C. Sallustius Crispus (86-35/34 v. Chr.) schlug zunächst die politische Laufbahn ein. Als Gegner der Nobilitätsherrschaft und Anhänger der Volkspartei schloss er sich eng an Cäsar an, von dem er eine Neuordnung der zerrütteten politischen Verhältnisse auf demokratisch-republikanischer Grundlage erhoffte. Er durchlief die römische Ämterlaufbahn, zog sich aber nach Cäsars Ermordung (44 v. Chr.) tief enttäuscht vom politischen Leben zurück und widmete sich ganz der Geschichtsschreibung. Mit seinen beiden historischen Monographien „Coniuratio Catilinae“ und „Bellum Iugurthinum“ und mit seiner Zeitgeschichte „Historiae“ hat er drei bedeutende historische Werke hinterlassen, in denen vor allem auch seine Geschichtsauffassung deutlich wird.
Sallusts Geschichtsauffassung bleibt in seinen drei Werken allerdings nicht konstant gleich, sondern sie durchläuft eine Entwicklung. Diese Hausarbeit soll zeigen, wie sich Sallusts Geschichtsbild entwickelt hat und welche Bedeutung dies für seine Sicht der älteren römischen Geschichte hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sallusts Geschichtsbild
- in der „Coniuratio Catilinae"
- im „Bellum lugurthinum"
- in „Historiae"
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Entwicklung von Sallusts Geschichtsbild anhand seiner drei Werke: „Coniuratio Catilinae", „Bellum lugurthinum" und „Historiae". Die Arbeit untersucht, wie Sallust die Geschichte Roms interpretiert und welche Bedeutung die verschiedenen Epochen in seiner Sicht der älteren römischen Geschichte einnehmen.
- Die Entwicklung von Sallusts Geschichtsbild
- Die Rolle von Moral und Verfall in Sallusts Geschichtsauffassung
- Die Bedeutung des „metus hostilis" für die politische und moralische Entwicklung Roms
- Sallusts Menschenbild und seine Auswirkungen auf seine Geschichtsinterpretation
- Die Interpretation von Sallusts Werken im Kontext der römischen Republik
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung
Die Einleitung stellt C. Sallustius Crispus (86-35/34 v. Chr.) und seine politische Laufbahn vor. Sie erläutert, wie Sallust nach der Ermordung Cäsars zur Geschichtsschreibung wechselte und drei bedeutende historische Werke hinterließ: „Coniuratio Catilinae", „Bellum lugurthinum" und „Historiae". Die Einleitung legt den Fokus auf die Entwicklung von Sallusts Geschichtsauffassung, die im Laufe seiner Werke deutlich wird.
- Sallusts Geschichtsbild
- in der „Coniuratio Catilinae"
Die „Coniuratio Catilinae" ist Sallusts erstes Geschichtswerk. Sie handelt von der Verschwörung des Catilina im Jahre 63 v. Chr. und wurde von Sallust 42 v. Chr. verfasst. In diesem Werk wird Sallusts Geschichtsauffassung deutlich, insbesondere im ersten Exkurs (Kapitel 6-13) über die Entwicklung des römischen Staates und der römischen Sitten. Sallust unterscheidet drei Epochen der römischen Geschichte: vom Anfang bis zur Einführung Könige (Cat. 6,7), von der Einführung der Freiheit bis zur Zerstörung Karthagos (Cat. 10,1) und von der Zerstörung Karthagos bis zu Sullas Herrschaft (CaL I I ,5). Er sieht in der Vorzeit einen Idealzustand, der durch die gute menschliche Natur bedingt ist und durch den moralischen Verfall zerstört wird. Dieser Idealzustand wird durch äußere Zwänge, wie die ständige Bedrohung durch Feinde, aufrechterhalten. Der Verfall des römischen Staates wird durch Reichtum, Frieden und die daraus resultierende Dekadenz ausgelöst. Die „cupido gloriae" und die „avaritia" werden als treibende Kräfte des Verfalls dargestellt. Sallust geht von einer angeborenen Neigung des römischen Volkes zu sittlicher und politischer Tugend aus. Der Wandel der römischen Geschichte zum Schlechten wird durch das Eingreifen einer irrationalen Macht, der „Fortuna", erklärt. Die römische Geschichte vor 146 wird im Catilina durchweg positiv und idealisierend dargestellt. Sallust betont die kriegerische Tüchtigkeit der Römer, ihre Selbstlosigkeit und ihre Loyalität gegenüber ihren Freunden und Verbündeten. Die „aequitas" gegenüber den unterworfenen Völkern wird als Garant für die Sicherung der Weltherrschaft dargestellt. Die „cupido gloriae" wird als ein wichtiger Motivator für die Expansion Roms beschrieben. Die „Coniuratio Catilinae" zeigt Sallusts idealisierende Sicht der älteren römischen Geschichte und die Bedeutung von Moral und Verfall für die Entwicklung des römischen Staates.
- im „Bellum lugurthinum"
Sallusts zweite Monographie, das „Bellum lugurthinum", handelt vom Krieg Roms gegen Jugurtha in den Jahren 111-106 v. Chr. Im „lugurtha" wird von Sallust erstmals das „metus hostilis"-Motiv eingeführt (lug. 412), das das Volk auf dem Weg zur Tugend gehalten hat. Die Zerstörung Karthagos im Dritten Punischen Krieg gilt als Epochenjahr sowohl für die Weltherrschaft Roms als auch für den Beginn des Niedergangs. Die Furcht vor dem Feind hat vorher zur Überwindung der politischen Gegensätze geführt. Nach der Beseitigung der Furcht vor dem Feind fühlen sich die Menschen „quol" und „lascivia" und „superbia" ziehen ein, die gewöhnlichen Begleiter des Erfolgs, die nach kurzer Zeit aneinander geraten. Auch ist nicht mehr die „fortuna" für Glück oder Unglück verantwortlich, sondern das „otium" und die „abundantia", die irrtümlich für hohe Güter gehalten werden, bringen den Verfall der strengen Zucht und Sitte und es gibt keine „concordia" mehr. Dadurch wächst die „potentia" der Nobilität immer mehr an und die „avaritia" zieht ein. Sallust charakterisiert das ideale politische Leben als ein Leben, in dem „populus et senatus Romanus placide modesteque inter se rem publicam tractahant, neque gloriae neque dominationis certamen inter civis erat". Die Freiheit im Inneren wird dadurch gewährleistet, dass die tüchtigen Männer ihre „dignitas" nicht missbrauchen, um die „libertas" der Geführten zu unterdrücken. Andererseits missbraucht aber auch das Volk seine „libertas" nicht. Durch den sittlichen und staatlichen Verfall kommt es dann aber doch zum Zwist zwischen Aristokratie und Adel, wobei die Nobilität durch Cliquenbildungen aber schnell die Oberhand gewinnt. „Avaritia sine modo modestiaque" (lug. 41) ergreift den Adel und werden immer mehr rechtlose Gewalttaten gegen das Volk ausgeübt, bis es schließlich zu einer Verwurzelung des Bestehens und zu einer Verelendung der bürgerlichen Massen kommt. Der Verfall der politischen Moral in Rom trägt die Schuld an den darauf folgenden Parteienkämpfen und Bürgerkriegen. Sallust sieht in der Macht und dem Reichtum, die nicht mehr von außen bedroht werden, den Keim des Verfalls. Er identifiziert „avaritia" und die „ambitio" als die Grundbegriffe des politischen Zerfalls. Die durch „avaritia" verleiteten außenpolitischen Führer verhalten sich korrupt, was dem inneren Kampf neue Nahrung verleiht. Dadurch kommen neue, reilgere, von „avaritia" freie Männer an die Macht, die allerdings „ambitio" verfallen sind, was dann wiederum zu inneren Auseinandersetzungen und zum Bürgerkrieg führt. Das „Bellum lugurthinum" zeigt Sallusts wachsende Skepsis gegenüber der idealisierten Darstellung der älteren römischen Geschichte. Es wird deutlich, dass der Zerfall des römischen Weltreichs nicht plötzlich kam, sondern dass es sich um einen stufenweisen Verfall handelt. Die „avaritia" und die „ambitio" werden als treibende Kräfte des Verfalls dargestellt. Der „metus hostilis" wird als ein wichtiger Faktor für die Aufrechterhaltung der römischen Tugend und Einheit angesehen.
- in „Historiae"
Sallusts drittes großes Geschichtswerk, die „Historiae", ist eine die Jahre 78-67 v. Chr. umfassende Zeitgeschichte, welche die Historien Sisennas fortführt. Von den „Historiae" sind außer einigen Fragmenten nur die in das Werk eingearbeiteten Reden und Briefe überliefert, die später offenbar für literarische und stilistische Unterrichtszwecke dienten. Sallusts Geschichtsbild ist in den „Historiae" nicht mehr so idealisierend wie zuvor. Er gesteht sich ein, dass es von Beginn der Stadt an Streit zwischen den Bürgern gab. Ein Beispiel dafür sind die Ständekämpfe, denen allerdings durch die Not, die im Zweiten Punischen Krieg entstand, ein Ende gesetzt worden ist. Eine „virtus" Republik, ein ideales politisches Leben (Fr. 1,11 „optimis autem moribus et maxuma concordia aequo et modesto iure agitatum") hat es nur in der Zeit von der Vertreibung der Könige bis zum Ende des Krieges mit Pyrrhus gegeben. Die Zeit zwischen dem Anfang des Zweiten Punischen Krieges und dem Dritten ist wegen „metus Punicus" (Fr. 1,12) von größter Eintracht, sittlicher Verfassung und innerer Geschlossenheit geprägt gewesen. Das Zeitalter der Scipionen und Catos (Anfang der Blütezeit ist der Krieg gegen Hannibal, Ende der Blütezeit ist der Fall Karthagos) wird als das goldene Zeitalter der Republik betrachtet, denn zu dieser Zeit war die sittliche Haltung auf ihrem Höhepunkt. Es gibt also zwei Perioden der „guten Zeit", die erste Periode dauerte von der Gründung der Republik bis zur Vertreibung der Könige, die zweite Periode vom Anfang des Zweiten Punischen Krieges bis zur Zerstörung Karthagos. In dem Vakuum, das nach Karthagos Zerstörung entstanden ist, in dem man innere Feindschaften ungestört pflegen kann, sind „Zwietracht" (discordia), „Habsucht" (avaritia) und „Ehrgeiz" (ambitio) und das übrige, was günstiger Lage einzunehmen pflegt (cetera secundis rebus oriri sueta mala Fr. 1,11) angewachsen. In den „Historiae" definiert Sallust die menschliche Natur von Jugend auf als schlecht und böse, sie tritt nach dem Wegfall äußerer Hemmungen in Wirksamkeit: Fr. 1,7 „vitio humani ingeni"; Fr. 1,11 „secundis rebus oriri sueta mala maxume aucta sunt". Er geht von einer fehlerhaften Anlage der Menschen aus, die streitsüchtig und egoistisch sind und immer rücksichtslos und maßlos um Freiheit, Macht, Besitz, Ruhm und Herrschaft kämpfen. Dadurch erklärt Sallust dann auch die ständigen Zwistigkeiten und den Verfall des inneren staatlichen Lebens. Streit liegt in der Anlage des Menschen und die „concordia" ist eher ein Ausnahmefall, nur in besonderen Situationen erreichbar. Eine dieser besonderen Situationen ist der „metus Punicus", der für zwei Generationen Eintracht und Tüchtigkeit bringt. Die Menschen können also nur durch äußeren Zwang auf dem Weg der Tugend gehalten werden. Der Fortfall des „metus Punicus" führt dann notwendigerweise zum endgültigen Zusammenbruch der römischen Sittlichkeit und des römischen Staates. Es kommt zu Unruhen, Erhebungen und schließlich zum Bürgerkrieg. Das Ergebnis ist die Ermordung der militärischen Machthaber im Kampf um die Alleinherrschaft. „Der angeborene Egoismus des menschlichen Geschlechts muss nach dem Fortfall aller Hemmungen mit Notwendigkeit zum Kampf aller gegen alle führen, dessen unausweichliches Endstadium der Kampf stärkster Persönlichkeiten um die Alleinherrschaft ist." Die fehlerhafte Anlage des menschlichen Seins, der Egoismus, wird nur durch äußere Zwänge zur Beherrschung seiner Begierden gebracht und führt im Glück somit notwendigerweise zum sittlichen Verfall. Die egoistische Entfaltung des römischen Volkes und der Zerfall seiner republikanischen Ordnung erscheinen als ein unentrinnbarer Naturprozess. Ein weiterer Grund des Verfalls wird in der Außenpolitik gesehen. In der Vergangenheit haben die Römer ihre Kriege immer nur aus gerechten Gründen geführt, um sich selbst zu verteidigen oder um Freunde und Verbündete zu schützen. Der Adel hat in diesen Kriegen ein „monopoly of command, patronage, and Profit" erlangt, das er danach auch weiterhin zu halten versuchte. Allerdings versuchten die Feinde der vorherrschenden Clique dieses Monopol zu brechen, woraus immer wieder Kämpfe entstanden. Die „Historiae" zeigen Sallusts pessimistische Sicht der menschlichen Natur und die Bedeutung des „metus Punicus" für die Aufrechterhaltung der römischen Ordnung. Die „avaritia" und die „ambitio" werden als treibende Kräfte des Verfalls dargestellt. Sallust sieht den Zerfall der römischen Republik als einen unentrinnbaren Prozess, der durch die menschliche Natur und die fehlende äußere Bedrohung ausgelöst wird.
- in der „Coniuratio Catilinae"
- Schluss
Sallust war tief beunruhigt durch die zerrütteten gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten der römischen Republik. Darum bemühte er sich um eine philosophische Deutung des historischen Geschehens, durch die sich die Einzelerscheinungen zu einem stimmigen Geschichtsbild zusammenfügen ließen. Er war überzeugt, dass seit der Zerstörung Karthagos, durch die der letzte gefährliche äußere Feind vernichtet wurde (146 v. Chr.), sich gleichzeitig mit dem weiteren Aufstieg Roms zur Weltmacht ein fortschreitender innerer Verfall vollzogen hatte, der sich zunächst in einem moralischen Niedergang der Nobilität, dann in immer schwereren innenpolitischen Krisen äußerte. Als Gegenstand seiner Monographien wählte er daher solche Ereignisse aus, die diesen inneren Verfall beispielhaft deutlich machen konnten: den Weg des hochbegabten, aber haltlosen und moralisch verdorbenen Catilina zum Staatsverbrecher und den lugurthinischen Krieg, dessen siegreiche Beendigung immer wieder durch die Korruption der Nobilität und durch innenpolitische Zwistigkeiten in Frage gestellt wurde. In dem letzten und reifsten Werk Sallusts, den „Historiae", wird seine pessimistische Sicht insofern noch deutlicher zutage, als er jetzt bereits in der republikanischen Frühzeit bald nach der Vertreibung der Könige den Verfall beginnen ließ, der nur während des Zweiten Punischen Krieges unter dem Zwang äußerer Not und Gefährdung durch eine kurze Periode der inneren Eintracht und Stärke unterbrochen wurde. Sallusts Geschichtsauffassung hat sich besonders in zwei Punkten geändert: zum einen hinsichtlich der Idealisierung der Vergangenheit, zum anderen hinsichtlich seines Menschenbildes. Im „Catilina" stellt Sallust die römische Geschichte vor 146 v. Chr., also vor dem Fall Karthagos, durchweg positiv und idealisierend dar. Im „lugurtha" wird diese Darstellung zwar nicht wiederholt, aber es wird auch nicht deutlich von ihr abgerückt. In den „Historien" aber schränkt Sallust die „gute Zeit" auf nur noch zwei Perioden ein: einmal von der Gründung der Republik bis zur Vertreibung der Könige und dann vom Anfang des Zweiten Punischen Krieges bis zum Untergang Karthagos. Im „Catilina" wird der Mensch noch als ein von Natur aus gutes Wesen dargestellt und die Wendung der römischen Geschichte zum Schlechten wird durch das Eingreifen einer irrationalen Macht, der „Fortuna", erklärt. Im „lugurtha" und in den „Historien" wird der Mensch dann aber als ein egoistisches Triebwesen aufgefasst und Sallust hat sich so die Möglichkeit geschaffen, den Beginn des römischen Verfalls nach 146 v. Chr., und in den „Historien" auch den Beginn der ersten schlechten Periode nach dem Ende der etruskischen Periode, aus dem Wegfall der Furcht vor äußeren Feinden zu erklären.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Sallusts Geschichtsbild, die römische Geschichte, die „Coniuratio Catilinae", das „Bellum lugurthinum", die „Historiae", Moral, Verfall, „metus hostilis", „avaritia", „ambitio", „fortuna", Idealzustand, Dekadenz, Menschenbild, politische Entwicklung, römische Republik.
- Citar trabajo
- Michaela Müller (Autor), 2001, Sallusts Sicht der älteren römischen Geschichte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10752
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