Gliederung
1. Definition
2. Historischer Hintergrund
3. Themen in der Literatur
4. Formen
5. Schauplätze und wichtigste Ver- treter
6. „Vor Sonnenaufgang“ Gerhard Hauptmann
7. Ernst Retemeyer : Freie Bühne
8. Schema
9. Quellen
1.Definition
- gesamteuropäische Literaturströmung zw. 1880 und 1900
- Grundlage: Positivismus, der jede metaphysische Welterklärung ablehnt
- Mensch wird als Summe aus Anlage (Erbe), Umwelt (Milieu) und geschichtlicher Situation (Zeitbedingung) verstanden
- Literarische Gestaltung wird als naturwissenschaftliches Experiment gesehen
- Soziales Mitgefühl mit den Elenden und Sensibilität für die Auswirkungen der Industrialisierung auf das Leben des Menschen kennzeichnend
Konsequenter Naturalismus:
- ging auf Eliminierung des Autors aus
→ je mehr Experimentator, desto mehr genaue Beobachtung und unverfälschte Wiedergabe
- Welt erklärt sich von selbst nach immer gleichen Gesetzen →Mensch auch
- heftige Gegenwehr gegen diese Perspektivlosigkeit und Monotonie der bloßen Reproduktionstechnik des Naturalismus
- Wiederbesinnung auf schöpferische und welterklärende Kraft des Künstlers
- gleichzeitig einer immer differenzierteren, schwerer zu durchschauenden Welt gegenüber
- nur noch subjektive Anverwandlung schien möglich → neue Stilrichtungen
- in Werken der Dichter verschiedene Stilrichtungen erkennbar, aber nicht trennbar
- gilt auch für das Lebensgefühl, das von einer breiten Skala des Erlebens geprägt wird
→ MENSCH WIRD ALS „STÜCK NATUR“ GESEHEN
→ GLEICHSETZUNG KUNST UND NATUR
→ STRENGER OBJEKTIVISMUS
→ OPPOSITIONSLITERATUR
2.Historischer Hintergrund
- deutsch-französischer Krieg 1870-71 (Sieg Deutschlands über Frankreich)
- Gründung des deutschen Reiches in Versailles 1871 mit Wilhelm I. als Kaiser (danach sog. Gründerjahre)
- 1873 – Weltwirtschaftskrise (unterbricht „Hochkapitalismus der Gründerjahre“, setzt sich in den 90er Jahren fort)
- 1878 – Bismarcks Sozialistengesetz
- 1883-89 – Sozialgesetzgebung
- 1888 – Dreikaiserjahr
→ Wilhelm I.
→ Friedrich III.
→ Wilhelm II.
- Technisierung
- Bildung von Arbeitervereinen
- Industrialisierung
→ Elend der Menschen
→ Hunger
→ Armut
→ Vermassung in den Großstädten, Landflucht
→ schlechte Arbeitsbedingungen
→ Pauperismus (Massenarmut) der Bevölkerung
- proletarische Masse prägte das Bild der großen Städte
- große Fortschritte in der Wissenschaft, u.a. Erfindung der Schallplatte, der Dampfturbine und des Dieselmotors
Situation im Volk:
- Großbürgertum will neugewonnene, nationale und wirtschaftliche Machtposition zur Schau stellen („Großmachtbewußtsein“ zeigt sich in protzigem Gehabe)
- es versucht sich möglichst idealistisch zu geben, handelt jedoch eher materialistisch
- es schirmt sich von der Kehrseite der Industrialisierung ab
- es eifert dem Repräsentationsstil des neuen Kaiser Wilhelm II. nach
3.Themen in der Literatur
- Großstadtleben
- Hunger
- Armut
- Not und Elend
- Prostitution, freie Liebe
- Alkoholismus
- Arbeiterausbeutung
- Ehebruch, uneheliche Kinder
- Brutalität und Verbrechertum
- Hässliches, Perverses
- Verrücktheit, (Geistes-)krankheit
Programm:
- Wirklichkeit durch Natur
- Naturwissenschaften als Grundlage
- Gesellschaftskritik
- Humanität, Toleranz
- Keine Schönfärberei
- Vererbungproblematik
- Ideen von Ludwig Feuerbach, Charles Darwin und Karl Marx
- Verdrängung des Metaphysischen („Kunst = Natur-x“, Arno Holz)
- Hang zum Modernen
- Lebensnähe
- Echtheit statt Idealisierung
- Enttabuisierung statt Veredelung
4.Formen
a)
- hauptsächlich in Zeitschriften
- z.B. Berlin „Kritische Waffengänge“ (1882-84) von Heinrich und Julius Hart
- oder München „Die Gesellschaft“ (1885-1902) von Michael Georg Conrad
b)
- bedeutensten Leistungen hat das Drama aufzuweisen
- Theaterstücke und eigens gegründete Theatern (z.B. 1890 Freie Bühne in Berlin)
Typische Merkmale des naturalistischen Dramas:
- Beibehaltung der traditionellen Form (Tragödie, Komödie), aber Tendenzen zur Episierung
- Aufnahme neuer, bisher tabuisierter Themen
- entsprechend der Thematik: Bevorzugung des Dialekts
- entsprechend der Forderung nach Wirklichkeitsnähe: Wegfall des Monologs
- entsprechend der Milieutheorie: ausführliche Regieanweisungen
- häufiges Vorkommen analytischer Dramen, da ein in der Vergangenheit angelegtes Verhängnis (z.B. infolge Vererbung) sich im Verlauf des Dramas entfaltet
c)
- naturalistischer Roman und Lyrik weniger bedeutsam
- experimentelle Prosa, geprägt durch Dialekt und Alltagssprache, exakte Erfassung von Mienenspiel und feinsten Bewegungen, Zeitdeckung, Sekundenstil
- Revolution der Lyrik (Holz), äußerlich Zentrierung der Verse auf eine gedachte Mittelachse, mitunter satirisch, grotesk
5.Schauplätze und wichtigste Vertreter
→ Frankreich
- Hauptvertreter des Naturalismus war Emile Zola
- 1840-1902
- Meinung: Kunst ist ein literarisches Experiment mit naturwissenschaftlichen Methoden, das lückenlos die ursächlichen Zusammenhänge determinierten menschlichen Daseins beweisen muss
- Forderung des wissenschaftlichen Romans
- Vererbungs- und Milieutheorie
- z.B. „Germinal“, „Das Glück der Familie Rougon“, „Die Rougon-Macquardt-Natur- und Sozilageschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich“
→ Skandinavien
- Henrik Ibsen mit z.B. „Die Wildente“, „Stützen der Gesellschaft“
- 1828-1906
- Analyse der bürgerlichen Gesellschaft, entlarvt Lebensügen
- August Strindberg mit z.B. „Das rote Zimmer“
- 1849-1912
→ Deutschland
- Arno Holz
- 1863-1929
- entwickelte neue Stil- und Darstellungstechnik, den Sekundenstil
- formulierte konsequenten Naturalismus: „Die Kunst hat die Tendenz, wieder die Natur zu sein. Sie wird nach Maßgabe ihrer jeweiligen Reproduktionsbedingungen und deren Handhabung“
- z.B. „Papa Hamlet“, „Die Familie Selicke“, „Die Kunst, ihr Wesen und ihre Gesetze“, „Phantastus“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Gerhart Hauptmann
- 1862-1946
- sein Werk „Vor Sonnenaufgang“ bestimmt die Hauptphase des Naturalismus
- z.B. „Bahnwärtiger Thiel“, „Die Weber“, „Der Biberpelz“, „Vor Sonnenaufgang“
6.“Vor Sonnenaufgang“, Gerhart Hauptmann
Personen:
Alfred Loth
Sozialreformer und Journalist: Er vertritt das Prinzip des einen Körpers, weshalb er auch keinen Alkohol akzeptiert (Abstinenzler), damit seine Nachkommen reinrassige, gesunde, erblich unvorbelastete Kinder sind. Er begibt sich in dieses Dorf, weil es nicht diesen Idealen entspricht und er die Missstände aufdecken und in einer Studie veröffentlichen möchte.
-> Eugenik, glaubt an die Vererbbarkeit von z.B. Alkohol!
Hoffmann
Ingenieur, verheiratet mit Martha Krause, der Tochter des Hauses. Er ist ein skrupelloser Geschäftemacher für den selbst die Heirat in ein reiches Bauernhaus als Berechnung aufgefasst werden könnte. Dies zeigt sich auch daran, als er sich bereit erklärt, dem alten Schulfreund Loth Geld zu geben. Als dieser dann schliesslich seine wahren Ansichten und Absichten Preis gibt, verlangt er es zurück. Reichtum Ist ihm zu Kopf gestiegen, liebäugelt mit Helene.
Helene Krause
Tochter des Hauses (aus 1. Ehe). Sie ist unzufrieden mit den gesamten Umständen ihres Lebens. Durch ihre Erziehung in einem Heim ist sie nicht nur von der Bildung her allen anderen Familienmitgliedern überlegen, sondern kennt auch ein anderes Leben, als das sittlich verfallene und perspektivenlose. Sie hat den Mut zum Widerstand gegen die Missstände der Umgebung.
Herr Krause
Bauerngutbesitzer, Alkoholiker. Durch die Rohstoffvorkommen überraschend reich geworden, wird er mit seinem Leben nicht fertig und flüchtet sich in den Alkohol und stellt seinen Töchtern nach.
Frau Krause
Krauses zweite Frau, kinderlos. Sie ist eine primitive Frau, die nur durch die Heirat zum Wohlstand gekommen ist und nicht mit diesem klarkommt.
Wilhelm Kahl
Neffe der Frau Krause. Vorbestimmt als Ehemann für Helene. Er ist ein primitiver Jüngling, der mit Frau Krause ein Verhältnis pflegt.
Dr. Schimmelpfennig
Arzt des Dorfes. Er ist politisch ähnlich eingestellt wie Loth, gut gebildet und lediglich zum Geldverdienen in Schlesien.
a) Inhalt
- spielt in Witzdorf
- Loth besucht alten Schulfreund Hoffmann, der in eine reiche Familie eingeheiratet hat (durch Kohlevorkommen in Schlesien)
- Hoffmann betreibt auch fragwürdige Geschäfte
- Loth will in der Gegend über das Leben der Bergleute und den Geschäftemachern schreiben, Hoffmann kann das nicht gut heißen
- Probleme der Gegend: Alkoholkonsum, sexuelle Zügellosigkeit, Ehebruch, Kuppelei
- z.B. bei Tante und Neffe (sexuelle Vergnügen)
- Loth verliebt sich in Helene glaubt aber an Vererbung, und da ihr Vater Säufer ist will er sie nicht heiraten
- Loth verlässt das Haus, nachdem er erfuhr wie die wahren Verhältnisse im Haus sind
- Helene begeht daraufhin Selbstmord
b)Themen
- Probleme der damaligen Zeit
- Liebesgeschichte mit gesellschaftlicher Problematik
- Schneller Reichtum, industrielle Entwicklung, Kapitalistengesellschaft
- Milieu und Vererbung (Milieutheorie, D. Hume: Umfeld hat direkte Einwirkung auf den Menschen, durch Vererbung wird man gekennzeichnet, schlechtes Verhalten wird entschuldigt, da das Umfeld verantwortlich ist)
- Rassenreinheit
- Sozialdemokratismus
c) Umfeld von Helene
- fehlende Kultur
- Verrohung
- Alkohol
- Intrigen
- Fehlende Bildung
- Geistige Demenz
→ hirn- und perspektivloses Umfeld, Loth erscheint als Retter
d) Textauszug, Blickfeld Deutsch, Seite 308
- lange und ausführliche Regieanweisungen
- gesellschaftskritisch
- Zeile 11 : Totgeburt
- Zeile 18 : Thema Alkohol, Vater betrunken
- Zeile 19 : Anwendung Dialekt
- Zeile 45 : Verrücktheit
7.Ernst Retemeyer:Freie Bühne
- Karikatur nach Uraufführung von Hauptmanns Drama „Vor Sonnenaufgang“
- Aus satirischer Zeitschrift „Kladderadatsch“
- Bezieht sich auf Theater „Freie Bühne“ (1889)
- Thema : Stücke der „Moderene“
8.Schema
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
9.Quellen
1. Internet
- www.cdrnet.net/kb/data/DE_Hauptmann.asp
- www.martinum.de/material/linatura.htm
- www.ni.schule.de/~pohl/literatur/epochen/natura.htm
- www.pinselpark.de/geschichte/spezif/literaturg/epochen/1880_naturalismus.htm
- www.hausarbeiten.de Stichwort Naturalismus
2. Blickfeld Deutsch, 1991 Ferdinand Schöningh, Paderborn
3. Universal Lexikon, Reader´s Digest, 2000 Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH, Gütersloh/München
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