Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Begründung der Themenwahl
2 Begriffsklärung
2.1 Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus
2.2 Faschismus, Antisemitismus
3 Entwicklung des Rechtsextremismus in der DDR/ Land Brandenburg
3.1 Anfänge des Rechtsextremismus in den 80zigern
3.2 Zunehmende Politisierung der rechten Szene 1985 –1989
3.3 Neue Rechte in Brandenburg 1990 – 1996
3.4 Stagnation oder Aufwärtstrend in der rechten Szene1996 – 2001
4 Erklärungsansätze für die Hinwendung zum Rechtsextremismus
4.1 Ausschlaggebendes vor der 1989
4.2 „Modernisierungsverlierer“
4.3 „Wohlstandchauvinisten“
5 Schlusswort
6 Literaturliste
1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
In dieser Arbeit werde ich die Entwicklung des Rechtsextremismus in Brandenburg, sowie einige der Beweggründe aufzeigen, die die Jugendlichen zu rechtsextremen Überzeugungen führen. Dazu werde ich einige Entstehungsthesen vorstellen. Um die Entwicklung möglichst klar darzulegen, werde ich mit den Anfängen rechten Denkens in der DDR beginnen.
In der ehemaligen DDR durfte es – auch aufgrund des sozialistischen Staatsaufbaus - kein rechtes Gedankengut geben, es widersprach also der vorherrschenden ideologischen Ausrichtung der DDR.1950 wurde die vollkommene Entnazifizierung, das heißt die totale Ausrottung rechten Gedankenguts auf dem Gebiet der DDR durch die Staatsführung festgestellt. Aus diesem Grund ist über das Wirken etwaiger rechtsgerichteter Gruppen oder Verbände nur sehr beschränkt Literatur zu finden. So beschränke ich mich auf den Zeitraum von 1980 bis 2000, um in diesem Zeitraum die Entwicklung des jugendlichen Rechtsextremismus aufzuzeigen. Dabei wird sich mein Blick auf die Gewalt, die durch Jugendliche in dieser Szene häufig angewendet wird und die zunehmende Akzeptanz diesen Gedankenguts konzentrieren. Ich werde aufzeigen in welcher Weise die rechte Meinung durch die Jugendlichen und den Rest der Gesellschaft toleriert wird, die sich nicht zu dieser Szene rechnen.
Es wird sich während der Arbeit heraus stellen, inwieweit rechte Organisationen und Parteien an Einfluss unter den Jugendlichen in Brandenburg gewinnen bzw. gewonnen haben. An den Schluß werde ich eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse stellen und eine Aussicht auf die mögliche Weiterentwicklung des Rechtsextremismus unter den Jugendlichen Brandenburgs geben.
1.2 Begründung der Themenwahl
Durch die starke Präsenz des Rechtsextremismus in meinem heimatlichen Umfeld, die häufige Konfrontation mit rechtsgerichteten Jugendlichen und die anscheinend immer häufiger werdenden Übergriffe von rechten Jugendlichen , erlebte ich diese Problematik hautnah und somit erlangte das Thema immer mehr an Bedeutung für mich. Oft hört man in den Medien, dass Brandenburg eine „Hochburg“ des Rechtsextremismus sei. Deshalb versuche ich nun zu ergründen, ob der Rechtsextremismus nur ein spezifisch ostdeutsches Problem ist und inwiefern sich die Einstellungen brandenburgischer Jugendlicher von anderen Jugendlichen unterscheiden bzw. ob ein Unterschied in der politischen Gesinnung feststellbar ist. Ebenso war es für mich wichtig herauszufinden, welche Gründe eine Hinwendung zum Rechtsextremismus bewirken.
2. Begriffsklärung
Zu Beginn der Arbeit ist eine Klärung der Grundbegriffe angebracht. Denn im Zusammenhang mit dem Rechtsextremismus treten oft auch Begriffe wie Rechtsradikalismus, Faschismus und Antisemitismus auf. Sie sind alle moralisch aufgeladen und dienen zur Bezeichnung von politischen Sachverhalten. Allerdings drücken sie auch die moralische Position derer aus, die sie verwenden. Da die Deutung der einzelnen Begriffe unterschiedlich ist, stelle ich eine Begriffsklärung vorab.
2.1 Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus
Eine allgemeine Definition des Begriffes Rechtsextremismus gibt es nicht, trotz der vielfältigen Forschungsarbeiten und Literatur, die bereits zu diesem Thema verfasst wurden. Im ersten Schritt sollte zwischen Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus unterschieden werden, da sie sich von einander abgrenzen. Hierbei ist die Art des Auslebens der extremen politischen Ideologie gemeint, sie ist der ausschlaggebende Faktor. Jugendliche, die ihre rechte Einstellung durch Gewalt vertreten und dies für den geeignetsten Weg halten, werden demnach als (rechts-)radikal betrachtet (vgl. Otto/Mertens 1993, S.19). Rechtsextreme verbalisieren ihre Einstellung. Zumeist spielt die Gewalt bei dieser Gruppierung keine derart dominierende Rolle. Nach der Unterscheidung der zwei Begriffe ist der zweite Schritt die Erläuterung der rechtsextremistischen Orientierung. Es handelt sich um Rechtsextremismus, wenn die „strukturell gewaltorientierte Ideologie der Ungleichheit mit der Akzeptanz von Gewalt als Handlungsform“ zusammen auftreten (Heitmeyer 1989, S. 16). Zu den Ideologieelementen gehören weiterhin der Autoritarismus, als allgemeines Merkmal extremer Doktrinen, der Nationalismus und der Antipluralismus. Das Verharmlosen des NS-Regimes ist ein weiteres Merkmal des deutschen Rechtsextremismus, gilt also nicht allgemein. Aus der Perspektive der Inneren Sicherheit ist Rechtsextremismus durch die Ideologieelemente Nationalismus und Rassismus gekennzeichnet. Die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse besitzt demnach die größte Bedeutung für das Individuum. Ihr sind alle anderen Interessen und Werte, auch die Menschen- und Bürgerrechte, untergeordnet. Rechtsextremisten propagieren eine „Ideologie der Volksgemeinschaft". Staat und Volk verschmelzen in einer Einheit - angeblich als natürliche Ordnung. Dieses antipluralistische System läßt für demokratische Entscheidungsprozesse keinen Raum.
Extremistisch sind Bestrebungen, die gegen den Kernbestand unserer Verfassung, d.h. die freiheitliche, demokratische Grundordnung gerichtet sind. Dementsprechend sind Kritik oder Zweifel an unserer Gesellschaftsordnung oder auch radikale politische Auffassungen (und Äußerungen) grundsätzlich legitim, und zwar unabhängig von einer politisch links oder rechts einzustufenden Grundhaltung, sofern die Grundprinzipien der Verfassung anerkannt werden.
2.2 Faschismismus / Antisemitismus
Der Oberbegriff Faschismus steht für verschiedene nationale Bewegungen und Regierungen, die sich am italienischen Faschismus orientieren. Rassismus, Nationalismus und Minderheitendiskrimminierung sind Grundsteine der faschistischen Ideologie (vgl. Rüger,2001).
Antisemitismus bezeichnet einen Oberbegriff sowie auch eine spezifische Form der Vorgeschichte des europäischen Faschismus als auch eine vorurteilsbeladene Einstellung gegen Juden. Der heutige Antisemitismus tritt zumeist als komplexes Bündel von tradierten Vorurteilen, Projektionen und Xenophobie auf. Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, das Verhältnis zu Israel und das zwischen jüdischen und nicht - jüdischen Deutschen bilden in der Gesellschaft die Projektionsfolie für den Antisemitismus (vgl. Jaschke,1994). In der BRD sind antisemitische Einstellungen unter den Jugendlichen relativ weit verbreitet. Die Empfänglichkeit von Antisemiten gegenüber rechtsextremen und fremdenfeindlichen Statements ist sehr hoch (Erb/Bergmann,1998).
3. Entwicklung des Rechtsextremismus in der DDR/ Land Brandenburg
3.1 Anfänge in den 80ziger Jahren in der DDR
Die erste jugendliche Subkultur in dieser politischen Richtung waren die Skinheads, diese Gruppe entwickelte sich zu Beginn der 80ziger Jahre in der DDR. Zunächst verfolgte sie keine politischen Ziele, ihre rechte Gesinnung war vielmehr der Ausdruck ihre Abgrenzung gegenüber dem sozialistischen, autoritären Staat. Sie wollten auffallen, sich selbstbestimmte Räume schaffen in denen sie agieren konnten. Die Regierung sah in ihnen fehlgeleitete Jugendliche, die durch die westlichen Vorbilder solches abweichendes Verhalten zeigten. Es durfte in der DDR keinen Rechtsextremismus geben, da er beim dritten Parteitag der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) im Juli 1950 als vollkommen ausgemerzt erklärt wurde.
Es wurde nicht erkannt, dass das auffällige Verhalten der Jugend darin bestand, die Mängel der Gesellschaft zu kompensieren, indem sie dieser Gruppe angehörten (vgl. Schubrath / Schmidt 1992). Zu dieser Zeit stellten die Skinheads noch keine wesentliche Jugendkultur dar, ihre Anhänger waren zumeist Jugendliche, die sonst im gesellschaftlichen Abseits standen (vgl. Brück 1992). Die Gruppen waren zu dieser Zeit noch sehr locker zusammen geschlossen, es gab keine Versammlungen im politischen Sinne.
Die ersten Faschistengruppen bildeten sich um 1986. Diese orientierten sich stärker als zuvor die Skinheads an den politischen Überzeugungen des Rechtsextremismus. Außerdem ist bei dieser Gruppe eine weitaus höhere Strukturierung festzustellen gewesen. Aber auch sie wurden vom Staat nicht wahrgenommen, obwohl sich Übergriffe, die sich auf einen rechten Hintergrund zurückführen ließen, immer mehr erhöhten. Häufig wurden solche Delikte auch ignoriert (vgl. Borchers 1992). Die Schuldfrage für die Entstehung und Verfestigung solcher extremen politischen Gruppen wurde auch weiterhin ins „kapitalistische Ausland“ und an die Eltern weitergeleitet. Es wurden nicht die veränderten Sozialisationsbedingungen der achtziger Jahre berücksichtigt, d.h. Entpolitisierung und wachsende Distanzierung zur SED-Politik ( vgl. Schubarth/Schmidt 1992 ).
Die Staatsführung hatte also nicht erkannt, das sich die Einstellung der Jugendlichen ihr gegenüber negativ veränderte.
3.2 Zunehmende Politisierung der rechten Szene
Nach dem Überfall auf die Zionskirche in Ost - Berlin, der Hauptstadt der DDR, Ende ‘87, bei dem Skinheads nach einem Konzert auf Punks losgingen, konnte auch die DDR - Regierung nicht mehr die Augen verschließen. Da aber immer noch keine Rechtsextremen in der DDR existieren durften, wurde von „Rowdys“ gesprochen, mit denen man hart verfuhr. Dies sollte der Bevölkerung zeigen, dass solche Ausschreitungen von der Regierung nicht geduldet und im Keim erstickt wurden. Doch im Untergrund wurde die rechte Szene immer besser organisiert, denn der Anschlag auf die Zionskirche war für viele erst der Anstoß sich auch politisch zu engagieren.
„Politisch wurde es für mich erst ’87 nach der Zionskirche. Die Zionskirche war kein politisches Motiv. Das ging gegen die Punks, die waren unsere Feinde. Aber ich habe dann gemerkt, daß wir durch die Zionskirche mehr Schaden angerichtet haben und daß man es anders machen muß. Da habe ich begriffen, daß man politisch arbeiten muß.“ (Borchers 1992, S. 72).
So wie dieser Jugendliche dachten viele, die sich im rechten Milieu bewegten. Daraus resultierte die Entstehung der Faschobewegung in der DDR, die rechte Verbindungen gründeten wie zum Beispiel die „Bewegung 30.Januar“ in Berlin. Diese Bewegung und andere entstanden aus vormaligen Cliquenstrukturen der Skinheadgruppen heraus. Die vorher diffusen Strukturen wurden allmählich durch straff organisierte Führung abgelöst, auch die Kommunikation zwischen den einzelnen Skin - Gruppen nahm in diesem Zeitraum stark zu. Die Vernetzung vollzog sich nicht nur innerhalb der DDR, sondern auch ins „Ausland“, in die BRD, ins Baltikum und nach Ungarn. Dort wurden Kontakte zu rechten Parteien gepflegt, wie den westdeutschen Neonaziparteien NPD oder FPD (vgl. Hippler, 1990). Während dieser Zeit war die Akzeptanz der Skinheadgruppen durch die „normalen“ Jugendlichen relativ hoch. In einer Befragung von 3000 Jugendlichen in der DDR äußerten 30% der Befragten Verständnis für die Skinheads, 4% bezeichneten sich als Sympathisanten und 2% bekannten sich zu dieser Gruppe, in Ostberlin bekannten sich 6% aller Jugendlichen dazu (vgl. Brück, 1991).
Ein Jahr vor dem Mauerfall hatte sich die rechtsextreme Szene in der DDR verfestigt, man konnte von einem gut strukturiertem Milieu sprechen.
3.3 Neue Rechte im Land Brandenburg
Da schon vor der Wende Kontakte zu den westdeutschen Parteien geknüpft worden waren, hatten diese gute Voraussetzungen ihre Programme im Osten zu verbreiten. Sie konnten Bezug nehmen auf die antiamerikanische und antiwestliche Haltung der DDR, die die BRD als Unrechts- und Marionettenstaat diffamierte, eine antikapitalistische Rhetorik mit antisemitischer Prägung annahm und die "Herrschaft des Finanzkapitals" anprangerte. Dies sind im wesentlichen keine ideologischen oder strategischen Neuerungen im Rechtsextremismus. Gleichwohl erhalten sie in einem neuen Bezugsfeld, gerichtet auf eine über Jahrzehnte indoktrinierte Bevölkerung, eine zusätzliche Dynamik. Auch die Einstellung der Jugendlichen war diesem Vorhaben sehr förderlich, denn die fremdenfeindliche Orientierung unter ihnen nahm immer mehr zu. In einer Umfrage des ZIJ 1989 zeigte sich von Oktober bis Dezember des Jahres, ein Anstieg bei der Zustimmung der Aussagen, dass Nichtdeutsche als störend empfunden werden, von 32% auf 46% ( vgl. Rausch, 1999). Die Zustimmung zu rechtsextremen, rassistischen Positionen war weit verbreitet, aber nur ein sehr geringer Prozentsatz war in parteilichen Organisationen involviert (Ness,1994). Ein anderer fördernder Faktor war die Umstrukturierung des Rechtsapparates, der es den rechtsextremen Gruppen ermöglichte weitgehend unbehelligt ihre Aufbauarbeit zu vollziehen. Auch die Verfolgung von Straftaten konnten in dieser Zeit kaum gewährleistet werden, so dass der Osten, als weitgehend „rechtsfreier Raum “ (Borchers, 1992), ein Tummelplatz für die Extremisten darstellte. Nun konnte der „Aufbauplan Ost“ von Michael Kühnen, einem führenden Rechtsextremen Westdeutschlands starten. Auf den „mitteldeutschen Gau“ sollten jetzt die schon bewährten Organisations- strukturen der westdeutschen, rechtsextremen Parteienlandschaft übertragen werden (vgl. Butterwegge,1996). Es wurden Parteien gegründet, wie die NA (Nationale Alternative), deren Mitglieder vorher zu den Gründern der „Bewegung 30. Januar“ gehörten, und die DA (Deutsche Alternative). Zur Gründung der Parteiableger auf dem ostdeutschen Gebiet wurde von der DA der ehemalige DDR-Bürger Frank Hübner geschickt. Er schaffte es in der Region Cottbus die Mitgliederzahl in die Höhe schnellen zu lassen. Innerhalb kurzer Zeit hatte die DA dort 200 Mitglieder. Diese waren auch in der rechten Jugendszene zugegen, um dort die Ideologie der Partei zu verbreiten. Die Organisation der Partei wirkte nach außen legal, war intern allerdings kadermäßig aufgebaut. Desweiteren entstanden in Brandenburg einige Kameradschaften, z.B. in Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder. Sie fungierten als Anlaufpunkte für die Jugendlichen. Durch diese örtlichen Gruppen wurde der kommunale Nahraum erschlossen. Das Endziel war eine umfassende Vernetzung in der Region, also die Schaffung einer sogenannten „national - befreiten Zone“. In Ostdeutschland bildeten sich viele rechtsextreme Gruppen, die alle eng miteinander verbunden waren. Diese Vielzahl der unterschiedlichen Gruppierungen (Parteien, Kameradschaften und lose Zusammenschlüsse) bilden eine Wissen - und Wertegemeinschaft. Sie müssen als Einheit verstanden werden. Es handelt sich dabei aber nicht um eine organisierte Einheit, die von einem zentralen Punkt aus koordiniert wird. Vielmehr ist es eine Ausdifferenzierung nach Alter (ältere Parteimitglieder bzw. junge Marschierer), nach dem Grad des Engagements und der Beteiligung (aktive Funktionäre, inaktive Abonnenten, Personen, die einmal eine Parteispende abführen), arbeitsteilig zwischen der räsonierenden (Strategen, Autoren, Herausgeber) und der schlagenden Abteilung (Erb,1993).
Dies zeigte sich durch die gemeinsamen Aktionen, die miteinander durchgeführt wurden. Für die Neonazis hatte diese Vielfalt an Gruppen, den Vorteil, dass sofort ein Ersatz vorhanden war, wenn es zum Verbot einer Gruppe kam. Über Fortschritte der Verbreitung der Partei wurde auch in einschlägigen Zeitschriften, wie der „Neuen Front“ Nr.74, berichtet: „In Brandenburg konnte die erste funktionsfähige Gauführung unserer Gemeinschaft in Mitteldeutschland eingerichtet werden, die eine zunehmende Anzahl von Anhängern und Mitgliedern rekrutiert.“
„Neue Front“ Nr.76 : „ Im Gau gibt es eine Kameradschaft - Cottbus – und drei funktionsfähige Stützpunkte, weitere Stützpunkte, die mit uns Verbindung halten und Material verbreiten, gibt es im ganzen Gaugebiet. Der Gau hat bewiesen, dass die deutsch- alternative Opposition hier insgesamt mehr als hundert Aktivisten auf die Straße bringt!“
Der höhere Zulauf zu diesen kleineren Gruppen und Organisationen, lässt sich durch die verstärkte Ausrichtung nach den Bedürfnissen der Jugendlichen erklären. Denn dort wurde nicht nur das übliche Parteileben zelebriert und über die Ausländerproblematik lamentiert, sonder aktiv etwas mit den Mitgliedern unternommen.
In den Jahren von 1990 bis 1993 kam es zu einem Anstieg der rechtsextremis-tischen und ausländerfeindlichen Einstellung unter den brandenburgischen Jugendlichen. Vorallem zeigte sich eine verstärkte Zustimmung zu nationalistischen, antijüdischen und xenophobischen Aussagen (Erb/ Bergmann,1998). In diesen Jahren kam es zu den Anschlägen auf die Asylbewerberheime in Hoyerswerder (1991) und Rostock (1992). Während dieser Attacken gegen die Ausländer erlebten die jugendlichen Attentäter durch die Passanten/ Schaulustigen keine oder nur wenig negative Reaktionen. Durch diese stille Zustimmung bekamen die Rechten einen großen Schub an Selbstvertrauen. Ihre Popularität unter den Jugendlichen nahm zu dieser Zeit stark zu.
Tabelle 1 (Kühn,1993)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Feldstudie, die 1991 vom Institut für Familien- und Kindheitsforschung (IKF) durchgeführt wurde, war festzustellen, dass die Jugendlichen des Landes Brandenburg sich immer stärker dem Rechtsextremismus zuwenden. In der Tabelle 1 ist zu sehen, dass die rechtsextremistischen Tendenzen unter den Jugendlichen stark ausgeprägt sind. „Das Anwachsen der Neonazis“ beunruhigt zwar 63,6%, aber demgegenüber stehen 41,5%, die dem Item 6 zustimmen, der eine eindeutige radikale Forderung beinhaltet. Der Vergleich von Item 1 und 7 zeigt sehr geringe Unterschiede. Daraus kann geschlußfolgert werden, dass das rechtsextremistische Potential unter den brandenburgischen Jugendlichen bei etwa 20% zu dieser Zeit lag. Bei dem Vergleich dieser Werte mit den Wahlerfolgen rechter Parteien in den letzten Jahren, ist ein steter Aufwärtstrend zu erkennen. In Westberlin wurden die Republikaner schon 1992 von 18,2% der zwischen 18 und 25jährigen gewählt. Kühn sagte 1993 dazu, dass dieses Niveau auch schnell in Brandenburg erreicht werden könnte, wenn dieser Entwicklungstrend anhalten würde.
Im Vergleich der politischen Einstellung von Jugendlichen der Bundesländer Nordrhein - Westfalen und Brandenburg ist festzustellen, dass in Brandenburg das rechtsextreme Potential unter den Jugendlichen dreimal höher ist als in NRW (Sturzbecher, 2001). Vergleicht man diese Ergebnisse mit denen anderer Studien, ist zu erkennen, dass diese untereinander auch variieren. Dies resultiert aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der befragten Gruppen.
Bei der Berücksichtigung von Berufsschülern in der Befragung liegt der rechtsextreme Wert höher, da in dieser Gruppe der Jugendlichen die Einstellung am häufigsten vertreten wird (Erb/Bergman,1998). Unter den Studenten und Abiturienten hingegen sind politische Orientierungen in dieser Richtung weit geringer ausgeprägt (Friedrich-Ebert-Stiftung,1993). Man kann weiterhin sagen, dass sich mit zunehmendem Alter der Prozentsatz derer steigt, die die rechtsextremen und fremdenfeindlichen Aussagen befürworten. Desweiteren kann man einen Unterschied zwischen den Geschlechtern feststellen. Denn es stimmen fast doppelt so viele Jungen wie Mädchen extremen Aussagen zu. Die Zustimmung zu verschieden fremdenfeindlichen, rechtsextremen und nationalistischen Aussagen hängt immer stark von der sozialen Umfeld und den Sozialisationsprozessen ab. Die Meinungen und Ansichten der Jugendlichen gehen zumeist mit den Ansichten der Eltern, der Freunde und der Nachbarn konform.
Zwischen 1993 – 1996 nahm die Zahl der Jugendlichen, die mit dem Rechtsextremismus sympathisierten etwas ab (vgl.Sturzbecher,2001). Allerdings kam es weiterhin zu vielen Übergriffen rechter Jugendlicher auf Ausländer und anders denkende Personen. Nach der Hochphase der rechtsextremen Jugendszene zwischen Ende der 80er und Mitte der 90er Jahre, entwickelte sich eine heterogene Jugendkulturlandschaft. Die Jugendlichen verstanden sich nicht als politisch rechts. Sie verbreiteten die Stimmung des sozialen Aufbruchs. Ihre ideologischen Texturen waren vor allem rechtsextremer und völkischer Natur. Dies zeigte sich deutlich in der Symbolik und der Musikkultur. Ihre Musik wirkte aber auch über die rechtsextrem-orientierten Jugendmilieus hinweg. Verbotene Musikproduktionen bereiteten altbekannte Lieder mit rassistischen und gewaltverherrlichenden Texten neu auf, wie zum Beispiel Sonderzug nach Mekka:
„Pass mal gut auf:/ Da steht ein Sonderzug nach Mekka,/ da musst du jetzt hin, raus aus unserem Berlin/ Wir wollen euch hier nicht, niemand will euch/ hier mehr sehn mit eurer fremden Kultur mit/ der, da stört ihr uns nur./ (Refrain:) Wir ham die schnauze voll von euch ihr sollt/ verpissen, kein deutscher weit und breit wird/euch hier jemals vermissen, ihr liegt uns auf/ der Tasche, das ist eure Masche verdammtes Lumpenpack,/ haut endlich ab all die ganzen Moslemaffen, andre/ Kanacken müssen auf der Stelle ihre Koffer packen,/ auch der kleine Ali, auch der kleine Ali, für ihn/ ist Schicht, ob er will oder nicht./ Ich weiß genau, da hilft euch nicht mal euer Ala und mit/ eurem Koran könnt ihr zur Hölle fahrn. Ali hör zu, ich/ sag es dir zum letzen mal, wir wolln ihn hier nicht/ haben, euern verdammten Islam!!! (Refrain: ) Ohne das Pack können unsre kinder wieder hoffen, und unsre/ Deutschen Fraun sich auf die Straße traun, der stolz in/ unsrem Land wird wieder auferstehen, dann sind wir wieder frei ohne diesen Völkerbrei./ Oh Ali kannst du mich hörn? Bald ist es soweit/Krüppel/Bimbo/Schlitzi.” (Wagner,2001, S.27-28)
In soziologischen Untersuchungen wird in Ostdeutschland von einem Potential unter den Jugendlichen von bis zu 40% ausgegangen. Dabei ist zu beachten, dass einige Kommunen diesen Wert noch für zu tief einschätzen. Der Trend zeigte eine verstärkte Hinwendung der Szene zu germanischen - heidnischen Mythologie, die sich mit der rassistischen Reichsidee verbindet (vgl. Wagner,2001)
3.4 Stagnation oder Aufwärtstrend in der rechten Szene 1996 – 2001
Seit 1996 konnte eine Stagnation bei der Zustimmung zu rechtsextremen Positionen bei den Jugendlichen in Brandenburg festgestellt werden. Sturzbecher stellte bei seiner Befragung 1999 fest, dass etwa 20% aller befragten Jugendlichen eine rechtsextreme Einstellung vertreten, aber weniger als 3% sind als hochgradig extrem einzuschätzen gewesen. Vor allem die jüngeren männlichen Jugendlichen waren in der Gruppe zu finden. Außerdem wurde steigendes politische Bewußtsein, ein Anstieg an Politikinteresse und die höhere Bereitschaft zur politischen Gewalt wie auch zu legalen Engagement festgestellt. Dies könnte die Basis für die erfolgreiche politische Instrumentalisierung dieser Jugendlichen durch rechtsextreme Parteien darstellen.
Rechtsextremistische Einstellungen 1993-1999
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Sturzbecher,2001, S.106)
Man muss aber auch beachten, dass unter den brandenburgischen Jugendlichen die ausländerfeindliche Stimmung deutlich zugenommen hat. Noch 1996 befürworteten 47% die Aussage, in Brandenburg gäbe es zu viele Ausländer. Bis 1999 steigerte sich diese Zahl auf 54%. Das Phänomen der Ausländerfeindlichkeit wird oft durch das familiäre Umfeld geprägt. Es ist immer deutlicher zu erleben, dass ausländerfeindliche Positionen immer offener vertreten werden. Aus diesem Umstand kann man ableiten, dass sich nicht nur unter den Jugendlichen diese Haltung immer mehr verstärkt, sondern auch unter der Elterngeneration. Ausländerfeindlichkeit ist also kein Problem einer Randgruppe, sie spiegelt vielmehr die Stimmung unter einem Großteil der Bevölkerung wieder. Die Qualität und das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit zeigen starke Abhängigkeit zu sozioökonomischen und strukturellen Faktoren der Region, vom Schultyp und von den Erfahrungen der Einheimischen mit Fremden und dem erlernten Umgang mit ihnen.
Es ist weiterhin deutlich geworden, dass die Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft von 1996 bis 1999 genauso abgenommen hat wie die Beteiligung an gewalttätigen Aktionen. Es wird von einer Sensilibisierung gegenüber Gewalt ausgegangen.
Diese Entwicklung ging allerdings nicht so weiter. Die Zahl der „subkulturell geprägten gewaltbereiten Rechtsextremistischen“ (Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2000, S.89 ) stieg von 1999 bis 2000 in Brandenburg etwas an. Damit einher ging der Anstieg der rechtsextremistisch motivierten Straftaten um 27%, von denen 77% als Gewalttaten deklariert wurden. Bis zu 84% der Straftaten hatten nachweislich einen fremdenfeindlichen Hintergrund und weitere 12% einen anderweitig rechtsextreme Motivation. Es wurde mehr Gewalt gegen Personen verzeichnet, bei diesen Taten wird die Brutalität und Menschenverachtung mit der die Täter zuschlagen immer extremer. In Brandenburg kam es 2000 zu 3 versuchten Tötungsdelikten:
- In Neustadt (Dosse) wurde an einem Asylbewerberheim, ein als Pole bezeichneter Bürger bis zur Bewußtlosigkeit zusammengeschlagen.
- In Belzig wurde auf eine vietnamesische Familie ein Brandanschlag verübt.
- Bei einer Hetzjagd in Wierzen wurde ein als Linker bezeichneter Schüler brutal getreten und geschlagen.
Die Propagandataten (Verbreitung von Propagandamitteln/ Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) machen in Brandenburg rund zwei Fünftel der rechtsextremistischen Straftaten aus.
Insgesamt ist die Zahl derer, die sich in rechtsextremistischen Gruppierungen befinden, in Brandenburg als rückläufig einzuschätzen. Einzig die NPD konnte einen leichten Zuwachs, von 200 auf 225 Mitglieder, verzeichnen. Dafür gingen aber die Mitgliederanzahl anderer rechter Parteien, wie DVU, REP und JN relativ stark zurück. Diese Entwicklung in Brandenburg hebt sich etwas vom Bundesdurchschnitt ab, denn dort wurde im selben Zeitraum ein leichter Zuwachs in den Parteien ermittelt (vgl. Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2000). Die selbe Entwicklung gibt es in den rechtsextremen Vereinen in Brandenburg. Hier sank die Zahl der Mitglieder auf 30 (1999: 50) ab.
Die verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz macht es möglich, dass eine beträchtliche Zahl von rechtsextremistischen Musik-veranstaltungen unterbunden bzw. aufgelöst werden konnten. Da dies von den Konzertbesuchern nicht als positiv betrachtet wird, ist weiterhin mit Ausschreitungen in Bezug auf Polizeieinsätzen zu rechnen. Die Anzahl der gewaltigen Auseinandersetzungen mit der Polizei stieg in diesem Jahr stark an.
4. Erklärungsansätze zur Hinwendung zum Rechtsextremismus
4.1 Beweggründe vor 1989
Wie ich bereits in Punkt 3.1 festgestellt habe, gab es zu Beginn der 80ziger Jahre keinen politischen Hintergrund bei der Gründung von Skinhead -Gruppen. Die Jugendlichen wollten sich nur von der grauen Masse der Bevölkerung abheben. Sie wollten sich nicht in die vom Staat geförderten Jugendgruppen, wie die FDJ, integrieren lassen. Die Schaffung autonomer Räume war zu dieser Zeit ihr Ziel. Sie waren „nur“ eine der jugendkulturellen Strömungen, die sich mehr an Musik und Mode orientierte als an politischen Statements.
Erst in der 1985-87 politisierte sich diese Gruppe der Jugendlichen zunehmend. Das starre Herrschaftssystem, das heißt der ständige Aufruf zur Pünktlichkeit, Sauberkeit und Höflichkeit sowie die Unterdrückung der Kreativität, der kindlichen Phantasien und individueller Bedürfnisse forderte nun seinen Tribut. Die gewaltige Kluft, die zwischen den politisch - propagandistischen Zielsetzungen der Staatsführung und dem alltäglichen Handeln und Denken der Jugendlichen entstand und sich verfestigte, war auch eine Ursache für die Verbreitung des Rechtsextremismus in der DDR (vgl. Butterwegge, 1996).
„ Der sozialistische Überwachungsstaat und die Spezifika der Machthandhab-ung durch die Nomenklatura brachten treibhausmäßig rechtsextremistische Denk- und Handlungsmuster hervor.“ (zit.n. Butterwegge,1996)
Laut Butterwegge (1996) zog der Rechtsextremismus in der DDR-Gesellschaft aus 4 Quellen seine Kraft.
1.dem ökonomischen Determinismus der Dimitroff- Formel als einer Faschismusdeutung, die wenig Platz für individuelle Verarbeitung der NS-Vergangenheit ließ.
2.dem verordneten Antifaschismus,
3.dem Provinzialismus einer monokulturellen Gesellschaft,
4. dem Nationalismus, durch den die Staatsführung waschende Legitimations-defizite beheben zu können hoffte.
4.2 „Modernisierungsverlierer“
Die schnelle Auflösung der DDR und der damit zusammenhängende Wertewandel waren für einige Jugendliche eine nicht zu bewältigende Aufgabe. Die Phase des gesellschaftlichen und politischen Umbruchs verunsicherte einen Teil der Jugendlichen stark. Plötzlich konnten und mußten sich die Jugendlichen selbst frei entscheiden. Sie wurden von den gesellschaftlichen Desintegrations- und Segmentierungsprozessen nahezu überrollt. Ihre bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Lebenserfahrungen erfuhren eine Entwertung.
Der Wegfall der sozialen Netzwerke und Unterstützungssysteme war für die Menschen ein Schock. Der gesellschaftliche Umbruch schafft nicht nur verstärkt Anomie und Desintegration, sondern zerstört auch die alten Stützsysteme, die zur Bewältigung von Anomie und Desintegration hilfreich gewesen wären, während sich neue Stützsysteme erst noch herausbilden müssen.“ (Schubarth,1993,S.258)
Die Erweiterung der „Handlungsmöglichkeiten zur Lebensführung“ (vgl. Heitmeyer,1992) und die Herauslösung aus dem sozialen Milieu, konnte bei den Jugendlichen zu Vereinzelungserfahrungen, Handlungsunsicherheiten und Ohnmachtsgefühlen führen. Je nach der subjektiven Verarbeitung dieser Erfahrungen gab es für das rechtsextreme Gedankengut Anknüpfungspunkte. Auch ihre innere Unsicherheit, die sie nach starken Autoritäten suchen ließ, konnte in der rechtsgerichteten Szene befriedigt werden. Dort fanden sie andere Jugendliche, die ähnliche Erfahrungen gemacht und die selben Probleme mit der Gesellschaft hatten. Ausschlaggebend für die Suche nach dieser starken Führungsperson ist eine bestimmte Charakterstruktur, die nach Wissenschaftlern des Frankfurter Instituts für Sozialforschung auf folgender Hypothese beruht: „die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Überzeugungen eines Individuums häufig ein umfassendes und kohärentes, gleichsam durch eine Mentalität oder einen Geist zusammengehaltenes Denkmuster bilden und daß dieses Denkmuster Ausdruck verborgener Züge der individuellen Charakterstruktur ist.“ (zit.n. Butterwegge,1996) Da zwischen bestimmten Charaktereigenschaften und einer feindlichen Haltung gegenüber Fremden ein Zusammenhang besteht, haben die Demagogen dort einen Ansatzpunkt.
4.3 „Wohlstandschauvinisten“
Zumeist wird davon ausgegangen, dass größtenteils Jugendliche, die als sozial benachteiligt gelten, dem Rechtsextremismus zusprechen. Demgegenüber steht die Theorie der Wohlstandschauvinisten. Laut dieser sind oft Nicht- Benachteiligte von Leistungs- und Aufstiegsideologien geprägte Jugendliche im rechten Milieu zu finden. Sie setzen die ökonomische Vormachtstellung gleich mit einer Überlegenheit im kulturellen, persönlichen und politischen Bereich (vgl. Dierbach, 2001). Sie sind geprägt von starkem Autoritarismus, stammen zumeist aus gut situierten Verhältnissen und besitzen ein mittleres bis hohes Bildungsniveau. Sie besitzen einen starken Zukunftsoptimismus, fühlen sich also bei der Aufrechterhaltung ihrer Existenzgrundlagen nicht durch ausländische Einwanderer bedroht.
Die politische Orientierungen lassen sich aber nicht nur an gesellschaftlichen Bedingungen erklären, denn es spielen auch subjektive Gründe hinein.
In einer Studie von Hoffmeister/ Sills, wurde heraus gearbeitet, dass eine große Konsistenz und Relevanz zwischen dem Bildungsniveau und der autoritären Einstellungen besteht. Es stellte sich heraus, dass „...die Neigung zum Autoritarismus eher in abstrakt - verallgemeinerbaren Forderungen und Denkmustern ( Ablehnung bestimmter Sozialleistungen, geschickt kaschiertes Elitedenken etc.) zum Ausdruck kommt. Auch ging dies in auffälliger Weise einher mit einer Orientierung an den elterlichen Lebensweisen sowie der Akzeptanz elterlicher Erwartungshaltungen; Erwartungshaltungen die durchgängig von Aufstiegsorientierung und vehementem `Nach- Vorne- Wollen´ geprägt waren“ (zit.n. Dierbach, 2001, S. 152). Die Jugendlichen stehen unter starkem Leistungsdruck, den sie unkritisch von ihren Eltern übernehmen.
5. Schlusswort
Nachdem ab 1985 ein stetes Ansteigen der rechtsextremen Tendenzen unter den brandenburgischen Jugendlichen zu verzeichnen war, ist die Entwicklung heute eher rückläufig. Den größten Zuspruch bekamen die Rechtsextremen zwischen 1990 und 1993. Diese Entwicklung wurde durch die sozialen Umstände der Nachwendezeit stark begünstigt und auch das Versagen der Staatsorgane ist als ein fördernder Faktor zu betrachten. Die Jugendlichen erfuhren, wie bereits erwähnt wurde, eine völlige Entwertung ihren Wert- und Normvorstellungen. In dieser Situation war es für die rechtsextremen Parteien leicht, sich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu etablieren und feste Strukturen zu schaffen. Sie nutzten also die besondere Situation, um junge unzufriedene Menschen für ihre Überzeugungen zu gewinnen, ein latent fremdenfeindlicher Konsens in Teilen der Gesellschaft half ebenso wie ein nicht entschieden gegen diese bedrohlichen Tendenzen steuernder Staat. Ich denke, das der Brandanschlag 1992 auf das Asylbewerberheim in Rostock meine These stützt. Damals freuten sich Teile der Anwohner ganz offen über diesen Anschlag, die Polizei zog sich vor dem wütenden Mob zurück und versagte meines Erachtens auf der ganzen Linie. Man kann also diese Situation als typisch für die Zeit Anfang der 90er Jahre sehen, dem Höhepunkt des Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Ab 1993 ist ein Rückgang zur Zustimmung rechtsextremistischer Propaganda zu sehen (s. Tab. S. 14), auch ist ein Rückgang der offenen Gewalt zu sehen. Nichtsdestotrotz stimmten 1999 20% der befragten Jugendlichen ganz oder zumindest teilweise rechtsextremistischen Statements zu. Charakteristisch für die Zeit ab 1993 ist die gestärkte machtpolitische Basis des Rechtsextremismus. Es entwickelte sich ein erhöhtes politisches Bewusstsein, verbunden mit einen steigenden Politikinteresse. Politische Gewalt und legales Engagement sind die nun bevorzugten Methoden, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Dies könnte in meinen Augen auch eine Antwort auf die erhöhten Anstrengungen des Staates gegen den Rechtsextremismus sein, sei es die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, dem Verbot von Kameradschaften und Vereinigungen, welche ihre extremen Ziele zu öffentlich präsentieren, sowie die erhöhte Repressionen durch die Polizei, z.B. im Land Brandenburg mit der MEGA – Mobile Eingreiftruppe gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit. Sie ist speziell zur Verhinderung rechtsextremistischer Straftaten gegründet worden, die Fokussierung auf die Verhinderung von Gewalt und Ausländerfeindlichkeit erhöht die Effektivität und wirkt in gewissen Maße vorbeugend.
Durch die steigende Politisierung der rechtsextremistischen Szene wird versucht die sogenannte Normalisierung voranzutreiben und somit ein höheres Ansehen dieser Bewegung in der Gesellschaft zu erreichen. Dies wird meiner Meinung nach begünstigt durch die Wahlerfolge der eher im rechten Spektrum anzufindenen Parteien wie der ÖVP in Österreich mit ihrem Frontmann Jörg Haider oder der „Front National“ des Jean-Marie Le Pen in Frankreich.
Dieser sogenannte Rechtsruck in Europa erweckt auch in Deutschland Hoffnungen auf rasche Wahlerfolge, selbst eigentlich liberale Politiker wie Jürgen W. Möllemann schöpfen aus dem ideologischen Fundus des Rechtsextremismus , wie gesehen an der Antisemitismus - Debatte in der jüngsten Vergangenheit.
Dies wird meiner Meinung nach als Bestätigung für die Richtigkeit ihrer Ideologie in der rechten Szene aufgefasst, d.h. durch diese Entwicklung sehe ich die Gefahr einer weiteren Verbreitung rechtsextremistischer Ideen unter Jugendlichen.
6 Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Internetquellen:
http://www.eberswalde.de/tolerantes/themen/konferenz/konfer_1.htm
http://www.gdp-junge-gruppe.de/downloads/ForumGegenRechts.pdf
http://www.dpg-brandenburg.de/nr_21/dietmar_sturzbecher.shtml
http://www.verfassungsschutz-brandenburg.de/sixcms_upload/media/17/2000.pdf
- Arbeit zitieren
- Christiane Henkel (Autor:in), 2002, Rechtsextremismus bei Jugendlichen im Land Brandenburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107538
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