„There is one and only one social responsibility of business – to use its resources and engage in activities designed to increase its profits so long as it stays within the rules of the game”.
Folgt man der Auffassung Milton Friedmans, so gibt es für Unternehmen keine Gründe, sich sozial zu engagieren. Im Gegenteil – ein solches Engagement widerspreche sogar dem eigentlichen Zweck einer Firma, der Maximierung des Sharehoder Value im Interesse der Eigentümer. Die Bekämpfung gesellschaftlicher Probleme läge in den Händen des Staates und der Gesellschaft selbst, auch weil diese sie effizienter angehen könnten.
Haben Unternehmen also keine „Social Responsibilities“? Sollten sie sich wirklich nicht sozial betätigen? Falls doch, so müssen Friedmans Argumente widerlegt und sollte gezeigt werden, dass nicht nur die Eigner eines Unternehmens sondern auch andere Gruppen legitime Interessen haben, deren Berücksichtigung sogar lohnenswert sein kann.
So ist es also Ziel der Vertreter eines Ansatzes der Corporate Social Responsibility (CSR) und den Befürwortern eines Stakeholder-Konzeptes, eine stichhaltige Theorie auszuarbeiten, die Friedmans Argumenten standhält und empirisch fundierte Aussagen über die Wirkung und Wirkweise sozial verantwortlichen Handelns trifft.
Anhand der aktuellen Literatur lassen sich drei Ansätze zur Begründung einer solchen Unternehmensstrategie aufzeigen: ein rein deskriptiver, der die tatsächliche Situation der Unternehmen untersucht, ein normativer, der die moralische Verantwortung der Wirtschaft unterstreicht und ein instrumenteller, der die Vereinbarkeit des CSR-Ansatzes und der konventionellen Unternehmensziele näher untersucht.
Ziel dieser Arbeit ist eine Überprüfung der Nutz- und Falsifizierbarkeit der Hauptaussagen und empirischen Ergebnisse im Rahmen des Konzeptes der Corporate Social Responsibility anhand fest definierter Kriterien. Außerdem interessiert die Frage nach einer generellen Rechtfertigung für Überlegungen, die laut der angewandten Kriterien keine Theorie darstellen. Nach einem kurzen Grundlagenteil, in dem das Konzept der CSR und der verwandte Stakeholder-Ansatz näher beleuchtet sowie die Methodik aufgezeigt werden, folgen die Identifikation und Analyse der Kernthesen und -variablengruppen. Eine kritische Würdigung schließt diese Arbeit ab.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definitionen und Grundlagen
2.1. Corporate Social Responsibility
2.2. Der Stakeholder-Ansatz
2.3. Methodik der Analyse
2.4. Grundannahmen
3. Analyse der Theorie der Corporate Social Responsibility
3.1. Deskriptiver Ansatz
3.2. Normativer Ansatz
3.3. Instrumenteller Ansatz
4. Bewertung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang I: Bewertungskriterien
Anhang II: The Sustainable Business Matrix
1. Einleitung
„There is one and only one social responsibility of business – to use its resources and engage in activities designed to increase its profits so long as it stays within the rules of the game”[1].
Folgt man der Auffassung Milton Friedmans, so gibt es für Unternehmen keine Gründe, sich sozial zu engagieren. Im Gegenteil – ein solches Engagement widerspreche sogar dem eigentlichen Zweck einer Firma, der Maximierung des Sharehoder Value im Interesse der Eigentümer. Die Bekämpfung gesellschaftlicher Probleme läge in den Händen des Staates und der Gesellschaft selbst, auch weil diese sie effizienter angehen könnten.
Haben Unternehmen also keine „Social Responsibilities“? Sollten sie sich wirklich nicht sozial betätigen? Falls doch, so müssen Friedmans Argumente widerlegt und sollte gezeigt werden, dass nicht nur die Eigner eines Unternehmens sondern auch andere Gruppen legitime Interessen haben, deren Berücksichtigung sogar lohnenswert sein kann.
So ist es also Ziel der Vertreter eines Ansatzes der Corporate Social Responsibility (CSR) und den Befürwortern eines Stakeholder-Konzeptes[2], eine stichhaltige Theorie auszuarbeiten, die Friedmans Argumenten standhält und empirisch fundierte Aussagen über die Wirkung und Wirkweise sozial verantwortlichen Handelns trifft.
Anhand der aktuellen Literatur lassen sich drei Ansätze zur Begründung einer solchen Unternehmensstrategie aufzeigen[3]: ein rein deskriptiver, der die tatsächliche Situation der Unternehmen untersucht, ein normativer, der die moralische Verantwortung der Wirtschaft unterstreicht und ein instrumenteller, der die Vereinbarkeit des CSR-Ansatzes und der konventionellen Unternehmensziele näher untersucht.
Ziel dieser Arbeit ist eine Überprüfung der Nutz- und Falsifizierbarkeit der Hauptaussagen und empirischen Ergebnisse im Rahmen des Konzeptes der Corporate Social Responsibility anhand fest definierter Kriterien. Außerdem interessiert die Frage nach einer generellen Rechtfertigung für Überlegungen, die laut der angewandten Kriterien keine Theorie darstellen. Nach einem kurzen Grundlagenteil, in dem das Konzept der CSR und der verwandte Stakeholder-Ansatz näher beleuchtet sowie die Methodik aufgezeigt werden, folgen die Identifikation und Analyse der Kernthesen und -variablengruppen. Eine kritische Würdigung schließt diese Arbeit ab.
2. Definitionen und Grundlagen
Corporate Social Responsibility
Historisch liegen die Anfänge des Konzeptes der CSR in den frühen 1950er Jahren. H.R. Bowen betonte seinerzeit erstmals, dass Geschäftsleute eine Verpflichtung hätten, eben solche Firmenpolitiken zu verfolgen und solche Entscheidungen zu treffen, die im Sinne der Ziele und Werte der Gesellschaft lägen[4]. In der nachfolgenden Zeit mehrten sich ähnliche Forderungen, und in der Forschungsliteratur traf man immer häufiger auf die Begriffe Corporate Social Responsibility und Responsiveness, Corporate Social Performance und Corporate Citizenship. Noch vielfältiger als die Zahl der Begriffe ist die ihrer jeweiligen Definitionen. Exemplarisch soll hier eine aktuelle Definition des Konzeptes Erwähnung finden:
“Corporate social responsibility is the continuing commitment by business to behave ethically and contribute to economic development while improving the quality of life of the workforce and their families as well as of the local community and society at large.”[5]
Der Stakeholder-Ansatz
Eine Erweiterung der Theorie der CSR um die Stakeholder-Theorie ist im Rahmen dieser Betrachtung sinnvoll, da die Literatur häufig beide synonym behandelt, auch wenn der Stakeholder-Ansatz genau genommen jüngeren Alters ist und in eine schon lange bestehende Diskussion um die Verantwortlichkeit der Unternehmensführung konkretisierend eingriff. Bei Entscheidungen des Managements sollten, so die Forderung, immer auch die legitimen Interessen derer beachtet werden, die der Unternehmung gegenüber so genannte Stakes[6] besitzen. Betrachtet man die in einer Definition der Stakeholder-Theorie aufgezählten Interessengruppen, so erkennt man, dass eine Befriedigung ihrer Interessen dem gleichkommt, was man gemeinhin als sozial verantwortliches Handeln bezeichnet:
“A Stakeholder in an organization is (by definition) any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objectives.”[7]
Konkret also neben den Eigentümern sehr unterschiedliche Gruppen wie etwa Beschäftigte, Umweltschützer, Wettbewerber, Hochschulen, Kommunen, Zulieferer, Kunden – letzten Endes die Gesellschaft als Ganzes.
Methodik der Analyse
Grundlage der Überprüfung stellen die im Hinblick auf Organisationstheorien entwickelten Evaluationskriterien nach Samuel B. Bacharach[8] dar, die an dieser Stelle nur kurz genannt werden sollen.
Zu Beginn der Untersuchung steht die Identifizierung der Hauptkonstrukte, ihrer Variablen, der Beziehungen zwischen den Konstrukten (Propositionen) und der Beziehung zwischen den Variablen (Hypothesen). Anschließend erfolgt die Bewertung dieser Bestandteile der Theorie im Hinblick auf ihre Falsifizierbarkeit und ihren Nutzen. Dies geschieht auf Ebene der Konstrukte über Prüfung ihrer Validität, ihrer Einfachheit und Klarheit; bei den Propositionen und Hypothesen stehen logischer Aufbau, empirische Eignung, Erklärungspotenzial und Vorhersagekraft im Zentrum der Betrachtung; bei den Variablen sind Operationalisierbarkeit, Messbarkeit, Einfachheit und ihre Eignung im engeren Sinne von Interesse.
Zur besseren Übersicht zeigt Anhang I die Bewertungskriterien nochmals in tabellarischer Form.
Grundannahmen
Grundannahmen beschränken die Generalisierbarkeit einer Theorie in den Dimensionen Werte, Zeit und Raum und bilden den Rahmen, in dem diese Theorie Gültigkeit besitzt.
Wertebezogene Grundannahmen finden sich zumeist in Bezug auf die normative Basis der Theorie: So wird unterstellt, dass Wirtschaftsbetriebe sich im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages bewegen[9] und dass die Wirtschaft innerhalb der Gesellschaft als „Moral Agent“ handelt[10].
Für den Deskriptiven und den Instrumentellen Ansatz gilt: Auch wenn meist keine explizite Annahme zu zeitlich-räumlichen Begrenzungen getroffen werden, so lässt sich aus der Art der vorrangig untersuchten Firmen immerhin ableiten, dass die Ergebnisse vor allem auf große, privatwirtschaftliche, profitorientierte Organisationen bzw. Konzerne[11] aus allen erdenklichen Produktions- und Dienstleistungsbranchen anzuwenden sind – obwohl Regierungsinstitutionen, Lehrbetriebe oder Non-Profit-Organisationen nicht explizit ausgeschlossen werden.
3. Analyse der Theorie der Corporate Social Responsibility
Zum besseren Verständnis der hier diskutierten Ansätze ist es notwendig, die defensive Argumentationsweise der Konzepte zu betonen. Seit Milton Friedmans Aussagen beschäftigt sich die CSR- und Stakeholder-Forschung vorrangig mit dem Versuch, seine Argumente zu entkräften und eine geeignete Legitimation für die Durchsetzung sozialer Ziele im Rahmen des strategischen Managements zu formulieren. Wie bereits im Einleitungsteil ausgeführt, umfasst diese Analyse die Argumentationen einer deskriptiven, einer normativen und einer instrumentellen „Rechtfertigungsstrategie“[12].
3.1. Deskriptiver Ansatz
„While descriptions may be the source material of theories, they are not themselves theoretical statements.”[13] Laut Analyseleitfaden kann der deskriptive Ansatz der CSR-Forschung nur relevante Basisdaten erbringen – Teil einer Theorie selbst kann er aber nicht sein. Paradoxer Weise wird in der Literatur jedoch häufig eine Rechtfertigung sozialen Handelns über die Beobachtung seiner Verbreitung abgeleitet. Dies wird so häufig thematisiert, dass an dieser Stelle gezeigt werden soll, dass eine rein deskriptive Betrachtung nicht zielführend sein kann.
Die Zielsetzung des deskriptiven Forschungszweiges liegt in der Umschreibung der tatsächlichen Implementierung sozialer Ansätze im strategischen Management, ihrer Verbreitung in der Forschungsliteratur und einer Beobachtung und Interpretation der rechtlichen Entwicklung.
Konstrukte und Propositionen
Das Hauptkonstrukt im Sinne Bacharachs könnte im deskriptiven Bereich als Verbreitung oder – daraus abgeleitet – als Relevanz der Theorie bezeichnet werden. Bei der Suche nach weiteren Konstrukten, die mit der Verbreitung in einer Wirkbeziehung stehen könnten, wird man nur schwer fündig. Der Ansatz begnügt sich mit der Untersuchung reiner Fakten, aus der keine direkten Handlungsanleitungen ableitbar sind. Vielmehr ist das Hauptziel eine Entkräftung der Argumentationen der Gegner der CSR und damit verbunden eine indirekte Rechtfertigung ihrer eigenen Existenz. Um im Rahmen der Analysekriterien zu bleiben, ist es nötig (wenn auch fragwürdig), etwas wie die „Richtigkeit“ als zweites – sehr abstraktes – Konstrukt zu bezeichnen.
Die Proposition, die beide genannten Konstrukte in Zusammenhang bringt, lautete dann: Je weiter das Konzept der CSR Verbreitung findet, desto deutlicher zeigt sich seine Richtigkeit.
Als Merkmale der Verbreitung werden vor allem Ergebnisse aus Erhebungen unter Managern[14], die Anzahl von Veröffentlichungen und Zitierungen bezüglich der CSR in Forschungsarbeiten[15] und die Bewertung der Entwicklung der Rechtsprechung[16] definiert.
Hinsichtlich der Konstruktvalidität ist zu bemerken, dass diese bei allen drei Merkmalen niedrig ist, da sie keine konvergenten Ergebnisse liefern müssen:
- Ergebnisse aus Umfragen im Management können zwar einen Hinweis auf tatsächliche Umsetzung liefern, sind jedoch nicht objektiv genug, da die Aussagen nicht den wahren Verhältnissen entsprechen müssen.
- Die Anzahl der Veröffentlichungen und Zitierungen im Rahmen des CSR-Konzeptes könnte auch als Merkmal für die Heftigkeit der Kontroverse gewertet werden; oder als Indikator dafür, dass der Ansatz gerade „in Mode“ ist.
- Juristische Entscheidungen sind vor allem Konkretisierungen von gesellschaftlichen Werten und Moralvorstellungen. Ob man aber aus diesen Normen eine Managementstrategie ableiten kann, ist heftig umstritten[17]. Außerdem hängen solche Entscheidungen noch von vielen weiteren Faktoren ab, aus denen nicht auf eine Richtigkeit der CSR geschlossen werden kann.
Beim Konstrukt der Richtigkeit darf nicht vergessen werden, dass es sich hierbei nur um eine Hilfskonstruktion handelt, um den deskriptiven Legitimationsansatz der CSR überhaupt mit den von Bacharach geforderten Kriterien überprüfen zu können. Eine Beurteilung der Konstruktvalidität ist hier also nicht möglich, denn es existieren keine Variablen, die die Richtigkeit messen.
Auch die Proposition (also die Beziehung) zwischen den Konstrukten ist zu kritisieren. Aus einem Ist-Zustand wird fälschlicherweise ein Soll-Zustand abgeleitet, ohne eine Begründung auszuarbeiten, die erklärt, inwiefern die Verbreitung eines Ansatzes auch dessen Richtigkeit stützt. Eine solche Erklärung ist jedoch für die Bewertung unerlässlich – denn wird ein Zusammenhang nicht erklärt, kann er auch nicht falsifiziert werden.
Aus dem selben Grund können weder das Erklärungspotenzial noch die Vorhersagekraft der vorgestellten Proposition bewertet werden.
Somit muss festgehalten werden, dass die Beziehung zwischen den Konstrukten nicht falsifizierbar ist und sie – laut Analyseschema – keinen Nutzen besitzt.
Variablen und Hypothesen
Während sich die Verbreitung im strategischen Management durch Umfragen und Zitat- und Publikationshäufigkeiten kardinal bestimmen lässt, stellen juristische Entscheidungen Einzelereignisse dar und können auch nur als solche bewertet werden. Sie sind somit nicht operationalisierbar.
Während bei den beiden erstgenannten Variablen deren Reliabilität unproblematisch erscheint, muss ihre Validität kritisiert werden. Sie messen nicht zwangsweise das, wozu sie bestimmt sind. Wie zuvor schon bemerkt, sind Umfragen nach den Wertvorstellungen von Managern nicht sehr gut zu einer Aussage über die tatsächliche Verbreitung des CSR-Ansatzes im strategischen Management ihrer Firma geeignet. Auch aus der reinen Auswertung von Zitaten und Publikationen zu einem Thema können keine Schlüsse gezogen werden. Neben dem erwähnten Problem der Konstruktvalidität wurde auch die statistische Korrektheit dieses sogenannten „Vote-counting“ widerlegt[18].
Eine zeitliche und räumliche Spezifizierung wiederum ist bei beiden möglich, begrenzt also ihre Messbarkeit nicht.
Da das Konstrukt der Richtigkeit nicht mit Variablen gemessen wird, ist eine Beurteilung einer hypothetischen Beziehung zwischen den Merkmalen der Relevanz und der Richtigkeit nicht möglich.
Dennoch zeigen Einzelbeispiele, dass viele Firmen existieren, die sich bemühen, sozial verantwortlich zu handeln und nachhaltig zu wirtschaften. Um dies zu erklären, fehlt es dem Deskriptiven Ansatz aber an jeglicher Aussagekraft.
3.2. Normativer Ansatz
Der Normative Ansatz beschäftigt sich mit einer ethisch-moralischen Rechtfertigung des Stakeholder-Prinzips und der Implementierung sozial verantwortlichen Handelns in die Planungen und die Entscheidungen des strategischen Managements.
Die verallgemeinerte Hauptaussage dieses Legitimationsversuches lautet: „Do (don’t do) this because it is the right (wrong) thing to do”[19]. Es handelt sich hierbei um kategorische Aussagen, nicht um hypothetische Wirkzusammenhänge zwischen mehreren Konstrukten. Es erscheint aus diesem Grunde abwegig, eine Anwendung der Analysekriterien zu erzwingen. Eine solche Betrachtung würde schnell die tautologische Formulierung der Hauptaussage aufdecken und diese als nicht falsifizierbar und nicht nützlich deklarieren.
Gutes zu tun, weil es gut ist, mag eine ehrenwerte Absicht sein – sie hält aber keiner empirischen Überprüfung stand, weil sie im Kontext mit einer Diskussion über grundlegenden Wertvorstellungen steht, „das Gute“ als wünschenswert voraussetzt und sich nicht auf empirische Ergebnisse beruft. Die Grundlagen für das Erfüllen solcher Normen sind vielmehr religiös-philosophischen Ursprungs.
Die ethisch-moralische Basis des Stakeholder-Ansatzes (beziehungsweise des CSR-Konzeptes) anhand von Bacharachs Kriterien zu untersuchen, muss ebenso fehlschlagen wie der Versuch, das Bewertungsschema beispielsweise am christlichen Gebot der Nächstenliebe, der utilitaristischen Denkweise oder Kants kategorischem Imperativ anzuwenden.
Den Normativen Legitimationsansatz in dieser Arbeit auszulassen, erscheint allerdings fahrlässig – bildet er doch eine fundamentale Basis für die Annahme, dass außer den Shareholdern noch andere legitimierte Interessengruppen existieren. Eine Handlungsanweisung an das Management entwickelt sich hieraus jedoch erst, wenn man annimmt, dass durch Befolgen der gesellschaftlichen Normen und Moralvorstellungen ein verwertbares Reziprozitätsverhältnis zwischen Unternehmen und Stakeholdern entstehen kann. Könnten sich durch sozial verantwortliches Handeln Vorteile für eine Firma einstellen? Antwort hierauf will der nun folgende Instrumentelle Ansatz bieten.
3.3. Instrumenteller Ansatz
Vor allem der Normative Ansatz der CSR stellt Friedmans Grundprämisse den Zweck einer Unternehmung betreffend in Frage. Allerdings gelingt es ihm nicht, anhand empirischer – d.h. objektiv messbarerer – Daten das alleinige Ziel der Maximierung des Shareholder-Values als zu eng gefasst zu verwerfen.
Der Instrumentelle Ansatz hingegen erkennt dieses Hauptziel an, betont jedoch die möglichen positiven Auswirkungen des CSR-Konzeptes auf die finanzielle Entwicklung.
Konstrukte und Propositionen
Um CSR messbar zu machen, führt die Literatur den Begriff der Corporate Social Performance (CSP) ein, der sich wie folgt definiert:
“CSP can be defined as a business organization’s configuration of principles of social responsibility, process of social responsiveness, and policies, programs, and observable outcomes as they relate to the firm’s societal relationships.”[20]
Im Rahmen empirischer Studien wird dieses Konstrukt in aller Regel bezogen auf den finanziellen Erfolg, in diesem Zusammenhang bezeichnet als Corporate Financial Performance (CFP).
Als verknüpfende Proposition lässt sich die Aussage ausmachen, dass CSP und CFP generell positiv korreliert sind. Aussagen, die eine negative bzw. keine Korrelation unterstellen, existieren durchaus auch. Aufgrund der Überzahl der Studien mit hohem statistischem Gewicht, die eine positive Verbindung nahe legen[21], wird an dieser Stelle jedoch die oben beschriebene Proposition als Hauptaussage des Instrumentellen Ansatzes angenommen. Die unterstellte Wirkweise von CSP-Faktoren auf die CFP wird später bei der Untersuchung der Hypothesen deutlich werden.
Zur Beurteilung des Konstruktes der CSP ist Folgendes zu sagen:
Der Begriff der Corporate Social Performance beinhaltet alle messbaren Indikatoren, die die Umsetzung von Prinzipien sozial verantwortlichen Handelns widerspiegeln. Die Einfachheit dieser Definition geht hier zu Lasten der Klarheit, denn sowohl Social Responsibility als auch Social Responsiveness sind keine fest abgrenzbaren, fest definierten Begriffe. In der Literatur ist letztlich nicht geklärt, welche Sachverhalte genau Teil sozial verantwortlichen Handelns sind[22], bzw. welche nicht. Eine eindeutigere Beschreibung der CSP ist nötig.
Merkmale zur Messung der Social Performance[23] sind vor allem Berichterstattungen durch die Firmenleitung (bezüglich der Social Performance im Allgemeinen oder beispielsweise der Ausgaben für Umweltschutz im Speziellen), Umfragen zu den Unternehmenspraktiken im Management, sogenannte „CEP“[24] - oder „KLD“[25] - Evaluationen, oder auch das „Fortune Reputation Ranking“.
Das Kriterium der Konstruktvalidität verlangt von diesen Variablen Konvergenz. Dem kann hier insofern zugestimmt werden, als dass augenscheinlich Firmen hohe Umweltausgaben sehr wahrscheinlich in einer Public Disclosure veröffentlichen werden, oder auch dass Firmen mit hohen (öffentlich bekannten) Ausgaben für Soziales ein höheres gesellschaftliches Ansehen genießen. Ebenso schneiden diese Firmen in unabhängigen Evaluationen besser ab; auch Umfragen im Management können dies abbilden. Die verschiedenen Variablen werden so immer zu einem ähnlichen Ergebnis führen, womit die Anforderung an die Konvergenz erfüllt ist. Fraglich ist, wie eventuelle nicht veröffentlichte Aktivitäten im Rahmen der CSR erfasst werden. Jedoch dürften Fälle, in denen ein Unternehmen seine aus gesellschaftlicher Sicht „positiven Aktivitäten“ nicht publiziert, eine Ausnahme darstellen.
Des weiteren verlangt die Konstruktvalidität eine Unterscheidbarkeit (Diskriminierung) von allen anderen Untersuchungsobjekten (Variablen, Propositionen, Hypothesen und anderen Konstrukten). Da sich das Konstrukt nicht mit anderen Objekten überschneidet, kann das Vorliegen ausreichender Konstruktvalidität bestätigt werden.
Der Nutzen des Konstrukts wird nach seiner Reichweite beurteilt. Das bedeutet, die CSP soll trotz ihrer Einfachheit die zugrunde liegenden Maßnahmen aus dem Konzept der Corporate Social Responsibility vollständig erfassen. Dies ist dann der Fall, wenn die gewählten Variablen alle Facetten der CSR adäquat beschreiben. Unterstellt man, dass alle sozialen Aktivitäten einer Firma evaluierbar sind, so werden alle Aspekte der CSR ausreichend abgebildet. Eine solche Annahme scheint zulässig, da eine Firma mit hoher Wahrscheinlichkeit den größtmöglichen Nutzen aus ihren sozialen Investitionen zu ziehen versucht – was eine Veröffentlichung der Aktivitäten voraussetzt. Daher kann auf eine hohe Reichweite des Konzeptes der CSP geschlossen werden.
Das Konstrukt der (Corporate) Financial Performance ist in empirischen Studien der Wirtschaftswissenschaften etabliert und verbreitet. Dennoch handelt es sich bei ihr um ein „breit angelegtes Metakonstrukt“[26]. Es definiert sich durch die drei Typen von kapitalmarktbasierten (Preis je Aktie, Entwicklung des Aktienkurses), accountingbasierten (ROI, ROA, ROE, Gewinn pro Aktie [EPS]) und wahrnehmungsbasierten (Umfragen im Management) Maßen. Setzt man dies als bekannt voraus, so ist das Konstrukt der CFP eindeutig beschrieben (Klarheit) und dennoch nicht zu komplex aufgebaut (Einfachheit).
Bezüglich der Kongruenz der messenden Variablen muss bemerkt werden, dass sie nicht zwangsläufig zu ähnlichen Ergebnissen führen müssen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst werden. Der Firmenwert kann beispielsweise von einer besonderen Wettbewerbsposition abhängen (bspw. Microsofts Quasi-Monopolstellung bei Computerbetriebssystemen oder langjährige Patente in der Pharmaindustrie) und spiegelt häufig die Erwartungen einer ganzen Branche (bzw. in eine Branche) wider. Auch die Zahlen aus dem Rechnungswesen liefern oft ebenso nicht korrekte wie inkongruente Ergebnisse: „So besteht beispielsweise eine unzuverlässige Beziehung zwischen Erhöhung des EPS und dem Shareholder Value, ebenso aber auch den Änderungen des Marktwertes börsengehandelter Unternehmen.“[27] Dies kommt unter anderem durch unterschiedliche Bewertungsmethoden der Kennzahlen, durch Nichtberücksichtigung von Investitionen oder auch die Vernachlässigung von Diskontierungen zustande.
Die einzelnen Variablen der CFP untersuchen jedoch für sich genommen klar definierte und abgrenzbare Teilaspekte des Konstrukts und sind daher diskriminierend.
Das Konstrukt der CFP wird aus der Frage des nachhaltigen Erfolges eines Unternehmens abgeleitet. Es ist von daher nützlich, da erfolgreiches finanzielles Abschneiden zum einen Basis für das wirtschaftliche Überleben ist, zum anderen explizit als Hauptziel angestrebt wird. Erkennt man – wie Milton Friedman – keine weiteren Unternehmenszwecke an, so ist der Grad der Zielerreichung einzig über Markt- und Finanzkennzahlen zu bestimmen. In diesem Fall reicht die Corporate Financial Performance weit genug, um den Erfolg einer Firma zu bestimmen.
Bei der unterstellten positiven Korrelation zwischen CSP und CFP handelt es sich um eine logische und nicht tautologische Verknüpfung. Auch ist sie empirisch anwendbar, da sie zu verschiedenen Zeitpunkten und an unterschiedlichen Objekten (Unternehmen) untersucht werden kann.
Jedoch ist letztlich nicht klar, welche der beiden Größen die abhängige und welche die unabhängige ist. Es ist sowohl denkbar, dass Unternehmen deshalb erfolgreich sind, weil sie Stakeholder-Interessen berücksichtigen, als auch, dass erfolgreiche Unternehmen vermehrt in CSR investieren, weil sie es sich leisten können. Ein großer Teil der Forschungsarbeiten unterstellt eine Abhängigkeit der CFP von der CSP, ohne dies näher zu belegen. Darin liegt ein zentraler Schwachpunkt der Theorie.
Allerdings ist eine solche Festlegung auf die „Wirkrichtung“ nötig, damit die Proposition im Rahmen der Theorie einen Vorhersagwert besitzt. Die prognostizierte Beziehung lautet dann häufig: Bei Steigerung der Social Performance folgt eine Verbesserung der Financial Performance. Auf Ebene der Proposition ist diese Aussage zu allgemein, als dass sie ein Erklärungspotenzial inne hätte, spezifischeren Aussagen begegnet man aber bei Betrachtung der Hypothesen.
Variablen und Hypothesen
Die Variablen zur Messung der CSP lassen sich in vier Hauptgruppen unterteilen: CSP-Berichterstattung, Reputationsbewertungen, externe Evaluation konkret beobachtbarer Merkmale und Befragung des Managements[28]. Alle diese Variablen sind zweifellos operationalisierbar: durch monetäre Kennzahlen in der Berichterstattung, Rankings im Rahmen der Reputation, verschiedene Indikatoren in der externen Bewertung und durch Relativgrössen bei Umfragen.
Fraglich ist wiederum die Validität der gewählten Variablen. Bei firmenseitigen Berichten und externer, objektiver Evaluation erscheint das unkritisch. Der „gute Ruf“ einer Firma entsteht allerdings nicht nur durch eine sozial verantwortliche Interaktion mit ihren Stakeholdern. Genau wie bei Umfragen im Management muss beachtet werden, dass es sich nicht um direkt messende Variablen handelt, sondern um komplexere, sogenannte Proxyvariablen (auch Surrogate). Da Proxvariablen das Konstrukt nur indirekt messen, besteht die Möglichkeit einer Ergebnisverzerrung (Bias) durch weitere, nicht explizit berücksichtigte Konstrukte. Im Falle des sehr häufig verwendeten Fortune Rankings kann diese Kritik eingeschränkt werden, weil die Rangliste explizit die Kriterien CSR oder auch Human Ressources Management durch einzelne Indikatoren ausweist. Jedoch muss auch dann die Annahme getroffen werden, das die für die Evaluierung Befragten wahrheitsgemäße Angaben machen, damit die betreffenden Indikatoren valide Ergebnisse liefern.
Bei Gültigkeit der obigen Annahme sind die Ergebnisse bei Messwiederholung stabil, d.h. reliabel. Ebenso ist eine Messung zeitlich und räumlich begrenzbar, wodurch insgesamt die Messbarkeit der Variablen gegeben ist.
Die besprochenen Größen messen die Umsetzung von CSR-Elementen in der Praxis. Sie bleiben dabei allgemein genug, um keine Aspekte auszuschließen, und einfach genug, um ein gutes Maß für das Konstrukt der CSP zu sein. Sie können somit als nützlich bezeichnet werden.
Zur Beurteilung der drei schon genannten Variablengruppen der Financial Performance: Kapitalmarktkennzahlen, Indikatoren des Rechnungswesens und subjektive Selbsteinschätzungen des Managements. Ähnlich den CSP-Variablen sind all diese Größen operationalisierbar.
Und wie bei den Variablen der Social Performance existieren zumindest leichte Zweifel an ihrer Messbarkeit. Wie ich schon bei der Beurteilung der Konstruktvalidität der CFP kritisiert habe, hat beispielsweise der Aktienpreis eine beschränkte Aussagekraft über den tatsächlichen Erfolg einer Unternehmung, da viele subjektive Eindrücke das Nachfrageverhalten der Shareholder und somit den Preis determinieren. Ähnlich bei den klassischen Bilanzkennzahlen ROI, ROA oder ROE. Als bessere Alternative böten sich Kennzahlen wie der „Cash Flow Return on Invest“ (CFROI) oder der „Economic Value Added“ (EVA) an, die die weiter oben bereits aufgeführten Schwächen der klassischen Kennzahlen mindern. Zuletzt ist eine Erhebung unter Managern zu hinterfragen, weil sich solche subjektiv ausgerichteten Ergebnisse nicht unbedingt mit der Realität decken müssen. Auch wenn diese Kritikpunkte nicht ausreichen, die Validität der Variablen vollkommen in Frage zu stellen, muss an der Entwicklung weiterer, objektiver und valider Kennzahlen gearbeitet werden.
Es kann unterstellt werden, dass die Ergebnisse von Surveys, wie bei subjektiven Maßen häufig der Fall, bei Wiederholung variieren werden. Es besteht aber kein Grund zur Annahme, dass diese Varianz so stark sein wird, der betreffenden Variable ausreichende Reliabilität abzusprechen. Variablen des Kapitalmarktes und aus dem Rechnungswesen sind fest definierte Größen, die sich an Fakten orientieren – ihre Reliabilität kann nicht angezweifelt werden.
Alle Messgrößen sind zeitlich und räumlich begrenzbar.
Auch die Variablen der CFP sind einfach gehalten und dabei allgemein genug, große Bereiche des finanziellen Erfolges einer Unternehmung darzustellen. Wünschenswert wären weitere Indikatoren, die in der Lage sind, prospektiv Hinweise auf die zukünftige finanzielle Entwicklung zu geben, da sich Erfolg nicht nur an erreichten Zielen, sondern auch am vorhanden Potenzial messen lassen muss.
Im Rahmen der Corporate Social Responsibility existieren mannigfaltig hypothetische Aussagen, leider sehr häufig schlichtweg nicht empirisch überprüft. Sie konkretisieren unter anderem die „optimale Einsatzmenge“[29] von CSR-Maßnahmen oder geben Anweisungen zur Identifikation relevanter Stakeholder[30] einer Firma. Bezüglich der hier behandelten Proposition beschäftigen sich die Kernhypothesen jedoch mit der Erklärung der positiven Korrelation von CSP und CFP:
CSP und CFP sind positiv korreliert, weil
(a) CSP Managementkompetenzen erhöht, dazu beisteuert, mehr organisatorisches Wissen über die marktliche, soziale, politische, und technologische Umwelt zu erlangen und des weiteren die Organisationseffizienz erhöht (interne Effekte) und
(b) CSP beim Aufbau eines positiven Rufes und von Goodwill bei seinen externen Stakeholdern hilft (externe Effekte)[31].
Aussage (a) besagt, dass die intensive Beschäftigung mit bzw. die Implementierung von CSP-Aspekten eine hinreichende Bedingung für die Entwicklung von Kompetenzen auf Ebene der Mitarbeiterbeteiligung, organisationsweiter Koordination und einem progressiven Managementstil ist. Weiters soll die Perzeptionsfähigkeit sowie die Flexibilität externen Veränderungen und Krisen gegenüber durch die Implementierung (und einer dadurch veränderten geistigen Haltung) des CSR-Ansatzes verbessert werden. Somit erhöht sich die unternehmensinterne Effizienz, unabhängig davon, ob die sozialen Aktivitäten der Öffentlichkeit bekannt sind oder nicht.[32]
Die Aussage ist logisch adäquat und nachvollziehbar, es bestehen keine tautologischen Beziehungen und der Wirkzusammenhang ist klar erläutert.
Es mangelt hier aber an ausreichender Spezifizierung einzelner Begriffe. So ist beispielsweise die „Perzeptionsfähigkeit“ der Unternehmensführung zu abstrakt gefasst, um eine spätere einfache Falsifizierung zu gewährleisten.
Die Hypothesen sowie die darin eingeschlossenen Konstrukte und Variablen bewegen sich im durch die Grundannahmen spezifizierten Rahmen. Dies kann bei den weit gefassten Annahmen nicht verwundern. Die Untersuchungsobjekte sind beobachtbare Merkmale aller profitorientierten Unternehmen aller Branchen. Durch die geringe Abgrenzung des Geltungsbereiches genießt die Theorie einen hohen Anspruch auf Generalisierbarkeit. Dieser senkt allerdings die erzielbare Genauigkeit der Hypothesen und damit das Erklärungspotenzial. Umgekehrt wird die Hypothese nicht von den getroffenen Annahmen eingeschränkt. Sie wäre durchaus auch anwendbar auf andere Organisationen als den im Grundlagenteil vorgestellten.
Der Vorhersagewert dieser Hypothese ist beschränkt, da keine besonders konkreten Vorhersagen getroffen werden.
Hypothese (b) trägt den externen Effekten Rechnung: Kunden, Investoren, (potenziellen) Arbeitnehmern und Banken gegenüber kann eine Kommunikation des sozialen Einsatzes Vorteile bringen. Kunden lassen sich bei Kaufentscheidungen vom Ruf einer Firma leiten, wodurch sich der Absatz steigern lässt. In Bezug auf Banken und Investoren kann die Kapitalbeschaffung erleichtert werden, es besteht die Möglichkeit, bessere Arbeitskräfte anzuziehen und die Arbeitsmoral der bereits Beschäftigten zu erhöhen. All das hätte positive Auswirkungen auf die Financial Performance[33].
Die Aussage ist weniger abstrakt formuliert als die erste, strikt logisch und einsehbar. Dadurch ist sie einfach überprüf- und falsifizierbar. Sie konkretisiert, wie von den Prüfkriterien gefordert, die Ursache-Wirkungsbeziehung.
Auch diese zweite Hypothese hält sich an den in 2.4. gezeigten Annahmenrahmen. Darüber hinaus füllt sie diesen besser aus, weil sie sich auf Stakeholder-Gruppen bezieht, die für die aufgeführten Organisationsarten besonders relevant sind. Somit besitzt sie ein stärkeres Erklärungspotenzial als Aussage (a).
Zuletzt lässt sich kritisieren, dass auch ihre Vorhersagekraft eingeschränkt ist, da eine Quantifizierung der erreichbaren Goodwilleffekte ausbleibt.
4. Bewertung und Ausblick
Schon bei der Untersuchung des Deskriptiven und des Normativen Ansatzes zeigt sich, dass nicht immer alle Aspekte einer Theorie einer „objektiven Bewertung“ unterzogen werden können. Weil beide Ansätze sich nicht in die typischen Teile einer empirischen Theorie unterteilen lassen, kann eine Beurteilung nach den gegebenen Analysekriterien nicht zu ernst zu nehmenden Ergebnissen führen[34]. Dennoch ist die philosophische Frage nach dem Zweck eines Unternehmens durchaus legitim und das Wissen über die tatsächliche Verbreitung des Ansatzes in Theorie und Praxis zumindest nicht hinderlich. Die beiden oben genannten Äste außen vor zu lassen, ist auch in einer Analyse wie der vorliegenden nicht zulässig, da sie fester Bestandteil des Selbstverständnisses der Theorie als solcher sind. Ziel der Anwendung der Kriterien auf den Deskriptiven Ansatz konnte demnach nicht vorrangig eine Analyse seiner Güte sein. Es sollte vielmehr deutlich werden, dass sich nicht alle Teile einer Theorie auch zwangsweise an objektiven, „harten“ Kriterien messen lassen müssen, sie aber dennoch ein zentraler Baustein sein können.
Dem nahe, was Bacharach eine Theorie nennt, kommt trotz seiner Schwächen nur der Instrumentelle Ansatz. Zu diesen Schwächen ist im einzelnen auszuführen und anzumerken:
- Bestes Argument für eine Implementierung der CSR in das strategische Management wäre der Nachweis, dass einer erhöhten „sozialen Aktivität“ zeitlich nachgelagert eine gesteigerte finanzielle Performanz folgt. Die Richtung des Wirkzusammenhangs zwischen CSP und CFP ist allerdings bislang unzureichend untersucht. Auch wenn dies in Ansätzen schon geschehen ist[35], sollten die genauen Zusammenhänge dringend näher evaluiert werden.
- Neben den kurzfristig gültigen Finanzkennzahlen sind auch und gerade die langfristigen Erfolgsaussichten einer Firma von Interesse. Porter beispielsweise befürwortet den Einsatz von CSR-Elementen im Lichte der langfristigen Entwicklung des kompetitiven Kontextes: „Corporations can use their charitable efforts to improve their competitive context – the quality of the business environment in the location or locations they operate“[36]. Dies hätte Einfluss auf die langfristige Kosten-, Ertrags- und Effizienzentwicklung und somit auf die zukünftige CFP. Hier fehlt es allerdings bislang an empirischen Untersuchungen, die in diese Analyse mit hätten einfließen können.
- Es fehlen eindeutige Definitionen und eine bessere Spezifizierung der Untersuchungsobjekte, um deren Klarheit und Einfachheit zu verbessern und somit die Falsifizierbarkeit zu gewährleisten. Genauer:
- Um bessere Handlungsanleitungen für das Management anbieten zu können, sollte die Forschung sich von allgemeinen Fragestellungen weg bewegen, hin zu speziellen Fragen. Die Proposition ist zum Treffen von genauen Vorhersagen zu unspezifisch formuliert und enthält ein geringes Erklärungspotenzial. Letztlich interessiert für eine effiziente Ausgabenallokation in der Praxis die Frage nach den Auswirkungen gezielter CSR-Maßnahmen. Anhang II soll aufzeigen, wie Ergebnisse solcher Fragestellungen aussehen können. Ein Herunterbrechen auf speziellere Forschungsfragen stärkt die Einfachheit und Klarheit, und es verbessert die Möglichkeiten der Falsifizierbarkeit. Außerdem rechtfertigen solche individuellen Nachweise positiver Effekte spezieller Maßnahmen das Konzept als Ganzes.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass laut Bacharachs Kriterien nur der Instrumentelle Ansatz überhaupt analysierbar ist und die essentiellen Bestandteile einer Theorie im eigentlichen Sinne besitzt. Im Rahmen dieser Analyse offenbarte auch er Schwächen bezüglich der Falsifizierbarkeit, insbesondere durch zu weit gefasste Grundannahmen aber bezüglich seiner Nutzbarkeit. Eine genauere Formulierung zugrunde liegender Definitionen, Untersuchungen zur Richtung der Ursache-Wirkungsbeziehung sowie Konzentration auf speziellere „Input-Output“-Beziehungen sind zwingend erforderlich, da ein moralisch wünschenswertes soziales Engagement von wirtschaftlichen Organisationen sonst langfristig wohl nur eine Ausnahmeerscheinung bleiben wird.
Literaturverzeichnis
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Bowen (1953): Bowen, H.R.: Social responsibilities of the businessman. 1. Auflage, New York: Harper & Row, 1953.
Carroll (1991): Carroll, A.B.: The Pyramid of Corporate Social Responsibility: Toward the Moral Management of Organizational Stakeholders. In: Business Horizons, July-August 1991, S. 39-48.
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Jensen (1988): Jensen, M: Takeovers: Their Causes and Consequences. In: Journal of Economic Perspectives, Vol 2., No.1, 1988, S. 21-44.
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Walsh / Weber / Margolis (2003): Walsh, J.P. / Weber, K. / Margolis, J.D.: Social Issues and Management: Our Lost Cause Found. In: Journal of Management, Vol. 29, No.6, 2003, S. 859-881.
Watrick / Cochran (1985): Watrick, S.L. / Chochran P.L.: The Evolution of the Corporate Social Performance Model. In: Academy of Management Review, Vol. 10, No. 4, 1985, S. 758-769.
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Wood (1991): Wood, D.J.: Corporate Social Performance Revisited. In: Academy of Management Review, Vol. 16, No.4, 1991, S. 691-718.
Anhang I: Bewertungskriterien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Criteria for evaluating theories.
Quelle: Bacharach (1989), S. 510.
Anhang II: The Sustainable Business Value Matrix
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb 2: The Sustainable Business Value Matrix.
Quelle: The Business Case (2004).
[...]
[1] Vgl. Friedman (1970), S. 236.
[2] Vgl. Freeman (1985). Auch wenn R. Edward Freeman nicht als eigentlicher Gründer der Stakeholder-Theorie bezeichnet werden kann, so hat er wohl die bislang meistzitierte und gewichtigste Arbeit zu diesem Thema veröffentlicht.
[3] Vgl. McWilliams / Siegel (2001), S. 118.
[4] Vgl. Bowen (1953), S. 6; zitiert nach Watrick / Cochran (1985), S. 759.
[5] Vgl. WBCSD (1999).
[6] sinngemäß: gewisse Rechte der Firma gegenüber. Die Stakes unterscheiden sich nach „power“, „legitimacy“ und „urgency“; Vgl. hierzu Mitchell / Agle / Wood (1997), S. 865ff.
[7] Vgl. Freeman (1984), S. 46.
[8] Vgl. Bacharach (1989), S. 496ff.
[9] Vgl. Donaldson (1983), zitiert nach Watrick / Cochran (1985), S.759.
[10] Vgl. Ozar (1979) & Rawls (1971), zitiert nach Watrick / Cochran (1985), S.759.
[11] Vgl. Jensen (1988), zitiert nach McWilliams / Siegel (2001), S. 119.
[12] Vgl. Donaldson / Preston (1995), S. 66f.
[13] Vgl. Bacharach (1989), S. 497.
[14] Vgl. Donaldson / Preston (1995), S. 75; explizit gefragt wurde hier nach den Moral- und Wertvorstellungen einzelner Manager.
[15] Vgl. Walsh / Weber / Margolis (2003), S. 861.
[16] Vgl. Donaldson / Preston (1995), S. 75.
[17] Vgl. Kapitel 3.2.: Normativer Ansatz
[18] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 404.
[19] Vgl. Donaldson / Preston (1995), S. 72.
[20] Vgl. Wood (1991), S. 693; zitiert nach Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 403.
[21] Vgl. hierzu die Ergebnisse der Metaanalyse von Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 423; bzw. Margolis / Walsh (2003), S. 274ff.
[22] Die Frage, ob beispielsweise die Förderung von Kunst oder auch die Initiierung von Kampagnen, die aus reinen Imagegründen durchgeführt werden (und deren normative Basis daher fraglich ist), unter den Begriff des nachhaltigen Wirtschaftens fallen, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Vgl. hierzu exemplarisch Porter / Kramer (2002), S. 57. Auch Maßnahmen zum Umweltschutz haben im Rahmen der Stakeholder-Theorie nur dann eine Legitimation, wenn eine Stakeholdergruppe identifiziert werden kann, der diese Maßnahmen a) wichtig sind und die b) eine für die Unternehmung relevante Gruppe darstellt (z.B. Konsumenten).
[23] Die hier angeführten Merkmale finden sich bei Margolis / Walsh (2003), S. 274ff.
[24] CEP: Council on Economic Priorities; für Evaluationskriterien vgl. KONSUMENT (2004).
[25] KLD: Multidimensionales Rating nach Kinder, Lydenberg & Domini. Vgl. KLD (2004).
[26] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 407.
[27] Vgl. Rappaport (1999), S. XII.
[28] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 408.
[29] Vgl. McWilliams / Siegel (2001), S. 125.
[30] Vgl. Carroll (1991), S. 43ff.
[31] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 407.
[32] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 406f.
[33] Vgl. Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 407.
[34] Vgl. Bacharach (1989), S. 497.
[35] Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003), S. 424 beispielsweise identifizieren einen „Wirkkreis“, in dem sich CSP und CFP gegenseitig bedingen.
[36] Vgl. Porter / Kramer (2002), S. 60f.
- Quote paper
- Rüdiger Wittmann (Author), 2004, Strategisches Management und die sozial verantwortliche Unternehmung: Zum Konzept der Corporate Social Responsibility, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109078
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