„Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe“.
So sagt es uns Jesus, und wer ihn als seinen Herrn und Erlöser erkannt hat, dem
wird es das wichtigste Anliegen, seinen Willen zu tun. In der Bergpredigt finden
wir nun Gebote Jesu, die uns in ihrer Radikalität faszinieren und in Frage stellen,
uns dabei aber oft weltfremd und undurchführbar erscheinen. Unter den vielen
Theorien zu der Frage, was die Bergpredigt dem heutigen Menschen zu sagen hat,
fällt der Entwurf, den Dietrich Bonhoeffer in seinem Buch „Nachfolge“ ausführt,
positiv auf, weil er davon ausgeht, daß Jesus das meint, was er sagt, wenn er vom
Tun seiner Rede spricht. Es geht Bonhoeffer „immer um das Halten des Gebotes
und gegen das Ausweichen.“
Weil dieses Buch aber den Eindruck hinterläßt, immer noch relativ weit vom
praktischen Leben entfernt zu sein, ist es interessant, zu betrachten, wie
Bonhoeffer selbst mit den schweren Entscheidungen und ethischen Konflikten
umgegangen ist, die die Teilnahme an der Verschwörung gegen Hitler für ihn mit
sich gebracht haben. Ein Zeugnis darüber findet sich in Bonhoeffers Ethik, dessen
Kapitel „die Geschichte und das Gute“ eine getarnte ethische Analyse des
Widerstands enthält. Hier steht an der Stelle, die der „einfältige Gehorsam“ in
der „Nachfolge“ hatte, der Begriff der „Verantwortung“.
Das erscheint auf den ersten Blick wie ein Bruch in Bonhoeffers Theologie: Wie
verträgt sich die Aussage, der Verantwortliche habe „zwischen Recht und Recht,
Unrecht und Unrecht“ zu entscheiden, mit der in der „Nachfolge“ immer wieder
betonten Eindeutigkeit des Gebotes? Ist die Behauptung, es gäbe Grenzfälle, in
denen das Gebot übertreten werden muß, nicht schon ein Ausweichen vor dem
Gebot mit der Frage der Schlange im Paradies: „Ja, sollte Gott gesagt haben ...?“
Um die folgende Frage soll es uns gehen: Ist Verantwortung die Umsetzung des
einfältigen Gehorsams als dessen praktische Konsequenz, oder ist ein
jugendlicher Idealismus Bonhoeffers, mit dem er in der noch etwas heileren Welt von Finkenwalde die „Nachfolge“ schrieb, an der grausamen Realität des Nazi-Regimes in seiner Endphase zerbrochen? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Darstellung
- Der einfältige Gehorsam
- Die Struktur des verantwortlichen Lebens
- Vergleich von einfältigem Gehorsam und verantwortlichem Leben
- Verhältnisbestimmung
- Vergleich nach einzelnen Gesichtpunkten
- Bindung
- Freiheit
- Fazit
- Beurteilung
- Prüfung an der Heiligen Schrift
- Prüfung an der Praxis
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Begriff des Gehorsams in Dietrich Bonhoeffers Theologie, insbesondere im Kontext seiner Werke „Nachfolge“ und „Ethik“. Ziel ist es, die Beziehung zwischen dem „einfältigen Gehorsam“, der in „Nachfolge“ beschrieben wird, und dem Konzept der „Verantwortung“, das in „Ethik“ im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das Nazi-Regime auftaucht, zu analysieren.
- Der einfältige Gehorsam als Kern der Nachfolge
- Die Bedeutung der Verantwortung in Bonhoeffers Ethik
- Die Beziehung zwischen Gehorsam und Verantwortung
- Die Rolle der Heiligen Schrift und der Praxis in der Beurteilung des Gehorsams
- Die Relevanz von Bonhoeffers Gedanken für die heutige Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor: Ist Verantwortung die praktische Konsequenz des einfältigen Gehorsams oder ein Bruch in Bonhoeffers Theologie? Die Darstellung beleuchtet zunächst den Begriff des einfältigen Gehorsams in Bonhoeffers „Nachfolge“. Hier wird der Gehorsam als einfältige Reaktion auf den Ruf Jesu verstanden, der sich nicht durch menschliche Ideale oder eigene Interpretationen verfälschen lassen darf. Anschließend wird die Struktur des verantwortlichen Lebens in Bonhoeffers „Ethik“ analysiert, wobei der Fokus auf die ethische Analyse des Widerstands gegen das Nazi-Regime liegt. Der Vergleich von einfältigem Gehorsam und verantwortlichem Leben zeigt, dass beide Konzepte in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Während der einfältige Gehorsam die absolute Bindung an den Willen Gottes betont, erfordert die Verantwortung in bestimmten Situationen Entscheidungen zwischen Recht und Unrecht. Das Fazit fasst die Ergebnisse des Vergleichs zusammen und stellt die Frage nach der Vereinbarkeit von einfältigem Gehorsam und Verantwortung in Bonhoeffers Theologie. Die Beurteilung prüft die Konzepte des einfältigen Gehorsams und der Verantwortung an der Heiligen Schrift und an der Praxis. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob Bonhoeffers Gedanken in der Praxis umsetzbar sind und welche Relevanz sie für die heutige Zeit haben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Dietrich Bonhoeffer, Gehorsam, Verantwortung, Nachfolge, Ethik, Widerstand, Nazi-Regime, Heilige Schrift, Praxis, Theologie, Christologie, Kirchenkampf, Bekennende Kirche.
- Citar trabajo
- Otto Guggemos (Autor), 1996, Verantwortlicher Gehorsam? Gehorsam in Theorie und Praxis in Bonhoeffers 'Nachfolge' und 'Ethik', Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108850
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