Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung
2. Indexzertifikate
2.1. Ausstattungsmerkmale
2.2. Plain-Vanilla-Zertifikate
2.3. Exotische Zertifikate
2.3.1. Zertifikate mit Rückzahlungsbegrenzungen
2.3.1.1. Cap-Zertifikate
2.3.1.2. Floor-Zertifikate
2.3.2.3. Collar-Zertifikate
2.3.2. Reverse-Zertifikate
3. Indexanleihen
4. Modellberechnung
4.1. Annahmen
4.2. Berechnung einer Indexanleihe
4.3. Verhalten von Indexanleihen bei externen Einflüssen
4.4. Emission von Produkten mit gegensätzlicher Erwartung
5. Chancen und Risiken indexorientierter Anlageprodukte
5.1. Wahl des Aktienindex
5.2. Wahl der Laufzeit
6. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rückzahlungsbetrag eines Zertifikats mit Cap bei Fälligkeit
Abbildung 2: Rückzahlungsbetrag eines Zertifikats mit Floor bei Fälligkeit
Abbildung 3: Rückzahlungsbetrag eines Zertifikats mit Collar bei Fälligkeit
Abbildung 4: Rückzahlungsbetrag eines Reverse-Zertifikats bei Fälligkeit
Abbildung 5: Partizipationsquote einer Indexanleihe in Abhängigkeit der Volatilität für unterschiedliche Zinssätze
1. Einführung
„Aktien oder Renten?“ ist eine von Anlegern oft gestellte Frage. Noch vor einigen Jahren waren die Lager streng getrennt. Die Einen schworen auf Aktien, deren langfristige Rendite oft als unschlagbar bezeichnet wird, die Anderen legten ihr Geld in festverzinslichen Wertpapieren an und bauten ihr Vermögen langsamer, dafür aber stetig auf.
Der zurückliegende Börsenboom und die nahtlos daran anschließende Baisse hat beide Anlegertypen angenähert. In den späten Neunziger Jahren waren Aktien auch von ehemals rententreuen Anlegern gefragt. Das Risiko spielte zunehmend eine untergeordnete Rolle, da die Aktienkurse nicht zu fallen schienen. Heute, in Zeiten, in denen selbst die Versicherer aus Aktien flüchten,1 schichten auch traditionell in Aktien investierende Anleger ihre Depots um. Dennoch keimt immer wieder Hoffnung auf die Trendwende auf, an der jeder Anleger teilnehmen möchte. Banken emittieren daher immer mehr Finanzprodukte, bei denen der Anleger eine Anleihe mit garantiertem Rückzahlungsbetrag kauft und zusätzlich bei positiver Entwicklung der Märkte an den Kursgewinnen partizipiert.2 Dies erscheint paradox, resultiert jedoch aus der besonderen Konstruktion3 sogenannter Aktienindexzertifikate oder Aktienindexanleihen.
Die folgende Ausarbeitung soll die Grundkonstruktionen solcher Finanzinnovationen darstellen und verschiedene Variationsmöglichkeiten aufzeigen. Zunächst werden die Indexzertifikate dargestellt, da hier die Funktionsweise indexorientierter Schuldverschreibungen am einfachsten nachzuvollziehen ist. Indexanleihen sind lediglich eine Variation von Zertifikaten, deren systematischer Unterschied kurz erläutert werden soll. Nach diesen eher theoretischen Ausführungen wird anschließend ein konkretes Produkt entwickelt und dessen Wirkungsweise aufgezeigt. Auch die Chancen und Risiken für alle beteiligten Akteure sollen erörtert werden, bevor ein Fazit gezogen wird.
2. Indexzertifikate
Zertifikate sind börsennotierte Schuldverschreibungen,4 die den Anleger an der Entwicklung eines bestimmten Marktes oder Segmentes partizipieren lassen. Bei Indexzertifikaten nimmt der Anleger an der Entwicklung eines vorher festgelegten Indexes teil. Hierbei
muss der Anleger das dem Index zugrundeliegende Portfolio, auch Underlying genannt, nicht besitzen. Vielmehr verleiht er sein Geld für einen gewissen Zeitraum, weshalb die Bezeichnung Partizipationsschein treffender wäre, jedoch nur von wenigen Emittenten gewählt wird5.
2.1. Ausstattungsmerkmale
Die Rahmenbedingungen eines Zertifikats lassen sich am besten anhand einer genauen Betrachtung der Ausstattungsmerkmale zeigen. Diese können kategorisiert werden als
(1) die Laufzeit.
(2) das Underlying.
(3) das Bezugsverhältnis.
(4) etwaige Sonderrechte.
(5) die für Zahlungen vereinbarte Währung.
(6) der Rang der Verbindlichkeit.6
(1) Laufzeit
Die Laufzeit ergibt sich aus der Zeitspanne zwischen Emissionstag und Fälligkeit, die in der Regel begrenzt ist. Neuerdings werden immer öfter Zertifikate ohne Laufzeitbegrenzung emittiert, bei denen Anleger und Emittent vertraglich festgelegte Kündigungstermine haben.
(2) Underlying
Unter Underlying versteht man das Portfolio, welches dem Zertifikat zugrunde liegt und an dessen Entwicklung die Rückzahlungsmodalitäten des Zertifikats gebunden sind.7 Hierbei kann es sich um Indizes wie den DAX, Dow Jones oder den S&P 500 handeln.
(3) Bezugsverhältnis
Das Bezugsverhältnis stellt die Stärke der Partizipation des Anlegers an der Wertentwicklung des Underlyings dar. Bei einem Bezugsverhältnis von 1 entwickelt sich der Kurs des Zertifikats proportional zum Index. Zertifikate werden jedoch häufig mit einem Bezugsverhältnis von 1 zu 10, kurz auch mit 0,1 bezeichnet, emittiert. Anleger partizipieren bei
diesen Zertifikaten zwar nur zu einem Zehntel von der Indexentwicklung, müssen dafür aber auch nur 10 Prozent des Indexstandes bezahlen. Eine solche Unterteilung ist sinnvoll, da dies insbesondere privaten Anlegern den Erwerb von Zertifikaten bereits mit kleineren Beträgen ermöglicht. Die volle Partizipation am Index kann auch mit Zertifikaten kleinerer Bezugsverhältnisse durch den Kauf der entsprechenden Anzahl erreicht werden.
(4) Sonderrechte
Der weitaus größere Teil von Zertifikaten ist mit Sonderrechten verschiedenster Art ausgestattet. Besonders beliebt bei Emittenten sind zum Beispiel die Begrenzung des Rückzahlungsbetrages auf einen bestimmten Höchstwert8. Ebenso sind Rückzahlungsgarantien für Investoren eine beliebte Variante. Auf die Einzelheiten der hiermit verbundenen Sonderrechte wird an späterer Stelle genauer eingegangen.
(5) Währung
Die Währung, in der die anfallenden Geldströme beglichen werden, ist nur sehr selten ein bedeutsamer Faktor bei der Kategorisierung von Indexzertifikaten. Dennoch kann dieses Detail sehr wichtig werden, wenn eine von der Landeswährung abweichende Währung vereinbart wird.
(6) Rang der Verbindlichkeit
Rechtlich gesehen sind Zertifikate Darlehen der Anleger an den Emittenten, bei denen die Rückzahlung des Geldes zuzüglich einer eventuellen Verzinsung vereinbart ist9. Sollte der Emittent zu diesem Zeitpunkt jedoch illiquide sein, so werden seine Verbindlichkeiten dem Rang nach geordnet und der Reihe nach bedient.10 Ein solches Szenario ist aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit der Insolvenz eines Emittenten von Zertifikaten eher theoretischer Natur und nur von geringer Bedeutung.
2.2. Plain-Vanilla-Zertifikate
„Plain-Vanilla“ steht in der Finanzwelt für „Standard“ und bezeichnet Anlageformen die keine derivativen Komponenten enthalten.11 Plain-Vanilla-Zertifikate sind Zertifikate, die
den zugrundeliegenden Index genau abbilden12 und bei denen der Käufer 1:1 an dessen Entwicklung partizipiert. Der Wert eines Plain-Vanilla-Zertifikats entspricht daher bei voller Partizipation immer dem Stand des Index. Eventuelle Abweichungen zwischen den gestellten Kursen und dem Indexstand stellen die Geld-Brief-Spanne oder eine ähnliche Gebühr des Händlers dar.
Plain-Vanilla-Zertifikate durften aufgrund eines Verbotes der Bundesbank bis 1999 nicht emittiert werden, da dies dem Anleger die Möglichkeit gegeben hätte, sich gegen die Inflation abzusichern13. Erst mit der Einführung des Euro und dem Beginn der Arbeit der EZB wurde dieses Verbot aufgehoben. Exotische Zertifikate, die nachfolgend erläutert werden, waren in diesem Verbot nicht miteingeschlossen, da deren Wertentwicklung nicht völlig mit der Entwicklung des Index übereinstimmt. Daher sind sie schon länger am Markt vorhanden.
2.3. Exotische Zertifikate
Zertifikate, die von der Norm abweichen und ungewohnte Strukturen aufweisen, heißen im Allgemeinen exotische Produkte oder auch Exoten14. An der Börse werden eine Vielzahl dieser Produkte gehandelt, wobei aufgrund der Vielzahl an Variationsmöglichkeiten nur sehr selten Zertifikate mit identischen Anlagebedingungen gefunden werden können. Trotz der verschiedenen Ausstattungsmerkmale ist eine Kategorisierung in
- Zertifikate mit Rückzahlungsbegrenzung und
- Reverse-Zertifikate möglich.
2.3.1. Zertifikate mit Rückzahlungsbegrenzungen
Zertifikate mit Rückzahlungsbegrenzungen sind die häufigste am Markt zu findende Form von Zertifikaten. Die Rückzahlungsbegrenzung ist ein vereinbartes Sonderrecht und kann eine Rückzahlungsoberwie auch Untergrenze festlegen.15
2.3.1.1. Cap-Zertifikate
Ein Cap ist eine festgelegte Obergrenze.16 Bei Zertifikaten, die mit einem Cap ausgestattet sind, nimmt der Besitzer nur bis zu einer bestimmten Höhe an der Wertentwicklung des
Underlying teil. Die Wertentwicklung eines solchen Zertifikats ist in der untenstehenden Grafik dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rückzahlungsbetrag eines Zertifikats mit Cap bei Fälligkeit17
Der Punkt, an dem der Cap einsetzt, wird Cap-Kurs genannt. Ist am Ende der Laufzeit der Indexstand höher als der Cap-Kurs, so ist die Rückzahlung immer auf den Cap-Kurs begrenzt. Steht der Index bei Fälligkeit unterhalb des Cap-Kurses, so erhält er dieselbe Rückzahlung wie bei einem Plain-Vanilla-Zertifikat. Zunächst erscheint es unüberlegt, ein Cap- Zertifikat als Anlagemöglichkeit zu wählen, welches nur eine beschränkte Gewinnmöglichkeit bei vollem Verlustrisiko beinhaltet. Die hohe Zahl der Emissionen von Zertifikaten mit Cap signalisiert jedoch die Bereitschaft der Investoren, diese Art der Schuldverschreibung zu kaufen. Bei genauer Betrachtung des Pricings wird der Vorteil eines Cap- Zertifikats deutlich.
Eine Möglichkeit, den Preis eines Finanzinstruments festzustellen, bietet das Nachstellen der Zahlungsstruktur des Produkts durch andere Instrumente, deren Preis bekannt ist. Diese Vorgehensweise heißt „Pricing by Duplication“ und wird in vier Schritte unterteilt:
(1) Beschreibung der Zahlungsstruktur des zu preisenden Zertifikats.
(2) Nachbildung der Zahlungsstruktur durch alternative Finanzinstrumente.
(3) Bewertung des Duplikats.
(4) Ableitung des Wertes aus dem des Duplikats.
(1) Beschreibung der Zahlungsstruktur
Bei dem oben beschriebenen Zertifikat partizipiert der Anleger 1:1 an der Entwicklung des DAX bis zur Höhe des Cap. Steht der DAX am Ende der Laufzeit über dem Cap-Kurs, so nimmt der Anleger an der weiteren positiven Entwicklung nicht mehr teil und erhält nur eine Rückzahlung in Höhe des Cap.
(2) Nachbildung der Zahlungsstruktur durch alternative Finanzinstrumente
Auffällig an der oben beschriebenen Zahlungsstruktur ist, dass sich das Zertifikat teilweise identisch zum Plain-Vanilla-Zertifikat entwickelt. Oberhalb des Cap erzielt das Plain- Vanilla-Zertifikat aber einen zu hohen Zahlungsstrom, weshalb für die Nachbildung ein weiteres Finanzinstrument hinzugezogen werden muss. Dieses Instrument darf bei Indexständen unterhalb des Cap keine Zahlungsabflüsse verursachen und muss oberhalb dieser Marke die zusätzlichen Erträge aus dem Plain-Vanilla-Zertifikat wieder egalisieren.
Die notwendigen Zahlungsströme lassen sich durch den Verkauf einer Call-Option auf den Index erzielen. Generell handelt es sich bei einer Call-Option um das Recht, innerhalb einer bestimmten Zeit zu einem im voraus festgelegten Basispreis eine vereinbarte Anzahl des Underlying erwerben zu dürfen18. Wichtig hierbei ist, dass das Recht, das Underlying
„innerhalb einer bestimmten Zeit“ erwerben zu dürfen (amerikanische Option), abgeschwächt wird durch „bei Fälligkeit“ (europäische Option).19 Eine frühzeitige Ausübung der Call-Option stellt im Fall einer weiteren positiver Indexentwicklung ein ungedecktes Risiko dar und muss vermieden werden. Der Verkäufer einer Option geht ein theoretisch unbegrenztes Risiko ein und erhält dafür eine Optionsprämie, die unter keinen Umständen zurückgezahlt werden muss.20
Für die Nachbildung hat der Verkauf einer Call-Option mit einem Strike (Preis, zu dem ein Basiswert bezogen werden darf)21 in Höhe des Cap-Kurs folgende Auswirkung: Bei Indexständen unterhalb dieser Marke wird der Optionsinhaber sein Recht nicht ausüben, da das Underlying an der Börse günstiger zu erwerben ist. Oberhalb das Cap wird er das Recht ausüben, und der Verkäufer der Option muss das Underlying zum festgelegten Preis liefern oder einen Barausgleich tätigen. Ein Risiko entsteht für das erstellte Duplikat jedoch nicht, da dieser Zahlungsverpflichtung durch die Erträge des Plain-Vanilla-Zertifikats nachgekommen werden kann.
[...]
1 Vgl. Alich, Dohmen, Sommer (2002), S. 1.
2 Vgl. Fischer (2001), S. 243.
3 Vgl. Lehrbass (1995), S. 1245.
4 Vgl. Beike (1999), S. 1.
5 Vgl. Beike (1999), S.95.
6 Vgl. Beike (1999), S.96.
7 Vgl. Heidorn (2000), S.141.
8 Vgl. Beike (1999), S. 98f.
9 Vgl. Ebertz (1992), S. 1.
10 Vgl. Grill, Perczynski (1996), S476.
11 Vgl. Beike (1999), S. 117.
12 Vgl. Schulze (2002), S. 126.
13 Vgl. Lehrbass (1996), S. 1245.
14 Vgl. Beike (1999), S. 117.
15 Vgl. Beike (1999), S. 99.
16 Vgl. Hielscher (1996), S197.
17 Vgl. Beike (1999), S. 120.
18 Vgl. Ebneter (1988), S. 41.
19 Vgl. Heidorn (2000), S. 141.
20 Vgl. Müller Möhl (1995), S. 95.
21 Vgl. Müller-Möhl (1995), S. 52.
- Arbeit zitieren
- Dirk Peters (Autor:in), 2002, Aktienindexanleihen / Aktienindexzertifikate, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107511
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