Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung
II. Prolog: Die Inkarnation des private eye: Humphrey Bogart
1. Rekurs: Die literarischen Vorbilder
1.1 Die klassische Detektivfigur
1.2 Die Modernisierung der Detektivfigur: Dashiell Hammett
1.3 Die Romantisierung des private eye: Raymond Chandler
2. Der Film Noir in den 40er Jahren
2.1 Der gesellschaftliche Kontext
2.2 Charakteristika des Film Noir
2.2.1 Visuelle Elemente
2.2.2 Narrative Strukturen
2.2.3 Charaktere
3. Die Figur des private eye im Noir-Kontext
3.2 Vorbote eines Genres? – The Maltese Falcon (1941)
3.3 Der private eye als Noir -Ikone: The Big Sleep (1946)
3.4 Der private eye -Film als Noir -Subgenre
4. Dekonstruktion der private eye -Figur: Chinatown (1974)
4.1 Der gesellschaftliche Kontext
4.2 Chinatown als Noir -Hommage?
4.3 Die Detektivfigur in Chinatown
4.4 Die Reintegration des private eye in den Noir-Kosmos
5. Schluß
I. Einleitung
Der Begriff des Film noir existiert seit 1946. Der französische Kritiker Nino Frank portraitierte in einem Artikel die Hollywoodfilme der Kriegs- und Nachkriegszeit, und verglich sie mit den aktuellen Werken europäischer Regisseure, die im Zuge des Poetischen Realismus speziell in Frankreich eine Art ”Vorliebe für nachtschwarze Bildpoesie”[1] entwickelt hatten. Die Gemeinsamkeiten waren offensichtlich: ”Les Americains, ils font aussi des films noirs.”[2]
Es vergingen über zwei Jahrzehnte, bis Hollywood die Bezeichnung Franks aufgriff[3], um im Nachhinein eine Filmart zu benennen, die sich von den üblichen US-amerikanischen Produktionen signifikant unterschied. Der amerikanische Begriff des Film noir, ins Deutsche mehr schlecht als recht als Schwarze Serie [4] übersetzt, stand nun für eine Reihe von Filmen, die inhaltlich wie formal neue Wege gingen: Das Hollywood-Dogma des happy end wurde in diesen Filmen ebenso in Frage gestellt wie die klassische Schule der Kameraführung, die positiven Helden gerieten ins Zwielicht, die Moral ins Wanken. Die Eingrenzung dieser Schwarzen Serie ist nicht eindeutig vorzunehmen, klar sind nur ihre zwei chronologisch äußersten Eckpfeiler - mithin Vorbote und Epitaph des Phänomens: John Houstons Maltese Falcon von 1941 und Touch Of Evil von Orson Welles, gedreht 1958[5]. Eine Kategorisierung der Filmproduktionen innerhalb dieser Eckdaten hängt von der Überlegung ab, welche Merkmale einen Film zum Film noir machen. Dabei lassen sich zwei Grundauffassungen in der Literatur unterscheiden: Entweder wird Film noir vor allem als ästhetisches Konzept gedeutet, das sich über visuelle Charakteristika definiert, oder er wird über seine Erzähltechnik und die Verwendung bestimmter Figuren zum eigenen Genre. Relevant ist diese Unterscheidung nicht nur für die Prüfung und Einordnung von einzelnen Filmen, die in der Hochzeit der Schwarzen Serie entstanden; entscheidende Bedeutung erhält sie auch, wenn von der Charakterisierung des klassischen Film noir die Kriterien abgeleitet werden, mit denen spätere Filme in die Tradition der Schwarzen Serie gestellt werden. Die oberflächlich gängigen Erkennungsmerkmale – es ist dunkel, es regnet, zwielichtige Gestalten laufen durch schlecht beleuchtete Seitengassen und werden aus unklaren Gründen erschossen – reichen nicht aus, um Kriterien auszudefinieren, die eine Einordnung heutiger Filme in das Noir-Genre – oder das ästhetische Konzept des Film noir – schlüssig ermöglichen[6].
Ein universell verwendbares Einordnungsschema steht also noch aus - und ist vermutlich auch nicht umsetzbar. Der Versuch einer trennscharfen Noir -Definition muß an der Vielzahl und Heterogenität möglicher Merkmale scheitern, und so erhebt die vorliegende Arbeit auch nicht den Anspruch, ein solches Definitionsschema zu liefern.
Untersucht werden soll vielmehr die Entwicklung einer Figur, die prägend für die Schwarze Serie wurde: Des private-eye, der durch Humphrey Bogart in der Rolle Philip Marlowes zum Symbol des klassischen Film noir Hollywoods schlechthin wurde. Durch die Analyse dieser Figur, den Rückbezug auf ihre literarischen Vorbilder und den Vergleich mit der neueren filmischen Interpretation des private eye -Motivs in Roman Polanskis Chinatown sollen zwei Ziele erreicht werden: Zum einen die Etablierung des Detektivfilms als Subgenre innerhalb der klassischen Schwarzen Serie, wobei auch thematisiert werden soll, welchen Konflikten und Beschränkungen die Figur des private eye innerhalb dieses Subgenres unterliegt. Zum anderen der Nachweis, daß die Behandlung des private eye -Mythos in Polanskis Film mehr als nur Hommage an die Schwarze Serie ist: In der Analyse der Detektivfigur in Chinatown soll aufgezeigt werden, daß der Film insofern einen eigenständigen Beitrag zum Film noir leistet, als er Teile des zuvor konstatierten Subgenres auflöst und eine Reintegration in den ursprünglichen Noir -Kosmos ermöglicht.
In einem Schlußteil wird erörtert, inwieweit diese Figuren- und Genretransformation Anhaltspunkte für die mögliche Eingrenzung eines modernen Noir -Begriffes liefern kann - um am Ende über den Umweg der Figurenanalyse doch noch den Versuch zu wagen, einige dafür gültige Kriterien zu etablieren, die den Film noir weder auf ein Genre noch auf ein ästhetisches Konzept reduzieren, sondern im Kern auf einer bestimmten Wahrnehmung moderner Gesellschaft basieren, die Sozialisationsprozesse durch Noir -spezifische inhaltliche und formale Mittel kritisch widerspiegelt.
II. Prolog: Die Inkarnation des private eye: Humphrey Bogart
Es ist dunkel, es regnet. Ein einsam gelegenes Haus, nur ein schwacher Lichtschein dringt durch die Fenster. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkt ein schwarzes Auto, darin ein Mann mit Hut und zerknautschtem Trenchcoat. Er raucht und beobachtet das Haus; Zeit vergeht. Ein plötzlicher greller Lichtschein, Schüsse hallen durch die Nacht. Der Mann springt aus dem Wagen und läuft zu dem Gebäude. Als er die Tür öffnet, findet er einen leblosen Körper auf dem Fußboden, ihm gegenüber sitzt eine leicht bekleidete, offenbar unter Drogen stehende junge Frau. Er untersucht den Raum, findet eine versteckte Kamera und ein chiffriertes Notizbuch, hebt die Frau auf seinen Arm und verläßt das Haus.
Eine Szene aus dem Film The Big Sleep von Howard Hawks aus dem Jahr 1946, gedreht nach dem gleichnamigen Roman von Raymond Chandler – dem Film, der Humphrey Bogart in der Rolle des Philip Marlowe endgültig zur Ikone der Schwarzen Serie Hollywoods machte[7]. Seine Verkörperung des Chandlerschen private eye wurde für alle späteren Darsteller zum Maßstab, seine kühle Souveränität und Schlagfertigkeit zur Legende: ”Ich kann dieses Hochgefühl kaum vom Anblick des düster gekleideten Bogart trennen, der oft in voller Körpergröße zu sehen ist und auf der ganzen Linie siegt. (...) Und dabei sieht er die ganze Zeit so verdammt gut aus und ist so sarkastisch, daß man sich einfach besser fühlt und alles mit anderen Augen sieht. Es ist eine düstere Welt, und fast jede Szene vermittelt eine beklemmende Atmosphäre, doch Bogart bewegt sich darin so sicher wie Joe DiMaggio auf dem Baseballfeld.”[8]
The Big Sleep entstand in der Blütezeit der Schwarzen Serie Hollywoods, und wird als klassischer Film noir der Nachkriegszeit eingeordnet.[9] Tatsächlich ist die Grundstimmung des Films düster, ein knappes Dutzend Menschen kommen um, und Marlowe sieht sich einem scheinbar undurchdringlichen Geflecht aus Erpressung und Abhängigkeiten gegenüber – und er zögert keinen Augenblick, sich der Gefahr auszusetzen, seine Gegner aus dem Weg zu räumen und die Integrität seines Auftraggebers zu wahren. In der oben beschriebenen Szene tauchen bereits wesentliche Charakteristika der Figur auf: Der private eye arbeitet allein, und wacht notfalls die ganze Nacht stoisch in seinem Wagen, um der Klärung des Falles näherzukommen. Er ist hard boiled [10] - so abgeklärt, daß ihn der Fund der Leiche nicht im mindesten beeindruckt. Er benimmt sich Frauen gegenüber distanziert, und ist im allgemeinen unempfänglich für ihre Reize. Er agiert routiniert und führt die Durchsuchung des Zimmers mit kühler Professionalität durch. Er ruft nicht die Polizei, sondern bringt zunächst die junge Frau – es ist die Tochter seines Klienten – in Sicherheit.
Die Verhaltensweisen und Eigenschaften dieses private eye wirken in Howard Hawks’ Film wie ein zum äußersten gebrachtes Destillat, es entsteht eine fast künstlich wirkende Figur, die bestimmten, festgeschriebenen Regeln folgt. Um diese Konventionen offenzulegen, und vor allem die Bedeutung des private eye innerhalb des Film noir -Kontexts einordnen zu können, erscheint es notwendig, die Entstehung und Entwicklung der Detektivfigur zu betrachten, auf die der Bogartsche Philip Marlowe Bezug nimmt.
1. Rekurs: Die literarischen Vorbilder
1.1. Die klassische Detektivfigur
Der erste Autor, der eine eindeutige detective short story verfasste, war Edgar Allan Poe. Sein Held Auguste Dupin klärt in The Murders in the Rue Morgue [11] das klassische Rätsel eines Mordfalls in einem verschlossenen Raum. Dupin agiert in einem Paris der Hinterhöfe, des urbanen Chaos, und überwindet diese Unordnung schließlich mit seiner alles erhellenden Ratio. Poe etablierte hier erstmals das detektivische Mittel der Deduktion: Durch Beobachtung, Zeugenaussagen und Schlußfolgerungen wird schließlich die einzig mögliche Wahrheit ans Licht gebracht. Darüber hinaus veränderte er die populäre melodramatische Mordgeschichte: Er führte mit dem Detektiv eine Figur ein, die noch faszinierender als der Mord selbst war, eine Figur für das zwanzigste Jahrhundert.
Tatsächlich fand sich ein würdiger Nachfolger des Pariser Detektivs erst fünfzig Jahre später: In den Romanen A Study in Scarlett und The Sign of Four (beide erschienen 1890) trat ein Akteur auf, der die Methoden seines Kollegen anwendete und ins schier unglaubliche verfeinerte: Sherlock Holmes, der vermutliche berühmteste Detektiv der Literaturgeschichte. Er errang in England eine solche Popularität, daß sich sein Schöpfer Arthur Conan Doyle nach dem literarischen Ableben seines Helden in The Memoires of Sherlock Holmes gezwungen sah, dem Proteststurm der Leser nachzugeben und den Detektiv wiederauferstehen zu lassen. Die Beliebtheit dieser Figur gründete sich weniger auf die eher bescheidenen handwerklichen Fähigkeiten ihres Autors, als auf einem allgemeinen Bedürfnis nach einer solchen integrativen Gestalt[12]. Sie bot die Möglichkeit, einen gemeinsamen Bezugspunkt herzustellen, trotz Ausbeutung und Elend im England der Jahrhundertwende. Und wirklich schaffte Sherlock Holmes etwas, das vor ihm keine Gestalt der Literatur, ja der populären Mythologie überhaupt geschafft hatte: Alle Tugenden des zeitgenössischen Weltbildes auf sich so zu vereinigen, daß er Ausdruck und Garant des allgemeinen gesellschaftlichen Konsens wurde.[13] Dabei bewegt sich dieser ‘Held des Positivismus’ (Seeßlen) durch eine unübersichtlich gewordenen Welt voller Gefahren; in einer Stadt, die teilweise wie eine Wildnis erscheint[14], bewährt er sich unerschrocken und souverän mit Hilfe seines unfehlbaren Intellekts. Als idealer Held eines urbanen Lesepublikums triumphiert er verläßlich über die Unwägbarkeiten der Metropole, indem er den Mechanismen des Chaos und der Ungerechtigkeit das Prinzip der positivistischen Deduktion entgegensetzt, die alles zu erklären und zu bewerten vermag.
Das Ende der Geschichten ließ keine Fragen offen, und obwohl sich die Figur des Detektivs über den Zeitraum von siebzehn Jahren nicht eine Spur veränderte[15], war seine Popularität bis weit ins zwanzigste Jahrhundert hinein ungebrochen.
In Europa blieb Holmes’ Vorgehensweise der distanzierten Analyse auch für die Nachfolger Conan Doyles, mit Agatha Christie an der Spitze, in den zehner und zwanziger Jahren das Maß aller Dinge, während sich in den USA eine Form der detective short story entwickelte, deren Protagonisten mit grundlegend anderen Mitteln vorgingen.
1.2. Die Modernisierung der Detektivfigur: Dashiell Hammett
Im Gegensatz zu den englischen Detektivgeschichten, in denen die klassische Form des whodunit, die fast akademisch anmutende Lösung eines komplexen Rätsels vorherrschte, ging es in den US-amerikanischen Erzählungen über die Figur des private eye nicht um ein Spiel, schon gar kein intellektuelles.
Der Erfinder dieser neuen Art von detective story war Dashiell Hammett. Er hatte selbst mehrere Jahre bei der Pinkerton-Agentur gearbeitet, und war so mit dem Metier vertrauter als die meisten seiner Schriftstellerkollegen. In einer klaren, extrem reduzierten Sprache (sein Duktus brachte ihm vielfach Vergleiche mir Hemingway ein) ließ Hammett seinen namenlosen Continental Op. ab 1923 durch San Francisco ziehen, einen dicklichen Mann um die Vierzig, der die ihm anvertrauten Fälle durch seine Erfahrung, seine Verbindungen zur Unterwelt und den Einsatz körperlicher Gewalt löst. In der Ich-Form schildert er mit lakonischem Zynismus seinen Arbeitsalltag.
Die Erzählungen erschienen im Black Mask -Magazin, das im Verlauf der zwanziger Jahre zu einem Sammelbecken für Autoren wurde, die man später als Schule der hard boiled -Kriminalgeschichten bezeichnete. Der Begriff hard boiled bezieht sich nicht nur auf die realistischer angelegte Figur des private eye, auch das Umfeld in dem sich der Protagonist bewegt ist ein anderes. Raymond Chandler, später populärster Vertreter dieser Schule, schrieb über Hammett: ”He took murder out of the Venetian vase and dropped it into the alley.”[16] Die Verbrechen finden nicht mehr zu dem Zweck statt, dem Detektiv eine möglichst knifflige Aufgabe zu liefern, über deren Lösung er sich profilieren kann. Sie werden als Teil eines sozialen Systems gezeigt, das diese Verbrechen zu einem gewissen Grad selbst hervorbringt. Die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Tätern und Unschuldigen sind nicht mehr länger eindeutig zu ziehen in einer Gesellschaft, in der die meisten ohnehin nur um ihre Existenz kämpfen. Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus der Handlung von der eigentlichen Aufklärung des Falles zu einer exakten Schilderung der Charaktere und ihres urbanen Umfeldes. Ohne den politischen Aspekt von Hammetts Detektivstories überzubewerten, der in den Romanen seiner mittleren Schaffensperiode am stärksten wahrzunehmen ist, entsteht durch die zynische Darstellung des Detektivalltags das Bild einer Zeit, die ihrer Ideale längst verlustig gegangen ist. ”Hammett, der Zeit seines Lebens ein überzeugter und kämpferischer Linksintellektueller war, (...) gelingt es in Red Harvest und The Glass Key, innerhalb des populären Mediums Detektivroman Sozialkritik an Amerika zu üben.”[17]
Der Continental Op. taugt kaum als Integrationsfigur, und auch als positiv besetzter Antiheld eignet er sich nur sehr bedingt. Erst in seinen beiden letzten Büchern, The Maltese Falcon und The Thin Man entwickelt der Hammett’sche private-eye zunehmend spielerische, ansatzweise sogar satirische Züge (die John Houston in seiner Verfilmung des Maltese Falcon später werkgetreu umsetzte). Der erste moderne private eye ist mithin ”kein Kämpfer gegen den Sumpf der Kriminalität, der Unterordnung unter ein System von blutigem Wahnsinn mit Methode, er ist ein Teil davon. Er greift nicht über seine Zeit hinaus, er ist ihr vollkommener Ausdruck.”[18]
1.3. Die Romantisierung des private eye: Raymond Chandler
Raymond Chandler kam spät und wohl mehr aus wirtschaftlicher Notwendigkeit denn aus innerer Überzeugung zur Kriminalliteratur. Er war älter als Hammett, veröffentlichte aber erst in den dreißiger Jahren seine ersten Arbeiten bei Black Mask. Sein erster Roman war The Big Sleep (1939), in dem er auch seine mit Abstand bekannteste Figur einführte: Philip Marlowe, einen private investigator Ende Dreißig, ehemals bei der Staatsanwaltschaft von Los Angeles angestellt und nun selbständig tätig. Marlowe sieht sich ”im faulen und kranken Herzen unserer Zivilisation”[19] einer Welt gegenüber, die dem Untergang geweiht scheint: ”(...) Eine Welt, in der Gangster ganze Nationen regieren können und Städte manchmal sogar regieren, in der Hotels, Apartmenthäuser und berühmte Restaurants sich im Besitz von Männern befinden, die ihr Geld mit Bordellen gemacht haben, in der ein Filmstar Zuträger einer Bande sein kann und der nette Mann von gegenüber Boss eines Glücksspielsyndikats ist; eine Welt, in der ein Richter, der den ganzen Keller voll geschmuggelten Alkohol hat, einen Menschen ins Gefängnis schicken kann, weil er einen Flachmann in der Tasche hat. (...).”[20] In diesem Zitat Chandlers schlägt sich deutlich seine Weltsicht nieder, die auch bei seinem Protagonisten immer wieder in langen Passagen inneren Monologs wiederkehrt: Eine Gesellschaft, die ihrer moralischen Prinzipien und Maßstäbe beraubt ist, bedarf einer anderen Form der Integrität und Ehre, die sich aus der Ablehnung des Systems generiert und so ihre eigenen Werte schafft.
Chandlers Version des private eye agiert zwar auf den ersten Blick ebenso tough wie der Continental Op. Hammetts, und schätzt sich auch selbst so ein: ”Ich bin ein ganz gerissener Kerl. Ich habe nicht die geringsten Gefühle noch Skrupel.”[21] Tatsächlich aber wird der Zynismus seines Vorgängers bei Philip Marlowe zur Melancholie, zu einer romantischen Reflexion über das Schlechte in der Welt, dem er sich entgegenstellen muß. In der Konsequenz verhält er sich, trotz seiner gegenteiligen Behauptungen, wie ein anachronistischer Ritter in einer korrupten Zeit, der seine traditionellen Ideale gegen alle Widerstände verteidigt: ”For the continental Op, his work is no more than a job; but for Marlowe, his work is a defense of people and values that can be related to Chandler’s own traditional and orthodox background.”[22] Damit unterscheidet sich Chandler nicht nur stilistisch signifikant von Hammett, dessen extrem harte, reduzierte Sprache der ‘Handlungsliteratur’ er zugunsten eines im Vergleich fast melodramatischen Ausdrucks ersetzte. Sein private eye taugt auch sehr viel stärker zur Identifikation, weil er das nach Chandlers Definition Gute zu seinem Wertmaßstab macht, und sich damit herauslöst aus dem System, das er bekämpft – und das ihn gleichzeitig gut aussehen läßt. Sein Entsetzen über den Zustand der Welt ist nicht gespielt, und kommt – wieder im Gegensatz zu Hammett – offen und moralisierend daher. Dadurch entsteht jedoch keine kritische Sicht auf mögliche gesellschaftliche Realitäten, sondern das Konstrukt eines ‘eschatologischen Helden’[23], der vor dem Hintergrund einer verdorbenen Zivilisation seiner Bestimmung nachkommt, um am Ende wenn nicht einen Triumph gegen das System, so doch den moralischen Punktsieg zu erringen: ”Not only had Chandler described his detective hero, he had (...) presented the American hero. The result was that Chandler was actually writing romantic fiction. The action and violence more or less covered up the fact that everything came out all right in the end.”[24]
Die unterschiedliche Grundtendenz zwischen Hammett und Chandler schlug sich später auch in der Filmadaption ihrer private eye stories innerhalb der Schwarzen Serie Hollywoods nieder[25]: Die Stories und Romane, die den Continental Op. zum Protagonisten hatten, wurden größtenteils als unverfilmbar angesehen, obwohl sich Paramount zunächst eine Option auf die Verfilmung gesichert hatte.[26] Erst die drei letzten Bücher Hammetts wurden erfolgreich umgesetzt, im Vergleich zu den Philip Marlowe-Verfilmungen der vierziger Jahre aber konnte sich dieser private eye nur in John Houstons Maltese Falcon (1941) etablieren – in der Gestalt Humphrey Bogarts, der den Detektiv Sam Spade so lakonisch gab, daß selbst dessen zynische und moralisch ambivalente Grundhaltung sympathisch wirkte.
2. Der Film Noir in den 40er Jahren
2.1. Der gesellschaftliche Kontext
In der Literatur werden Entstehung und Etablierung des klassischen Film noir fast immer mit den gesellschaftlichen Realitäten und Stimmungen im Amerika der Kriegs- und Nachkriegszeit in Verbindung gebracht. Die wirtschaftliche Belastung, das Grauen des Weltkrieges und nach 1945 die Konflikte bei der Reintegration zurückgekehrter Soldaten schufen ein Klima der Unsicherheit und Depression, das sich in einer neuen Art von Filmen niederschlug.
Diese Filme handelten von Personen in einer Welt, die nicht mehr länger geordnet und sicher schien. Menschen, die ein oberflächlich betrachtet normales Leben führten, fanden sich plötzlich in einer unübersichtlichen und abgründigen Noir -Welt wieder, in der sie existentiell bedroht waren – durch den Verlust moralischer Bezugspunkte wie durch innere Konflikte, denen sie hilflos ausgeliefert waren. “Die ‘schwarzen’ Filme der vierziger Jahre [stellten] die wirtschaftliche, politische und soziale Ordnung der amerikanischen Gesellschaft grundsätzlich in Frage, nicht, indem sie ‘kritisierten’ (dafür hätte es ja keinen Adressaten gegeben), sondern indem sie den moralischen und psychischen Verfall der Menschen schilderten.”[27] Dabei waren die Filme der Schwarzen Serie nicht primär realistische Schilderungen gesellschaftlicher Zustände, sondern thematisierten menschliche Beziehungen und Konflikte, die die Rückbindung des Individuums an die amerikanische Ideologie von Erfolg und Freiheit im gesellschaftlichen Aufstiegskampf aufhoben.[28] Die Figuren in diesen Filmen entsprechen nicht dem bisherigen Bild klassischer Hollywood-Helden. Sie wirken verloren und überfordert, und sind in ihrem Kampf gegen äußere Bedrohungen und ihr eigenes Schicksal meist von Beginn an zum Scheitern verurteilt[29].
Die Hochzeit der Schwarzen Serie endete folgerichtig zu Beginn der fünfziger Jahre, als sich die allgemeine Krisenstimmung in den USA abschwächte und eine Restauration konservativer Werte einsetzte. Die Schaffung des von McCarthy geführten House Committee on Un-American Activities (HUAC) war stärkster Ausdruck dieser Tendenz: “Der Rechtsruck in der amerikanischen Gesellschaft schuf ein politisches Klima, das in der Gesellschaft und ebenso auf der Leinwand wieder nach positiven Figuren verlangte und für die Kritik und Negativität des Film noir keinen Freiraum mehr offenhielt”[30]
In der kurzen Periode ihrer Blüte zwischen 1944 und 1950[31] aber etablierten diese Filme zahlreiche visuelle und narrative Elemente, die heute als spezifisch Noir angesehen werden.
2.2 Charakteristika des Film Noir
2.2.1 Visuelle Elemente
Die Auswahl filmischer Elemente, die eine Gruppe von Filmen von anderen ihrer Zeit abgrenzt, ist immer problematisch. : “The notion of genre is a theoretical tool, not a ‘natural fact’: To consider any group of works as a genre is to choose some traits as pertinent, others as irrelevant.”[32] Dennoch ist es möglich, einige Gemeinsamkeiten der Schwarzen Serie herauszuarbeiten.
Die auf den ersten Blick klarsten – und unter Umständen auch irreführenden – Charakteristika des klassischen Film noir sind ohne Zweifel visueller Natur[33]: Die dunkle Bildsprache und starken Kontraste wie auch die extremen Kameraeinstellungen der Schwarzen Serie waren – zumindest in Hollywood – etwas genuin Neues und gaben der Bewegung ihren Namen. Maßgeblichen Anteil an der visuellen Gestaltung dieser Filme hatten europäische Emigranten, die im Zuge der krisenhaften Entwicklung in die USA geflohen waren: Sie brachten Elemente des deutschen Expressionismus und des französischen poetischen Realismus in das amerikanische Kino ein: Licht und Schatten werden zu visuellen Mitteln, die Befindlichkeit und Konflikte der Protagonisten verdeutlichen, surreale Beleuchtung setzt die handelnden Personen zueinander in Beziehung, erhöhte oder extrem niedrige Kamerawinkel suggerieren Verlorenheit oder Bedrohung. Dabei wurden die bildsprachlichen Mittel auch tatsächlich expressionistisch eingesetzt: Sie machten innere Konflikte und Stimmungen der Figuren nach außen sichtbar.
2.2.2 Narrative Strukturen
Fast immer liegt den Filmen der Schwarzen Serie ein Verbrechen oder eine kriminelle Handlung zugrunde. Der Fokus der Erzählung richtet sich aber meist nicht auf die lineare Aufklärung des Falles in der Tradition eines klassischen whodunit, sondern konzentriert sich auf das Schicksal der Protagonisten und auf die Umstände, durch die sie in – meist ausweglose – Krisensituationen geraten sind. Innere Konflikte und Orientierungslosigkeit der handelnden Personen im Film noir korrespondieren auch mit neuen erzählerischen Mitteln. Komplizierte und zuweilen unübersichtliche plots führen den Betrachter in die Irre, Rückblenden ermöglichen Sprünge zurück in die Vergangenheit, Off-Erzählungen etablieren zusätzliche narrative Ebenen. Auch diese Neuerungen dienten letztlich dazu, die Bedrohung, Desorientiertheit und inneren Konflikte der Figuren filmisch umzusetzen.
2.2.3 Charaktere
Im Zentrum des klassischen Film noir stand die Generierung neuartiger Charaktere, die sich deutlich von Filmfiguren der Vorkriegszeit unterschieden. Dabei lassen sich drei Grundschemata männlicher Personen herausarbeiten, deren Schicksal, Beziehungen und Konflikte das Grundthema der Schwarzen Serie – die Orientierungslosigkeit und Entfremdung des Individuums innerhalb der modernen Industriegesellschaft – unterschiedlich widerspiegeln: Der investigator, ob als Detektiv oder Privatperson auf der Spur eines Verbrechens; das Opfer, das – wenn nicht schuldlos, so doch unfreiwillig – in eine kriminelle Handlung hineingezogen wird; und schließlich der Psychopath, der bereits von vornherein außerhalb aller gesellschaftlichen Normen steht[34]. Ihnen allen ist Eines gemeinsam: Die Ambiguität ihres Charakters, die keine eindeutige Zuordnung in ein moralisches oder gesellschaftliches Gut/Böse-Schema mehr zulässt.
An ihrer Seite steht meist ein weibliches Pendant: Die Femme fatale, neben dem private eye die wohl bekannteste Figur des Film noir.[35] Sie inkarniert eine Frauenfigur, der eine ebensolche moralische Ambivalenz innewohnt wie den männlichen Noir -Figuren. Mehr noch: Sie steht als Symbol der Verführung, der Gefahr und des Untergangs. Sie fordert den private eye heraus, treibt das ihr sexuell hörige Opfer zum Verbrechen oder sieht unbewegt zu, wie der psychopathische Gangster in sein Verderben läuft – sie ist mithin die Personifizierung der Noir -Welt, mit der sich die männlichen Charaktere auseinandersetzen oder der sie zum Opfer fallen. Dabei thematisiert der Film noir einen weiteren Grundkonflikt innerhalb der US-amerikanischen Nachkriegsgesellschaft – die sich verändernden Rollenbilder der Geschlechter, die Infragestellung männlicher Dominanz: “the films circumscribed as noir are seen as playing out negative dramas of masculine trauma and gender anxiety brought on by wartime destabilisation (...).”[36]
Inwieweit aber die männliche Identität, wie stark die moralischen Werte der Protagonisten – und damit auch ihres gesellschaftlichen Umfelds – in Frage gesellt werden, hängt dabei entscheidend von einem Faktor ab: Aus welcher Position heraus erfolgt ihre Interaktion mit der Noir -Welt? Wie sehr sind die ‚doomed, unheroic protagonists’ (Hirsch) der Schwarzen Serie tatsächlich Nicht-Helden, die im Gegensatz zu einem durchaus positiv konnotierten Antihelden kaum über Identifikationspotential verfügen?
Die Figur des private eye – und damit die Verfilmungen der Romane von Hammett und Chandler – nimmt dabei eine Sonderstellung ein, die sie von anderen Charakteren des Film noir absetzt und die in einer Untersuchung der beiden bekanntesten Detektivfilme der Schwarzen Serie herausgearbeitet werden soll.
3. Die Figur des private eye im Noir -Kontext
3.1 Vorbote eines Genres? -The Maltese Falcon(1941)
The Maltese Falcon war 1941 der Erste – und für längere Zeit auch der Einzige – der später als Schwarze Serie bezeichneten Hollywoodfilme der vierziger und fünfziger Jahre[37]. Bereits in den Jahren zuvor waren die späten Romane Hammetts mehrfach verfilmt worden, allerdings nur mit mäßigem Erfolg und mit inhaltlichen und optischen Prämissen, die noch eindeutig dem Gangsterfilm der dreißiger Jahre zuzuordnen waren: Der private eye trug eher märchenhaft-abenteuerliche Züge, oder löste in der Tradition Sherlock Holmes’ intellektuelle whodunits [38].
John Houston ging in seinem Erstlingsfilm neue Wege und etablierte - zumindest retrospektiv betrachtet - die filmische Figur des ‚schäbigen’ Privatdetektivs, die mit dem Bild des Gangsters und dem Bild des harten Polizisten eine Synthese einging. Die Protagonisten, allen voran Humphrey Bogart in der Rolle des private eye Sam Spade, agieren in zuweilen kammerspielartigen Szenen, die nur am Rande mit Action angereichert sind und den Fokus auf die Charakterisierung der Hauptpersonen legen: Der Detektiv, der sich nach der Ermordung seines Partners Archer während einer Beschattung auf die Spur der Täter begibt, wird in ein zunehmend kompliziertes Geflecht von Intrigen verwickelt, in dessen Zentrum ein mythischer Kunstgegenstand steht: Der Malteser Falke. Das eigentliche Kapitalverbrechen, dem Spade auf der Spur ist – der Mord an Archer – tritt schnell in den Hintergrund. Eigentliches Thema des Films wird die Jagd nach der geheimnisvollen Statue, die immer mehr Züge einer absurden – und letztlich erfolglosen – Schatzsuche annimmt.
Bildsprachlich enthält The Maltese Falcon noch nicht die sich erst später etablierenden visuellen Mittel der Schwarzen Serie. Er ist konventionell gefilmt, die Szenen spielen fast ausschließlich in geschlossenen Räumen. Die komplizierte Story der Romanvorlage wird linear erzählt, der – ursprünglich zentrale – Mordfall wird erst in der letzten Sequenz aufgeklärt. Die Filmfiguren aber tragen bereits wesentliche Merkmale des klassischen Film noir. Vor allem die moralische Ambivalenz der Detektivfigur in der Interaktion mit den Gangstern auf der einen, der Polizei auf der anderen Seite deuten zentrale Grundkonflikte an, die in späteren Filmen der Schwarzen Serie immer wieder auftauchen. John Houston pflegt eine Art skeptischen Realismus, der die Rollen weniger eindeutig verteilt, weil ihm die Figuren weniger durchschaubar, die Fronten weniger scharf abgegrenzt erscheinen.[39] “Zynismus und Amoralität sind in The Maltese Falcon [jedoch] keine Eigenleistung des Regisseurs, (…) sondern entstehen aus einer textgetreuen Verfilmung von Hammetts Roman.”[40] Dabei ist augenfällig, daß der private eye Sam Spade über ein höheres Identifikationspotential verfügt als der Continental Op. der frühen Stories. Trotz seines egoistischen Verhaltens gewinnt Humphrey Bogart der Figur positive Seiten ab, läßt sie lakonisch und schlagfertig nach der Wahrheit suchen. Dazu trägt bei, daß die Gangstercharaktere wie die Jagd nach dem wertvollen Kleinod fast absurde Züge tragen, die ihre Handlungen zuweilen lächerlich wirken lassen. Den Auseinandersetzungen zwischen den Protagonisten wird so die existentielle Schärfe genommen, der Kampf um den Falken erscheint wie “ein Spieler-Abenteuer, in welchem gepokert wird wie sonst am Spieltisch (...)”[41] – und auch die Femme fatale (gespielt von Mary Astor), die Spade für ihre Interessen einzusetzen sucht, läßt den private eye nie ernsthaft Gefahr laufen, die Oberhand zu verlieren: “Spade’s control over the noir world is never really in doubt.”[42] Der Erfolg dieser ‚neuen’ Detektivfigur wäre sicher nicht in diesem Maße eingetreten, hätte sie nicht Humphrey Bogart verkörpert, der mit dieser Rolle so identisch wurde, daß alle späteren Darsteller von hard boiled- Detektiven sich an ihm messen lassen mußten.[43] Die Position des private eye in der Interaktion mit der Noir -Welt aber ist hier die eines Außenstehenden, die Distanz zwischen beiden bleibt gewahrt.[44]
In den Jahren darauf wurden mehrere Filme nach den Romanen Hammetts und Chandlers gedreht. The Glass Key (1942), der bereits 1935 erstmals verfilmt worden war, entsprach wohl am ehesten den Intentionen des Autors – er war ansatzweise politisch, ein Zug, der dem Maltese Falcon fehlte. Bezeichnenderweise war der Protagonist in The Glass Key aber kein private eye, sondern der Helfer eines einflußreichen Kommunalpolitikers. Die wenigen Einblicke, die der Film über das Verhältnis zwischen Unterwelt und politischer Arena aufzeigte, machten deutlich, daß diese Beziehung eng und durchdrungen war[45]. Chandlers Philip Marlowe wurde 1944 erstmals verfilmt, mit Dick Powell in der Rolle des private eye. „Aber es zeigte sich, daß die Figur des ‘schäbigen’ Privatdetektivs mit der Darstellung Bogarts verknüpft war.”[46]
3.2 The Big Sleep(1946)
The Big Sleep, von Howard Hawks 1945/46 gedreht, basierte auf dem gleichnamigen ersten Roman Raymond Chandlers. In der Rolle des Philip Marlowe spielte Humphrey Bogart zum zweiten Mal einen hard boiled detective. Der Film machte ihn nicht nur zur zentralen Figur der Schwarzen Serie Hollywoods; er etablierte mit Bogart und Lauren Bacall – neben Veronica Lake und Alan Ladd[47] – das Traumpaar der vierziger Jahre. Bereits zwei Jahre zuvor hatten die beiden erstmals zusammen agiert, in der (sehr freien) Hemingway-Verfilmung To Have And Have Not, ebenfalls von Hawks.
Philip Marlowe soll im Auftrag des pensionierten und todkranken Generals Sternwood ermitteln, wer dessen jüngere Tochter Carmen erpreßt. Bereits nach kurzer Zeit nimmt der zunächst harmlose Fall monströse Formen an: Mehrere Menschen verschwinden spurlos, andere werden aus unklaren Gründen erschossen (...). Während Marlowe versucht, mit den Ereignissen Schritt zu halten, entspinnt sich eine Romanze mit der älteren Tochter Sternwoods, Vivian (Lauren Bacall), die eine undurchsichtige Rolle in dem zunehmenden Chaos spielt. Am Ende des Films wird der Drahtzieher des Komplotts versehentlich von seinen eigenen Gefolgsleuten umgebracht und Carmen Sternwood in eine Anstalt eingewiesen. Zehn Personen sind tot, Marlowe und die – letztlich unschuldige – Vivian ein Paar. Der bereits in der Romanvorlage sehr komplexe plot wird im Film gänzlich undurchschaubar, der Kriminalfall gerät zur bloßen Folie, vor deren Hintergrund die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten in Szene gesetzt wird. Gerade durch die Fokussierung auf die beiden Hauptdarsteller aber entsteht ein Portrait der private eye -Figur in der Version Raymond Chandlers, anhand dessen sich Konventionen und Charakteristika des hard boiled detective eindeutig herausarbeiten lassen.
Der Film selbst wirkt düster, nur Anfangs erscheint das Gewächshaus, in dem Marlowe von Sternwood seinen Auftrag erhält, lichtdurchflutet und freundlich. Mit fortschreitender Handlung häufen sich die Nachtszenen, oft regnet es. Dabei verzichtete Hawks allerdings auf andere klassische visuelle Stilmittel des Film noir: ”The film’s visual style is entirely characteristic of Hawks: economical, fluid, smoothly functional, with no unusual camera angles, no ‘expressionistic’ effects.”[48]
The Big Sleep enthält auch keine Rückblenden, die Geschichte wird ohne eine Off-Stimme des Detektivs erzählt – obwohl das bei Noir-Adaptionen von in der ersten Person geschriebenen Vorlagen durchaus üblich war.[49] So wirken die komplizierten Handlungsstränge noch verwirrender, tatsächlich steht am Ende eine Auflösung, die einen Teil der Mordfälle nicht hinreichend logisch erklärt. Die Komplexität des Drehbuchs, in der Schwarzen Serie oft auch ein Mittel, die Orientierungslosigkeit der Charaktere zu verdeutlichen[50], erklärt sich hier anders: Die Romanze und die verbalen Auseinandersetzungen zwischen Marlowe und Vivian (bzw. Bogart und Bacall) verdrängten die Logik der Story komplett. “Der plot [wurde] einfach aufgegeben und nur noch darauf geachtet, daß die einzelnen Szenen ‘witzig’ waren. Solange der Film Pep hatte, brauchte er vielleicht gar keine logische Erzählstruktur.”[51] Tatsächlich wurden mehrere screwball-Sequenzen mit dem Hauptdarstellerpaar nachgedreht, die die wenigen plot-Erklärungen ersetzten.
Die Figur der Vivian besitzt dabei nur noch optisch die Eigenschaften einer Femme fatale. In der Romanvorlage als kalt und berechnend beschrieben, erliegt sie im Film bald dem rauhen Charme Marlowes. Ihre Gefährlichkeit wohnt nicht der Figur selbst inne, sondern besteht darin, daß sie unschuldig im Zentrum eines Komplotts steht, dem sie nicht aus eigener Kraft entkommen kann – Marlowe muß sie also retten. Die Funktion dieser romantisierten Femme fatale ist Affirmation: Sie schärft das Profil des private eye und stärkt seine souveräne Position. Er hat nicht nur die Noir -Welt, sondern auch die Frauen im Griff. Illustriert wird das durch eine ganze Reihe weiblicher Nebenfiguren, die dem Detektiv binnen weniger Augenblicke zu Füßen liegen, und die im Roman zum Teil gar nicht vorkommen[52]. Hawks überzeichnet damit aber nur Eigenschaften, die bei Chandler ohnehin angelegt sind. Philip Marlowe kennt keine ‚Krisen männlicher Identität’ (Werner), sein Verhältnis zu Frauen unterliegt wie sein ganzes Wesen einem ritterlichen Ehrenkodex.[53] Die Moralvorstellungen, die er einer unmoralischen Gesellschaft entgegensetzt machen ihn unangreifbar: “Seine Rüstung hat keine erkennbare Schwachstelle; nichts deutet darauf hin, daß sich dahinter irgendein innerer Konflikt verbirgt (...).”[54]
Diese Etablierung eines eigenen moralischen Kodex hebt aber auch die Ambivalenz der Detektivfigur auf, die bei Sam Spade im Maltese Falcon noch zu spüren ist. Sie schließt ein Scheitern aus – und nimmt der Noir-Welt damit ihre eigentliche Bedrohlichkeit. Marlowe wird, indem er das System einer in seinen Augen korrupten und verdorbenen Zivilisation ablehnt, selbst zur moralischen Instanz.
Foster Hirsch macht diesen Bruch mit zentralen Inhalten des Film noir am Regisseur fest: ”(…) The Big Sleep has no genuine feeling for the genre’s possibilities.”[55] Tatsächlich aber sind der Filmfigur des private eye Wesenszüge eingeschrieben, die sie aus dem Kontext der Schwarzen Serie herausheben und eine Integration in die Noir-Welt verhindern.
3.3 Der private eye -Film als Noir -Subgenre
Den private eyes des klassischen Film noir ist Eines gemeinsam: Sie können am Ende mehr oder weniger unbeschadet wieder in ihr Büro zurückehren. Im schlimmsten Falle sind sie nach Erledigung des Auftrags noch etwas desillusionierter über die Schlechtigkeit der Welt als vorher, aber das wirft sie nicht aus der Bahn. Diese Unantastbarkeit gegenüber den Widrigkeiten des urbanen Umfelds, in dem sie agieren, unterscheidet sie grundsätzlich von anderen Figuren: ”Most of the protagonists of Film Noir are the playthings of designing women, of their own dark, subterranean inclinations, and of a malevolent fate.”[56] Der Detektiv tritt dem Schicksal entgegen, kennt keine inneren Konflikte und sieht in selbstbewußten Frauen eine entweder berufliche oder erotische Herausforderung, die es zu meistern gilt. Im Gegensatz dazu stehen seine Gegenspieler ebenso schlecht da wie fast alle anderen Charaktere der Schwarzen Serie: Sie sind am Ende des Film entweder tot, sitzen im Gefängnis oder haben zumindest alles Glück und ihr Vertrauen in die Gesellschaft verloren. In Filmen wie Double Indemnity, The Killers, The Big Heat oder Touch Of Evil[57], sämtlich Klassiker des Film noir Hollywoods, werden die Schicksale von Menschen gezeigt, die tatsächlich dem Bild des ‘doomed character’ (Hirsch) entsprechen. Ihre Welt ist ebenso dunkel und bedrohlich wie die in The Big Sleep – allein, es fehlt der private eye als Orientierungspunkt und beruhigende Garantie, daß alles wieder in Ordnung kommt. Diese Filme ohne positiv besetzte (Anti-)Helden entwickeln die Quintessenz des Film noir: “[They] tend to show humanity as totally amoral, grasping and prepared to sacrifice anything for material gain, it is from a viewpoint without mercy and without a sense of possible redemption.”[58] In ihnen werden Kernthemen der Schwarzen Serie behandelt: Gier und sexuelle Abhängigkeit lassen Liebe zum bloßen Machtmittel werden; die Vergangenheit holt den ihr Entfliehenden unerbittlich ein; Schicksalsschläge lassen den Betroffenen zur Selbstjustiz greifen und letztlich verzweifeln; politischer Einfluß macht den ihn Ausübenden unausweichlich korrumpierbar. All diese Inhalte des Film noir werden durch den private eye nicht negiert, in den meisten Detektivfilmen sind sie Bestandteil der Story. Aber er ist weder als Opfer noch als Täter existentiell davon betroffen, wird durch seine Gegenposition der letztlich moralisch stabilisierende Faktor in einer vom Chaos dominierten Welt – und etabliert dadurch eine alternative Figur US-amerikanischer Mythologie: “Der amerikanische Privatdetektiv ist die mythologische Fortschreibung des Westeners, dieses legendenhaften Mannes, der der Zivilisation entflieht und doch ihr Wegbereiter ist; er ist der Moralist (...), der ewige Pfadfinder, der aufgrund seiner ‚notwendigen Sünden’ an den Plätzen, die er für die Folgenden auskundschaftet, keinen Frieden finden kann.”[59]
Der Philip Marlowe Chandlers wie die Filmfigur stellen sich gegen die bürgerliche Gesellschaft nur deshalb, weil sie verdorben ist – durchdrungen von der Noir -Welt, mit der sie sich auseinandersetzen müssen. Dabei wollen sie eigentlich nur Gutes tun: “In der Time von dieser Woche wird Marlowe als ‚amoralisch’ bezeichnet. Das ist purer Unsinn. (...) Es ist der Kampf aller grundehrlichen Menschen, sich in einer korrupten Gesellschaft auf anständige Weise den Lebensunterhalt zu verdienen.”[60]
Und auch wenn Marlowe meint, dieser Kampf sei ‚no game for knights’[61], so widerlegt er sich in seinen Einstellungen und Handlungen selbst. Der private eye wird zum Apologeten einer besseren Welt, zum romantischen Außenseiter in der Rolle eines ‚american hero’ (Durham). Er verläßt dadurch den Kanon der Noir -Charaktere und etabliert ein eigenes Subgenre innerhalb der Schwarzen Serie: Eine Art modernen Ritterfilm, der vom Kampf gegen das Böse erzählt und dabei eine Integrationsfigur präsentiert, die durch ihre Unfehlbarkeit indirekt systemstabilisierend wirkt.
Hier nähert sich Marlowe seinen klassischen Vorgängern an: Er bewegt sich wie Auguste Dupin durch ein urbanes Chaos, ohne dabei die Orientierung zu verlieren. Sein Positivismus gründet sich nicht wie bei Sherlock Holmes auf das Vertrauen in die Kraft der Deduktion, sondern auf die Unverrückbarkeit seiner moralischen Werte – das Resultat, die Entwicklung eines hohen Integrationspotentials, ist das gleiche. Überspitzt formuliert, fällt anderen Figuren in den Marlowe-Filmen zuweilen eine Rolle zu, die mit der von Holmes’ Dr.Watson vergleichbar ist: “Marlowe ist [in The Big Sleep ] im Grunde fehlerlos, brilliant und völlig unabhängig, außer in einer Beziehung: Er braucht jemanden, mit dem er sich unterhalten kann, so wie ein Komiker einen normalen Partner braucht.”[62] Diese Überzeichnung ist nicht auf jeden private eye -Film der Schwarzen Serie anwendbar, verdeutlicht aber die Distanz zwischen der Position Marlowes und Charakteren, die tatsächlich in der Noir -Welt gefangen sind.
Von den literarischen private eyes der hard boiled -Schule entspricht der Continental Op. Hammetts noch am ehesten einer echten Noir -Figur: Skrupellos und unheroisch erledigt er einen Job, der ebensowenig moralisch ist wie das System, in dem er agiert. Konsequenterweise gibt es keine Verfilmungen dieser Stories.[63] Auch der unterschiedliche Erfolg der Romanverfilmungen von Hammett und Chandler ist auf die ungleiche moralische Position und das differierende Identifikationspotential der Charaktere zurückzuführen. “Chandler [verdankte] bei allen literarische Meriten seinen Erfolg auch einer ‚Vereinfachung’ der von Hammett geschaffenen Konstellationen.”[64] Erst in Sam Spade, der zwar moralisch ambivalent, aber dennoch integer auftritt – und sich damit der Marlowe-Figur annähert – schuf Hammett einen positiv besetzten Protagonisten. Chandler ließ den bei seinem Vorgänger noch teilweise vorhandenen gesellschaftskritischen Ansatz zur romantischen Reflexion werden – und machte den private eye zum Filmhelden.
Die zentralen Motive und Themen des Film noir ließen sich durch diese populäre Figur des private eye nicht adäquat umsetzen, für viele Filmschaffende entsprach dieser Charakter tatsächlich nicht ihren Vorstellungen eines Noir-Protagonisten: Keiner der europäischen Exilregisseure, die unbestritten für viele der kritischsten und ‚schwärzesten’ Filme innerhalb der Schwarzen Serie verantwortlich zeichneten, wandte sich den hard boiled -Detektiven zu.[65]
Der Detektiv als Ikone dieses – im Vorigen herausgearbeiteten – Noir -Subgenres illustrierte auch Niedergang und Ende der Schwarzen Serie Hollywoods: In den Verfilmungen von Mickey Spillanes private eye Mike Hammer wurde er zu einem paranoiden Gewalttäter, “dessen faschistoide Methoden die Grenze zur Neurose weit hinter sich [ließen].”[66] Diese offen reaktionäre Variante des Detektivs war Ausdruck des veränderten gesellschaftlichen Klimas in den USA. Spätestens mit dem Amtsantritt Eisenhowers setzte eine Entwicklung ein, die kritische Auseinandersetzungen mit dem System erschwerte. In I, The Jury (1953) und Kiss Me Deadly (1955) etablierte sich der private eye als Kommunistenjäger und Hasser von Homosexuellen, und führte nicht nur die kritischen Ansätze Hammetts, sondern auch die romantische Melancholie Chandlers ad absurdum.[67]
4. Die Dekonstruktion des private eye -Mythos: Chinatown (1974)
4.1 Der gesellschaftliche Kontext
Die Stimmung in den Vereinigten Staaten zu Beginn der siebziger Jahre ähnelte in ihren Grundzügen jener der Nachkriegszeit: Eine Phase der Krise, der Irritation und des Mißtrauens in die gesellschaftliche Ordnung. Vor allem der Vietnamkrieg und die Watergate-Affäre schienen das politische System und die Sinnhaftigkeit Amerikanischer Werte in Frage zu stellen. Die Filme dieser Zeit korrespondierten mit Ansätzen Hollywoods in der Nachkriegsära: Nach den primär restaurativen Strömungen der fünfziger und sechziger Jahre vergrößerte sich für einige Zeit die Zahl kritischer Filme, wobei besonders das Motiv der politischen Verschwörung im Vordergrund stand (The Parallax View, All The President’s Men [68] ). Aber auch die Themen des klassischen Film noir wurden erneut aufgegriffen, denn sie entsprachen in vieler Hinsicht der aktuellen gesellschaftlichen Wahrnehmung: ”The 1970s Film noir revival signaled the death of political liberalism, which found itself suddenly powerless against the economic realities of corporate capitalism and the military-industrial state.”[69] Auch die Figur des Privatdetektivs tauchte in diesem Kontext wieder auf. Die Umdeutung und Modernisierung dieser Figur gelang dabei am nachhaltigsten in Roman Polanskis Chinatown (1974), dem “definitiven private eye -Film der siebziger Jahre”[70]
4.2 Chinatown als Noir -Hommage?
Der Beginn von Chinatown atmet eine nostalgische Atmosphäre, die den Betrachter in frühere Hollywood-Zeiten zurückversetzt: Zu getragener Musik erscheinen im Vorspann Art-Deco Titel auf sepiafarbigem Untergrund, die Überblendung in die erste Szene zeigt ein dämmeriges Büro, von der Außenwelt durch altmodische Jalousien abgeschirmt. Der Privatdetektiv Jake J. Gittes (Jack Nicholson) bietet einem frustrierten Klienten Whiskey an, und beruhigt ihn mit lakonischen Bemerkungen – ein Storybeginn wie aus einem Chandler-Roman.
Dabei haben Bildsprache und Farbigkeit des Films weniger visuelle Bezüge zur Ästhetik der Schwarzen Serie, sie “vermitteln mehr den Geist des Film noir, als daß sie direkte Stilanlehnungen wären.”[71] Die eigentliche Parallele zu den klassischen private eye-Filmen der vierziger Jahre entsteht durch die plot-Entwicklung, die den Detektiv mit einem Routinefall konfrontiert, der nach und nach immer größere Ausmaße annimmt. Das von Robert Towne geschriebene Drehbuch entwickelt dabei eine Komplexität, die es mit den besten Stories Dashiell Hammetts aufnehmen kann. Eine semisubjektive Erzählweise – der Zuschauer weiß nicht mehr als der Protagonist – verwirrt den Betrachter ähnlich wie in The Big Sleep zusätzlich – mit dem Unterschied, das die Auflösung bei Chinatown bis ins Detail stimmt.
Im Los Angeles der dreißiger Jahre beschattet der auf Ehestreitigkeiten spezialisierte private eye Jake Gittes den Chefingenieur der städtischen Wasserversorgung Hollis Mulwray – beauftragt von seiner Frau, die eine Affäre vermutet. Als der Ingenieur tot aufgefunden wird, zieht der Fall weitere Kreise: Gittes kommt einer Betrugs- und Korruptionsaffäre auf die Spur, erfährt, daß seine Auftraggeberin sich nur als Ehefrau des Getöteten ausgegeben hat – und verliebt sich in die echte Evelyn Mulwray, deren Vater Noah Cross (John Houston) der vermutliche Drahtzieher des Betrugskomplotts ist. Als Gittes schließlich Evelyns Geheimnis aufdeckt – sie wurde von ihrem Vater vergewaltigt und hat mit ihm eine Tochter – versucht er ihr zur Flucht zu verhelfen. An ihrem Treffpunkt in Chinatown aber wartet bereits Cross mit der Polizei auf sie. Evelyn schießt ihren Vater an und versucht mit ihrer Tochter Catherine zu entkommen, während Gittes in Handschellen nur noch hilflos zusehen kann, wie die Flucht mißlingt und Evelyn erschossen wird.
Spätestens am Ende des Films wird klar, das Polanski die bisherigen Grenzen des private eye -Genres aufbricht: Der Privatdetektiv in Chinatown erleidet eine totale Niederlage; sein Bemühen, den Fall zu lösen und die von ihm geliebte Frau zu retten, schlagen auf drastische Art fehl. Aber bereits die Anlage der Detektivfigur Jake Gittes’ unterscheidet sie signifikant von ihren Vorgängern der Schwarzen Serie.
4.3 Die Detektivfigur in Chinatown
Der private eye in Polanskis Film ist kein ‚einsamer Wolf’ wie der von Humphrey Bogart gespielte Philip Marlowe. Dessen Melancholie wird bei Gittes zur zynischen Weltsicht, zu einer ‚déformation professionelle’[72]. Sein Gerechtigkeitsgefühl ist nach den langen Jahren seiner Tätigkeit praktisch nicht mehr vorhanden, den Fall Hollis Mulwray verfolgt er aus anderen Gründen weiter: Die Entdeckung, daß ihn eine Hochstaplerin mit der Beschattung beauftragt hat, läßt ihn um seinen Ruf bangen – es ist die „Furcht des Aufsteigers vor dem Verlust seiner sozialen Position“[73] die ihn zum Weitermachen veranlaßt. Sein Äußeres vermittelt den Eindruck eines Stutzers, seine hellen Anzüge wären an Marlowe undenkbar. Tatsächlich dienen sein gepflegtes Auftreten wie auch die Versuche, kultiviert zu wirken (er bedient sich mehrfach französischer Worte, ist dieser Sprache jedoch gar nicht mächtig) der Abgrenzung von einem Milieu, dem er entkommen zu sein scheint: Chinatown. Stück für Stück entpuppt sich dieser Begriff als zentrale Metapher für Gittes’ Vergangenheit, und je mehr er über sein früheres Leben als Polizist in diesem Stadtviertel preisgibt, desto merklicher wird seine Sorge, von dieser Vergangenheit eingeholt zu werden. So verläßt er die übliche Konventionen des private eye, der in den Filmen der Schwarzen Serie eine Sherlock Holmes gleichende Entwicklung durchmacht: Überhaupt keine. Jake Gittes „hat tiefere Wurzeln als Marlowe: Er hat eine Vergangenheit und bereits Niederlagen erlitten.“[74] Entscheidend für die Figurenentwicklung des private eye ist dabei die allmähliche Vermischung von privater und professioneller Ebene, die in Chinatown parallel zur Verbindung der beiden Verbrechensebenen verläuft – der Korruptionsaffäre und dem Inzest. Eine solche Durchdringung wäre bei Philip Marlowe undenkbar, denn sie würde Einblicke in sein Inneres gewähren und eine Entwicklung implizieren. Gittes dagegen verändert sich: „Dann, das ist ganz behutsam angedeutet, zeigen sich Erstaunen, Irritation und eine Spur Anteilnahme in seiner Miene, zum ersten Mal verläuft ein Fall ganz anders als sonst.“[75]
4.5 Die Reintegration des private eyeinden Noir-Kosmos
Das Bild von Los Angeles, das Roman Polanski in Chinatown zeichnet, entspricht in vieler Hinsicht der Metropole, die Raymond Chandler in seinen Romanen schildert. Der Drehbuchautor Robert Towne, der sich von Chandler inspirieren ließ[76], entwirft „(...) die Geschichte einer amerikanischen Stadt, die aus der grenzenlosen Gier nach Wasser und Öl, nach Geld, Macht und Sexualität entsteht, und die Geschichte der Menschen, die sich der Korrumpierung so wenig wie der Gewalt widersetzen können.“[77]
Mit dem private eye Jake Gittes steht diesem „mafiosen Geflecht von Verwaltung, Polizei und Geschäftswelt“[78] eine Figur gegenüber, die eben nicht gegen dieses System ankämpfen will. Er hat sich – aus Erfahrung anscheinend klug geworden – mit ihm arrangiert, agiert (ähnlich wie Hammetts Continental Op.) als Teil des Ganzen. Die Weiterverfolgung des Mulwray-Falles ist für ihn zunächst nur der Versuch, eine drohende Rufschädigung zu verhindern.[79] Erst als sich seine Beziehung zu Evelyn etabliert, stellt er sich gegen den Drahtzieher der Affäre, Evelyns Vater, die Personifizierung des korrupten Machtmenschen. – und geht unter.
Mehrere zentrale Motive des klassischen Film noir kommen so in Chinatown unter Einbindung der Detektivfigur zum Tragen: Gier und sexuelle Abhängigkeit werden in der inzestuösen Vater-Tochter-Beziehung zum äußersten getrieben; trotz seiner Liebe zu Evelyn ist Gittes nicht fähig, ihr zu vertrauen. Die Korrumpierbarkeit politischer Macht ist allgegenwärtig und läßt das Scheitern des Detektivs unausweichlich werden. Seine Vergangenheit, der Gittes bis zum Schluß zu entkommen versucht, holt ihn letztlich ein: Die Maxime seiner Zeit in Chinatown, „to do as little as possible“ – und damit die Einsicht, nur als Teil eines undurchschaubaren und genuin korrupten Systems bestehen zu können – kommt zu spät: Evelyn Mulwray ist tot.
Das Scheitern des private eye in Chinatown bewahrt die innere Logik der Story, in der der Kampf gegen eine übermächtige Noir -Welt letztlich aussichtslos erscheint. Allerdings mußte sich Polanski dabei sowohl gegen den Robert Towne als auch den Produzenten Robert Evans durchsetzen, die beide das ursprüngliche Drehbuchende favorisierten: Evelyn Mulwray sollte ihren Vater erschießen und nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt freigelassen werden. Das hätte aus dem Film „ein nostalgisches Spektakel, eine Huldigung an die Klassiker des Genres gemacht.“[80] Durch den von Polanski gewählten Schluß reiht sich Chinatown zum Einen in den Kanon der kritischen Filme zu Beginn der siebziger Jahre ein: „In all these films, (…) a sense of fatality, hopelessness and dread threatens to overwhelm the characters even if they struggle against the disorder of the modern world."[81] Zum Anderen gelingt durch ihn die nachhaltige Dekonstruktion des private eye als mythologische Figur: „Schritt für Schritt zerstört Polanski die Aura des Privatdetektivs, dieses Romantikers der Aufklärung, das Stereotyp des aufrechten Einzelkämpfers in der Großstadtwildnis, die Chimäre der souveränen Individualität.”[82] Ob Polanski als ‚moderner Exilregisseur’ in der Tradition Billy Wilders oder Robert Siodmaks für die Entmythologisierung dieser amerikanischen Heldenfigur prädestiniert ist, sei dahingestellt. Er inszeniert in Chinatown einen private eye, der sich zuerst mit dem System arrangiert, um zu überleben – und an ihm scheitert, als er sich dagegen stellt. So bleibt Gittes eingeschlossen in einen Zirkel, der ihn dorthin zurückführt, von wo er sich entronnen glaubte. Diese Rückführung bedeutet gleichzeitig auch die Reintegration der Detektivfigur in die ursprüngliche Noir -Welt der Schwarzen Serie: Der letztlich zum Scheitern verurteilte private eye wird zu einer originären Figur des Film noir.
5. Schluß
Was macht einen Film zum Film noir ? Nach der Analyse der private eye -Figur in der Schwarzen Serie und in Polanskis Chinatown ist ein zentrales Noir -Merkmal herausgearbeitet. Unabhängig davon, wie die Noir -Welt visuell dargestellt wird, ob dunkel und regnerisch wie in The Big Sleep, oder gleißend hell wie in Chinatown – unabhängig auch von den erzählerischen Mitteln des Drehbuchs: Die Positionierung der menschlichen Charaktere innerhalb der Noir -Welt – und die Entwicklung und Interaktion der Protagonisten in und mit ihr – lassen entweder glaubwürdige oder idealisierte Noir -Figuren entstehen. Auch wenn man Chandler-Verfilmungen wie The Big Sleep fraglos der Schwarzen Serie zuordnen muß, taugen deren durch die moralische Dimension einer Erlöserfigur gefilterten Noir -Welten nur sehr bedingt dazu, Bedrohung oder Unsicherheit zu vermitteln. Anders in Polanskis Film, wo ‚Chinatown’ als Metapher für eine Noir -Welt steht, der Jake Gittes nicht entkommen kann. Diese ist nicht ortsgebunden, sondern bezeichnet letztlich „einen subjektiven Ort, ein Ghetto im Kopf“[83] des Detektivs. So entsteht das, was Martin Compart als zentrale Noir -Kriterien ausmacht: „Noir verbindet ein kritisches Gesellschaftsbild mit einer durchdringenden Betrachtung der menschlichen Psyche. Soziale und psychische Deformationen sind die Themen.[84]
Die Reduktion einer zeitlosen Film Noir -Definition auf ästhetische Komponenten[85] greift folglich dann zu kurz, wenn diese visuellen Charakteristika nicht mit den filmischen Inhalten korrespondieren: Blade Runner (1979) und The Matrix (1999) entwerfen beide eine düstere Noir -Welt der Zukunft, aber nur ersterer integriert seinen Protagonisten tatsächlich in die Aussichtslosigkeit eines (futuristischen) urbanen Chaos’. In The Matrix dagegen wird die Hauptfigur am Ende zum pseudoreligiösen Erlöser und Führer in eine neue Welt.
Auch narrative Strukturen der Schwarzen Serie tauchen in neueren Filmen häufig auf, ohne ein verläßliches Indiz für einen Film noir zu sein: So wird der plot in Memento (2000) rückwärts erzählt, um den Zuschauer in die dunkle Lebenswelt des Protagonisten hineinzuziehen, der sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat. Am Schluß steht eine Auflösung, die die Handlung logisch erklärt – und den Betrachter voller Unbehagen und Zweifel über die Richtigkeit subjektiver Wahrnehmung zurückläßt. In Pulp Fiction (1994) wird das Erzählen auf mehreren Zeitebenen zur selbstreferenziellen Comedy, die zwar unzählige Noir -Klischees beinhaltet, aber ihre Darsteller nicht mehr ernst nimmt[86].
So bleibt letztlich nur das Phänomen einer kritischen Wahrnehmung moderner Gesellschaft als kleinster gemeinsamer Nenner des klassischen wie des modernen Film noir. Diese ist oft abstrakt, und es führt sicher zu weit, wenn man etwa den familiären Inzest in Chinatown nur als Teil und Bild einer Logik des Kapitals – kapitalistische Gier als Inzest, als Selbsternährung und Selbstverdauung deutet.[87] Aber Unbehagen und Ängste, die direkt aus dem System und Zustand der westlichen Industriekultur resultieren und manchmal ähnlich irrational sind wie der Glaube an die Unendlichkeit des Wirtschaftswachstums, die Wahrnehmung moderner Sozialisation als urbanem Chaos ziehen sich als roter Faden durch fast alle Films Noirs – und lassen sich bis zum Erfinder des modernen private eye zurückverfolgen: „Bereits Dashiell Hammett (...) glaubte nicht mehr an Gerechtigkeit in der modernen Massengesellschaft und wurde zum Chronisten der Düsternis der Städte.“[88]
Literatur:
BECKER, Jens Peter: Sherlock Holmes und Co.: Essays zur englischen und amerikanischen Detektivliteratur. München 1975
BUCHLOH, Paul G. / BECKER Jens P.: Der Detektivroman. Studien zur Geschichte und Form der englischen und amerikanischen Detektivliteratur. Darmstadt 1973
CAMERON, Ian (Hg.): The Book of Film Noir. New York 1993
CHANDLER, Raymond: Die simple Kunst des Mordens. Zürich 1977
CHANDLER, Raymond: Der große Schlaf. Zürich 1974
COMPART, Martin: Paint it Black. Eine multimediale Betrachtung zur Noir-Theorie. In: COMPART, Martin (Hg.): Noir 2000 - Ein Reader. Köln 2000 (S.10-27)
COMPART, Martin: Raymond Chandler in Hollywood. In: THOMSON, David: Tote schlafen fest. Hamburg/Wien 2000
COOK, David A.: Lost Illusions: American Cinema in the Shadow of Watergate and Vietnam. 1970-1979. (History of the American Cinema; Vol.9) NewYork 2000
COURTADE; F.: Les malédictions du cinéma francais. Paris 1978. (AP 44935 C862)
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GERHOLD, Hans: Kino der Blicke. Der französische Kriminalfilm - Eine Sozialgeschichte. Frankfurt am Main 1989
HEINZLMEIER, Adolf / MENNINGEN, Jürgen (Hg.): Kino der Nacht. Hollywoods Schwarze Serie. Zürich 1985
HIRSCH, Foster: The Dark Side of the Screen: Film Noir. New York 1983
JACOBSEN, Wolfgang / JENSEN, Peter W. (Hg.): Roman Polanski (Reihe Film No.35). München 1986
Le Cinéma Voyage. Entretien avec Roman Polanski. In: Cahiers du cinéma No.455/456 (S.52-55)
MALTBY, Richard: Hollywood Cinema. An Introduction. Oxford 1996
MARCUS, Steven: Nachwort. In: HAMMETT, Dashiell: Das Dingsbums Küken. Zürich 1981 (S.142-163)
MEJCHER, Yvonne: Film Noir and New Wave. Hamburg 2001
MONACO, James: Film verstehen. Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe. Hamburg 1995
SEESLEN, Georg: Detektive. Mord im Kino. (Grundlagen des populären Films, Bd.8) Marburg 1998
SESSLEN, Georg: Der Asphalt-Dschungel. Geschichte und Mythologie des Gangsterfilms. (Grundlagen des populären Films, Bd.3) Hamburg 1980
SOBCHACK, Vivian: Lounge Time. Postwar Crisis and the Chronotope of Film Noir. In: BROWNE, Nick: Refiguring American Film Genres. Theory and History. Berkeley 1998 (S.129-170)
THOMSON, David: Tote schlafen fest. Mythos und Geschichte eines Filmklassikers (BFI Film Classics). Hamburg/Wien 2000
WALKER, Michael: The Big Sleep. Howard Hawks and Film Noir. In: CAMERON, Ian (Hg.): The Book of Film Noir. New York 1993 (S.191-202)
WERNER, Paul: Film Noir und Neo Noir. München 2000
http:// www.filmsite.org/chin.html >> detaillierte Chinatown-Kritik von Tom Dirks / AFI Greatest Films
http:// www.flagpole.com/Issues/04.09.97/Polanski.html >> Interview Roman Polanski. Sept. 1997
http:// www.afi.com/about/haroldlloyd.asp >> AFI Interview Robert Towne. Sept. 1994
[...]
[1] GERHOLD, Hans: Kino der Blicke. Der französische Kriminalfilm - Eine Sozialgeschichte. Frankfurt am Main 1989, S.91; vgl. auch Ginette Vincendeau: Noir is also a French Word. In: CAMERON, Ian (Hg.): The Book of Film Noir. New York 1993, S.49-58
[2] Nino Frank: Un nouveau genre policier: l’aventure criminelle. In: L’Écran Francais Nr.61, 1946, S.10; zit. nach WERNER, Paul: Film Noir und Neo Noir. München 2000, S.19
[3] Dies allerdings erneut erst auf Initiative aus Frankreich: Raymond Borde und Etienne Chaumeton, Autoren der Cahiers du cinéma, analysierten im Panorama du film noir américain bereits 1955 die Filme, die Hollywood dann Jahre später erstmals als Schwarze Serie bezeichnete. (Vgl. HIRSCH, Foster: The Dark Side of the Screen: Film Noir. New York 1983, S.9)
[4] Im Folgenden bezieht sich der Begriff ‘Schwarze Serie’ explizit auf die Hollywoodfilme der vierziger und fünfziger Jahre; ‘Film noir’ steht als übergeordneter, nicht zeitgebundener Genre- oder Ästhetikbegriff.
[5] Vgl. HIRSCH, S.10; auch Paul Schrader in ‘Notes on Film Noir’, 1972 (zit. nach HIRSCH, S.10); WERNER, S.22
[6] Die Konsequenz eines zu weiten modernen Noir -Begriffs wird z.B. bei Paul Werner deutlich, der seinem Schlagwort Neo-Noir annähernd jeden zweiten Gangsterfilm der neunziger Jahre subsumiert. (Vgl. WERNER, S.161f) Vgl. dazu Kap. 5
[7] Bereits fünf Jahre zuvor spielte Bogart die Rolle des Privatdetektivs in John Houstons The Maltese Falcon; vgl. dazu Kapitel 3.1
[8] THOMSON, David: Tote schlafen fest. Mythos und Geschichte eines Filmklassikers (BFI Film Classics). Hamburg/Wien 2000, S.7
[9] Vgl. WERNER, S.88; HEINZLMEIER, Adolf / MENNINGEN, Jürgen (Hg.): Kino der Nacht. Hollywoods Schwarze Serie. Zürich 1985, S.68
[10] “Hard boiled (...) was a stance, a way of observing and behaving that demanded the suppression of any openly expressed feeling.” (HIRSCH, S.24)
[11] Erschienen 1841. Weitere Erzählungen um Auguste Dupin erschienen mit The Mystery of Marie Roget (1842), und The Purloined Letter (1844). Vgl. BUCHLOH, Paul G. / BECKER, Jens P.: Der Detektivroman. Studien zur Geschichte und Form der englischen und amerikanischen Detektivliteratur. Darmstadt 1973, S.47
[12] ”The reader is tempted to identify himself with Sherlock Holmes, as the incarnation of the spirit of his age.” (Pierre Nordon: Conan Doyle. London 1966, S.247; zit. nach BECKER, Jens Peter: Sherlock Holmes und Co.: Essays zur englischen und amerikanischen Detektivliteratur. München 1975 S.11)
[13] Vgl. SEESSLEN, Georg: Detektive. Mord im Kino. (Grundlagen des populären Films, Bd.8) Marburg 1998, S.21
[14] Loren D. Estleman geht sogar so weit, Sherlock Holmes zumindest teilweise in einen Noir -Kontext einzuordnen: Dann, wenn die Episoden die dunkle, urbane Seite Londons beschreiben, wie in The Man with the Twisted Lip. (Loren D. Estleman: Never Street. New York 1997; zit. nach COMPART, Martin: Paint it Black. Eine multimediale Betrachtung zur Noir-Theorie. In: COMPART, Martin (Hg.): Noir 2000 - Ein Reader. Köln 2000 (S.10-27), S.16)
[15] ”You know no more of Sherlock Holmes after you have read fifty stories than you did after reading one.” (Somerset Maugham: The Decline and Fall of the Detective Story. In: The Vagrant Mood. London 1952; zit. nach BECKER, S.14)
[16] CHANDLER, Raymond: Die simple Kunst des Mordens. Zürich 1977, S.38
[17] BECKER, S.89; der Protagonist in The Glass Key ist allerdings Ed Beaumont, der nicht als professioneller private eye agiert. (Vgl. Kapitel 3.1)
[18] William Ruehlman, zit. nach SEESSLEN, S.50
[19] In: Dorothy Gardiner (Hg.): Chandler über Chandler. Frankfurt a.M. 1965 (S.72); zit. Nach BUCHLOH/BECKER, S.108
[20] CHANDLER: Kunst, S.16
[21] CHANDLER: Der große Schlaf. Zürich 1974, S.198
[22] Herbert Ruhm in: David Madden: Tough Guy Writers of the Thirties. Carbondale 1968 (S.176); zit. Nach BUCHLOH/BECKER, S.105; auch HIRSCH, S.33: “Chandler had a more romantic temperament than Hammett (…).”
[23] SEESSLEN, S. 54
[24] In: Philip Durham: Down These Mean Streets a Man Must Go. Raymond Chandler’s Knight. Chapel Hill 1963 (S.96/97); zit. nach BUCHLOH/BECKER, S.106
[25] In den 30/40er Jahren wurden Kriminalfilme meist nach literarischen Vorlagen gedreht, deshalb nahm die Figur des private-eye auch fast ausschließlich in den Verfilmungen der Romane von Hammett und Chandler Gestalt an. (Vgl. SEESSLEN, S.132)
[26] Vgl. SEESSLEN, S.121/122
[27] SEESSLEN, Georg: Der Asphalt-Dschungel. Geschichte und Mythologie des Gangsterfilms. (Grundlagen des populären Films, Bd.3) Hamburg 1980, S.151
[28] Vgl. SEESSLEN ebenda; auch CAMERON, S.36: ”The films register a profound sense of alienation from family, society and roots.”
[29] “The doomed, unheroic protagonists” (HIRSCH, S.3)
[30] WERNER, S.67; sicher spielten auch die stärker werdende Rezession der Hollywood-Studios und das aufkommende Fernsehen eine nicht unwesentliche Rolle. (Vgl. COMPART, Martin: Raymond Chandler in Hollywood. In: THOMSON, David: Tote schlafen fest. Hamburg/Wien 2000, S.95f)
[31] Vgl. HIRSCH, S.199
[32] Cozarinsky 1980; zit. nach CAMERON; S.8
[33] ”Es ist das dramatische Spiel von Licht und Schatten, das wie kein anderes Stilmerkmal den Betrachter in die Lage versetzt, einen Film an einer einzigen Einstellung (…) als Film noir zu identifizieren.” (WERNER, S.96)
[34] Vgl. HIRSCH, S.167f
[35] “Iconographically, the two most visually distinctive noir figures are the femme fatale and the private eye.” (CAMERON, S.32)
[36] SOBCHAK, Vivian: Lounge Time. Postwar Crisis and the Chronotope of Film Noir. In: BROWNE, Nick: Refiguring American Film Genres. Theory and History. Berkeley 1998 (S.129-170) , S.130; vgl. auch WERNER, S.27: “Fast immer erzählt der Film noir von Krisen der männlichen Identität.” (WERNER, S.27)
[37] WERNER nennt den weitgehend unbekannten Film “Stranger on the third floor” (1940) als ersten Film noir. (Vgl. WERNER, S.30); erwähnt auch bei CAMERON, S.8
[38] Vgl. SEESSLEN, S.123
[39] Vgl. SEESSLEN, S.127
[40] BECKER, S.105
[41] SEESSLEN, S.126
[42] CAMERON, S.33
[43] Vgl. SEESSLEN, S.123; auch HIRSCH: ”The quintessential noir actor” (HIRSCH, S.31)
[44] Vgl. HIRSCH, S.11: “His basic integrity remaining intact, Spade then keeps at arm’s length from crime and from designing women.”
[45] Vgl. Jürgen Berger: Dashiell Hammett, Raymond Chandler. Berlin 1979; zit. nach SEESSLEN, S.133
[46] SEESSLEN, Georg: Der Asphalt-Dschungel. Geschichte und Mythologie des Gangsterfilms. (Grundlagen des populären Films, Bd.3) Hamburg 1980, S.157
[47] Vgl. Dazu HIRSCH, S.147f
[48] WALKER, Michael: The Big Sleep. Howard Hawks and Film Noir. In: CAMERON, Ian (Hg.): The Book of Film Noir. New York 1993 (S.191-202), S.191
[49] Vgl. WALKER, ebenda
[50] Vgl. CAMERON, S.8
[51] THOMSON, S.53; weiter S.77f; vgl. Auch WALKER, S.191: ”Hawks cut out details which would help explain the plot comlexities.” - Mejcher schreibt dazu merkwürdigerweise: ”This is just another example of how innovative the Film noir on many levels was.” (MEJCHER, Yvonne: Film Noir and New Wave. Hamburg 2001, S.98)
[52] Vgl. THOMSON, S.75/76
[53] Deshalb hält er auch Carmen Sterwood auf Distanz – schließlich ist sie psychisch gestört und läuft damit ‘außer Konkurrenz’ (Vgl. THOMSON, S.74)
[54] THOMSON, S.64;
[55] HIRSCH, S.114
[56] HIRSCH, S.4
[57] Billy Wilder 1944 / Robert Siodmak 1946 / Fritz Lang 1953 / Orson Welles 1958
[58] Charles Higham / Joel Greenberg: Hollywood in the Forties, London 1973 (S.36/37); zit. Nach BUCHLOH/BECKER, S.105/106
[59] SEESSLEN, S.46; vgl. auch Don Miller: “Neben dem Western-Helden ist der private-eye die Erfüllung eines amerikanischen Traums: Der Held, der für das Gesetz eintritt und zugleich oft auf der anderen Seite des Gesetzes stehen muß, um dies tun zu können.” (Don Miller, zit. Nach SEESSLEN, S.121)
[60] In. MacShane, Frank: Selected Letters of Raymond Chandler. New York 1981 (S.197); zitiert nach THOMSON, S.80
[61] Raymond Chandler: The Big Sleep, S.153; zit. Nach BUCHLOH/BECKER, S.104
[62] THOMSON, S.14
[63] Ausnahme war The Dain Curse (1929). Er wurde 1978 fürs Fernsehen adaptiert. (Vgl. WERNER, S.88)
[64] SEESSLEN, S.135
[65] Vgl. HIRSCH, S.115
[66] WERNER, S.61
[67] Hirsch bezeichnet die Werke Spillanes als ”nadir of the hard-boiled school.”(HIRSCH, S.37)
[68] Alan J. Pacula 1974 / 1976
[69] Michael Ryan/Douglas Kellner in: Camera Politica; zit. nach COOK, David A.: Lost Illusions: American Cinema in the Shadow of Watergate and Vietnam. 1970-1979. (History of the American Cinema; Vol.9) NewYork 2000, S.192
[70] SEESSLEN, S.149
[71] WERNER, S.166; vgl. auch COOK, S.360: “the dreamy, nostalgic look of Hollywood in the early Panchromatic Age”
[72] JACOBSEN / JENSEN, S.144
[73] ebenda
[74] THOMSON, S.10/11
[75] SEESSLEN, S.151
[76] Vgl. Interview mit Robert Towne, Sept. 1994: http://www.afi.com/about/haroldlloyd.asp
[77] SEESSLEN, S.215
[78] JACOBSEN/JENSEN; S.138
[79] Vgl. EATON, Michael: Chinatown (BFI Film Classics). London 1997, S.36: „Gittes wants to go back to his initial status, not yet to go forward into potential chaos.“
[80] JACOBSEN/JENSEN, S.142
[81] COOK, S.193
[82] JACOBSEN/JENSEN, S.144
[83] Garrett Stewart: The long Goodbye from Chinatown. In: Film Quarterly, Vol. 28 Nr.2, Winter 1974/75, S.30; zit. nach JACOBSEN/JENSEN, S.140
[84] COMPART, Paint, S.10
[85] So etwa Yvonne Mejcher: „Film noir is not so much a genre, but a certain aesthetic.“ (MEJCHER, S.138)
[86] Paul Werner nimmt auch diesen Film in sein Neo-Noir -Genre unter der Rubrik Ironie auf. (Vgl. WERNER, S.182ff)
[87] Garrett Stewart: The Long Goodbye From Chinatown. In: Film Quarterly, Vol.28, Nr.2, Winter 1974, S.28; zit. nach JACOBSEN/JENSEN, S.146
[88] COMPART: Chandler, S.87/88
- Citar trabajo
- Sven Voigt (Autor), 2002, No Game for Knights - Die Figur des private eye - Entstehung, Etablierung und Dekonstruktion eines Film noir-Mythos, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108777
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