Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung (Gegenstand, Aufbau und Ziel der Arbeit)
2. Der Quellenbegriff (Definition und Einteilung)
2.1 Was ist die historische Quelle?
2.2 Die Kategorisierung der Quellen
3. Die Bedeutung der Quellen für die Geschichtswissenschaft
4. Die Arbeit mit den Quellen (Die historische Methode)
4.1 Heuristik (Quellenfindung)
4.2 Kritik
4.2.1 Äußere Kritik
4.2.2 Innere Kritik
4.2.3 Ideologiekritik und Interpretation
5. Zehn Schritte zur Quellenauswertung
6. Die Hilfs- bzw. Grundwissenschaften
7. Zusammenfassung
Bibliographie
1. Einleitung (Gegenstand, Aufbau und Ziel der Arbeit)
„Die methodische Aufbereitung der Quellen und ihre kritische Nutzung für die geschichtswissenschaftliche Erkenntnis schuf und begründete einen wis-senschaftlichen Standard, unter den die Geschichtswissenschaft nicht mehr zurückfallen könnte, ohne ihren wissenschaftlichen Anspruch zu gefährden.“1
Dieses Zitat macht bereits deutlich, welchen Stellenwert die Quellen für die Geschichtswissenschaft einnehmen. Die gesamte Geschichtswissenschaft ist auf die Arbeit mit den Quellen aufgebaut und legitimiert sich aus dieser Ar- beit. Aus den Ergebnissen ergibt sich das, was wirdie Geschichtenennen.
Zunächst wird in dieser schriftlichen Ausarbeitung des Referats der Quellen- begriff erklärt. Dabei wird auf gängige Definitionen und Kategorisierungen zurückgegriffen. Im Hauptteil wird der Umgang mit den Quellen erläutert. Von der Quellensuche und der ersten Herangehensweise an die Quelle bis zur Kritik und Interpretation werden Arbeitstechniken dargestellt, die dem Histo- riker dienen die Quellen zu nutzen und sinnvoll auszuwerten. Dabei wird auch auf die Hilfs- bzw. Grundwissenschaften eingegangen. Anbei sei noch er- wähnt, daß in dieser Arbeit oft vondem Historikergesprochen wird. Dieses dient lediglich der einfacheren Ausdrucksweise und soll die Historikerin na- türlich nicht ausschließen.
2. Der Quellenbegriff (Definition und Einteilung)
Geschichts-Quelle: Unterrichtet alsÜberrest (Bauwerk, Rechtsaltertum, Ver- waltungsschriftgut) unmittelbar oder als Tradition (Biographie, Chronik) mit- telbarüber Geschehnisse der Vergangenheit. Ihrer Beurteilung dient die Quellenkritik.2
Den Begriff der Quelle zu fassen erscheint beim ersten hinsehen sehr einfach und klar. Beim Heranziehen weiterführender Fachliteratur droht einem der Begriff jedoch zu verschwimmen. Eine einheitliche Definition wie die obige gibt es nicht und scheint auch kaum möglich. Besonders das kategorisieren des Begriffs, zum weiteren Verständnis, erweist sich als schwierig, teilweise gar als gefährlich.
2.1 Was ist die historische Quelle?
In dem Buch Einführung in die Geschichtswissenschaft3, wird die Quelle immer wieder alsZeugnis der Vergangenheitbezeichnet. Ich halte von dieser Bezeichnung wenig. Mit dem Wort Zeugnis verbindet man eine automatische und sichtbare Bedeutung und Bewertung, die eine Quelle nicht immer oder nur auf den zweiten Blick bietet.
Eine bessere Definition bietet Paul Kirn. Für Kirn sind Quellen: „Alle Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewon- nen werden kann.“4 Diese Definition wird heutzutage am ehesten verwendet, da sie praktisch alle Bereiche die Quelle sein können mit einschließt. Noch besser erscheint mir allerdings die Quellendefinition von Theuerkauf, in wel- cher der Rahmen noch vergrößert wird. Er definiert die Quellen folgenderma- ßen: „Historische Quellen sind alle Zeichen und Gegenstände aus denen ge- schichtliche Tatsachen methodisch erschlossen werden können.5 Der Begriff Zeichen erscheint mir dabei besonders geglückt, da er ausbaufähiger ist als beispielsweise der Begriff Text. Nur das Wort geschichtlich ist in diesem Zu- sammenhang falsch, da Theuerkauf und andere davon ausgehen, daß Ge- schichte aus Quellen gemacht wird. Folglich kann man hier noch nicht von Geschichte sprechen, sondern höchstens von Vergangenheit.
2.2 Die Kategorisierung der Quellen
Die klassische Einteilung der Quellen in Überreste und Tradition von
E. Bernheim findet immer noch den größten Zuspruch. Als Überreste werden die Quellen bezeichnet, welche unmittelbar von den Geschehnissen übrig- geblieben sind, ohne das Medium eines zum Zweck historischer Kenntnis be- richtenden Vermittlers. Dazu gehören Sachüberreste (Skelette, Bauwerke, Ge- räte etc.), abstrakte Überreste (Rechts- und Verfassungszustände, Sitten, Sprache etc.) und schriftliche Überreste (aus geschäftlichen oder privaten Be- dürfnissen). Als Tradition werden solche Quellen bezeichnet, die eigens und absichtlich zum Zweck historischer Unterrichtung geschaffen worden sind. Dieses sind neben mündlichen Überlieferungen in Sagen, Liedern und Erzäh- lungen insbesondere Annalen, Chroniken, Biographien, Memoiren etc.
Eine weitere Kategorisierung stellt die Einteilung in Primär- und Sekundär- quellen dar. Primärquellen sind solche, die unmittelbar entstammen, Sekun- därquellen sind solche im Hinblick auf eine andere Quelle, die Primärquelle ist.
Vielen Historikern ist eine solche Voreinteilung ein Dorn im Auge. Solche Kategorisierungen erscheinen ihnen als nicht zweckmäßig. Winfried Schulze sagt dazu: „Solche Einteilungen können der weiteren Nutzung vorgreifen. Die innere und äußere Kritik muß unbedingt von a priori Kategorisierungen ange- wendet werden.“6
Wie leicht die Grenzen zwischen den Quellengruppen verschwimmen wird besonders an einem Beispiel zu Primär- und Sekundärquellen deutlich: Pufendorf hat für eines seiner Werke durchweg mit Akten aus dem Berliner Archiv gearbeitet, die uns überwiegend noch erhalten sind. Diese Akten sind für uns also Primärquelle gegenüber der Sekundärquelle von Pufendorf. Wo diese Akten allerdings nicht mehr vorhanden sind, müssen wir Pufendorf als Primärquelle gelten lassen.7
3. Die Bedeutung der Quellen für die Geschichtswissenschaft
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Quellenforschung aus der Ge- schichtswissenschaft nicht mehr wegzudenken. Durch die Arbeit mit Quellen, behielt bzw. behält die Geschichtswissenschaft ihren wissenschaftlichen An- spruch, insbesondere im Vergleich mit den systematischen Sozialwissenschaf- ten. Die Quelle dient als Mittel und Fundament historischer Erkenntnis. Eine sogenannte Quelle wird allerdings erst dann zu einer historischen Quelle, wenn man sich mit ihr beschäftigt und Informationen aus ihr erhält. So ist ei- ne Tonscherbe die ein Wanderer in der Lüneburger Heide findet nicht unbe- dingt eine historische Quelle, nur weil sie alt aussieht und der Wanderer sie für ein Antikes Stück hält. Die Scherbe wird erst dann zu einer historischen Quelle, wenn ein Historiker diese bearbeitet und als solche identifiziert.
Verdeutlicht wird die Bedeutung der historischen Quelle für die Geschichtswissenschaft durch ein Schaubild von Theuerkauf:
Historische Quelle > Interpretation durch den Historiker > Historische Literatur > Geschichtskenntnis
oder:
Getrübte Geschichtskenntnis > Historische Quelle > Interpretation durch den Historiker > Klare Geschichtskenntnis
Das erste Schaubild verdeutlicht die Entstehung historischer Fachliteratur und die damit verbundene Vermittlung von Geschichtskenntnis. Das zweite Schaubild verdeutlicht den Erkenntnisweg der Geschichtswissenschaft.
4. Die Arbeit mit den Quellen (Die historische Methode)
Die Geschichtswissenschaft hat im Laufe der Zeit eine eigene Methode zur Quellenauswertung entwickelt: Die sogenannte historisch-kritische Methode. Diese Methode beruht auf dem hermeneutischen Verstehensprinzip und umfaßt folgende Schritte:
- Heuristik (Quellenfindung)
- Innere, äußere und Ideologiekritik
- Interpretation
4.1 Heuristik (Quellenfindung)
Auf Quellen bzw. Quellenverweise stößt man meistens beim Lesen von Fach- literatur. Aus der Fachliteratur ergibt sich meistens eine bestimmte Fragestel- lung, diese zu beantworten es der Quelleninterpretation bedarf. Um Quellen zu bekommen die für die Beantwortung der Fragestellung von Nutzen sein könnten, wendet man sich an Archive, Anstalten, Bibliotheken, Institute etc. Diesen Einrichtungen teilt man entweder das Gebiet mit auf dem man forscht und bittet um Mithilfe, oder man teilt mit welche Quellen man einsehen möchte.
4.2 Kritik
4.2.1 Äußere Kritik
Die äußere Kritik bezeichnet man als sogenannte Kritik der Echtheit. Es muß festgestellt werden ob eine Quelle aufgrund äußerer und stilistischer Kriterien als authentisch angesehen werden kann und für die weitere Arbeit somit ver- wendbar ist. Belegt wird dieses durch eine genaue Quellenbeschreibung. Dazu gehören: Textgestalt, Entstehung und Überlieferung. Bei neuzeitlichen Tex- ten, beispielsweise Zeitungsartikel, beinhaltet dieses meistens bereits die Quellenangabe.
4.2.2 Innere Kritik
Die innere Kritik gibt Aufschluß über Aussagegehalt und Erkenntniswert der Quelle. Hierzu dienen als Leitfragen für die Textanalyse: Wie berichtete der Verfasser? Was konnte er berichten? Was wollte er berichten?
Es ist grundsätzlich zu prüfen was der Verfasser aufgrund seines Wissensho- rizonts, Standpunkts und Standorts für die Wahrheit hielt. Hierbei sollte der Historiker stets weitaus mehr Material zur Kenntnis nehmen als er zur ei- gentlichen Ausarbeitung benötigt, um eine widerspruchslose Darstellung zu gewährleisten. Eine Vergleichende Quellenanalyse ist daher stets zu empfeh- len. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, daß die Quelle nie aus ihrem historischen Umfeld herausgenommen wird. Dieses könnte ihren Aussagege- halt verfälschen.
4.2.3 Ideologiekritik und Interpretation
Von ebenfalls besonderer Wichtigkeit ist es, festzustellen welche Ideologie der Quellenautor besaß. Dabei sind in erster Linie seine politischen und Weltanschaulichen Standpunkte zu untersuchen. Ein Subjektiv berichtender Verfasser ist sicherlich nicht ohne weiteres in der Lage eine Vernünftige und Aussagekräftige Quelle zu schaffen.
Erst nach der Ideologiekritik kann mit der Interpretation der Quelle begonnen und die Fragestellung behandelt werden.
5. Zehn Schritte zur Quellenauswertung
Für die Quellenauswertung während des Studiums seien hier zehn Schritte genannt, die es vereinfachen einen ersten Umgang mit Quellen zu Üben. Als Voraussetzung zum sinnvollen Gebrauch dieser Anleitung gilt, daß die Quelle bereits bekannt ist und nicht erst gefunden werden muß:
1. Lesen der Quelle (naives Verständnis)
2. Pragmatische Interpretation (welchen Inhalt haben tragende Begriffe)
3. Überprüfen des Vorverständnisses (stimmt unsere Vorstellung vom Begriffsinhalt mit den mitgeteilten Vorstellungen überein?)
4. Läßt sich etwas über die Perspektive des Autors erkennen?
5. Quellen- und Überlieferungskritik (Authentizität, Zuverlässigkeit, Wert)
6. Charakter der Quelle
7. Entwicklung der Fragestellung (Heuristik)
8. Suffizienz der Quelle (genügt die Quelle zur Beantwortung der Fragestellung?)
9.Welche Bedeutung haben die Interpretationen anderer Rezipienten, um die Quelle „zum Sprechen“ zu bringen (Forschungskritik)
10. Gesamtinterpretation (ist eine Antwort auf die Gestellte Frage mög- lich?)8
Diese 10 aufgeführten Schritte beinhalten, bis auf die Quellenfindung, jeden Schritt der für die Quellenauswertung nötig ist.
6. Die Hilfs- bzw. Grundwissenschaften
Abschließend muß erwähnt werden, daß der Historiker oftmals nicht ohne Hilfsmittel in der Lage ist Quellen auszuwerten. Als Hilfsmittel für die Quellenauswertung dienen die Hilfs- bzw. Grundwissenschaften.
Der Unterschied zwischen Hilfs- und Grundwissenschaften besteht nur in der Begrifflichkeit. Da der Begriff der Hilfswissenschaft oft als abwertend angesehen wird, bevorzugt man immer häufiger den Begriff Grundwissenschaft. Aus meiner Sicht ist Hilfswissenschaft jedoch ein besser zu fassender Begriff der durchaus nicht negativ zu bewerten ist. Die Sichtweise des Historikers ist natürlich in diesem Fall eine Subjektive. Ein Numismatiker würde und soll sich natürlich niemals als Hilfswissenschaftler verstehen. Aus Sicht des Historikers stellt er aber genau dieses dar.
Als Hilfswissenschaften werden nicht zwingend alle Wissenschaften bezeich- net die sich der Historiker zu nutzen macht. Wenn beispielsweise die Medizin bei einer bestimmten Quellenauswertung benötigt wird, ist sie noch lange keine Hilfswissenschaft des Historikers. Als Hilfswissenschaften des Histori- kers dienen: Paläographie (Schriftkunde), Urkunden- und Zeitrechnungslehre, Siegel- und Wappenkunde, Genealogie (Geschlechterkunde), Numismatik (Münzkunde), Epigraphik (Inschriftenkunde), Ruhnenkunde, Handschriften- kunde, Aktenkunde, Statistik, Bilderkunde, Filmkunde, Kunde der Tondokumente und EDV.
7. Zusammenfassung
Diese Arbeit hat gezeigt welchen Stellenwert die Quellenforschung für die Geschichtswissenschaft darstellt und was als historische Quelle bezeichnet werden kann. Weiterhin wurde deutlich gemacht wie mit den Quellen umzu- gehen ist, wie sie bearbeitet werden müssen. Hierbei wurde die historische Methode erläutert und es wurden ein paar praktische Tips für die Studenten aufgeführt. Im Großen und Ganzen faßt diese Arbeit zusammen, was Studen- ten an Kenntnissen zur Quellenforschung während des Studiums benötigen.
Bibliographie
Peter Borowsky, Barbara Vogel, Heide Wunder, Die Arbeit mit den Quellen, in: Einführung in die Geschichtswissenschaft, Band 1, S. 120-176
Ahasver von Brandt, Werkzeug des Historikers - Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, 14. Auflage, Stuttgart, Berlin, Köln 1996
Erwin Faber, Imanuel Geiss, Arbeitsbuch zum Geschichtsstudium, 3. Auflage, Wiesbaden 1996
Gerhard Theuerkauf, Einführung in die Interpretation historischer Quellen Schwerpunkt: Mittelalter, Paderborn, München, Wien, Zürich, 1991
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1 Gerhard Theuerkauf, Einführung in die Interpretation historischer Quellen Schwerpunkt: Mittelalter, S.14, Paderborn, München, Wien, Zürich, 1991
2 Aus: dtv Brockhaus Lexikon, Band 15, Mannheim und München 1986
3 Peter Borowsky, Barbara Vogel, Heide Wunder, Die Arbeit mit den Quellen, in: Einführung in die Geschichtswissenschaft, Band 1, S. 120-176
4 In: Ahasver von Brandt, Werkzeug des Historikers - Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften,
14. Auflage, Stuttgart, Berlin, Köln 1996
5 Gerhard Theuerkauf, Einführung in die Interpretation historischer Quellen Schwerpunkt: Mittelalter, S.14, Paderborn, München, Wien, Zürich, 1991
6, 7 Erwin Faber, Imanuel Geiss, Arbeitsbuch zum Geschichtsstudium, 3. Auflage, Wiesbaden 1996
8 Hans -Jürgen Goertz, 10 Punkte im Umgang mit Quellen, für das Mittelseminar: Europa um 1500, Universität Hamburg 1997/98
- Citar trabajo
- Christoph Bremer (Autor), 1998, Einführung in die Quellenarbeit. Was ist die historische Methode?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107523
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