Novellen von Guy de Maupassant
Diese Novellensammlung von Guy de Maupassant wurde 1984 von der Harenberg Kommunikation Verlags- und Mediengesellschaft in Dortmund herausgegeben und beinhaltet dreizehn der bekanntesten Novellen Maupassants.
Der Autor:
Henri-René-Albert-Guy de Maupassant wird am 5. August 1850 auf Schloß Miromesnil geboren. Er ist der älteste Sohn einer lothringischen Adelsfamilie. Die Eltern Maupassants dürften das Anwesen vorübergehend gemietet haben, um ihren ersten Sohn auf einem Schloß zur Welt kommen zu lassen. 1861 lassen sich seine Eltern scheiden, und Guy bleibt bei seiner Mutter. Zwei Jahre danach besucht er eine konfessionelle Schule in Yvetot und später eine höhere Schule in Rouen. 1867 lernt Guy den Romancier Gustave Flaubert kennen, der großen Einfluß auf seine späteren Werke hat. Einige Jahre später macht Guy de Maupassant das Abitur in Le Havre und beginnt ein Studium der Rechte in Paris. Als Freiwilliger nimmt er 1870 am deutsch-französischen Krieg teil und kehrt 1871 wieder nach Paris zurück. Dort setzt er sein Jurastudium fort. Mit Hilfe seines Vaters erhält Maupassant eine Beamtenstelle am Marineministerium. Dort arbeitet er einige Zeit. Gustave Flaubert kümmert sich, wenn er in Paris ist, um Guy. Sie reden über Literatur und Flaubert korrigiert Maupassants erste Schreibversuche. Flaubert sagt über Guy: „Er ist mein Schüler, und ich liebe ihn wie einen Sohn.“ Durch Flaubert lernt Maupassant bereits mit etwa 21 Jahren führende Schriftsteller wie Emile Zola, Iwan Turgenjew, Edmond de Goncourt, Henry James und andere der damaligen Zeit kennen. Mit der Zeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand Maupassants, der an der weitverbreiteten Geschlechtskrankheit Syphilis leidet. Es ist unbekannt, ob diese Krankheit bei ihm angeboren ist, oder ob er sich bei einer seiner zahlreichen Geliebten angesteckt hat. 1879 wird er - wieder mit der Hilfe seines Vaters - ins Unterrichtsministerium versetzt. In diesem Jahr entsteht auch Maupassants erstes Drama „Histoire du vieux temps“. Im Jahr darauf schreibt sich der junge Mann mit der Novelle „Fettklößchen“ in die Weltliteratur. Doch im selben Jahr stirbt Flaubert unerwartet. Guy verliert seinen Lehrer und vor allem seinen Ersatzvater. Daraufhin kündigt er im Unterrichtsministerium und arbeitet vorerst für zwei Zeitschriften. In den folgenden zehn Jahren schreibt der Schriftsteller rund 260 Novellen und kurze Erzählungen, sechs Romane, drei Reisebücher, einen Gedichtband und einige Dramen. Im Jahre 1881 entsteht „Das Haus Tellier“, seine erste Novellensammlung. Durch diesen Erfolg kann er sich endgültig finanziell absichern. Er leistet sich einige Häuser und Wohnungen und später sogar eine Jacht. Im darauffolgenden Jahr folgen „Ein Leben“ (Roman) und „Schnepfengeschichten“ (Novellensammlung). 1884 sind Maupassants Novellen so gefragt, daß er gleich fünf neue Bände („Miss Harriet“, „Mondschein“, „Monsieur Parent“, „Die Schwestern Rondoli“ und „Yvet“) und den Reisebericht „Au soleil“ herausgibt.1885 entstehen „Bel Ami“ und „Die kleine Roque“ und 1887 schreibt er „Der Horla“, „Mont- Oriol“ und “Pierre und Jean“. Er versucht seiner Krankheit durch ständiges Reisen zu entkommen. Vor dem Tod seines ebenfalls syphiliskranken Bruders im Jahre 1889 gibt er die Werke „Auf dem Wasser“ und „Der Rosenjüngling der Madame Husson“ heraus. „Stark wie der Tod“ könnte vom Tod seines Bruders beeinflußt sein. In seinen letzten Jahren schreibt der zunehmend geistig ohnmächtige Autor „Unser Herz“, „Nutzlose Schönheit“ und „Musotte“. 1892 unternimmt Maupassant einen Selbstmordversuch, woraufhin er in eine Anstalt in Passy bei Paris eingeliefert wird. Dort stirbt er am 7. Juli 1893.
1984 wurden in Dortmund die deutschen Übersetzungen der Meisterwerke Maupassants neu überarbeitet und in dieser Novellensammlung der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Maupassant stand der Welt äußerst kritisch gegenüber. Sein Weltbild war sehr pessimistisch. Er schrieb selbst: „Alles in allem ist die Welt hier wie anderswo dumm, dumm, dumm.“ (Zitat aus dem Nachwort, Seite 213, Zeile 20/21) Sein Geheimnis zum Erfolg dürften seine Beobachtungsgabe und seine treffsicheren, kritischen Beschreibungen gewesen sein. So zeigte er zum Beispiel wirklichkeitsgetreu Bauern mit ihrer Hartherzigkeit, ihrem Fleiß, ihrer Lebensgier und ihrem Geiz in der Novelle „Die kleine Roque“. Diese realistische Schreibweise, beeinflußt von seinem Freund und Lehrer Flaubert, hatte ihm wahrscheinlich zu seinem Erfolg verholfen. Denn „Innerlichkeiten und rein künstlerischer Formalismus waren ihm fremd. Er filterte in seinen Novellen die Essenz des Lebens heraus.“ (Zitat aus dem Nachwort, Seite 216, Zeile 20 bis 22) „Maupassants Novellen bedürfen keiner tiefsinnigen literarischen Erläuterung. Sie sprechen in ihrer Klarheit und in ihrem gallischen Witz für sich selbst.“ (Zitat aus dem Nachwort, Seite 214, Zeile 34 bis 36)
Die meisten seiner Novellen handelten von Prostitution und Vergewaltigung, er schrieb aber auch über politische Probleme, Krieg, die Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert und psychische Probleme. Bereits in seiner ersten Veröffentlichung „Fettklößchen“ berichtete Maupassant ohne Scham über die sogenannte „gute Gesellschaft“, deren Feigheit und Heuchelei. Er nahm sich kein Blatt vor den Mund und behandelte jedes Thema. Er handelte also genau, wie Anton Tschechow das Dasein eines Schriftstellers mit einfachen Worten umschrieb: „Für die Chemiker gibt es auf der Erde nichts Unreines. Der Schriftsteller muß genauso objektiv sein wie der Chemiker; er muß sich freimachen von der Subjektivität seines Alltags und wissen, daß die Misthaufen in der Landschaft eine sehr beachtliche Rolle spielen und böse Leidenschaften dem Leben ebenso eigen sind wie die guten.“ (Zitat aus dem Nachwort, Seite 216, Zeile 36 bis 41)
Inhaltsangabe:
Inhalt dieser Novellensammlung sind die dreizehn berühmtesten Werke Maupassants: „Fettklößchen“, „Das Haus Tellier“, „Die Landpartie“, „Das Schwein Morin“, „Mademoiselle Fifi“, „Der Dieb“, „Ein Staatsstreich“, „Der Schmuck“, „Die Schwestern Rondoli“, „Der Regenschirm“, „Die kleine Roque“, „Der Horla“ und „Nutzlose Schönheit“. Einige von ihnen haben zwar im groben den selben Inhalt, sie sind aber doch ganz verschieden. Um zu zeigen, wie unterschiedlich Maupassant seine Hauptthemen Prostitution, Liebe und die gesellschaftlichen Probleme bearbeitet, folgen genauere Angaben über „Das Haus Tellier“ und „Der Regenschirm“.
Das Haus Tellier:
Madame Tellier und ihr Mann haben in Fécamp ein Bordell übernommen. Bereits zwei Jahre später stirbt der Ehegatte, und Madame muß ihr „Geschäft“ alleine leiten. Sie hat ein Personal von fünf Mädchen und einem Kellner. Dazu gehören Fernande, eine üppige blonde Schönheit vom Lande, Raphaela, eine schwarzhaarige, magere, gutaussehende Jüdin, und Rosa, eine kleine, dicke Fettkugel mit kurzen Beinen. Diese betreuen die noblen Gäste, während Louise und Flora gemeinsam mit dem Kellner Friedrich die restlichen Gäste bedienen.
Eines Abends finden die Stammgäste das Haus Tellier verschlossen vor, denn Madame ist mit ihrer gesamten Sippschaft nach Virville zur Erstkommunion ihrer Nichte gefahren. Ihren Bruder stört ihr Beruf nicht und sonst weiß in dem kleinen Ort keiner davon. Bei ihrer Ankunft werden die sechs Stadtdamen mit wohlwollendem Blick empfangen und das Ansehen des Tischlers steigt. In der Kirche werden ihnen eifersüchtige Blicke zugeworfen. Sie werden um ihre glitzernden Kleider beneidet.
Es ist ein großes Erlebnis für Madame, denn sie durchlebt ihre Kindheit nochmals. Anschließend wird ein Fest gefeiert, aber es kommt keine richtige Stimmung auf, da Madame und ihre Begleiterinnen kurz darauf abfahren müssen. Der Tischler versucht in seiner Trunkenheit Rosa zu vergewaltigen, was ihm aber nicht gelingt. Die Rückfahrt stellt sich als lustig aber auch ermüdend heraus. Die Damen geben zu, die Stadt und ihren Beruf schon vermißt zu haben. Am darauffolgenden Abend ist Madame sehr großzügig zu ihren Kunden. Sie feiern ein Fest.
Maupassant hat „Das Haus Tellier“ Turgenjew gewidmet. Er zeigt in dieser Novelle die Doppelmoral der Bürger, die morgens in die Kirche gehen oder bei ihrer Familie sind und abends das Bordell aufsuchen. Die Mädchen sind in der ganzen Novelle mit Zuneigung porträtiert, doch in der Stadt gilt diese Zuneigung eher ihrem Geschäft und am Land ihrem noblen Benehmen. Der Unterschied zwischen Landbevölkerung und Stadtbevölkerung wird hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Während die Prostituierten in der Stadt zur unteren Schicht gezählt werden, genießen sie am Land hohes Ansehen. Trotzdem zieht es sie zurück in die Stadt. Die Prostitution hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Früher war diese Berufsgruppe im Gegensatz zu heute sehr klein. In der Zeit des deutsch-französischen Krieges werden Bordelle von allen Schichten der Bevölkerung aufgesucht. (Zitat Seite 39; Zeile 1 bis 4: „Immer die selben sechs bis acht Herren fanden sich da zusammen, keine Nachtschwärmer, sondern ehrbare Kaufleute und junge Herren aus der Stadt.“); (Zitat Seite 40; Zeile 20 bis 22: „An der Ecke lag eine Art von elendem, kleinem Café, das abends den gewöhnlichen Leuten und den Matrosen offen stand.“) Madame sieht ihren Beruf als sehr ehrbar an. Dies ist zu dieser Zeit auch durchaus üblich. Viele sind der Ansicht Bordellbesuche stärken die Manneskraft des jungen Mannes. Wenn jemand mit gewöhnlichen Worten über sie sprach, so sah sie dies als eine grobe Beleidigung an. (Zitat Seite 40; Zeile 7 bis 9: „Gewöhnliche Worte kränkten sie immer ein wenig und wenn irgend ein ungezogener Mensch ihr Etablissement beim eigentlichen Namen nannte, ward sie wütend und empört.“) In der Jetztzeit kann man dieses Etablissement nicht mehr ehrbar oder angesehen nennen, denn der Großteil der Bevölkerung sieht dem mit abstoßendem Blick entgegen. Viele Novellen von Maupassant handeln von der Prostitution, denn dies war eines der Hauptthemen dieser Zeit. Viele Autoren haben indirekt dieses Thema bearbeitet, denn direkt darüber zu sprechen oder darüber zu schreiben war tabu. Deshalb verteidigte Emile Zola Maupassant bei der Veröffentlichung des Werkes und begründete, warum er Prostituierte als Hauptfiguren nahm mit den Worten: „Hätte man nicht ein ehrbares Milieu wählen können? Ohne Frage, aber ich meine, daß Maupassant dieses Sujet gewählt hat, weil er dort einen sehr humanen Zug fand, der den Wesenskern des Lebendigen berührt.“
Hauptpersonen:
Madame Tellier stammt aus einer angesehenen Bauernfamilie. Sie ist im mittleren Alter, wohlgeformt und gut genährt. Eine Locke, die ihr über die Stirn hängt verleiht ihr ein jugendliches Aussehen, sticht aber stark von der Reife ihrer Form ab. Sie ist immer freundlich und guter Laune. Obwohl sie andere gerne wie Freunde behandelt, liebt sie es, zu zeigen, daß sie aus guten Verhältnissen stammt. Man könnte meinen, ihr Beruf habe sie abgehärtet, doch sie ist sehr sentimental veranlagt. (Zitat Seite 53: „Es war ihr, als sei der Tag wiedergekommen, da sie noch so klein gewesen, an dem sie dagestanden in ihrem weißen Kleidchen, und sie fing an zu weinen. Zuerst glitten nur karge Tränen langsam über ihre Wangen. Dann aber gewann die Erinnerung immer mehr Gewalt über sie, die Halsadern schwollen an, ihre Brust hob und senkte sich, und sie schluchzte.)
Fernande ist eine blonde Schönheit. Sie ist groß und hat einen üppigen Körperbau. Die Sommersprossen in ihrem Gesicht wollen nicht verschwinden, und ihr kurzes, fast farbloses Haar wirkt wie gekämmter Hanf. Sie liebt ihren Beruf, denn sie hat Spaß dabei. Oft wirkt sie ein wenig verspielt.
Raphaela stammt aus Marseille. Sie ist viel mit Schiffen herumgekommen und kennt fast jeden Hafen. Sie verkörpert mit ihrem glänzenden schwarzen Haar die schöne Jüdin. Auf der Hornhaut des rechten Auges hat sie leider einen Fleck, ansonsten wären ihre Augen sehr hübsch gewesen. Sie hat eine etwas krumme Nase, was ihr Aussehen aber nicht wesentlich beeinträchtigt. Sie ist wie alle Mädchen aus dem Hause Tellier fast immer guter Laune und ein sehr wählerischer Typ.
Rosa ist sehr klein, wie eine dicke Fettkugel mit kurzen Beinen. Sie liebt es zu essen und zu singen. Man hört sie von morgens bis abends nur singen, und wenn sie einmal aufhört zu singen, dann nur um zu essen. Sie lacht gerne und oft und erzählt manchmal törichte Geschichten. Trotz ihrer Üppigkeit bewegt sie sich so geschmeidig wie ein Eichhörnchen.
Die beiden anderen Mädchen Louise und Flora sind nicht häßlicher oder schöner als andere. Sie sind also die idealen Kellnerinnen. Sie kleiden sich beide sehr außergewöhnlich und haben Spaß an ihrer Arbeit.
Alle fünf Mädchen entfliehen gerne dem Alltag. Madame arrangiert manchmal Picknicks und sie toben dann alle wie Kinder herum.
Der Regenschirm:
Frau und Herr Oreille leben in Paris. Herr Oreille arbeitet im Kriegsministerium, um das Rentengeld etwas aufzubessern. Seine Frau ist sehr sparsam. Sie lebt mit dem Grundsatz: „Lieber etwas zu viel, als etwas zu wenig!“ und trauert jedem ausgegebenen Sous nach. Eines Tages will Herr Oreille einen neuen Regenschirm, denn im Ministerium wird er wegen seines alten Stückes ständig verspottet. Frau Oreille willigt nach einiger Debatte ein und kauft einen. Als ihr Mann am nächsten Tag mit dem Schirm zurückkommt, ist in diesem ein großes Loch zu sehen. Frau Oreille ist sehr wütend und flickt das Loch mit einem Stück des alten Regenschirmes. So geht der Mann wieder mit einem geflickten Schirm zur Arbeit und wird verspottet. Nach einiger Zeit kontrolliert Frau Oreille den Schirm wieder und ist noch entsetzter als zuvor, denn der Schirm ist übersät mit kleinen Brandlöchern. Sie will ihrem Mann keinen neuen Schirm mehr kaufen, aber ein Freund rät ihr, die Reparatur von der Versicherung bezahlen zu lassen, was Frau Oreille auch versucht. Der Beamte will wegen dieser kleinen Summe erst nicht auf sie eingehen, doch dann bezahlt die Versicherung doch den Schaden. Frau Oreille läßt den Schirm mit dem besten Stoff neu überziehen und ist stolz auf ihren Sieg.
Mit der Novelle „Der Regenschirm“ zeigt Maupassant das Leben eines außergewöhnlichen Ehepaares im Jahre 1884. Es geht um eine Frau, die ein großer Geizkragen ist (Zitat Seite 139, Zeile 1 bis 5: „Frau Oreille war sehr sparsam. Sie kannte den Wert eines Sous und verfügte über ein ganzes Arsenal strengster Grundsätze über die Vermehrung des Geldes. Ihre Mädchen hatten zweifellos die allergrößte Mühe, sich beim Einkaufen etwas in die eigene Tasche zu stecken, und auch Herr Oreille erhielt sein Taschengeld nur mit äußerster Not.“) und - was für diese Zeit nicht üblich ist - in der Beziehung dominiert. Der Autor wollte mit dieser Novelle auf die Emanzipation der Frau aufmerksam machen. Das Streben nach Gleichberechtigung war damals noch kein alltägliches Thema, aber Maupassant hat sich trotzdem schon die Frage gestellt, warum der Mann das dominierende Geschlecht sein soll. Dieser Gedanke ist für die Gesellschaft des neunzehnten Jahrhunderts eine brisante Sache, und doch hat sich Maupassant nicht gescheut, darüber zu schreiben. Guy de Maupassant hat miterlebt, wie hart es ist, sich als niedriger Bürger durchs Leben zu kämpfen. Aus diesem Grund versuchte der Autor diesen Leuten zu helfen, indem er über das einfache Leben schrieb. Wie dieses Beispiel sehr gut zum Vorschein bringt, waren manche Menschen sehr besorgt, daß ein Krieg ausbrechen könnte, der Armut zur Folge hat, und sie haben sich von dem wenigen Geld, das sie hatten, noch etwas beiseite gelegt, um für den Notfall gerüstet zu sein.
Bei allem, was gekauft wurde, wurde überlegt, ob es sich auch rentiere und nicht zu teuer sei. Diese Sparsamkeit hatte den Vorteil, daß die Menschen sich über jedes noch so kleine Geschenk wesentlich mehr freuten, als der „moderne“ Mensch. Im zwanzigsten Jahrhundert lebt fast jeder im Überfluß, und kaum jemand kann den Wert eines Stückes Brot schätzen.
Maupassant hat, um diese Botschaft an die Welt zu verdeutlichen, stark übertrieben, ist aber trotzdem im Bereich des Möglichen geblieben. Er wollte zeigen, wie eng die Menschen an ihrem Geld hingen. Maupassant hat in dieser Novelle keine arme Familie mit vielen Kinder als Hauptpersonen genommen, da auch reichere Familien mit wenigen Personen keinen Sous verschenkten. Gerade sie fürchteten zu verarmen und so zu werden wie die, die sie verachteten und Gesindel nannten. Sie unternahmen auch Dinge, zu denen sie sonst zu stolz wären. Der Autor bringt dazu als Beispiel Frau Oreille. Unter anderen Umständen hätte sie sich geschämt, wegen eines kaputten Regenschirmes zur Versicherung zu gehen, und diese auch noch zu betrügen, (Zitat Seite 142; Zeile 21 bis 24: „Aber vorerst mußte sie den Regenschirm mit aller Vorsicht zurüsten, damit das Unheil so groß wie möglich und somit die Rechtssache leichter zu verteidigen war. Sie nahm ein Zündholz vom Kamin und brannte ein handgroßes Loch in den Stoff zwischen den Fischbeinstäben.“) aber Geld und die Angst ihre Vormachtstellung zu verlieren trieb Adelige dazu, außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen.
Hauptpersonen:
Frau Oreille ist eine kleine, lebhafte, schon etwas runzelige Frau von etwa vierzig Jahren. Sie ist sehr geizig, ( Zitat Seite 142: Zeile 15 bis 17: „Indessen der Verlust der achtzehn Franken schmerzte sie wie eine Wunde. Sie wollte sich die Geschichte aus dem Kopf schlagen; allein sie Erinnerung an den Schaden quälte sie heftig.“) da sie befürchtet, daß etwas passiert und sie das Geld brauchen wird. Deshalb ist sie in dieser Beziehung auch sehr reizbar. Die Tatsache, daß sie über ihren Ehemann volle Gewalt hat, läßt sie sehr stark werden, und sie wird nervös, als er ihr einmal widerspricht.
Herr Oreille ist ein älterer Mann. Er ist von seiner Frau so unterdrückt worden, daß er keinen eigenen Willen mehr hat. Er unterwirft sich seiner Frau fast widerstandslos, bedauert dies danach aber wieder. Sein Selbstwertgefühl ist außerdem stark herabgesetzt, da er von seinen Kollegen ständig verspottet wird. Seine Widerstandslosigkeit gegenüber seiner Frau ist auf seine Tollpatschigkeit zurückzuführen. Er kann nicht argumentieren und ist somit seiner Ehefrau in einem wichtigen Punkt unterlegen.
Persönliche Stellungnahme:
Der Eindruck dieser Novellensammlung auf mich ist sehr positiv, obwohl mir einige wenige Novellen nicht besonders zusagten. Die Geschichten sind eher leicht zu lesen und jedem weiterzuempfehlen, der Literatur aus dem neunzehnten Jahrhundert liebt. Maupassant war nicht ohne Grund einer der erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit. Er vermag Situationen zu beschreiben und er erkennt Details, die anderen entgehen. Das interessanteste an seinen Werken ist jedoch die Länge. Er verpackt die kompliziertesten Vorgänge so, daß sie auf wenigen Seiten erklärt sind. Seine Werke bedürfen keiner umfangreichen Interpretation; sie sind deutlich geschrieben und weisen direkt auf das Problem hin.
- Arbeit zitieren
- Adrian Pacher (Autor:in), 2002, Maupassant, Guy de - Novellensammlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107487
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