlicher) „Siegermentalität“ und an-haltendem „Kalten Krieg“- Denken (-und auch entspr. “psycholog. Kriegs-führung“ ) befreiter zu betrachten. Bzw. auch zu berücksichtigen, dass es eben verschiedene „Betrachtungsmöglichkeiten“ dieses Teils der deutschen Geschichte gibt.. Und nicht zuletzt eben auch, dass es auch in der DDR selbst durchaus (sehr) verschiedene „Weltanschauungen“ gab.
Dies gilt nicht zuletzt auch betr. hier interessierender pädagogischer Bereiche. Lange hat es gedauert, bis wieder ehem. DDR-Pädagogen, nach qualvollen Jahren der Selbstzweifel und Selbstfindung, darum bitten konnten nicht alles was in der DDR passierte bedenkenlos und pauschal „abzuwickeln“/ zu diskreditieren. Dass auch unterschiedliche Stand-Punkte/ Betrachtungsweisen in der bzw. zur DDR- Pädagogik berück-sichtigt werden sollten. Bis sie und auch mit ihnen „solidarisierende“ westliche Kollegen (zu denen ich mich auch gerne zählen würde) mahnten, dass „einseitige“ Betrachtungsweisen weder allen ehemaligen DDR-Bürgern gerecht werden, noch den „alten Bundesbürgern“ dienen würden. Die daran erinnerten, dass nicht nur die Pädagogik der DDR und deren Umgang mit „Westpädagogik“ sicherlich als zu wenig differenzierend bezeichnet werden muss, sondern der Umgang mit der DDR-Pädagogik von westl. Seite zumindest eben auch zumeist nach wie vor nur durch „nicht- sozialistische“ “Beobachteraugen“ und auch entspr. „Weltanschauungen“ bzw. auch Interessen betrachtet bzw. geleitet wird (vgl. das oben zu „kon-struktivistischen Perspektiven“ hierzu angeführte und Eichler, W. (2000) “Der Stein des Sisyphos. Studien zur allgemeinen Pädagogik in der DDR“. )
Dass dies erstaunlich wenig „selbstkritisch reflektiert“ wird vermag schon aufhorchen lassen. Dies obwohl beispielsweise Prof. A. Gruschka (vom Institut für Pädagogik und Gesellschaft e.V., Münster) in der ja stark frequentierten (west-)deutschen Zeitschrift für Pädagogik[4] erörterte, dass viele Chancen vertan werden, auch die „West-“ Pädagogik weiter zu entwickeln, indem man sie nicht mit der „anderen“ (wenn auch wie er ausführt oft gar nicht so verschiedenen) „Ost- Pädagogik“ „spiegelt“ bzw. reflektiert. Bereits er führt aus, wie erstaunlich hoch zumeist der kritische („westliche“) Maßstab an die DDR-Pädagogik war und ist im Vergleich zu dem an die „eigener“ Erfolge und Probleme. Dass Erscheinungen, Strukturen u. a. dort kritisiert werden bzw. als Ursache für deren Scheitern gesehen werden, die denen in der „alten“ Bundesrepublik Deutschland (BRD) doch zumindest ziemlich ähnlich sind. Dass Sachen dort „verteufelt“ oder als utopisch, unwissenschaftlich und „überholt“ diskreditiert werden, nach denen sehr viele westliche Pädagogen sich immer mehr sehnen (z.B. einheitlichere Erziehungsnormen,…). Oder die zumindest auch im Westen breit diskutiert werden oder Gegenstand ungelöster Debatten bzw. Dilemma bzw. bestenfalls Kompromisslösungen sind (wie z.B. das Problem von Vereinbarungen von „gemeinschaftlichen“ und „individuellen“ Interessen oder die von „freien“ und „gelenkten“ pädagogischen Elementen). Dass Kritiken an „unfreier“ Wissenschaft, Interessengeleiteter Meinungsbeeinflussung und dergleichen ja auch in / betreffend „westlichen“ (Erziehungs-)Systemen keine Fremdworte sind. Nicht nur von marxistischen Kritikern außerhalb oder innerhalb dieser Gesellschaften geäußert. Dass im „Westen“ Erreichtes sicher auch nicht das „Bestmöglichste“ alles Menschenmöglichen bzw. (nur) eine „Sieger-Geschichte“ ist. Dies alles dürfte auch recht unumstritten sein, auch wenn man über den jeweiligen Grad dieser Erscheinungen sicher weiter diskutieren müsste. Das alles ist hier jedoch nicht hauptsächliches Thema. Auch wenn es ständig mitreflektiert werden muss und wird. Denn sicher –s. o. - gibt es keine von der persönlichen Weltsicht und Interessen unabhängige Betrachtung, auch nicht der „DDR-Pädagogik“. Natürlich auch vom Verfasser nicht. Aber die Frage ist ja eben, unter welchen Prämissen, ggfs. auch Interessen, man betrachtet / untersucht. Prof. D. Benner/ Dr. H. Sladek vom Institut für Allgemeine Pädagogik an der Humboldt Universität zu Berlin zeigten so z.B. am Erziehungsprogramm von 1947, das auf dem II. Pädagog. Kongress in der damaligen „Sowjetischen Besatzungszone“ (SBZ) verabschiedet wurde und das von sehr großer Bedeutung für grundlegende „Weichenstellungen“ in der DDR- Pädagogik war, wie man darin- je nach „Blickwinkel“ bzw. „Leseart“ - eine Weichenstellung in Richtung affirmative oder in nicht- affirmative Bildungstheorie, also das jew. Gegenstück, finden kann (vgl. Benner, D./Sladek, H. „Vergessene Theoriekontroversen in der Pädagogik der SBZ und DDR 1946-61“, Weinheim 1998). Dies zeigt eben auch, dass es auch „die“ westliche Perspektive (ja auch aus dem eigenen „pluralistischen“ wissenschaftlichen Anspruch heraus) nicht gibt, sondern man eben jew. verschiedene Standpunkte bzw. „Beobachter-Sichten“ (sowohl im „Westen“ als auch „Osten“) unterscheiden muss.
Allerdings schreibt z.B. der Göttinger Professor für Allgemeine Pädagogik Dietrich Hoffmann[5] betr. der „Wahrnehmung des Betrachters (zur) Erziehung bzw. Erziehungswissenschaft der beiden deutschen Staaten.. geht man sicher nicht fehl, wenn man den persönlichen Nutzen, der mit den Standpunkten jeweils verbunden ist, zu den Bedingungen der Beurteilung hinzuzählt“. Und z.B. der Erziehungswissenschaftler Dr. Kurt Beutler[6] kommt nach seinen Analysen „Die Rezeption der DDR-Pädagogik in der BRD und die Frage nach dem Marxismus“ zu dem Ergebnis: “Wenig Grund für eine Siegesfeier der Westpädagogen, wenn sich ihr Sieg mehr auf die Gunst der Macht als auf die Überlegenheit ihrer Argumente zu stützen vermag“. Und stellt fest[7], dass man durchaus auch „differenzierendere“ Stimmen in Ost und West findet, überwiegend aber nach wie vor „Kalte Kriegs“- Positionen eine Rolle spielen, und auch die Darstellungen z.B. des Werkes von Marx in z.B. Schulbüchern der BRD eine oft ziemlich merkwürdige (unzutreffende) Darstellung finden (vgl. auch Kühnl hierzu). Und zudem meistens nicht zwischen den Original-Schriften und deren „Umsetzung“ etwa in der DDR unterschieden wird.
Hier soll nun also versucht werden, soweit möglich mehr differenzierend von nur „Kaltem Krieg“– Bewertungen (und auch dort zumindest fragwürdigen Darstellungen der DDR- bzw. „marxistischen“ Pädagogik) zu betrachten, was wie zu sehen sein wird auch Jahrzehnte nach dessen Ende und über ein Jahrzehnt nach dem Ende der DDR immer noch nicht überwunden ist. Um eben nach einigen Antworten der „marxistischen“ bzw. DDR- Pädagogik (bzw. entspr. „Ansatzpunkten“ dort) zu suchen, die durchaus eben nicht einfach, zumindest nicht ohne gründlichere Prüfung, auf den „Müllhaufen der Geschichte“ landen sollten. Weil sie „als schlecht gelten, weil sie als schlecht gelten sollen“ (vgl. Eichler a. a. O.), weil das eine „System“ sich als Sieger über das andere erklärt hat –ohne das allseitig bewiesen zu haben. Eben „Andersdenkendes“ aufgrund vor-gefertigter Meinungen, nur recht oberflächlichen Untersuchungen bzw. (polit. ) Vorgaben ungeprüft „ad acta“ legt. Ein Vorgehen, das man ja der DDR– Wissenschaft (sicher zu vielen Zeiten nicht zu unrecht) vorwarf.
Hier und bei anderen Beispielen soll kurz der Blickpunkt darauf gerichtet werden, dass es sehr vielen „westlichen“ Untersuchungen ebenso wie denen der DDR gut getan hätte, Kritiken an das jeweils „andere“ Lager auch mehr auf sich selbst (/die eigene Weltanschauung) zu beziehen. Darauf hat auch Gruschka (a.a.O.) hingewiesen, ebenso wie auf überhaupt zuletzt immer mehr zunehmende Ähnlichkeiten der „DDR-“ und der „bürgerlichen“ Pädagogik, so dass letztlich Kritiken von Marx zu „bürgerlicher“ Pädagogik ziemlich zutreffend auch auf die der DDR anzuwenden schienen, und dass marxistische Kritiken auf die BRD bezogen sicher auch nicht stets ganz von der Hand zu weisen sind.
U.a. Gruschka (a.a.O.) weist so auch zurecht darauf hin, dass die „Pauschalabrechnung“ (mit der Frage, wer das Recht hierzu hätte) mit „marxistischer“ Weltanschauung, nicht zuletzt auch entspr. Pädagogik, die zumeist mit dem „Niedergang des real existierenden Sozialismus“ ver-bunden wird (Belege hierfür in seinem genannten Artikel a. a. O.) nicht weiter so undifferenziert weitergeführt werden kann. Zumal wohl nach wie vor gelten dürfte, was der (Mannheimer) Erziehungswissenschaftler Prof. Günther Groth (1978) schrieb, als er aufgrund umfangreicher Analysen zu dem Schluss kam „Die „bürgerliche“ Pädagogik ist in Deutschland über Marx hinweggegangen. Der realistischen Bestimmung des Verhältnisses von Erziehung und Gesellschaft hat dieses Versäumnis unermesslich geschadet. Bereits diese Feststellungen machen deutlich, dass von der Auseinandersetzung mit dem Marxschen Werk ein ausgesprochener Gewinn für die pädagogische Diskussion erwartet wird“ (Groth, S.5). Er würdigt zwar auch div. diesbezügliche Ansätze in der DDR (auch wenn er darin Abweichungen von dem „Marxschen Original“ feststellt, vgl. ebd. S.25ff.) und Versuche „Marxsche Gedanken“ auch in der Bundesrepublik Deutschland aufzugreifen, betont aber, dass diese zumeist in Ansätzen stecken blieben oder sich eher wieder von Marx wegentwickelten. Und appelliert so die Auseinandersetzung weiter zuführen, zumal in der BRD oft so getan wurde, als ob die „Marxismusfrage“ eine „ostdeutsche“ wäre- und hinterfragt etwas sarkastisch, ob etwa Karl Marx, Friedrich Engels u. a. in der DDR geboren wären oder die „marxistischen“ Richtungskämpfe zu Lebzeiten Marx und nicht zuletzt etwa vor/nach dem 1.Weltkrieg, vor allem in der Weimarer Republik (s. unten) auch schon der DDR- Zeit zuzurechnen gewesen wären.
Immerhin weisen inzwischen viele Autoren (z.B. auch Gruschka, Benner/ Sladek a.a.O. und div. Autoren in Cloer, E. Wernstedt, R. (Hrsg.), „Pädagogik in der DDR. Eröffnung einer notwendigen Bilanzierung“, Wein-heim 1994) darauf hin, dass immer mehr zunehmend die DDR- Pädagogik weniger als „monolithischer Block“ angesehen wird. Dass keinesfalls alle Ansätze dort pauschal abzuurteilen oder unkritisch gegenüber der staatlichen DDR-Pädagogik waren. Dass man die DDR- Pädagogik auch nicht als einzig mögliche Variante sozialistischer/ marxistischer Pädagogik ansehen kann, es ja auch nicht nur „im Westen“ sondern auch z.B. in der DDR, wie in allen Kulturen (vgl. Wulf a. a. O. und S.201 ff) viele verschiedene Anschauungen gab. In der DDR, vor allem (aber nicht nur) vor/zu deren Gründung bzw. ihren Anfängen - weshalb diese Zeit auch hier einen Schwerpunkt bilden wird, zumal (s. unten) dort noch „offenere“ Auseinandersetzungen möglich waren- gab es durchaus große, essentielle Meinungskämpfe über „richtige“ marxistische Standpunkte. Und auch Auseinandersetzungen und Kritiken daran, dass die Pädagogik eher zu wenig sozialistisch/ zu „bürgerlich“ war.
Nachdem auch in letzter Zeit, zumal nun mit mehr Möglichkeiten der Einsicht in Archive u. a. der ehem. DDR, verstärkt diese „abweichenden“ Meinungen (bzw., bezeichnet man die DDR als Diktatur, über deren „Lücken“[8] ) aufgegriffen und näher untersucht wurden, soll hier noch mehr auf einen Aspekt hingedeutet werden, der dabei (etwa im Gegensatz zur häufiger untersuchten Behandlung der „Reformpädagogik“ in der DDR) noch nicht so sehr behandelt wurde. Nämlich eben der Meinungsstreit zwischen den Vertretern bzw. Richtungen, die sich ausdrücklich mit ihren Kritiken/ Alternativvorschlägen zur vorherrschenden staatlichen DDR-Pädagogik auf die Theorien von Karl Marx beriefen, und darunter vor allem jene, die dies wohl auch nicht nur aus „taktischen“ (zumeist ver-ständlichen- um überhaupt gehört werden zu können-) Gründen taten. Es soll dargestellt werden, dass es die unterschiedlichsten Strömungen bzw. Ansätze selbst innerhalb des „marxistischen Lager“ gab (und auch weiterhin gibt) und dabei reflektiert werden, dass auch hier bisher wohl in der „westlichen“ Betrachtung zumeist wiederum die Ansätze mehr Beachtung fanden, die letztlich wieder zur Bestätigung des eigenen (Denk-) „Systems“ führen, quasi Vertreter von (kapitalistisch)- „bürgerlich“–„kompatiblen“ Marx- Interpretationen. Weswegen hier dann wiederum der Blick erweitert werden soll auf „marxistische“ Alternativvorschläge zur DDR- („Staats-“) Pädagogik“, die nicht wieder (nur) in „westlicher“ im Sinn von „bürgerlicher“ Pädagogik enden. Und somit für diese also teilw. auch nicht unbedingt allzu umfassendes „radikales“ bzw. kritisches (und ggfs. konstruktives) Potential bereithalten. Wem es wirklich um Verbesserungs-Potential für heutige Pädagogik geht, der sollte es ja nicht nötig haben, konträre Standpunkte nur in bekannter (/„genehmer“?) Form zur Auseinandersetzung heranzuziehen. Und nicht erst seit „PISA“ wird der Ruf nach grundsätzlichen Überlegungen für Verbesserungen zum hiesigen Bildungs- und Erziehungswesen ja nicht gerade leiser, auch nach „sozialeren“(oder sogar sozialistischen?) Ansätzen (nicht zuletzt weil dort ja erschreckender weise konstatiert wurde, dass kaum in einem anderen Land wie in der BRD soziale Herkunft und Bildungsmöglichkeiten so miteinander verbunden sind („Deutschland hat ein Bildungssystem, in dem sich …Strukturen von Generation zu Generation durchsetzen …sie finden (in anderen Staaten, W.L.) keine schulischen Diskriminierungen mehr, die so deutlich durch Herkunft oder Abstammung bedingt sind“ („PISA“- Chef-Koordinator Andreas Schleicher in der „TAZ“ vom 25.6.2002[9] )
Auch dass z.B. bei der ersten Wahl zum Regierenden Bürgermeister des neuen Jahrtausends in Berlin der Kandidat der PDS, G. Gysi, annähernd so viele Stimmen bekam wie derjenige der CDU zeigt trotz der teilw. besonderen Situation Berlins doch, dass das Interesse von Ideen, die mit „Sozialismus“ in Verbindung gebracht werden, auch über ein Jahrzehnt nach dem Ende der DDR nicht „am Ende“ ist…[10]
Warum also nicht alles Mögliche für Verbesserungen nutzen, gerade auch die Erfahrungen, die eben Millionen Deutsche mit dem angeblich „realen“ sozialistischen Modell- bzw. dieser „Betrachtungsweise“ entspr. marxist. Ideen- machten, inkl. aller guten damit gemachten Erfahrungen aber natürlich auch evtl. Konsequenzen aus Fehlern bzw. „Entgleisungen“ des-selben? Dies mit zumindest etwas mehr „Unvoreingenommenheit“ auch für Selbst-/Eigenbestimmungen, „Eigengesetzlichkeiten“, Welt- Anschauungs-aspekten u. a. von DDR- bzw. marxistischer Vertreter wie auch z.B. der „Diktatur des Proletariats“,…Anstatt diese wiederum pauschal von vorn-herein allesamt als z.B. „stalinistisch“ abzustempeln (vgl. Eichler), bzw. diese „per se“nur mit dem Begriff der „Diktatur“ zu verbinden und das (zumindest) in der Theorie behauptete bzw. wohl ursprünglich dahinter stehende (andere) „Demokratie-“ "Verständnis“ (das zumindest viele Menschen, u. a. Pädagogen damit assoziierten), was immer man davon auch halten mag bzw. wofür es praktisch genutzt wurde, näher zu betrachten. Dies alles soll hier natürlich wahrlich nicht zu einer („(n)ostalgischen“) „Verherrlichung“ der marxistischen Pädagogik, schon gar nicht der des „realen“ (?) Sozialismus führen. Und, zudem in einem hier sehr begrenzten Rahmen, natürlich auch nicht zu „abschließenden Wertungen“ der unterschiedlichen Ansätze. Dazu sind diese und ihre politischen (bei der ganzen Thematik hier immer von großer Bedeutung) / “weltanschaulichen“ u. a. Hintergründe auch viel zu komplex. Und können hier, wie viele andere wichtige Aspekte auch, nur sehr „ansatzweise“ umrissen werden. Dies aufgrund fast unglaublicher (auch literarischer) Komplexität- kaum ein anderes Thema beschäftigte wohl so viele Menschen wie die Rechtfertigung bzw. Kritiken der marxistischen Ideen.
Zumal, wie zu sehen sein wird, „sozialistische“ bzw. die sich auf Marx berufenden Ansätze nicht nur kein „monolithischer Block“ sondern ganz im Gegenteil traditionell äußerst unterschiedliche, vielfältige und auch oft (sehr) widersprüchliche Standpunkte und Weltanschauungen sind. (Zumal auch zu sehen sein wird, dass es gerade zur Frage der „Einheitlichkeit“ der DDR-Pädagogik äußerst unterschiedliche Auffassungen bzw. umfangreiche Kontroversen gab.) Dies in diesem Rahmen hier (ansatzweise) darzustellen bzw. zu untersuchen in Bezug auf „richtungweisende“ Diskurse zu einigen entscheidenden „Weichenstellungen“ bzw. „Kernfragen“ der Theorieentwicklung der staatlichen DDR-Pädagogik bildet einen Mittelpunkt bzw. einen Kernpunkt dieser Ausarbeitung. Diese „Richtungsvielfalt“ mehr in Erinnerung zu rufen und bezüglich der DDR-Pädagogik bzw. „marxistischer“, nicht zuletzt auch (system-) kritischer Standpunkte hierzu in groben Zügen zu skizzieren und dabei auch einige bislang recht wenig behandelte Standpunkte etwas ausführlicher darzustellen soll hier das Anliegen sein.
Das führt auch zu der These, dass nicht nur (bzw. alleine) „äußere“ Umstände wie nach dem Weltkrieg wirklich schwere Ausgangsbedingungen oder weltgeschichtliche „Begleitumstände“ (Kalter Krieg, ..) ein Haupt-Problem für den (Niedergang des) angeblich „realen Sozialismus“ und dessen Pädagogik in der DDR waren. Sondern dass von Anfang an an-haltende weltanschauliche Kontroversen bzw. polit. Entwicklungen innerhalb des „marxistischen Lagers“ von erheblicher Bedeutung waren für eine wohl alles andere als einheitliche, konfliktfreie „monolithische“ Entwicklung. Anstatt hier wiederum- wie zumeist getan- „von außen“ Kontroversen und deren jew. Bedeutung zu „werten“, sollen hier einige wesentliche Diskurse innerhalb dieses („zwischen -marxistischen“) Richtungskampfes dargestellt werden, die aus dem Selbstverständnis ausgewählter hierfür bedeutender „Vertreter“ entscheidend waren. Natürlich mag man wiederum über Kriterien für deren Auswahl trefflich streiten können, weshalb zu jew. Vertretern/ Diskursen und deren Be-deutung im Folgenden jeweils etwas ausführlicher deren Behandlung hier begründet werden wird. Allerdings geht es hier ja auch vor allem um die Belegung der These, dass dieser Richtungskampf überhaupt so umfangreich und bedeutend u. a. für die Entwicklung der DDR- Pädagogik war (nicht um dessen „allseitige“ Kommentierung bzw. Wertung oder „Hervorhebung“ bestimmter Positionen, was in diesem – aufgrund der Komplexität der Thematik- sehr begrenzten Rahmen hier auch nicht möglich wäre). Wichtig ist die Darstellung dieser „Meinungskämpfe“ (bzw. Vielfalt-)überhaupt, eben auch um (undifferenzierte) „Totalitarismus-“ Beobachtungsweisen zu hinterfragen nach dem (s. o.) bereits hinterfragten Motto „DDR-Pädagogik = pauschal gescheitert = alle marxistische Pädagogik obsolet“, das doch stark an „Interessengeleitete“(„Kalter Krieg-“) Feindbilder– „Darstellungen“ erinnert. Und die Einschätzung z.B. Helmchens 1982 - obwohl dann (offiziell) der „Kalte Krieg“ (insgesamt) ja angeblich mehr zu „Entspannungspolitik“ überging bzw. am Übergehen war - „…dass DDR-Forschung …keine unpolitische Forschung ist“ (ebd., S. 13) dürfte auch heute noch eine Rolle spielen (s. unten). Es wird zudem zu sehen sein, dass es sogar eine Vielzahl von Ansätzen gibt, die der DDR und ihrer Pädagogik letztendlich vorwirft, sogar das (zumindest aus deren Sicht) Gegenteil von marxistischer Gesellschaft bzw. Pädagogik, nämlich eine „bürgerliche“ solche, verkörpert zu haben. Womit Kritik an der DDR-Pädagogik dann Kritik an „bürgerlicher“ Pädagogik wäre und einige sich diesbezügl. originär auf Marx berufende Thesen hierfür erstaunlich interessante Anhaltspunkte geben können. Ferner würde dies ja auch bedeuten, dass der Niedergang der DDR-Pädagogik gerade nicht mit dem der „marxistischen“ gleichzusetzen wäre… Das alles kann hier wiederum auch nur mit Hinweisen für weitere entsprechende Überlegungen angedeutet werden, sei hier aber auch erwähnt um die Bedeutung/ „Tragweite“ der Fragestellung hier („monolithischer Block“ oder äußerst großer „zwischen- marxistischer“ (bzw.- „weltanschaulicher“) Richtungskampf“) zu verdeutlichen.
Dabei ist es auch notwendig zu zeigen, eher noch unbekannte bzw. (zu) wenig beachtete Dimensionen der „Meinungs-Bandbreiten“ bzw. deren Widersprüchlichkeit und Gegensätzlichkeit erst einmal, zumindest in Kürze, darzustellen; mit Augenmerk auch auf die unbekannteren DDR- (und teilw. auch BRD-) systemkritischen Ansätze, die bislang noch weniger Beachtung (in „Ost und West“) fanden. Dabei wird auch wichtig sein darauf hinzuweisen, dass es sich auch nicht nur um „Detailfragen“ bzw. „Randerscheinungen“ (u. a.) innerhalb des „marxist. Lagers“ bzw. der DDR-Gesellschaft/ Pädagogik handelt, wie es oft den Anschein hat. Sondern durchaus um sehr gewichtige, sehr unterschiedliche Strömungen. Wie z. B. die bereits von Prof. Horst Wittig (in dem bekannten Sammelwerk „Karl Marx. Bildung und Erziehung. Studientexte zur Marxschen Bildungs-konzeption“[11] ) als „Bedeutende Weiterentwicklung des Marxismus“ be-zeichnete, quantitativ größte „marxist. Richtung“ bzw. „Bewegung“ aller Zeiten und deren weltweiten Anhängern (die es auch in der DDR gab, die aber, s. unten, mehr oder weniger bekämpft wurden), nämlich jene der „Kulturrevolution“ in China. Der Entwicklung in dem zu dieser Zeit immerhin laut „Süddeutschen Rundfunk“[12] hoffnungsvoll betrachteten „wohl interessantesten Staates der Zukunft“. Und der „Kulturrevolution“ als einer vom (zumindest) eigenen (marxistischen) Selbstverständnis der Kommunistischen Partei Chinas heraus sozusagen Massen- Aufklärungs-kampagne gegen Dogmatisierungs-/ Bürokratisierungs- Erscheinungen in sozialistischen Gesellschaften, auch als Konsequenz aus der so gesehenen „Entartung“ sozialistischer Ideen in der ehem. Sowjetunion, DDR u. a.( vgl. Schmied-Kowarzik, , Kurseinheiten „Materialistische Pädagogik“(Band 2-4) der Fernuniversität Hagen,1983[13] ) Diese u. a. werden hierzulande fast nur kritisch (was natürlich auch wichtig ist) bewertet, mehr das ggfs. weiterbringende Element herauszuarbeiten bleibt aber oft in Ansätzen stecken (vgl. Schmied-Kowarzik a. a. O.). Der Appell immerhin einiger (nicht nur „marxistischer“) Autoren, solch mögliche positiven „innermarxistischen“ Weiterentwicklungen bzw. marxistische/ “DDR“- Ansätze differenzierter, vielseitiger zu beachten soll hier also erneuert werden; anhand einiger hierfür wichtig erscheinender Richtungen bzw. Vertretern unter den (Staatl. Pädagogik-) systemkritischen Marxisten dazu einige potentiell interessante Ansatzpunkte für die Analyse bisheriger bzw. weiteren diesbezüglichen Auseinandersetzungen in gebotener Kürze dargestellt werden.
Zu sehen sein wird nicht zuletzt auch, dass es sich gerade auch bezüglich der DDR-Pädagogik hierbei eben nicht um Richtungskämpfe bzw. Theorie-Kontroversen nur in „Detailfragen“ handelte. Sondern dass diese vielmehr auch äußerst umfangreich und grundsätzlicher, „richtungweisender“ Natur waren. Und diese für die Entwicklung der (staatlichen) DDR-Pädagogik bzw. kritische diesbezügliche Auseinandersetzungen/ “Alternativen“ dafür eine entscheidende Rolle spielten. Und dies nicht zuletzt mit bedeutenden historischen und politischen Bezügen bzw. Hintergründen bis fast hin zum weltanschaulichen „Glaubenskrieg“ hin zu betrachten sein muss. Zu zeigen, dass (auch) die „DDR-Pädagogik“ also ein „weltanschaulich“ äußerst hart umkämpftes Feld von Auseinandersetzungen zwischen äußerst konträren und teilw. überaus widersprüchlichen „marxistischen Standpunkten“ (bzw. sich so nennenden/ auf Marx berufenden) war, somit also (ebenso wie „die“ marxistische Pädagogik im Allgemeinen) gänzlich anders als „monolithisch“ betrachtet werden muss, ist somit ein Hauptanliegen dieser Ausarbeitung.
Und Belege für diese These wären natürlich auch wiederum Ausgangspunkte für weitere Überlegungen, z.B. warum auch die „Offiziellen“ der DDR zunehmend so erpicht darauf waren, immer von nahezu „widerspruchsfreien“ Entwicklungen zu sprechen, und es in der BRD zumeist ähnlich dargestellt wurde. Hier stößt man auch auf „Interessenfragen“, die hier nicht Hauptgegenstand sein können (aber doch immer wieder zwangsläufig in gebotener Kürze mitreflektiert werden müssen.) All dies ist hier aber natürlich wirklich nur in äußerst kurzen Umrissen bzw. Anregungen möglich, da nahezu jeder hier behandelte theoretische Ansatz, weltgeschichtliche Hintergrund u. a. alleine schon ein Thema für sich wäre. So dass hier auch auf sicherlich viele interessante „Detailfragen“, z.B. Diskussionen innerhalb einzelner (marxist.) „Richtungen“ oder bezüglich „Umsetzungsfragen“ in der (auch „alltäglichen“) pädagogischen Praxis, verzichtet werden muss. Ebenso z.B. über Fragen pädagogischer Methoden oder Modelle wie z.B. auch der „polytechnischen Erziehung“, „Kollektiverziehung“ u. a. (im Einzelnen), die ja auch über den „Ostblock“ hinaus große Beachtung fanden. (vgl. z.B. Schmied-Kowarzik , v. a. Band 3 und 4). Oder auch noch erst ansatzweise entwickelter innovativer Ansätze bzw. Fragen, die von marxistischen Pädagogen hervorgebracht bzw. aufgeworfen wurden, aber selbst von ihnen bzw. in der Diskussion mit anderen marxist. Pädagogen (und ggfs. auch nicht- marxistischen), noch größtenteils offen/im Anfangsstadium verblieben waren. Vgl. hierzu etwa bezüglich dem (gerade auch für die Betrachtung der DDR-Pädagogik sehr relevanten) Werk Makarenkos „Makarenko, A.S. Pädagogische Texte“- Auswahl mit Kommentaren“ von Wittig, H. u. a.[14], wo auch auf mehrere Forschungs-Vorhaben, vor allem auch in den alten Bundesländern, verwiesen wird, die auch heute noch das Ziel haben viele wertvolle entspr. Gedanken zu erhalten (s. auch unten/zur Kritik, dass Makarenkos Werk dort vermeintlich wiederum zumeist aus „westl.- bürgerlicher“ Lese-Art untersucht wird Hofmann[15] ).
Um aber überhaupt verstärkt „Neugier“ bzw. „Offenheit“ und Interesse, Motivation u. a. zu bekommen, sich auf die Suche nach solchen „ver-grabenen“ (eventuellen) Schätzen von marxistischen Ansätzen zu machen bedarf es eben wiederum wohl auch (zunehmender) Erkenntnis, dass der „reale“ Sozialismus und seine Theorien, die staatl. Pädagogik u. a. der DDR alles andere als „einheitlich“ (schlecht) oder die einzig beobachtbaren bzw. realisierbaren „marxistischen“ Alternativen waren- bzw. dies sind. Ein Mittelpunkt der hier dargestellten „Kontroversen“ wird dabei hier die „Kernfrage“ nach der „Einheitlichkeit“ der Pädagogik im Spannungsbereich zwischen „unfreier“ Pädagogik und „notwendiger („proletarischer“) Klassenerziehung“ sein, eine Frage, die gerade unter sich „marxistisch“ nennenden Positionen weitaus mehr „umkämpft“ war als man das wohl annimmt und die durchaus eine entscheidende Rolle in den entspr. „Richtungskämpfen“ einnahm.
Die folgende Ausarbeitung ist in zwei größere Teile gegliedert. Im ersten, nun folgenden Teil, geht es dabei um grundlegende und historische Fragen und Entwicklungen sehr unterschiedlicher marxistischer Richtungen und der Problematisierung der „einheitlichen“ Betrachtung „marxistischer“ Theorien bzw. der (historischen) Breite und Tiefe entspr. „Richtungskämpfe“ überhaupt. Es wird angedeutet, welche Fragen der „marxistischen Richtungskämpfe“ (hier) von besonderer Bedeutung waren bzw. weiterhin sind und warum bestimmte Richtungen bzw. Diskurse hier eine besondere Rolle spielen bzw. im Weiteren genauer betrachtet werden sollen. Diese „grundlegenden“ bzw. historischen Betrachtungen sind für weitere Betrachtungen (bezüglich der DDR-Pädagogik) unerlässlich und umfangreicher notwendig, da ansonsten die konkreten Kontroversen zu SBZ/ DDR-Zeiten (bzw. deren Gründung vorhergehenden) in ihrer Entwicklung, Bedeutung und (Theorie-) geschichtlichem „Hintergrund“ nicht ausreichend verständlich gemacht werden können, zumal diese zu sehr großen Teilen auf „Vorhergehendes“ aufbauen. Zudem wird bereits hier mit der Position Edwin Hoernles (bzw. mit der Auseinandersetzung darum), der bereits in der (unmittelbaren) „Vorgeschichte“ der SBZ/DDR ein „Pol“ im Richtungskampf um Grundlagen einer „Deutschen Demokratischen/ Sozialistischen Republik“ (und– Pädagogik) war, eine „Haupt-Richtung“ dargestellt. Dabei wird noch auf die zunächst „staats-tragende“ Rolle Hoernles in der SBZ/DDR hingewiesen, aber auch darauf, dass es später merkwürdig „ruhig“ um ihn wurde.
Im (abschließenden) umfassenderen zweiten Teil soll dann, jew. auf den ersten Teil Bezug nehmend bzw. aufbauend, an ausgewählten Beispielen weiter betrachtet werden, wie/ inwieweit in der DDR-Pädagogik diese „Richtungskämpfe“ weitergeführt bzw. auf neue Art und Weise geführt wurden. Dabei wird es u. a. um die Position M.G. Langes (bzw. die Auseinandersetzung damit) gehen, der ein führender Vertreter von Standpunkten in quasi staatlichen Organen bzw. Publikationen der DDR-Pädagogik war und später zunehmend zu einem ihrer schärfsten, „grund-legenden“ Kritiker wurde, und somit sogar in zweierlei Hinsicht einen „Pol“ in entspr. „Richtungskämpfen“ darstellte, auch teilw. als „Gegenposition“ der von Hoernle vertretenen Standpunkte. Einen etwas größeren Raum wird dabei jew. die Betrachtung der Fortführung von Diskursen innerhalb der unmittelbaren „Vorgeschichte“ der DDR (-Pädagogik) einnehmen, nämlich jene in der Weimarer Republik, da zu sehen sein wird, dass (s. o.) bereits ab etwa 1918 die Diskussionen um die Erringung bzw. Gestaltung einer „Sozialistischen (/ Demokratischen) Republik“ (bzw. -Pädagogik) in Deutschland in vollem Gange waren-und dies teilw. in „offeneren“ Rahmen als es danach möglich war (zumindest natürlich auch im Vergleich zu den Jahren 1933-45, aber auch als in der (späteren) DDR, s.unten).
Am Ende des ersten Teils sollen zudem, teilw. mit dem Charakter eines kurzen Exkurs, (fortgeführte) Richtungskämpfe i.V. m. der die DDR-Pädagogik bekanntermaßen stark beeinflussenden „Sowjetpädagogik“ ansatzweise dargestellt werden. Ferner muss in Kürze darauf hingewiesen werden, dass Marx (bzw. dessen Schriften) selbst bereits „Vorreiter“ für essentielle Kontroversen in sozialistischen bzw. „marxistischen“ Richtungskämpfen war, sich als Abgrenzung zu seine Ideen entstellende Aussagen von vielen sich als „Marxisten“ bezeichnenden Personen (also, zumindest aus seiner Sicht, nur vermeintlichen Vertretern seiner Lehren) sogar selbst öfters ausdrücklich als „kein Marxist“ bezeichnete (vgl. z.B. Friedrich Engels Bericht, dass Marx „von dem zu Ende der siebziger Jahre unter gewissen Franzosen grassierenden „Marxismus“ sagte: “Ich weiß nur dies, dass i c h kein „Marxist“ bin“[16] ).
Thematisch wird bei alledem die „Einheitlichkeitsfrage“ der Pädagogik (bzw. der „Diktatur des Proletariats“ mit „Klasseninteressen dienender Pädagogik“) im Mittelpunkt stehen. Nicht nur, weil aufgrund der un-geheuren Komplexität aller hier zu behandelnden Fragen nur sehr konzentriert, exemplarisch auf vielschichtigste „Richtungsentscheidende“ Diskurse eingegangen werden kann, sondern auch weil diese Frage eine herausragende Rolle spielte, verschiedene „marxistische Lager“ (bzw.– „Weltanschauungen“) u. a. betr. der DDR-Pädagogik wohl mit am tiefgehendsten spaltete, wie noch erörtert werden wird.
Eine umfangreichere Rolle spielt in dieser Ausarbeitung auch die Auseinandersetzung um das Werk von A.S. Makarenko (s. auch weitere Begründungen hierzu unten), was sozusagen hier auch eine Verbindung des ersten zum zweiten Teil darstellt, da Makarenko zwar vor Gründung der DDR lebte, sein Werk aber eine der wesentlichsten Grundlagen für hier behandelte „Richtungskämpfe“ in bzw. betr. der (staatlichen) DDR-Pädagogik bzw. deren „Begründung“, aber auch nicht zuletzt auch Kritik daran ist- und an seinem Beispiel auch wichtige Grundlagen des „marxistischen Selbstverständnisses“ bzw. der „Sowjetpädagogik“, „Richtungskämpfe“ dort und Möglichkeiten dessen unterschiedlicher „Auslegung“ , eben nicht zuletzt in der DDR, dargestellt werden sollen.
Ebenso wird auch eine etwas umfangreichere Betrachtung einiger Aspekte des (in der BRD ja eher unbekannteren) Werkes W.I. Lenins notwendig sein, das wie zu sehen sein wird von verschiedenen „Richtungen“ heran-gezogen wird- sowohl für die „Begründung“ wie andererseits aber auch für grundlegende Kritiken an der staatl. DDR-Pädagogik (die sich ja zunehmend auf den „Marx.-Leninismus“ berief) und so von großer Bedeutung ist (s.unten). Dabei kann es hierbei wie bei allen angeführten Punkten in dem hier eng umgrenzten Rahmen angesichts der Komplexität vieler Aspekte bzw. des Gesamtthemas natürlich nicht um eine „all-umfassende“ Behandlung (z. B.) des Werkes Lenins gehen. Es soll hin-gegen eben auf dessen Bedeutung für „grundlegende“ Richtungskämpfe innerhalb der DDR-Pädagogik hingewiesen werden, inkl. auch einem potentiellen diesbezügl. kritischem Potential, auch für künftige pädagogische Diskurse.
In Kürze muss an einigen Stellen auch noch darauf eingegangen werden, wieweit tatsächlich in der DDR, vor allem zu deren Beginn, nicht gerade gute äußere Bedingungen (z. B. Kriegszerstörungen u. a. Welt- und später „Kalter“ Krieg- Folgen) vorherrschten, die tatsächlich auch Handlungs-räume (auch für Marxistische Vorstellungen) einschränkten, deren Dimension aber wohl zumindest teilweise auch unterschätzt wurde. Was wiederum, ebenso wie wohl auch teilw. zuwenig geführte (klärende) Diskussionen und (konstruktiven) Auseinandersetzungen zu weiteren Pro-blemen führte. Ebenso wie die Tatsache, dass es z. B. teilw. noch mehr (ehem.) NSDAP- Anhänger als (zumeist in den Jahren zuvor getötete oder emigrierte) Kommunisten und auch z.B. Sozialdemokraten in der DDR gab, die Kommunisten eher eine kleinere Gruppe darstellten (was auch das Bild von uneingeschränkter „marxistischer“/ „kommunistischer“ Pädagogik in der DDR , zumindest zu deren Beginn, relativieren sollte).
Und dort wo (mit der Zeit) wichtige Positionen von Kommunisten ein-genommen wurden gab es an der Basis trotzdem oft weiterhin andere „Richtungen“– vgl. hierzu etwa Geissler (S.10) “In der gesamten SBZ wie auch in Berlin war die auf der allerhöchsten Ebene fast ausnahmslos von einem Kommunisten repräsentierte und geführte Schulverwaltung noch auf längere Zeit eine Konstruktion mit politisch stark sozialdemokratisch herkünftigem Unterbau- ein Umstand der nach Gründung der SED im April 1946 einheitsstatistisch…leicht übersehen werden kann“. Ein Umstand, der wie zu sehen sein wird auch durchaus einen (weiteren) Keim für „Richtungskämpfe“ legen konnte, da die „Richtungskämpfe“ zwischen „Kommunisten“ und „Sozialdemokraten“ traditionell eine große Rolle spielten, dann auch eben nicht zuletzt i. V. m. der Gründung der beide Parteien bzw. „Richtungen“ (organisatorisch) „vereinigenden“ SED in der DDR (oft ja als „SED-Staat“ bezeichnet), gerade auch im „pädagogischen Bereich“. Es wird bei alledem zu sehen sein, dass alleine die jeweils not-wendige Konzentration auf die drastischsten, exponiertesten Richtungs- Kämpfe Ausdruck davon ist, wie weitgehend und tiefgehend die „Richtungskämpfe“ /Kontroversen im alles andere als „monolithischen Block“ der DDR-Pädagogik waren. So dass die Betrachtung im hier sehr begrenzten Umfang der Untersuchung sich sogar nur auf relativ „oberflächliche“ Kontroversen und Analysen beschränken muss. Inwieweit z.B. auch noch in eigentlich als „konfliktfrei“ scheinbaren Entwicklungen „unterschwellige“ Kämpfe ausgetragen wurden kann hier nur an einigen Beispielen angesprochen werden. Eine noch „tiefergehende“ Unter-suchung- inwieweit z.B. auch scheinbare Zustimmungen zu staatlichen Erziehungsprogrammen, Lehrplänen oder z.B. SED- oder FDJ- Mitgliedschaften etc. nur aus Sachzwängen oder „taktischen Gründen“ (zur Verfolgung individuell ganz anderer individueller (Aus-) Wege) er-folgten; inwieweit auch im pädagogischen Bereich nur „Dienst nach Vorschrift“ oder „stiller Protest“ erfolgte,…oder aber andererseits auch z.B. Proteste von Schülern nicht immer „politisch motiviert“ sondern z.B. durch „pädagogische Eigenlogiken“ bedingt waren (vgl. hierzu z.B. Benner/ Merkens/ Gatzemann (Hrsg.) muss hier weitgehend ausgeblendet werden.
Dass die hier angedeuteten (besser) „sichtbaren“ Kontroversen allerdings schon so zahlreich zu beobachten sind, obwohl sie eben letztlich nur die „Spitze des Eisberges“ bildeten, spricht auch dafür, dass es sich hier um einen wahrlich „un-monolithischen“ Block handelte.
Abschließend sei hier noch bemerkt, dass für diese Ausarbeitung zwar auch viele Gespräche mit ehem. DDR- Bürgern, auch vielen (ehem.) Pädagogen (oder zumindest – Schülern) mit eine Rolle spielten, dass ich als jemand der nie in der DDR lebte mir aber nicht anmaßen möchte ein „Kenner“ der „alltäglichen“ Verhältnisse u. a. dort zu sein. Insofern möchte ich sehr vorsichtig sein mit „Wertungen“ über das, was Menschen dort taten bzw. nicht taten, ebenso möglichst Denken in „Etikettierungen“ zu vermeiden versuchen. Für die Stellen, wo dies nicht gelungen ist bitte ich um Verzeihung. Eine meiner Hauptanliegen war aber, soweit hier möglich, gerade eben zu würdigen, was in der SBZ/DDR „trotz alledem“ (um Karl Liebknecht zu zitieren) erreicht- bzw. mit guten Absichten verbunden ver-sucht- bzw. „erdacht“ wurde.
2. Scheiterte „die“ sozialistische/„marxistische“ Pädagogik in der DDR? Einige grundlegende Anmerkungen zum Fehlverständnis eines „mono- lithischen Blocks“in der DDR-/„marxistischen-“Pädagogik überhaupt
2.1. Zur Bedeutung und Notwendigkeit der „Infragestellung“ von „monolithischem- Block-“ Charakterisierungen bezüglich „der“ „marxistischen“ Weltanschauung und („der“) DDR- Pädagogik
Wie bereits angeführt mehren sich die Stimmen und Untersuchungen darüber, dass die Pädagogik der DDR keineswegs einen „monolithischen Block“ darstellte (vgl. o.g. Literaturhinweise). Selbst wohl die absolute Mehrzahl derjenigen Autoren, die das Erziehungssystem der DDR wie etwa Lange (1954, s. unten) ziemlich pauschal sogar schon nahezu von Beginn an als solches „totalitärer Erziehung“ charakterisierten weisen immerhin darauf hin, dass es zumindest zeitweise auch verschiedene Ansichten über „angemessene“, „richtige“ Pädagogik gab. Dies auch nicht zuletzt unter sich auf den „Marxismus“ berufenden Vertretern. Auch wenn Auffassungen darüber, inwieweit es diese Unterschiedlichkeiten gab und sie u. a. aufgrund der vorherrschenden Bedingungen der DDR- Pädagogik bzw. Gesellschaft überhaupt zutage treten konnten, naturgemäß von Autor zu Autor verschieden sind und sicherlich noch ein großer entsprechender Diskussionsbedarf besteht. Zudem wurde ja bereits darauf hingewiesen, dass natürlich jede Gesellschaft bzw. Kultur sich aus verschiedenen Individuen mit verschiedenen Meinungen u. a. zusammensetzt[17]. Auf einige dieser unterschiedlichen bzw. von der „staatlichen Pädagogik“ abweichenden „marxistischen“ Standpunkte wird hier auch noch weiter-gehend hingewiesen werden. Der Hinweis auf diese Unterschiedlichkeit ist, wie auch bereits zuvor erörtert, ja auch keineswegs von geringer Bedeutung, weil eine undifferenzierte Betrachtung (bzw. „pauschale Nicht-Beachtung/ „Aburteilung““) eben vielen bzw. zumindest einigen (ggf.) erhaltenswerten/ diskussionswürdigen Meinungen, Ansätzen u. a. nicht gerecht werden würde. Selbst wenn man die DDR für eine totalitäre, menschenfeindliche Gesellschaftsform bzw. Diktatur hielt (ohne genauer zu untersuchen, ob dies wirklich, uneingeschränkt bzw. gleichermaßen für alle Zeiten ihres Bestehens, tatsächlich (total) der Fall war) und darauf hinweist, dass viele „abweichende“ Standpunkte unterdrückt bzw. zumindest (äußerst) behindert wurden, so muss man ja eben sehen bzw. anerkennen, dass es diese „Abweichungen“ in größerem Maße gab. Selbst 1933-45 gab es in Deutschland ja auch keine nur „faschistische“ Pädagogik sondern (wenn natürlich auch nur sehr begrenzt praktizierbar) abweichende Standpunkte, Meinungen, Ansätze. Auch solche von Deutschen im Exil nicht zu vergessen. Gleiches bzw. gleicher Bedarf entspr. (wenn auch nicht unkritischer) Würdigungen gilt natürlich auch für die Zeit der SBZ und DDR. Gerade wenn es um die Betrachtung „oppositioneller Kräfte“ geht. Und egal was man von „Marxisten“ bzw. „Kommunisten“ bzw. deren Weltanschauungen hält, so ist doch in der westdeutschen Rezeption oft eine Tendenz erkennbar, deren oppositionelle Leistungen nicht angemessen anzuerkennen. Dies gilt für die Zeit des Hitler- Faschismus, wo Kommunisten in Deutschland die (vgl. z.B. Weisen-born 1981) politisch am meisten verfolgte bzw. größte „oppositionelle“ Gruppierung waren (von den Kommunisten in der Sowjetunion u. a. ganz zu schweigen). Und auch für die Zeit der Staaten des „Realen Sozialismus“ wie der DDR, wo Kommunisten zumindest mit zu den am meisten von staatlicher Seite aus bekämpften Gruppen gehörten (vgl. Weber 1993).
Dies gilt es so hervorzuheben, da es ein bei Untersuchungen bislang eher nur marginal berücksichtigter Aspekt ist.[18] Das „über den Kamm scheren“ von Herrschenden in einer Diktatur und deren Opposition (bzw. Opfern) kann aber nicht legitim sein. Weder im gesellschaftlichen/politischen noch etwa im pädagogischen Bereich. Dies wird aber überwiegend getan, solange man (s. o.) undifferenziert untersucht und die großen Unterschiedlichkeiten, Widersprüche u. a. nicht zuletzt zwischen „marxistischen“ Vertretern zu wenig beachtet…
Dass einiges dafür spricht, dass auch die offizielle/staatliche DDR- Darstellung bis zuletzt ihren Staat als so „harmonisch“/widerspruchsfrei (s.o./im Folgenden) und als „die“ bestmögliche Version marxistischer Ideen anpries um eben Kritiker bzw. oppositionelle Kräfte, nicht zuletzt (system-) kritische „Marxisten“, sozusagen zu „isolieren“ bzw. „totzuschweigen“, sei an dieser Stelle nur kurz angedeutet. Dass das „Diskreditieren“ „system-kritischer“ Marxisten von besonderer Bedeutung war ist jedoch zu betonen, da diese der DDR-Führung ja ihre– für ihr Selbstverständnis und Legitimation ihrer Politik, Pädagogik u. a. sehr entscheidende „ideologische Begründung“ bzw. „Rechtfertigung“ sehr essentiell anzweifelten. Indem das Argument, die DDR vertrete das Erbe Marx, einer bestmöglichen Gesell-schaft etc., womit einige durchaus unpopuläre Maßnahmen (als „Mittel zum Zweck“/ durch den Zweck „geheiligte Mittel“) bzw. Missstände ge-rechtfertigt wurden (vgl. Klier 1990) vom eigenen Selbstverständnis her in Frage gestellt wurden. Natürlich wurden solche Kritiken, wie hier auch noch zu sehen sein wird, als „vom Klassenfeind entstellte Marx-Inter-pretationen“ oder „linksradikale Marx-Verzerrungen“ u. a. dargestellt. Dass es solche Verzerrungen u. a. gab soll hier nicht ausgeschlossen werden. Vor allem aber wird zu sehen sein, dass natürlich nicht jede „marxistische“ Kritik von „Marxismusfeindlichen“ Kräften gekommen war, und dass auch viele DDR-Bürger aufgeschlossen waren für „alternative“ Marxismus-Inter-pretationen. Und dass es, vor allem zu Beginn, durchaus auch um die Richtung (nicht nur „gegen“ diese in der – später immer weniger offen auftretbaren- Opposition), die die staatliche Pädagogik einschlug, sehr harte, wiederum nicht zuletzt „innermarxistische“, Auseinandersetzungen gab.
Hier bleibt nun aber also zunächst festzuhalten, dass selbst nach den bisher bekannten „Bekämpfungen“ von „Marxisten“ (vgl. Weber 1993 u. a.) die These, dass „die“ (pauschal/ undifferenziert betrachtete) marxistische Theorie bzw. Pädagogik mit dem Ende der DDR durch die Geschichte „ad acta gelegt“ sei mehr als fragwürdig ist. Zumal viele solche „Bekämpfungen“ noch immer nicht bekannt sind, ihre „Aufarbeitungs-Bemühungen“ vielmehr noch ganz am Anfang stehen (vgl. Weber a.a.O., S.18 ff) und es innerhalb der „marxistischen“/DDR- Pädagogik weitaus mehr Meinungskämpfe gab als gemeinhin bislang bekannt war. Dies wird noch genauer zu betrachten sein, auch da es eben in jeder Kultur / Gesell-schaft unterschiedliche, pluralistische Meinungen, Welt-Anschauungen (s. o.) und auch Interessen gibt. Dies spiegelt sich dann auch in „Meinungs-kämpfen“ wieder, von denen hier noch zu sprechen sein wird. Deren Missachtung wäre gewissermaßen auch eine Fortführung von „Kalten Krieg“- Betrachtungen. Wo jeweils das eigene „System“ sich als das bessere als das andere betrachtet. Aber was bedeutet denn „System“? Sowohl im „Westen“ wie „im Osten“ gab es doch sicherlich (s. auch unten) Kräfte, die z. B. (eher) „sozialistische“ und solche die „bürgerliche“ Pädagogik zum Ziel hatten, natürlich auch mit vielen „Zwischenstufen“.
Ebenso wie der marxistische Lehrer, der in der BRD wegen seiner Angehörigkeit zur KPD (Kommunistischen Partei Deutschlands) zumindest im „Öffentlichen Dienst“ Berufsverbot bekam (vgl. von Brünneck 1978) sich natürlich als Teil der BRD- Gesellschaft sehen würde, aber sich wohl dagegen wehren würde als Befürworter oder Unterstützer dieses „Systems“ zu gelten, trifft dies natürlich entsprechend auf „Oppositionelle“ in der DDR zu. Welche Meinungen, Interessen u .a. in der jeweiligen Gesellschaft „vor-herrschend“, politisch, ökonomisch u.a. an den Macht- „Schalt-zentralen“ sind ist also natürlich eine– sicher alles andere als unwichtige – andere Frage. Aber ebenso wie in der BRD gab es auch in der DDR verschiedene Interessen, Ansichten u. a. In der BRD, mit dem Anspruch eines „pluralistischen“Wissenschafts-Verständnisses, spricht man ja auch nicht von „der“ Pädagogik, „der“ Politik- sondern von unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen, von der Politik der SPD, der CDU,… Und in der DDR gab es durchaus größere „programmatische“ Unterschiede (auch wie z.B. die zwischen SPD und CDU), nicht zuletzt im pädagogischen Bereich (s. unten). Inwieweit diese Meinungsunterschiede bzw. Kontroversen (sicherlich zu vielen Zeiten weitaus schwieriger als etwa in der BRD, trotz aller diesbezüglichen Schwierigkeiten dort) „ausgetragen“ werden konnten bzw. behindert wurden bleibt natürlich ebenso, soweit hier möglich, zu beachten. Wobei aber eben auch kritischer reflektiert werden muss (s. o.), dass außer im „Osten“ auch nicht alles was im „Westen“ war, inkl. der Meinungsbildungsmöglichkeiten, unumstritten immer gänzlich besser bzw. „freier“ war (vgl. z.B. o. a. Berufsverbote für KPD- Mitglieder, die man unter diesem Aspekt zumindest weiter diskutieren müsste, aber auch noch viele weitere „Meinungsbeeinflussungen“, vgl. z.B. Bultmann/Schmithals (Hrsg.) 1994. Bis hin zu– auch, aber nicht nur- auch marxist. (- leninist.) Stand-punkten, die die BRD als „Staatsmonopolistischen Kapitalismus“ ansehen, (das) „bedeutet die vollständige Unterordnung des Staates unter die Herrschaft der Monopole, die Verschmelzung der Organe der Monopole mit denen des Staatsapparates und die Errichtung der wirtschaftlichen und politischen Macht der Monopole über die ganze Gesellschaft“(Dickhut 1977, Band I, S. 62 ff., zu großen Übereinstimmungen u. a. zu Bultmann/ Schmithals u. a. gesellschaftskritischen Standpunkten betr. mehr als sehr eingeschränkter „freien“ Wissenschaft vgl. ebd., Band III). Hier „freie“ („westliche“) Wissenschaft, dort „unfreie“, diktatorische („sozialistische“)- dies ist wohl doch zumindest etwas kritischer und differenzierter zu betrachten (obwohl es im Laufe der Entwicklung der DDR wohl zweifellos immer weniger, selbst „bürgerlich- demokratische“ Rechte gab, auch im Vergleich zur Bundesrepublik sicher (noch) weniger an u. a. Meinungs-freiheit). Dies ist nicht nur wichtig wenn es um die Frage der (besseren) „Objektivität“ bzw. der differenzierteren Betrachtung der DDR- Pädagogik geht (bzw. der Bewertung derselben (inkl. kritischen Selbstreflexion) aus Sicht der „westl. Wissenschaft“). Die Frage „freie“ oder „gelenkte“ Pädagogik war auch ein Kernpunkt der Auseinandersetzung von Pädagogen in der DDR um richtige „Weichenstellungen“ der DDR- Pädagogik und wird so hier weiter eine größere Rolle einnehmen müssen.
Dabei ist allerdings eine Betrachtung mit dem Verständnis wie „was im Namen freiheitlich demokratischer Grundordnung“ geschieht geht in eine richtige Richtung, was mit „marxistischer Terminologie“ bzw. „Selbstverständnis“ geschieht (bis hin etwa zur „Diktatur des Proletariats“, die auch differenzierter betrachtet werden muss als „per se“ lediglich nur Rechtfertigung einer menschenfeindlichen Diktatur gedacht) in eine falsche“ zumeist vorzufinden, letztlich aber nicht sonderlich hilfreich.
Weshalb hier nun eben dieses (unterschiedliche) „Selbstverständnis“ marxistischer Vertreter in einer Art Diskursanalyse genauer betrachtet werden soll. Denn es muss nochmals (s. o.) daran erinnert werden, dass man „die“ DDR-Pädagogik wirklich differenzierter betrachten muss und sie auch nicht pauschalisierend mit „der“ sozialistischen bzw. marxistischen Pädagogik gleichsetzen kann. Das wäre wirklich ein unangemessen „totalitäres“ Vorgehen und könnte (s. o.) nur dem dienen, der sozialist./ marxistische Pädagogik eben „pauschal“ verurteilt sehen möchte, ohne differenzierende Untersuchung -und somit eben z.B. die Erkenntnis ver-hindern würde, dass ja gerade auch unbestritten viele Sozialisten/ „Marxisten“ bzw. deren alternative Standpunkte in der DDR Opfer staatlicher Maßnahmen wurden. Das nicht zu beachten, die gesamte „marxistische“ bzw. DDR- Pädagogik „un-besehen“ aburteilen zu wollen würde dazu führen, was ja fast mit Deutschland nach 1945 passiert wäre- nämlich die vollkommene „Einäscherung“ bzw. „Zurückstufung“ auf agrar-staatlichen Status (etwa durch den „Morgenthau- Plan“). Dann, mit so einem „unbesehen unter den Teppich der Geschichte kehren“, hätte es aber nie bzw. kaum eine richtige Chance zum Wiederaufbau der Gesell-schaft gegeben, man könnte sich auch kaum darüber unterhalten, was Positives an u. a. Pädagogik aus dem Land der „Dichter und Denker“ (in Ost und West) gekommen war, auch kritisches selbst zu Zeiten des bar-barischen Faschismus. Sollte das erstrebenswert sein? Sollte Geschichte und Recht nur von denen, die die Macht haben, den (vermeintlichen?) „Siegern“ geschrieben werden, wie es schon im 19.Jahrhundert der schottische Dichter Thomas Carlyle hinterfragte? Im Sinn derjenigen, die jede Möglichkeit zur Verbesserung der gegenwärtigen, sicher auch nicht „perfekten“ (s. o.) gesellschaftlichen (und „pädagog.“) Situation, nicht zu-letzt in der Bundesrepublik, nutzen bzw. (möglichst vorurteilsfreier) kritisch prüfen wollen wäre dies sicher eben nicht (zumal die Geschichte bzw. Gegenwart „nicht-marxistischer“ Pädagogik ja auch nicht gerade durchwegs eine „Siegergeschichte“ darstellt- was hier aber nicht Thema ist- und wie zu sehen sein wird eben viele „alternative“, gerade auch pädagogische, marxistische Standpunkte noch gar nicht bekannt sind, also auch noch nicht weitergehend auf „Nützliches“ hin untersucht werden konnten.)
Und auch bei weniger guten Entwicklungen/ Fehlern in „der“ DDR- bzw. „marxistischen“ Pädagogik ist ja eine gründlichere Aufarbeitung von Ursachen hierfür auch nützlich, um daraus für die Zukunft zu lernen- auch für „Nicht- Marxisten“.
Und dass es nicht nur „einen“ sozialistischen bzw. „marxistischen“ Standpunkt bzw. „Interpretation“ von dem Werk von Karl Marx gibt ist ja wahrlich auch „im Westen“ nicht unbekannt. Dass hieran nun im Folgenden erinnert werden soll hat hier vor allem den Zweck –neben dem dieses eben wieder ins Gedächtnis zu rufen- vor allem die Dimension dieser Unterschiedlichkeit aufzuzeigen und in aller gegebenen Kürze zu zeigen, was diese Kontroversen für die „Marxismus“- Diskussion in der DDR- Pädagogik bedeuteten. Nämlich u. a., dass es zwangsläufig äußerst grundsätzliche diesbezügliche Kontroversen geben musste, nicht nur wegen „äußeren Einflüssen“ wie u. a. jene der Sowjetunion/ Sowjet-Pädagogik und zunehmende Involvierung in den „Kalten Krieg“ sondern vor allem auch, da viele essentielle Fragen hierzu (was denn „richtige“ marxist. Gedanken sind) noch weiterhin alles andere als geklärt waren, mit Kontroversen/ Konflikten, die aus der Spaltung des „marxistischen“/ „kommunistischen Lagers“ in mehrere widersprüchliche Richtungen her-rührten und auch in der unmittelbaren „Vorgeschichte“ der DDR – in den Jahren von 1918- 1945 in Deutschland- insgesamt eher noch weiter ver-tieft anstatt gelöst wurden. In Kürze muss auf Vergleichbares auch be-züglich der entsprechenden Kontroversen in der UdSSR hingewiesen werden, da diese (bzw. die „Sowjetpädagogik“ ) ja eben wohl unbestritten einen großen Einfluss auf die Entwicklung in der DDR ausübte (vgl. z.B. Lost 2000), aber eben auch alles andere als „einheitlich“ war, was wiederum auch zumeist viel zu wenig beachtet wird.
Abschließend soll in diesem Themenbereich noch darauf eingegangen werden, dass auch weitaus mehr beachtet werden muss, dass die „Marxisten“ in der DDR zu Beginn ja alles andere als in der Mehrheit waren und deshalb auch Kompromisse mit Nicht- Marxisten eingehen mussten, also schon alleine deshalb nicht die DDR- Pädagogik nur als „immer rein marxistisch“ angesehen werden kann (dass dazu zunehmend auch „Kompromisse“ auf nicht gerade begrüßenswerte Weise erreicht wur-den darf natürlich auch nicht vergessen werden, dass das aber nicht im Sinn aller „Marxisten“ war –viele davon waren ja selbst Opfer- liegt auf der Hand, und dass einige der (eigentlich aus ihrem Verständnis heraus „Gutes“ beabsichtigende) „Täter“ zumindest später auch Fehler einsahen sollte ja auch nicht ganz unberücksichtigt bleiben). Da auch in der DDR schon einige Jahre nach ihrer Gründung oft betont wurde, dass man sich „im fortgeschrittenen Grad des Sozialismus“ befinde oder gar dort (bzw. in der Sowjetunion) eine kommunistische Gesellschaft entstanden sein sollte– wofür Marx und Lenin (s. unten) einen notwendigen Zeitraum von sehr vielen Jahrzehnten bzw. sogar Jahrhunderten als erforderlich ansahen- muss auch in betracht gezogen werden, dass die „monolithische Block“– Darstellung auch jenen Interessen dienen könnte, die gerne Widersprüche oder auch verbliebene Standes- bzw. sogar Klasseninteressen in der DDR „übertünchen“ würden. Dadurch, dass eine harmonische Gesellschaft dargestellt wurde, die es gerade aus originärer marxistischer Sicht auch in einer sozialistischen Gesellschaft gar nicht geben konnte. Denn der Sozialismus war nach Marx ja (nur) eine Übergangsstufe zur klassenlosen (kommunistischen) Gesellschaft, die aber selbst noch eine Klassengesellschaft war- in der eine (Arbeiter-) Klasse mit anderen „Werktätigen“ zusammen durchaus gegen andere („bürgerliche“) Klassen-interessen– bzw. deren Vertreter/ Ansichten- weiter kämpfen muss (s. unten). Das bzw. das Verständnis der „Diktatur des Proletariats“ von Marx (in einem sicherlich anderen Verständnis als jenes der Herren Honecker und „Konsorten“) muss so auch in Kürze erörtert werden, zumal es auch einen zentralen Kern der „innermarxistischen“ Kontroversen bildet.
2.2.Grundsätzliche Schwierigkeiten/ zu Bedenkendes beim Umgang mit dem (pädagogischen) „Marxschen Erbe“ - und dessen „Interpretationsmöglichkeit“
Wie bereits erwähnt gibt es wohl auf kaum einem anderen Gebiet so viel fast unzählige umfangreiche Literatur, so viele kontroverse Meinungen u. a. wie betreffend des (bekanntlich selbst schon äußerst komplexen) Werkes von Karl Marx und seinem „Weggefährten“ Friedrich Engels; dessen mehr oder weniger zutreffenden Interpretation/ Kritisierung, Ideen zu dessen möglicher Weiterentwicklung bzw. Widerlegung …(dazu und ggfs. auch zur Einführung in dieses Werk inkl. „pädagogischen Bezügen“ darin s. etwa Schmied-Kowarzik, vor allem Band 1 und 2 und dort genannte weitere Literaturhinweise). Trotz inzwischen auch schon fast unzähligen Aus-arbeitungen/ Untersuchungen dazu, wie (nicht nur) während des „Kalten Krieges“ Marxsche Ideen aus dem Zusammenhang gerissen/ entstellt, verfälscht u. a. wurden (vgl. z.B. Kühnl und Helmchen) werden diese nur vermeintlichen Marx- Ideen immer wieder als „echte“ dargestellt und somit der „Marxismus“ auf dieser –falschen- Grundlage von vornherein als „obsolet“ , „überholt“ u. dergl. dargestellt. Obwohl es wohl inzwischen zu-mindest mehrere hundert Bücher gibt, die Belege dafür liefern, dass es wahrlich andere Vorstellungen über den „realen Sozialismus“ wie den in der DDR gibt bzw. dort Ideen von Marx oder auch z.B. dem sehr be-deutenden „Sowjetpädagogen“ Makarenko zumindest teilw. „entstellt“ wiedergegeben worden sind (s. auch unten) wird überwiegend immer noch mit dem Ende der DDR das Ende aller „sozialistischen Ideen“ verbunden.
Dies auch in der Pädagogik, so. z.B. im Beitrag Prof. Jürgen Oelkers in der Zeitschrift für Pädagogik (37) 1991, der das Ende der DDR (–Pädagogik) zum Anlass nahm,die DDR-Pädagogik zum Beweis zu nehmen, dass die marxistische Pädagogik generell utopisch ist (und gleich noch nachweisen wollte, dass die Ideen von Marx in der Struktur denen der utopischen Sozialisten etwa des 19. Jahrhunderts gleich sind, die die (sozialistisch ge-wordene) Welt quasi als Paradies und die Erziehung als lediglich schöne Kunst allmächtiger Erzieher „ausmalen“(s. entspr. Literaturhinweise a. a. O., S.431 ff.). Dieser Beitrag stieß auf heftigste Gegenreaktionen, u. a. die einleitend genannten (z.B. von Gruschka, der ausdrücklich auf Oelkers Bezug nahm). Wenn man auch nicht mit den sonstigen Standpunkten oder eigenen Bewertungen /Schlussfolgerungen (aus) der „Lehre von Marx“ vieler Autoren übereinstimmen muss, so z.B. etwa von Kühnl (meines Wissens Anhänger bzw. Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei, DKP, die bis 1989 gelinde gesagt ja „Anhänger“ bzw. „Schwester-Partei“ und Befürworter der SED war) oder etwa der des bekennenden Christen B. Tollkötter, der (1990) eindringlich auf den äußerst humanistischen Wert der „Lehre“ des „originären“ (i. S. von „unverfälschten“) Marx hinweist, so muss man doch auch deren Argumentationen, Belege u. a. zumindest etwas offener beachten bzw. prüfen. Bzw. würdigen, dass sie bemüht sind die Lehre Marx daraufhin zu untersuchen, wo diese tatsächlich, je nach Ergebnis bzw. Standpunkt generell oder zumindest noch partiell, auch heute noch ihre Berechtigung hat. Dem Verfasser ist natürlich nicht daran gelegen, die wiederum unzähligen Bücher der (gänzlichen oder partiellen) Kritik am Werk von Marx hier als gegenstandslos bezeichnen zu wollen. Das ginge ohne ausführliche Auseinandersetzung mit zumindest einigen hiervon ja gar nicht und wäre ja selbst für Befürworter marxistischer Ideen auch nicht gewinnbringend. Und natürlich soll keine Rechtfertigung von Marxschen Ideen unkritisch akzeptiert bzw. „hingenommen“ werden. Im Gegenteil. Der Appell hier ist ja gerade, dass alles kritisch und differenziert betrachtet werden sollte. Dabei aber eben „nur“ gleicher Maßstab der Prüfung an jeweilige Befürworter und Gegner gelegt werden und soweit möglich nach „Gewinnbringendem“ in jedem Ansatz gesucht werden soll.
Dass sich dies wohl nicht sonderlich „im Gleichgewicht“ befindet sei hier aber schon kritisch angemerkt, nach der „Abwicklungsflut“ marxistischer Ideen in den neuen Bundesländern -und in der Folge auch in den alten, vgl. etwa die studentischen u. a. Proteste gegen die Kürzung für Mittel für „kritische Wissenschaften“ (auch z. B. am Fachbereich Psychologie/ Erziehungswissenschaften der FU Berlin, in den vergangenen Semestern, unterstützt auch durch diverse Professoren/Dozenten dort wie z.B. Herr Altvater, Heinrich, Narr). Dies verdeutlicht auch, dass es bei dem Appell zu mehr „Differenziertheit“ eben nicht „nur“ um eine solche (bzw. mehr „Fairness“) gegenüber „marxistischen“ Ideen (bzw. den Erfahrungen u. a. von Millionen von Deutschen, ehem. DDR-Bürgern) geht sondern um den Umgang mit oppositionellen Gedanken generell. So wie z.B. an der FU Berlin außer marxistischen auch gleich noch div. anderen „Kritischen Wissenschaftlern“ Mittel gekürzt wurden. Und auch jeder, auch nicht-marxistischen, kritischen Stimme gerade im Westen Berlins ist wohl das frühere „Geh doch in den Osten, wenn es dir nicht passt/wenn du das da besser findest“ bekannt. Da konnte man so oft sagen wie man wollte, dass der Sozialismus bzw. der in der DDR-Version alles andere als das ist was man will, es wurde einem dieses „Mundtot-“ Argument dagegengehalten.
Soll heute nach dem Ende der DDR nun ebenso als „Allheilmittel“ gegen Kritik an den Zuständen hierzulande nun das „Sozialismus ist passe, Kapitalismus ist die einzige Alternative“ gesetzt werden? Das sollten eben auch nicht nur „Marxisten“ nicht zulassen. Also sollte auch nicht nur bei Befürwortern „Parteilichkeit“ oder bestimmte Interessen/ Welt-Anschauungen hinterfragt werden. Dass kein Mensch gänzlich objektiv und von seiner subjektiven Wertung unabhängig betrachten kann wurde ja bereits erwähnt. Und von bestimmten Interessen unabhängig sicher auch kaum. Dies ist ja wahrlich auch nicht nur ein marxistischer Stand-punkt (vgl. auch weitere Beiträge zum „weltanschaulichen Hintergrund“ vieler, auch „alltäglicher“, Begriffe, Ansätze u. a. in der Erziehungs-wissenschaft im „Kritisches Lexikon der Erziehungs-Wissenschaft und Bildungspolitik“, Hamburg 1975. Zur „Kritischen Erziehungswissenschaft“, ihren Aussagen zur „weltanschaulichen Rechtfertigung“ von Theorien, Standpunkten und Abhängigkeit dieser bzw. des gesamten Erziehungs-systems von den herrschenden Gesellschaftsstrukturen und auch ihren (teilw.) anderen als „marxistischen“ Schlussfolgerungen vergleiche z.B. (das auch in Einführungs-Veranstaltungen ins Studium der Erziehungs- Wissenschaften z.B. an der FU Berlin empfohlene) Herbert Gudjons, „Pädagogisches Grundwissen“, 1995, S.39 ff., wo die Kritische Erziehungs-Wissenschaft immerhin als eine der großen bedeutsamen Richtungen der Erziehungswissenschaft (kritisch) gewürdigt wird. Zur Notwendigkeit auch für „konstruktivistische“ bzw. systemtheoretische Ansätze, handlungstheoretische Aspekte bzw. Interessen, Motive etc. von Menschen gerade im psychosozialen/ pädagogischen Bereich stärker zu berücksichtigen vgl. beispielsweise Heiner 1995 und Ciompi 1982).
Und sicherlich soll auch nicht der in der „vorherrschenden“ / offiziellen DDR- Wissenschaft bekanntlich immer mehr wenig selbstkritischen Haltung nach dem Motto „jeder Kritiker ist ein Reaktionärer, Feind des Sozialismus“ (s. unten) gefolgt werden. Da hier wie beschrieben aber der Schwerpunkt auf die weitaus seltenere Würdigung von weiterhin zumindest diskussionswürdigen Ideen von Marx bzw. sich auf ihn berufender Ansätze, hier vor allem in der DDR- Pädagogik, liegt, weise ich eben öfters auf diesbezügliche („positive“) Aspekte der verschiedenen entspr. Ansätze hin. Das soll keineswegs weiteren kritischen Aus-einandersetzungen hiermit entgegenstehen, im Gegenteil. Sondern gerade hierzu aufrufen. Aber an dem äußerst großen Grad der Betonung von negativen, „Nichtsbringenden“, schädlichen etc. Momente der marxistischen bzw. DDR-Pädagogik gemessen mag es wohl gerechtfertigt und notwendig sein, diese doch deutliche „Unausgeglichenheit“ hier wiederholt reflektiert zu haben und nun hier wieder mehr an die anderen (potentiell weiterbringenden)Aspekte zu erinnern. Und es gibt ja auch nicht nur noch „Exoten“ bzw. „Utopisten“, die Marx nicht als „obsolet“ be-trachten. Und auch nicht „nur“ solche, die dies aus genannten Gründen der „Fairness“ bzw. im Interesse aller kritischen Kräfte (s. o.) tun, die auch dazu aufrufen, sich wenn schon dann möglichst mit (zumindest nicht ab-sichtlich) „aus dem Zusammenhang gerissenen“ Marxschen Gedanken auseinanderzusetzen sondern möglichst mit „unentstellten“ (vgl. hierzu z.B. Beutel, Kühnl, Schmied-Kowarzik, Tollkötter). Gerade nach dem „11. September“ sollte nicht vergessen werden, dass nicht alle, die grund-sätzlich andere politische Ansichten haben, Terroristen sind, dass man ja z. B. zwischen islamischen Radikalisten und der Mehrzahl friedliebender gläubiger Moslems natürlich unterscheiden muss. Und ebenso wie z. B. vieles was im Namen auch z.B. der katholischen Kirche geschah (Kreuz-züge, ihre Rolle 1933-45 etc.) nichts mit den Wünschen der absoluten Mehrzahl der Christen zu tun haben dürfte, so muss man derlei Differen-zierungen ja auch auf Marxisten bzw. die „Lehren“ von Marx selbst an-wenden. Außer den genannten Vertretern tut dies beispielsweise auch (der sicherlich Nicht- Marxist) Hermann Korte, der in seiner –u.a. an der Alice-Salomon Fachhochschule für Sozialarbeit/ Sozialpädagogik Berlin ver-wendeten- Einführung in die Geschichte der Soziologie (1998) erörtert, „Warum es auch am Ende des 20. Jahrhunderts noch nützlich ist, sich mit Karl Marx (die „Kolossalfigur des 19. Jahrhunderts“) zu beschäftigen“ (ebd., S. 43 ff.). Auch Schmied- Kowarzik(1988/1983) betont Verdienste von Marx bzw. „Marxisten“, speziell auf pädagogischem Gebiet. Ebenso wie entspr. mögliche Kritikpunkte, auch von „Marxisten“ an „Marxisten“ , nicht zuletzt solchen im/ am (angeblich) „realen“ Sozialismus. Immerhin wurden seine Ausarbeitungen vorab auch von der Fernuniversität Hagen einem großen Kreis von Studenten und Wissenschaftlern zugänglich ge-macht und von diesen wohl weitgehend diskutiert. Auch ich werde mich hierauf ausführlicher beziehen. Zumal dort die gewaltige Breite der unterschiedlichsten „marxistischen Strömungen“ gerade auch im „pädagog. Bereich“ und deren polit. u. a. Hintergründe recht gut nachvollziehbar und in wohl seltener Art und Weise relativ differenziert dargestellt werden. Natürlich weder dort noch hier in gänzlicher Breite, das wäre unmöglich. Selbst die wichtigsten Auseinandersetzungen über als wichtigste geltende Punkte (wobei deren Auswahl natürlich auch nicht unumstritten ist) füllt wieder zahllose Bände. Aufbauend auf (u. a.) Schmied- Kowarzik werde ich einige Aspekte hier herausgreifen um einige hauptsächliche Kontroversen, die auch die Grundlage für das Verständnis der Darstellung der konkreten unterschiedlichen Standpunkte in der DDR- Pädagogik (s.unten) sind, kurz zu umreißen. Ohne darauf tiefergehend ein-gehen zu können, was alles für richtig empfunden wird, was als falsch,…
Ohne zudem ausführlicher darauf eingehen zu können, wer sich als Marxist bezeichnet dies wirklich „zu recht“ tut oder nicht – oder vielleicht nur diesen Namen nutzt um bestimmte Interessen, oft alles andere als wirklich im „Marxschen“ Sinn, zu vertreten. Davon wird auch noch die Rede sein.
Vorab erwähnt werden muss auch noch, dass das Werk von Karl Marx (/ Friedrich Engels, sein bedeutender „Mitstreiter“, der hier aus Platzgründen allerdings jew. nicht weiter benannt wird) selbst nicht unwesentlich dazu beiträgt, Interpretationen gerade auf pädagogischem Gebiet „großen Raum“ zu lassen. So gibt es dort einerseits relativ wenig explizit hierzu (zu Bildung und Erziehung) „eindeutig“ ausgeführtes, andererseits kann man das Ganze, ja überaus komplexe, Werk als „pädagogisch“ verstehen (vgl. u. a. Tollkötter, Schmied-Kowarzik). Das (und die diesbezügl. stets vorhandene Verbindung zu „allgemeinen“ gesellschaftl. bzw. politischen Fragen) kennzeichnet z.B. Schmied-Kowarzik (ebd., Bd.2, S.52) mit „Marx entwickelt zwar keine pädagogische Bildungstheorie, wohl aber benennt er die Konturen einer solchen, die seiner kritischen Gesellschaftstheorie korrespondiert“. Außerdem muss natürlich tatsächlich heute, fast zwei Jahrhunderte nach Marx Leben, sein Werk auf seine „Aktualität“ überprüft werden, was wiederum Spielraum für (sehr unterschiedliche) Interpretationen gibt. Außerdem ging in den Zeiten nach 1918 durch Faschismus, Weltkrieg und nicht zuletzt Verbrechen im Namen des Sozialismus (bzw. auch „National“-Sozialismus) vieles buchstäblich kaputt, wurde das Erbe auch von Marx und Marxisten teilw. sogar öffentlich verbrannt bzw. durch nach wahrlich kaum als im Sinne von Marx (vgl. Schmied-Kowarzik, Bd.3 und 4) zu bezeichnende „realsozialistische Taten “freiwillig“ vernichtet oder verzerrt. Und viele Schriften waren schon zuvor bzw. bis heute sowieso (noch) nicht zugänglich bzw. teilw. nicht einfach verständlich. Zudem wurde Marx ja schon zu Lebzeiten von u. a. bürgerlichen, kaiserlichen u. a. Seiten auf das Schärfste bekämpft und es gab eben auch viele konträre, sich ebenso als „sozialistisch“ bezeichnende Standpunkte. Bereits Marx selbst setzte sich kritisch mit verschiedenen anderen „sozialistischen“ Richtungen auseinander, später auch „marxistischen“. Einige Eckpunkte dieser Auseinandersetzung sollen hier in Erinnerung gerufen werden, gleichsam eben wie Richtungskämpfe „marxistischer Bewegungen“ nach Marx Tod bis zur Gründung der DDR und später in dieser selbst, jeweils mit Schwerpunkt bzw. Bezug zu „pädagogischen Fragen“.
3. Richtungskämpfe ohne Ende…zu marxistischen Kontroversen bis zur Gründung der DDR/“Sowjetischen Besatzungszone“
3.1.“Marxistische“/Sozialistische Richtungskämpfe in Deutschland vor 1945
3.1.1. Ein exemplarischer Überblick zu wichtigen geschichtlichen Geschehnissen
Die vorliegende Untersuchung ist eine mit dem Schwerpunkt zu vorrangig pädagogischen Aspekten. Gerade bei marxistischen Ansätzen ist dies aber (s. o.) nicht von „politischen“ Hintergründen und Zusammenhängen zu trennen (vgl. hierzu auch z. B. (generell) Schmied-Kowarzik, Tollkötter (vor allem S. 72-135 und weiter unten hierzu Ausgeführtes). Im gesamten Werk von K.Marx (und seines „Weggefährten“ Friedrich Engels) spielen immer wieder Erziehung und Bildung (von Marx zumeist „synonym“ verwandt, vgl. Tollkötter a. a. O.) eine besondere Rolle in dem Sinn, dass sie zumeist nicht explizit erwähnt werden, sondern aufs engste mit essentiellen grund-legenden (politischen, ökonomischen u. a.) Ansichten von Marx verwoben sind (vgl. Tollkötter a. a. O.). Dies wird auch an einigen der (relativ) wenigen „direkten“ /expliziten Nennungen der Erziehungs-/ Bildungs-thematik deutlich. Bereits in einem der grundsätzlichsten „marxistischen“ bzw. kommunistischen Programme, dem „Manifest der Kommunistischen Partei“, einem der am meistverbreittesten Schriften der Menschheits-geschichte, heißt es so zum Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und „pädagogischen“ Fragen (bzw. zum „gesellschaftlichen“ (bzw. Klassen-, s. unten) Charakter der Erziehung, gerichtet an jede (im konkreten Fall an dieser Stelle „beispielhaft“ an die „bürgerlich-kapitalistische“) Gesellschaft: „Und ist nicht auch eure Erziehung durch die Gesellschaft bestimmt? Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, in derer ihr erzieht, durch die direktere oder indirekte Einmischung der Gesellschaft, vermittelst der Schule usw.“ (MEW 4, S.478). Und die pädagogischen Entwicklungen in Deutschland, nicht zuletzt in der DDR, waren sicher auch alles andere als von politischen Begleiterscheinungen bzw. Ausgangsbedingungen unabhängig bzw. unbeeinflusst- so etwa von „Nachwirkungen“ bzw. Folgen des 2. Weltkrieges und dem „Kalten Krieg“, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Zum Verständnis und zur besseren Einordnung „pädagogischer“ Diskurse, die zumeist mit politischen/historischen Entwicklungen verflochten sind ist deshalb eine (gemessen an der Fülle hierbei möglicher bzw. notwendiger zu behandelnder Fragen) kurze Darstellung zumindest ausgewählter entspr. Zusammenhänge unabdingbar. Wenn jede Darstellung von Geschichte (s. o.) von einem subjektiven Beobachterstandpunkt aus beschrieben wird und die Darstellung bestimmter historischer Ereignisse gerade zu einem großen Streitpunkt in „marxistischen“ Kontroversen (inkl. umfangreichster, auch literarischer, Streitigkeiten) wurde- was bei vielem hier angesprochenen der Fall ist- so ist es nun hier natürlich schwer, dies in gegebener Kürze einigermaßen sinnvoll in Erinnerung zu rufen. Gleich-
sam jedoch eben unerlässlich. Es kann hier aber natürlich nicht auf jedes Detail bzw. jede Meinung, jedes Argument dazu eingegangen werden. Als mehr oder weniger zufrieden stellender Kompromiss wird hier versucht eben auf Kernpunkte der Auseinandersetzung, die wohl noch als relativ unumstritten gelten können, in ihrer Bedeutung hinzuweisen. Ausführ-licheres bzw. verschiedene weitergehende Interpretationen müssen dann weitergehender Literatur der jew. Standpunkte überlassen werden (etwas ausführlichere Darstellung mehrerer hier genannter Punkte und weiter-gehende Literaturhinweise vgl. z. B. bei Schmied-Kowarzik).
Wie beschrieben muss man bei der Darstellung eine Auswahl treffen. Es soll hier auch nicht darum gehen, diesen oder jenen Standpunkt zu einem Geschehnis zu bewerten. Sondern darum, die sehr große Breite und oft essentielle Dimension der Auseinandersetzungen anzudeuten, die sich in Verbindung mit zahlreichen Geschehnissen widerspiegelte. Bzw. die durch zahlreiche „Geschehnisse“ ausgelösten sehr tiefgehenden Auseinander-setzungen und auch, teilw. exentiellste, Streitigkeiten von verschiedensten Richtungen/Vertretern (nicht nur „marxistischen“) über sehr viele als „Eckdaten“ bzw. „richtungweisende“ bzw. „einschneidende“ Geschehnisse angesehene Entwicklungen bzw. Ereignisse. Neben diversen Parteitagen/ pädagogischen Kongressen, Gesetzgebungen u. a. ab 1945/49 (Gründung der SBZ/DDR) auch viele solche vor diesen Gründungen (bzw. im Zusammenhang damit stehender Ereignisse). Diese oft kaum gelösten Konflikte können sozusagen als schwere „Hypothek“ (bzw. Erblast un-gelöster bzw. belastender Kontroversen) für die neugegründete DDR (und deren Pädagogik) angesehen werden.
Exemplarisch sei hiervon nur Einiges angedeutet, das aber wohl ausreichend ist um o. g. Einschätzung essentiellster bzw. „existenziellster“ Kontroversen (bzw. zumindest enormes Konfliktpotential) zu belegen:
Rollt man das (geschichtliche) Feld sozusagen, von Beginn der SBZ/DDR aus gesehen, von hinten auf, so lässt sich sagen, dass bereits sicherlich die SED-Gründung, die wohl ziemlich unbestritten eine natürlich überaus wichtige, richtungweisende Bedeutung für die Entwicklung der DDR hatte (die oft als „SED-Staat“ bezeichnet wurde[19] ) bekannter weiseeine höchst problembeladene Angelegenheit war. Selbst wer diese nicht, in hierzulande überwiegender Art und Weise, als eine (von außen, durch Druck bis Zwang „angeordnete“) „Zwangsvereinigung“ betrachtet, wird doch zumindest nicht bestreiten können, dass vieles dabei nicht gerade glücklich lief. Selbst viele ehemalige „KPD-ler“, die von der Richtigkeit dieser Vereinigung grund-sätzlich überzeugt waren bzw. sind und sie als „freiwilligen“, gewollten Prozess beider Seiten (KPD und SPD) ansehen räumen diverse Ver-säumnisse ein. Unter anderem, dass tatsächlich viele Mitglieder der SPD (aber auch der KPD) zumindest nicht gerade sonderlich freiwillig zu-stimmten bzw. begeistert waren von dieser Vereinigung, zumindest nicht auf so schnelle Art und Weise. Zu tief saßen noch Vorbehalte/ Vorurteile u. a. gegenüber der anderen Seite (s. unten). Zudem gibt es auch Stimmen, die sagen, dass auch wenn sehr viele in der KPD/SPD von der schnellen Vereinigung begeistert waren bzw. diese als notwendig ansahen (um „mit vereinten Kräften“ das zerstörte Land schnell wieder aufzubauen, faschistische Überreste zu beseitigen,…) die vorhandenen Widersprüche wohl doch hätten länger und gründlicher ausdiskutiert werden sollen, an-statt diese ungeklärt weiter „mitzuschleppen“ (ein wohl tatsächlich wichtiger Gedanke, s. unten) und damit eben statt diese lösen zu können eher noch zu verstärken.
Dabei ist ja sicher nicht verwunderlich, dass es diese „Vorbehalte“ bzw. andererseits auch „Vereinigungseuphorie“ gab. Letzteres u. a. deshalb, weil tatsächlich die nicht zustande gekommene „Einheitsfront“ der Arbeiterbewegung, vor allem zwischen SPD und KPD, einen großen Teil dazu beitrug, dass die Verhöhnung wesentlicher sozialistischer Theorie-inhalte (wie etwa Völkerfreundschaft, Gleichheit,…), des „National-sozialismus“ mit so verheerenden Folgen, nicht zuletzt für die Arbeiter-bewegung und deren Funktionäre (s. o.) Terror und Schrecken verbreiten konnte, Millionen Menschen im Weltkrieg umkamen. Hatte noch der erste (und bislang einzige) Generalstreik in der deutschen Geschichte, der gegen den „Kapp-Putsch“ (die erste von ultrarechter Seite geplante Macht-ergreifung in der Weimarer Republik 1920), gezeigt wozu die vereinte Arbeiterbewegung in der Lage war, so war die Enttäuschung später umso größer, dass die „Einheitsfront“ gegen den Hitler-Faschismus nicht zu-stande kam. Tragischerweise kam diese erst im Exil und in den Konzentrationslagern zustande, wo u. a. KPD- und SPD-Mitglieder durch-aus auch erfolgreich und sehr umfangreich organisierten gemeinsamen Widerstand leisteten (vgl. zu diesem ganzen Thema, auch Vorbehalten untereinander und Hoffnungen auf gemeinsame, einheitliche Politik– durchaus auch eben in einer „Sozialistischen Einheitspartei“ wie der SED- nach Kriegsende z.B. Langbein, Hermann : „…nicht wie die Schafe zur Schlachtbank. Widerstand in den nationalsozialistischen Konzentrations-lagern“, Frankfurt/ M. 1985 und Detlev Peukert „Ruhrarbeiter gegen den Faschismus“, Frankfurt/ M. 1976). U. a. Peukert beschreibt, dass das oft vorherrschende Bild, dass die KPD nur ihre eigenen („bolschewistischen“/ revolutionären) Interessen durchsetzen wollte (was die Faschisten dann ja z. B. beim Reichstagsbrandprozess sogar noch als „Rechtfertigung“ für die Verfolgung Oppositioneller nutzen wollten) auch zumindest relativiert wer-den muss. Peukert beschreibt anhand zahlreicher Dokumente bzw. Be-schlüsse der KPD bzw. internationaler kommunistischer Bündnisse gegen Hitler (vgl. a.a.O., u.a. S.52ff. und 174ff.), dass die KPD durchaus intensiv an einer antifaschistischen „Einheitsfront“ arbeitete. Durchaus auch mit dem Ziel einer angestrebten antifaschistisch- demokratischen Republik („nach Hitler“). Wilhelm Pieck betonte so z.B. auf der „Berner Konferenz“ der KPD (vom 31.1.1939) „…dass die demokratische Republik nach dem Sturz Hitlers nicht auf einer „Weimarer Koalition“ mit der Großbourgeoisie sondern auf dem Bündnis der geeinten Arbeiterklasse mit den Bauern, den Handwerkern und Gewerbetreibenden sowie den anderen werktätigen Mittelschichten ruhen sollte“ (zitiert in Peukert a.a.O., S.203f.). Dies rief (vgl. Peukert a.a.O.) unter sozialdemokratischen Gruppen durchaus auch sehr positive Resonanz hervor. So schrieb z.B. die Dortmunder SPD-Gruppe im Februar 1939 (also noch vor (Welt-) Kriegbeginn) auf das „Einheitsfrontangebot“ der „Berner Konferenz“: „Wir sind für die Einheit und handeln danach! Wir, sozialdemokratische Berg- und Metallarbeiter in einer Stadt des Ruhrgebietes haben schon seit langem den Wunsch und den Willen zur Einigung der Arbeiterklasse gehabt. Bei uns bestehen weder Bedenken noch Hemmungen, mit den Kommunisten und den anderen Klassenbewussten Arbeitern die Einheitspartei der deutschen Arbeiterklasse zu verwirklichen. Diese Erkenntnis ist nicht erst von heute. Sie ist nach dem Machtantritt Hitlers bei vielen unserer Freunde ent-standen. In vielen Beispielen in Vergangenheit und Gegenwart haben wir bewiesen, dass es zwischen uns nichts Trennendes mehr gibt. Wir haben in den Jahren 1933 und 1934 kommunistische Flugblätter gelesen und sie weiterverbreitet, weil wir mit ihnen einverstanden waren. Wir stimmten überein nach der Annexion Österreichs und den damaligen Wahlen und in den Septembertagen. Wir arbeiten gemeinsam gegen Leistungssteigerung, Rationalisierung und den Fassadensozialismus der Braunen. Wir haben gemeinsam im KZ und Gefängnis gesessen und unsere Frauen haben untereinander Solidarität und Kameradschaft hergestellt und erhalten…
Wir verstehen nicht, dass es in der Emigration noch nicht zu einer Einigung gekommen ist. Warum kommen unsere führenden Genossen nicht zu der Einsicht, dass nur die Einheit der Arbeiter verschiedener Richtungen die Kraft schafft, die den braunen Faschismus stürzen kann? Weshalb von unseren sozialdemokratischen Freunden im Ausland die Einheitsfrontangebote der KPD abgelehnt wurden, ist für uns un-verständlich. Wir haben weder Bedenken noch ein Misstrauen zu den Kommunisten. Ihr Kampfziel: Eine demokratische Republik ist auch unser Ziel. Etwas anderes kann es jetzt gar nicht geben….Wir wollen eine Republik, in der eine in einer Partei geeinte Arbeiterklasse im Bunde mit den werktätigen Bauern und Mittelschichten die Interessen des Volkes vertritt, ohne jede Konzession an faschistische, kapitalistische und großagrarische Elemente. Wir wollen die Möglichkeit, für den Sozialismus kämpfen zu können. Um dahin zu kommen, ist es notwendig, unter Ver-hinderung eines Krieges Hitler zu stürzen. Das ist unser heißer Wunsch. Danach handeln wir. Der Name der Einheitspartei ist nicht entscheidend; er muss zum Ausdruck bringen, dass Sozialdemokraten und Kommunisten, bereit den Hitlerfaschismus zu stürzen und eine neue demokratische Republik ohne die Schwäche von Weimar aufzurichten, sich zusammengeschlossen haben zu einer Partei. Sie gibt die Gewähr eines endgültigen Sieges“(aus der (sozialdemokratischen) Zeitung „Freiheit“, Februar 1939, zitiert bei Peukert a. a. O., S. 204 f.) Diese etwas ausführlichere Zitierung hat ihren Grund darin, dass dort einige hier sehr wesentlichen Punkte angesprochen werden. Zumal Peukert (a. a. O. ) beschreibt, dass solche Meinungen durchaus keine Ausnahme dar-stellten[20]. Peukert beschreibt auch, dass die KPD in der Folge durchaus fördernde Kraft zum Zustandekommen der Einheitsfront war und die oft vertretene Ansicht, dass vor allem die KPD dieses verhinderte so un-differenziert nicht haltbar ist, und dass (auch) die SPD-Mitglieder über-wiegend mit zunehmendem Kriegsverlauf immer stärker die Einheits-Front wünschten und die Kritik der SPD-Mitglieder an ihrer Führung (s. o.) nicht alles hierfür getan zu haben zumindest auch zu großen Teilen ihre Be-rechtigung hatte. Gerade diesen Unterschied zwischen SPD- „Führung“ und SPD-Mitgliedern lange nicht gegenüber ihren eigenen Mitgliedern klargestellt zu haben (bzw. selber gänzlich zu beachten), was dann in der „Sozialfaschismustheorie“ gipfelte, muss man aber durchaus als äußerst schweren Fehlgriff auch der KPD-Führung bezeichnen, was diese eben auch u.a. in der „Berner Konferenz“ zugestand.[21] Dies genauer in Erinnerung zu rufen ist auch wichtig, weil es zeigt, wie tiefgehend die „Richtungskämpfe“ zuvor gewesen waren (was auch zur Folge hat, dass wiederum weiterhin hinterfragt werden muss, ob nicht zu viele „un-geklärte“ Kontroversen bzw. Widersprüche dieser Richtungskämpfe nicht etwas zu sehr „übertüncht“ wurden durch die gemeinsamen Interessen z.B. der SPD-und KPD- Mitglieder (wie etwa in o. a. Brief der SPD-Gruppe angeführt). Denn sicherlich gab es vielerlei dieser gemeinsamen Interessen (an der „Basis“, unter den Mitgliedern bzw. Sympathisanten der Parteien), dass die Programmatik der SPD und KPD- Führung aber sehr weit-reichende Unterschiede aufwies, auch noch vor der „SED-„ Vereinigung, die zu diesem Zeitpunkt kaum als (ausreichend) „ausdiskutiert“ zu be-zeichnen waren wird noch zu sehen sein.
[...]
[1] Vgl. Marx Engels Werke (MEW), Band 21, S.617 (vgl. auch hier, im Nachfolgenden)
[2] (ebd., München1996, S.151 ff)
[3] ( Weinheim 1987)
[4] (38) 1992 (s. dort, S.579 ff)
[5] (in Hoffmann/ Neumann (Hrsg.), Bd.2/1995, S. 375)
[6] (a. a. O.(Hoffmann/ Neumann, Bd.2)S.317 bzw. im Jahrbuch für Pädagogik 1992 )
[7] (vgl. ebd., S. 308 ff.)
[8] vgl. Bessel/Jessen- Die Grenzen der Diktatur-Staat und Gesellschaft in der DDR, 1996
[9] weitere diesbezügl. Daten vgl. dort und in: Max- Planck- Institut für Bildungsforschung (Hrsg.) „PISA 2000“, Berlin/Köln 2001
[10] Auch wenn man in der Programmatik der PDS tatsächlich wohl kaum noch Bezüge zum „Marxismus“ findet (vgl. Programm der PDS, 2000), und einer Partei, die solch einen Eier-tanz vollführte zur Stellungnahme zum Mauerbau in der DDR 1961(war dies „sozialistische Überzeugungsarbeit“?)trotz wohl auch einiger guter bildungspolitischen/ “pädagogischen“ Anregungen wohl wirklich m. E. doch nicht gänzlich polit.- pädag. Perspektiven entlehnen sollte, aber das steht hier ja nicht zur Diskussion.
[11] (1968, S. 286)
[12] Vgl. Myrdal 1974, Umschlagseite
[13] zwischenzeitlich – s. Literaturverzeichnis- auch als Buchausgabe erschienen
[14] ( Paderborn 1976)
[15] (Berlin (DDR)1980, S.113 ff.)
[16] (in MEW 21, S.617.)
[17] Vgl. Wulf 2001. Bezüglich der Problematik, inwiefern man überhaupt von „Staats-Pädagogik“ u. a . bezogen auf die DDR bezogen sprechen kann und auch auf zahlreiche, oft heute kaum noch beachtete Theoriekontroversen dort bzw. in der SBZ hinweisend vgl.
Benner/ Sladek 1998)
[18] Natürlich wäre dann auch ferner zu fragen, welche weitergehenden Motive jew. welche „Kommunisten“ mit bzw. auf ihren Widerstand folgend hatten, was wie bei allen anderen
Kräften natürlich nicht unwichtig, hier aber nicht Thema ist.
[19] Vgl. hierzu, aber auch zu diversen Widersprüchen innerhalb dieses „Machtapparates“
bzw. zu diesem „pauschalisierendem“ Verständnis z. B. Geißler (1996 )
[20] (ebenso vgl. etwa Langbein (a. a. O.), der hierzu als Leitungsmitglied der internationalen Widerstandsorganisation in Auschwitz und später Generalsekretär des internat. Auschwitz-Komitees über entspr.Erfahrungen verfügt und darüber in seinem o. g. „Standardwerk über den Widerstand in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern“ (aus der Rezension des Fischer Verlages dazu) berichtet- m. E. aber ebenso wie Peukert nicht in Verdacht gerät (zu) „kommunistenfreundlich“ zu urteilen, u. a. da sie keine KPD-Mitglieder waren)
[21] Vgl. hierzu und zu einer recht guten selbstkritischen Aufarbeitung dieser Theorie und
ihrer Vorgeschichte ( den „Kommunisten“) Klaus Neukrantz (1970)
- Quote paper
- Wolfgang Laub (Author), 2003, Marxistische Richtungskämpfe in grundlegenden Theoriekontroversen zur Entwicklung bzw. Kritik der staatlichen DDR-Pädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109116
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