Inhaltsverzeichnis
1. Zum Leben von Arno Holz
2. Zum lyrischen Werk Arno Holz‘
2.1. Erste Schritte zur Revolution der Lyrik
2.2. Die Zusammenarbeit mit Johannes Schlaf
2.3. Die Kunst und ihre Gesetze
2.4. Holz und sein „Phantasus“
2.4.1. Zum Inhalt des „Phantasus“
2.4.2. Formerneuerungen
2.5. Revolutionierung der Kunst
3. Der Künstler Arno Holz (Eine Zusammenfassung)
Anhang Gedichte
Handout des Referates
1. Zum Leben von Arno Holz
Arno Holz wurde am 26. April 1863 in Rastenburg (heute Ketrzyn) in Ostpreußen, als Sohn eines Apothekers geboren. Seine Familie gehörte zum Mittelstand.
Im Jahre 1875 siedelte die Familie in die damalige Reichshauptstadt Berlin über, zu der Holz seine Leben lang eine starke Bindung hatte. Die Eltern ließen sich bald scheiden und es traten materielle Probleme in der Familie auf.
Holz musste die Schule ohne Abschluss, ohne Reifezeugnis verlassen. Schon damals hatte er den Entschluss gefasst, sein Leben ganz der schriftstellerischen Arbeit zu widmen. Da er aber keinen Schulabschluss hatte und ihm somit das Studium an einer Universität nicht möglich war, führte er autodidaktisch literarische Studien durch.
Er knüpfte früh Beziehungen zum Naturalistenverein „Durch“, über den er unter anderem Kontakt zu Gerhart Hauptmann hatte. Später war er an der Gründung des Theatervereins „Freie Bühne“ beteiligt und auch an der Arbeit der gleichnamigen Zeitschrift.
Seinen Lebensunterhalt verdiente Holz als Schriftleiter dieser Zeitschrift und als Redakteur einer Lokalzeitung. Später war er bis zu seinem Tod nur noch freischaffend tätig.
Seine finanzielle Situation war immer wieder angespannt. Er lebte ständig in ungesicherten Verhältnissen. Diese Erfahrungen kommen auch in seinen literarischen Werken zum Ausdruck.
Neben der gemeinsamen Arbeit mit Johannes Schlaf, auf die unter 2.2. noch näher eingegangen wird, spielte die Zusammenarbeit mit Oskar Jerschke, unter anderem die Arbeit an der Komödie „Traumulus“ eine bedeutende Rolle in Holz‘ Leben.
Vor allem die späten, aber zum Teil auch die früheren Werke Holz‘, sind von Pessimismus und Isolation geprägt, besonders seine Dramen (Dramenzyklus „Berlin - Die Wende einer zeit in Dramen“ 1908; „Ignorabimus“ 1912).
Obwohl Holz viel Kritik erfahren musste und viele Gegner hatte, wurde er 1923 zum Ehrendoktor der Universität Königsberg und drei Jahre später in die Sektion für Dichtung der preußischen Akademie berufen. Er erhielt viele Nominierungen und Vorschläge für den Nobelpreis.
1929 starb Holz in Berlin. Er war am Ende seines Lebens so arm wie 1875 als er als 12jähriger Junge nach Berlin kam.
Nach seinem Tod hat Holz viele Ehrungen erhalten. Er hat heute ein Grab auf dem Ehrenfriedhof der Prominenten in der Heerstraße in Berlin. Die Grabinschrift enthält die letzten Zeilen seines bedeutendsten Werkes „Phantasus“, an dem er sein Leben lang gearbeitet hat.
2. Zum lyrischen Werk Arno Holz‘
Die erste eigene Lyrikpublikation von Holz erschien als dieser 20 Jahre alt war. Sie trägt den Titel „Klinginsherz“. Dieser Lyrikband, eine Art Liederbuch, orientierte sich stark am Vorbild Emanuel Geibels. Geibel war für Holz Vorbild und wurde nahezu schwärmerisch von ihm verehrt. Ein Jahr später erschien außer einem Gedenkbuch für den inzwischen verstorbenen Geibel, der Lyrikband „Deutsche Weisen“.
2.1. Erste Schritte zur Revolution der Lyrik
1885 wurden Gedichte von Holz veröffentlicht, die erstmals ein soziales Thema aufgreifen. Diese Gedichte erschienen in der „Lyrikanthologie – Moderne Dichtercharaktere“. Dieser Band verstand sich als Ausbruch aus der konventionellen Lyrik.
Das von Holz herausgegebene „Buch der Zeit“, welches ein Jahr darauf erschien, war bereits ein sehr sozialkritischer Lyrikband. Neben der bürgerlich-idyllischen Naturschwärmerei des konventionellen Stils tauchte hier zum ersten Mal in der deutschen Literatur eine realistische Gestaltung von Großstadtproblemen auf. Diese Probleme, die Holz in seiner Lyrik ansprach, waren neu und vor allem durch die anwachsende Industrialisierung in den Vordergrund getreten. Neben der Gestaltung der Großstadtprobleme waren außerdem Motive des sozialen Kampfes gegen gesellschaftliche Privilegien, ein bisher ungewöhnliches proletarisches Bewusstsein und ein scharfer Angriff sowie eine starke Kritik gegen die literarische Tradition der Jungdeutschen erkennbar.
In dem „Buch der Zeit“ erschien das Gedicht Phantasus, das Holz später zum Phantasuszyklus fortgestaltet und ergänzt hat. Die Phantasusgeschichte spiegelt den Untergang eines verhungernden Dichters, der seinen Glauben an das Schöne auch im tiefsten Elend nicht verliert. Mit dieser Person hat Holz sich sein Leben lang identifiziert. Dieses Thema kommt in seiner Lyrik immer wieder zum Ausdruck.
2.2. Die Zusammenarbeit mit Johannes Schlaf
Arno Holz und Johannes Schlaf gelten als die Pioniere des Naturalismus. Ihre gemeinsame Arbeit spielte eine große Rolle für die Entwicklung der Lyrik ihrer Zeit und auch für Holz‘ Revolution der Lyrik.
Holz und Schlaf verband eine ziemlich enge Freundschaft. Sie strebten eine realistische Reproduktion der Alltags- und Durchschnittsmenschen an. Sie wollten den Menschen so darstellen wie er ist, ungeschönt und in Abhängigkeit seiner sozialen und erbbiologischen Determiniertheit. Dabei war ihnen auch eine exakte Wiedergabe millieubedingter Sprache wichtig, also Soziolekte und Dialekte.
Für Holz lag der Grund für diese Darstellungen darin, dass er für seine Gestalten Verständnis wollte. Dieses Verständnis wollte er nicht gegenüber den Gestalten fühlen, sondern aus ihnen heraus denken.
Außerdem strebten Holz und Schlaf in ihrer Zusammenarbeit die Vermeidung unnatürlicher Darstellungsweisen wie z.B. lange Monologe an. Holz und Schlaf entwickeln in ihrer gemeinsamen Arbeit den Sekundenstil. Der Sekundenstil soll es möglich machen, dass zeitliche Abläufe so genau und realistisch wie möglich dargestellt werden. Dem Sekundenstil soll nichts unwesentlich sein, d.h. jede Winzigkeit wird dargestellt.
Ihre gemeinsamen Erneuerungsversuche fassten sie 1892 in dem gemeinsamen Band „Neue Gleise“ zusammen.
Es erschienen viele gemeinsame Werke von Holz und Schlaf (unter anderem 1889 „Papa Hamlet“ – Prosatexte und 1890 „Familie Selicke“, ein soziales Drama), die unter dem Pseudonym „Bjarne P. Holmsen“ herausgegeben wurden, um Kritiker und Kollegen zu irritieren.
1900 haben Holz und Schlaf Auseinandersetzungen um den Anteil der gemeinsamen Veröffentlichungen. Ihre gemeinsame Schaffenszeit ist zwei Jahre später beendet.
2.3. Die Kunst und ihre Gesetze
1892 gab Holz außerdem eine Programmschrift „Die Kunst, ihr Wesen und ihre Gesetze“ heraus, in der er versuchte seine literarische Arbeit zu fundieren. Holz war überzeugt, dass auch die Kunst über wissenschaftlich fixierbare Gesetze beschreibbar ist, dass es also für die Kunst wissenschaftlich festgelegte Gesetze gibt.
Er entwickelte folgende Formel: Kunst=Natur-x
In dieser Formel spiegelt sich die Idee, dass die Kunst es anstrebt die Natur so realistisch wie möglich darzustellen. Holz meinte das Streben aller Kunst läuft auf die Nachbildung der Natur heraus. Der Künstler soll also versuchen, die Formel Kunst=Natur zu erfüllen. Dies ist aber durch x, also durch die jeweiligen Reproduktionsbedingungen, z.B. durch die Handhabung der Kunst, durch die Kunstmittel oder auch durch die Persönlichkeit des Künstlers begrenzt. x sollte so klein wie möglich bleiben, damit die Natur so realistisch wie möglich reproduziert wird.
Mit seiner Programmschrift wurde Holz zum Kopf der Berliner Naturalisten
2.4. Holz und sein Phantasus
An seinem bedeutendsten Werk, dem Phantasus, arbeitete Holz bis zu seinem Tode. Er gab immer wieder überarbeitete Auflagen heraus und erweiterte den Phantasuszyklus ständig.
1898/99 erschien die erste Auflage in Form zweier Hefte mit je 50 Gedichten. Diese Gedichte sind reimlos. Die Verszeilen zentrieren sich um eine Mittelachse, wobei die Gedichte so gedruckt sind, dass sich diese imaginäre Mittelachse direkt in der Mitte der Seite befindet. Damit hat Holz die konventionelle Strophenform aufgehoben.
Holz wollte mit diesen Erneuerungen seine Revolution der Lyrik einleiten und zwar nicht nur als Theoretiker sondern auch als Schriftsteller. Auf die lyrischen Erneuerungen wird im nächsten Kapitel genauer eingegangen, zunächst inhaltliche Daten zum Pantasus.
2.4.1. Zum Inhalt des Phantasus
„Phantasus“ ist der Name einer Gestalt aus der antiken Mythologie. Bei Holz ist Pantasus der Sohn des Schlafes, der durch vielfältige Verwandlungskünste die menschlichen Träume erzeugt. Thema des Gedichtszyklus ist das phantasiegelenkte Bewusstsein des Dichters. Dieses Bewusstsein kann sich durch eine große Anzahl von Verwandlungsmöglichkeiten bzw. Entwicklungsmöglichkeiten aller Erscheinungen bemächtigen.
Im Pantasus stehen sich zwei Ebenen gegenüber: Die Welt des Berliner Alltags und eine künstliche unwirkliche Sphäre. In der ersten Ebene, in der Welt des Großstadtalltags spielen das moderne Leben in der Großstadt und das Industriezeitalter eine Rolle. Es findet also eine naturalistische Millieuspiegelung statt, so wie sie Holz schon in der Zusammenarbeit mit Schlaf anstrebte.
In der zweite Ebene, der künstliche Sphäre, wird eine unwirkliche Welt dargestellt, in der das lyrische Ich seine Glücksvisionen und Wunschträume des Vergessens und der Verwandlung auf die Gegenwart überträgt. Diese Ebene ist im Phantasus durch immer wiederkehrende romantisierende Motive gekennzeichnet.
Die beiden Ebenen bilden im „Phantasus“ einen Kontrast, entweder innerhalb eines Gedichtes, oder in aufeinanderfolgenden Gedichten.
Im Gedicht „Himmelslegendchen“ (siehe Anhang) heißt es z.B.: Auf einem Stern mit silbernen Zacken /hemdchenumflattert,/strammbeinchenstrammbelnd,patschhändchenampelnd,/ grübchenwangig/sitze ich,/jauchze...und...lache / Ein/kleines, vergnügtes,/fröhlich zufriedenes(...)blondlockiges, blauäugiges,/pausbäckiges/Kind! (...) Wolkenwiesen-Zitterglöckchen/klingen (...)
Hier kommt deutlich die zweite Ebene, die unwirkliche Sphäre mit romantisierenden, beinahe kitschig wirkenden Motiven zum Ausdruck. Auch die Glücksvisionen und der Wunschtraum der Verwandlung wird deutlich. Das lyrische Ich wird hier zum Kind, dass in seiner Traum- und Glückswelt existiert.
In der Mitte des Gedichtes wechselt jedoch die Stimmung, hier heißt es plötzlich: Unten/grämt sich der Vater...unten...schluchzt die Mutter,/ich/sitze, juble/und/flechte mir/einen Kranz aus Himmelsschlüsselchen. / Lieber/Vater! Liebe Mutter!/Weint nicht! (...)
Hier wechseln sich beiden Ebenen ab, die zweite Ebene, eine Darstellung des Alltags, kein Wunschdenken, sondern traurige Realität wird sichtbar.
Beide Ebenen verbinden sich im Gedicht.
Holz Ziel war es, dass sich im Bewusstsein des Dichters beide Ebenen zu Einer Einheit zusammenschließen, was ihm im Gedicht „Himmelslegendchen“ gelungen scheint.
Die zentrale Idee des Phantasus ist, dass das Ich des Dichters die gesamte Welt in Raum und Zeit in sich aufnimmt. Das Lyrische Ich durchwandert alle Entwicklungsstadien der lebenden Substanzen indem es sie in Metamorphosen nachvollzieht. Dabei orientiert sich Holz am biogenetischen Grundgesetz von Ernst Haeckl. Der Inhalt des Phantasus bezieht sich einmal auf die Ontogenese (die frühgeburtliche Entwicklung des Menschen oder eines anderen Lebewesens) und die Phylogenese (die Entstehung der Vielfalt der Arten auf der Erde). Diese metarmorphosischen Entwicklungen vollzieht das lyrische Ich im Phantasus physisch und auch psychisch.
Holz hat weiterhin den Anspruch auf eine universelle Darstellung des Denkens und Empfindens. Dies führt ihn zu Sprachexperimenten und Wort- und Klangspielen, was auch im Gedicht „Himmelslegendchen“ zum Ausdruck kommt.
1908 erscheint eine erweiterte Ausgabe des Phantasus, eine weitere 1916. Auch hier spielt wieder die realistische Milieudarstellung um die Jahrhundertwende eine Rolle, wie das Gedicht „Der Liebe Gott“ (siehe Anhang) zeigt. Bei diesem Gedicht handelt es sich um eine Momentaufnahme aus dem Weddinger Milieu, wo Bettler zu dieser Zeit keine Seltenheit waren.[1] Holz ist nach wie vor das soziale Thema in der Lyrik wichtig. Er will dem Leser die Augen für soziale Zustände öffnen, die der Leser sonst nicht sehen kann oder will. Holz liefert aber nur ein Bild. Er will nicht belehren und gibt auch kein Patentrezept.[2]
Eine Gesamtausgabe mit 3 Bänden, mit insgesamt 1345 Seiten erscheint 1923.
Die letzte Ausgabe des Phantasus erscheint drei Jahre später, in Holz‘ Sterbejahr.
Die Schlußstrophe ist Teil seiner Grabinschrift. So hat sie um so mehr symbolischen Wert für den Inhalt des Pantasus: „ Mein/Staub verstob,/wie/ein Stern strahlt mein/Gedächtnis! „
2.4.2. Formerneuerungen
Thematische Veränderungen hat Holz schon lange vor seinem „Phantasus“ angestrebt und auch schon im „Buch der Zeit“ gefordert. Im Phantasus kommt es aber auch zu einer Formerneuerung, die er in seiner, gleichzeitig zum Phantasus erschienenen Schrift „Revolution der Lyrik“ auch theoretisch fordert und versucht theoretisch zu untermauern. Die Schrift „Revolution der Lyrik“ ist in erster Linie eine Sammlung von Dokumenten, Kritiken und Antworten von Holz.
Holz kehrt sich im Phantasus völlig von der Verwendung von Reim, Strophe und traditioneller Metrik ab. Der Rhythmus soll im Vordergrund stehen, er soll den Inhalt transportieren, also das was ausgedrückt werden soll, verstärken. Die Lyrik soll nicht mehr von Reim und Strophe getragen werden, sondern allein vom Rhythmus. Die Anordnung der Verszeilen um die imaginäre Mittelachse ist für Holz formale Konsequenz des rhythmischen Prinzips. In der hervorgehobenen Bedeutung des Rhythmus und der Weglassung von Strophe und Reim besteht der erste Schritt vom Naturalismus zum Impressionismus.
Eine wichtige Rolle für Holz‘ Revolution der Lyrik spielt seine Beeinflussung durch japanische Lyrik und Dichtung, für die Holz großes Interesse hatte.
2.5. Revolutionierung der Kunst
In seiner Schrift „Revolution der Lyrik“ versucht Holz nicht nur eine Untermauerung seiner lyrischen Experimente, er kritisiert auch die zeitgenössische Dichtung, die sich nicht an den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der Zeit beteiligt. Weiterhin verteidigt er die „vielgeschmähte“ Lyrik. Arno Holz will auch dem weniger bemittelten Teil des Volkes Lyrik zugänglich machen, und so hofft er, dass dieser Teil des Volkes diese neue Kunst häufiger genießen kann, als andere Kunstarten.
Holz begeistert sich auch für die politische Lyrik des Vormärz. Für ihn liegt die Zukunft in der sozialen Lyrik. „Diese soziale Lyrik würde alle Vorzüge der politischen besitzen. Sie würde nicht urplötzlich wie jene meteorartig aufblitzen und dann urplötzlich verlöschen, sondern ewig in der Unmittelbarkeit ihrer Wirkung Einbuße erleiden [...] Sie würde[...] als ihr Echo überhaupt alles, was in ihr lebt und webt, jauchzt und stöhnt, lacht und weint, sinnt und fühlt, liebt und haßt, mit einem Worte, die Zeit selbst, in dichterische Gebilde krystallisiert dem steten Interesse einer dankbaren Nachwelt überliefern.“[3]
Ab 1890 war für Arno Holz nur noch die Revolutionierung der Kunst Ziel. In den 80er Jahren arbeitete er noch mit Zeitgenossen an der Neugestaltung der Verhältnisse von Kunst und Gesellschaft, nun kritisiert er diese Arbeit und bezeichnet sie als „Irrtum“.
Holz Grundsatz lautete: „Man revolutioniert eine Kunst nur, indem man ihre Mittel revolutioniert.“[4] Daraus leitete Holz sein Programm für die Revolution der Lyrik ab.
Ziel der neuen Lyrik ist ihr notwendiger Rhythmus, der jedes mal neu aus dem Inhalt wächst. Holz strebte danach Inhalt und den Klang der Worte bzw. den Rhythmus zu einer Aussage zu verschmelzen.
Außerdem war es für Holz sehr wichtig, dass der ursprüngliche Wert eines Wortes diesem gelassen wird. „Diese ursprünglichen Werte aber den Worten zu lassen und die Worte weder aufzupusten noch zu bronzieren oder mit Watte zu umwickeln, ist das ganze Geheimnis. In der Formel, so unscheinbar sie auch klingt, konzentriert sich alles. wenn ich einfach und schlicht „Meer“ sage, klingts wie „Meer“; sagt es Heine in seinen Nordseebildern, so klingt es wie „Amphritrite“. Das ist der ganze Unterschied.“[5] Amphritrite ist die Tochter des griechischen Meergottes und die Königin der Meere. Ich denke Holz spielte hier auch auf Metaphern an. Er versuchte in seinen Gedichten möglichst alles mit den Worten zu beschreiben, die das, was er ausdrücken wollte wirklich meinen. Notfalls „erfand“ er die Wörter. Diese Position begriff Holz als Weiterentwicklung der Lyrik und als „Weg zur Natur“. Holz sah die Kunst und somit auch die Literatur als sich weiterentwickelnden Organismus, und zwar als sich naturgesetzlich entwickelnden Organismus. Er meinte deshalb auch, dass seine Schrift korrekterweise den Namen „Evolution der Lyrik“ verdient hätte.
3. Der Künstler Holz (Eine Zusammenfassung)
Holz war Lyriker, Dramatiker, Erzähler und Literaturtheoretiker. Vor allem war er aber bedeutender Reformer der deutschen Lyrik und des Dramas. Bekannt wurde Holz zusammen mit Johannes Schlaf als theoretischer Begründer des „konsequenten Naturalismus“.
In seinen Bemühungen um neue Ausdrucksmöglichkeiten bezog Holz Umgangssprache und neue Themen, wie soziale Tendenz, Großstadtbilder und sozialrevolutionäre Bekenntnisse in die Lyrik ein. Das Erleben eigener und fremder sozialer Not hat in ihm ein soziales Gewissen geschaffen, dass in seiner Lyrik zum Ausdruck kommt. Holz entdeckte die Großstadt als völlig neuen Stoff der Lyrik.
Holz wollte eine befreite deutsche Wortkunst schaffen. Er war selbst davon überzeugt als Reformator der deutschen Lyrik berufen zu sein. Unter Verzicht auf Reim und alle Formregeln ist seine zum Teil sprachlich virtuose Lyrik, vor allem vom inneren Rhythmus her bestimmt.
Sein literarisches Werk reicht vom Milieustück bis zum Seelendrama, von Literaturparodie über Barockimitation bis zum lyrischen Epos.
Er ist somit ein bedeutender Lyriker und Dramatiker seiner Zeit und gilt aufgrund der formellen und inhaltlichen Veränderungen der Lyrik, die er eingeleitet hat, als Reformer der Lyrik.
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Holz, Arno: Werke I und II. Phantasus. Neuwied/Rhein und Berlin: Leuchthand Verlag. (1961)
Sekundärliteratur
Brauneck, Manfred/Müller, Christine (Hrsg.): Naturalismus. Manifeste zur deutschen Literatur 1880-1900. Verlag Metzler
Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.) (1994): Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. 121 Arno Holz 1994(1). München: Verlag edition Text und Kritik
Schulz, Gerhard: Kunst und Natur. In Reich-Ranicki, Marcel (Hrsg.) (1994): 1000 Deutsche Gedichte und ihre Interpretationen. Fünfter Band. Von Arno Holz bis Rainer Maria Rilke. 1. Auflage. Frankfurt/Main und Leipzig: Inselverlag, S.29-32
Lexika
Kindlers neues Literatur-Lexikon. 8. Band. Hrsg.: Jens, Walter. Kindler-Verlag. München (1990)
Lexikon der Weltliteratur im 20. Jahrhundert. 1. Band. Verlag Herder. Freiburg im Breisgau (1960)
Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. 5. Band. Hrsg.: Killy, Walter. Bertelsmann Lexikon Verlag. Gütersloh/München (1990)
Harenberg Lexikon der Weltliteratur. 3.Band. Harenberg-Lexikon-Verlag. Dortmund (1989)
JLU Gießen
FB 05 Germanistik
Seminarleitung: Roth
Seminarthema: Lyrik um 1900
Referentin: Kathleen Seifert
Arno Holz
„Revolution der Lyrik“
- *1963, 26.April; Rastenburg (Ostpreußen)
- 1875 siedelt Familie nach Berlin über
- arbeitet als Journalist; später bis zum Tod freischaffend
- seine finanzielle Situation ist immer wieder angespannt
- 1887-1892 enge Zusammenarbeit mit Johannes Schlaf: werden zu Pionieren des dt. Naturalismus
- Holz ist überzeugt, dass es auch für die Kunst wissenschaftlich festgelegte Gesetze gibt: Kunst=Natur-x
- Holz war Lyriker, Erzähler, Dramatiker und Literaturtheoretiker
- bekannt wurde er vor allem als theoretischer Begründer des „konsequenten Naturalismus“
- Holz war Reformer der dt. Lyrik und des Dramas
Lyrik: -gibt konventionelle Strophenform auf
-imaginäre Mittelachse, um die sich die Verszeilen zentrieren
-Abkehr von Strophe, Reim und traditioneller Metrik
-stattdessen wird Lyrik allein vom Rhythmus getragen, Rhythmus steht im Zentrum, wird Ausdrucksmittel
- Erleben von eigener und fremder sozialer Not schaffte bei ihm ein soziales Gewissen, das in seinen Werken zum Ausdruck kommt
- soziale Probleme sind erstmals Thema in der dt. Lyrik
- Holz entdeckte die Großstadt mit ihren Problemen als völlig neuen Stoff der Lyrik
- Holz wollte eine befreite dt. Wortkunst schaffen
- wollte Traditionen bewußt überwinden
- Holz ist nicht nur naturalistischer Schriftsteller, sondern erster moderner vorkämpferischer Schriftsteller in Deutschland
- Holz hatte sein ganzes Leben hindurch eine sehr starke Bindung an Berlin
- Er starb im Oktober 1929, und wurde in Berlin beigesetzt.
Die Inschrift auf dem Grabstein enthält die Schlußstrophe seines „Phantasus“:
Mein
Staub verstob,
wie
ein Stern strahlt mein
Gedächtnis!
WERKE:
- Klinginsherz (Liederbuch; 1883)
- Deutsche Weisen (gemeinsam mit O. Jerschke; 1984)
- Das Buch der Zeit (Lieder eines Modernen; 1886)
- Papa Hamlet (Prosaskizzen; gemeinsam mit J. Schlaf; 1889)
- Die Familie Selicke (Drama; gemeinsam mit J. Schlaf; 1891)
- Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze, 2 Bde. (1890-1892)
- Neue Gleise (Gemeinsames von A.H. und J.Schlaf; 1892)
- Der geschundene Pegasus (1892)
- Sozialaristokraten (Lustspiel; 1896)
- Phantasus (zwei Bände mit je 50 Gedichten; 1898/99)
- Die Revolution der Lyrik (1899)
- Die Blechschmiede (1901)
- Traumulus (Tragikomödie; gemeinsam mit O. Jerschke; 1904)
- Sonnenfinsternis (Drama; 1907)
- Ignorabimus (Drama; 1913)
- Die befreite Wortkunst (1921)
- u.a.
Literatur:
Holz, Arno: Werke I und ll. Phantasus. Neuwied/Rein und Berlin: Leuchterhand Verlag. (1961) (Handapparat)
Sekundärlit.:
Brauneck, Manfred/Müller Christine (Hrsg.) Naturalsismus. Manifeste zur deutschen Literatur 1880-1900. Verlag Metzler (Handapparat)
Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.) (1994):Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. 121 Arno Holz 1994(1). München: Verlag edition Text und Kritik (UB)
Schulz, Gerhard : Kunst und Natur. In: Reich-Ranicki, Marcel (Hrsg.) (1994): 1000 Deutsche Gedichte und ihre Interpretationen. Fünfter Band. Von Arno Holz bis Rainer Maria Rilke. 1. Auflage. Frankfurt/Main und Leipzig: Inselverlag, S.29 –32 (UB)
Grimm , Reinhold: Spiegelungen. In: [siehe vorheriges] S. 33-36
Lexika: Harenberg-Lexikon der Weltliteratur, Killy, Kindlers neues Literaturlexikon,
Lexikon der Weltliteratur
„Diese soziale Lyrik würde alle Vorzüge der politischen besitzen ohne jedoch mit deren Nachteilen behaftet zu sein. Sie würde nicht urplötzlich wie jene meteorartig auf blitzen und dann wieder eben so plötzlich verlöschen, sondern ewig leuchtend wie das Licht der Sonne von Zeit auf Zeit, von Geschlecht auf Geschlecht vererbt werden, ohne in der Unmittelbarkeit ihrer Wirkung eine Einbuße zu erleiden [...] Sie würde [...] als ihr Echo überhaupt alles, was in ihr lebt und webt, jauchzt und stöhnt, lacht und weint, sinnt und fühlt, liebt und haßt, mit einem Worte, die Zeit selbst, in dichterische Gebilde krystallisiert dem steten Interesse einer dankbaren Nachwelt überliefern“(Revolution der Lyrik)
„ Man revolutioniert eine Kunst nur, indem man ihre Mittel revolutioniert.“
„Diese ursprünglichen Werte den Worten aber gerade zu lassen und die Worte weder aufzupusten noch zu bronzieren oder mit Watte zu umwickeln, ist das ganze Geheimnis. In diese Formel, so unscheinbar sie auch klingt, konzentriert sich alles. Wenn ich einfach und schlicht [...] ‚Meer‘ sage , so klingts wie mehr; sagt es Heine in seinen Nordseebildern, so klingts wie ‚Amphitrite‘. Das ist der ganze Unterschied“(Revolution der Lyrik)
Das Werk von Holz wirkt fort in Einzelnem:
In der Experimentierfreudigkeit, in den vielfältigen Versuchen, an tradierten Glaubenssätzen zu rütteln, und durch die überall sichtbare Überzeugung, dass die Kunst eine „ebenso lebensnotwendige Funktion der Menschheit“sei „wie das Aufstellen v on Logarithmentafeln, das Feldbebauen und das Konstruiren von Panzerschiffen“ (aus einem Brief an Oskar Jerschke, 8.2.1903) (aus Literatur Lexikon, Walter Killy (Hrsg.)
[...]
[1] Schulz(1994)
[2] Schulz(1994)
[3] Zitat aus „Revolution der Lyrik“ (in: Brauneck, M./Müller Chr.)
[4] siehe vorheriges
[5] siehe vorheriges
- Quote paper
- Kathleen Seifert (Author), 2001, Arno Holz und seine Revolution der Lyrik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107554
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