Ist Wissenschaft Teil des Aufzuhebenden oder Teil des Aufhebendem ? Die Betrachtung der Wissenschaft in der Revolution hat nichts mit abstrakter Reflektion zu tun. Letztendlich gibt es nicht "die Wissenschaft" wenn es auch Strukturen gibt, die den meisten wissenschaftlichen Ansätzen heute gemeinsam gibt; und wenn sich auch darüber hinaus Strukturen finden lassen, die im Prinzip allen wissenschaftlichen Ansätzen kulturübergreifend gemeinsam sind (Reproduzierbarkeit, Modellbildung, Weitergabe). Dementsprechend gibt es eine kulturgeprägte und gesellschaftsspezifische Wissenschaft, die es in der konkreten Situation zu untersuchen gilt, die in ihrer gesellschaftlichen Bindung Teil des zu Verändernden ist und sich deshalb im Laufe eines revolutionären Prozesses ändern wird; und es gibt Strukturen und auch Erkenntnisse die auch in der nur wenig antizipierbaren revolutionären Gesellschaft bestand haben werden, bis hin zu den ewigen Grundlagen der Mathematik und theoretischen Physik, die in jeder denkbaren Welt Bestand haben. Insofern gibt es mehrere Teile in dieser Betrachtung, aus einer anderen Richtung betrachtet: Was nützt die Revolution der Wissenschaft und was nützt Wissenschaft der Revolution. In diesem Spannungsverhältnis kann sich Positives entwickeln, Realität ist aber eine andere - Revolutionäre betrachten Wissenschaft misstrauisch, Wissenschaft interessiert sich allenfalls anekdotisch, literarisch oder als Instrument der Kontrarevolution für die Revolution. Hier liegt ein weiteres Spannungsfeld, das bis hin in diesen Aufsatz hineindringt. Wo Revolution ist, ist auch Kontrarevolution und jede Information die der Revolution nützt, nützt auch der Kontrarevolution (und umgekehrt). Und da dieser Aufsatz sich als ein kleiner Teil des Spannungsfeldes. Wissenschaftliche Transparenz widerspricht revolutionärer Konspirativität. Das es möglicherweise interessierte staatstragende Teile gibt, ist weder überraschend, noch verwerflich, sondern einfach systemimmanent verständlich. Es muss aber berücksichtigt werden, angefangen von einer Autorenschaft, die weder im Sinne der bürgerlichen Wissenschaft einen Besitzanspruch, also ein Urheberrecht auf erarbeitetes Wissen signalisieren soll, noch eine zu grosse Offenheit bedeuten darf. Noch mehr gilt das für die immer gerne mitlesende braune Brut. Bewertungsmasstab einer Betrachtung ist aber immer derjenige, der in der Wissenschaft als "evidence based" bezeichnet wird.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Das Verhältnis von Wissenschaft und der Linken in der Geschichte
Strukturen einer revolutionären Wissenschaft
Einleitung
Ist Wissenschaft Teil des Aufzuhebenden oder Teil des Aufhebendem ? Die Betrachtung der Wissenschaft in der Revolution hat nichts mit abstrakter Reflektion zu tun. Letztendlich gibt es nicht "die Wissenschaft" wenn es auch Strukturen gibt, die den meisten wissenschaftlichen Ansätzen heute gemeinsam gibt; und wenn sich auch darüber hinaus Strukturen finden lassen, die im Prinzip allen wissenschaftlichen Ansätzen kulturübergreifend gemeinsam sind (Reproduzierbarkeit, Modellbildung, Weitergabe). Dementsprechend gibt es eine kulturgeprägte und gesellschaftsspezifische Wissenschaft, die es in der konkreten Situation zu untersuchen gilt, die in ihrer gesellschaftlichen Bindung Teil des zu Verändernden ist und sich deshalb im Laufe eines revolutionären Prozesses ändern wird; und es gibt Strukturen und auch Erkenntnisse die auch in der nur wenig antizipierbaren revolutionären Gesellschaft bestand haben werden, bis hin zu den ewigen Grundlagen der Mathematik und theoretischen Physik, die in jeder denkbaren Welt Bestand haben. Insofern gibt es mehrere Teile in dieser Betrachtung, aus einer anderen Richtung betrachtet: Was nützt die Revolution der Wissenschaft und was nützt Wissenschaft der Revolution. In diesem Spannungsverhältnis kann sich Positives entwickeln, Realität ist aber eine andere - Revolutionäre betrachten Wissenschaft misstrauisch, Wissenschaft interessiert sich allenfalls anekdotisch, literarisch oder als Instrument der Kontrarevolution für die Revolution. Hier liegt ein weiteres Spannungsfeld, das bis hin in diesen Aufsatz hineindringt. Wo Revolution ist, ist auch Kontrarevolution und jede Information die der Revolution nützt, nützt auch der Kontrarevolution (und umgekehrt). Und da dieser Aufsatz sich als ein kleiner Teil des Spannungsfeldes. Wissenschaftliche Transparenz widerspricht revolutionärer Konspirativität. Das es möglicherweise interessierte staatstragende Teile gibt, ist weder überraschend, noch verwerflich, sondern einfach systemimmanent verständlich. Es muss aber berücksichtigt werden, angefangen von einer Autorenschaft, die weder im Sinne der bürgerlichen Wissenschaft einen Besitzanspruch, also ein Urheberrecht auf erarbeitetes Wissen signalisieren soll, noch eine zu grosse Offenheit bedeuten darf. Noch mehr gilt das für die immer gerne mitlesende braune Brut. Bewertungsmasstab einer Betrachtung ist aber immer derjenige, der in der Wissenschaft als "evidence based" bezeichnet wird. 11. Feuerbachsche These in Realität: nur wenn der Text bewegt, war er notwendig und ist letztendlich - revolutionäre Wissenschaft.
Das Verhältnis von Wissenschaft und der Linken in der Geschichte
Revolutionäre Bewegungen hatten in der Geschichte ein unterschiedliches Verhältnis zu der jeweiligen Wissenschaft. Meistens hatten Wissenschaftler und Revolutionäre keine gemeinsamen Ansatzpunkte. Wissenschaft ist im Regelfall konservativ oder wenigstens staatstragend. Wenn wissenschaftliche Ergebnisse Einflüsse auf revolutionäre Bewegungen und Situationen gehabt haben, dann im technischen Bereich und dort im wesentlichen im Sinne einer Katalysator-Reaktion. Da heisst, die Produkte aus der wissenschaftlichen Erkenntnis kamen prinzipiell genauso auch der Reaktion zugute, seien es neue Waffen oder neue Kommunikationsmittel. Es gab neuere technische Möglichkeiten, von denen zunächst Revolutionäre profitierten. Beispiele dafür sind alle Mittel von Massenkommunikation. Bestimmte revolutionäre Bewegungen sind ohne technische Neuerungen kaum vorstellbar. Während den mittelalterlichen Bauernkriegen z.B. kam es den Bauern zugute, dass der Buchdruck neu erfunden war und es damit sowohl möglich machte, ideologische Grundlagen (die damals zum ersten Mal in Landessprachen übersetzte Bibel, deren Parteinahme für die Armen als Rechtfertigung diente) als auch Berichte und Predigten weit zu verbreiten. In neuerer Zeit spielen Drucktechniken und später Fotokopierer eine ähnliche, wenn auch vielleicht nicht ganz so entscheidende Rolle. Jeder wissenschaftliche Fortschritt, der eine Technologie breiteren Massen zur Verfügung stellte, nützte oft zunächst revolutionären Bewegungen. Aber alle Techniken konnten auch von reaktionären Gegenbewegungen benutzt werden, was im Regelfall auch geschah. Wenn technologische Neuheiten sich als entscheidend für revolutionäre Bewegungen darstellten, dann, weil der folgende Umsturz so schnell erfolgte, dass die Herrschenden keine Zeit mehr hatten, sie sich anzueignen. Genauso ein Teil der Wahrheit ist es, dass an die Macht gekommenen revolutionäre Bewegungen auch sehr schnell technische Vorteile einsetzten oder umgestalteten, um politische Gegner aus den eigenen Reihen auszuschalten. Dies führte zum Einsatz von Massenkommunikationsmitteln als Methode der Indoktrinierung, statt Aufklärung und Perfektionierung von Zensur und Überwachung. Ein bitterer Teil der Dialektik ist, dass reaktionäre Regimes davon lernten, teils direkt (wie der von stalinistischen Kommunisten ausgebildete Guomingdang), teils indirekt durch Überläufer und Studium der Methoden. Wissenschaftlicher Fortschritt war so in der Geschichtelange Zeit zwar ein strategischer Vorteil für die Linke, weil sie meist aufgeschlossener war als die Reaktion. Dieser Vorteil ist aber im letzten Jahrhundert verschwunden, weil inzwischen liberale und rechte Gruppen immer schneller gelernt hatten, sich diese Methoden anzueignen. Dies geschah einerseits durch ein verbessertes Bildungsniveau, dass allen Richtungen zugutekam, andererseits auch durch das Lernvermögen der reaktionären Bewegungen in den Industrieländern. Und reaktionären Eliten in Trikontländern wurden und werden neuere Methoden mittels Lehrgängen und Ausbildung durch die Industrieländer vermittelt. Inzwischen haben sich die Verhältnisse teilweise umgekehrt: durch eine Wissenschaftsfeindlichkeit kommt es zu einer Vermengung von einer progressiven, wissenschaftskritischen Haltung und reaktionärkonservativen Einstellungen besonders bei anarchistisch geprägten Bewegungen und führen zu unreflektiertem Romantizismus. Im Gegensatz dazu reagieren kapitalistische Systemen durch ihre Struktur sehr aufgeschlossen gegenüber wissenschaftliche Neuerungen. Immer auf der Suche nach neuen Profitquellen werden alle wissenschaftlichen Ergebnisse ausprobiert und kommen dann (auch) der Linken als Ware zugute. Die meisten technischen und auch geisteswissenschaftlichen Neuerungen der letzten Jahre sind dadurch systemstabilisierend geworden. Potentielle progressive Elemente, beispielsweise enthierarchisierte Kommunikation durch das Internet, tritt vor dem systemstabilisierenden Unterhaltungs- und Werbeaspekt in den Hintergrund. Methoden der empirischen Sozialforschung (schon von Marx und später u.a. von der Frankfurter Schule eingesetzt), dienen heute überwiegend zur Vorausberechnung von Wahlen und Marketingstrategien. Psychologische Methoden dienen zum Screenen von Arbeitnehmern, zur modernen betriebspsychologischen Management, zur Mitarbeitermotivation oder zur Konfliktbewältigung. In linken und revolutionären Bewegungen werden oft Erkenntnisse nicht umgesetzt oder mit Misstrauen betrachtet. Dies führt bei einem grossen Teil der Linken zu einer Politik "aus dem Bauch heraus" und in Teilen sogar zu einer Verherrlichung dieser Art von Irrationalität. In einem Teil der Linken gibt es nicht die Tradition der Wissenschaftsfeindlichkeit, sondern eher eine Tradition der Wissenschaftsverehrung bis hin zum Szientismus. Die marxistisch geprägte Linke sah den politischen Prozess als wissenschaftlich analysierbar an und betrachtete ihre Analyse und politische Bewegung als wissenschaftlich. Sie stützte sich auf die von Hegel formulierte dialektische Logik und wandelte dessen philosophisch-idealistische Philosophie in einen dialektischen Materialismus um, der ganz äquivalent zur bürgerlichen Philosophie und auch zu Religionen als Erklärungsmoment für alle.Phänomene, sei es politischer, psychologischer oder auch naturwissenschaftlicher Art diente. In weitergehenden Versuchen setzte die Frankfurter Schule den dialektischen Materialismus in Einzelwissenschaften wie der Sinologie (Wittfogel), Musikwissenschaften (Adorno), Soziologie (Horkheimer) und anderen Fächern erfolgreich ein und konnten so eine wissenschaftlich-komplexe Herangehensweise entwickeln, die mit ihrer verdichteten Sprache im Gegensatz zum Neopositivismus steht. In dieser Verdichtung und Synthese steckt auch ein Teil der problematischen Umsetzung (Vertreter der Frankfurter Schule würden es als Antithese oder regressiven Moment betrachten): die der erschwerten Verständlichkeit, die den Zugang erschwert .Ein wesentlicher Teil der marxistischen Wissenschaft verknöcherte aber zur ideologisch-dialektischen Begründungsmaschine für herrschende Zustände und mangelnder Entwicklung und gewann in Teilen Religionscharakter. Prinzipiell enthält Marxismus diesen Charakter immanent als eschatologische Philosophie, aber gewann von aussen zusätzlich den Charakter einer herrschaftsstabilisierenden Religion bis hin zur Verwendung von Ikonen und Tempeln (z.B. dem Leninmausoleum auf dem roten Platz). Im 19. Jahrhundert stellte der dialektische Materialismus eine innovative Wissenschaft dar, sie verlor aber diesen Charakter, als sie Staatswissenschaft der sozialistischen Länder wurde (was nicht heisst, dass sie ohne jeglichen Erfolg angewendet wurde). Ihre Stärke ist weniger ihre Anwendung als Weltformel (das ist eher ihre Gefahr), sondern die Förderung des systematischen und logischen Denkens, die mit ihrer Anwendung verbunden ist. Gründe für Wissenschaftsfeindlichkeit der heutigen westeuropäischen Linken
Es ist nicht klar, ob die heutige Linke überwiegend wissenschaftsfeindlich ist oder einfach nur gleichgültig. In der Öffentlichkeit scheint sie eher feindlich; das liegt an der Mischung aus "alternativen" und linken Ideologien. Hier treffen sich gesamtgesellschaftliche und bewegungseigne Entwicklungen. Gesamtgesellschaftlich ist es in den letzten Jahrzehnten zu einer Trennung gekommen - die Mehrheit in der Gesellschaft nimmt wissenschaftliche Entwicklungen und Vorstellungen nur in Form von Überschriften zur Kenntnis und interessiert sich kaum. Eine kleiner werdende Minderheit dagegen beschäftigt in kleinen Zirkeln oder auch alleine mit wissenschaftlichen Themen. Wissenschaftsfeindlichkeit findet sich selbst unter Universitätsabsolventen, von dem Rest scheinen viele nichts von Wissenschafstheorie zu wissen, sie betreiben Wissenschaft eher wie ein Handwerk, um mit ihr Arbeitsstellen zu finden. Dieses Wissenschaftshandwerkertum findet sich bis in den akademischen Oberbau. Strömungen innerhalb der alternativen Gruppierungen haben auch konservative bis reaktionäre Inhalte und treffen sich hier mit rechten Gruppierungen. Das zeigt sich, wenn andersartige Erklärungsmodelle, besonders in der Alternativmedizin unkritisch übernommen werden, wobei bei den gleichen Personen eine mehr oder weniger angemessene kritische Haltung gegenüber der Schulmedizin herrscht. Parallelen existieren in der nationalsozialistischen Bewegung, die ähnlich und mit ähnlichen Argumenten die wissenschaftlich orientierte Medizin abgelehnt hatte (und es ist eine weithin verdrängte Wahrheit, das Weleda in KZs Menschenversuche durchführen liess). Das Misstraün der Faschisten gegenüber moderner Physik kulminierte in der abstrusen Auseinandersetzung zwischen "Deutscher Physik" und "Jüdischer Physik". Das solche Diskussionen heute, etwa gegen eine "imperialistische Kosmologie" oder ähnlich zu denunzierenden Wissenschaftsansätzen nicht stattfindet, liegt an der fehlenden Rezeption und Diskussion bestimmter Teile des Wissenschaftlichen Diskurs unter den Linken. Wieviel linke Mathematikstudenten gibt es ? Ein Teil der Haltung der Linken lässt sich mit den berühmten "Eierschalen" (Bloch) erklären - reaktionäre Restideologismen, die in jeder progressiven Bewegung vorherrschen und die spätestens in einer revolutionären Situation zu einer Gefahr werden. Ein weiterer gesamtgesellschaftlicher Moment ist ein Verlust des Wortes gegenüber des Bildes und in zweiter Linie des Tones. Das Prinzip vom Neuen scheint zu sein, dass alte Strukturen in kleinen Subkulturen erhalten bleiben. Ein Beispiel ist das Erhalten der alten Schallplatte in der CD-Kultur. Genauso scheint es manchmal, dass der Diskurs nur in einer Subkultur erhalten geblieben ist, unabhängig von ihrer politischen Grundhaltung. Wissenschaftlichkeit ist in den meisten, selbst liberalen (oder anarchistischen, "anything goes") Wissenschaftsdefinitionen an einen Diskurs gebunden. In dem Moment, in dem im politischen Kulturmodell primär andere Arten von Kommunikation (u.a. Musik als Kennzeichen linker Subkultur, Outfit) dominieren, kommt es auch zu einer Entfernung vom Diskurs selbst. Eine weitere Veränderung in der Gesellschaft betrifft auch das linke Verhältnis zur Wissenschaft. In den Medien, in den letzten Jahren auch durch das Internet findet eine merkliche Tendenz zur Verkürzung statt. Hintergrundartikel nehmen nur noch eine Seite ein, Berichte und Argumentationen im Fernsehen wenige Minuten. Das Radiofeature findet nahezu nicht statt. Ursachen dafür sind nicht Thema dieses Aufsatzes, aber der Effekt ist unabhängig von der Ursache: fast alle wissenschaftlichen Disziplinen leben vom argumentativen Austausch. Wenn die Kommunikationsgewohnheiten sich verändern, verkürzen, leidet zuerst die differenzierte, in die Tiefe gehende Argumentation; zugunsten der plakativen Darstellung. In diesem Gegensatz liegt auch schon ein politischer Unterschied, wenn auch nur angedeutet: dem zwischen rechts und liberal bis links. Die Verkürzung aber lässt sich auch in der Wissenschaft selbst wahrnehmen. Teils aus Not, teils aus der Notwendigkeit der Veröffentlichung als Tätigkeitsnachweis kommt es zu so einem Informationsfluss, das viel des Wissenschaftsaustausches bereits nur noch in ähnlicher verkürzter und vereinfachter Form stattfinde, mittels dem Kongressposter und dem Abstract. Ein Teil der Motivation für linkes Engagement stammt bei vielen auch aus der Kindheit. Ein mehr oder weniger vorhandenes Vermissen der Ursprünglichen Einheit und des Glücks führt zu einem aktiven Streben zu einer Harmonie auf höheren Ebene; dieser durchaus progressive Moment führt auch zum in Frage stellen von erlernten Strukturen, das bewahrte kindliche Nachfragen zu gesellschaftlichen Strukturen und Gewohnheiten, die üblicherweise nicht hinterfragt werden. In dieser Struktur liegt aber auch ein konservativer Kern. Frühere Strukturen der individuellen Geschichte, eine nicht vorhandene Entfremdung wird gesucht. Eine rationale Struktur passt nicht zu dieser Sehnsucht. In dem "Alle Menschen sind Brüder\Schwestern"-Impetus passt die distanzierte wissenschaftliche Analyse nicht herein. Ein weiterer Moment, jetzt langsam verblassend, stammt aus der bereits erwähnten übertriebenen (pseudo)Wissenschaftlichkeit der dogmatischen Linken, die in bestimmten Zeiten und Ländern (zuletzt in den 70er Jahren u.a. in Deutschland) viele Menschen abschreckte und in eine Gegenhaltung trieb. Während diese formale dialektische Grundhaltung nur noch in kleinen Gruppen erhalten geblieben ist, ist die Gegenhaltung ein eigener Traditionsmoment der Linken geworden. Dagegen ist die Reflektion, schon prinzipiell ein Element der meisten Wissenschaften eher eine verlassene Tugend einer Bewegung, die im positiven wie negativen Sinn "aus dem Bauch heraus" handelt. Insgesamt gibt es also eine Reihe von Gründen, die gesamtgesellschaftlich zu einer Entfremdung zur Wissenschaft geführt hat, plus einer Reihe von spezifischen Gründen, die bei der Linken selbst vorliegen. Im nächsten Schritt ist zu überlegen, ob es nicht vielleicht besser so ist; denn die nächsten Fragen sind: Gibt es eine konservative Wissenschaft ? Und demnach auch ihr Gegenstück ?
Gibt es eine linke Wissenschaft ? Ist Wissenschaft Teil der Utopie oder Teil des zu Überwindendem ? Wissenschaft und deren Inhalte wird durch ihre gesellschaftliche Umgebung geprägt, verkürzt und dennoch nicht falsch durch ihren Geldgeber. Wissenschaftliche Inhalte bleiben erhalten, wenn sie im Sinne der Herrschenden sind und verschwinden ganz oder in den Archiven, wenn sie nicht gesellschaftskonform sind. Gesellschaftskonformität kann sich auch in der Person des Wissenschaftlers ausdrücken (wenn, wie durch feministisch geprägte Wissenschaftsgeschichte belegt, Schriften und Ergebnisse entweder von Männern okkupiert oder Ergebnisse und Wissenschaftlerinnen selbst in Vergessenheit geraten oder Verdrängt werden), in dem Widerspruch zur herrschenden Ideologie (wie in der Renaissance das heliozentrische Weltbild im Gegensatz zu den aristotelisch geprägten Weltbild der katholischen Kirche stand), im Widerspruch zu den Interessen der Mächtigen oder auch den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung. Dabei sind unterdrückte Ergebnisse nicht zwangsläufig progressiv. Neben der herrschenden Wissenschaft gibt es aber auch eine höchst empirische Gegenwissenschaft von unten. Die traditionelle chinesische Medizin bietet hierfür ein gutes Beispiel. Die, auch in der Alternativszene bekannte und sehr strukturalistische Form (fünf Elemente-Leere, Yin- und Yang) ist in Wirklichkeit eine Medizin der herrschenden kaiserlichen Familie und deren Beamten die höchstens einem Prozent der Bevölkerung zugute kam. Schon die begründende Philosophie entspricht der der herrschenden Ideologie. Auch wenn der konfuzianische Anteil nicht im Vordergrund steht, so werden Strukturen des Daoismus benutzt, die zur Rechtfertigung des herrschenden Systems dienen und explizit werden im Dao De Jing Ratschläge und Hinweise an die Herrschenden gegeben. In den unteren Schichten bestanden parallel und teilweise unbeeinflusst eine medizinische Wissenschaft von unten, die weitgehend ohne komplexen Überbau auskam und auf empirischer Beobachtung beruhte (Unschuld). Während hier noch relativ klar von Wissenschaft gesprochen werden, wird der Begriff oft unklarer. Ist Wissenschaft an den Beruf und die Subgruppe von Wissenschaftlern gebunden oder besteht Wissenschaft auch, wenn neues Wissen erschaffen wird, von Bauern, die neue Anpflanzungsmethoden erfinden, erproben (die "Studien") und weitergeben durch direktes Vermitteln (dem "publizieren"), sind das Wissenschaftler oder nicht ? Im Sinne von Feyerabends "anything gös" (dessen Gesamtbetrachtung erheblich sperriger ist als im allgemeinen dargestellt oder wahrgenommen) sicher. Gerade in revolutionären Bewegungen steckt ein hohes Maass an innovativer Kraft von unten oder von den beliebten Querdenkern, die dann erst eine offenere Plattform finden als in Zeiten der Restauration. Aber nicht jeder Wirrkopf, der in Zeiten revolutionärer Umbrüche vor gutmeinenden Linken Gehör findet, ist progressiv. Nie ist die Gefahr grösser, falschen Propheten zu folgen als in Zeiten und bei Gruppen, die nichts und niemandem mehr vertrauen. Da kritische Nachprüfung nicht aus sich heraus erfolgt , sondern aus einem Vergleich, entstehen schnell gefährliche Schlüsse." Es ist anders, also ist es gut"; und: "alles ist besser, wenn es anders ist". In der Kulturrevolution wurde alle alte, also auch die gesunde Skepsis auf den Müllhaufen der Geschichte gekehrt und damit einem sich links gebenden Faschismus das Wort geredet. Eine linke Wissenschaft kann nicht geschichtslos werden und sich aus ihrem Kontext lösen, sie kann allenfalls transzendieren. Es gibt Linkes in der Wissenschaft (Transparenz, Zusammenarbeit, Selbstreflektion) das in der Wechselwirkung der jeweiligen Geschichten entstand und es gibt linke Eigenschaften, die der Wissenschaft gut stehen (würden) - Hierarchiefreiheit, offene wisenschaftstheoretische und logische Konzepte einschliesslich vernetztes Denken und das Berücksichtigen von Interaktionen und Iterationen, Ablehnung des Besitzdenkens für Wissen u.a. Vielleicht gibt es primär, vor Ablauf der Revolution keine linke Wissenschaft, vielleicht gibt es nach der Revolution keine grossartig andere Wissenschaft; es gibt aber eine links geprägte und dadurch womöglich produktivere Wissenschaft und vielleicht ist der eine oder andere brav-unschuldige Wissenschaftler revolutionär als er oder sie selbst weiss. Welche wissenschaftlichen Inhalte sind für die Revolution relevant ? Wie schon in der Geschichte gibt es auch hier gibt es die Graduierung zwischen einfachen technischen Ergebnissen und Ergebnissen, die selbst in den Verlauf von Revolutionen eingreifen können, sie von innen her weiter revolutionieren. Wichtig ist dabei, dass es kaum ein Ergebnis gibt, das nicht auch der Konterrevolution zunutze sein könnte. Dadurch kann schnell ein Moment entstehen, der unrevolutionär und unwissenschaftlich zugleich ist: Geheimnishaltung. Aufgrund des verbreiteten Desinteresses gegenüber wissenschaftlicher Methoden gibt es nicht nur Ergebnisse, die der Konterrevolution nützen könnten, sondern im relevanten Bereich der Sozialpsychologie und der empirischen Soziologie ist es umgekehrt: Die Konterrevolution benutzt schon seit vielen Jahren Techniken, die die revolutionäre Linke nicht kennt und erst seit neuerem von der Sozialdemokratie entdeckt werden. Es dreht sich dabei vor allem um Methoden der Meinungserfassung und -Manipulation. Unter der Prämisse, dass eine Revolution notwendig ist, um eine für die Gesellschaft unerträgliche, irrationale und schädliche Situation zu beenden, ist Revolution höchstens aus einer singulären Situation heraus denkbar. In den meisten Fällen wird die vorhandene Unzufriedenheit innerhalb der Gesellschaft nicht gleichzeitig hervorbrechen und kann so durch einen gut funktionierenden Herrschaftsapparat und eine funktionierende gesellschaftliche Megamaschine klar beherrscht werden. Empirische Sozialforschung kann für revolutionäre Bewegungen Vorteile bieten. Es können Motivationen und Interessenslagen der Bevölkerung untersucht werden. So zum Beispiel, in welcher Situation ein relevanter Anteil der Bevölkerung (60% oder mehr) eine Revolution aktiv oder passiv unterstützen würde. Es kann untersucht werden, wie revolutionäre Inhalte vermittelt werden können, unter Vermeidung von Resentiments und ohne Verlust von inhaltlicher Tiefe. Die Motivation und Gedankenwelt von Revolutionären selbst kann exploriert werden und kann Auskunft geben, wie Revolutionäre beispielsweise vor Burnout geschützt werden, oder wie stalinistische Tendenzen entstehen, bzw. vermeidbar sind. Weitere Untersuchungen können betrachten, wie revolutionäre Gruppen organisiert sind und sein können. Gruppendynamische Prozesse können so analysiert und negative Entwicklungen vermieden werden. Reaktionen von Gegnern können analysiert und antizipiert werden. Letztendlich kann sich der Frage angenähert werden, ob und wie ein revolutionäres Bewusstsein entsteht. Und das Ganze kann an das hohe methodische Niveau ansetzen, das in der empirischen Sozialforschung in den letzten fünfzig Jahren erarbeitet wurde. Längst ist der Unterschied zwischen Meinungsäusserung und realer Tat bekannt. Die Auswirkung von Fragestellungen, Image und Aussehen des Untersuchers, selbst Ort, Tageszeit oder Form der Befragung ist weitgehend bekannt oder in eine Untersuchung integrierbar. Problematiken, wie eine repräsentative Gruppe erreicht oder eine an der Wirklichkeit orientierte Analyse möglich ist, wurde ausgiebig erforscht. Und neben der klassischen quantitativen, standardisierten Befragung gibt es mit einem ähnlichen Arsenal an Möglichkeiten die Qualitative Forschung (die mit ihrem in die Tiefe gehenden, analytischen und besonders selbstkritischen Ansatz einer linken Bewegung eher entspricht). Letztendlich ist eine empirische, revolutionäre Sozialforschung besonders "evidence based", ihr Ziel ist nicht akademische Reputation und Bekanntheit, sondern sie beweist sich durch effektive Analysen, die sich in der Praxis als tauglich erweisen, ähnlich streng wie das im Dienste von Kapitalisten stehende Gegenstück. Eine solche revolutionäre Forschung teilt die Eigenschaft einer theologischen Wissenschaft. Sie forscht innerhalb eines dogmatischen Gedankengebäudes. In diesem Fall ist das Dogma nicht die Existenz eines dreeieinigen Gottes, sondern die Notwendigkeit einer Revolution. Demgegenüber, für eine gesamtlinke Bewegung interessant, das Interesse: ist eine Revolution möglich ? Das interessiert sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch. In anderen Worten: es stellt sich die Frage nach sozialpsychologisch, machpolitisch oder ökonomischen Möglichkeit, genauso wie die mikrosoziologische und individualpsychologische Frage, ob ein Individuum sich im Revolutionsprozess über Wochen, Jahre, Jahrzehnte ändert, der "neue Mensch" also möglich ist. Und, auf den Erfahrungen der letzten Jahrhunderte beruhend, sowohl für die revolutionäre als auch linke Revolutionsforschung relevant: welchen Preis kostet die Revolution - an Menschenleben, an Verrohung, an der Gefahr einer faschistoiden oder stalinistischen Entwicklung ?
Strukturen einer revolutionären Wissenschaft
Welche Struktur könnte aber eine revolutionäre Wissenschaft einnehmen ? Wissenschaftliche Strukturen umfassen die Erlangung von Information, die wissenschaftliche (Detail)diskussion und die Distribution, also die Vermittlung der Erkenntnisse an die revolutionäre Bewegung. Die ersten zwei Punkte beinhalten eine andere Problematik als der letzte.
Erlangung von Information kann empirisch oder aufgrund von Literaturauswertung, Sekundärdatenaufbereitung oder qualitativer Herangehensweise (also einfach auch Nachdenken) erfolgen. Alle drei Verfahren bedeuten einen gewissen Aufwand. Aufwand kann in technischen Aufwand und menschenbezogenen Aufwand unterteilt werden. Während der technische (finanzielle) Aufwand sich für die Gebiete der empirischen Sozial- und Psychologieforschung in Grenzen hält (im Gegensatz zu technisch orientierter Forschung), ist für sie gerade der menschenbezogene Aufwand sehr hoch. Empirische Datenerhebung und deren Aufbereitung ist sehr zeitaufwendig und deren Qualität steigt mit der vorhandenen Zeit. Es besteht ein Qualitätsunterschied zwischen einer Meinungsumfrage an einer nicht repräsentativen Stichprobe, deren Ergebnisse deskriptiv dargestellt werden und einer Erhebung mit methodisch reifen Fragebögen und Fragen, die Verzerrungen vermeiden und genau das Evaluieren, was intendiert wird, und dann analytisch, mit komplexen, multivariaten Methoden analysiert wird. Die dazu notwendigen Grundlagen beruhen auf Professionalität, die wiederum auf langjähriger Erfahrung aufbaut, und auf Arbeitszeit. Professionalität fördert zwar die Qualität, Relevanz und letztendlich Anwendbarkeit. Aber Professionalität ist nicht unproblematisch. Professionalisierung fördert Spezialistentum und das bringt immer eine Gefahr des Elitarismus. Professionalität kann auch Unentbehrlichkeit fördern und das bewirkt eine Machtstruktur. Professionalität kann auch eine Distanz zur Basis bedeuten und das gehört zu einem gefährlichen Preis, der zu hoch sein kann. Das Professionalisierung gefährlich für linke Bewegungen ist, hat sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder gezeigt. Letztendlich wurden sich professionalisierende, besonders engagierte und intelligente Linke vom System als Politiker (z. B. bei den Grünen), im Sozialsektor und in geringerem Maße auch in wissenschaftlichen Einrichtungen integriert. Das führte im Regelfall dazu, dass die sie hervorbringenden Bewegungen geschwächt und zur Unselbstständigkeit gebracht wurden. Selbst nachdem die Gefahr erkannt und u.a. in Form von Rotation verhindert werden sollte, erwiesen sich die Instrumente nicht als wirksam. Zeitlicher Aufwand bedeutet in den Begriffen der kapitalistischen Gesellschaft finanzieller Aufwand, in den Begriffen der solidarischen Gesellschaft teilweise oder ganze Freistellung von Reproduktionsaufgaben und von der praktischen politischen Arbeit. Dabei erscheint eine vollständige Freistellung aber kaum wünschenswert, aus oben angeführten Gründen. Aber letztendlich ist diese Erörterung nicht evidence-based, die Struktur schon wieder Thema der postulierten revolutionären Wissenschaft. Wissenschaftliche Arbeit für die Revolution kann in der pluralistischen, demokratischen Gesellschaft im Gegensatz zur totalitären Gesellschaft in Strukturen erfolgen, die eigentlich für die bürgerliche Wissenschaft bestehen. Da die Ausbildung in Deutschland momentan noch gewährleistet wird (sofern die finanziellen Mittel zum Leben vorhanden sind) und Bibliotheken, Kommunikationsmöglichkeiten, u.ä. vorhanden sind, ergibt sich der Sachverhalt, dass mit (Teil)ressourcen des Systems erforscht wird, wie das System gestürzt werden kann. Das entspricht der gleichen merkwürdigen Logik, wie die, das Angehörige der revolutionären Linken vom Staat mittels Sozialhilfe Stipendien und selbst Gehälter finanziert werden. Letztendlich ist es eine pragmatische Lösung, da die moralische - Bekämpfung des Systems aus eigener Kraft - nicht möglich erscheint. Faktisch wird eine Organisierung von revolutionärer Wissenschaft in unserer Gesellschaft universitätsnah am sinnvollste sein. Sowohl Menschen mit fachlicher Erfahrung als auch die Zugänglichkeit der Ressourcen dort ist möglich. Ob offenes Arbeite oder halbgeschlossene Strukturen sinnvoll sind, ist von Gegebenheiten abhängig. Es ist kaum denkbar, dass staatliche Strukturen nicht die Chance nutzen werden, eine offene Struktur zu unterwandern oder zu zerstören wenn sie auch nur den Anschein erweckt, das sie in irgend einer Weise für sie gefährlich werden könnte. Die Distribution ist einfach und schwierig zugleich. Einfach insofern, weil eine grössere Zahl von Zeitschriften genauso zur Verfügung steht wie inzwischen Veröffentlichungsmethoden im Internet. Aber darin liege bereits die Probleme. Veröffentlichen heisst nicht, dass es gelesen oder sogar umgesetzt wird. Grundlage einer revolutionären Wissenschaft ist es, dass es eine revolutionäre Bewegung gibt. (Das entspricht dem bekannten Ausspruch Che Guevaras, um revolutionärer Arzt sein zu können, müsste erst einmal eine Revolution vorhanden sein). Die Distribution kann letztendlich nur erfolgen, wenn wissenschaftlich Tätige auch Mitglieder praktisch tätiger politischer Gruppen sind oder zumindest in enger Verbindung mit ihnen stehen. Ansonsten ist die Distribution genauso wie in der bürgerlichen Wissenschaft ein Problem des wissenschaftlich Tätigen - es war schon immer ein impliziter Teil der Wissenschaft, die Vermittlung zu organisieren und nur eine Wissenschaft, die sich vermitteln kann, ist eine erfolgreiche Wissenschaft. Letztendlich sind Elemente technischer Wissenschaft oder sozialwissenschaftliche Analysen der Vergangenheit oder Gegenwart nur rückwärtsgerichtete Betrachtungsweisen. Revolution als Begrifflichkeit aber enthält die Transzendenz, das Übersteigen des Gegenwärtigen sowohl im Konkreten als auch im Abstrakten. Revolution bedeutet den in Gang setzen eines Prozesses, der sowohl rationale als auch makroskopische Strukturen aufhebt und übersteigt. Das bedeutet nicht mehr Irrationalität (das ist eine der Gefahren), sondern die letztendliche Unmöglichkeit einer Antizipation von dem, was danach kommt. Durch die (angenommene) Totalität des revolutionären Prozesses für das Innen und das Aussen kann sich revolutionäre Wissenschaft bei der Beschäftigung mit dem Morgen letztendlich nur an einer Grenzfläche bewegen und die Entwicklung von Prozessen erahnen. Das ist letztendlich ein Phänomen, das sie wiederum mit der Theologie teilt, insbesondere mit dort erkundeten mystischen Prozessen im Leben und dem postulierten Übergang des Lebens in eine andere Existenz über das Sterben hinaus. Es gibt eine ganz anders geartete Ähnlichkeit, die näher an erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Möglichkeiten einer in die Tiefe gehende Revolutionstheorie geht. Aus Komplexitätstheorien und der Beschäftigung von nichtlinearen deterministischen Systemen einschliesslich der Frage der Selbstorganisation in Systemen mit Zuständen, die sehr weit von Gleichgewichtszuständen entfernt sind (letztendlich also auch revolutionäre Zustände jedweder Art). Es ist letztendlich nicht ausreichend erwiesen (und wahrscheinlich auch nicht ausreichend erweisbar), ob diese strukturellen Betrachtungen sich als Modell für Revolutionen eignen (ein Thema für eine eigene Untersuchung), aber als Modell bietet es einige Ähnlichkeiten. Aus diesen Modellen wissen wir wiederum, das ein nichtlineares System sich aus strukturellen Gründen nur bis zu einem gewissen Maß vorhersagen lässt. Es ist also nicht nur ein Mangel an Intelligenz oder Rechenkapazität, die diese nicht Vorhersagbarkeit bewirkt, sondern selbst unter Berücksichtigung aller Variablen im Sinne des Determinismus des 19. Jahrhunderts ist eine Vorhersagbarkeit nicht möglich. Diese Erkenntnisse sind noch schwerwiegender wie die der Quantentheorie, von der nicht sicher ist, ob deren Nichtvorhersagbarkeit sich wirklich auf makroskopische Systeme beziehen kann. Die Theorie nichtlinearer deterministischer Systeme dagegen ist eine mathematische Theorie, die allgemeingültig ist und einen starken Beweis für eine Begrenzung jeder Art von Vorausberechnung und damit auch revolutionärer Wissenschaft bietet. Dennoch ist der Blick in die Zukunft revolutionärer Dynamik so nicht ganz verwehrt. Genauso wie die Meteorologie mit nichtlinearen Methoden einen (kleinen) Zeitraum in die Zukunft sehen kann, ist es für die revolutionäre Wissenschaft möglich, einen gewissen Teil des Übergangs zu untersuchen. Unterstützt wird sie durch historische Erfahrungen. Sie zu Rate zu ziehen bedeutet nicht, von einer strengen Regelhaftigkeit revolutionärer Prozesse auszugehen. Aber aus den mathematischen Modellen scheint zumindest hervorzugehen, das die Zahl der möglichen Entwicklungen (mathematisch gesprochen der "Attraktoren") nicht unbegrenzt, sondern begrenzt ist. Diese Betrachtungsweise begrenzt auch den Determinismus der in manchen Teilen der traditionellen marxistisch-leninistischen Bewegung angenommen wird. Reel glaubt wohl nur noch ein kleiner Kreis an die deterministisch angelegte Dialektik der Geschichte, zu Unrecht. Das dialektische Logik sich dazu eignet, Geschichtsprozesse zu interpretieren und zu analysieren, bleibt gültig, nicht aber eine zwangsläufige Hinwendung der Geschichte zum Guten. Ohne zu sehr einem Manichäismus zu verfallen, ist der Ausgang der Geschichte offen und vielleicht aus den historischen Erfahrungen ("auf tausend Kriege kommen kaum drei Revolutionen, so schwer ist der aufrechte Gang") tendiert er eher ins Negative. Die schwierige Aufgabe einer Wissenschaft der Revolution ist eine Erfassung des nicht Erfassbaren, eine Ahnung des Lichts am Horizont ohne in gefährlichen Mystizismus zu verfallen. Ein Lernen aus der Sehnsucht, ein Warnen vor den Fallgruben der Sehnsucht und im besten Fall das Geben wichtiger, vielleicht entscheidender Hilfen zum Erreichen der konkreten Utopie.
- Citar trabajo
- Ernst, Gernot (Autor), 2003, Revolution und Wissenschaft - Wissenschaft der Revolution, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108513
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