1.Einleitung
„ Man soll Essen, um zu leben, und nicht leben, um zu essen! “ (Moliere)
Eine tragende Säule des Lebens ist die Ernährung, gerät sie ins Schwanken, kommt es zur Gefährdung unseres Lebens.
Diese Erfahrung machen jährlich Millionen Frauen und zunehmend auch Männer in Deutschland.
Essstörungen sind keine körperlichen Krankheiten, sondern psychisch bedingt. Das heißt, die Entstehung, der Verlauf und die Heilung der Krankheit sind abhängig von der betroffenen Person und deren Umfeld.
Meist bedeuten Essstörungen für den Patienten Kontrolle, Selbstsicherheit, Erfolg und Lebensinhalt - aber auch ein unbewusster Hilfeschrei, leider erkennen das die wenigsten Angehörigen.
Nicht zu vergessen ist das Streben nach dem Schönheitsideal unserer Zeit.
„Vergleichen wir uns nicht alle mit den dürren Models der Modewelt?“
Die meisten vergessen den Sinn der Ernährung: Genuss und Erhaltung des Lebens.
Materielle Dinge wie Attraktivität, Beruf, Ansehen und Geld haben oft einen höheren Stellenwert als eine vollwertige Ernährung und Gesundheit.
Deshalb vernachlässigen viele Menschen die regelmäßige und gesunde Nahrungsaufnahme und verstärken die Entstehung von Essstörungen.
Krankheiten, die in Verbindung zum Essen stehen, sind hauptsächlich Magersucht und Bulimie, die wir im Folgenden näher vorstellen, und Esssucht mit Übergewicht.
2.Gestörtes Essverhalten
Wenn man von Essstörungen redet, fällt oft der Begriff „gestörtes Essverhalten“. Doch was ist überhaupt gestört- und was ist nicht gestört bzw. normal? Das Unterscheiden dieser Essverhalten ist sehr schwierig, da es abhängig ist von Mode, Kultur und Gesellschaft. Die Auffassung darüber, was normal und was unnormal ist, hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Diäten und Fast-Food-Ketten waren früher genauso ungerngesehen wie Männer, die auf ihre schlanke Linie achten. Heute ist das alles normal und die Mehrheit der Bevölkerung klagt über Ernährungsschwierigkeiten- sei es durch Heißhunger, erfolglose Diäten, Übergewicht oder Mangelerscheinungen, weil man alles hineinschlingt ohne Nachzudenken.
Da erscheint der Übergang zu einer Essstörungen fast nahtlos und man kann im alltäglichen Leben keine Störung erkennen. Oft ist auch das, was man heute als normal bezeichnet schon gestört.
In einem Buch fanden wir dazu acht Kriterien*), die ein gestörtes Essverhalten kennzeichnen. Es sollte darauf verwiesen werden, dass, wenn mehrere Punkte seit einigen Monaten zutreffen, eine Essstörung vorliegen kann.
1.Der Umgang mit Essen wird als schwierig empfunden. Statt Spaßund Genuss steht Angst und Unsicherheit im Vordergrund.
2.Das Essverhalten orientiert sich nicht an inneren Signalen (Hunger, Sättigung), sondern an äußeren Bedingungen (Gelegenheit, Uhrzeit, Ort etc.).
3.Das Essverhalten wird übermäßig kontrolliert und manipuliert (Einteilung der Lebensmittel in „erlaubt“ und „verboten“). Der Umgang mit Essen ist unentspannt und unflexibel.
4.Das Essverhalten ist chaotisch, es zeigt keine Struktur. Entweder wird auf einen Essensrhythmus verzichtet oder man ist unfähig eine klare Mahlzeitenstruktur herzustellen.
5.Das Essverhalten ist abwechselnd streng und chaotisch. Das stark kontrollierte Essverhalten wird zum Beispiel unterbrochen durch Heißhungeranfällen, denen man scheinbar hilflos ausgeliefert ist.
6.Das Essen wird dazu benutzt um mit Stresssituationen und intensiven Gefühlen fertig zu werden. Auf Stimmungsschwankungen mit Mehr- bzw. Weniger-Essen reagiert.
7.Das Essen ist abhängig vom Gewicht und wird somit mit Angst und Zwang belastet. Bei geringer Gewichtszunahme entsteht entweder Resignation und Essanfälle oder Gegenmaßnahmen (Sport, Erbrechen, Fasten).
8.Die Gedanken werden kontrolliert durch ständiges Überlegen, was gegessen werden darf und was nicht. Diese Beschäftigung fordert Aufmerksamkeit und Energie, so dass andere Aktivitäten zu kurz kommen.
*)„Die perfekte Frau und ihr Geheimnis“ von Kuni Becker, Rowohlt Verlag, Seite 20 bis 22
3.Magersucht & Bulimie
3.1.Ursachen
Eine allgemeingültige Ursache für eine Essstörung gibt es nicht und es existiert auch keine biologische oder psychologische Erklärung. Zum Entstehen einer solchen gravierenden psychischen Krankheit bedarf es zusätzlich zu Diäthalten, Erbrechen und Gewichtsabnahme anderer Faktoren. Diese können sich im wesentlichen auf drei Ebenen beziehen:
1. Die Gesellschaft
2. Die Familie
3. Die Persönlichkeit
3.1.1.Die Gesellschaft
In der heutigen Gesellschaft ist eine Essstörung eine Modekrankheit, meist erzeugt von einem Schlankheitswahn, von dem alle Bevölkerungsschichten besessen sind. Eine schlanke Figur assoziieren wir mit Jugend, Schönheit und Gesundheit. Sie garantiert eine dynamische, leistungsfähige und attraktive Ausstrahlung. Demzufolge ist Schlankheit ein Zeichen für „Qualität“ und ist daher besonders erstrebenswert. Diese Botschaft begegnet uns täglich im Fernsehen, in Zeitschriften, in den Medien und natürlich in der Mode.
Dagegen werden dicke Menschen und Kinder diskriminiert und als weniger wertvoll betrachtet, da sie nicht das Ideal erfüllen.
Vom Wunsch nach einer guten Figur profitieren Lebensmittel-, Sport-, Kosmetik- und Bekleidungsindustrie und viele andere Institutionen, wie Ernährungsberater und Ärzte. Es herrscht ein Überangebot an Wundermitteln, Diätprogrammen und Büchern, die zur Traumfigur verhelfen sollen. Oft ist die Enttäuschung groß, wenn der von der Werbung versprochene Erfolg nicht eintritt. Das starke Bedürfnis nach Schlankheit bringt Frauen dazu ihren gesunden Körper zu ruinieren. Als Mittel zum Zweck dienen Appetitzügler, Abführmittel und operative Eingriffe.
All diese Methoden sind sehr umstritten und gelten als gesundheitsgefährdend. Trotzdem ist der Wunsch nach Schlankheit und damit Schönheit größer als der nach Gesundheit. Durch diesen inneren Drang nach Gewichtsabnahme geraten viele Menschen in die Abhängigkeit einer Essstörung.
Eine weitere gesellschaftsbedingte Ursache ist, dass Frauen mit der traditionelle, typisch „weibliche“ Geschlechtsrolle verschmolzen sind. Daher sind sie wenig emanzipiert und beschäftigen sich ausschließlich mit weiblichen Themen wie Schönheit und Schlankheit. Solche Frauen sind unselbstständig und machen sich von Männern abhängig. Mit ihrem Zurschaustellen erhöhen sie bewusst ihre Chancen bei der Partnerwahl.
Der Eindruck, nicht attraktiv zu sein, macht ihnen Angst und vermindert ihr Selbstwertgefühl. Auch in diesem Fall ist der Schritt zu Essstörung nicht groß. Oft ist dann diese Krankheit eine Rebellion gegen die traditionelle Rollenverteilung. Damit wird das Ungleichgewicht zwischen den offen gelebten und überbetont weiblichen ( Emotionalität, Hilfsbereitschaft ) und den unterdrückten männlichen Anteilen ( Selbstbewusstsein, Dominanz, Ehrgeiz ) der Persönlichkeit zum Ausdruck gebracht.
Auch die Ursache von Essstörung bei Männern kann mit der zunehmend verändernden Rollenverteilung erklärt werden. Sie befinden sich ebenfalls in einem Zwiespalt. Sie tun das, was sie Jahre lang unterdrückt haben: Gefühle zeigen und einem Schönheitsideal nacheifern, indem sie typisch weibliche Eigenschaften entwickeln. Trotzdem wollen sie männlich bleiben. Eine Essstörung stellt daher einen hilflosen Ausweg aus diesem Problem dar.
3.1.2.Die Familie
Auch die Familie kann zur Entstehen und Aufrechterhaltung von Essstörungen beitragen, zum Beispiel durch konflikthafte Beziehungsstrukturen. Jedoch trifft dieser Fakt bei Eltern essgestörter Kinder auf heftigen Widerstand, wobei es nicht darum geht einen Schuldigen für die Krankheit zu finden. Stattdessen soll das Zusammenleben positiv verändert werden. Die Situation der Familie wirkt äußerlich heil und intakt. Der Vater, berufstätig, und die Mutter, vielleicht Hausfrau mit perfekter Haushaltsführung und Kindererziehung, sind pflichtbewusste Menschen und orientieren sich an gängige Normen und Werte. Demzufolge wachsen die Kinder in geordneten Verhältnissen auf, ihre Schulleistungen sind sehr gut und sie haben ein Hobby, in dem sie beachtliche Leistungen vollbringen. Eigentlich ist es unvorstellbar, dass diese scheinbar harmonische Atmosphäre der Auslöser für einer Essstörung sein kann. Um diesen Zusammenhang zu erkennen, wird bei der Therapie einer Patientin auch die Familienstruktur analisiert. Dann erkennt man, dass innerhalb der Familie unterdrückte Probleme bestehen, die im Folgendem näher erklärt werden.
In Familien gibt es traditionelle und überdauernde „Gesetze“ für das Zusammenleben. Sind diese Gesetze nicht flexibel und passen sich nicht an veränderte Bedürfnisse und Verhältnisse an, so entsteht eine Konfliktsituation. Durch diese starren Muster wird die individuelle Entfaltungsfreiheit der Kinder eingeschränkt.
Um Harmonie zu präsentieren, werden Konflikte und Streitigkeiten vermieden und negative Emotionen sind in und außerhalb der Familie verboten. Durch die innere Spannung versuchen Kinder äußerlich eine perfekte Fassade aufzubauen, dabei werden die Gefühle, genauso wie Bedürfnisse, unterdrückt. Den Kinder werden Bedürfnisse von den Eltern vorgeschrieben und haben so keine Möglichkeit selbstständig und erwachsen zu werden. Die Eltern erwarten von ihren „Musterkindern“ herausragende Leistungen, daher herrscht zwischen Geschwistern meist Rivalität und die Kinder stehen unter hohem Druck um den Anforderungen der Eltern gerecht zu werden. Auch der äußerliche Eindruck wird gefördert, schließlich ist jedes Mitglied ein Repräsentant der Familie. Diese Einstellung bietet den idealen Nährboden für eine Essstörung. Im späterem Leben werden diese immer noch einen starken Ehrgeiz besitzen, jedoch werden sie nie das Gefühl haben gut zu sein.
In solchen Familien werden Selbstständigkeitsbestrebungen und der Kontakt zu Gleichaltrigen oft zurückgewiesen. Die Eltern mischen sich intensiv in die Privatsphäre der Kinder ein und versuchen ständig Kontrolle auszuüben. Zwischen den Familienmitgliedern herrscht geringe Zusammenhalt und wenig Kommunikation, es fällt allen schwer miteinander zu reden oder etwas gemeinsam zu unternehmen. Auch in der Beziehung zwischen den Eltern gibt es Probleme. Die Mutter ist stark auf die Tochter orientiert, zwischen ihnen herrscht eine dichte, aber unklare Verbindung, wahrscheinlich weil sie mit den gleichen unausge- sprochenen Konflikten kämpfen. Sowohl Mutter als auch Vater sehen manchmal eine erwachsene Freundin in ihrer Tochter, der sie elterliche Probleme anvertrauen. Die Heranwachsende wird dadurch häufig überfordert und muss Aufgaben der Eltern übernehmen. So ist sie ständig einem Wechselbad ausgesetzt: Sie wird mit Verantwortung überhäuft, während ihr gleichzeitig nichts zugetraut wird. Es entsteht der Wunsch von der Belastung befreit zu werden und von den Eltern unterstützt zu werden.
Eine Ursache für die Ausbildung einer Essstörung kann Inzest und sexueller Missbrauch sein.
Die Krankheit ist ein Versuch, mit dem vergangenem aber nicht vergessenem Erlebnis fertig zu werden.
Zusammenfassung der Funktion von Essstörungen in der Familie:
Protest, Spannungs- und Konfliktbewältigung, Bedürfnisbefriedigung, Entlastung, Abgrenzung, Bewältigung traumatischer Erfahrungen, Harmonisierung der familiären Beziehung.
3.1.3.Die Persönlichkeit
Die Persönlichkeit ist sehr entscheidend für die Entwicklung einer Essstörung. Während es Menschen gibt, die mit Problemen leichter fertig werden können, gibt es Personen, die auf Grund bestimmter Charaktereigenschaften anfällig für solche psychischen Krankheiten sind. Sie können auf Streit und innere Konflikte nur auf diese Art reagieren.
Für diese Menschen sind Essstörungen ein Mittel zur Stressbewältigung. Für Magersüchtige ist die Kontrolle des Gewichts eine Bestätigung für sich selbst, damit können sie zeigen, wie ehrgeizig und erfolgreich sie sind. Bei der Bulimie wirkt das vermehrte Essen entspannend. Das anschließende Erbrechen dient dazu, die Angst vor einer Gewichtszunahme- und damit einem Selbstwertverlust- aufzuheben. Die Betroffenen kennen keine anderen Möglichkeiten mit Stresssituationen fertig zu werden. Da die Wirkung ihrer Strategien nur kurz anhält, greifen die Personen immer öfter darauf zurück und verwickeln sich in einem Teufelskreis; das Essen bzw. Nicht-Essen wird zentraler Lebensinhalt.
Essgestörte Menschen leiden häufig an Depressionen, sie fühlen sich einsam und leer. Da sie immer wieder ihrer Sucht nachgeben statt standhaft zu bleiben, fühlen sie sich schuldig und lehnen sich selbst ab. Einige Betroffene besitzen sogar Tendenzen zur Selbstverstümmelung und hegen Gedanken an Selbstmord. Durch die mangelnde Selbstkontrolle fällt es ihnen schwer, das Befriedigen eines Verlangens aufzuschieben. Daraus sind die plötzlichen Heißhungeranfälle und die Ungeduld zu erklären. Um die Kontrolle über Gefühle, Verhalten, Körper und Umwelt zu erhalten, stellen Betroffene strenge Regeln. Doch es kommt immer wieder zu Situationen, in denen sie ihre Beherrschung verlieren und den spontanen Empfindungen, zum Beispiel Essanfällen, nachgeben. Aus Angst mit Fehlern und Schwächen, nicht geliebt und akzeptiert zu werden, entwickeln sie einen Perfektionismus. Ihre Fähigkeiten sollen vollendet sein.
Eine weitere Ursache einer Essstörung sind Kontaktprobleme und ein geringes Selbstwertgefühl. Diesen Mangel an Selbstachtung verstecken die Betroffenen unter einer Maske von Stärke. Da Essgestörte sehr viel Wert auf die Meinung anderer legen, sind sie leicht beeinflussbar. Schließlich beziehen sie ihr Selbstwertgefühl über das Interesse anderer. Essgestörte haben einen Mangel an Selbstvertrauen und obwohl sie schlank und attraktiv sind, haben sie eine negative Einstellung zu ihrem Körper. Durch ihre eigenen überstrengen Maßstäbe sehen sie sich als fett an und meinen, nicht mehr interessant zu sein für andere.
Diese unsichere, mangelhafte Beziehung zum eigenem Körper begünstigt die Entstehung einer Essstörung.
Nicht unbeteiligt bei der Entwicklung von Essstörungen ist das dauerhafte Diäthalten. Es fördert den Eingriff in das Hunger-Sättigungs-System. Die Folgen sind Heißhungerattacken, gestörtes Sättigungsgefühl, Befindlichkeitsstörungen, Gewichtsabnahme bzw. Zunahme nach Beendigung der Diät und körperliche und seelische Beeinträchtigung auf Grund frustrierender Erfahrungen.
Eine Zusammenfassung über alle Auslöser von Essstörungen gibt die Tabelle A im Anhang.
3.2.Magersucht = Anorexia nervosa
Der Begriff „Anorexia“ beziehungsweise „Anorexia nervosa“ ist unter etymologischen Gesichtspunkten eine falsche Bezeichnung, denn Anorexia bedeutet Appetitlosigkeit, doch heutzutage weißman nur zu gut, dass die meisten Patientinnen sehr viel Hunger und Appetit haben.
Jedoch ist auch die Bezeichnung Magersucht nicht korrekt. Der Vorteil, dass sich der Begriff weniger auf das Essen bezieht, sondern auf den Körper.
Das Ziel anorktischen beziehungsweise magersüchtigen Frauen und Männern ist ja nicht wenig essen, sondern schlank zu sein. Der entscheidende Nachteil des Begriffes ist, dass er die Erkrankung der Gruppe der Suchterkrankungen zuordnet. Diese Zuordnung ist sehr bedenklich, zwar weist der Verlauf der Krankheit bei manchen Betroffenen eine Suchter- krankung erinnernde Dynamik auf, doch können genauso gut Zwangs- und depressive Symptome erkannt werden.
Die Bezeichnung dieser Erkrankung hängt somit von der Auslegung der behandelnden Ärzte und Therapeuten ab.
Niemand weißgenau, wie viele Mädchen und Frauen an Magersucht erkrankt sind, man schätzt aber, dass es ungefähr 1% im Alter von 12 - 20 Jahre betrifft.
Die Zahl ist vermutlich um einiges höher, denn Magersüchtige wissen sehr gut, wie sie ihre Krankheit „ verstecken “ können.
Auch die Betroffenenanzahl bei Männern soll zunehmend steigen, man schätzt die Anzahl der erkrankten Männer zwischen 14 und 24 Jahre auf 1,1%.
Die Essstörung entwickelt sich wie Bulimie meist über einen längeren Zeitraum und kann zur einer chronischen Krankheit werden, deshalb ist eine frühe Behandlung dringend geboten. Auch hinter diesem gestörten Essverhalten stehen größere seelische Nöte und tiefliegendere Probleme, doch den meisten betroffenen Personen ist dies nicht bewusst. Ihr Kampf gegen das vermeintliche Übergewicht verbraucht den größten Teil ihrer Energie und ihrer Zeit und lenkt sie so von ihren wahren Problemen ab .
3.2.1.Symptomatik und klinisches Bild
- Das zentrale Merkmal der Magersucht ist eine schwere Essstörung, wobei die Patientinnen sich weigern eine ausreichende Nahrungsmenge zu sich zunehmen.
Die Betroffenen versuchen durch ein extrem gezügeltes Essenverhalten ihr Körpergewicht so niedrig wie möglich zuhalten. Dabei werden strenge und extrem knappe Kalorien- grenzen eingehalten oder Mahlzeiten ganz ausgelassen beziehungsweise auf geringen Mengen von „guten“ und „erlaubten“ Lebensmittel, die von „fettmachenden“ oder „schlechten“ Nahrungsmittel streng unterschieden werden, dosiert.
Dies zeigt eine deutliche Einschränkung der Nahrungsaufnahme.
Viele Betroffene versuchen dazu ihr Gewicht durch Erbrechen oder auch durch Appetitzügler, Abführmittel oder Entwässerungstabletten zu kontrollieren.
Diese Maßnahmen verursachen einen starken Gewichtsverlust beziehungsweise ein Ausbleiben des natürlichen Gewichtsanstieg in der Wachstumsphase.
Sie führen zu einer offensichtlich abgemagerten Gestalt, die deutlich ein äußerliches Merkmal der Anorexia darstellt, gerade dieses Merkmal wissen die an Magersucht erkrankten Personen sehr gut durch die entsprechende Kleidung zu vertuschen.
Trotz des hohen Untergewicht fühlen sich die Magersüchtigen immer noch viel zu dick und weigern sich zuzunehmen. Dies weist auf eine Störung des Körperschemas hin. Die Angst vor Gewichtszunahme ist ein psychopathologisches Kennzeichen und aktiviert zusätzlich das gestörte Essverhalten und hält es aufrecht. Die krankhafte, übersteigerte Furcht an Gewicht zu zulegen, wird zum Mittelpunkt des Lebens.
Denn Betroffene besitzen oftmals kein Krankheitsbewusstsein, verleugnen ihre Störung und weisen therapeutische Behandlung ab.
Kennzeichen der Krankheit sind auch die hervorstechende Aktivität der Betroffenen und die damit verbundene Ruhelosigkeit, sowie der gesteigerte Bewegungsdrang und das Bestreben die besten Leistungen zu bringen.
Die Bewegung und das übermäßige Training werden häufig auch als Maßnahmen zur Kontrolle des Körpergewichtes eingesetzt.
Anorektische Frauen und Männer verändern durch die Essstörung ihr Verhalten, ihre Stimmung und ihre Gewohnheiten, zu dem neigen sie zu sehr starken Depressionen.
Ein weiteres Kennzeichen dieser Störung ist die gesellschaftliche Isolation, die Betroffen versuchen das gemeinsame Essen mit Freunden oder der Familie zu vermeiden.
Sie beginnen sich immer mehr zurückzuziehen, da die meisten Arten von geselliger Zusammenkunft in irgendeiner Weise mit Essen zu tun haben. Das Nichtessen in der Gesellschaft wird auch oft durch das geheime Horden oder Wegwerfen von Lebensmittel „versteckt“.
Auffallend ist auch bei anorektische Frauen und Männern, dass sie sich gerne mit der Zubereitung von sehr aufwendigen und üppigen Speisen beschäftigen, sowie, dass sie Rezepte sammeln und Kochbücher lesen. Damit beweisen sie sich, dass sie ihren Körper und ihren Willen unter Kontrolle haben. Zusätzlich dient es auch als Deckung.
Magersüchtige sind kritische Beobachter der Umgebung und fühlen sich überlegen gegenüber Anderen, jeder Tag ist in ihren Leben geplant und genau überlegt.
Sie führen so genannte Rituale ein, wie zum Beispiel ein Zahlentag, nach der festgelegten Zahl essen, trinken und kauen sie. Ein weiteres Beispiel ist der Farbentag. Auch er bestimmt den Verlauf des Tages. Ihre Laune entscheidet sich durch ihr Tagesgewicht. Anorektische Patienten sind leicht reizbar und reagieren überempfindlich , außerdem entwickeln sie einen Hass gegen sich selbst.
- DSM und ICD:
- Die Abkürzung DSM steht für „ Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders “. Dieses Handbuch wird von der Amerikanischen Psychatrie- Gesellschaft herausgegeben und ist ein Klassifikationssystem für psychische Störungen. Es ist umfangreich und differenziert die Patienten. Sie können nach fünf unabhängige Achsen, beziehungsweise inhaltliche Bereiche beurteilt werden. Dabei spielt die Achse Ι die wichtigste Rolle. In ihr werden die psychische Störungen als „klinische Syndrome“ klassifiziert.
Für jedes Störungsbild werden unter anderem Kriterien aufgezählt, die erfüllt werden müssen, um die entsprechende Störung identifizieren zu können.
- ICD wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben und steht für „International Classification of Diseases“. Dieses Handbuch ist ein im gesamten medizinischen Feld umfassendes Klassifikationssystem. Die psychischen Störungen werden im 5.Kapitel beschrieben.
Jeder diagnostischen Kategorie wird ein Code zugeordnet, der bei den psychischen Störungen mit F beginnt, für Anorexia Nervosa ist der Code zum Beispiel F50.0. Auch hier werden die diagnostischen Kriterien der einzelnen psychischen Störungen aufgelistet.
Beide Bände werden immer wieder erweitert und so auf den neuesten Stand gebracht. Die letzte Auflage von DSM ist DSM - ΙV von 1994 und die neueste von ICD ist die 10.Fassung ICD-10.
- Diagnostische Kriterien für Anorexia Nervosa nach DSM-IV ( 307.1 Anorexia Nervosa):
A Weigerung, das Körpergewicht über einem minimalen Normalgewicht zu halten, das Alter und Größe entspricht.
→ zum Beispiel bei Gewichtsverlust, der dazu führt, dass das Körper- gewicht bei weniger als 85% des normalen Gewichtes liegt.
B Intensive Furcht vor einer Gewichtszunahme oder davor, fett zu werden, obwohl ein Untergewicht existiert.
C Gewicht und Figur werden verzerrt wahrgenommen, nicht entsprechender Einfluss des Gewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder Verleugnung der Ernsthaftigkeit des aktuell niedrigen Körpergewichts.
D Ausbleiben von mindestens drei aufeinanderfolgenden Menstruations- zyklen.
Angabe des Subtyps:
- Restriktiver Typ: In der gegenwärtigen Phase der Anorexia Nervosa hat die / der Betroffene keine regelmäßige Essanfälle und weist nicht regelmäßiges abführendes Verhalten auf, er nimmt also keine Abführtabletten oder versucht sein Gewicht auch durch Erbrechen unter Kontrolle zuhalten.
- Bulimischer Typ: In der gegenwärtigen Phase der Anorexia Nervosa hat die/der Betroffene regelmäßige Essanfälle oder übt regelmäßiges abführendes Verhalten aus.
- Diagnostische Leitlinien für Anorexia Nervosa nach ICD-10 (F50.0):
1. Körpergewicht mindestens 15% unter dem erwarteten Gewicht oder BMI *) von 17,5 oder weniger.
2. der Gewichtsverlust ist selber herbeigeführt durch:
- Vermeiden hochkalorischen Speisen und/ oder
- selbst induziertes Erbrechen
- selbst induziertes Abführen
- übertriebene körperliche Aktivitäten
- Gebrauch von Appetitzüglern oder Diurekta
3. Körperschema-Störung in Form einer spezifischen psychischen Störung: Die Angst, dick zu werden, besteht als eine tiefverwurzelte überwertige Idee. Die Betroffenen legen eine sehr niedrige Gewichtsschwelle für sich selbst fest.
4. Eine innere Störung auf der Hypothalasmus-Hypophysen-Gonaden-Achse: Sie zeigt sich bei Frau als Amenorrhoe ( Menstruation tritt nur nach Hormongabe ein ) und bei Männer als Libido- und Potenzverlust. Erhöhter Wachstumshormon- und Kortisolspiegel, Änderungen peripheren Metabolismus ( Stoffwechsel ) von Schilddrüsenhormon und Störung der Insulinsekretion können gleichfalls vorliegen.
5. Bei der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte verzögert beziehungsweise gehemmt, dass heißt es kann zu einen Wachstumsstopp, zu einer fehlenden Brustentwicklung und primäre Amenorrhoe beim Mädchen kommen und bei den Jungen bleiben die Genitalien kindlich.
Nach Remission wird die Pubertätsentwicklung häufig normal abgeschlossen, die Menarche (Monatsblutung) tritt aber meist verspätet wieder ein.
*) Meßmethode für das Körpergewicht: Köpergewicht (kg): ( Körpergröße )²
3.2.2.Folgen
- der Unter- und Mangelernährung:
- Verlangsamter Herzschlag und niedriger Blutdruck, was die häufigen Ohnmachtsanfälle als Folge hat
- niedriger Blutzucker und Unterfunktion der Schilddrüse, dies führt zu trockener Haut, zu bläulich gefärbten Händen und Füßen und erklärt das ständige Frieren
- eine weitere Folge ist eine eigenartige Behaarung, die Lanugo- Behaarung
- es kommt zum Mangel an notwendigen Vitaminen und Spurenelementen
- der Eiweißmangel führt zu Wassereinlagen ( Ödemen ) und zu einer bedrohlichen Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum oder Herzbeutel
- Ausbleiben der Menstruation
- und andere hormonelle Störungen, unter anderem Erhöhung des Cholesterinspiegels
- des Missbrauchs von abführenden und entwässernden Medikamenten:
- es kommt zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, welche Nierenschäden als Folge haben
- Erweiterung der Flüssigkeitsräume im Gehirn
- Konzentrationsstörungen, Verlust der Aufmerksamkeit
- manchmal kommt es auch zu einer reduzierten Wahrnehmungsfähigkeit
3.3.Bulimie
Bulimie ist abgeleitet aus den griechischen Wörtern bous= Ochse/Stier und limos= Hunger.
Im übertragenem Sinne bedeutet das Heißhunger. Allerdings ist der Heißhunger nur ein Merkmal von mehreren Symptomen der Bulimie. Exakter müsste man Bulimia nervosa sagen, wobei das Beiwort soviel wie seelisch bedingt bedeutet. Auch die bekannte Bezeichnung Eß- /Brechsucht ist nicht ganz richtig, denn auch dies ist nur eins von vielen Krankheitsmerkmalen. Das gleiche gilt auch für den drastischen Ausdruck Fress-/Kotzsucht, der von den Betroffenen selbst verwendet wird, da sie ihn als zutreffender empfinden.
Auffällig ist, dass die Störung gehäuft in der Mittel- und Oberschicht auftritt. In der weiblichen Bevölkerung leiden in der Altersgruppe zwischen 18 und 35 Jahren etwa 2,5% an Bulimie. Auch bei Frauen ohne die Diagnose Essstörungen finden sich häufig einzelne Symptome der Bulimie: etwa 5% der weiblichen Gesamtbevölkerung berichten, dass sie z.B. das Herbeiführen von Erbrechen und die Einnahme von Abführmitteln einsetzen, um Gewicht zu verlieren. Die Häufigkeit der Bulimie hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Etwa 4/5 aller Patientinnen erkranken vor dem 22. Lebensjahr, bei der Hälfte der Betroffenen geht der Bulimie eine Anorexie voraus.
3.3.1.Symptomatik und klinisches Bild
- Außenstehende können auf den ersten Blick kein abweichendes Essverhalten feststellen, da Bulimikerinnen in Gegenwart anderer diszipliniert und unauffällig essen. Die Betroffenen teilen die Nahrungsmittel in erlaubt und verboten ein. Gestattetes Essen ist Diätnahrung wie Quark, Joghurt, Salat und Obst. Gewöhnlich sind fette und süße Dickmacher verboten.
Oft ist es der Fall, dass Betroffene großen Wert auf vollwertige Ernährung legen und ein ausgeprägtes Ernährungswissen haben. Trotzdem besteht große Unsicherheit im Bezug auf Menge und Häufigkeit. Diese Gruppe teilt das Essen in gesund und ungesund ein.
Außerhalb eines Heißhungeranfalls ist das Essverhalten gekennzeichnet von Diäthalten beziehungsweise Essen von erlaubter Nahrung. Die Essenszeiten und die Menge des Essens sind auffallend unregelmäßig, da zur Nahrungsaufnahme kaum Zeit eingeplant wird. Jedoch kann es auch vorkommen, dass Betroffene zu festgelegten Zeiten normal essen und sich danach regelmäßig übergeben.
Ein eindeutiges Merkmal von Bulimie sind Essanfälle. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ab welcher Nahrungsmenge ein Essanfall beginnt. Die Spanne reicht von einen verbotenen Schokoriegel bis zur Aufnahme von 1000 bis 10000 Kalorien. Günstige Bedingungen für einen Heißhungeranfall ist das Alleinsein, besonders nach der Arbeit.. Eine bevorzugte Zeit ist der späte Nachmittag oder der Abend. Die Anfälle, die oft vorher geplant werden, finden im Verborgenem statt und werden verheimlicht. Sie dauern einige Minuten bis hin zu einigen Stunden. Anderseits können die Attacken ganz plötzlich kommen und die Betroffenen werden von ihnen überrumpelt. Die Gier nach Essen, vor allem nach „verbotenen“, kalorienreichen Nahrungsmittel, die ohne Zubereitungsaufwand verfügbar sind, scheint unbeherrschbar und wenn man einmal angefangen hat, kann man nicht wieder aufhören. Auslöser dafür ist nicht etwa ein wirkliches Hungergefühl sondern unangenehme Gefühlszustände. Egal, ob der Fressanfall geplant oder überraschend war, wird er oft wie ein Ritual zelebriert und ist sehr kostenintensiv. Folglich verschulden sich die Betroffenen, müssen Bekannte anbetteln oder stehlen sogar und es kommt zum sozialem Abstieg.
Gegessen wird ohne auf den Geschmack der Nahrung zu achten und ohne ein Sättigungsgefühl zu spüren. Der Fressanfall wird beendet durch Erschöpfung oder durch Anwendung von Entleerungspraktiken, das heißt selbst eingeleitetes Erbrechen, Einnahme von Abführmitteln oder Entwässerungsmitteln.
Nach einem Essanfall sind die Betroffenen deprimiert, in Panik und fühlen sich fett.
Um die Kontrolle über das eigene Essverhalten wiederzuerlangen und die Kalorien möglichst schnell wieder loszuwerden, ist Erbrechen die einzige Lösung. Allerdings kann man durch Erbrechen nicht alle Kalorien aus dem Magen entfernen, so dass es bei häufigen Eß-/Brech-Zyklen doch zu einem Gewichtsanstieg kommen kann. Der Vorgang des Erbrechens löst Selbsthass und Abscheu aus. Aber danach empfinden die Betroffenen ein Gefühl der Entspannung und Leichtigkeit. Viele Bulimie-Erkrankte beginnen erst ein bis vier Jahre nach dem Einsetzen von Heißhungeranfällen mit dem Erbrechen. Oft nachdem sie es durch Freundinnen oder Zeitungsartikeln erfahren haben. Zum Auslösen des Würgereizes wird der Finger oder lange Gegenstände wie Löffel oder Zahnbürste benutzt.
Nach dem Erbrechen, dessen Häufigkeit je nach Person stark variiert, erfolgt häufig ein erneuter Essanfall. Immer wiederholtes Erbrechen wird mit der Zeit zu einer Zwangshandlung.
Weitere Merkmale für Bulimie-Erkrankte ist der Missbrauch von Abführmitteln ( Laxantien ), Entwässerungsmitteln ( Diuretika ) und Appetitzüglern.
Zur Gewichtsregulation sind Abführmittel völlig ungeeignet, da ein regelmäßiger Stuhlgang in keinem Zusammenhang steht zum eigentlichen Körpergewicht. Viele Frauen haben nur den Eindruck nach dem Stuhlgang leichter zu sein und einen flacheren Bauch zu haben. Abführmittel führen zur Entleerung des Darms, nachdem die Kalorien vom Körper aufgenommen wurden. Der anfängliche Gewichtverlust beim Gebrauch von Laxantien ist lediglich die Folge des Flüssigkeitsverlustes. Dieser wird ausgeglichen durch Wassereinlagerungen, was wieder zu einer Zunahme des Gewichtes führt.
Genauso funktionieren Entwässerungsmittel, die ebenfalls ungeeignet sind zur Gewichtsregulation. Die Gewichtsabnahme basiert auf schnell wieder ausgeglichene Flüssigkeitsverluste. Appetitzügler stimulieren den Stoffwechsel und den Energieverbrauch und hemmen zum Teil auch das Appetit- und Sättigungszentrum im Gehirn. Bei der Anwendung kommt es zu einer kurzfristigen Gewichtsabnahme. Jedoch führt das Absetzen des Präparates zur Wiederzunahme und somit ist kein Langzeiterfolg möglich. Werden Appetitzügler unkontrolliert und langfristig eingenommen, führt das zu erhöhter Suchtgefahr.
Bulimie-Erkrankte versuchen oft, eine Gewichtszunahme zu verhindern, in dem sie viel Sport treiben. Im Rahmen der Essstörung wird ein sportliches Interesse entwickelt, das zuvor noch nicht bestand. Die sportlichen Aktivitäten nehmen oft schon Zwanghaftigkeit an und beherrschen den Tagesablauf der Betroffenen. Diese Routine macht auch vor Krankheit oder Müdigkeit keinen Halt.
Weitere erwähnenswerte Kennzeichen von Bulimie-Erkrankten sind starke Depressionen, Isolation von der Außenwelt, Perfektionismus in allen Lebensbereichen und die Zwanghaftigkeit. Grund für die Depressionen ist die Unzufriedenheit mit sich selbst und die Enttäuschung, dass man dem Heißhunger nicht standhalten konnte. Es folgt wieder ein Essanfall, der eine kurze Stimmungsaufhellung bewirkt, und danach wieder die unglückliche Stimmung, nachgiebig zu sein. Der Perfektionismus verbunden mit Zwanghaftigkeit ist das Ergebnis aus der Angst, nicht liebenswürdig für andere zu sein, wenn man Fehler und Schwächen besitzt. Bulimikerinnen wollen deshalb alle Fähigkeiten so gut wie nur möglich ausbauen, um geliebt zu werden.
Aus diesen Fakten heraus ergibt sich die Isolation von der Außenwelt. Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle, Misserfolge und Unzufriedenheit. Das alles kommt zusammen und wirkt negativ auf die Selbstachtung der Betroffenen. Sie glauben, ihre Mitmenschen werden sie aufgrund ihre Schwäche und ihres Aussehens nicht akzeptieren. Sie sind sehr verletzlich und haben Angst, vermutlich auch vor Kritik. So kapseln sie sich immer mehr ab.
Das Gewicht bzw. die Kontrolle des Essverhaltens ist entscheidend für die Tageslaune. Eine Veränderung des Verhaltens und der Stimmung erfolgt oft sehr plötzlich. Auf der einen Seite steht eine zwanghaft perfektionistische Grundhaltung und auf der anderen das Alles-oder-Nichts-Denken. Damit wird ein Verstoßgegen die selbst aufgestellten Regeln als schuldhaft empfunden. Daraus folgen Depressionen und Selbsthass.
Es wird leicht deutlich, dass sich Bulimie-Erkrankte in einem Teufelskreis befinden, in dem sie gefesselt sind. Ohne sich selbst die Krankheit einzugestehen und ohne Hilfe von Außenstehenden werden sie ihm wohl nicht entkommen, denn ihr Denken ist nur auf das eine beschränkt, Essen und trotzdem schlank bleiben.
Die Gemeinsamkeit fast aller Bulimikerinnen ist, dass sie eine hohe Bildung besitzen und meist aus der Mittel- beziehungsweise aus der Oberschicht kommen. Der Beginn der Krankheit liegt häufig zwischen dem Pubertätsalter und dem zwanzigsten Lebensjahr; das Durchschnittsalter beträgt circa 24 Jahre. Die Vorgeschichte ist oft gekennzeichnet durch drastische Diätversuche.
- Bulimie bei Männern
Obwohl die Bulimie bisher als typische Frauenkrankheit galt, sind in den letzten auch zunehmend Männer davon betroffen. Jedoch ist es schwer, das Vorkommen von Bulimie bei Männern abzuschätzen. Es wird angenommen, dass Männer noch stärker als Frauen dazu neigen, die Krankheit zu verheimlichen, eben weil es als Frauenkrankheit bekannt ist. Außerdem haben Männer eine höhere Hemmschwelle, bei seelischen Problemen Hilfe anzufordern. Auf Grund dessen konnten nur wenige Untersuchungen durchgeführt werden und somit hat man noch kein genaues Bild über Essstörungen bei Männern.
Sicher ist nur, dass das Essverhalten männlicher Essgestörter weitgehend gleich ist mit dem weiblicher Betroffener. Männer benutzen lediglich seltener Appetitzügler und Abführmittel.
Außerdem haben sie erhebliche Probleme in der psychosexuellen Entwicklung und mit der Geschlechtsrollenidentität. Homosexualität kommt bei essgestörten Männern häufiger vor. Weiterhin weisen sie Ängste vor Beziehungen und Hemmungen und Unsicherheiten im sexuellen Verhalten auf.
- Diagnostische Kriterien für Bulimie nach DSM-IV
A Essattacken, bei denen große Mengen an Nahrung in kurzer Zeit konsumiert werden, ständige Beschäftigung mit dem Essen, unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln
B Versuch, dem dickmachenden Effekt von Nahrungsmitteln durch ausgleichende Maßnahmen entgegenzusteuern: Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, zeitweiliges Hungern, Appetitzügler. Bei Diabetikerinnen kann es zur Vernachlässigung der Insulinbehandlung kommen
C krankhafte Angst, dick zu werden
- Diagnostische Leitlinien für Bulimie nach ICD-10
1. wiederkehrende Heißhungeranfälle, für die charakteristisch ist -Essen einer Nahrungsmenge, die größer ist als sie die meisten Menschen in ähnlicher Zeit und ähnlichen Umständen schaffen würden -Gefühl des Kohntrollverlustes beim Essen
2. wiederkehrende ungeeignete ausgleichende Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewichtszunahme
3. Frequenz der Heißhungeranfälle und der ausgleichenden Maßnahmen mindestens zweimal pro Woche über drei Monate
4. ausgeprägte Abhängigkeit des Selbstwertgefühls von Körpergewicht und Figur
5. Auftreten der Störung nicht ausschließlich bei einer Episode von Magersucht
3.3.2.Folgen
- des Diäthaltens:
- die Unterernährung führt zu Unregelmäßigkeiten oder Ausbleiben der Menstruation bis hin zur Unfruchtbarkeit
- durch starke Gewichtsabnahme Verringerung des Herzmuskelmasse[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]niedriger Blutdruck, langsamer Herzschlag und Gefahr eines Herzversagens
- Absinken des Kaliumspiegels[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen
- Beeinträchtigung der Nierenfunktion[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]häufiges Urinieren und vermehrter Durst
- trockene Haut, Hände und Füße, meist bläulich verfärbt, häufiges Frieren
- Lanugo- Behaarung
- Kaliummangel[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]Muskulatur des Verdauungstraktes erschlafft, es kommt zu einer Verzögerung der Magenentleerung und einer Abnahme der Darmentleerung ( Anzeichen dafür: Völlegefühl, Sodbrennen, Verstopfung )
- der Essanfälle:
- Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen, Schwellungen des Unterbauches, Kopfschmerzen, Schwindel, Taubheit und Kribbeln in Fingern und Zehen, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, akute Magenerweiterung und Risiko eines Magendurchbruchs
- des Erbrechens:
- Elektrolytstörungen, Herzrhythmusstörungen, Tetanie, Schädigung der Nieren, Haarausfall
- Hamsterbacken ( aufgedunsene Wangen aufgrund der Schwellung der Ohrspeicheldrüsen )
- Zahnschmelzschäden durch ständige Übersäuerung der Mundhöhle bis hin zum Zahnverfall
- Entzündung des Rachenraumes durch Einführen des Fingers oder anderer Gegenstände
- Hautabschürfungen, Schwielen oder Narben an Finger oder auf Handrücken
- Entzündung der Speiseröhre infolge des Rückflusses von Magensaft
- Sodbrennen, chronische Heiserkeit, Schmerzen beim Schlucken
- Risiko eines Speiseröhrenrisses
- Störung Säure-Base-Haushalt[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Kaliumverlust
- Austrocknung durch Flüssigkeitsverlust
- Husten bzw. lebensgefährliche Lungenentzündung, da Magensäure in Luftröhre und Bronchien angesaugt werden
- des Missbrauchs von Abführ-, Entwässerungsmittel und Appetitzüglern
- Störung Säure-Base-Haushalt und Elektrolyte[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Kaliumverlust[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]Darmträgheit
- Durchfall, Unterbauchschmerzen, Wassereinlagerungen, Blutungen im Magen-Darm- Trakt, Trommelschlegelfinger
- Herzschwäche, Anstieg Blutfettgehalts und Harnsäurewerte
- hoher Calcium- und Blutzuckerspiegel
- Absinken Natrium- und Magnesiumspiegel
- Konzentration-, Schlaf- und Bewusstseinstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Reizbarkeit, Erschöpfungszustände
4.Behandlung
Zu Beginn einer Behandlung müssen mit dem Patienten als erstes individuelle Behandlungsziele besprochen und aufgestellt werden.
Die Ziele einer Behandlung sind zum Beispiel:
- Förderung der Krankheitseinsicht
- Verstehen und Akzeptieren der Sympotamie als notwendigen Schritt zur Veränderung
- Förderung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit als Vorraussetzung für psychische und physisch Gesundheit
- Aufarbeitung des psychischen und sozialen Hintergrundes unter Berücksichtigung der individuellen Lebensgeschichte
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Verstehen und Akzeptanz
- Herausarbeiten eines eigenen Lebensentwurfes
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Fähigkeiten, Interessen, Wünsche
- Verbesserung des Kontaktes zu Partner, Freunde, Kollegen
- Veränderung des Essverhaltens
- Gewichtsstabilität und Wiedereintreten der Menstruation
- Abbau von Ritualen wie Zahlen- oder Farbentag
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Forderung der Freude am Essen
- Erarbeitung präventiver Maßnahmen für Krisensituation
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Es wird von Zwang zum Essen abgeraten und es darf oder sollte keine Fremdkontrolle vorhanden sein.
Wichtig ist es, das Persönliche der Patienten zu fördern, wie das Selbstbewusstsein und das Erkennen der eigenen Stärken.
In einer Behandlung gibt es zwei Schwerpunkte: die medizinische Behandlung und die Psychotherapie.
4.1.Psychosoziale Beratung und Behandlung
Das Angebot an psychosozialen Hilfen ist im Strukturellen sowie im Inhaltlichen sehr vielfältig und unterschiedlich.
Die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen ergeben sich aus den verschiedenen Grundgedanken der jeweiligen Therapiezentren, zum Beispiel konzentrieren sich psychodynamische Therapieeinrichtungen auf das Bewusstmachen der Entstehungsbedingungen dieser Krankheit. Dagegen zielen Verhaltenstherapeutische Behandlungen auf die Veränderung des Essverhaltens, der Einstellung zum eigenem Körper und des Umganges mit dem sozialen Umfeld.
In der Regel umfasst eine Behandlung sowohl die Symptomatik als auch die Zweckmäßigkeit der Störung im Essverhalten.
4.1.1.Ambulante Beratung
Eine ambulante Beratung bieten spezielle Beratungszentren für Essstörungen. Dazu gehören Frauen-, Jugend- und Drogenberatungsstellen sowie psychosoziale Beratungsstellen freier, kirchlicher und staatlicher Träger.
Diese Beratungen sind in der Norm kostenfrei.
Aufgaben der ambulanten Beratung:
- Psychodiagnostik und Abklärung der sozialen Situation
- Information über weitergehende psychotherapeutische Behandlung und Selbsthilfeangebote
- Klärung und Forderung der Behandlungsmotivation der Betroffenen und ihrer Bezugpersonen
- Hilfestellung und Unterstützung bei der Suche nach geeignetem ambulanten und stationären Therapieplatz mit Klärung der Kostenübernahme
- Krisenintervention
- Beratung für betroffene Angehörige
- Kooperation mit dem beteiligten Arzt oder Therapeuten
- Eine ambulante Behandlung erfolgt in Form von Einzel-, Gruppen-, und Familientherapie. Sie kann aber auch in einer Selbsthilfegruppe durchgeführt werden.
Allgemeine Vorteile einer ambulanten Behandlung sind:
- Verbleib der Betroffenen im sozialen Umfeld
- Es besteht die Möglichkeit das in der Therapie
- Erarbeitete im Alltag zu erproben und zu überprüfen
- Gleichmäßige Berücksichtigung und mögliche Einbeziehung des Bezugssystems
- Geringere Behandlungskosten
- Eine ambulante Behandlung findet ihre Grenze, wenn der zuheilende Patient
in Gefahr ist, ernsthafte körperliche Schäden davon zutragen, wie zum Beispiel bei einer Kombination von Essstörung und Suchtmittelmissbrauch beziehungsweise Suchtmittelabhängigkeit, bei akuter Mangelerscheinung oder Mangelgefährdung und bei sehr weit geschrittener Essstörung. Weiterhin findet diese Behandlung ihre Grenze, wenn die zu behandelnde Person in instabilen Lebensumständen oder stark familiärer Verstrickung lebt und falls der Patient eine Adipositas aufweist, also ein festgefahrenes und rigides Essverhalten besitzt. In so einem Fall sollte der Patient an einer stationäre Therapie teilnehmen.
- Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung kann die ambulante Therapie als Bestandteil der Nachsorge dienen, sie hilft bei der Umsetzung des Gelernten. Sie kann aber auch im Vorfeld einer stationären Behandlung angewendet werden, wo sie Krisenintention, Motivationsförderung und die Erarbeitung realistischer Zielsetzungen leistet.
4.1.2.stationäre Behandlung
- Eine stationäre Behandlungen werden vor allem in psychosomatischen Kliniken mit speziellen Abteilungen durchgeführt. Einige Klinken bieten auch Plätze für Frauen mit Kind an. Daneben gibt es noch Suchtklinken, die sich mit der stationären Behandlung von essgestörten Patienten auseinandersetzt. Leider gibt es für Jugendliche und Kindern nur wenige psychosomatische Kliniken, oft muss die Behandlung von jüngeren Patienten in Kinder- und Jugendpsychiatrien stattfinden.
Bei der stationären Behandlung unterscheidet man:
- Kurzzeittherapie (6-8 Wochen)
- Langzeittherapie (3-6 Monate)
- Teilstationäre Behandlung: Die Betroffenen sind tagsüber in der Klinik, hierbei handelt es sich um eine Tagesklinik, und leben ansonsten in ihrem gewohnten sozialen Umfeld.
- Eine Tagesklinik ist in bestimmten Abschnitte geteilt:
- Motivphase
- Tagesklinkphase
- Ambulante Phase
- Ablösungsphase
- Die stationäre Behandlung verfolgt die selben Ziele wie die ambulante Therapie, das Erreichen des Therapieziels wird durch folgende Elemente unterstützt:
- Herausnahme der Betroffenen aus dem gewohnten sozialen Umfeld
- Konzentration auf den Veränderungsprozess
- Vorgegebene Tagesstrukturierung in Kombination mit einem bestimmten Ess- und Bewegungstraining
- Veränderung bisheriger rigider Verhaltensgewohnheiten ( Essen, Kochen, Bewegung )
- Vielfalt therapeutischer Angebote durch multiprofessionelle Teams ( zum Beispiel Psycho-, Soziotherapie, körperorientierte Verfahren, Ergotherapie, Ernährungsberatung )
- Rehabilitationsprogramme zur beruflichen ( Wieder- ) Eingliederung
- Die Kostenübernahme muss vor einer stationären Behandlung geklärt sein. Die Behandlungskosten werden je nach Versicherungsstand und Dringlichkeit der Behandlung, ob akut oder chronisch, von dem Rentenversicherungsträger, von der Krankenkasse oder vom Sozialamt übernommen.
4.2.Themen und Problemstellungen in einer Behandlung
- Bei einer Therapie sind die Themen- und Problemstellungen von großer Wichtigkeit, denn durch sie kommt der behandelnde Arzt oder Therapeut zu den Hintergründen der Essstörung bei dem Patienten und somit auf die psychischen Gründe.
Themen- und Problemstellungen können sein:
- Verhältnis zu sich selbst als Frau/Mann
- Auseinandersetzung mit dem eigenen Perfektionismus
- Fähigkeit eigene Interessen durchzusetzen
- Anerkennung von eigenen Distanzbedürfnissen
- Wahrnehmung von eigenen Aggressionen und Wut
- Beziehung zum eigenem Körper
- Auseinandersetzung mit eigenen Leistungsansprüchen
- Beziehung zur eigenen Sexualität
- Beziehung zur Mutter/zum Vater
- Anerkennung von eigenen Nähebedürfnissen
- Destruktiver Umgang mit sich selbst
- Erfahrung von körperlichen und sexueller Gewalt
4.3.Motivation, etwas gegen die Essstörung zu unternehmen
- Die Motivation, etwas gegen die Essstörung zu tun, wird von vielen der Betroffenen mit Formulierungen, wie Wunsch, Mut, Wille, Hoffnung beschrieben. Bei diesen Befragten wird die Motivation stark mit positiven Erwartungen oder auch neuen eigenen Zielsetzungen verbunden. Andere Patienten betonten, die alleine nicht mehr zu überwindenden psychischen Belastungen und Erkrankungen und den nicht mehr auszuhaltenden Leidensdruck als Grund für die Teilnahme an einer Behandlung an. Die Motivation, etwas gegen das gestörte Essverhalten zu unternehmen, wird hier nicht mit einem „ich will etwas ändern” erläutert, sondern mit einem „es muss sich etwas ändern”. Die seelischen Belastungen stehen dabei in diesen Begründungen im Vordergrund, die schweren körperlichen Folgeerkrankungen werden als Motivationsgrund viel seltener angegeben.
- Dritte im privaten Umfeld, die zu einer Behandlung oder Therapie motiviert haben, oder auch bestimmte Lebensereignisse, die zu einer Veränderung geführt haben, geben wenige Patienten, als Grund für die Entscheidung an einer Behandlung teilzunehmen, an.
- Eine Anzahl von Patienten beschreiben, dass sich die Motivation etwas gegen die Essstörung zu tun, erst im Verlaufe eines therapeutischen Prozesses entwickelt hat, woraus sich schließen lässt, dass die Patienten am Anfang aus anderen Gründen professionelle Hilfe angenommen haben, beziehungsweise suchen.
Zu den Gründen, etwas gegen die Essstörung zu tun, gibt die Tabelle B, eine Umfrage von Christa Appel im Anhang, mehr Aufschluss.
4.4.Was hilft / Was schadet bei einer Behandlung?
- Was hat den größten Hilfswert für die Patienten selber:
- Das Zuhören und Zuwenden der/des Therapeutin/en
- Ernsthaftigkeit und Ernstaufnahme der/des Therapeutin/en
- Unterstützung und Verstehen
- Das Gefühl der Gleichberechtigung in der Therapie
- Zusammengehörigkeit, dass man nicht alleine dasteht
- Das Lernen und Entdecken seiner Stärken
- Das Spüren von Akzeptanz und Dazugehörigkeit
- Was schadet bei einer Therapie:
- Regelmäßiges wiegen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] über die hälfte der Befragten gaben dies als Antwort
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Starkes konfrontieren mit Krankheit - Gegenüberstellung
- Gezwungen werden zum Essen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] über 70% geschadet
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Angst vor dem Essen, der Patient muss dafür bereit sein, KEIN ZWANG
- Was hilft besonders bei Missbrauch in verschiedenen Formen:
- Sprechen über körperliche Misshandlungserfahrungen
- Auseinandersetzen und sprechen über sexuelle Gewalterfahrungen
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Vor allem bei sexuellem und körperlichem Missbrauch ist es in der Therapie sehr wichtig, über diese Geschehnisse zu reden. Denn meistens ist in so einem Fall das gestörte Essverhalten ein Hilfeschrei und ein Versuch, mit dieser sehr schrecklichen Erfahrung zurecht zukommen. Deshalb muss der Therapeut beziehungsweise der Arzt sich als erstes damit auseinandersetzen um die Essstörung zu heilen .
- Als Therapeut lieber eine Frau oder ein Mann:
- Ob Frau oder Mann muss der Patient selber entscheiden, denn diese Entscheidung ist von dem Auslöser der Krankheit und der Psyche des Betroffenem abhängig, sowie von den Erfahrungen des Patienten mit Frauen und Männern.
4.5.Veränderungen durch die Behandlung
- positive Veränderungen:
- Zu sich selbst und dem Alltag zurück finden
- Essen mit Freude und Genuss normales Essverhalten
- Neues Verhältnis zum anderen Geschlecht
- Begreifen seiner eigenen Bedürfnisse
- Neue Freizeitgestaltung
- Neue Freundschaften und Kontakte
- Anerkennung der eigenen Distanzbedürfnisse
- Beziehung zur eigenen Sexualität
- Eigene berufliche Situation
- Beziehung zu Verwandten
- bei einigen Patienten ist das Verhältnis zur Mutter oder Vater schlechter geworden:
- Erkennen des Nichtverstandenwerdens durch Eltern
- Erkennen des „ Missbrauchs durch Vater oder Mutter ”
- Erkennen der Zwänge und somit die Einengung durch die Eltern
- Erkennen, dass es keine Möglichkeit gibt eine gesunde Beziehung zu den Eltern aufzubauen
- Die Tabelle C im Anhang gibt eine Übersicht zu den Verbesserung durch einer Therapie
4.6.Personen und Faktoren, die zusätzlich geholfen haben
- Beste Freundin [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Verständnis / Liebe
- Ehemann [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Verständnis / Liebe
- Mutter Liebe [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] / Zuneigung
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] -Unterstützen und haben Verständnis, kein ständiges kontrollieren sondern VERTRAUEN
- durch viel „ Humor ” unterstützen sie die Betroffenen keine Strenge
- durch eigene Überzeugung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Kraft
- Gespräche, Interesse, Nähe, Verständnis, Liebe
- Positive Erfahrungen
- Eigenaktivität
- Zuwendung
- Kontakt zu anderen essgestörten Frauen
- Trennung, wenn positiv eingeschätzt
- Beruf/Schule positiv
- Kinder/Kinderwunsch
Äußerungen von Patienten, was ihnen zusätzlich half:
-„Als ich meiner Familie und meiner besten Freundin von der Krankheit erzählt habe, fühlte mich nicht mehr so allein mit mir. Ich konnte also noch mehr Menschen beweisen, dass ich es schaffen werde.”
-„Ich begann eine neue Ausbildung und fand aus einem Wust von scheinbaren Möglichkeiten einen gangbaren Weg. Der neue Beruf macht mir wesentlich mehr Freud, hat mich selbstbewusster werden lassen. Mein 6 Monate altes Kind ist ein weiterer Faktor, der mich unerwartet zufrieden werden ließ, dadurch habe ich Gefühle entdeckt, die mich reicher und „heiler“ werden ließen.”
-„Geholfen hat mir meine neue berufliche Perspektive: das Studium an der Uni, ich komme unter Leute, die mich annehmen, wie ich bin, und nicht meine Herkunft kennen.”
( Zitate: „ Essstörungen, Projektstudie zur Behandlung ambulanten“, Christa Appel, Lambertus Verlag, Seite 57 )
- Oft haben gute Erfahrungen im Beruf und in der Schule, wie gute Noten oder eine weiterkommende Karriere, auf eine Behandlung positiven Einfluss. Denn in einer Behandlung kommt es nicht nur auf die therapeutischen Erfahrungen an, sondern gerade auf die Unterstützung im sozialem Umfeld.
Die Zusammenarbeit von Therapie und Umfeld ist sehr wichtig, zu einer Genesung der Patienten führt allein das Zusammenwirken von vielen verschiedenen Faktoren.
4.7.Angehörige
- Zu diesen verschieden Faktoren gehören auch die Angehörigen mit ihren unterschiedlichsten Reaktionen auf diese Krankheit, in den meisten Fällen werden sie in das Krankheitsgeschehen einbezogen, da sie am ehesten den Betroffenen beobachten können.
Doch die meisten verdrängen schon am Anfang den Verdacht und die wahrzunehmenden Anzeichen, dass der Verwandte oder Freund an Essstörung erkrankt ist. Oft erkennen sie die Gefahr viel zu spät und schieben die Krankheit bis dahin zur Seite. Die Außenstehenden haben einen schärferen Blick, denn sie betrifft diese „Sucht” nicht und brauchen sie so nicht zu verdrängen.
Das Verhalten der Angehörigen hat einen großen Einfluss auf die Ursachen, den Verlauf und die Behandlung. Je nachdem, wie sie reagieren oder sich verhalten, ist dieser positiv beziehungsweise negativ und kann somit für den Erfolg oder den Misserfolg einer Behandlung mitverantwortlich sein.
4.8 Heilungsmöglichkeiten
Je früher das gestörte Essverhalten erkannt und behandelt wird, desto höher ist die Chance auf einen weniger schweren Verlauf und eine vollständige Genesung.
Eine vollständige Heilung ist nicht sofort nach einer Behandlung vorhanden, erst nach einiger Zeit, wenn der Patient das normale Essverhalten wieder aufweist und es beibehält.
Doch viele Betroffene werden nach der Entlassung aus der Therapie wieder rückfällig oder haben gelernt ihr Körpergewicht so zu kontrollieren, dass es keiner mehr wahr nimmt. Deshalb kann man nicht nach einer erfolgreichen Behandlung garantieren, dass eine hundertprozentige Heilung schon vorhanden ist. Der Körper ist vielleicht auf das normale Körpergewicht zurück gebracht, aber ob die psychischen Probleme überwunden wurden, ist eine Frage. Hier kommt es vor allem auf den Patienten an, ob er bereit ist, den neuen Weg zu gehen oder nicht. Wenn er wirklich dazu bereit ist, stehen die Heilungsmöglichkeiten sehr gut.
5.Gesundes Essverhalten
Essen ist für uns lebensnotwendig- das wissen wir alle. Wir essen um gesund zu bleiben, leistungsfähig zu sein und um geistig fit zu sein. Jedoch bedeutet essen nicht nur reine Nahrungsaufnahme, vielmehr auch genießen, Freude haben, Stress abbauen und vom Alltag loslassen. Beim gemeinsamen Essen mit Freunden und Bekannten kann man soziale Verbindungen herstellen und neue Kontakte knüpfen.
Leider vergessen wir häufig diese Ziele und wundern uns, warum wir nicht mehr die erwünschte Leistung bringen können. Da sollte man doch stutzig werden und sich fragen, was man anders machen kann. Jeder kann sich von überall her Tipps holen. So gibt es zum Beispiel Ernährungsberater und eine Vielzahl Broschüren und Bücher zum Thema gesunde Ernährung.
Allgemein verstehen wir unter einem „normalen“ Essverhalten, dass sich die Nahrungsaufnahme durch Appetit, Hunger- und Sättigungsgefühle weitgehend selbst reguliert. So kann garantiert werden, dass die vom Körper benötigten Nährstoffe in angemessener Menge aufgenommen werden. Im Folgendem führen wir 10 Regeln auf, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ( DGE ) für vollwertiges essen und trinken vorgeschlagen werden:
1. Vielseitig- aber nicht zuviel
2. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
3. Würzig, aber nicht salzig
4. Wenig Süßes
5. Viele Vollkornprodukte
6. Reichlich Gemüse, Kartoffeln und Obst
7. Wenig tierisches Eiweiß
8. Trinken mit Verstand- mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser pro Tag
9. Öfters kleinere Mahlzeiten
10. Schmackhaft und schonend zubereiten
Mit diesen Vorschlägen kann man auch ohne Diätwahn und Hungern seine schlanke Figur erhalten und sich nebenbei noch gesund und nährstoffreich Ernähren.
Um sein optimales Gewicht rechnerisch zu bestimmen, kann man den Body Mass Index ( BMI ) anwenden. Er errechnet sich nach der Formel:
Körpergewicht / ( Körpergröße x Körpergröße )
Der BMI wird in folgende Klassen eingeteilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
6.Schlusswort
Morgenwonne
Ich bin so knallvergnügt er wacht. Ich klatsche meine Hüften. Das Wasser lockt. Die Seife lacht. Es dürstet mich nach Lüften.
Aus meiner tiefsten Seele zieht Mit Nasenflügelbeben Ein ungeheurer Appetit Nach Frühstück und nach Leben.
Joachim Ringelnatz
Zusammenfassend können wir feststellen, dass Bulimie und Magersucht sehr ernst zunehmende Krankheiten sind. Trotz ihres Bekanntheitsgrades und ihrer Gefahr werden sie als eine Spinnerei und Einbildung der Betroffene abgestempelt.
Viele unterschätzen das Risiko dieser Krankheiten und erkennen zu spät die Notwendigkeit von Hilfe. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Sterblichkeitsrate bei Magersüchtigen in den ersten Krankheitsjahren 5 bis 6 Prozent und nach 15 bis 20 Jahren 10 bis 18 Prozent beträgt ( für die Bulimie gibt es derzeitig noch keine genauen Untersuchungen zur Sterblichkeit ).
Da die Krankheit persönlich bedingt ist, aber ebenso von den sozialen Umfeld abhängig ist, müssen zugleich die Verwandten und Freunde ihren Beitrag zur Heilung des Betroffen leisten.
Die an Essstörung erkrankten Personen brauchen Zuneigung und Unterstützung für eine erfolgreiche Genesung.
Das Entkommen aus dem Teufelskreis der Essstörung ist schwierig und langwierig. Deshalb freuen wir uns für alle die es geschafft haben und es schaffen werden.
7.Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
8.Quellen
- „Bulimie: Wenn Nahrung und Körper die Mutter ersetzen“ von Cordula Keppler, Walter-Verlag, 1995
- „Schlankheitstick oder Essstörung“ von Monika Gerlinghoff und Herbert Backmund, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1999
- „Die perfekte Frau und ihr Geheimnis“ von Kuni Becker, Rowohlt Taschenbuch, 1994
- „Essstörungen“, eine Information für Ärztinnen und Ärzte, von der Dt. Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V., 1997
- „Essstörungen- Ambulante und stationäre Behandlung“ von Jutta Brakhoff, Lambertus Verlag, 1987
- „Essstörungen- Projektstudie zur ambulanten Behandlung“ von Christa Appel, Lambertus Verlag, 1998
- „Ernährungspsychologie“ von Volker Pudel, Hogrefe Verlag, 1998
- „Wege aus dem goldenen Käfig“ von Alexa Franke, Quintessenz Verlag, 1994
- „Essstörungen- Erscheinungsformen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten“ vom Frankfurter Zentrum für Essstörungen e. V., Falken Verlag
- „Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen“, Barmerbroschüre
- Citar trabajo
- Cindy Ullmann (Autor), 2001, Bulimie und Magersucht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107306
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