Inhalt
1)Einleitung
2)Entstehung der realistischen Schule
3)Definition
4)Menschenbild
5)Die drei Eckpfeiler der realistischen Theorie
5.1.1)Macht
5.1.2)Nationale Macht
5.1.3)Politische Macht in der internationalen Politik
5.2)Interesse
5.3)Moral
5.3.1)Nationale Moral
5.3.2)Die internationale Moral
5.3.3)Öffentliche Weltmeinung
5.3.4)Das Völkerrecht
6)Die Abwertung politischer Macht
7)Sechs Grundsätze des politischen Realismus in der internationalen Politik
8)Die neorealistische Schule
8.1)Inhalte
8.2)Synoptische Politikwissenschaft
8.3)Funktionales Politikverständnis
8.4)Methodenpluralismus
8.5)Perzeptionspluralismus
9)Schluss
10)Tabelle zum Methodenpluralismus
11)Anleitung zur Bewertung von Konflikten
12)Literaturliste
1 Einleitung
Die Grundorientierung dieser Hausarbeit liegt bei dem ersten großen Werk Morgenthaus, „Macht und Frieden“ für die realistische Schule. Morgenthau gilt wissenschaftlich als der international bahnbrechende Vertreter der Theorie politischen Realismus im Fach der Internationalen Politik1. Der Ansatz des nationalen Interesses, wie er von Morgenthau entwickelt worden ist, bleibt bis heute der einflussreichste Approach in der Disziplin der Internationalen Politik [...] Dieser Ansatz [...] ist der am weitesten gehenden Versuch eine allgemeine Theorie der Internationalen Politik aufzustellen2.
Im ersten Teil der Hausarbeit wird auf die Entstehung des Realismus eingegangen. Hier werden vor allem die Gründe erwähnt, die ein Auslöser zur Schaffung der Theorie waren. Gefolgt von einer kurzen Definition des Realismus der die wichtigsten Komponenten der Theorie heraushebt und einen ersten Eindruck über die Wirkungszusammenhänge geben soll. Der Leser soll hierbei ein erstes Bild über die späteren Hauptthemen bekommen. In Punkt vier „Menschenbild“ wird die Sichtweise des Autors zu den Menschen beschrieben. Das Menschenbild ist von zentraler Bedeutung, da die Theorie sehr stark von einzelnen Individuen geprägt ist. Durch das Menschenbild lässt sich schon einen ersten Eindruck auf die Richtigkeit der Theorie gewinnen. Ein falsches Menschenbild hätte notwendigerweise die Folge, auch falsche Schlüsse mit sich zu bringen. Der Hauptteil liegt in der Darstellung der drei interdependenten Eckpfeiler der Theorie, Interesse, Macht und Moral. Hierbei werden Macht und Moral noch weiter gegliedert. Im Falle von Macht wird zuerst die Frage geklärt, was Macht überhaupt ist, des weiteren, wie Macht auf nationaler und internationaler Ebene fungiert. Bei der Moral werden die Ebenen auf denen sie Macht begrenzt angesprochen, sowie gewisse Formen der Moral. „Die Abwertung der politischen Macht“ in Punkt sechs, skizziert eine Möglichkeit eine humanere Ebene der internationalen Politik. Dabei wird aber auch gleichzeitig auf Schwierigkeiten dieses Vorhabens hingewiesen, die zu einem unausweichlichen Scheitern des Vorhabens führen müssen. Diese Skizzierung soll dem Leser verstärkt vor Augen führen, wieso der Abbau der Macht der Staaten nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Im letzten Punkt sollen Fragen erläutert werden, wie können Handlungen von Staatsmänner prognostiziert oder wann dürfen sittliche Grundsätze außer Kraft gesetzt werden.
Der Neorealismus der im Punkt acht erläutert wird, gründet sich auf den Münchner Neorealismus. Kindermann der geistige Vater des Neorealimus schrieb seinen ersten Ansatz in dem Buch „Grundelemente der Weltpolitik“ 1981. Der Neorealismus hat sich durch seine komplexe Methodik, einen internationalen Konflikt zu analysieren, dem Wandel der Zeit angepasst. Er versucht keine neue Methoden zur Analyse zu finden, sondern versucht den Leser in die Komplexität der internationalen Ebene einzuführen. Hierfür gibt er eine bestimmte, aus seiner Sicht einfachen, Vorgehensweise vor. Durch den Methodenpluralismus und dem Perzeptionspluralismus wird diese Komplexität verdeutlicht, aber sogleich auch strukturiert. Der Neorealismus will erklären und beschreiben, wie es zu Konflikten gekommen ist und ist daher eher als Anleitung anstatt einer Theorie zu betrachten.
Bei Morgenthau dreht sich in seiner Theorie alles um Interesse, Macht und Moral. Doch ist diese Konstellation auch heute noch von Bedeutung? Hierauf wird im Schluss der Hausarbeit eingegangen. Nachdem die Theorie in den vorangehenden Kapiteln aus Raum und Zeit gelöst dargestellt worden ist, lässt sie sich die Theorie leichter auf die heutige Zeit übertragen. Die Theorie ist als Folge der Vergangenheit zu betrachten, der vergangenen Außenpolitik des westlichen Europas zwischen Mitte des 19.Jahrhunderts bis 1945. Man muss hierbei berücksichtigen, dass die Hauptakteure, die zum Ersten und Zweiten Weltkrieg beitrugen, Monarchien oder Diktaturen waren. In diesen Staatsformen liegt eine gewisse Willkür in der Hand von Wenigen. Nun müssen wir uns die Frage stellen, ob in einer Demokratie diese Theorie noch Anwendung findet. Hierbei wird das westliche Europa betrachtet, das der Ursprung der Weltkriege war und sich nach 1945 einen sehr starken Wandel unterwarf. Aber inwieweit findet die Theorie noch Anwendung in der Zeit des Kalten Krieges und kann die Theorie komplett unwirksam werden oder nur durch neue, komplexere Strukturen ergänzt?
Im Anhang befindet sich eine „Anleitung zur Bewertung von Konflikten“. Diese soll die Grundsätzlichen Fragen wiedergeben, die laut des Realismus und Noerealismus von Bedeutung sind. Sie ist als Hilfe, für eine Analyse von Konflikten nach den Maßstäben des Realismus und Neorealismus zu betrachten.
2 Entstehung der realistischen Schule
Die sich seit Ende des 1. Weltkrieges anbahnende Erschütterung, des traditionellen Weltbildes des amerikanischen Liberalismus,1 erreichte ihren Höhepunkt nach Ende des 2. Weltkrieges. Erstmals entstand angesichts dramatischer Entwicklungen der Waffentechnik und der bipolar gewordenen Struktur der Weltpolitik ein Gefühl unmittelbarer Bedrohung und einer schicksalhaften Verkettung mit der Geschichte anderer Völker und Kontinente. Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten vorher im Norden und Süden schwache Nachbarn, im Osten und Westen Weltmeere, was zu einem großen Sicherheitsgefühl beitrug. Sie erlebten einen fast ungebrochenen Aufsteig zur Weltmacht. Dies führte zu einer Illusion der Sicherheit in der internationalen Politik. Diese Illusion führte zum historischen Optimismus, der die Geschichte als erlösbringender Vorgang begreift, in der, der Mensch als Herrscher über die Natur sich von sich selbst befreit und zum Herren seines historischen Schicksal wird. Dieser Glaube wurde Zug um Zug, auch durch den Ersten Weltkrieg widerlegt, bis zur möglichen Selbstvernichtung des Menschen. Außenpolitisch wollte man durch den Legalismus, die Lösung weltpolitischer Probleme durch Statuten und internationalen Organisationen, beseitigen.
3 Definition
In der realistischen Schule wird die internationale Politik aus der Position der Interessen der jeweiligen Staaten betrachtet. Diese Interessen werden bestimmt durch den Kampf um Macht und begrenzt durch Moral. Macht, Moral und Interesse bilden die interdependenten Pfeiler dieser politischen Theorie. Das Ziel der internationalen Politik besteht in erster Linie, Macht zu erhalten und wenn möglich diese zu mehren. Als Bestimmungsfaktoren der Macht können in erster Linie natürliche Hilfsquellen, industrielle Leistungsfähigkeit, Militärpotenzial, Bevölkerungsgröße, nationale Moral und die Qualität der Diplomatie sowie die Legitimität der Regierung genannt werden. Mit dem Zusammenwachsen von ökonomischer und technologischer Macht seit der industriellen Revolution gilt die Entwicklung der Produktivkräfte zunehmend als deckungsgleich mit militärischer Stärke.
4 Menschenbild
Morgenthau stellt sich als Denker der realistischen Schule die Frage nach dem Ursprung der Widersprüche in der Existenz der Menschen. Er versucht damit die Frage nach, der Rolle des Menschen, des Schöpfers und des Geschöpfs in der Politik zu klären. Er spricht von einer Kluft zwischen Norm und Realität, zwischen Wollen und Vollbringen und in Verbindung zum technologischen Fortschritt von menschlicher Schöpfermacht bei der Beherrschung der Materie und menschlicher Ohnmacht bei der Beherrschung des Selbst. Der Mensch weißt eine Unfähigkeit auf, nach seinen selbst geschaffenen Normengebäude, zu handeln. Schon Paulus erwähnte in einem Zitat an die Römer, <denn ich weiß nicht, was ich tue, denn ich tue nicht, das ich will, sondern das ich hasse, das tue ich. So ich aber das tue, das ich nicht will, so willige ich, dass das Gesetz gut sei ... Denn das Gute das ich will das tue ich nicht; sondern das Böse das ich nicht will das tue ich. >1
Größe, wie auch das Elend der Menschen, entstammen einer gemeinsamen Wurzel, der Freiheit. Der hier liegende Widerspruch des Menschen zwischen schöpferischen und zerstörerischen Möglichkeiten ist als Selbstwiderspruch des Geistes zu sehen. Auf der einen Seite handelt der Mensch normgerecht, auf der anderen Seite steht die Erkenntnis, dass politisches Handeln innerhalb des vielgestaltigen politischen Ordnungsgefüge die Ausübung der Herrschaft unvollkommener Machthaber über Machtunterworfene mit sich bringt, wodurch nahezu aller politischen Machtausübung notwendigerweise ein Element des Bösen anhaftet.2 Laut Kant aber hat jeder Mensch einen Anspruch auf<sich selbst Zweck zu sein, von jedem anderen auch als ein solcher geschätzt und von keinem bloß als Mittel zu anderen Zwecken gebraucht zu werden. >3 Politisches Handeln ist gekennzeichnet von einem Missbrauch anderer Menschen durch den politischen Handelnden.
Daher ist das Menschenbild weder einseitig optimistisch, noch pessimistisch. Es ist dualistisch, insofern es die schöpferischen und die zerstörerischen Möglichkeiten menschlicher Freiheit hervorhebt.
Des weiteren weist die realistische Schule einerseits auf einen Selbstwiderspruch hin, der zwischen den schöpferischen Möglichkeiten menschlicher Freiheit besteht, andererseits darauf, dass Vernunft nicht nur Instrument des Fortschritts, sondern auch Dienerin des Eigeninteresses und der Leidenschaft werden kann. Der Mensch ist Former und Geformter zugleich. Er übt Macht aus und wird von der Macht anderer beeinflusst.
Allerdings beruht der Realismus auch auf einer pluralistischen Auffassung der menschlichen Natur. Im Menschen vereinigt sich der wirtschaftliche Mensch, der politische Mensch, der moralische Mensch, der religiöse Mensch usw. Ein Mensch der nur politischer Mensch wäre, gliche einem Tier, da ihm doch alle moralischen Hemmungen fehlten. Ein Mensch der lediglich moralischer Mensch wäre, gliche einem Narren , da ihm doch jegliche Vernunft fehlen würde. Ein Mensch der nur religiöser Mensch wäre, gliche einem Heiligen, denn ihm fehlten alle irdischen Wünsche. Will man eine Seite des Menschen verstehen, so muss man sie gesondert betrachten und sie von all den anderen Seiten des Menschen heraus lösen, um diese eine Seite so zu betrachten, als wäre sie des Menschen einzige.
5 Die drei Eckpfeiler der realistischen Theorie
Der Realismus besteht aus drei Eckpfeiler, der Interessen, der Macht und der Moral. Sie bilden die Grundbasis dieser Theorie.
5.1 Macht
Menschen nehmen Macht an, da sie ihre eigene Schwächen erkennen. Dies führt zu Unsicherheit. Sein Ziel ist es durch Machterwerb Unsicherheit in Sicherheit und Schwäche in Stärke zu wandeln. Max Weber <Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Macht beruht.>1 Die Erscheinungsformen von Macht reichen von Überzeugungsvermögen bis hin zu brutalster psychischer Gewalt. In der rein politischen Form wird eine solche Machtausübung durch Militärgewalt gestützt, wobei sie einen gemeinsamen Machtwillen dient.
5.1.1 Nationale Macht
Nationen kann man weder sehen, lediglich die Menschen die in einer Nation leben können empirisch erfasst werden. Daher kann man bei dem Wort Nation von einem abstrakten Begriff sprechen. Unter einer Nation kann man eine Anzahl von Menschen mit bestimmten gemeinsamen Merkmalen verstehen. Die Macht der Außenpolitik ist nicht als die Macht aller Menschen in einer Nation zu verstehen, sondern die Macht Einzelner, die Außenpolitik eines Landes leiten und das Land auf internationaler Ebene vertreten. Sie sind es, die internationale Verträge abschließen, um die Macht des Landes zu mehren. Das Verhältnis der Identifizierung des Einzelnen mit der Macht und der Politik der Nation führt dazu, dass Einzelne sich mit der Macht der Außenpolitik identifizieren, mit dieser Macht mitleben, als ginge es um ihre persönliche Machtwünsche. Dies begreift man unter dem Begriff des Nationalismus. Zum Schutz, dass ein Einzelner die Gesellschaft nicht gefährden kann, dienen Gesetze, Ethik, Sitte sowie gesellschaftliche Einrichtungen. Dadurch kann der Einzelne sein individuelles Verlangen nach Macht nicht innerhalb der Gesellschaft befriedigen. Es kommt zu einer Einschränkung des Einzelnen bei seiner individuellen Machtentfaltung durch die Gesellschaft. Innerhalb der Gesellschaft kann immer nur eine kleine Gruppe Macht ausüben. Das Volk das sein Machtstreben innerhalb des eigenen Landes nicht stillen kann, übertragt dieses Machtstreben auf internationale Ebene. Somit ersetzt das Machtverlangen der Nation, das eigene.
5.1.2 Politische Macht in der internationalen Politik
Internationale Politik ist ein Kampf um Macht. Wo auch immer die letzten Ziele der internationalen Politik auch liegen , ob in der Freiheit, der Sicherheit oder dem Wohlstand, das unmittelbare Ziel ist stets die Macht. Erreichung von Zielen in der internationalen Politik gehen nur über den Kampf um Macht. Nicht jeder Akt zwischen Nationen betrifft auch die Machtstellung einer dieser Nationen. Diese Akte sind vor allem juristischer, wirtschaftlicher, humanitärer oder kultureller Natur. Die internationale Politik ist daher nur eine der zahlreichen Formen, in der die Beteiligung einer Nation am internationalen Geschehen zum Ausdruck kommen kann. Erst wenn sich das Machtgefüge zwischen Ländern ändert oder wenn man durch seine Politik die Machtverteilung ändern will, spricht man von internationaler Politik. Länder, die in der Vergangenheit eine große Rolle in der internationalen Politik spielten, können heute lediglich eine Nebenrolle bekleiden. Hier wäre Spanien im 17. Jahrhundert oder Österreich im 19. Jahrhundert zu nennen. Daher muss man davon ausgehen, dass die internationale Politik einen dynamischen Charakter besitzt.
Wenn von Macht gesprochen wird , ist die Herrschaft von Menschen über das Denken und Handeln anderer Menschen gemeint. Unter politischer Macht verstehen wir die wechselseitigen Machtbeziehungen zwischen Inhaber öffentlicher Gewalt und dem Volk. Gerade in der internationalen Politik ist militärische Stärke als Drohung oder als Möglichkeit ihrer Einsetzung der wichtigste materielle Faktor in der politischen Macht einer Nation. Kommt es zum Krieg, so wird politische Macht durch militärische Macht ersetzt. Politische Macht ist eine psychologische Beziehung zwischen denen, die Macht ausüben und anderen, über die sie ausgeübt wird. Durch den Einfluss der Machtausübenden auf das Denken der Machtausgeübten, erlangen diese die Herrschaft über bestimmte Komponenten ihrer Handlungen. Dieser Einfluss geht auf drei Ursachen zurück:
1. Hoffnung auf Gewinn
2. Furcht vor Nachteil
3. Liebe für Menschen oder Institutionen
Obwohl die Innenpolitik nicht so augenfällig ist, spielt sie dennoch für die internationale Politik eine große Rolle. Sie legitimiert die Regierung durch ihr Nichtstun oder durch Wahlen. Nicht nur die tatsächliche Anwendung von Gewalt ist als politische Macht zu sehen, sondern auch das charismatische Element. Wie wäre ansonsten die Hingabe des eigenen Willen an Männer wie Napoleon, Hitler oder an Institutionen wie die Sowjetregierung zu erklären? Als Erklärungsansatz kann man eine Partei betrachten. Hier besitzt der Führer einer Partei so lange politische Macht, solange es ihm gelingt, das Handeln der Parteimitglieder seinem Willen entsprechend zu lenken. Die Feststellung, dass A über B politische Macht hat oder zu haben wünscht, bedeutet daher immer, dass A dazu in der Lage ist oder sein möchte bestimmte Handlungen B`s durch Beeinflussung seines Denkens zu kontrollieren. Es kann sich hierbei um Ziele wie Gewinnung von Rohmaterialquellen, Beherrschung von Meeresstraßen oder von territoriale Veränderungen handeln. Politische Ziele können aber auch der Abschreckung dienen. Durch militärischer Vorkehrung versucht man andere Nationen von militärische Gewalt abzuhalten, indem ihnen das Ziel ihres Handelns zu riskant erscheint. Die Vorkehrungen bestehen darin den möglichen Feind durch Abschreckung von einem möglichen Angriff abzuhalten. Das politische Ziel eines Krieges ist nicht die Eroberung des Landes oder der Zerstörung der feindlichen Armee, sondern ein Wandel im Denken des Feindes, der ihn dazu führen wird, sich dem Willen des Siegers zu unterwerfen.
Auch die Wirtschaftpolitik kann als Machtinstrument charakterisiert werden. Man muss aber hierbei zwischen Wirtschaftspolitik um ihres selbst Willen und Wirtschaftpolitik als Instrument der allgemeinen Politik differenzieren. Das zweite ist eine Politik, deren wirtschaftlicher Zweck nur Mittel zur Kontrolle der Politik einer anderen Nation ist.
5.2 Interesse
Macht und Interesse ist als Verhältnis von Mittel und Zweck zu sehen. Die Erweiterung der Macht ist ein Grundelement des politischen Interesses. Morgenthau kann in dem außenpolitischem Interesse doppelt gedeutet werden. Zum ersten subjektiv, was bedeutet, dass Sinn und Zweck der Außenpolitik die Erhaltung der Daseinsstruktur ist. Zum anderen objektiv, hier steht die Realisierung der Außenpolitik in einer konkreten historischen Situation, um insbesondere den existentiellen Belangen eines Staates wie Sicherheit, Macht oder Wohlfahrt in maximaler Weise zu verschaffen.
Interessen, nicht Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen.1 Weltbilder, die durch Ideen geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte. Das entscheidende Charakteristikum der Ideologie liegt in der bewussten oder unbewussten Rationalisierung und Rechtfertigung politischen Handelns wie auch politischer Interessen. Das konstitutive Merkmal der Ideologie wird in ihrer Funktion gesehen, den Wunsch des Eigeninteresses als das für eine Gemeinschaft Wünschenswerte, ja, mehr noch, als das von ihr Gesollte darzustellen.
5.3 Moral
Sie begrenzt die Wahl der Ziele und Mittel und umgrenzt den Bereich des Erlaubten in den verschiedenen Gebieten menschlichen Handelns.
5.3.1 Nationale Moral
Eine Welt die absolut von Macht regiert wird, verursacht Widerstand. Machtstrebende Menschen verhüllen oft ihre Ziele, um die Opposition mundtot zu machen. Das Machtstreben erscheint dann als eine Forderung der Vernunft, der Moral und der Gerechtigkeit. Die entstehende Ideologie und deren möglichen Auswirkungen müssten normativ von Ethik, Gesellschaftsmoral und Recht geprüft werden. Diese moralischen Einflüsse sollen die Macht begrenzen und sie in ihre Schranken weisen. Nietsche, Hitler oder Mussolini bekämpften diese Schranken, indem sie diese als verweichlicht, sentimental und dekadent abtun. Auf Dauer haben sich diese Philosophien, die den Kampf um Macht als eine soziale Tatsache akzeptieren, als selbstzerstörerisch erwiesen. Ihre Schwäche hebt die Stärke dieser moralischen Schranken hervor, die zwar nicht die Machttriebe ausschalten können, aber wenigstens kontrollieren und beschränken. Somit unterliegt Macht Beschränkungen zum Wohle der ganzen Gesellschaft.
Jede Verhaltensregel besteht aus zwei Elementen, der Forderung und der Sanktion. Gesetze, wie <du sollst nicht töten> sind Forderungen der Gesellschaft an jeden Einzelnen. Sanktionen sind Bestrafungen. Hierbei unterscheidet man zwischen drei Arten von Sanktionen.
1. ethische Sanktionen z.B. Gewissensbisse kommen vom Menschen selbst
2. gesellschaftlich moralische Sanktionen Unorganisierte Gesellschaft reagiert mit Missbilligung. Es kann zum Boykott oder zu sozialer Verbannung kommen.
3. rechtliche Sanktionen In organisierten Gesellschaften folgt auf Bruch von Verhaltensregeln Verhaftung, Verhandlung, Urteil und Vollstreckung.
Je mehr eine Gesellschaft versucht ihre Interessen zu schützen, desto höher fallen die Sanktionen aus, mit welchen die Verletzung der Ordnung geahndet wird. Gegen eine Bedrohung der eigenen Existenz, durch Verrat, Revolution oder Mord eines ihrer Mitglieder, vereinigt die Gesellschaft alle drei Arten von Sanktionen. So beschützen Ethik, gesellschaftliche Moral und Recht die Gesellschaft. Bei Delikten, bei denen gesellschaftliche Interessen keine so große Rolle spielen, greifen weniger Arten von Sanktionen. Daraus leiten sich Verhaltensregeln ab. Was wir Zivilisation nennen, ist in gewisser Hinsicht nur die automatische Reaktion der Glieder einer Gesellschaft, mit Hilfe deren die Gesellschaft ihre Glieder gewissen objektiven Standards konform machen will, ihre Machtgelüste beschränken will und sie in allen gesellschaftlichen wichtigen Belangen einengen und beherrschen will.1 Macht zu erlangen durch die rohe Gewalt des Zweikampfes ist vorüber. Heute erlangt man Macht, indem man den Besitz von Macht durch den Besitz von Geld kompensiert.
5.3.2 Die internationale Moral
Staatsmänner lehnen es ab, bestimmte Ziele überhaupt zu erwägen und bestimmte Mittel zu gebrauchen, weil ihr Handeln auch von Normen gelenkt wird. Ethische Normen lassen mögliche Alternativen als unsittlich erscheinen. Zweckmäßige Dinge werden aus moralischen Gründen nicht getan. Diese Normen schränkt das Tun der Staatsmänner ein, doch ist sie beispielsweise wirksam in der Bejahung der Unantastbarkeit menschlichen Lebens in Friedenszeiten.
5.3.3 Öffentliche Weltmeinung
Sie ist eine Meinung, die über nationale Grenzen hinaus geht. Sie vereinigt Glieder bestimmter Staaten zu einem gemeinsamen Konsens. Dieser Konsens führt zu spontanen Reaktionen. Immer wenn Staaten auf internationalen Ebene, durch Verkündungen oder Handlungen, der öffentlichen Weltmeinung zuwider handelt, erhebt sich die Menschheit und versucht durch Sanktionen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Trotz der innenpolitischen Wichtigkeit der Bevölkerung, muss man sich dennoch die Frage stellen, inwieweit sie Einfluss auf die internationale Politik eines Landes hat. Den Irak Krieg konnte sie zum Beispiel nicht verhindern.
5.3.4 Das Völkerrecht
Die gegenseitige Beziehung souveräner Staaten zueinander muss von Verhaltensnormen geprägt sein, um Frieden und Ordnung aufrecht zu erhalten. Das bedeutet, dass es schon im voraus bestimmte definierte Verhaltensnormen geben muss, die bei Nichtbeachtung gewisse Sanktionen mit sich bringen werden. Zu Beginn des Völkerrechts waren Fragen zu klären wie:
- wo befinden sich die Grenzen von Staaten
- wie kann man einen gültigen Rechtsanspruch auf unbesiedelte Gebiete erlangen
- welche Rechte hat ein Staat gegenüber fremden Staatsangehörigen auf eigenem Gebiet und welche Rechte haben ihre Staatsangehörige auf fremdem Gebiet
- welche Rechte und Pflichten haben Staaten im Krieg, in Hinblick auf Zivilisten, Gefangene und neutralem Land
- unter welchen Bedingungen ist ein Vertrag zwischen Staaten gültig und unter welchen Bedingungen kann ein Vertrag seine Gültigkeit verlieren
- wer ist berechtigt Zwangsmaßnahmen auszuführen
- wer darf überhaupt nachweisen, ob Völkerrechtsverletzungen überhaupt statt gefunden haben?
Im 15. und 16. Jahrhundert begann die Schaffung von völkerrechtlichen Regeln. Heute regeln tausende von Verträgen und hunderte von Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe zwischenstaatliche Beziehungen. Aus diesen internationalen Beziehungen sind auch Institutionen wie, um zwei zu nennen, das Internationale Rote Kreuz und die Weltgesundheitsorganisation hervor gegangen. Es können sechs Lehren aus der Geschichte des Völkerrechts gezogen werden.
1. Völkerrecht kann nur existieren, wenn es ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen den Glieder der Völkerfamilie gibt
2. wenn die Mächte sich nicht gegenseitig in Schach halten können, werden die Gesetze keinerlei Kraft haben, weil ein übermächtiger Staat versuchen wird nach seinen Interessen zu handeln und das Recht missachten könnte, ohne Sanktionen befürchten zu müssen
3. da es keine politische Autorität über den Staaten gibt, müssen ihre Mitglieder versuchen, sich gegenseitig von einer Allmächtigkeit eines einzelnen Staates zu befreien, beziehungsweise eine solche mögliche Allmächtigkeit im Keim zu ersticken
4. das Gleichgewicht der Mächte ist ein dezentralisierende Kraft. Sie wirkt in Form von Abschreckung
5. Interessen, als dezentralisierende Kraft sind dauernd am Werk
6. Interessen üben ihren dezentralisierenden Einfluss auf drei grundlegende Funktionen aus, die jedes rechtliche System erfüllen muss: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ausführung
6 Die Abwertung politischer Macht
Sowohl die nationale wie auch die internationale Politik sind Machtkämpfe, die nur durch die verschiedenartigen Bedingungen, unter denen sich diese Kämpfe auf nationaler oder internationaler Ebene abspielen, differenziert sind. So wird das Töten zur Machtergreifung auf nationaler Ebene von der Bevölkerung nicht gut geheißen, doch das Töten auf internationaler Ebene wird im Kampf gestattet. Eine Möglichkeit eine humane Ebene der internationalen Politik zu schaffen, wäre es die Normen der Nationalen Ebene auf die der internationalen Ebene zu übertragen. Doch würde dies zu einem Machtverlust derjenigen Staaten kommen, die eine gewaltfreie internationale Politik betreiben wollen. Ihnen würde die Möglichkeit genommen werden durch militärische Abschreckung oder einer militärischen Aktion ihre Machtansprüche auf internationaler Ebene durch zu setzen oder ihre Souveränität zu schützen. Dadurch hätten Staaten eine Vorteil die sich nicht an solche Richtlinien halten würden und es würde zu einer Verschiebung des Machtgefüges kommen.
7 Sechs Grundsätze des politischen Realismus in der internationalen Politik
1. Die Gesellschaft wird1 von objektiven Gesetzen beherrscht, deren Ursprung in der menschlichen Natur liegt. Es geht hierbei Tatsachen festzustellen und ihnen durch Vernunft Sinn zu verleihen. Das Wesen der Außenpolitik kann nur durch bereits erfolgte politische Handlungen und deren Konsequenzen geprüft werden. So kann das tatsächliche Verhalten von Staatsmännern analysiert werden und man kann Schlüsse über ihre Absichten durch die entstandenen Konsequenzen ziehen. Dabei sollte man sich in die Lage eines Staatsmannes hinein denken, der ein Problem zu lösen hat und mit verschiedenen Alternativen konfrontiert wird. Dieses Gedankenbild lässt mögliche Schlüsse auf zukünftige Entscheidungen zu.
2. Es wird angenommen, dass Staatsmänner im Sinne eines als Macht verstandenen Interesses denken und handeln. Dies führt zu einer vernunftgemäßen Ordnung im Bereich der Politik. Die Handelnden unterliegen somit einer vernunftgemäßen Ordnung in ihrem Tun und Schaffen. Dies lässt die Außenpolitik verständlich und rational ablaufen. Bei diesem Ablauf können Motive, Wünsche und moralische Aspekte der Staatsmänner von einander unabhängig sein. Allerdings muss man hierbei berücksichtigen, dass man nicht die Beweggründe der Staatsmänner, die durch Gefühle und Interessen beeinflusst werden, kennt und somit kein Zusammenhang zwischen Art der Beweggründe und Art der Außenpolitik erwarten kann. Aber auch, wenn die Beweggründe bekannt wären, heißt es noch nicht, dass das versuchte Resultat auch erzielt wird. Aus guten Absichten eines Staatsmannes, kann trotzdem eine schlechte Politik resultieren. Viele Staatsmänner waren von dem Wunsch beseelt die Welt zu verbessern und haben ihr lediglich Chaos gebracht. Doch will man die Außenpolitik im vollem Umfang verstehen, so muss natürlich auch die intellektuellen Fähigkeiten des jeweiligen Staatsmannes berücksichtigt werden. Unter intellektuelle Fähigkeiten versteht man, die erlernten Elemente der Außenpolitik in erfolgreiches politisches Handeln zu wandeln. Die Rationalität in der Außenpolitik wird durch Vorurteile, subjektive Neigungen und in Demokratien durch den Versuch der Gewinnung der Symphatie der Bevölkerung für die Außenpolitik beeinträchtigt. Auch der Moment des Zufalls spielt in der Außenpolitik eine Rolle. Da rationale Außenpolitik Gefahren mindert und einen maximalen Vorteil bringt wird sie als gut empfunden.
3. Das Gleichgewicht der Mächte ist ein fortdauerndes Element. Allerdings können Nationalstaaten durch größere Einheiten anderen Charakters ersetzt werden.
4. Der politische Realismus ist sich der sittlichen Bedeutung politischen Handelns bewusst. Sittliche Grundsätze, wie der Grundsatz der Freiheit, können nicht in allgemeingültiger Formulierung auf staatliches Handeln angewandt werden, sondern müssen unter Berücksichtigung von Zeit und Ort gesehen werden. Der Staat muss sittliche Grundsätze dann außer Kraft setzen, wenn die nationale Selbsterhaltung bedroht ist. Es gibt keine politische Moral ohne Klugheit. Klugheit wird als das Abwägen der Folgen alternativen politischen Handlungen gesehen. Politische Ethik beurteilt Handlungen nach ihren Folgen. Auch Abraham Lincoln wusste dies, als er sagte, <Ich gebe mein Bestes nach bestem Wissen, so gut ich kann, und es ist auch meine Absicht, es auch weiter zu tun. Erweißt sich, dass ich recht hatte, so ist unwesentlich was gegen mich gesagt wurde. Erweißt sich aber, dass ich im Unrecht war, so können zehn Engel, die schwören, dass ich Recht hatte, nichts daran ändern .>
5. Nationen sind versucht ihr politisches Handeln in sittliche Ziele zu hüllen. Deshalb darf das sittliche Streben einer Nation nicht mit sittlichen Gesetzen, die die Welt beherrschen gleich gesetzt werden. Es ist auch eine Einbildung Gott immer auf seiner Seite zu wissen. Die unbekümmerte Gleichsetzung eines bestimmten Nationalismus mit einer schicksalhaften Vorsehung ist moralisch unhaltbar. Dies führt zu einer Verzerrung der Urteilsfähigkeit, die in blinden Kreuzzugeifer, Nationen und Zivilisationen zerstört, im Namen sittlicher Grundsätze, Ideale oder Gottes.
6. Politik darf die gleiche Eigengesetzlichkeit wie die Ökonomie beanspruchen. Der Realist denkt in den Begriffen eines als Macht verstandenen Interesses und fragt sich, welche Wirkung diese Politik auf die Macht des Staates hat.
8 Die neorealistische Schule
Sie ist 1981 in München durch das bewusst werden von Wirkungszusammenhänge in der Weltpolitik entstanden. Die Gefahr von Kontinentübergreifenden Kriegen und politisch ungezähmter nuklearer Militärtechnologien schafften eine Forderung nach Klarheit, einer überschaubaren Darstellung der großen Problembereiche der Weltpolitik und systematischen Methoden zu ihrer Analyse.
8.1 Inhalte
Der Münchner Ansatz geht davon aus, dass sich das Verhalten eines Staates A gegenüber einem Staat B weder ausschließlich durch Akteursmerkmale, noch durch Merkmale des Aktionssystems oder exklusiv durch systematisch –strukturelle Merkmale wie machtpolitische Positionierung erschöpfend erklärt werden kann.1 Das Wort Realismus ist hier in erster Linie als Orientierung der politischen Analyse zu sehen. Es soll die Wirklichkeit widerspiegeln, indem eine Trennung des Seienden, des Wünschbaren und des Gesollten statt findet. Hierbei steht die historische Komparation2 im Vordergrund. Das bedeutet ein systematischer Vergleich historischer Erfahrungen und deren Typifizierung, die an die empirische Wirklichkeit rückgebunden wird. Sie ist in erster Linie als revisionsoffene, akkumulierten Erfahrungen zu betrachten. Außenpolitik wird nicht mehr als Manifestation ewig gültiger Gesetzmäßigkeiten menschlicher oder politischer Natur aufgefasst, sondern als Ereignis globaler und multipler Wirkungszusammenhänge verstanden. Die Analysemethodik ist multimethodisch, multiperspektivisch und integrativ angelegt. Die Multimethodik bezeichnet die Analyse ein und desselben Sachverhalts mittels verschiedener methodischer Instrumente. Die Multiperspektive ist eine analytische Erfassung des Sachverhalts aus verschiedenen Blickwinkeln wie zum Beispiel regional, national und global. Bei der Integration wird eine Eingruppierung der gewonnenen Einzelergebnisse in einen klar überschaubaren Gesamtzusammenhang gebracht.
Es ist die Suche nach konstanten Elemente in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei unterscheidet man drei:3
1. Konstanz in der Motivation und Formen menschlicher Aktions und Reaktionsweisen, unabhängig von Raum, Zeit und System
2. Epochale und systematische Elemente. Sie beziehen sich auf die Beeinflussung der Kultur und Zivilisationsformen einer bestimmten Epoche und eines bestimmten Systems auf den menschlichen Verhaltensstile.
3. Elemente des Unwiederholbaren, des Zufälligen und des rein Individuellen. Hier sind als Beispiele zu nennen, einmalige Persönlichkeiten wie Caesar, das Glücken eines Staatsstreichs oder politisch bedeutsame Naturkatastrophen.
Hier erfährt die historische Situation genaue Beachtung, um auch zukunftsorientierte Planung, gegenwärtiger politischer Aktionen gewährleisten zu können. Nicht das individuelle Handeln Einzelner ist das Ziel der Forschung, sondern der Versuch Wirkungszusammenhänge zu erfassen und sie zu erklären. Hier wird weder mikroanalytisch, noch makroanalytisch vorgegangen.
Politisches Handeln orientiert sich stets an der Erwartung von Wirkung. Daher ist die Einschätzung von Kausalitäten, Wahrscheinlichkeiten und Prioritäten menschlichen Verhaltens von zentraler Bedeutung. Diese Einschätzung kann über Krieg oder Frieden entscheiden.
8.2 Synoptische Politikwissenschaft
Sie ist ein wichtiger Unterschied zum Realismus. Hierbei geht es nicht um die Entwicklung einer Theorie, sondern um einen Wirkungszusammenhang zwischen den Teilbereichen politische Rechtslehre, System und Regierungslehre, Internationale Politik, politische Theorien, Wirtschaftspolitik, Kulturpolitik und Politikpädagogik und Soziologie der Politik herbei zu führen. Um diese Wirkungszusammenhänge vollständig erklären zu können, bedarf es einer Grundlagendisziplin, die methodologisch und didaktisch vorgeht. Dabei wird keiner Methode einen Vorrang gegeben und es können lediglich epochal gebundene Typen politischen Handels geben. Strukturen können jedoch transepochal sein, aber ihre Ausgestaltung ist in jeder Epoche eigen. Der Imperialismus , der sich über den römischen, napoleonischen, klassissch- machtstaatlichen bis zum sozialistischen Imperialismus erstreckte, ist als ein solches Beispiel zu nennen. Die synoptische Politikwissenschaft unterliegt der permanenten Selbstrevision.
8.3 Funktionales Politikverständnis
Politik wird funktional verstanden, nämlich als situationsbedingtes, wertbezogenes und lernfähiges Entscheidungshandeln, das die Aufgabe hat, arbeitsteilige Gesellschaftssysteme im Rahmen ihrer staatlichen Organisation funktionsfähig zu erhalten.1 Jeder Akteur stellt primär eine Handlungseinheit dar, deren Ziele von der existentiellen Lage, den jeweiligen herrschenden Wertvorstellungen, den zu berücksichtigen inner, wie außenstaatlichen Bedingungsfaktoren, sowie geschichtlichen Erfahrungen bestimmt werden und nicht der Verwirklichung orginär angenommene Bedürfnisse wie Macht. Es geht in der Außenpolitik nicht mehr um Durchsetzung, sondern um bestmögliche Wahrung seiner Interessen. Im Neorealismus werden neben den staatlichen Akteuren auch nicht staatliche Akteure auf internationaler Ebene anerkannt. Inwieweit ihr Einfluss auf dieser Ebene ist wird nicht erwähnt. Man möchte hier lediglich eine nicht staatliche Variable einfügen, die es neben der staatlichen zu untersuchen geht. Unter internationaler Politik versteht man nicht mehr das Ringen von Staaten, um ein bestimmtes Machtpotenzial, sondern ein polyzentrisches2 und dynamisches Interaktionssystem ohne zentrale Entscheidungs und Vollzugsorgane sowie ohne erzwingbares Rechtssystem.
8.4 Methodenpluralismus
Der Neorealismus erstrebt die Entwicklung und Verfeinerung von Methoden und Verfahren zur Analyse internationaler Politik an. Dies nennt man auch Konstellationsanalyse. Das wichtigste Ziel ist es eine Analyse internationaler Konstellationen durchführen zu können. Grundelemente jeder Konstellationsanalyse sind fünf interdependente Begriffspaare.
1. System und Entscheidung
2. Interesse und Macht
3. Wahrnehmung( Perzeption) und Wirklichkeit
4. Kooperation und Konflikt
5. Norm( Ethik, Recht, Ideologie) und Nutzen
Diese fünf Begriffspaare sind auch gleichzeitig diagnostische Untersuchungsziele. Zunächst wird eine Struktur und Verhaltensanalyse jedes einzelnen Aktionssystems( z.B. Staat) innerhalb einer Konstellation durchgeführt. Anschließend werden Fragekombinationen auf das Interaktionssystem der Konstellation angewandt. So wird zum Beispiel die Machtkonstellation jedes Staates erfasst und dann die Strukturelemente der gesamten Konstellation( z.B. die Strukturierung der in ihr gegebenen multipolaren Kräfteverhältnisse). Die anschließende Integration der Teilergebnisse ist nicht als Addition der Fakten zu verstehen, eher als eine Art Zusammenschau( Synopsis) . Die Ergebnisse der Begriffspaare müssen in Beziehung zu einander gesetzt werden. Daraus ergibt sich ein Wirkungszusammenhang, der mit dem Begriff Konstellation gemeint ist.3
8.5 Perzeptionspluralismus
Ursachen, Problemstrukturen und Entwicklungstendenzen werden von Staaten bei Krisen unterschiedlich wahr genommen und interpretiert. Diese meist nur teilweise richtige Wahrnehmung beeinflusst die praktische Verhaltenssteuerung all dieser Staaten. Um aber die praktische Wirkungsweise dieser einzelnen Situationswahrnehmungen der Staaten begreifen zu können, muss sich ein Analytiker in alle beteiligten Führungskräfte einarbeiten können. Dort, wo es keine Daten über die Führungskräfte gibt, ersetzen Hypothesen diese Daten. Mit solchen Daten oder Hypothesen kann man sich besser auf das Verhalten anderer Staaten einstellen. Die wirksamste Weise zur Einarbeitung in das Verfahren der multipolaren Perzeptionsanalyse bietet die sogenannte Lernanalyse. Sie kann nur bei Konstellationen der Vergangenheit mit optimalen Quellenmaterial für die Beratung und Entscheidungsprozesse aller beteiligten Staaten durch geführt werden.
9 Schluss
Das Mittel der Androhung der militärischer Gewalt wurde so lange im Europa des 19. und 20. Jahrhundert betrieben und durch Aufrüstung verstärkt, bis der Funke des Nationalismus, sich in Form von Krieg entlud. Die Folgen dieser Art von Außenpolitik waren der Erste und Zweite Weltkrieg. Förderprogramme der Streitmächte, um deren Macht auf internationalen Ebene zu stärken waren bis nach dem Zweiten Weltkrieg ein übliches Mittel der Außenpolitik in Europa. Die Demokratisierung des westliches Europas brachte eine neue Art der Außenpolitik hervor. Zwar teilte sich die Welt in ein bipolares Gefüge, das sich auch noch besonders durch den Kampf um Macht hervor tat, dennoch veränderte sich die Außenpolitik der Staaten innerhalb der westlichen Welt dermaßen, dass der Kampf um Macht durch neue Werte ergänzt wurde. Es entstand ein westliches Europa der Gemeinschaft, das auch von Eigeninteresse geprägt war, aber eine Androhung durch militärischer Expansion als nicht erstrebenswert empfunden wurde. Es kristallisierte sich eine Gemeinschaft heraus, die bis heute Bestand hat. Die Anfänge dieser Gemeinschaft sind in der Gründung der Montanunion( 1951) oder durch die Schaffung der Römischen Verträge( 1957) zu sehen. Heute geht die Zusammenarbeit von der Wahrung gemeinsamer Werte wie der Menschenrechte, über eine Zollunion, bis hin zu der Ausarbeitung einer möglichen Verfassung. Es entstand im Zuge dieser Gemeinschaft eine wirtschaftliche Verflechtung, die durch Fusionen, Aufkäufe oder Neugründungen von Tochterfirmen im Ausland, solche Ausmaße annahm, dass ein Krieg innerhalb der Gemeinschaft bedeutet hätte, sich selbst wirtschaftlich zu schaden. Somit hätte in dieser Epoche die Politik der Macht keinen Sinn mehr ergeben. Zum anderen benötigte man die Gemeinschaft auch zu der Abwehr einer möglichen Bedrohung, des Kommunismus. Diese Bedrohung führte zur Schaffung der NATO und förderte den Zusammenhalt des westlichen Europas. Natürlich könnte man auch bei der Entstehung dieses Europas, laut dem Ansatz Morgenthaus, argumentieren, dass die einzelnen Staaten versuchten, ihren durch den Zweiten Weltkrieg erlittenen Machtverlust, durch einen Zusammenschluss zu kompensieren. Und auch in diesem Argument würde mehr als ein Funke Wahrheit stecken, denn wenn wir uns diese Staaten in der damaligen Zeit noch einmal vor Augen führen, wäre es undenkbar, dass zum Beispiel das deutsche Kaiserreich mit Frankreich eine solche Verbindung auf internationaler Ebene einginge, wie heute die BRD und Frankreich. Doch wenn auch diese Motive die Gründung der EU förderten, hat sich die EU darüber hinaus entwickelt. Aussöhnung, gegenseitiges Verständnis und dem gemeinsamen Wunsch nach Frieden innerhalb Europas sind Zeitzeugen dieser Entwicklung. Die gemeinsame Außenpolitik wird nicht durch Drohgebärde der Aufrüstung bestimmt, um seine Interessen durchzusetzen, sondern man verlagerte die Wahrung der Interessen in einen gewaltlosen Sektor, der Wirtschaft. Heute bestimmen mögliche Handelssanktionen oder Einfuhrzölle die Wahrung der Interessen. Man kann durch eine Veränderung der Staatsformen in Europa auch eine Veränderung in der Außenpolitik betrachten, die von der recht einfach gestrickten Außenpolitik, dem Kampf um Macht abweicht. Außenpolitische Schwäche wurde somit auch durch die Integration in eine Gemeinschaft kompensiert.
10 Tabelle zum Methodenpluralismus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
11 Anleitung zur Bewertung von Konflikten
Nach der realistischen Schule
1. Interessen: Welche offenkundige und versteckte Motive stecken hinter der Motivation der einzelnen Akteure?
2. Macht: In welcher Form wird sie eingesetzt? Inwieweit wird das Machtpotenzial eines Staates in Anspruch genommen (Die Wichtigkeit der Handlungen lassen sich so in einer bestimmten Periode hierarchisieren )?
3. Moral: Wurden mögliche Handlungsalternativen bewusst oder durch äußeren Druck außer Acht gelassen? Welches Sanktionspotential hatten andere Akteure auf den betroffenen Akteur?
Nach der neorealistischen Schule
1. System und Entscheidung: Frage nach den Strukturen, den Funktionen, den Prozesse und der Lenkung der Aktionssysteme
2. Interesse und Macht: Frage nach Ziele, Mittel, Ziel-Mittel-Relationen, Fähigkeiten und Motivationen der Akteure.
3. Wahrnehmung und. Wirklichkeit: Frage nach der Perzeptionsbedingtheit der Aktion, der Kommunikation und der Differenziertheit der Perspektiven.
4. Kooperation und Konflikt: Frage nach den Verhaltens-, Beziehungs- und Interaktionsformen.
5. Norm und Nutzen: Frage nach der Steuerungsrolle und dem wechselseitigen Verhältnis ideeller und pragmatischer Wertsetzungen.
12 Literaturliste
Kindermann: Grundelemente der Weltpolitik (1981)
Landes: Wohlstand und Armut der Nationen (2002)
Morgenthau: Macht und Frieden (1963)
Naßmacher: Politikwissenschaft (4. Auflage)
Nohlen: Pipers Wörterbuch zur Politik
Nohlen: Wörterbuch Staat und Politik (1991)
Schmidt: Wörterbuch zur Politik
Siedschlag: Neorealismus, Neoliberalismus und Postinternationale Politik (1997)
Steltemeier: Utopie oder Realität (1998)
Woyke: Handwörterbuch Internationale Politik (2000)
[...]
1 Kindermann: Grundelemente der Weltpolitik 1981 Seite 13
2 Kaiser: Theorie in der Internationalen Politik, in Bracher, Karl Dietrich und Fraenkel, Ernst: Internationale Beziehungen, Frankfurt a.M. 1969 Seite 283
1 Definitorisch verstehen wir unter Liberalismus jenen politischen Ideenkomplex, der durch die Postulate der Selbstbestimmungsfähigkeit der Individuen durch Vernunft, der Individualfreiheit gegenüber dem Staat (Menschen-Bürgerrechte), der Bändigung politischer Herrschaft durch Verfassung und der Selbstregulierung der Ökonomie durch Gesetzmäßigkeiten von Markt und Wettbewerb abgesteckt ist, in eine Evolutionsvorstellung geschichtlichen Fortschritts mündet und zumindest in der Entstehungs- und Blütezeit vom Bürgertum mit seinen Eigentums- und Erwerbsinteressen und seinen daraus erwachsenden Machtansprüche getragen wurde.(Hrsg. Dieter Nohlen: Wörterbuch Staat und Politik, Bundeszentrale für politische Bildung)
1 Zitat Paulus an die Römer, Kapitel 7 Vers 15, 16 und 19
2 Morgenthau: Scientific Man versus Power Politics 1965, Seite 187-201
3 Immanuel Kant: Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte in: kleinere Schriftenzur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik hrsg. V. Karl Vorländer, Hamburg 1959, Seite. 55
1 Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, 3Auflage, Tübingen 1947, 1.Teil, Seite 28
1 Marianne Weber: Ein Lebensbild, Tübingen 1926, Seite 347-348
1 Hans J. Morgenthau: Macht und Frieden, deutsche Übersetzung, 1963, Seite 202
1 Hans J. Morgenthau: Macht und Frieden, deutsche Übersetzung, 1963, Seite 48-61
1 Meier-Walser: 1994 Seite 116
2 Komparation = Vergleichen Duden Fremdwörterbuch
3 Kindermann: Grundelemente der Weltpolitik 1981 Seite 27-29
1 Siedschlag: Neorealismus, Neoliberalismus und Postinternationale Politik (1997) Seite 73
2 poly= viele; zentrisch abgeleitet von Zentrum
3 siehe Punkt 10: Tabelle zum Methodenpluralismus
- Arbeit zitieren
- Nicolas Hohl (Autor:in), 2004, Die realistische und neorealistische (Münchner) Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108593
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